1872 / 258 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 31 Oct 1872 18:00:01 GMT) scan diff

Dislokation im Militär⸗Territorial-Bezirke Kaschau provisorisch nach Losonez zu verlegen ist. In Folge der beiden ersterwähn⸗ ten Allerhöchsten Anordnungen haben die Militär⸗Territorial⸗ Behörden zu Hermannstadt und Temesvar in Hinkunft die Be⸗ zeichnung »Militär⸗Kommando«, die Chefs dieser Behörden den Titel »Militär⸗Kommandant« zu führen. Die Abtrennung des XVI. Infanterie⸗TruppenDivisions⸗Kommando's, so wie die Aufstellung der zweiten Infanterie⸗Brigade der XXXII. In⸗ fanterie⸗Truppen⸗Division, dann die Umwandlung des XVI. und XXIII. Infanterie⸗Truppen⸗Divisions⸗ und Militär⸗Kom⸗ mando's zu Hermannstadt, beziehungsweise Temesvar, in aus⸗

schließliche Militär⸗Territorial-⸗Behörden haben mit 1. Novem⸗

ber d. J. zu erfolgen.

Graz, 29. Oktober. Heute Nachmittag fand unter Be⸗

theiligung des Militärs und einer zahlreichen Menschenmenge die Beisetzung des Vize⸗Admirals v. Tegetthoff statt.

Pesth, 29. Oktober. Regnikolar⸗Deputation des kroa⸗ tischen Landtages hat, wie »Pesti Naplo« mittheilt, am 25. d. M. im kroatischen Klub eine Konferenz gehalten. Dem Vernehmen nach hat das Subkomite für die Finanzangelegenheiten sein Elaborat vorgelegt, indessen konnte die Konferenz zu keinem Beschlusse ge— langen, weil das Budget für 1873 noch nicht votirt ist. Aus der Konferenz wurde auch ein zweites Komite entsendet, dessen Aufgabe es ist, einen Vorschlag zur Lösung der vom kroatischen Landtage in staatsrechtlicher Hinsicht erhobenen Schwierigkeiten auszuarbeiten. Solche Fragen sind die Vertre⸗ tung Kroatiens im ungarischen Reichstage, das Verhältniß Kroatiens zur Landesregierung u. s. w.

39. Oktober. (W. T. B.) Der »Pesther Lloyd« glaubt das Gerücht von dem bereits erfolgten Abschluß der Ver⸗ handlungen bezüglich des neuen Anlehens als verfrüht be⸗ zeichnen zu können.

Ofen, 30. Oktober. von denen 27 tödtlich verliefen, vorgekommen. krankten Soldaten sind 5 gestorben.

Bis heute sind hier 94 Cholerafälle, Von 29 er⸗

Großbritannien und Irland. London, 29. Oktober.

Die Königin der Niederlande traf gestern auf Schloß Ford in Northumberland zu einem dreitägigen Besuch der ver⸗ wittweten Marquise von Waterford ein. .

Sämmtliche Kabinets⸗Minister mit Ausnahme des Marquis von Ripon (Präsident des Conseilsz und Viscount Halifax (Geheimsiegelbewahrer) werden nächste Woche in Lon⸗ don erwartet.

Sir Alexander Duff Gordon, seit vielen Jahren an der Spitze des Departements für direkte Steuern, ist gestorben. Sir Alexander war Sekretär von Sir Cornewall Lewis, als letzterer den Schatzkanzlerposten bekleidete.

31. Oktober. (W. T. B.) Gestern ist in Wexford (Irland) ein Cholerafall mit tsödtlichem Ausgang vor⸗ gekommen.

Frankreich. Paris, 30. Oktober. Wegen der Vorgänge in La Fere und Chalons wird eine Untersuchung einge— leitet werden.

Gestern sprach sich der Generalrath des Seine⸗ Departements mit 77 gegen 30 Stimmen zu Gunsten der Einführung des Laienunterrichts aus; dieselbe Körperschaft hatte im vorigen Jahre mit zwei Stimmen Majorität sich gegen den Laien⸗Unterricht erklärt.

General Ducrot, Ober⸗Kommandant des 8. Armee⸗ Corps (Tours), hat am 28. vom Lager von Avor aus einen

Tagesbefehl erlassen und damit seinen Truppen die Ueber⸗

nahme des Kommandos angezeigt.

General Chaney in Tours am 1. November. Nachdem er an diesem Tage eine Revue gehalten, wird der General die geistlichen und übrigen Behörden empfangen.

Die neue Verfassungsvorlage lautet der »Pressey zufolge: . .

Die Nationalversammlung: In Erwägung, daß sie als Verwah— rerin der Volkssouveränetät am 8. Februar 1871 das doppelte Man⸗ dat erhalten hat: I) Frieden zu schließen und die Auslösung des Landesgebiets zu besorgen; 27) eine regelmäßige Regierung herzustellen;

in Erwägung, daß der erste Theil ihrer Aufgabe durch die Frie⸗ denspräliminarien von Versailles, den Frankfurter Vertrag und di beiden Anleihegesetze gelöst und nun der Augenblick gekommen ist, die bisher und namentlich in dem Gesetz vom 31. August 1871 . Antrag) vorbehaltene konslituirende Gewalt auszuüben, verfügt:

Art. 1. Die Republik, welche seit dem 4. September 1870 die thatsächliche Regierung ist, wird als die definitive Regierung Frank— reichs ausgerufen und anerkannt.

Art. 2. Herr Thiers wird auf vier Jahre zum Präsidenten der Republik ernannt; er übt in dieser Eigenschaft alle in dem Kap. V. der Verfassung von 1848 aufgezählten Gewalten und Vorrechte aus.

Art 3. Die Nationalversammlung ist permanent. Sie hat all- jährlich ein Drittheil ihrer Mitglieder zu erneuern. Die erste dieser partiellen Erneuerungen soll am ersten Sonntag des Februar 1873 stattfinden.

Art. 4. Unmittelbar nachdem die in dieser Wahl ernannten Ab⸗ geordneten bestätigt worden, ernennt die Nationalversammlung eine Kommission von 45 Mitgliedern, welche die weiteren organischen Ge⸗ setze ausarbeiten und insbesondere auch ihr Gutachten über die Frage der Einführung einer Zweiten Kammer und eventuell die Art ihrer Ernennung und den Umfang ihrer Befugnisse abgeben soll.

(W. T. B.) General Ducrot hat bei Gelegenheit der Uebernahme des Kommandos des achten Armee-Corps in Bourges eine Proklamation erlassen, in der es u. A. heißt: Soldaten! Nach schweren Prüfungen und Mißgeschicken müssen wir uns ins Gedächtniß zurückrufen, daß auf dem Schlacht— felde die Begeisterung nicht die Vorbereitung, das heißt an— gestrengte Arbeit, ersetzen kann. Die Armee ist die Seele der Nation. Vor Kurzem noch schien es, als ob man das vergessen hätte. Heute aber werden Alle, reich und arm, in unsere Reihen treten. Niemals werden uns gebieterischere Pflichten auferlegt sein. Wenn wir unmierrichtet, disziplinirt und stark werden, werden wir unsere Feinde im Innern bezwingen können, ohne zur äußersten Strenge unsere Zuflucht nehmen zu brauchen. Was Diejenigen betrifft, welche wir Schritt für Schritt vom Rhein bis zur Loire bekämpften, werden sie viel⸗ leicht einmal bedauern, auf immer unser Herz zerrissen zu haben, als sie Frankreich seine theuersten Kinder entrissen.

