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Sachsen. Dresden, 28. Oltober. Morgen Vormittag werden beide Kammern der, Ständeversammlung ihre Sitzungen wieder aufnehmen. Die Erste Kammer wird zu⸗ nächst eine Direktorialmittheilung über den Stand der Landtags geschäfte entgegennehmen und sodann zu einer geheimen Sitzung übergehen, während für die Zweite Kammer die Berathung des Berichts der Finanz Deputation über den Nechenschafts— bericht für die Jahre 1867 — 1869 auf die Tagesordnung ge⸗ etzt ist.
9 Württemberg. Stuttgart, 24. Oktober. Das über die Abschätzung, Feststellung und Vergütung der bei den Trup— penübungen in Württemberg vorkommenden Feldbeschädi⸗ gungen in diesem Jahr rsm * eingehaltene Verfahren soll sich, wie der »St. A. f. W. mittheilt, aufs beste bewährt haben. Die Abschätzung der vorkommenden Beschädigungen, sowie die Ermittlung der Vergütungen für die Benutzung des Grund⸗ eigenthums zu den ö geschieht nach der neu ausgegebenen Instruktion des Königlichen Kriegs⸗Ministeriums — vorbehaltlich der Betretung des Rechtswegs — durch eine gemischte Kommission, welche besteht: aus dem Ober⸗Amt⸗ mann oder dessen gesetzlichem Stellvertreter, aus einem von dem General-⸗Kommando zu bestimmenden Offizier und einem Delegirten der Intendantur. Der Ober-Amtmann leitet das Abschätzungsgeschäft, führt das Protokoll und vertritt die im Termine etwa nicht anwesenden Interessenten, wie er anderer⸗ seits auch für die Wahrung der Interessen der Staatskasse zu sorgen hat. Die Militärkommissäre füngiren als Vertreter beziehungsweise der militärdienstlichen und fiskalischen Interessen. Zu dem behufs der Abschätzung anberaumten Termin sind die betheiligten Grundbesitzer, Pächter oder Beschädigten durch den Ober-⸗Amtmann vorzulgden. Die Zahl der zuzuziehenden Taxa⸗ toren ist nach den Umständen zu bestimmen. In der Regel sind zwei Taxatoren vorzuladen, zu denselben dürfen nur qua— lifizirte mit den zu Entschädigenden nicht verwandte oder ver⸗ schwägerte Sachverständige gewählt werden. Möglichste Be— schleunigung des Verfahrens ist den Abschätzungskommissionen zur Pflicht gemacht, damit die Entschädigung an die Verletzten aufs rascheste zur Auszahlung gelangen kann. .
essen. Darm stadt, 26. Oktober. Die nächste Sitzung der Ersten Kammer der Stände wird am 31. d. M. statt—⸗ sinden. Auf der Tagesordnung stehen: 1) Gesetzesentwurf, die Zusammensetzung der beiden Kammern der Stände und die Wahl der Abgeordneten betreffend. 2) Gesetzesentwurf, die Ab⸗ änderungen der in den Artikeln 19. 58. 61. 68 und 69 des Forststrafgesetzes vom 4. Februar S3 / erwähnten hisherigen Maaße in das Metermaß betreffend.
— Der 2, Ausschuß der Ersten Kammer hat heute seinen Bericht über das Wahlgesetz festgestellt. Die Berathung darüber in der Ersten Kammer soll am 31. d. M. stattfinden. Dem Schlusse des Landtags sieht man spätestens Mitte Novem⸗ ber entgegen. Die Berathungen über den Landtagsabschied haben, der »D. Z. zufolge, im Gesammt-⸗-Ministeriuin bereits begonnen. .
Oldenburg, Oldenburg, 25. Oktober. Der Groß- herzog weilt noch in Eutin, jedoch nähert sich der Aufenthalt seinem Ende. Die hier auf längere Zeit zum Besuch anwesend k fürstlichen Herrschaften sind, nachdem auch der Prinz
asa kürzlich den Großherzoglichen Hof berlassen, sämmtlich wieder abgereist. Der Landgraf von Hessen nebst Gemahlin erwiderte kürzlich einen ihnen Seitens der Großherzoglichen Familie abgestatteten Besuch.
— Der Landtag des Großherzogthums ist zum 4. November d. J. einberufen. Die Daüer desselben ist bis zum 21. Dezember d. J. in Aussicht genommen.
Neuß. Gera, 2. Oktober. Der Fürst und die Fürstin sind gestern Nachmittag von Wernigerode hierher zu⸗ . um den Winteraufenthalt auf Schloß Osterstein zu nehmen.
Lübeck, 24. Oktober. (H. N.), Schon zu Anfang dieses Jahres hatte der Senat Anträge über eine neue Schiff s⸗ . s-Ordnung und einen Entwurf über Revision und J der Schiffsabgaben zur Mitgeneh— migung der Bürgerschaft vorbereitet und dem Buͤrgerausschusse zur gutachtlichen Erklärung überwiesen; beide Vorlaͤ en wurden jedoch vor ihrer Erledigung im Bürgerausschusse Seitens des Sengtes wieder zurückgezogen, nachdem die am 5. Oktober 38 3 erlassene Reichs. Schiffs vermessungs⸗Ordnung mehrere wesentliche Abänderungen daran erforderlich machte. Jetzt liegen beide An⸗ träge dem Bürgerausschusse wieder vor, damit derselbe sie in ihrer veränderten Gestalt abermals begutachte. Der erste An= trag ist ein Ausführungsgesetz zum betreffenden Reichsgesetze, in welchem die für die hiesigen Verhältnisse erforderlichen Spezial⸗ bestimmungen getroffen worden. Der andere Antrag regulirt die Höhe des neben der Lootsengebühr als alleinige Schiff s⸗ abgabe zu erhebenden Hafengeldes und zwar hat eine wesentliche Herabsetzung gegen fruher stattgefunden; es steht jedoch zu er⸗ warten, daß der mit jedem Jahre steigende Schiffsverkehr den Gesammtertrag der Abgabe auf früherer Höhe erhalten wird.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 26. Oktober. Der bis⸗ herige Königlich württembergische außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister Baron Thumb v. Neuburg wurde am 24. d. M. von dem Kaiser in Ofen empfangen, um seine Abberufungsschreiben zu überreichen.
— , Der Kaiser hat mit Entschließung vom 24. Oktober d. J. die Errichtung einer forsttechnischen Abtheilung bei dem Ack erbau⸗Ministerium . und zum Vorstand der⸗ selben mit dem Titel eines »Oberlandforstmeisters« den Direk— tor e, ,n, gehen Forstschule in Eulenberg, Micklitz, ernannt.
— In dem Befinden des an einer heftigen Grippe erkrankt , e. Ministers Freiherrn v. Lasser ist eine wesentliche
esserung eingetreten.
