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nungen über den Umfang der zu treffenden Abänderungen doch be— greiflich weit auseinander. Zweikammer- oder Einkaimmersystem, direkte oder indirekte Wahlart, die Bildung der Ersten und der Zwei⸗ ten Kammer, die Bedingungen des Stimmrechtes und der Wählbar — keit, die gesammte oder theilweise Erneuerung der Zweiten Kammer nach Ablauf der Wahlperiode, das Wahlverfahren selber — alle diese
Fragen und noch so manche andere boten reichen Stoff zur Geltend⸗
machung Prinzipieller, einander entgegenstehender Ansichten.
Der Großberzoglichen Regierung war die schwierige Aufgabe er= wachsen, in ihren Abänderungsvorschlägen soweit vorzugehen, zugleich aber auch in diesem Vorgehen sich in soweit selber Einhalt zu ge⸗
bieten, daß sie auf eine schließliche e,, , . vorwärtsdrängen · ha
den sowohl, als auch der zurückhaltenden Elemente der Kammer zählen durfte. Der Erfolg hat bewiesen, daß sie das richtige Maß eingehalten hat. Ohne das Entgegenkommen der verschiedenen in der Zweiten Kammer vertretenen politischen Richtungen wäre dieser Erfolg freilich nicht zu erreichen gewesen, und die Bevölkerung des Groß herzogthums ist den Abgeordneten von der rechten wie von der linken Seite des Hauses, welche ihre persönlichen politischen Ueber eugungen bei einzelnen Punkten in dem Augenblicke zum Opfer rachten, als die Frage an sie herantrat, ob sie die Reform des Wahl . darum von der Hand weisen sollten, weil sie nicht in allen rtikeln des Entwurfs ihren speziellen Ansichten den Sieg verschaffen konnten, den größten Dank schuldig. Wir zweifeln nicht daran, daß dieser Geist des Entgegenkommens auch über den bevorstehenden Be— rathungen der hohen Ersten Kammer walten und hier durch die bal dige , . des Gesetzes, sowie die Anordnung der Neuwahlen innerhalb der richtigen Zeit ermöglicht werden wird.
, gr, r. Braunschweig, 23. Oktober. Der Herzog ist gestern Nachmittag über Dresden von Sibyllenort . und hat sich zunächst nach Schloß Blankenburg
egeben.
— Die erste ordentliche Landessynode wird morgen früh durch einen feierlichen Gottesdienst in der Domkirche er— öffnet werden.
Waldeck. Arolsen, 19. Oktober. Der Fürst ist am 14. d. M. im besten Wohlsein von Stockholm zurückgekehrt.
— Dem »Wald. Anz.« zufolge sind die Reisedispositionen am hiesigen Hofe neuerdings dahin abgeändert worden, daß die Fürstliche Familie bis gegen Mitte November in Arolsen verweilen, dann die Fürstin mit sämmtlichen Kindern sich nach Mentone begeben und der Fürst kurz vor Weihnachten dahin nachfolgen werde.
— Am 16. d. M., fand ein großer Hofball, zu dem legen dreihundert Einladungen ergangen waren, im Fürst— ichen Residenzschlosse statt. Beamte aus allen Theilen des Landes, viele adelige Familien aus der Umgegend, mehrere höhere Offiziere aus Cassel, sowie Prinz Heinrich von Waldeck , Gräfliche Familie aus Bergheim wohnten demsel⸗
en bei.
— 22. Oktober. Das Regierungsblatt veröffentlicht das Ausschreiben des Landesdirektors an die Landtags-Abgeordne— ten, durch welches der ordentliche Landtag auf den 25. d. M. einberufen wird.
Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 22. Oktober. Der General der Kavallerie, Oberbefehlshaber der Okkupations— Armee, Freiherr von Manteuffel, kam gestern Abend 5 Uhr von Berlin über Frankfurt a. M. hier an und reiste um 6 Uhr nach Nancy weiter.
Colmar, 20. Oktober. Der Wirkliche Geheime Ober— Regierungs⸗Rath und Direktor der Abtheilung für Elsaß-Loth— ringen im Reichskanzler⸗Amt, Herzog, ist aus Berlin hier eingetroffen und im »Hotel zu den zwei Schlüsseln« abgestiegen. Zu Ehren desselben hatte der Bezirks-Präsident die Spitzen der Civilbehörden heute zu einem Diner vereinigt.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 22. Oktober. In der Königsburg zu Ofen fänd gestern unter Vorsitz des Kaisers eine Konferenz statt, an welcher der Erzherzog Albrecht, der Lriegs-⸗Minister Baron Kuhn und der Vize⸗Admiral von Pöckh Theil nahmen. Gegenstand derselben war das November— Apancement in der gemeinsamen Armee und der Kriegs— Marine.
— (Wien. Ztg.) In Ausführung des in der Sitzung des niederösterreichischen Landtages vom 14. Oktober 1871 zum Be⸗ schlusse erhobenen Antrages des Abg. Furtmüller: »Es sei der Landesausschuß mit der Ausarbeitung einer auf die Aktivirung der im §. 26 Z. 1 der Gemeindeordnung vom 21. September 18269 in Aussicht genommenen Vermittlungsämter abzielenden Durchführungsvorschrift zu betrauen und anzuweisen, dieselbe in der nächsten Session der hohen Landesvertretung zur Be— , vorzulegen«, verfaßte der Landesausschuß den Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung von Vermittlungs— ämt ern. Die Hauptpunkte dieses Gesetzes lassen sich in Folgendem zusammenfassen: Jeder Gemeinde steht es frei, zum Vergleichsversuche zwischen streitenden Par— teien ohne Rücksicht auf ihren Wohnsitz ein Vermitte— lungsamt durch aus der Gemeinde gewählte Vertrauensmänner zu errichten. Zwei oder mehrere Gemeinden können gemein⸗ schaftlich ein solches Vermittelungsamt errichten. Vor dem Vermittlungsamte können zwischen streitenden Parteien über dem Betrage nach bestimmte Geldforderungen von höchstens 300 Fl. oder über bewegliche Sachen, bezüglich welcher die Par⸗ teien erklären, für dieselben einen die Summe von 300 Fl. nicht übersteigenden bestimmten Geldbetrag annehmen oder leisten zu wollen, wirksame Vergleiche abgeschlossen werden. Das Vermitke⸗ lungsamt hat beide Parteien anzuhören, die vorhandenen Beweis—⸗ mittel einzusehen und sohin den Vergleich zu vermitteln, ohne die Parteien zu einem Vergleichsabschlusse zu drängen. Kommt ein Vergleich zu Stande, so ist derselbe in das beim Ver⸗ mittelungsamte zu führende Amtsbuch einzutragen. Das Amt 39 Vertrauensmannes ist ein Ehrenamt, daher unentgeltlich zu esorgen. .