Der deutsche Botschafter Graf von Arnim ist gestern Morgen hier eingetroffen und hat im Laufe des Nachmittags noch eine längere Unterredung mit dem Minister des Aus— wärtigen, de Remusat, gehabt.

31. Oktober. (W. T. B.) Der Vize⸗Admiral Gueydon begiebt sich Sonnabend nach Algier zurück. Die Gerüchte

von dem bevorstehenden Rücktritt des Kriegs⸗Ministers und

der Demission des Seine⸗Präfekten erhalten sich.

Türkei. Konstantinmopel, 30. Oktober. (W. T. B.)

Das Ministerium für Bergbau und Forstwesen ist

aufgehoben worden. Das Gerücht von der Wiederernennung Mahmud Pascha's zum Großvezir hat sich bis jetzt nicht

bestätigt. . Kragujevacz, 30. Oktober. (W. T. B.) Die Skupt⸗

übernimmt sein Ober⸗ Kommando“

schina hat den Antrag auf Ausschließung der Israeliten vom Dienste in der Landwehr abgelehnt. .

Numänien. Bu karest, 30. Oktober. Die Kammern sind durch fürstliches Dekret auf den 27. November zur ordent⸗ lichen Session einberufen worden.

Amerika. New ⸗HYork, 30. Oktober. (W. T. B.) Die Proklamgtion des Präsidenten Grant, in welcher verschiedene Differenzialzölle eingeführt werden, ist nunmehr doch unter heutigem Datum veröffentlicht worden.

Aus Rio de Janeiro wird unter dem 7. d. Mts. telegraphisch gemeldet, daß, obwohl über die mit General Mitre, dem Abgesandten der Argentinischen Republik, gepflo⸗ genen Unterhandlungen noch immer strenge Verschwiegenheit beobachtet wird, Grund zu der Annahme vorhanden ist, daß sie in einer freundschaftlichen Regelung ihren Ausgang finden werden.

Asien. Der »Russische Invalide« meldet über die Lage in China: Laut Mittheilungen der offiziellen »Pekinger Zei⸗ tung« behaupten sich die muhamedanischen Insurgenten an den beiden wichtigen Plätzen Lan⸗-Tscheou und Sinin⸗-Fu der Pro⸗ vinz Kan, Sou und in dem ganzen zwischen ihnen belegenen Gebiet. Die chinesischen Beamten, welche von Peking nach Chuchunar zur Darbringung von Opfern abgesandt waren, wurden von den Insurgenten festgenommen. Laut Bericht des General-⸗Gouverneurs von Kan-Sou belief sich die Zahl der bereits zum Jahre 18663 von den Muhamedanern in die⸗ sem Gouvernement ausgerotteten chinesischen Bevölkerung auf 300,000 Personen; in demselben Maße ist diese Ausrottung auch weiter fortgegangen. Deshalb bittet der General⸗Gouverneur um die Ermächtigung, nicht nur die erwachsenen Aufständischen, sondern auch deren minderjährige Nachkommenschaft ausrotten, oder die Minderjährigen wenigstens in die Gefängnisse ein—⸗ schließen zu dürfen. Von einem der in der Mongolei kom mandirenden chinesischen Generale, und zwar dem Chef der Truppen in Schan-⸗Cho, sind Nachrichten darüber eingelaufen, daß seine Soldaten sich bereits in dem Maße mit den gezogenen europäischen Schußwaffen eingeübt haben, daß er der Instruc— teure weiter nicht bedürfe und sie demnach nach Pecking zurück⸗— schicken werde.

Australien. Aus Melbourne wird per Kabel gemel⸗ det, daß die Prinzen Philipp und August von Sachsen⸗Coburg-⸗Gotha, von Kalifornien kommend, in

ö

Sidney eingetroffen sind.

Landtags⸗Angelegenheiten.

Berlin, 31. Oktober. In der gestügen Sitzung des Herrenhauses erklärte der Minister des Innern, Graf zu Eulenburg zu §. 119 der Kreisordnung, welcher die itio in partes einführt, nach dem Herrn von Kröcher:

Nur eine kurze Erwiderung. Ich halte in Konsequenz dessen, was ich über die Natur der Kreistage, wie die Regierung sie sich denkt, früher anzuführen die Ehre gehabt habe, die itio in partes mit der- selben nicht vereinbar; diese Ansicht kann ich nur aufrecht erhalten. Was aber den Einwand des Herrn v. Kröcher anbetrifft, daß in den Ver⸗

rdnungen von 1867 über die Kreistage der neuerworbenen Provinzen die itio in partes statuirt worden sei, so beruht dies einfach darauf, daß ein Steuermaßstab, nach welchem die Kreisabgaben aufzubringen sind, in diesen Verordnungen nicht existirt; die Kreisstände haben dort nach Analogie unserer alten Kreisstände keine Fesseln in dieser Be⸗ ziehung. In dem vorliegenden Gesetzentwurf ist ausdrücklich gesagt und ein für alle Mal gesetzlich festgestellt, nach welchen Grundsäßtzen die Steuern im Kreise aufgebracht werden müssen, und das sist der Grund, warum eine ilio in partes für die neue Kreisverkretung mindestens vollständig überflüssig erscheint.

Das Haus der Abgeordneten berieth gestern den Bericht der Justiz⸗Kommisfion über den Antrag des Abgeordneten Parisius, die Gesetzgebung der Bewässerungs⸗ und Entwässe— rungs⸗Genossenschaften betreffend. Der Antrag der Kommission ging dahin:

Das Abgeordnetenhaus wolle beschließen: die königliche Staats- regierung aufzufordern, dem Landtage in der nächsten Session einen Gesetz Entwurf vorzulegen, wodurch Vorschriften, betreffend die Ent wässerungs⸗ und Bewässerungs⸗-Zwangsgenossenschaften (Gesetze vom 28. Februar 1343 und 1I. Mai 1853) dahin abgeändert werden, daß I) Genossenschaften, welche die Erhöhung des wirthschaftlichen Ertrages der einbezirkten Grundstücke zum Zwecke haben, nur dann gegründet

werden dürfen, wenn die Mehrzahl der Interessenten nach der

Fläche und dem Grundsteuer⸗Reinertrage des betheiligten Besitzers berechnet es beantragen; 2) die den Beitritt weigernden Gruͤnd⸗ besitzer in ihren Rechten besser als bisher geschützt werden; 3) über alle streitigen Privatrechte, soweit nicht gesetzlich oder statutarisch Schiedsgerichte eintreten, der Rechtsweg gestattet wird.

