1872 / 278 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 23 Nov 1872 18:00:01 GMT) scan diff

5 52 Zu den Befugnissen des Amtsausschusses gehört: die Kontrolle sämmtlicher und die Bewilligung derjenigen Aus- gaben der Amtsverwaltung, welche vom Amtsbezirke aufgebracht werden 6x3 569 und 70, Abshtz ; Y) die Beschlußfassung über die chigen igt wee n n, welche der Äimtsborsteher unter Miswirkung, des Amtsausschusses zu erlassen befugt i 8 23 ) die . über Abänderungen des Amtsbezirks J. 493 4 die Bestellung, sowie die Wahl besonderer Kommissionen k Kommissarien zur Vorbereitung und Ausführung von Beschlüssen des Amtsausschusses; 5 die Beschlußfassung über sonstige Angelegenheiten, welche der Amtsvorsteher aus dem 1 . Amtsbefugnisse dem Amtsausschusse zu diesem Zwecke unterbreitet.

s. 53. Die zu einem Amtsbezirke gehörigen Gemeinden und Gutsbezirke sind befugt, durch übereinstimmenden Beschluß einzelne Kommunal ⸗Angelegenheiten dem Amtsbezirke zu überweisen.

Handelt es sich hierbei um Aufbringung von Abgaben Seitens des Amtsbezirks, deren Aufbringungs ⸗Maßstab nicht gesetzlich fest. steht, so muß sich die Uebereinstimmung der Betheiligten auch auf den Aufbringungs⸗Maßstab erstrecken.

Ueber solche dem Amtsbezirke überwiesene Kommunal-⸗Angelegen heiten steht alsdann die Beschlußfassung dem Amtsausschusse zu.

§. 54. Der Amtsvorsteher beruft den Amtsausschuß und führt den Vorsitz mit vollem Stimmrechte. Die Sitzungen des Amts— ausschusses sind öffentlich. Für einzelne Gegenstände kann durch einen in geheimer Sitzung zu fassenden Beschluß die Oeffentlichkeit ausge⸗ schlossen werden.

Der Amtsausschuß kann nur beschließen, wenn mehr als die Hälfte der Mitglieder anwesend ist. Eine n, hiervon findet statt, wenn die Mitglieder zum zweiten Male zur Verhandlung über den⸗ selben Gegenstand berufen und dennoch nicht in beschlußfähiger Anzahl erschienen sind. Bei der zweiten Berufung muß auf diefe Bestim— ö, , . hingewiesen werden.

ie Beschlüsse des Amtsausschusses werden nach Mehrheit der 9 gefaßt. Bei Stimmengleichheit gilt der Antrag als ab— gelehnt.

9 55. Für die nach näherer Vorschrift dieses Gesetzes den Ge— meinden und Gutsbezirken gemeinsamen Angelegenheiten stehen dem Amtsverbande die Rechte einer Korporation zu. Die Korporation wird nach außen durch den Amtsvorsteher vertreten.

Urkunden, welche das Amt verpflichten sollen, sind von dem Amtsvorsteher und mindestens einem Mitgliede des Amtsausschusses . . des betreffenden Beschlusses des Amtsausschusses zu vollziehen.

Zu 8§. 56:

§S. 56. (Amtsvorsteher. 3. Berufung desselben.) vorsteher wird von dem Ober⸗Präsidenten ernannt.

Die Ernennung erfolgt auf Grund von Vorschlägen des Kreis- tages, in welche aus der Zahl der Amtsangehörigen die zu Amtsvor— stehern befähigten Personen au zunehmen sind. .

In welcher Art eine Vervollständigung dieser Vorschläge erfolgen kann, bestimmt die Provinzial⸗Ordnung. ]

Die Ernennung erfolgt auf sechs Jahre. wird von dem Landrathe vereidigt.

In denjenigen Amtäbezirken, welche nur aus einer Gemeinde, oder einem selbständigen Gutsbezirke bestehen, ist der Gemeinde be⸗ ziehungsweise Gutsvorsteher zugleich Amtsvorsteher.

hatten die Abgg. Dr. Virchow und Dr. Löwe beantragt:

Den S§. 56 zu fassen wie folgt:

Der Amtsvorsteher wird von dem Ober⸗Präsidenten aus der Zahl derjenigen Amtsangehörigen ernannt, welche der Kreistag als zu dem Amte befähigt vorschlägt. In welcher Art eine Vervollständi= Aung dieser Vorschläge erfolgen kann, bestimmt die Provinzial- Ordnung.