Pesth, 22. Oktober. Gestern Abends um 8 Uhr fand die erste Sitzung der gemeinsamen Nuntien-Kommission im Akademiegebäude stalt. Es verlautet, daß die Differenzen im Budget des Finanz⸗Ministeriums und der Kriegsmarine be— glichen wurden. Bezüglich der Differenzen im Budget des Kriegs⸗Ministeriums gestaltet sich die Verhandlung schwieriger und findet heute Abends die Fortsetzung der diesbezüglichen Be— rathung statt. Wenn man auch hierin auf eine baldige Aus⸗ gleichung hofft, so dürfte doch dadurch die Delegationssession um einige Tage verlängert werden.
— In der heutigen Sitzung des Budgetausschusses der Reichs rathsdelegation wurde über die Differenzen zwischen den Beschlüssen beider Delegationen, betreffend das Budget des Ministeriums des Aeußern, des gemeinsamen Finanz⸗Mi⸗ nisteriums, des obersten Rechnungshofes und der J verhandelt. Die von dem Berichterstatter Demel diesfalls ge⸗ stellten Anträge, welche mit Rücksicht auf die in der gemein⸗ samen Nuntienkommission gefaßten Beschlüsse eine vollständige Uebereinstimmung beider Delegationen bei den genannten Thei— len des Budgets herbeiführen sollen, wurden angenommen. — Die ungarische Delegation nahm heute alle auf jene divergirenden Beschlüsse bezüglichen Anträge der Siebener
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der Finanzen und der Marine gefaßt wurden. In Bezug auf diese drei Budgets waltet daher zwischen beiden Delegationen keine Differenz mehr ob.
Schweiz. Bern, 15. Oktober. Dem für die Mitglieder des schweizerischen Reformvereins gestern Abend in der Münsterkirche abgehaltenen Gottesdienste, bei welchem Pfarrer Lang aus Zürich die r n hielt, wohnten über 3000 , . bei. Später fand eine Sitzung der Delegirten statt.
ie heutige Hauptversammlung wird im Saale des großen Rathes abgehalten. Um 2 Uhr soll sich derselben ein Bankett im Museum anschließen.
Genf, 23. Oktober. (W. T. B.) Eine Proklamation des Genfer Staatsraths ist gestern Abend an den Straßen⸗ ecken angeschlagen worden, welche im Wesentlichen besagt: Da, entgegen der Weisung des Staatsraths, den Befehlen des Bischofs Mermillod keine Folge zu geben, die Pfarrgeistlichkeit
beharre, und da der Bischof Marilley von Freiburg es ab⸗ lehne, Vorschläge zur Besetzung der vakanten Pfarrstellen zu machen, weil er seine desfallsigen Rechte im Jahre 1865 an Mermillod übertragen habe, habe sich der Staatsrath für kom⸗ petent erklärt, die protestirenden Pfarrer ie g eine Maß⸗ regel, welche eine Feindseligkeit gegen die katholische Kirche nicht in sich schließe, sondern nur bezwecke, dem Gesetze Achtung zu verschaffen. Der Staatsrath werde deshalb einen Gesetzentwurf vorlegen, der folgende Bestimmungen treffe: Die Pfarrer sollen durch die Gemeinde ernannt werden, kein Würdenträger darf in Genf ein Pfarramt bekleiden, der Eid der Pfarrer soll in solcher Weise redigirt werden, daß eine zweideutige Auslegung desselben unmöglich ist, in Folge der erwähnten Weigerung der Geistlichen sollen in allen Pfarren neue Wahlen stattfinden.
Großbritannien und Irland. Lon don, 22. Oktober. Die Königin der Niederlande nahm gestern in Begleitung ihres Gefolges das Museum in Bethnal⸗green in Augenschein, stattete alsdann dem Prinzen und der Prinzessin von Wales in Marlborough⸗House einen Besuch ab und speiste am Abend bei der Herzogin von Inverneß im Kensington-Palast, woselbst sich die verwittwete Herzogin von Cambridge zur Begrüßung Ihrer Majestät eingefunden hatte
— In Devonport ist die Nachricht eingelaufen, daß Ihrer Majestät Schiff »Supply« am 17. September am Kap Palmas an der Westküste Afrikas, wo es stationirt war, ge⸗ scheitert ist. Die „Supply befand sich in Begleitung des Kriegsschiffes »Druid,« und zur Zeit des Abgangs der Depesche waren beide Schiffsbemannungen mit der Bergung ihrer Kanonen und Ladung beschäftigt. Obwohl das Wasser rasch eindrang, hoffte man das Fahrzeug retten zu können.
Frankreich. Paris, 22. Oktober. Unter dem Vorsitze des Praäsidenten der Republik fand heute ein Minister— rath statt, dem auch der Vize⸗Admiral de Gueydon beiwohnte.
Von Seiten des Kriegs-Ministeriums werden die Materialien zu einer amtlichen Geschichte des Krieges von 1870 bis 1871ñ gesammelt. — In Folge der großen Theuerung hat der Kriegs⸗-Minister bei dem Präsidenten den Antrag gestellt, daß für die Kost eines jeden Soldaten in Zukunft 60, statt 2 Centimes pro Tag bezahlt werden sollen.
Das Kriegsgericht hat heute Roussel wegen Theil nahme an dem Aufstande der Kommune zum Tode ver— urtheilt.
Spanien. Madrid, 20. Oktober. Der Generalkapitän von Galicien, J. Sanchez Breguag, ist für seine Verdienste bei der Unterdrückung des Aufstandes in Ferrol zum General— Lieutenant ernannt worden. Auf Ersuchen des republikanischen Abgeordneten Figueras hat der Kriegs-⸗Minister dem Verneh— men nach den Befehl gegeben, daß Bregua kein Todesurtheil in Ferrol vollstrecken lassen soll, ohne vorher an die Regierung berichtet zu haben. — Aus Valladolid sind 383 gefangene Carlisten nach Santander gebracht worden, von wo sie nach den kanarischen Inseln eingeschifft werden sollen.
Italien. Rom, 23. Oktober. Der Papst empfing heute den Gesandten der Republik Peru, Peter Galves, welcher sein Beglaubigungsschreiben überreichte.
— Das Journal »Voce della verita« bestätigt die von der Pariser »Union« gebrachte Nachricht, daß die Reise des Kardi—⸗ nals Bonnechose auch den Zweck hatte, sich über die arme—⸗ nische Kirchenfrage näher zu unterrichten.
Florenz, 23. Oktober. (W. T. B.) Heute fanden die Beisetzungsfeierlichkeiten der Leiche des verstorbenen Gesandten des deutschen Reiches, Grafen Brasier de St. Simon, unter großer Betheiligung statt. Denselben wohnten der Präfekt, der Bürgermeister, Graf Menabrea, die Offiziere der Garnison und der Nationalgarde, die fremden Konsuln und eine große Menschenmenge bei.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 18. Oktober Der schwedisch⸗norwegische Gesandte am dänischen Hofe, Frei⸗ herr von Beck-⸗Friis, befindet sich gegenwärtig auf Urlaub in Schweden. Während seiner Abwesenheit leitet der Legations-⸗ Sekretär, Kammerherr Aminoff, die Gesandtschaftsgeschäfte in Kopenhagen.