In der Diskussion nahm der Regierungs-Kommissar, Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Greiff, nach dem Abgeord⸗ neten von Mühlenbeck das Wort:

Meine Herren! Die Aeußerungen des Hrn. Abg. Mühlenbeck werden von der Staatsregierung bei der weiteren Vorbereitung des Gesetzentwurfs, der in Aussicht gestellt ist, in reifliche Erwägung ge— nommen werden. Es sind zum Theil Gedanken, die schon bei den bisherigen Vorarbeiten zum Gesetzentwurfe Ausdruck gefunden haben, es ist aber nicht zu verkennen, daß gerade derjenige Punkt, über den sich der Herr Abgeordnete besonders eingehend geäußert hat, die aller⸗ größten Schwierigkeiten bietet, das ist nämlich die Frage, wie den widersprechenden Interessenten gegenüber den zustimmenden eine Gewähr zu geben sei dafür, daß das genossenschaftliche Unternehmen ihnen auch in der That Nußen bringe, oder wenn es ihnen keinen Nutzen bringt, ob und wie eine Entschädigung für sie geseßlich festzuste len sei. Bisher hat die Staatsregierung angenommen daß ein gründliches Kataster⸗ verfahren den Widersprechenden einen ausreichenden Schutz gewähre, und sie hat, wenn, wie oft der Fall ist, erst im Laufe der Zeit die Wirkung des Genossenschaftsunternehmens auf die betheiligten Grund- stücke sich sicher herausstellt, dann eine Revision des Katasters für das geeignetste Mittel gehalten, um etwaige Irrthümer des ersten Katasters zu beseitigen. Es wird bei der Vorbereitung des Gesetzentwurfs noch—= mals erwogen werden, ob dieser Weg genügend ist, oder ob etwa an⸗ dere Bestimmungen getroffen werden müssen, um den Widersprechen den gerecht zu werden.

Was den Wunsch anbelangt, den der Herr Abgeordnete äußerte, das beabsichtigte Gesetz nicht blos auf die Ent⸗ und Bewässerungs— genossenschaften, sondern auch auf die Waldgenossenschaften auszudeh- nen, so habe ich darauf zu bemerken, daß eine Verbindung dieser Gegenstände in einem Gesetze sein Bedenken hat, da bei den Wald⸗ genossenschaften ganz andere Rücksichten in Betracht kommen, als bei den Ent⸗ und Bewässerungsgenossenscha ten. Es ist ein ganz anderes Ding, ob man Grundbesitzer zur Bildung einer Genossenschaft zwin— gen will, um ihr Land, welches bisher nicht mit Holz bestanden war, aufzuforsten oder ob man sie blos veranlassen will, ihren Grund und Boden durch gemeinschaftliche Ent⸗ oder Be— wässerungsanlagen in einen besseren Zustand zu bringen. Deswegen ist die Staatsregierung bisher von der Ansicht ausgegangen und hält sie auch augenblicklich noch für richtig, daß ein besonderes Waldgenossenschaftsgeseß die dahin einschlagenden Verhältnisse richtiger

ordne und die Vereinigung aller dieser Gegenstände in ein Gesetz sich nicht empfehle.

Es kommt hierbei namentlich auch das Moment in Betracht, daß bei dem Ent- und Bewässerungs-Genossenschaftsgesetz in Betreff der Expropriation zu Gunsten dieser Unternehmungen an dere Grundsätze zur Anwendung kommen müssen, als bei dem Wald⸗ Genossenschaftsgesetz.

Dies im Einzelnen auf die Bemerkungen des Herrn Abg. Mühlenbeck. Im Allgemeinen kann ich nur wiederholen, daß die

des ausgeschiedenen Professors Dr. Mangold der Landrath M

Besichtspunkte, welche der Herr Abgeordnete in seiner Rede dargelegt hat, von der Staatsregierung bei der Aufstellung des betreffenden gesetzentwurfes reiflich werden erwogen werden.

Ueber die Petition des Beichgrafen und der Deichband— kommittirten des 3 schleswigschen Deichverbandes, B. Hamkens und Genossen zu Tating, üm Aufhebung des Patents vom 29. Januar 1800, soweit es die Beitragspflicht der schleswig⸗ holsteinschen Marschen zur allgemeinen Deichkasse betrifft, äußerte der Regierungs⸗Kommissar, Geheimer Regierungs⸗Nath Marcard:

Meine Herren! Die Angelegenheit, welche Anlaß zu dieser Be— schwerde gegeben hat, wird nach der Ansicht der Königlichen Staats. regierung durch die Ausführung des Gesetzes vom 11. April d. J. ihre völlige Erledigung finden. Im Artikel 4 des Gesetzes vom 11. April ist bestimmt, daß allen Deichkommunen in Schleswig-Holstein und Hannover die volle Selbstverwaltung ihrer inneren Angelegenheiten übertragen werden soll, sobald sie ihre Organisation gehörig geregelt, haben Für jeden Verband, der von der ihm hier gebotenen Befugniß Gebrauch macht, fällt die Thätigkeit des Deich-⸗Inspektors oder jetzt des Kreisbaubeamten in den inneren Verbandsangelegenheiten hinweg und folgerecht damit auch die Abgabe dafür nach dem Pa— tent von 1809. Meine Herren! Weiter zu gehen, dazus liegt in der That keine Veranlassung vor. Es ist gar nicht cbzufehen, weshalb die Abgabe auch in dem Falle ohne Weiteres gesteichen werden soll, wenn ein Verband die Selbstverwaltung seiner inneren Angelegen« heiten nicht übernehmen will, und wenn demnach der Kreisbaubeamte nach wie vor als eine Art technischer Direktor in den inneren Ver— bandsangelegenheiten zu fungiren hat. Meine Herren! Anders kann man in der That die Thätigkeit des Kreisbaubeamten in den schleswig— holsteinischen Deichkommunen kaum bezeichnen, wie als technischer Bei—⸗ rath oder als technischer Direktor. Es ist möglich, daß sich in einzelnen Kommunen die Sache praktisch anders gestaltet hat; nach den bestehen— den Vorschriften kann ich aber die Stellung eines solchen Kreis-Bau— beamten innerhalb der Kommunen faum anders charakterisiren. Der Deich-Inspektor oder jetzt der Kreis-Baubeamte hat zunächst die un—« mittelbare Oheraufsicht der Deiche, er hat die Refektionsarbeiten zu leiten, er hat die Meliorgtionspläne aufzustellen, demnächst für deren Ausführung zu sorgen, er greift also unmittelbar in die innere Verwaltung der Deichberbände ein. Meine Herren! Wenn Sie jetzt ohne Weiteres diese Abgabe auf—

beben, so übernimmt die preußische Staatskasse damit eine Last, die, abgesehen von der Provinz Hannover, wo andere Verhältnisse

bestehen, in den anderen Landestheilen des preußischen Staats nicht besteht. In allen übrigen Theilen des preußischen Staates haben die Deichkommunen die Kosten ihrer inneren Einrichtung, der Beauf— sichtiung der Deiche u. s. w., selbst zu tragen. Es liegt in der That kein Anlaß vor, für diejenigen Verbände in Schleswig- Holstein, die diese Selbstverwaltung ihrer inneren Angelegenheiten nicht über— nehmen wollen, die Abgabe zu streichen. Aus diesem Grunde fann die Staatsregierung nur angelegentlich empfehlen, über diese Be— schwerde, die durch das Gesetz vom 11. April d. J. eine angernessene Erledigung finden wird, zur Tagesordnung überzugehen.