Stanislau (Galizien), 27. Oktober. (W. T. B.. In dem wegen Bestechung bei der Assentirung hier verhandelten Straf⸗ prozesse ist das auf heute vertagte Urtheil soeben verkündet worden. Nach demselben wird der Hauptangeklagte Manes Margules zu einjähriger, der Lohnschreiber Ciciälewski zu achtmionatlicher schwerer Kerkerstrafe verurtheilt, 34 andere An— geklagte erhielten Kerkerxstrafen von vierzehntägiger bis zu sechs— monatlicher Dauer. Der Adjunkt Michael Moisowicz wurde wegen Mißbrauchs der Amtsgewalt mit dreimonatlichem Kerker bestraft, 30 andere Angeklagte wurden freigesprochen.
Schweiz. Bern, 28. Oktober. Die gestern stattgehab⸗ ten Neuwahlen zum schweizerischen Nationalrath sind, soweit bis jetzt deren Resultat bekannt geworden ist, für eine Wiederaufnahme der Verhandlungen über Revision der Bundes verfassung Linti ausgefallen.
Zürich, 28. Oktober. (W. T. B.) Heute ist hier die Auslieferung des des Mordes beschuldigten Netschajeff an die russische Regierung erfolgt. Ein Pole machte bei dem Transporte desselben am Bahnhofe einen Befreiungsversuch und wurde deshalb verhaftet.
Belgien. Brüssel, 27. Oktober. Wie dem Journal de Lieges von hier . wird, ist der engere Ausschuß, den die militärische Kom mission beauftragt hatte, einen Vor⸗ entwurf zu machen, mit ihrer Arbeit fertig. Persönlicher Kriegsdienst, Vermehrung des Effektivbestandes und in Folge dessen eine bedeutende Vermehrung des Kriegsbudgets sind die Hauptpunkte dieses Vorentwurfes. Der Entwurf spricht sich ferner für die Annahme der einjährigen Freiwilligen aus. Die Erhöhung des Kriegsbudgets würde, falls dieser Vorent⸗ wurf zur Annahme kommt, etwa 12 Millionen betragen.
Großbritannien und Irland. London, 265. Oftober. Die Königin der Niederlande besuchte gestern in Beglei⸗ tung des Grafen Derby Manchester und nahm die Sehens— würdigkeiten dieser Stadt in Augenschein. Auf der Börse wurde Ihrer Majestät eine begeisterte Ovation zu Theil. Nach mehreren Stunden Aufenthalts kehrte die Königin wieder nach Knowsley zu der Familie des Grafen Derby zurück,
— Aus Indien wird berichtet, daß der Vizekönig am 25. d. M. in Multan einen Fürstenempfang (Durbar) abge⸗ halten, bei welchem der Nabob von Bhawulpore und mehrere Grenzhäuptlinge zugegen waren. In einer kurzen Ansprache gab er seiner Freude über den herzlichen Empfang, der ihm im Punjab zu Theil geworden, Ausdruck, und verxsicherte die unabhängigen Häuptlinge, daß, so lange die Sicherheit der indischen Grenze ungestört bleibe, die britische Regierung nicht beabsichtige, ihre Unabhängigkeit zu beeinträchtigen.
Frankreich. Paris, 26. Oktober. Die parlamentari⸗ sche Kommission, welche mit der Enquste über den Zustand⸗ der französischen Arsenale betraut war, hat ihre Arbeiten beendet. Dieselbe konstatirt in ihrem Bericht nochmals die Mißbräuche der Verwaltung unter dem Kaiserreich und trägt barauf an, daß das unbrauchbar gewordene Material — es wird auf 59 Millionen geschätzt — verkauft werde. Dasselbe besteht aus 600,000 Gewehren, altem Holze, Wagen verschiede—⸗ ner Art, Laffetten, Kanonen, Mörsern ꝛꝛn:. .
— 27. Oktober. Das » Journal officiel« dementirt heute einen von der »Independance Belge« gebrachten Be— richt über gegen die bestehende Regierung gerichtete Aeußerun⸗ gen höherer Militärs, die bei einer Versammlung in La Fre gemacht worden wären. ; J
— Die Exa minations-Kommissionen für die einjährigen Freiwilligen werden, nach den ihnen zugegangenen Instruktionen, bei dem Eintrittsexamen sehr strenge verfahren, noch strenger aber bei dem Austrittsexamen. Einjährige Freiwillige sollen nach Ablauf ihres Dienstjahres nur in dem Falle entlassen werden, daß sie sich nachweislich eine ihrer bevorzugten Stel a entsprechende Kenntniß militärischer Fragen erworben aben. — 28. Oktober. (W. T. B.) Von dem Bien publie⸗ werden als die dringendsten Fragen, welche sofort nach der Budgetherathung von der Nationalversammlung zu er— ledigen sein würden, bezeichnet: Die definitive Konstituirung der Republik, die Ernennung Thiers zum Präsidenten der Republik auf 4 oder 5 Jahre mit gleichzeitiger Erklärung seiner Wiederwählbarkeit, die Ernennung eines Vizepräsidenten der Republik, die Errichtung einer Zweiten Kammer und ein Wahlgesetz, welches das Wahlrecht an ein Lebensalter von 25 Jahren knüpft.
Spanien. Madrid, 25. Oktober. Die Budget⸗ kommission hat, wie der „Tiempo meldet, in ihrer Sitzun am Sonnabend das Projekt einer 3prozentigen Steuer au Eisenbahnaktien und Obligationen verworfen. Die Steuer von 10 pCt. auf die Personenbillete wurde im Prinzip genehmigt. Die Frage einer Taxe von 1 pCt. auf Erbschaften in direkter Linie wurde vorläufig unentschieden gelassen, indem die Kom— mission vorerst alle anderen Einnahmen in Betracht ziehen will, um das Gleichgewicht im Budget herzustellen.
— In Badajoz und Velez haben Demonstrationen ge— gen die Konskription stattgefunden. .
— Die »Gacetan giebt nach den J. offiziellen Depeschen den Verlust der Carlisten in bem Gefechte am 20. auf 80 Mann Todte und Verwundete an. Unter den ersteren befindet sich der Cabecilla Piferrer.
== Der »Tiempo« vom 23. meldet: Nachrichten von der französischen Grenze zufolge soll Don Carlos die Cabecillas Marquis von Valdespinos, Carasa, Polo Alguirre und andere vor ein Kriegsgericht unter der Anklage der Desertion vor dem Feinde gestellt haben.
— XB. Oktober. Die Majorität der Deputirtenkammer, aus 212 Mitgliedern bestehend, trat in vergangener Nacht zu⸗ einer Fraktionssitzung zusammen und beschloß, daß der Antrag Becerra's, welchet die Aufhebung der Todesstrafe für politische Vergehen fordert, zurückgezogen werden solle. Nur etwa 20 Deputirte stimmten dagegen. Die von der Regierung gemachten Finanzvorlagen, und zwar mit Einschluß der pro— jektirten Hypothekenbank, wurden mit 150 gegen 7 Stimmen gutgeheißen.