Dänemark. Kopenhagen, 20. Oktober. Wie die »Fyens Stiftstid.“ erfährt, haben die höheren Militär-Kom⸗ mandos im ganzen Lande in der vorigen Woche vom Kriegs— Ministerium ein Exemplar des Gesetzentwurfs, welcher dem Reichstage bei der bevorstehenden Revision des Heergesetzes vor— gelegt werden soll, zugeschickt erhalten. Es wird darin die gänzliche Aufhebung der Verstärkung vorgeschlagen. Der Plan des Kriegs⸗Ministers geht ferner darauf aus, die Armee in Regimenter und jedes Regiment in zwei Bataillone zu je 3 Compagnien einzutheilen, also ganz ebenso wie im Jahre 1861. Ferner will man dem Mangel an Offizieren, namentlich an Stabsoffizieren abhelfen und schließlich beabsichtigt man eine Vergrößerung der jetzigen Artillerie und Kavalleriestärke. Dieser Entwurf ist jedoch nicht endgültig; die desinitiven Be⸗ stimmungen können erst dann getroffen werden, wenn die ver⸗
von Genf auf ihrer Weigerung, diesem Gebot nachzukommen,
neur begab sich in Begleitung des Vize⸗Gouverneurs Stacke, mann nach dem Gouvernementsgebäude und empfing dort einen größeren Kreis der Bewohner von St. Thomas, au welchen sein ganzes Auftreten und die von ihm bei dieser , gehaltene kleine Anrede einen recht guten Eindrug machte.
Amerika. New⸗Hork, 21. Oktober. Vor Kurzem fand hier eine Versammlung statt, in welcher die Vorkehrun. gen berathen wurden, um amerikanische Produkte auf der näch. sten Wiener Weltausstellung gehörig zu repräsentiren Ein Ausschuß von 29 Personen wurde ernannt, der die Sache in die Hand nehmen soll. Man bezweckt vom Kongreß ein Votum, wie dies bei der Pariser Ausstellung der Fall gewesen zu , , damit eine angemessene Ausstellung der Produkt amerikanischer Industrie gesichert werde, und zu diesem Behuf soll unverzüglich eine Petition an den Kongreß vorbereitet wer. den. Die Kommissäre des öffentlichen Unterrichts in New⸗ Hort haben beschlossen, eine Kollektion der in den öffentlichen Schulen im Gebrauch befindlichen Leitfäden und Apparate an die Ausz. stellung zu schicken.
Australien. Melbourne, 21. Oktober. Das Un— terrichtsgesetz hat in der legislativen Versammlung die zweite Lesung passirt — M Eulloch ist zum General⸗Agenten der australischen Kolonieen in Europa ernannt worden und wird dieselben in der Wiener Welt-Ausstellung vertreten. Der Handel befindet sich in einem befriedigenden Zustande.
Honolulu (Sandwich⸗-Inseln), 28. September. Das neue Ministerium ist nach der »Honolulu⸗Gazettes folgender. maßen zusammengesetzt; Minister des Innern F. C. Hutchinson, Finanz- Minister Robert Sterling, Kronanwalt Stephan 9 . ein Minister des Aeußern ist noch nicht ernannt worden.
Landtags ⸗Angelegenheiten.
Berlin, 24. Oktober. In der gestrigen Sitzung des Herrenhauses nahm in der Generaldiskussion über bie Kreisordnung für die 6 östlichen Provinzen der Minister des Innern Graf zu Eulen burg nach dem Herrn von Kleist— Retzow, welcher sich gegen die Vorlage ausgesprochen hatte, das Wort:
Meine Herren! Ich glaube, es giebt kaum ein unheimlicherts Gefühl, als das, welches Jemand hegt, der aus einem gemüthlichen Hause, das er allein bewohnt, wenn es auch klein gewesen ist, heraus. gehrn soll, um in ein größeres zu ziehen, was er noch mit einem Anderen theilen muß. So ungefähr kommt es mir vor, wenn Herr v. Kleist mit der ihm aus dem Herzen kommenden Wärme die Po— sition verficht, in der et und seine Standesgenossen sich bisher befun— den haben, und ich kann diese Wärme durchaus erklärlich finden. Ich bin nun in keiner sehr günstigen Lage, wenn ich dem gegenüber, mit prosaischer Kritif, entgegnen muß, daß, so gemüthlich die Stellung sein mag, sie in den Augen der Regierung ganz unhaltbar ist, wie ich dies schon gestern erklärt habe.
Stände in dem Sinne, wie sie jetzt existiren, sind in der neuen Kreisordnung nicht mehr aufrecht zu erhalten; sie sind es schon des. halb nicht, weil eben aus der Kreisvertretung eine Institution her— vorgehen soll, die Hr. v. Kleist zu meiner großen Befriedi— gung selbst als eine gut gedachte und hoffentlich wirksame ansieht; denn die Kreisvertretung soll die Mutter des Ausschusses werden, und wenn die Kreisausschüsse wirken sollen, so dürfen sie nicht aus ständischer Vertretung hervorgehen, sie müssen hervorgehen aus der Mitte der Bevölkerung, über die sie sitzen sollen und die zu ihnen das Vertrauen haben muß, das die Besten und Fähigsten des Kreises in sich schließen. Sie sagen: die Stände sind Glieder des Staates, die Beine des Staates. Ich will diese Definition zugeben, allein die Stände, die Rittergutsstände, wie sie sich bei uns gestaltet haben, leiden an Mängeln, die selbst in dem Kommnissionsberichte hervorgehoben sind. Eine große Anzahl von Rittergutsbesitzern ist nicht mehr das, waß dereinst ein Rittergutsbesitzer vorstellte, sie sind an den Beinen, von denen Herr von Kleist spricht, die podagristischen Erscheinungen. Ich will den Stand in dem Sinne, daß er ein Glied, ein Bein, ein Stützpunkt des Staates sein soll, gewiß aufrecht erhalten, aber nicht dadurch, daß ich ihn abschließe, sondern dadurch, daß ich die einzelnen Stände sich gegenseitig zugänglich mache. Ich halte es für wün— schenswerth, den Uebergang von einem Stand in den anderen zu erleichtern und dadurch die Vevölkerung zu heben, während die Abschließung der Stände zum Drucke führt. Ich theile die An— sicht, die Hr. v. Kleist über die Bauern im Allgemeinen ausge. sprochen hat. Der Bauer ist nicht freigiebig, er bleibt Bauer, auch wenn er zwei große Bauergüter hat; aber er bleibt es gewiß, wenn Sie ihn durch Gesetz ein für alle Mal zum Bauer stempeln, er wird möglicherweise etwas mehr, er wird Rittergutsbesitzer, wenn Sie ihm die Schranken öffnen und ihn nach und nach in bessere Gesellschast einführen. Hr. v. Kleist hat mit Wärme diejenigen Herren wider- legt, die den Satz aufgestellt haben, daß man gar keine Elemente sür die Ausschüsse finden werde. Er hat mit Recht hervorgehoben, daß wir sie nicht nur finden werden, sondern daß mit den Pflichten und Rechten, die ihnen zugetheilt werden sallen, auch ihre Kräfte wachsen werden. Ich behaupte dasselbe von den Kreisständen, wie der Entwurf sie einzuführen gedenkt. Lassen Sie die Nicht-⸗Rittergutsbesitzer hier eintreten in diese Kreisversamm⸗ lungen, die jetzt mit mehr Rechten und Pflichten ausgestattet sein werden als früher; stellen Sie sie den früher vor ihnen Bevorzugten gleich, so werden Sie auch das Gefühl und die Lust in ihnen wach rufen, sich auch innerlich ihm gleichzustellen wagen, und Sie werden in den bisherigen Bauern nach und nach einen Schlag Menschen heranziehen, der es wohl würdig ist, neben dem Rittergutsbesitzer in den Kreisversammlungen zu sißen.