Auf eine Erwiderung des Abgeordneten Wallichs entgeg— nete der Regierungs⸗Kommissar:

Ich erlaube mir, dem Herrn Abgeordnelen zu erwidern, daß der

Art. 4 des Gesetzes vom 11. April d. J. bestimmt, es soll den schles. wig ⸗holsteinischen Deichverbänden die volle Selbstverwaltung ihrer

inneren Angelegenheiten übertragen werden, sobald sie auf statutari⸗ schem Wege ihre Organe geschaffen haben. Damit, glaube ich, ist die Anfrage erledigt. Es wird also in Schleswig -Holstein ganz daf— selbe Verhältniß demnächst eintreten, wie in den alten Provinzen, sebald nur die Verbände von der ihnen gebotenen Selbstverwaltung Gebrauch machen wollen.

Die Kommission für die Agrarverhältnisse hat beschlossen, dem Herrenhause zu empfehlen, dem vom Hause der Abgeordneten angenommenen Geseß - Entwurf, betreffend die Ablösung der Reallasten in der Provinz Schleswig-⸗Holstein, mit

einem zum §. 41 von der Kommission beschlossenen Zusaßtze: »Es bleibt dem Ermessen der Auseinandersetzungsbehörde überlassen, in solchen Fällen, in welchen den Renten protokollirte Forderungen vor— gehen, die Uebernahme der Renten auf die Rentenbank zu versagen«, und mit Weglassung des §. 59 seine Zustimmung zu ertheilen.

8260 D 9 22 0 Im 10. Casseler Wahlbezirk (Kreis Marburg) ist an Stelle ayer

zu Marburg mit 79 von 122 Stimmen zum Mitgliede des Hauses der Abgeordneten gewählt worden.

Verkehrs⸗Anstalten.

Stockholm, 23. Oktober. Als Endpunkt der von Calmar ausgehenden Eisenbahn ist jetzt Em meboda definitiv vom König bestimmt und die Linie Brunamäla verworfen. Von der Bahn Ulricehamn ⸗Wartofta sind jetzt 23 schwed. Meilen vollständig terrassirt

Von dem Centraltelegraphen zu Stockholm sind im September d. J. 509 2 Telegramme (243688 abgegangen und 26,27 angekommen) expedirt; von dem Porto dafür, 38,34 Thlr., fielen 24794 an Schweden und 13516 an das Ausland. Im September 1891 wurden 41,846 Telegramme (20325 abgeaangene und 21,52

angekommene) expedirt; von dem dafür eingezahlten Porto, 28078

Thaler, fielen 19020 an Schweden und 9058 an das Ausland.

Lol ern EpHägekne VWitterdhhngsherkeckage v. 30. OGktohbe.

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Bar. Aby Temp. Ab-) win ö . Helsingtor. 357,5 2,2 88G. , schw. 31. Oktober.

Christians. 321, s 5,44 80. schwach. Petersburg 3530, s 9,9 S. lebhaft. Skudesnas. 325, 1 7, SW. , stark. Frederiksh. W., müs sig. Helsingõr . WS W., massig. *) Moskau. .. 332,3 3,90 NO., lebhaft. bedeckt.

3 Memel. ... 330,6 -6, 3 7.7 H, 2 MW., stark. trübe, Regen. Flensburg. 330, 1 DI SW., lebhast. bewölkt. Königsbrg. 331, 2-57 6,4 N31 8 W., stark.; bedeckt, Regen. Danzig.. 331, 3-5, 6,6 K 2, s bedeck Putbus... 325, 1 - 6,4 6.38 TI, 7 SVW. , stark. bed., gest. Reg.

Bieler Haf. 336 8 80 8 W., lebhaft. sehr bewölkt.

göslin. .. . 331,8 3,5 5,6 I, 1 SW. , stark. bedeckt.

Wes. Lehtt. 330,j 8,2 S W., lebhaft. Regen.

Wilhelmsh. 330,5 6,4 8SW., mässig. trübe.

; Stettin. . .. 332 9 —- 3,9 6.2 F2,0 W., schwach. bedeckt, Regen.

Gröningen 337, 7. SVW. , schwach regnerisch.

, B31, 9 . 7 XO Schwach. Regen.

Helder. ... 332, 8.3 Ws W., mässig.

Berlin 332,2 -3,2 74 33 N., schwach ganz trübe.“

Posen 331,9 =, 44 8. a 4.9 8 W., s. stark. bed eckt, Regen.

Münster .. 330, 2 —=4, Ro t 5 oSW., Sturm. strühe.“

Torgau ... 8s 4,7 8., mässig. Regen. )

Breslau ... 32 8, 4. 8 W.. schwaeh wolkig.

Brütsel ... 33: 1.2 SS W., mässig. Regen.

Cöln 9.9 N47 8W., lebhaft. trübe.

Wiesbaden 331. . SW. mässig. dederkt. s)

Ratibor ... d. 2, W.. mässig. wolkig.

, 3360, 3 - 1, 2 9.4 ö, 2 8 W., stürm. trübe. *)

3 Havre. .... 335,1 12,0 W. *tark. trũhe. Carlsruhe . 332,3 8.0 8VW., Sturm. ede

3 10, SW. 8. stark. bedeakr.

1, W 8 VW., s. stark. Nebel.

II, N., oehwach. Nebel,

) Gestern Nachmittag WB W. stark. 2) Strom N. Gestern Nachmittag SSW. stark. Strom S. Y) Seit gestern Regen. 4) Reg Nachts Sturm und Kegen. 9 Nachts Régen. S, Gestern Nachmittäs und Abends anhaltender Regen. ) Regen. Nachts Sturm.

Zweite Beilage

. ligermemne 7 Allgemeine Ort. r* 64

Iimmelsansieht

Kegen.

wenig bewölkt. bedeckt.

' aoGen bedeckt, Regen. 4

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Zweite Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Koͤniglich Preußischen Staats-Anzeiger.

MH Zas.

Donnerstag, den 31. Oltober

1872.

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Das Amtsblatt der Deutschen Reichs ⸗Postverwaltun Rr. 84 hat folgenden Inhalt: Generalverfügung vom 28. rh n, , n. der Eisenbahn zwischen Saarburg in Lothr. und

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Die Nr. 8, der Annalen der Landpirthschaft in den en g preußischen Staaten hat r,, Preußen; eiteres zur Tagesordnung der Sitzung des stndigen Ausschusses des Königlichen Landes- Sekonomie- Kollegiums. Ver tilzung der Reiher ir Förderung der Fischzucht. Mittheilungen aus dem. Ministerium für die landivirthschaftlichen Lingelegenhelten in Beziehung auf die Rinderpest. Lassen sich weitere Lohnsysteme als die bisher üblich gewesenen, und läßt sich insbesondere die Antheils⸗ wirthschast den ländlichen Arbeitern gegenüber durchführen. Trier, 16. Oktober. Literatur. Das Buch der Erfindungen, Gewerbe und Industrie. Besondere Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger. Ver.« mischtes: Die Ernte in Dänemark. Vereinsversammlungen. Markt- bericht. Viehpreise. Stärkepreise.