Italien. Rom, 28. Oktober. (W. T. B.) Der fran⸗ zösische Gesandte Fournier ist hier eingetroffen.
Nußland und Polen. St. Petersburg, 27. Oktober. Der Großfürst Wladimir Alexandrowitsch ist am 25. Oktober, um 10*/ Uhr Morgens, aus Livadia kommend, in Zarskoje⸗Sselo eingetroffen.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 25. Oktober. Der König hat verordnet, daß künftig an Perfonen, welche unter der Leitung der Lootsen⸗ und Feuerbedienung unter schwierigen Umständen an ein Fahrzeug Lootsen abgeben oder in Seenöthen befindliche Personen retten, von der Lootsen— direktion nach vorhergegangener Untersuchung eine Belohnung von 40 Thlr. ausgezahlt werden soll.
— Der Metallvorrath der Reichsbank betrug am 30. September 29, 308,389 Thlr., dagegen waren Zettel zu einem Betrage von 3,402,404 Thlr. in Umlauf.
Dänemark. Kopenhagen, 24. Oktober. Der König⸗ liche Hof ist nach Fredensborg übergesiedelt. Der König wird abwechselnd in der nächsten Zeit entweder auf Schloß Fredenshorg, oder auf Schloß Christiansborg hierselbst die Montagsaudienzen geben.
Asien. Die Japanische Armee. Bis zur Zeit der Eröffnung des Verkehrs zwischen Japan und den Vertrags— mächten bestand die Japanische Armee fast ausschließlich aus den Mitgliedern des kleinen Lehnsadels, die entweder dem Taikun oder den Fürsten zum Krlegsdienst verpflichtet waren. Ein geringer Theil dieser Leute befand sich fortdauernd im Dienst. Die andern wurden nur im Nothfalle einberufen und hatten dann selbst für ihre Ausrüstung, die in einem Harnisch mit Helm, Arm- und Beinschienen, Säbel und Dolch, Bogen und Pfeilen und sensenartiger Lanze bestand, zu sorgen. Alle diese Leute gehörten der adligen, sogenannten zweischwertigen
Klasse an und nur im Falle wirklicher Noth zogen die Fürsten
auch die nicht 9 Bevölkerung zum Dienste heran, die dann mit den in den Zeughäusern aufgespeicherten Waffen, unter denen sich auch viele Luntenflinten ö ausgerüstet wurden. — Die Armee bestand aus bunt zusammengewürfelten und sehr verschiedenartig ,. Leuten, ohne Disziplin und Zusammengehörigkelt. Waffen zu tragen war ein Recht, an dem die höheren Klassen mit vieler Zähigkeit festhielten, während die mit diesen verbundenen Pflichten sehr vernachlässigt wurden.
Ganz unberührt von den Fortschritten der Milltärwissen. schaften in Europa war aber auch Japan, selbst vor 1858 nicht geblieben; der Verkehr mit den Niederlanden hatte die Regie— rung und einzelne Personen, die sich besonders für die Armee interessirten, mit Manchem bekannt gemacht, was in der Außen · welt geschehen war, niederländische Instructeure hatten einzelne kleine Kontingente ausbilden helfen, bei andern waren nieder- ländisches Kommando und Reglement eingeführt worden; indessen wurden die Versuche immier in zu kleinem Maßstabe f ach / um von irgend welchem praktischen Nutzen sein zu
nnen.
So kam es, daß, als bei Gelegenheit der Anwesenheit der Perry'schen Expedition die Mannen des Landes unter die Waffen gerufen wurden, um die alten Gesetze gegen die frem— den Eindringlinge zu vertheidigen, das alte System zu— sammenbrach und alle Einsichts vollen unter den Japanern sich darüber klar wurden, daß mit den vorhandenen Mitteln es unmöglich sei, den Kampf gegen die Fremden aufzunehmen.
Sofort nach der Eröffnung des Landes für den fremden Handel begannen daher die Rüstungen, die mit Hast betrieben wurden und die wenigstens während der ersten Jahre nur darauf berechnet waren, die Befreiung des Landes zu ermög— lichen. Bald legte sich indessen dieser Eifer der Japaner; dle Ereignisse bei Kagosima und Simonoseki belehrten selbst die Verblendetsten, daß für den Augenblick doch wohl noch nicht daran zu denken sei, die Fremden mit Waffengewalt zu ver— treiben, und außerdem nahmen die Verwicklungen der inneren Politik solchen Umfang an, daß es bald Jedem klar werden mußte, daß die Entscheldung nur noch durch das Schwert er— folgen könne.
Mit erneuertem Eifer warfen sich jetzt die Einsichtsvolleren auf die Reorganisation der Armee nach europäischem Vorbilde; Bataillone und Regimenter wurden formirt, nach englischem oder französischem Muster uniformirt und ausgebildet; aber dem Ganzen fehlte auch jetzt wieder jede gesunde Grundlage; es sollte eben alles zu schnell fertig sein.
Die Regierung des Taikuns berief eine größere Anzahl französischer Offiziere nach Jeddo und ließ durch dieselben einige Bataillone und Batterien ausbilden. Wenn die Regierung des Taikuns trotzdem in 1868 besiegt wurde, so lag dies wohl hauptsächlich an der Unhaltbarkeit des ganzen politischen Systems uberhaupt, einzelne der von den französischen Offizieren ausgebildeten Truppen sollen sich brav geschlagen haben, aber es fehlte den Offizieren und höheren Führern an den nöthigen Kenntnissen und Gewandheit. ; .
Nach dem Siege des Mikados löste die Regierung desselben die von dem Taikun formirten Truppentheile auf und entließ die französische militärische Mission, Bald indessen überzeugte sie sich, daß sie ohne eine selbständige Armee nicht bestehen könne, ihre Gegner und Freunde rüsteten auf allen Seiten, die einzelnen Prinzen ließen ihre Truppen von fremden In— strukteuren ausbilden, und es konnte wohl keinem Zweifel unmter— liegen, daß bei dem wie es schien unvermeidlich bevorstehenden Bürgerkriege derjenige Theil Sieger bleiben würde, der die . Anzahl europäisch organisirter Truppen ins Feld stellen önnte.
Unter diesen Umständen und da es vor allen Dingen dar— auf ankam, keine Zeit zu verlieren, formirte die Regierung die alten aufgelösten Regimenter aufs Neue und wandte sich mit der Bitte um neue Instructeure nach Frankreich. Auf diese Weise konnten die vorhandenen Kadres und die bereits nach französischem Reglement ausgebildeten Mannschaften so— fort wieder benutzt werden.