Herr von Kleist macht mir den Vorwurf der Inkonsequenz na— mentlich darin, daß ich bei Reorganisation der neü hinzugetretenen Provinzen einfach die Kreisverfassung Preußens dort eingeführt hätte, während ich jetzt damit umginge, die preußischen Kreise radikal um⸗ zugestalten. Das ist nicht ganz richtig. Erstlich waren die Verhält nisse damals ganz andere als jetzt, ich hatte als Beirath nur Ver— trauensmänner, während mir jetzt die Landesvertretung zur Seite steht, ich konnte durchgreifende große Gesetze nicht füglich machen und mußte mich auf das beschränken, was nothwendig war, um die dort bestehenden Einrichtungen mit denen Preußens zu amalgamiren. Allein schen damals ist bei den sämmt— lichen Kreisperfassungen in den neuen Provinzen der durchschlagende Grundsatz zum Ausdruck gebracht worden, daß der Rittergutsbesitzer⸗ stand als solcher nicht mehr repräsentirt, sondern als Großgrund— besitzer qualifizirt wurde und im Durchschnitt, wenigstens mit geringen
schiedenen Kommandos die ihnen abverlangten Gutachten ein—⸗ geliefert haben.
— In einem Briefe aus St. Thomas vom 27. v. M. wird über die Ankunft des neuen Gouverneurs Garde be⸗ richtet: Mittwoch Morgen ist der neue Gouverneur Garde mit dem Bremer Dampfschiff König Wilhelm« angekommen. Das Schiff, welches die dänische Flagge aufgezogen hatte, salu⸗ tirte, als sich der Gouverneur ans Land begab, und von den übrigen Schiffen im Hafen, sowie von vielen Gebäuden wurde ebenfalls geflaggt. Eine Militär⸗Ehrenwache war am Hafen aufgestellt, wo der neue Gouverneur unter Salutschüssen von der Festung Christian und dem lebhaften Hurrahrufen einer
Ausnahmen, in den Kreisvertretungen nur ein Drittel der Stimmen hatte. Das sind Grundsätze, die dainals schon maßgebend waren und die ich jetzt nur in anderer Form auf die neue Kreisvertretung in Anwendung bringen will. Sie sagen von meinen Vorschlägen, ich ginge radikal vor und wollte die bisherige Kreisvertretung mit Stumpf und Stiel ausrotten. Das ist eine Behauptung aber es wird andere Leute geben, die die Kreisordnung lesen und studiren und mir beistimmen werden, wenn ich sage, ich schließe mich so viel als irgend möglich an die bisherigen Institutionen an und ändere nur soweit, als ich glaube, daß es absolut nothwendig ist.
Daß die Kreistage bisher ihre, Pflicht erfüllt haben, habe ich schon gesagt: es wird mir heute wieder vorgeworfen, daß ich eine durchaus gesunde Institution beseitigen wolle. Ich will sie nicht be—
Nuntienkommission an, die von den beiden Delegationen be— treffs des Budgets des gemeinsamen Ministeriums des Aeußern,
zahlreich versammelten Volksmenge empfangen wurde, während ein Musikeorps das dänische Nationallied spielte. Der Gouver⸗
seitigen, ich will sie verbessern. Es wäre doch elgenthümlich gewesen, wenn wir nun nach dem Kriege von 1866 und 1876 hätten sagen
wollen: Wir haben unsere Feinde mit Zündnadelbüchsen todtgeschossen, arum werden wir in unserm Leben nichts welter wie Zindnadelbüchsen gebrauchen; ich denke, meine Herren, wir sind ei der Arheit, die Zündnadelbüchsen abzuthun und ein besseres Ge— wehr einzuführen. So will ich es mit dem Kreistage machen. Das Prinzip derselben ist richtig, die Manipulation war, so weit die frü— heren eitumstände es verlangten, hinreichend und wirksam, jetzt, meine ich, ist sie es nicht mehr, und es kann, glaube ich, für den Krieg wie für den Frieden keine größere Aufgabe geben, als auf der huth zu sein und darauf zu wachen, daß wir in jeder Beziehung mit unseren Einrichtungen an der Spitze bleiben und keinen Anderen an ns vorbei lommen lassen. Die Thätigkeit, die wir jetzt im Innern entwickeln müssen, nachdem der glorreiche Krieg uns hoffentlich lange Zeit Frieden geschaffen hat, ist gegen früher eine so exorbitante, daß ficjenlgen Werkzeuge, die wir bisher benutzten, nicht mehr ausreichen, sondern daß darauf Bedacht, genommen werden muß, sie den Anforderungen anzupassen, die an sie gestellt werden. Nur aus diesem Grunde und aus den Motiven heraus, die ich gestern die Ehre hatte, auseinanderzusetzen, ist die Regierung an das Werk gegangen, dik Kreisstände zu reorganisiren. Ich müß den Vorwurf als ob die Regierung bei diesem ganzen P öozedere kein anderes Motip chabt habe, als das Drängen liberaler Parteien, absolut zurückwei⸗ in. Nicht liberale Parteien sind es, die gedrängt haben, sondern An— schaͤuungen, die in einer Zeit sich gebildet haben, in der die Welt, wie in den letzten 19 Jahren, ein ganz anderes Gesicht bekommen hat. Wenn libergle Parteien veränderten Anschauungen einen Ausdruck geben, so kann man von denjenigen, die dieselben Anschauungen haben, nicht sagen, sie seien von liberalen Parteien gedrängt; ein Theil dieser Anschauungen ist meiner Ansicht nach ein durchaus berechtigter, und nicht blos meiner Anschauung nach, sondern auch nach der An— schauung der ganzen Regierung, wie sie jetzt konstituirt ist.