Kunst und Wissenschaft.

In Wien ist unter dem Nanien »Eonservatorium für dramatische Kunste eine neue Anstalt für die Ausbildung schau— spielerischer Talente gegründet worden. Der Leiter derselber' ist der Hofschauspieler Franz Kierschner.

Paris, 26. Oltober. Vorgestern begann das neue Lehrjahr der polytechnischen Schule. Bie Zahl der Zöglinge betragt 426. Das Lehrpersonal kostet jährlich 26,00 Fr. und die Verwaltung Pfl40 Ir. Die Totalsummie für die Ausgaben der Schule beträgt gdm 207 Fr., nämlich os l40 Fr. für die allgemeinen Kosten und 36*n 00 Fr, für die Zöglinge. Der Sold für die 2 Unteroffiziere, die in der Schule ugestellG sind, beläuft sich auf 74067 Fr.; die Er—⸗ nährungskosten auf 260 000 Fre der Kleidung auf 13066 und der Wäschelohn auf 10900 Fr. Die Zöglinge tragen im Ganzen für 260009 Fr. zu den Kosten bei, so daß der Staat jährlich 793 267 Ir. zuschießen muß. ,

Dem Begräbnisse Theophile Gautiers, welches am 25. stattfand, wohnte der Kabinetschef des Ministers des Kultus bei. Am Grabe sprachen Alex. Dumas Namens des Vereins dramatischer Autoren und Hr. Chalamel im Namen des Vereins von Gelehrten.

Rom 23. Oltober. Der Kommandant des Scee-Departements Spezüa , Admiral Isola, hat beschlossen, in Spezzia ein See— Mu seum zu gründen und deshalb alle Schiffskapitäne angewiesen, überall seltene Kunst! und Naturprodukte, die sie auf ihren Expeditio— nen antreffen, aufzukaufen.

Landwirthschaft.

Berlin, 31. Oktober. In der Sitzung des ständigen Aus- schusses des Landes-Oekonomie Kollegiums am 28. d. M. machte der Vorsitzende, Herr Geheimer Ober-Regierungs-Rath von Nathusius einige Mittheilungen. Nach diesen war das Mitglied Herr Brokelmann durch Unwohlsein verhindert, den Sitzungen beizuwohnen. Es war sofort der Stellvertreter desselben Herr Hach einberufen wor— den. Freiherr von Trott war für die ersten Tage der Sitzung ver- hindert und hat den Wunsch ausgesprochen, daß einige Gegenstände erst verhandelt werden möchten, iwenn er in Berlin eingetroffen sein würde. Außer den beiden Anträgen des Herrn von Lenthe: 1) be— treffend die Zulassung von Vertretern der landwirthschaftlichen Fach— presse zu den Verhandlungen des Landes -Oekonomie - Kollegiums, welche nicht vertraulicher Natur sind; 2) betreffend eine weitere Be⸗ schlußfassung des Landes-Oekonomie-Kollegiums in Angelegenheit der steuerlichen Ueberbürdung des Grundbesttzes, war noch ein neuer von dem Herrn von Ditfurth, betreffend die Maul- und Klauenseuche, eingegangen. Zuerst richtete sich die Berathung auf die beiden An⸗ träge des Herrn von Lenthe. Mit Rücksicht darauf, daß diese Anträge bereits in der letzten Plenarsitzung zur Berathung gestanden hatten, wurde beschlossen, sie nicht für die diesmalige Ausschußsitzung auf die Tagesordnung zu setzen. In Betreff des von Ditfurthschen wurde bestimmt, daß er direkt dem Herrn Minister für die landwirthschaft - lichen Angelegenheiten übergeben werde, zumal die Angelegen der Berathung des Antrages des Herrn Nissering betreffend den Erlaß eines Reichsgesetzis, behufs Abwehr und Unterdrückung der Lungenseuche, zur Sprache kommen würde. Der Minister für die landwirthschaftlichen Angelegen⸗ heiten hat den Entwurf eines Fischereigesetzes dem Ausschuß zur gut achtlichen Aeußerung überwiesen. Derselber soll noch der jetzigen Session des Landtages vorgelegt werden. Es folgte hierauf der Antrag des Grafen von Borries, betreffend die von Amtswegen zu ergreifenden Maßregeln zur Vertilgung der k Nachdem der Referent Elsner von Gronow den in seinem Referate' ent⸗ haltenen Antrag: »Referent kann den Antrag des Herrn Grafen von Borries dem Landes ⸗Oekonomie-Kollegium nicht empfehlen, stellt jedoch anheim, auf den früheren Beschluß des Kollegiums noch einmal zurückzukommen vertheidigt und der Antragsteller dies in Bezug auf seinen Antrag ebenfalls gethan hatte, wurde beschlossen: Den Antrag des Herrn Grafen von Borries dem Landes⸗Nekonomie— Kollegium nicht zu empfehlen, jedoch Sr. Exzxellenz (dem Mi— nister für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten) anheim zu geben, ob es nicht zweckmäßig sein dürfte, die Provinzialbehörden, insbeson⸗ dere die der neuen Provinzen darauf aufmerksam zu machen, daß zum Schutze der Landwirthschaft gegen allgemeine Kalamitäten, welche, wie z. B. die Mäuseplage, oft nur diirch vereinte Kräfte zu über winden seien, von der im Gesetze vom 11 März 1850 gewährten Befugniß, ortspolizeiliche Verwendungen zu erlassen, anscheinend nicht hinreichend Gebrauch machen werde.“ Die Versammlun ging nun zur Be—⸗ rathung des Antrages des Herrn Weygold, ner die Ueberweisung eines verhältnißmäßigen Remontirungstitels für jedes Gestüt, über. Hr. Weygold hat seinen Antrag dahin motivirt: Es werde durch diesen Antrag nicht bezweckt, eine vollständige Trennung des Etats herbei—⸗ zuführen, vielmehr nur ein Verhältniß herzustellen in welchem der . Ankaufsfond von 90,900 Thlrn. auf eine Reihe von Jahren eine Verwendung finde Es sei bereits in den umfangreichen Ver— handlungen des vorigen Jahres die Schwierigkeit anerkannt worden, hei ln zulassigtest des Virements, in jedem Jahre den Gestüten einen bestimmten Etat innerhalb des gesammten Ankaufsfonds zu geben, d. h. cine Trennung in finanzieller Beziehung herbeizuführen, allein es lasse sich der Zweck einer verhältniß mäßigen Vertheilung des Central—= fonds in der Weise erreichen, daß bei den - verschiedenen Jahres. Bedürfnissen eine Dauer in Uebereinstimmung mit dem bestehen den Prinzip der Ergänzung von 10 Prozent pro anno von etwa O. Jahren angenonimen würde, während welcher jedes Gestüt einen bestimmten Betrag zu beziehen hätte, dessen Höhe mit Rücksicht auf die vom Staate während dieser Zeit bewilligten Ankaufsfondé nach einer, für jedes Gestüt zu ermittelnden Grundlage etwa nach einem anzunehmenden Normal-⸗Inventarienwerthe des gesammten . materials zur Vertheilung käme. Der Referent Herr v. 3. rekapitulirt sein Referat. Bieses führt unter Anderem aus: So woehlmeinend dieser Antrag bei der ersten Lesung auch erscheine, so würde er, wenn er Annahme fände, das Interesse der gandespferde zucht, was er ja nach der Ansicht des ÄUntragstellers fördern solle, Elahczu schädigen. Denn wenn der Ankaufsfonds von 90090