Der deutsch-französische Krieg setzte den Ausführungen die— ses Plans ein Hinderniß entgegen, die erbetenen Instructeure trafen erst im Jahre 1872 ein, nachdem der erwartete Bürger⸗ krieg vermieden worden und die politische Centralisation des Landes in friedlicher Weise vor sich gegangen war, sie sind heute mit der weiteren Ausbildung der vorhandenen Streit— kräfte beschäftigt.
Dieselben bestehen aus: 6 Garde-Regimentern zu Fuß, 19 Regimentern Linie, 4 Batterien Artillerie und 2 Escadrons Kavallerie.
Ein Regiment zählt 30 Offiziere, 60 Unteroffiziere und 674 Gemeine.
Die Artillerie führt 4pfündige französische Berggeschütze. Die Mannschaften sind zum Theil ausgehobene Bauern.
Das Land zerfällt in militärischer Beziehung in 4 General— Gouvernements, in denen die Truppen wie folgt vertheilt sind:
J. General⸗Gouvernement: Yeddo. In Yeddo 6 Regimenter Garde, 3 Regimenter Linie, 2 Batterien Artillerie, 1 Eskadron Lanciers. In Yokohama 1 Batterie, in Niegata 1 Regiment Linie, in Nagoya 1 Regiment Linie.
II. General. Gouvernement: Osaka. In Osaka 5 Regimenter Linie, 1 Batterie Artillerie, 1 Eskadron Lanciers. In Ohama 1 Regiment Linie, in Takamahs 1 Regiment Linie.
III. General-Gouvernement der Insel Kischin, mit dem Sitz in Kumamoto. In Kumamoto 2 Regimenter Linie, in Hiroschimg 1 Regiment Linie, in Kagosima 3 Regiment Linie.
IV. General-Gouvernement des Nordostens mit dem Sitz in Schendai. In Schendai 1 Regiment Linie, in Aomort , Regiment Linie.
Anstralien. Melbourne, 24. Oktober. Unter den Eingeborenen auf den Chatham-Inseln sind einem Kabel⸗ telegramm zufolge Unruhen ausgebrochen. — Mr. Vogel Water⸗ house hat in Neuseeland an Selle des zurückgetretenen Mr. Stafford ein neues Ministerium gebildet.
— Bexichtigt wird, daß Sir James M Culloch an Stelle des Herrn Childers zum Generalagenten für die Kolonie Victoria und nicht, wie ein früheres Telegramm meldete, für die gesammten australischen Kolonien ernannt wurde.
Landtags⸗A Angelegenheiten.
Berlin, 29. Oktober. In der gestrigen Sitzung des Herrenhauses nahm der Regierungs⸗Kommissar, Geh. Regie⸗ rungs Rath Persius, zunächst zu §. 26 des Entwurfs der Kreisordnung das ort. 8 26 lautet in der vom Ab— geordnetenhause angenommenen Fassung der Regierung:
Die gewählten Gemeindevorsteher und Schöffen werden don dem Landrathe auf das Gutachten des Amis. Vorstehers bestätigt. Diese i rn kann unter nr, ,, des Kreisausschusses versagt werden. ird die Vestätigun versagt, so ist eine Neuwahl anzut⸗ ordnen. Erhält auch diese die Bestätigüng nicht, fo ernennt der Land. rath auf den Vorschlag des n e n gr, unter Zustimmung des Kreisausschusses einen Stellvertreter auf so lange, bis eine erneuerte
Wahl die Bestätigung erlangt hat. Dasselbe findet statt, wenn keine Wahl zu Stande kommt.
Dagegen schlug die Herrenhaus Kommission vor, zu setzen:
Die gewählten Gemeindevorsteher und Schöffen bedürfen der Bestätigung durch den Landrath. Vor der Bestätigung ist der Amts- vorsteher mit seinem Gutachten zu hören. Die Bestätigung kann nach Anhörung des Kreisausschusses verfaßt werden. Wird die B? sätigung versagt, so ist eine Reuwahl anzuordnen. Erhält auch diese die Bestätigung nicht, so ernennt der Landrath einen Stellvertreter auf so lange, bis eine erneute Wahl die Bestätigung erlangt hat. Dasselbe sindet statt, wenn keine Wahl zu Stande kommt.
Hierüber erklärte der Regierungskommissar nach dem Herrn v. K
Meine Herren! hre Kommission schlägt Ihnen eine Abänderung der Regierungsvorlage in drei Beziehunssen vor. Zunächst beantragt dieselbe, in dem Absatze 1 zu setzen anstatt „auf das Gutachten des Amtsyorstehers«, »vor der Bestätigung ist der Amtsvorsteher mit sei⸗ nem Gutachten zu hören.« Naniens der Staatsregierung habe ich gegen diese wesentlich redaktionelle Aenderung kein Bedenken zu er⸗ heben, und beschränke ich mich auf die Bemerkung, daß es auch nicht in der Absicht der Regierung vorlage gelegen hat, dem Gutachten des Amtsvoerstehers die Kraft einer bindenden Erklärung fuͤr den Land— rath beizulegen.
Die zweite Abänderung Ihrer Kommission ist dagegen eine prin— zipiell sehr wichtige. Ihre Kommission schlägt Ihnen vor, an Stelle der Zustimmung des Kreisausschusses, die Änhörung zu setzen. In dieser Bezie ung sind meines Erachtens die bei Ihrer Kom mission gegen die Regierungsvorlage obivaltenden Bedenten 'schon in sehr zutreffender Weise von dem Hrn. Professor Schulz und dem Hrn. Grafen Sierstorpff widerlegt worden. Ich erlaube mir, diesen Ausführungen einige kurze Bemerkungen hinzuzufügen. Nach S. 130 des Gesetzentwurfs, der von der Kompetenz der Kreisausschüsse han— delt und die Zustimmung Ihrer Kommission gefunden hat, soll der Kreisausschuß die Aufsicht über die Koinmunalangelegenheiten der ländlichen Gemeinden führen. Dieser Stellung des Kreisausschusses als Kommunal-Aufsichtsinstanz würde es nach Ansicht der Slaals— regierung nicht entsprechen, ihm in Bezug auf die Frage, ob einem Gemeindevorsteher die Bestätigung zu versagen sei, nur ein votum
consultatigum beilegen. Es wird demselben vielmehr eine ent⸗
scheidende Stimme eingeräumt werden müssen. Die Entscheidung eines Kollegiums verbürgt aber auch dem Betheiligten eine eingehendere Prüfung des vorliegenden Falls und ein höheres Maß von Objektivität, als die Entschließung eines einzelnen Beamten. Es sind die Gründe dafür bereits von dem Hrn. Grafen Sierstorpff vorgeführt worden. Daß durch den Vorschlag der Staatsregierung die Stellung des Land⸗ raths beeinträchtigt werde, vermag ich nicht zuzugeben. Der Land. rath behält als Vorsitzender des Kreisausschusses noch immer einen sehr wesentlichen Einfluß auf die zu treffende Entscheidung; seine eigene Personalkenntniß aber wird in sehr zweckmäßiger Weise ergänzt dur h die Kenntniß der einzelnen Mitglieder des Kreisausschusses.