Wenn wir Maßregeln vorschlagen, die einem Theile dieses Hauses liberal erscheinen, so sind wir deshalb nicht liberal geworden; wir bilden uns ein, erst recht konservativ zu sein, indem wir die noth— wendig erachteten Verbesserungen zur richtigen Zeit und in der richti- gen Form zur Ausführung zu bringen suchen. Sie sagen: wir⸗-gehen gegen die alten Kreistage jeßt vor, wo die Tage ruhig sind; wir würden sie noch einst vermissen! Sie haben in dem Konflitt einen guten Dienst geleistet, und wenn ein Konflikt wiederkommt, so wer— den wir nach ihnen rufen. Meine Herren! Der Konflikt — war er denn ein Streit, dessen Folge weiter nichts, als daß der Besiegte nach Rev nche schreit? Ich glaube nicht. Ich glaube, der Konflikt war ein Läuterungsprozeß für alle Parteien, und allen Parteien werden daraus Vortheile erwachsen und sind Ihnen erwachsen. Grade auf dem Boden dessen, was wir während der Konfliktszeit gelernt haben, ist eine Reihe der Gesetze entstanden, die in den letzten 6 oder 8 Jahren ema— nirt sind. Schwierigkeiten der Ausführung derselben haben sich natürlich geboten. Wie sollte es anders sein? Herr von Kleist hat Recht; es entwickelt sich fast über jeder Gesetzgebung, die liberalere Anschauungen zur Geltung bringt, eine gewisse radikale Atmosphäre. Ich gebe dies zu, gerade in den Ausfübrungsperioden liegt die ganze Schwierigkeit. Auch in Bezug auf die Ausführung der Kreisordnung, wenn sie zu Stande kommen sollte, wird eine solche radikale Atmosphäre sich verbreiten. Aber seien Sie sicher, sie ist vorübergehend. Verzweifeln Sie darum nicht, haben Sie mehr Muth, als Sie zu haben scheinen. Sie vertheidigen bisher Besessenes als gut und wollen sich dem Besseren verschließen; Sie haben den Muth nicht, Sie haben das Zutrauen nicht zu der Bevölkerung, welches die Regierung hat. Mit denselben Gefühlen haben wir gekämpft, als wir in den Krieg gingen. Wir sind uicht Sieges gewiß gewesen, wir haben die Mög— lichkeit eines argen Revers vorausgesehen. Aber wir hatten die Ueber⸗ zeugung, daß, wenn wir einmal geschlagen würden, dann würden wir uns desto glorreicher wieder erheben. So wollen wir es auch jeßt machen! Versuchen Sie es einmal mit der Kreisordnung!
— Die Worte, welche der erste Vize⸗Präsident Fürst zu Putbus in der Sitzung des Herrenhauses am 22. d. M. zum Gedächtniß des Grafen Eberhard zu Stolberg, des früheren Präsidenten des Herrenhauses, sprach, lauteten:
Als am 10. Juli d. J. die beiden Häuser des Landtages in Allerhöchstem Auftrage vertagt wurden und vom Präsidenten die Aufforderung erlassen wurde, am heutigen Tage hier zu erscheinen, um unsere Arbeiten wieder aufzunehmen ahnte und fürchtete wohl Keiner von uns, daß derjenige, dessen Stelle ich vorübergehend ein⸗ nehme, nicht mehr unter uns weilen würde, daß es die Worte des Abschiedes gewesen sind, die er an uns richtete. Die im Allgemeinen gute Gesundheit, der Lebensmuth und die Geistesfrische, mit welchen er sich in allen Wirkungskreisen bewegte, die Regsamkeit und Thätig— keit, mit welcher er sich allen Aufgaben unterzog, die rastlose Energie, mit welcher er sich Allem zu widmen verstand, hätte nach mensch—
preußen gewährten Darlehne sind zur theilweisen Einlösung der Schatz⸗ anweisungen zu verwenden. ; ;
Ii ÜUebrigen finden auf die nach §. 2. dieses Gesetzes auszu⸗ gebenden Schaßanweisungen die Bestimmungen der §5§. 4 und 6 des Gesetzes vom 28. September 1866 (Gesé-S. S. 607) Anwendung.
ö. Der Finanz ⸗Minister ist mit Ausführung dieses Gesetzes beauftragt.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel. Gegeben
— Der Vorbericht zu dem Staats haush alts⸗Etat für 1873 und zu dem Entwurf der die Feststel lung dessel. ben betreffenden Gesetzes lautet:
Die Etatsvorlage für das Jahr 1873 weist in formeller Beziehung einige wesentliche Aenderungen gegen die seitherigen Vorlagen auf.
I) Die Einnahmen und Ausgaben der Hohenzollernschen Lande, für welche bisher ein besonderer Etat aufgestellt wurde, sind in die Etats der einzelnen Verwaltungen übernon men worden. Damit kommt der bisherige besondere Hohenzollernsche Etat in Wegfall. Zu einer fortdauernden Sonderung der Hohenzollernschen Finanz-⸗Verwaltung von der allgemeinen Finanz Verwaltung, welche geschäftlich zu viel⸗ fachen Weiterungen führt, fehlt es an einein zureichenden inneren Grunde, da die Hohenzollernschen Lande ein Glied der preußischen Monarchie in der gleichen Weise sind, wie die übrigen Provinzen, und verfassungsmäßig eine Sonderstellung in der Reihe der Propinzen nicht einnehmen. .
2 Es sind die Einleitungen getroffen, um mit dem Jahre 1873 die Verwaltung des Jadegebiets dem allgemeinen Verwaltungs- Organismus einzufügen. Dem entsprechend sind die Einnahmen und Ausgaben für dieses Gebiet in die allgemeinen Verwaltungs Etats mit aufgenommen worden, und es kommt somit auch der bis— herige besondere Etat für die Jade Verwaltung in Wegfall.
3) Die Etats haben in Folge der Bestimmungen im §. 19 des Gesetzes, betreffend die Einrichtung und die Befugnisse der Ober- Nechnungskammer, vom 27. März 1872 (Gesetzs, S. 278) wesentlich umgestaltet werden müssen. Es ist daselbst zunächst angeordnet, daß in die zur Vorlegung an den Landtag gelangenden Spezialetats fortan, zuerst in die Etats für das Jahr 1853, bei den Besoldungs—= fonds die Stellenzahl und die Gehaltssätze, welche für die Disposition Über diese Fonds maßgebend sind, aufgenommen werden sollen Dem⸗ gemäß sind nunmehr die detaillirten Pläne über die Verwendung der Besoldungsfonds, welche bisher vielfach in besonderen Beilagen zu den Etats enthalten waren, überall in die Etats selbst eingefügt worden. In Konsequenz dieser Bestimmung sind auch für solche An⸗ stalten, welche nach dem technischen Begriff lediglich als fiskalische Stationen anzusehen sind, wie die Forstakademien, Bergakademien, die landwirthschaftlichen höheren Lehranstalten zꝛc. die vollen Ein- nahmen und Ausgaben mit gesonderten Besoldungsfonds in den Etats zum Ansaßz gebracht worden, wogegen für diejenigen Anstalten, welche wie die Universitäten und Gyn nasien selbständige juristische Persönlichkeit und Vermögensfähigkeit haben, die Bezüge aus der Staatskasse nach wie vor als Zuschüsse zu den eigenen Einnahmen der Anstalten ausgebracht worden sind. .