hglern auf die verschiedenen Gestüte titelweise vertheilt werden solle, so sei wenn bei einem Titel ein plus, und bei einem andern Titel ein Mehrbedarf sich herausstellt, eine Uebertragung unzulässig. Jeder Bestütsvorsteher würde die ihm zugewiesenen Mittel krampfhaft fest⸗ halten, um sie, wenn nicht im laufenden, doch im nächsten Jahre verwenden zu können. Es würde dadurch ein nicht zu rechtfertigender Zeitverlust für die Beschaffung von den noch so sehr fehlenden Be— schälern entstehen. Sei dieser Fond in einer Hand, so lasse sich derselbe alljährlich voll ausnutzen, sei er aber unter viele Theilnehmer speziell vertheilt, so sei dies, wie oben gezeigt, ganz unthunlich. Referent

könne deshalb dem Antrage nicht beistimmen und ihn dem Ausschusse auch nicht zur Annahme empfehlen. Der Ausschuß trat der An sicht des Herrn Referenten bei.

= In der Provinz Schleswig- Holstein ist die Ernte, be⸗ senders von der Sommerung und in den Geesidistrikten, sehr un⸗ gleich gewesen, im Ganzen aber stellt dieselbe sich als gut heraus. Die Oelfrüchte sind allgemein vorzüglich gerathen, auch der Weizen ergiebt durchweg, in Korn und Stroh, mehr als eine gute Durch schnittsernte, obwohl er hin und wieder sich gelagert und durch Rost gelitten hatte. Roggen hat einen guten Stroh- aber keinen befriedigenden Körnerertrag geliefert. Die Gerste, die im Frühsommer zu den besten Hoffnungen berechtigte, ist nothreif geworden. Von den Hülsenfrüch- ten haben nur die Wicken nicht vorzüglich gelohnt. Buchiveizen war gut gewachsen, hatte aber wenig Körner angesetzt. Die Kartoffeln zeigen fast keine Krankheit und sind besser gerathen, als seit Jahren. Die Ernte von Kleeheu ist die reichste gewesen, deren sich der Land— mann erinnert, dagegen haben Wiesen und Weiden durch die Trocken heit des Spätsommers gelitt n.

Auch im Regierungsbezirk Münster ist die Ernte, mit Ausnahme des Buchweizens, der durch die Dürre gelitten hatte, gut, von dem Roggen auf leichtem Boden und vom Weizen fogar fehr gut ausgefallen. Von den Kartoffeln haben die frühen durch Krank heit stark gelitten, dagegen haben die späten eine gesegnete Ernte er. geben. Hanf ist gut, Flachs minder gut gerathen. Der Klee hat gegen 20 pCt. über eine Mittelernte erträgen, wogegen Heu, nament- lich auf Sandboden, um ebensoviel hinter dem Mittel zurückgeblieben ist. Das Obst ist mißrathen, nur Birnen und Pflaumen sind in geringen Mengen gewonnen worden. Vieh wird sehr gesucht und zu ungewöhnlich hohen Preisen aufgekauft.

Im Regierungsbezirk Magdeburg ist die Ernte, die sehr gut eingebracht wurde, im Körner und Strohertr age und in allen Gat— tungen zufriedenstellend ausgefallen. Die Kartoffelernte ist in einigen Kreisen ausgezeichnet gewesen, die Kartoffelkrankheit nirgend hervor- getreten. Obst wurde zwar in vorzüglicher Güte, aber nur in geringen Mengen geerntet, der Ertrag der Zuckerrüben hat den Erwartungen nicht ganz entsprochen, jedoch genügt der Zuckergehalt. Die Wiefen haben in Folge der Dürre nur einen sehr schwachen zweiten Schnitt ergeben. Aus gleicher Ursache hat sich die Winterbestellung verspätet.

London, 28. Oktober. Die Rinderpest ist noch immer nicht erloschen, obwohl sie verhältnißmäßig weniger Schaden anrichtet. Der letzte Fall der Rinderpest wird aus Bellhorpe, unweit Japham, amt— lich gemeldet.

St. Petersburg, 27. Oktober. Nach dem Regierungs⸗Anzeiger ist im Gouvernement Volhynien, mit Ausnahme der Distrikte Gitomir, Dubny, und Ostrop, der Ertrag des Wintergetreides wenig befriedigend. Sommergetreide hat im Allgemeinen einen be— friedigenden Ertrag geliefert. Die Heuernte ist eine mittelmäßige. Im Gouvernemant Tula ist der Ertrag des Wintergetreides schlecht, der des Sommergetreides befriedigend, die Heuernte mittelmäßig oder schlecht. Im Gouvernement Riazan ist die Ernte des Wintergeireides mittelmäßig und stellenweise schlecht, die des Sommergetreides fast durchgängig gut, die Heuernte mittelmäßig gewesen. Im Gouverne— ment Livland ist die Ernte vom Winter⸗ und Sommergetreide nur eine mittelmäßige die Heuernte dagegen eine gute gewesen.

Die Rinderpest ist, wie der »Reg⸗Anz.« meldet, auch in Warschau und im Kreise Wladawa (Gouvernement Siedlce) aus- gebrochen.

Gewerbe und Handel.