Ebenso wenig erscheint die Bestimmung des vorlcßten Alineas der Regierungsvorlage, die Ihre Kommission gleichfalls abzuändern empfiehlt, unausführbar. Herr v. Kleist hat diese Unausführbarkeit näher nachzuweisen gesucht; ich glaube aber, die Anführungen des Herrn v. Kleist können nicht als zutreffend erachtet werden. Zunächst soll auch hier der Vorschlag des Amtsvorstehers kein bindender sein; es ist nur ein Gutachten, welches der Amitsvorsteher abzugeben hat in Betreff der Person des zu berufenden Stellvertreters. Der Herr Pro⸗ fessor Baumstark hat in dieser Beziehung vorgeschlagen, statt Vorschlag« zu setzen nach Anhörung des Re feen gl Ich kann mich Namens der Königlichen Staatsregierung mit diesem Antrage einverstanden erklären ¶und würde damit auch das von dem Herrn v. Kleist da— egen erhobene Bedenken seine Erledigung finden. Herr v. Kleist hat . ausgeführt: wenn man den Landrath in Bezug auf die Be⸗ rufung des Stellvertreters an die Zustimmung des Kreisausschuffes binden wolle, so würde die Berufung eines Stellvertreters für die Fälle unmöglich gemacht, wo der Landrath die Zustimmung des Kreis« ausschusses für die von ihm vorgeschlagene Persönlichkeit nicht erlangt. Für solche Fälle aber ist im Gesetze selbst der Ausweg gegeben; es hat dann auf Antrag des einen oder des anderen Theils das Ver— . als oberste Kommunal ⸗Aussichts -Instanz zu ent—
eiden.
c Hr. v. Kleist hat schließlich bemerkt, daß die vorliegenden Anträge von Ihrer Kommission mit Einstimmigkeit beschlossen worden wären und daß namentlich auch der Hr. Ober-Bürgermeister Hasselbach dem Antrgge, welchen die Kommission zu Absatz?2 beschlossen hat, nämlich an Stelle des Wortes »Zustimmung« zu setzen »Anhörung« beige stimmt habe. Was die Abstimmung des Hrn. Hasselbach anbetrifft, so wird er sich ja selbst darüber äußern können, ich will nur aus dem Bericht konstatiren, daß der erste Beschluß, wonach an Stelle des Wortes »Zustimmung«, »Anhörung« gesetzt werden soll, mit 12 gegen 56 Stimmen, und der zweite Beschluß mit 14 gegen 4 Stimmen ge— faßt wurde. J
Ich bitte hiernach die ursprüngliche Regierungsvorlage mit den redaktionellen Aenderungen, die Hr. Dr. Baumstark vorschlägt, an⸗ nehmen zu wollen. J . .
— FJ. 28 handelt von der Dienstunkosten⸗Entschädigung. Die Landdotationen sollen nach der Regierungsvorlage und dem Beschluß des Abgeordnetenhauses nicht zurückgefordert werden können, die Kommission schlägt vor, sie gänzlich fortfallen zu lassen. . Der Regierungs-⸗Kommissar, Geheime Regierungs-Rath Persius, empfahl die Annahme der Regierungsvorlage:
Ich möchte Sie bitten den §. 28 unter Verwerfung der Anträge Ihrer Kommission in der Fassung der Regierungsvorlage anzunehmen Die Regierungsvorlage schreibt in Absaß 4 vor:
Landdotationen, welche für die Verwaltung des Schulzenamts y ur ü sondern sie sollen nur dem Urtheilsspruch ihres Gleichen unterworfen
ausgewiesen sind, können auf Grund des gegenwärtigen Geseßzes nicht zurückgefordert werden. Sind solche Landdotationen allein oder in Verbindung mit Geld. oder Natural-Beiträgen von dem Gutsherrn gewährt, so ist derselbe berechtigt, hierfür von dem Gemeinde Vor ⸗ seher auch ferner die Wahrnehmung der Gutsporsteher ⸗-Geschäfte, beziehungsweise die Vertretung hierbei in dem bisherigen Umfange (56. 28 Alinea 3) zu fordern. . Jö .
Der Gutsherr wie die Gemeinde kann die Lösung eines der— artigen Verhältnisses gegen Fortfall der Geld⸗ und Naturalbeiträge und gegen Entschädigung für die Landdotationen verlangen. Der Gemeinde steht dabel das Recht zu, statt der Gewährung einer Ent— schädigung die Landdotation herauszugeben.
An Stelle dessen macht Ihre Kommission den Vorschlag:
Alle fortlaufenden Geld, und Naturalbeiträge, sowie etwaige Landdotationen des Gutsherrn für die Verwaltung des Schulzen amts fallen fort. Beiden Theilen bleibt indessen die freie Verein barung über die Fortdauer des bisherigen Verhältnisses überlassen, wonach dem Gemeindevorsteher die Wahrnehmung der Gutsvorsteher⸗ eschäfte obliegt. . . ;
ö ehe. lr sotationen von denen hier die Rede ist, sind mit selte ⸗ neren Ausnahmen nur geringfügige. Sie sind in den meisten Fällen schon vor einer langen Reihe von Jahren gegeben, in der Regel bei Gelegenheit der gutsherrlich bäuerlichen Regulirungen und Separatio—- nen. Es kommen aber auch Fälle vor, wo die Gewährung solcher Landdotationen in frühere Jahrhunderte hinaufreicht. Nach Ansicht der Staatsregierung können nun diese Landdotationen sehr füglich als eine Abfindung angesehen werden, welche von Seiten der Guts— herren zum Zwecke der Ablösung der aus dem gutsobrigkeitlichen Ver- hältnisse entsprungenen Verpflichtung wur anthriligen Remunerirung des Schulzen gewährt worden ist und dieser Auffassung entspricht, wenn hier ausgesprochen werden soll, daß es unzulässig sei, derartige Ab 6sungen deshalb zu revociren, weil ein neueres Geseß das Necht aufhebt, aus welchem die abgelöste Verpflichtung entsprun gen ist. Dazu komint die fernere Erwägung, daß die betre enden Landdotationen im Laufe der Jahre gegen ihren ursprünglichen Zu— and sehr erheblich meltorirt worden sind, und daß, wenn man diese zanddotationen jetz an die Gutsherren zurückgeben wollte, es der Billigkeit entsprechen würde, von ihnen für diese Meliorationen eine Innshadigung zu beanspruchen. Die Normirung einer solchen Ent schädigung aber würde große Schwierigkeiten haben, jg vielfach geradezu unmöglich sein, weil der ursprüngliche Kulturzustand der vor langen Jahren gegebenen Ländereien sich nicht mehr feststellen lassen würde.