Der allegirte §. 19 schreibt ferner in seinem ersten Absatz vor, daß Etats-Ueberschreitungen im Sinne des Artikels 104 der Ver— fassungs-Urkunde alle Mehr⸗Ausgaben sind, welche gegen die einzelnen Kapitel und Titel des .. Staatshaushalts⸗Etats oder gegen die von der Landesvertretung genehmigten Titel der Spezial- Etats stattgefun= den haben .., und daß unter dem Titel eines Spezial⸗Etats im Sinne dieses Gesetzes jede Pasition zu verstehen ist, welche einer selbst⸗ ständigen Beschlußfassung der Landesvertretung unterlegen hat und als Gegenstand einer solchen im Etat erkennbar gemacht worden ist. Im Sinne dieser Geseßesbestimmung sind in der neuen Vorlage alle Summen, welche nach ihrem Verwendungszweck für sich abgeschlossene, besondere Fonds bilden, als besonderer Titel in Ansatz gebracht wor— den. Demnach führen nunmehr alle zum Gegenstand der Bewilli— gung im Einzelnen zu machenden Positionen die Bezeichnung als Titel, und die einzelnen Titel sind sämmtlich in den Etats selbst auf geführt, während bisher für piele in den Etats nur summarisch auf⸗ geführte Fonds die Detail-Ansätze in besonderen Beilagen enthalten waren. Alle Beilagen dieser Art haben in Wegfall gebracht werden können, und die jetzt den einzelnen Etats angefügten Beilagen haben lediglich die Bedeutung von zur Motivirung und Erläuterung der Etats⸗-Ansäße dienenden Mittheilungen.
Kassen Verwaltung ist mit dem. Etat des Finanz-Ministeriums ver- einigt worden, well der erstere vielfach Einnahme -Positionen enthält, welche mit Ausgaben in dem letzteren zusammenhängen. II. Die Finanzlage Preußens ist eine durchaus günstige. Die Jahre 1870
licher Voraussicht wohl die Hoffnung erwecken können, daß ihm noch ein langes und segensreiches Wirken beschieden sei.
beschlossen. Am 8. August d. J. wurden wir von der schmerzlichen Boischaft überrascht, daß unser Präsident von dieser Erde entrückt sei. Allezeit fertig, Gott vertrguend und ergeben, wird er nicht unvorbe— reitet vor seinem himmlischen Vater erschienen sein.
Meine Herren! Ihnen gegenüber bedarf es nicht vieler Worte des Lobes. Sie Alle haben ihn lange Jahre gekannt und geliebt, und seine zebn Jahre lang wiedererfolgte Wahl zum ersten Präsidenten bewies das Vertrauen, welches wir auf ihn setzten. Vielen von uns durch Bande der Freundschast verlnüpft, bewies er stets ein empfäng— liches und treues Herz! . ö. .
Treue, meine Herren, war der Grundzug seines ganzen Lebens; was er einmal für gut, recht und nüßlich anerkannte, dem folgte er unbeirrt ohne Zaudern. Durch Treue und Liebe zu seinem Gott, durch christliche Mildthätigkeit und Hingebung in allen Beziehungen zeichnete er sich vor Allen aus. Im Johanniter-Orden hat er sein Amt redlich verwaltet, welches ihm bei dessen Neugründung von Friedrich Wilhelm 1V. anvertraut worden war. Treu aber auch seinem irdischen Herrn und König ist er der Fahne gefolgt, welche Allerhöchstderselbe hoch hielt zur Ehre und Größe des Bglerlandes. Aber auch in den schweren Zeiten, welche den jetzigen Tagen des Ruhmes und Glanzes vorhergegangen waren, hat er unbeirrt und unerschrocken mit selbsibewußter Qpferfreudigkeit seinem Herrn und König zur Seite gestanden und ist Anderen ein leuchtendes Beispiel gewesen. . . ;
In verschiedenen Lebensstellungen hat er segensreich gewirkt; auch die Provinz Schlesien rühmt mit uns seine Treue in der Pflicht= erfüllung, seine Liebenswürdigkeit, seine Mildthätigteit und seine Energie in allen schwierigen Fällen. Sein Andenken wird unter den Ve⸗ wohnern jener Provinz ebenso wie unter uns fortleben als das eines Gerechten, seine Treue aber wird uns ein Sporn sein, ihm nachzu— kommen in den Pflichten, welche auch wir haben gegen Gott, König und Vaterland ⸗«
— Der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Feststellung des Staatshaushalts-Etats für 1873 hat folgenden Wortlaut: . .
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ac. verordnen, mit Zustimmung der beiden Häuser des Landtages der Monarchie, was folgt: /
§. 1. Der diesem Gesetze als Anlage beigefügte Staate haushalts⸗ Etat für das Jahr 1873 wird in Einnahme: auf 20677021613 Thaler, und in Ausgabe: auf 2067026643 Thaler, näunilich auf 183, 180917 Thaler an fortdauernden, und auf 2335213726 Thaler an einmaligen und außerordentlichen Ausgaben festgestellt. .
§. 2. Im Jahre 1875 können nach, Anordnung des Finanz Ministers verzinsliche Schaßanweisungen bis auf Höhe von lo Qt 2 Thaler, welche vor dem J. Oktober 1874 verfallen müssen, wiederholt ausgegeben werden. = ö.
6rr auf Grund des Gesetzes vom 1. März 1872 Ges. S. ö ausgegebenen Schaßanweisungen sind bei eintretender Fällig eit einzulösen. ;
§. 9 9 im Jahre 1873 eingehenden Rückzahlungen auf die nach den Gesetzen vom 23. Dezember 1867 Ges-S. S. 1929 und vom 3. März 1868 (Gef. S. 174 zur Abhülfe des Nothstandes in Ost
und 1871 baben mit Ueberschüssen von resp. G 206,260 Thlr. und ö ; ö . . 9.7273, 920 Thl ge osse D 8 Jo 872 v pricht aleichf Us ein s yr Der Herr in semen unerforschlichen Rathschlüssen hat es anders rer 3920 Thlr. abgeschlossen. Das Jahr 1872 ver pricht gleichfaus ein schr
befriedigendes Ergebniß zu liefern, Für 1873 tritt zunächst eine sehr er⸗ hebliche Entlastung des Ausgabe-Etats ein. Nachdem die 5prozentige Anleihe vom Jahre 1859 in Gemäßheit des Gesetzes vom 18. De⸗ zember 1871 (Ges. S. S. 593) im laufenden Jahre getilgt worden ist, fallen die Ausgaben für diese Schuld mit dem Jahre 1873 voll— ständig weg. Ferner erfährt der Tilgungsfonds jür die Stagts— Schuldscheine mit dem abermgligen Ablauf einer zehnjährigen Til⸗ gungsperiode planmäßig eine Verminderung um den Betrag der aus der Tilgung während dieser Periode resultirenden Zinsersparnisse. Der Staatsschulden⸗Etat für 1873 weist in Folge dieser Entlastungen, nach Gegenrechnung der neu hinzutretenden Zinsgusgaben für die in den letzten Jahren bewilligten erheblichen Kredite für Eisenbahnzwecke, eine Minder ⸗ Ausgabe von Nöo300 Thlr. auf. Erhebliche Renten⸗ Zahlungen kommen in Folge von Ablösung auf Grund der Geseßtze dom 18. Dezember 1871 (Ges. S. S 593 und vom 15. Februar 18,2 (Ges. S S. 157) in Wegfall. Sodann ermäßigt sich die Aus— gabe Preußens an Matrikular. Beitrag für das Deutsche Reich im Jahre 1873 um die Summe von 6ilobiß oh Thlr. Bei den Ausgabe · Fonds für Porto und, sonstige Frachtgebühren in Staatsdienst -
ca. 350 06060 Thlr. als Minderbedarf abgesetzt werden können.