Berlin. 31. Oktoher. Die Stadt vgrordneten Versammlung hat sich am 15. August d. J. damit einverstanden erklärt, daß Seitens der Stadtgemeinde Berlin auf die Erhebung von Marktstandsgeldern verzichtet werde, falls die Deutsche Baugesellschaft Markthallen in ausreichender Zahl und Größe nach einem, von den staäͤdtischen Behörden zu billigenden, auch die Feststellung der Tarife für die Ver— kaufsstellen umfassenden Programm errichtet und eröffnet. In Folge dessen ist der . wegen Errichtung von Markthallen in hiesiger Stadt mit den Vertretern der Deutschen Baugesellschaft in weitere Verhandlungen eingetreten, deren Resultat ein Vertragsentwurf ist, welchen der Magistrat der Stadtverordneten⸗Versammkung mit dem Ersuchen um Zustimmung vorgelegt hat. Der Vertrag besteht aus 13 Paragraphen Die Deutsche Baugesellschaft verpflichtet sich darin, zu— nächst in folgenden Theilen Markthallen in dem dem Bedürfnisse und mindestens der Größe der eingereichten Situgtionspläne ent— sprechenden Umfange zu erbauen und binnen fünf Jahren fertig zu stellen und dauernd zu erhalten: I) zwischen Gensd'arnsenmarkt, Jaͤger⸗ straße, Hausvoigteiplaz und 3 2) am Koppenplaß , zwi⸗ schen der Linienstraße und Thorstraße; 3 zwischen dem Schiffbauer damm, der Karlstraße und der Louisenstraße; 4) zwischen Wilhelm— ö und Mauerstraße, geg nüber der Böhmischen Kirche; 5) zwischen er Friedrichstraße und Wilhelmstraße, nahe am Belleallianceplatz,

3 in der Josephstraße, zwischen der Annenstraße und Schmidtstraße;

7) zwischen der , und der Kommandantenstraße, da, wo beide aufeinanderstoßen; 8 zwischen der Klosterstraße und der Neuen Friedrichstraße, unter Benutzung der sogenannten Königsmauer; 9) auf dem Platze A. in der Fehrbellinerstraße; 10 auf dem Platz A. in der Lützowerstraße; 11) in der Gegend der Straußbergerstraße. Gleichzeitig mit der Eröffnung des Betriebes dieser sämmtlichen Markthallen wird der . die Aufhebung der Wochenmärkte unter Verzichtleistung guf die bisher erhobenen Wochenmarktstands— gelder in den Grenzen seiner Kompetenz genehmigen und nicht wieder herstellen, so lange die betreffenden Markthallen im Betriebe bleiben. Die zur Zeit auf dem Weddingsplatz und in Moabit bestehenden Wochenmärkte werden porerst beibehalten, bis sich das Bedürfniß ihrer Umwandlung in Markthallen herausstellt. Auch behält der Magistrat sich vor, im Falle nach seinem Ermessen durch fortschreitende B⸗ bauung neue Marktstellen sich als nöthig erweisen, in den hiervon betroffenen Stadttheilen offene Märkte zu errichten oder zu gestatten. Der Magistrat erklärt sich damit einverstanden, daß der an⸗ ehanghe Tarif für den Verkehr in der Markthalle (s. unten) zur Anwendung gebracht, werde. Die Deutsche Baugesellschaft verpflichtet sich, eine Erhöhung oder Ermäßigung dieses Tarifs weder im Einzelnen, noch im Ganzen ohne vorherige Zustimmung des Magistrats einzuführen. Wenn in drei auf einander folgenden Jahren die aus dem Markthallenunternehmen an die Aktionaire ge⸗ zahlte statutenmäßige Dividende mindestens 19 pCt. betragen hatz, so ist der Magistrat berechtigt, die Tarifsätze für die Zukunft so weit zu ermäßigen als nach dem jährlichen Durchschnittsertrage der letzten 3 Jahre u Erreichung einer jährlichen Durchschnittsdividende von 19 pCt. in iesen Jahren genügt hätte. Die deutscheBaugesellschaft verpflichtet sich, in Verbindung mit dem Bau der Markthalle am Hausvoigteiplatz eine Durchlegung der k in ihrer ganzen Breite nach dem Haus- voigteiplatz, und ebenso der Jerusalemerstraße nach der Jäger⸗ straße auszuführen. Der Magistrat wird ihr dazu den jetzigen Durchgang von der Taubenstraße nach dem Hausvoigteiplatz, die kleine Parzelle zwischen dem Graben und dem Hause Taubenstraße 24, sowie die Grenzmauer zwischen dem Grundstücke Taubenstraße Nr. 23 und der . zu Eigenthum abtreten soweit er letzteres besitzt. Der Magistrat ist damit einverstanden, hab der Graben, soweit er an die Straße oder die Markthalle stößt, überdeckt werde, sowie, daß der bei Verlängerung der Jerüsalemerstraße e ,, , todte Winkel des Hausvoigteiplatzes vor den 6 Nr. 5, 6 und 7 bebaut werde Die deutsche . ist in diesem Falle jedoch perpflichtet, die Stadt gegen etwaige Ansprüche der Adjgcenten unweigerlich zu ver— treten. Die Deutsche Baugesellschaft, ist ferner verpflichtet, die Ent⸗ wässerung und Pflasterung der verlängerten Jerusalemerstraße zu be—= wirken und deren , für die Dauer von 5. Jahren zu über- nehmen. Nach Ablauf dieser Zeit geht die Unterhaltung auf die Stadt über. Wenn die K einer Markthalle zwischen der Klosterstraße und der Neuen Friedrichstraße unter Benutzung der Königsmauer erfolgt,

so wird der Magistrat die der Stadtgemeinde gehörigen 3 Baustellen und das Straßenterrain an der Königsmauer der Deutschen Bau- gesellschaft eigenthümlich überlassen, und zwar das Straßenterrain unentgeltlich, den übrigen Grund und Boden gegen . der vom Magistrate dafür seinerseits zu dessen Ankaufe verwendeten Summen 2c. Tarif für die von der Deutschen Baugesellschaft projektirten Markthallen: Preise der Stände, einschließlich der Liefe— rug von Gas und Wasser pro Tag und Quadratfuß a) Fleischer⸗ stände 3 Pf., hb) Fischtan e je nach der Lage 3— 4 Pf., ) sonstige Stände je nach der Lage 2 3 Pf., d) Lagerplätze im Kellerraum Pf. e) Stände mit Ladeneinrichtung bleiben einer besonderen Ver⸗ einbarung vorbehalten.

Verkehrs⸗Anstalten.