Andrerseits, meine Herren, hat die Regierung anerkennen müssen, daß unter Umständen in der Belasfung der Landdotation in den Händen der Gemeinden eine Ungerechtigkeit gegen die Gutsherren liegen würde, nämlich dann, wenn die Schulzen gegen den Genuß der Landdotation bisher auch die Gutsvorstehergeschäfte besorgt haben. Zur
Vermeidung einer solchen Ungerechtigkeit und um zugleich
die bisherige Gemeinfamkeit der Verwaltung in den Gutsbezirken und den Gemeinden, welche sich überall bewährt hat, auf⸗ recht zu erhalten, hat die Regierung vorgeschlagen, daß die Land.= dotationen zwar den Gemeinden verbleiben sollen, daß aber die Schulzen gegen den Genuß derselben auch nach wie vor verpflichtet sein sollen, die Gutsvorstehergeschäfte wahrzunehmen. Dabei ist indeß, um der Gerechtigkeit nach allen Seiten hin zu entsprechen, die Bestimmung für nothwendig erachtet worden, daß sowohl die Ge⸗ meinde, wie der Gutsherr, befugt sein soll, auf Lösung dieses Ver- hältnisses anzutragen, und wenn ein solcher Antrag erfolgt, die Ge⸗ meinde dem Gutsheren eine Entschädigung für die empfangene Land= dotation gewähren soll. Dagegen macht Ihre Kommission' den Vor— schlag ! eben so wie fortlaufende Geld. ünd Naturalbeiträge, auch etiwaige Landdotationen des Gutsherrn für die Verwaltung des Schul⸗ zenamtes fortfallen zu lassen, also auch in den Fällen, wo eine Be— sorgung der Gutsvorsteher - Geschäfte durch die Schulzen nicht statt gefunden hat. In letzterer Beziehung geht nach meinen vor— herigen Ausführungen dieser Vorschlag zu weit. Was aber die Zurück⸗ gewährung der Landdotationen in den Fällen anlangt, wo für dieselben die Besorgung der Gutsvorstebergeschäfte durch die Schulzen statt— gehabt hat, so würde nach der Ansicht der Staatsregicrung eine der. artige gesetzliche Anordnung nur Streitigkeiten zwischen dem Guts—Q herrn und der Gemeinde hervorrufen, da die letztere nicht bereit sein wird, die Landdotation ohne Weiteres zurückzugeben. Wenn aber einmal Streitigkeiten entstanden sind, wird es nicht so leicht möglich sein, den Streit, im Wege des Vergleiches in der Art beizulegen, wie Ihre Kommission vorschlägt, daß beide Theile sich vereinigen, das bisherige Verhältniß bestehen zu lassen. Der Unterschied zwischen der Regierungsvorlage und dem Vorschlage Ihrer Kom⸗ mission besteht wesentlich darin, daß die Regierung den Status quo aufrecht erhalten will, während Ihre Kommission vorschlägt, den be⸗ stehenden Rechtszustand zunächst aufzuheben und sodann einen neuen gleichzeitigen an die Stelle des bestehenden zu setzen, woraus nach Ansicht der Staatsregierung nur Weiterungen und Streitigkeiten ent⸗ stehen können. Ich will noch erwähnen, daß die Vorlage vom Jahre 1869 abweichende Vorschläge enthielt, daß aber der gegenwärtige Vorschlag der Regierung einem Antrage der konfervativen? Seite des Abgeordnetenhauses entnommen worden ist. Ich bitte um Annahme der Regierungsvorlage.
— 8. 32 zählt die besonderen Verhältnisse auf, welche die Bestellung eines Stellvertreters bedingen. Die Herrenhaus⸗ Lommission fügt zu den vom Abgeordnetenhause festgesetzten Fällen noch einige hinzu und macht zu dem Paragraphen noch folgenden Zusatz:
Für die von dem Hauptgute entfernt belegenen Theile eines selbständigen Gutsbezirks kann von dem Kreis ⸗Ausschusse die Bestel⸗ lung besonderer Stellvertreter angeordnet werden, sofern dies für eine ordnungsmäßige örtliche . erforderlich ist. Der Stellver- treter beda f der Bestätigung durch den Landrath. Die Bestätigung kann nach Anhörung des Kreis Ausschusses versagt werden.
Herr Baumstark beantragte die Streichung desselben.
Der Regierungskommissar äußerte hierüber:
Meine Herren! Zu §. 32, der gegenwärtig zur Diskussion steht, sind von der Kommission verschiedene Abänderungsanträge gestellt worden. Es war dabei in Ihrer Kommission die Erwägung maß⸗ gebend, daß die Stellung der Gutsbesitzer als Guts vorsteher durch die in den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses vorgesehene Bestätigung und Unterstellung derselben unter das Disziplinar— gesetz herabgedrückt würde. Namens der Staatsregierung habe ich die Erklärung, abzugeben, daß dieselbe dieser Ansicht der Kommission nicht, beizüpflichten vermag, die Staatsregierung glaubt vielmehr, daß die Beschlüsse, welche das Abgeordnetenhaus zu den §8§. 32 — 35 gefaßt hat L ganz zutreffend und dem System des Entwurfs gemäß sind. Die Staatsregierung kann ihrerfeits nicht zugehen, daß durch die Beschlüsse des Abgeordnetenhauses die Stellung des Gutsbesitzers herabgedrückt werde, im Gegentheil erscheint ihr die Stellung der Gutsbesitzer als Gutsvorsteher weniger gesichert nach den Vorschlägen Ihrer Kommission, als nach den Beschlüssen des Abgeorductenhauses. Meine Herren! Nach dem Vorschlag Ihrer Kom= mission soll der Landrath befugt sein, die Vereidigung des Gutsbefitzers zu versassen, und die Bestellung eines Stellvertreters zu verlangen, wenn er den Gutsbesitzer, für das Amt eines Gutsvorstehers nicht für geeignet hält. Eine Zustimmung des Kreisausschusses zur Versagung der Vereidigung unter der Forderung der Bestellung eines Stellver' treters findet nicht statt. Solchergestalt ist also auch der Landrath in der Lage, die Entfernung eines Gutsbesitzers von dem Gutsvorsteher⸗ amte in jedem Augenblicke herbeiführen zu können, und zwar ohne ein geordnetes vorgängiges Verfahren; der Gutsbesitzer ist von s inem Amte als Gutsvorsteher ad natum des Landraths absetzbar. Nach der Vorlage des Abgeordnetenhauses dagegen soll der Gutsbesitzer für das. Amt eines Gutsvorstehers zunächst bestätigt werden; diese Be—⸗ stätigung soll aber von dem Landrath nur versagt werden dürfen, wenn der Kreisausschuß hierzu seine Zustimmung ertheilt, ist aber einmal die Bestätigung erfolgt, dann kann der Gutsbesitzer nicht ohne Weiteres von seinem Amte entfernt werden, indem er gezwungen wird, einen Stellvertreter zu bestellen, sondern die Entfernung ist nur möglich in einem ordentlichen Rechtsverfahren, welches stattfindet in erster Instanz vor dem Kreisausschusse, in zweiter Instanz vor dem Verwaltungsgerichte. Beide Vehsrden tragen wesenilich den Charak- ter von jadiges parium an sich; es ist also nicht davon die Rede, diese Gütsbesiszer unter die Bureaukratie des Staates zu stellen,
werden.