Neben diesen Ersparungen an den Ausgaben sind sodann be— trächtliche Mehr⸗Einnahmen für 183 zu erwarten. Die Preis und Abfatzverhältnisse, wie sie in der Bergwerks -Industrie bestehen, die fortdauernde Lebhaftigkeit auf fast allen sonstigen Gebieten des Ver— kehrs, die unverkennbare Zunghme des allgemeinen Wohlstandes stellen, auch bei durchaus mäßiger und vorsichtiger Veranschlagung, vbei fast allen Einnahmezweigen höhere Erträge in Aussicht, als sie im Etat für das Jahr 1872 in Ansatz gekommen sind.
gesammten Staatsverwaltung bervorgetretenen Ausgabe⸗Bedürfnissen in weitem Umfange gerecht zu werden.
Es sind auch für das Jahr 1873 wieder erhebliche Mehrverwen— dungen für das Unterrichtswesen in Aussicht genommen, und zwar 16660 Thlr. zur weiteren Verbesserung der Besoldungen der Uni⸗ versitätslehrer, fernere 160 009 Thli. für sonstige Aniversitäts zwecke, ca. 300, 006 Thlr. für Gymnagsien und Seminaren, Ss0 00 Thlr. zur weiteren Hebung und Verbesserung des Elementar-Schulwesens. Für Zwecke der Kunst sind erhöhte Fonds in Ansatz gebracht, und sind die Mittel ausgeworfen, um die Besoldungen der Medizinalbeamten zu erhöhen. Sie Fonds zu Chaussee Neubauten und zur Unterhaltung, Verbefferung und Ausdehnung, der sonstigen Kommunikationsmittel, die landwirthschaftlichen Melorigtionsfonds, die . zum Pferde Ankauf für die Gestüte, die Kultur. und Baufonds der Forstver⸗ waltung sind erheblich verstärkt worden. Zu Bauten für wissen⸗ schaflliche und Unterrichtsanstalten, zu Meliorationen auf dem Berg- berlsbestz Les Staateg, zur Kerbess
fömmen der als diätarische Hülfsarbeiter beschäftigten Staatsbeamten, entsprechend der im Jahre 1877 zur Ausführung gekommenen Er— höhung der Gehälter der etatsmäßigen Beamten, zu verbessern, sind die Fonds zur Remunerirung der Hülfsarbeiter in den verschiedenen
Etats reicher ausgestattet worden. . Neben allen diefen Mehraufwendungen, welche sich im Wesent⸗
4) Der bisherige Etat von den Einnahmen der allgemeinen
Angelegenheiten haben nach den Erfahrungen der letzten Jahre
Somit werden die Mittel gewonnen, um auf dem Gebiete der
erung der Eisenbahnanlagen des Staates sind namhafte Summen ausgeworfen, Um das Dienstein.
Zwecke darstellen, gestattet nun ferner die Fi en lchg eine erhebliche Summe zur Verfügung zu stellen, um nach zwei Seiten hin die be⸗ stehenden Staatseinrichtungen au cinem neuen Wege einer weiteren Entwickelung entgegen zu führen. ;
Eine Sunime von 3060 000 Thlrn. ist als eine dauernde neue Ausgabe auf den Etat gebracht worden zur Gewährung von Pro- vinzialfonds an die mit solchen Fonds bisher noch nicht ausgestatieten Verbände, und weitere 2215, 0600 Thlr. sind in Aunsatz gekommen, um für die Eivil-⸗Staatsbeamten, analog dem militärischen Servis, ein System der Gewährung von Wohnungsgelder -⸗Zuschüssen einzuführen. Beide Materien werden Gegenstand besonderer Gesetzesvorlggen sein. Wie sich hiernach im Gesammten die Einnahmen und Ausgaben des Staates für 1873 im Vergleich zum Jahre 1872 gestalten werden, ist nachstehend in tabellarischer Form übersichtlich dargestellt.
(Es ergeben sich nach dieser spezifizirten tabellarischen Uebersicht gegen den Etat für 1872 netto 14818786 Thlr, Mehreinnahmen und 843,553 Thlr. Mehrausgaben, mithin 6405233 Thlr. Mehr. überschuß. Im Extraordinarium sind 741746 Thlr. mehr als für 18572 ausgesctzt worden. Bei den Dotationen und Staatsverwaltun. gen stellen sich für 1873 netto 19366519 Thlr. Mehreinnahmen heraus, 686561 Thlr. Mehrausgaben, folglich 12559563 Thaler Mehrüberschuß; im Extraordinarium sind 19974836 Thaler mehr als für 18727 ausgesetzt worden (darunter 770000 Thaler zur außerordentlichen Tilgung, von Staatsschulden). Die sämmitlichen Verwaltungen, sowie diejenigen der Hohenzollern⸗ schen Lande und des Jadegebiets ergeben 166567043 Thlr. Netto, Mehreinnabmen, 88173566 Thlr. Mehrausgaben, mithin I 28 677 Thaler Mehrüberschuß; extraordinär sind im Ganzen für 1873 107963377 Thlr. mehr ausgeworfen. Nach Abzug des Ueberschusses der Verwaltung des Jahres 1870 606260 Thlr) und mit Hinzurech= nung desjenigen sür 1871 (273,920 Thlr.) stellt sich die Mehrein nahine auf 196543703 Thlr. und der Mehrüberschuß auf 10 796,537 Thaler, entsprechend dem Mehr des Extraordmariums).
Die Summen, über welche für 1873 zu neuen Verwendungen verfügt werden kann, sind — abgesehen von dem Ueberschuß aus dem Jahre 1871 — in der Hauptsache folgende: ) Mehr -Ueberschuß der sogenannten Betriebs -Verwaltungen 6405232 Thlr. 2) Mehr ⸗ Ein: nahmen der übrigen Verwaltungen 1936519 Thlr. 3) Ersparniß bei der Staatsschuld 79, 300 Thlr., 4) Ersparniß an Matrikularbeitrag 6/100 50] Thlr., 5) Ersparniß an Porto 350 000 Thlr., in Summa 15671560 Thlr. ;
Es sind hierin jedoch Summen enthalten, welche nicht als dauernd zur Verfügung stehende Deckungsmittel angesehen werden können.