Berlin, 31. Oktober. Bei Anlage des neuen Potsdamer Bahnhofes, der morgen, 1. November / dem Verkehr übergeben wer en wird sah man sich genothigt, die Perrons bedeutend höher zu legen, als die Annahmestellen des Gepäcks, da die Bahn über die vor dem Bahnhof liegenden Straßen hinweggeführt werden mußte und die Depäckannahme möoglichst zu ebener Erde stattfinden sollte. Zu dem Gehäck gehört nicht nur das Passagiergut, sondern auch das Post= gepäck und die Eilgüter. Alle diese Päckereien müssen in wenigen Minuten vor Abgang jeden Zuges befördert werden und zu diesem Zweck von der Annahmestelle bis in den betreffenden Güter- oder Vostwagen geschafft werden. Um das Publikum mäglichst wenig zu belästigen, hat man davon abgesehen, irgend welche Beförde= rung auf den Perrons selbst vorzunehmen. Der Transport der Güter geschieht hier von den Annahmestellen aus, unterhalb der Perrons, in hellen, geräumigen Tunnels mittelst kleiner Wagen, welche auf Schienengeleisen laufen. Die Geleise laufen zu den verschiedenen Hebevorrichtungen, mittelst welcher die Wagen mit ihren Gütern und den sie begleitenden Arbeitern auf die Höhe des Perrons gehoben werden und zwar unmittelbar vor dem dazu bestimmten Güter? oder Postwagen. Die Aufzugs Vorrichtungen liegen deshalb an sehr verschiedenen Stellen; während die Eilgutauf— üJe in dem außerhalb der Halle befindlichen Eilgutschuppen angelegt ind, beßnden sich die Passagiergutaufzüge in der Mitte des Abfahrts= flügels vom Hauptgebäude und ein besonderer Postgutaufzug liegt im Lopfgebäude, so daß die verschiedenen Hebevorrichtungen auf über i060 Fuß Entfernung von einander gelegen sind. Aus diefem Grunde war Dampfkraft nicht anwendbar, um so weniger, als die zu hebenden Lasten äußerst verschieden und die Zeit, in iwelcher die Hebung statt= finden muß, sehr kurz bemessen ist. Man nahm deshalb seine Zuflucht zu hydraulischen Maschinen, wie solche in ähnlicher Weife bereits mehrfgch, namentlich an größeren Seehäfen (Geestemünde, Harburg 2c) mit Vortheil benußt werden. Man sieht die Bewegung der Ma— schinen, ohne ein Geräusch oder irgend welche Spuren der treibenden Kraft wahrnehmen zu können. Die Einrichtung dieser hydraulischen Maschinen ist im Allgemeinen folgende: Das Druckwaffer wird durch eine Dampfmaschine erzeugt, welche außerhalb des Haupt⸗ gebäudes in einem besonderen Maschinengebäude aufgestellt sst. Aehnlich wie bei den Stadtwasserwerken, die das Wasser auf circa 2 Atmosphären drückt, um es in die höchsten Gebäude steigen zu lassen, erhält das Wasser hier einen Druck von ca. 25 Atmosphären, permittelst dessen es in Röhren ca. 800 Fuß senkrecht in die Höhe steigen könnte Das aus den Pumpen gelieserke Druckwaffer gelangt zunächst in den Akkumulator, d. i. ein Eylinder mit einem Kolben, welcher durch aufgelegte Gewichte das Wasser in konstanter Span= nung (25 Atmosphären) erhält. Der Cylinder faßt so viel Waffer, daß er hei plötzlichem, die Leistung der Dampfmaschine übersteigenden Bedarf das noͤthige Wasserquantum an die hydraulischen Hebemaschi⸗ nen abgeben kann. Von dem Akkumulator aus geht ein Rohrsystem nach den verschiedenen Aufzügen. Die Hebung der Plattformen, auf welche die Wagen auffahren, geschieht nun nach Art der hydrau—⸗ lischen Pressung durch Stempel, die sich in einein Cylinder genau schließend auf- und abbewegen, und zwar erfolgt die Bewegung in Folge der Steuerung eines Schiebers mittels Hebel, der bei Hand bewegt wird in der Art, wie bei Lokomotiven. Sobald der Wagen mit den Gütern auf die Plattform geschohen ist, bewegt der Maschi⸗ nist den Steuerungshebel ein wenig und die Plattform beginnt fofort sich sanft ga heben, in 15 Sekunden ist die Gesammtlast ca. 12 Fuß hoch gehoben und geht sanft in den Zustand der Ruhe über, ohne daß der Maschinist i noch irgend eine Arbeit verrichtet. Die Ab- stellung der hydraulischen Maschine auf richtiger Höhe der Plattform führt die Maschine stets selbst aus, ebenso bewegen sich dieselben auch abwärts, indem sie, unten angelommen, allmählich in den Zustand der Ruhe gelangen. Ein Maschinist kann fo bequem vier neben. einander angebrachte Aufzüge steuern, und in Folge dessen ist es mög · lich, in der kurzen disponiblen Zeit von ca. 20 Minuten vor Abgang eines jeden Zuges ca. 150 Centner Postgut und 130 Centner Pasfa— giergut, außer ca. 150 Centner Eilgut zu befördern und zu heben. In der Haile befindet sich noch eine große unversenkte Schiebe= bühne, zu deren Bewegung ebenfalls eine hydraulische Maschine benutzt wird z. diese Maschine liegt in einem gewölbten Raume unter dem Ankuͤnftsperron, ist daher von der Halle aus nicht sichtbar. Dieselbe ist doppelwirkend, um din Hin. und Rückgang der Schiebe⸗ bühne zu ermöglichen, und treibt dieselbe durch Anivendung von Ketten und Rollen nach Art eines Flaschenzuges, der in umgekehrter Weise benußt wird. Es ist interessant zu sehen, wie der Druck einer Hand an dem Steuerungshebel genügt, um die Schiebebühne mit darauf befindlicher Lokomotive und Tender, zusammen eine Last von circa 300 Centner, zu bewegen und in kürzester Zeit von einem Geleise des Bahnhofes auf ein anderes in 24 Fuß Entfernung von dem ersten befindliches Geleise überzuführen. Bezüglich der Dauer und Zweck mäßigkeit der Anlage ist zu erwähnen, daß, obgleich die Rohr— leitungen zu den hydraulischen Maschinen innerhalb des Tunnels elagert sind, man doch für den Winter Vorkehrungen gegen Ein- rieren derselben getroffen bat, durch Verwendung des Dampfes der Betriebsmaschine. Die hydraulischen Maschinen, sowie die Dampf- maschine sind von R. Dinglinger in Cöthen geliefert und gr, 1 Oberbau zur Lokomotivpschiebebühne dagegen von A. Borsig in Moabit.

Rom, 26. Oktober. Aus einer statistischen Mittheilung der »Opinione« ergiebt sich, daß bei der neuesten Zählung der schul— fähigen Knaben in Rom nur 12,171 lesen und schreiben können, 22699 ohne Unterricht blieben.

Die Flachsspinnerei von Schoeller, Mevissen C Bücklers in Düren mit ihren Arbeiterwohnungen und Fortbil dungsschulen für Mädchen und Knaben.

Die vorgenannte Flachsspinnerei beschäftigt verhältnißmäßig viele jugendliche Arbeiter und zwar größtentheils Mädchen. Dle Gesammt-⸗ Arbeiterzahl betrug am 1. Januar d. J. 1021, worunter sich 126 Män- ner, 310 Knaben, 36 Frauen und Wittwen, 542 Mädchen befanden, wovon nur 128 Mädchen unter 16 Jahren, 100 Knaben aber über 14 Jahre alt waren.

Da auch die andern Industriezweige Dürens Tuch - und Papierfabriken viele jugendlichen und weiblichen Arbeiter beschäfti= gen, so liefern die um Düren bevöllerten Dérfer denselben ein großes Kontingent. Es stellte sich hierbei aber als großer Uebel-= stand heraus, daß die unverheiratheten jungen Leute täglich weite Wege bis 66 elterlichen Hause zurücklegen mußten und deshalb namentlich im Winter, verzogen, sich bei andern Leuten in der Sarl einzuquartiren, wo bei schlechten und überfüllten Räumen und dem Mangel entsprechendr Aufsicht die , g. wie die Moralität der jugendlichen Arbeited vielfach gefährdet ist.

Ein Heranziehen der Arbeiterfamilien von den Dörfern hielt die obige Firma für bedenklich und ging deshalb im Jahre