Die Bestimmung des §. 36 der Abgeordnatenhaus-⸗Vorlage geht allerdings auch auf die Verleihung eines Ordnungs- Strafrechtes an den Landrath gegen die Gutsbesitzer in ihrer Eigenschaft als Gutsvorsteher. Ihre Kommission schlägt dagegen in einem späteren Paragraphen vor, die Gutsbesitzer nur dem Exekutiv⸗ Strafrecht des Landraths zu unterstellen. Wenn nun auch ein Unterschied zwischen Ordnungs- und Exekutivstrafen besteht, insofern letztere zuerst an= gedroht werden . während eine solche . Ordnungs⸗ strafen nicht nöthig ist, so sind beide Strafmittel doch nicht prin. zipiell von einander verschieden, und es kann also darin eine Vermin⸗ derung der Rechte der Gutsbesitzer nicht gefunden werden, wenn er dem Ordnungs-⸗Strafrecht des Landraths unterstellt wird anstatt dem Exekutiv · Strafrecht.
Die ursprüngliche Regierungsvorlage kannte zwar nicht die aus— drückliche Bestätigung der Gutsvorsteher sie hielt es für genügend, diese Bestätigung indirekt aussprechen zu lassen durch den Akt der Verthei— digung. Konsequenter und prinzipiell richtiger aber ist der Vorschlag des Abgeordnetenhauses, in dem Gesetze vorzuschreiben: der Gutsvor. steher muß vom Staate für sein Amt bestätigt werden, denn er hat Namens der Staatsgewalt obrigkeitlich; Rechte auszuüben. Der Staat hat deshalb durch Ertheilung der Bestätigung ausdrücklich an ⸗ zuerkennen, daß der Gutsbesitzer qualifizirt ist, obrigkeitliche Rechte auszuüben. ö ; .
Ich glaube nach alledem empfehlen zu müssen die Beschlüsse des Abgeordnetenhauses, beziehungsweise die Anträge des Herrn Pro⸗ fessor Baumstark anzunehmen, indem ich mir noch die Bemerkun gestatte, daß gegen den von Ihrer Kommission binzugefügten Absatz im §. 32, wescher die Bestellung besonderer Stellvertreler für entfernter belegene Theile des Gutsbezirks betrifft, von Seiten der Staatsregie rung kein Bedenken erhoben, vielmehr anerkannt wird, daß durch diesen Vorschlag in ganz zweckmäßiger Weise eine Läcke, die in dem Geseßentwurf lag, ausgefüllt wird.
— 8. 49 handelt von der Bildung der Amtsbezirke. Die Bestimmung der Regierungsvorlage, daß dieselben zusammen- hängende Flächengeblete sein, sowie daß sie zwischen 800 und 3000 Einwohner haben sollen, ist in die Kommissionsvorlgge nicht aufgenommen; nach dem Vorschlage der Kommission soll die Bildung der Bezirke davon abhängen, daß die Polizei un— entgeltlich ausgeübt werden kann.
Der Regierungskommissar, Geh. Regierungs Rath Persius, erklärte in Betreff dieses Paragraphen:
Ich besinde mich nicht in der Lage, mich mit den sämmtlichen Anträgen, die von Ihrer Kommission zu diesem Paragraphen gestellt worden sind, einverstanden erklären zu können.
Ihre Kommission hat zunächst in der Nr. 1 der Vorlage des Abgeordnetenhauses eine Streichung vorgenommen von Worten, die bereits in der ,,, wenn auch an einer andern Stelle, enthalten waren. Das Abgeordnetenhaus schlägt in Ueber. einstimmung. mit der Regierung vor, daß jeder Amtsbezirk thunlichst ein räumlich zusammenhängendes und abgerundetes Flächengebiet umfassen solle; Ihre Kommission empfiehlt da⸗ gegen die Worte » thunlichst Ain räumlich zusammenhängendes und abgerundetes« zu streichen. Es ist dies, wie von Ihrem Herrn Berichterstatter so eben angeführt worden, aus dem Grunde ge⸗ schehen, um die Behörden bei der Bildung der neuen Amtsbezirke nicht zu nöthigen, auch solche schon bestehenden Polizeibezirke abzu- ändern, die gegenwärtig nicht ein räumlich zusammenhängendes und abgerundetes Flächengebiet« umfassen. Die Regierung ist nun im Gegentheil der Ansicht, daß bei der Bildung der neuen Amtsbezirke vor allem darauf gehalten werden muß, daß dieselben thunlichst ein räumlich zusammenhängendes und abgerundetes Flächengebiet um— fassen, und daß Polizeibezirke, welche diesen Bedingungen nicht ent- sprechen, abgeändert werden müssen. Zustände, wie wir sie gegen= wärtig haben, wo einzelne Gemeinden von dem Sitze der Polizei Obrigkeit durch viele andere Gemeinden und Gutsbéhsrke getrennt, 3 4 —5 Meilen entfernt sind, können nicht aufrecht erhalten werden, vielmehr ist es nöthig, die Polizeibezirke, foweit irgend thunlich, aus räumlichen zusamnienhängenden und abgerundeten Flächengebieten zu bilden Wenn dies nicht geschieht, so ist die Ausübung einer wirk⸗ samen Polizei überhaupt nicht möglich. Liegen die olizeibezirke bunt durcheinander, wie soll da eine Kriminal- und Sicherheitspolizei mit Effekt geübt werden? Demgemäß bin ich auch nicht in. der Lage, mich mit dem Antrage zu Rr. 3 einverstanden zu er- klären, welcher vorschlägt, die Worke der Abgeordnetenhaus. Vorlage zu beseitigen: Gutsbezirke von abgesonderter Lage, welche ohne wesentliche Unterbrechung ein räumlich zusammenhängendes Gebiet von erheblichem Flächeninhalte umfassen.« Ich habe mir bereits zu bemerken erlaubt, welche Gründe dafür sprechen, die thunlichste Ge⸗ schlossenheit der Polizeibezirke anzustreben, beziehungsweise auf- recht zu erhalten, wo dieselbe schon vorhanden sein sollte. Es ist aber auch die fernere Bestimmung, die hier vom Abgeordnetenhause in Uebereinstimmung mit! der Regierungs- vorlage für die sogenannten gutzherrlichen Polizeibezirke Retroffen ist, daß dieselben von erheblichem Flächeninhalt sein sollen. Diese Bestimmung ist eine durchaus enisprechende und richtige. Es ist nicht, die Absicht der Königlichen Staatsregierung, die kleinen Butsbezirke, die vielfach vorkommen, die kaum die Größe eines Kossäthengutes und oft einen geringeren Ertrag als viese haben, fernerhin noch als selbständige Fh rf wire konserviren zu wollen. Solche kleinen Güter von 50, 60, 1090 und wenig mehr Morgen, die nicht selten nur eine Grundsteuer im Betcage von 3, 4, i0 und 3 zahlen, können keine geeigneten, zweckmäßigen Polizeibezirke
ilden.