1) Die Einnahmen des vormaligen Stgatsschatzes, welche gegen · wärtig in Folge des Verkaufes und der Ablösung von Domänen Objekken in den neuen Provinzen ungewöhnlich hoch sind und für 1873 auf 44500 000 Thlr. haben veranschlagt werden können, werden nicht nachhaltig diese Höhe haben. . .
2) Unter den Einnahmen von der Sechandlung ist eine Kapital= Ablieferung in Höhe von 17750000 Thlr. in AÄussicht genommen welche den Charakter einer einmaligen Einnahme hat.
3) Nach der im vorigen Jahre gemachten Gesetzes vorlage, betref⸗ fend Befreiungen von der Klassensteuer und die Aufhebung der Mahl⸗ und Schlachtsteuer, war ein Nachlaß an dem Steuer-Aufkommen in Höhe von 2500 0060 Thlr. für das Jahr 1873 in Aussicht genommen. Da es nicht gelungen ist, über jenen Gesetzentwurf eine Verständi⸗ gung herbeizuführen, so wird zwar der beabsichtigte Steuernachlaß nicht sofort für das Jahr 1873 eintreten können) indessen wird an der Absicht einer Steuerreform festgehalten; worüber dem Landtage demnächst eine anderweite Gesetzes vorlage gemacht werden wird. Wenn ie Summe, welche in Folge dessen ausfallen dürfte nicht schon für 1573 in Abgang gestellt, vielmehr in den Steuereinnahmen noch mit enthalten ist, so ist sie doch als eine solche zu betrachten, welche keine dauernde Einnahme bildet und über welche daher nicht zu dauernden Ausgaben versügt werden kann. ;
I Endlich ist auch bei der oben erwähnten Verminderung der Matrlkularbeiträge zur Zeit schwer zu ermessen, inwieweit die für 1873 eingetretene Verminderung eine dauernde sein wird. Die Ermäßigun der Matrikularbeiträge für 1873 beruht unter Anderem guch darauf / daß zur Deckung der Ausgaben des Deutschen Reiches für 1873 ein Ueberschuß von 5,187 339 Thlr. aus dem Jahre 1871 zur Verfügung
st
eht. ö . ? In Rücksicht auf diese Momente hat es nicht für zulässig erachtet werden können, über die Summen, welche in Folge von Mehreinnah⸗ men und Ausgabe ⸗Ersparungen zu neuen Verwendungen dis ponibel sind, in ihrem ganzen Umfange zu dauernden ö verfügen.
Es ist vielmehr im Extraordingrium des Etats die Summe von 7s 60600 Thlr. zur außerordentlichen Tilgung von Schulden aus⸗ etzt. 9 hie gegenwärtige günstige Finanzlage, welche unter Anderem es ermöglicht, zu den Ausgabebedürfnissen des Jahres 1873 einen Ueber- schuß von 9,2735620 Thlr. zu verwenden enthält nach dem Dafür halten der Staatsregierung die Aufforderung, auf eine verstärkte Schuldentilgung Bedacht zu nehmen. Die für Eisenbahnzwecke neu aufzunehmenden Anleihen werden nach dem jetzigen Stande des Zins- fußes voraussichtlich zu einem geringeren als dem bisher üblichen Zinssaß von 4. pCt. begeben werden können. Es führt daher zu einer Entlastung der Staatskasse, wenn neben der Aufnahme solcher neuen Anleihen 4 proz. Schulden, namentlich solche getilgt werden, für welche Tilgungsfonds aus den laufenden Staatseinnahmen dotirt zerden müssen. ö . , bn schuß aus dem Jahre 1871 ist, entsprechend seiner Natur als einer außerordentlichen Einnahme, zur Verwendung im Extra- ordinarium des Etats in JJ
Zur theilweisen Einlösung der im Jahre 1871 sich auf 17000909 Thaler belaufenden Schatzanweisungen sind zur Verfügung gestellt orden: ö durch §. 3 des Gesetzes, betreffend die Fesistellung des Staats haushalts-Etats für 1871, vom 29. Januar 1871 (Ges. S. S. 25) die im Jahre 1871 eingehenden Rückzahlungen auf die nach dem Gesetze vom 3. März 1868 (Ges. S. S. 174) gewährten Nothstandsdarlehne, sowie die schon eingegangenen und die bis zum Ablauf des Jahres 1871 weiter eingehenden Rückzahlungen auf die nach dem Gesetze vom 25. Dezember 1857 (Ges. S. S. 1929) bewilligten Darlehne, soweit darüber nicht durch Geseß für besondere Zwecke verfügt war. Diese Ruͤckzahlungen haben nach Abzug der Summe von 3090 C0 Thlr;⸗ über welche durch das Gesetz vom 29. Januar 1871 (Ges. S. S 86)
anderweit verfügt worden ist, sowie nach Abzug der zur Einlssung
von Schatzanweisungen aus dem Jahre 1870 verwendeten Summe
von 3253507 Thlr. 7 Sgr. 2 Pf. im Ganzen betragen 875/625 Thlr.
4 Pf. Y) durch §. 3 des Gesetzes betreffend die Feststellung des Staats haus balts-⸗Etats für 1372, vom 17. März 1877 (Ges S. S. 185) die im Jahre 1872 eingehenden Rückzahlungen auf die nach den Geseßen Dom 3. März 1868 (Ges. S. S 174) und vom 23. Dezember 1867 Gef. S. S. 1929) zur Abhülfe des Nothstandes in Ostpreußen ge, währten Darlehne. Bis zum Schlusse des zweiten Quartals 1872 haben diefe Rückzablungen betragen 413495 Thlr. 29 Sgr. 5 Pf. zu ⸗ sammen 1.289, 1260 Thlr. 29 Sgr. 9 Pf.. .
Davon sind, um die im Jahre 1371 im Amlauf gewesenen Schatz. anwelsungen im Betrage von iL 769009 Thlr. auf den in dem Ge—= setz vom 'I7. März 1872 (GeseS. S. 185) festgesetzten Betrag von 168006 ᷣ Thlr. zu reduziren, 900M 90 Thlr. zur Einlssung von Schatz anweifungen verwendet worden. Es bleiben dis ponibel 389120 Thlr. 29 Sgr. 9 Pf. Bis zum Jahresschlusse 1577 werden an Rückzah⸗ lungen auf die Nothstandsdarlehne ad 2 muthmaßlich noch eingehen i679 Thlr. 3 Pf / zusammen 800 Ce Thlr. ;
Um diesen Betrag wird die durch das Gesetz vom 17. März 1872 auf 16 80h oh. Thlr. festgesetzte Summe der Schatanweisungen zu verringern, und wird deinnach die Summe der pro 1873 auüszuge benden Schatzanweisungen auf 10000000 Thlr. festzusetzen sein.
Berlin, im Oktober 1872.
Der Finanz⸗Minister Camphausen.
Aus dem Etat für 1873 theilen wir vorläufig eine Uebersicht
über die einzelnen Kapitel nach der neuen Anordnung mit:
lichen als Verstärkungen der Fonds für auch bisher schon vorgesehene
Einnahmen. I. Finanz⸗Ministerium. 1) Domänen
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