Was ferner die Streichung der Nummer der Abgeordnetenhausvor lage anbetrifft, die wesentlich mit Nummer 4 der Regierungs vorlage über einstimmt, so will ich meinerseits kein entscheldendes Gewicht auf diese Streichung legen. Gleichwohl meine ich, daß im letzten Absatz der Hinweis, daß die bereits bestehenden anderweiten kommunalen Verbände bei der Bildung der neuen Polizeibezirke in Obacht genom⸗ men werden sollen, ganz zweckmäßig ist. Es ist keineswegs gesagt: es soll unter allen Umständen darauf geachtet werden, daß ber Polizeibezirk mit dem Kirchspiele, dem Schulverbande 2c. sich in Uebereinstimmung befindet. Da aber, wo es zu erreichen ist, wird eine solche Uebereinstimmung immerhin zweckmaͤßig sein.
Anlangend endlich die . Zahlenabgrenzungen, die in der ursprünglichen Regierungsvorlage nicht enthalten waren, die aber das Abg;ordnetenhaus für nöthig erachtet hat, einzufügen, so habe ich mir bereits in der Kommission die Erklärung erlaubt, daß die Staatsregierung darin gerade keine ganz besondere Verbesserung der Vorlage erblicken könne; auf der anderen Seite habe ich jedoch auch hervorgehobeng daß es für die Organisation nicht ganz unzweckmäßig sein dürfte; Fingerzeige zu geben, welche eine einheitliche Durchfüh⸗ rung der Organisation ermöglichen; die k auch mmer noch so getroffen seien, daß sie den ausführenden Behörden nicht allzusehr die Hände binden.
Ich kann also im Namen der Staatsregierung die Beibehaltung dieser Bestimmungen zwar nicht empfehlen, dieselben aber auch nicht für absolut unzweckmäßig und unannehmbar erklären.
— JF. 51 lautet in der Fassung des Abgeordnetenhauses: »Die Organe der Amtsverwaltung in den AÄmtsbezirken sind nach näherer Vorschrift dieses Gesetzes der Amtsvorsteher und der Amtsausschuß.« Die nächsten vier Paragraphen handeln von den Befugnissen, der Zusammensetzung u. s. . des Amts⸗ ausschusses. Dagegen beantragte die Herrenhaus⸗Kommission, S. 51 folgendermaßen zu fassen: »In dem Amtsbezirke wird die Polizei von einem Amtsvorsteher als ein unentgeltliches Amt verwaltet« und die nächsten vier Paragraphen zu streichen, so daß nach ihren Intentionen der Amtsausschuß gänzlich aus dem, Gesetze entfernt würde. Hr. Dr. Baumstark beantragt völlige Wiederherstellung der Fassung des Abgeordnetenhauses. Hierüber nahm der Minister des Innern, Graf zu Eulenburg, das Wort:
Meine Herren! Ihre Beschlußnahme über diese Paragraphen ist nicht ohne Wichtigkeit im Hinblick auf die Stimmung, die in dieser Beziehung im Abgeordnetenhause herrscht. Ich möchte die Frage etwas klarer stellen, als sie bisher dem Publikum und selbst dem politischen Publikum geworden ist. Es finden immer noch Verwech— selungen statt zwischen Sammtgemeinden und zwischen Gemeinden, welche sich zur Verfolgung bestimmter kommunaler Zwecke vereinigen. Was in der Gesetzesvorlage beabsichtigt wird, läuft darauf hinaus, daß ein ursprüng⸗ licher Polizeibezirk als ein solcher bezeichnet wird, der sich auch mit ande⸗ ren öffentlichen Angelegenheiten beschäftigen könne. Diese Fesisetzung haben Sie auch durch Ihre Beschlüsse gutgeheißen. Das Abgeordneten⸗ haus legt nun Werth darauf, daß man in dem Gesetze gleich eine Form biete, in der sich die Handhabung dieser weitergehenden öffent— lichen Interessen bewegen könne, und daß man nicht dadurch, daß man eine solche Form aus dem Gesetze fortläßt, die Möglichkeit eines ,, in anderen als in polizeilichen Angelegenheiten raube.
Die Regierung hat stels die zwangsweise Einführung von Sammt— gemeinden bekämpft. —
In dieser Beziehung existiren in liberalen Kreisen Voreingenom . menheiten, die darauf hinauslaufen, daß die Sammtgemeinde eigent · lich das Idegl sei. Die Negierung ist anderer Ansicht. Sie läuguet nicht, daß Sammtgemeinden unter Umständen naturgemäß entstehen können und ist der lin icht, daß der Bildung derselben entgegenzutreten keine Veranlassung vorliege; aber sie kann es nur als eine Tödtung des Gemeindelebens ansehen, wenn die Gesetzgebung Besch üsse gestat⸗· tet, durch welche zwangsweise die Interessen der einzelnen Gemeinden zu Interessen einer e, . gestempelt werden. Deshalb habe ich auch bei dieser Gelegenheit ausdrücklich erklärt, daß an dem Grundsaßtze der ganz freien Vereinbarung festgehalten werden müsse und daß das Amt den Charakter einer Sammtgemeinde nur dann annehmen könne, wenn dies ohne Widerspruch irgend einer einzelnen Gemeinde geschche.
Dieser Gedanke ist in dem Beschlusse des Abgeordnetenhauses zum Ausdruck gekommen. Derselbe schließt die Befürchtung aus, daß gegen den Widerspruch auch nur eines einzelnen Bestandtheiles des Amts eine Angelegenheit zu einer kommunalen Angelegenheit des Amts gemacht werden könne. Wenn das aber der Fall ist, so frage ich welchen Grund man hat, um dem so lebbaft gehegten Wunsche des Abgeordnetenhauses entgegenzutreten? Ich glaube, daß die Umgestaltung der Aemter zu kommunalen Bezirken sich in den östlichen Provinzen, wenn überhaupt, so doch nur sehr langsam ent. wickeln würde aber wenn Fie sich entwickeln will, wenn für gewisse kommunale Zwecke, für Feuerlöschwesen, für Wegebauten, für