Die Ernennung erfolgt auf 6 Jahre. von dem Landrathe vereidigt.

In denjenigen Amtsbezirken, welche nur aus einer Gemeinde oder einem selbständigen Gutsbezirk bestehen, ist der Gemeinde be— ziehungsweise Gutsvorsteher zugleich Amtsvorsteher.

Der Amts⸗

Der Amtsvorsteher

Der Amtsvorsteher wird

Nach einer kurzen Debatte, in welcher besonders der Abg. Lasker hervorhob, daß man die Vorlage, das Resultat gegen— feitigen Uebereinkommens, nicht durch Amendements gefährden möge, wurde das Amendement abgelehnt, und 8§. 56, so— wie darauf §S§. 57 73 ohne Debatte angenommen. Dieselben

lauten:

§. 57. b. Stellvertretung desselben Für jeden Amtsbezirk wird

nach den für die Ernennung des Amtsvorstehers geltenden Bestim·

mungen (8§. 56) ein Stellvertreter des letzteren ernannt.

Ist der Amtsvorsteher an der Wahrnehmung seiner Amts. geschafte verhindert, so hat der Stellvertreter dieselben zu übernehmen; der Landrath ist hiervon zu benachrichtigen, sobald die Verhinderung länger als 3 Tage dauert.

Erledigt sich das Amt des Amtsvorstehers, so tritt bis zur Er— nennung seines Nachfolgers der Stellvertreter für ihn ein.

Findet sich im Anitsbezirk keine zur Ernennung als Stellver— treter geeignete Person, so hat der Kreisausschuß die Stellvertretung einst· weilen einem der benachbarten Amtsvorsteher oder, nach vorherigem Einvernehmen mit der städtischen Vertretung, dem Bürgermeister einer benachbarten Stadt zu übertragen. Eine gleiche Anordnung erfolgt für den Fall des gleichzeitigen Abganges oder der gleich⸗ zeitigen Behinderung des Amtsvorstehers und feines Stellvertrelers.

Ist der Amtsporsteher bei der Erledigung eines Amtsgeschäfts persönlich betheiligt, so hat der Kreisausschuß den Stellvertreter oder einen der benachbarten Amtsvorsteher damit zu betrauen.

n den Gemeinden, welche einen eigenen Amtsbezirk bilden, vertritt nach der Bestimmung des Kreisausschuffes einer der Schöffen den Gemeindevorsteher in seiner Eigenschaft als Amts vorsteher.

§. 58. (Bestellung kommissarischer Amtsvorsteher) Ist nach der Erklärung des Kreistages für einen Amtsbezirk weder ine zum Amts. vorsteher geeignete Person zu ermitteln, noch die zeitweilige Wahr nehmung der Amtsverwaltung durch den Vorsteher eines benachßarten Amtsbenirks, oder durch den Bürgermeister einer benachbarten Stadt thunlich, so bestellt der Ober-Präsident auf Vorschlag des Kreis— ausschusses einen kommissarischen Amtsvorsteher.

Für die Uebernghme der Verwaltung eines benachbarten Amts—« bezirkes durch einen Bürgermeister ist die Zustimmung der städtischen Vertretung erforderlich.

Sofern die , es gestatten, kann ein lommissarischer Amtsvorsteher mit der Verwaltung zweier oder mehrerer Amts— bezirke gleichzeitig beauftragt werden.

S. 59. (Obliegenheiten des Amtsvorstehers Der Amtsvorsteher verwaltet; I) die Polizei, insbesondere die Sicherheits, Ordnungs- Sitten, Gesündheits.,, Gesinde, Armen., Wege, Wasser⸗, Feld Forst- Fischerei⸗ Gewerbe, Bau⸗, Feuer⸗Polfzei u. s. w,, so weit sie nicht durch besondere Gesetzt dem Landrath oder anderen Beamten übertragen ist;

2 die sonstigen öffentlichen Angelegenheiten des Amts nach näherer Vorschrift dieses Gesetzes.

ö 60. Der Amtsvorsteher hat das Necht und die Pflicht, da, wo die Erhaltung der öffentlichen Ordnung, Ruhe und Sicherheit sein Einschrelten nothwendig macht, das Erforderliche anzuordnen und ausführen zu lassen. (5. 79.)

S. 61. In Beziehung auf die öffentlichen Wege hat der Amts- vorsteher i zu sorgen, daß dieselben im vorschriftsmäßigen Zu— stande erhalten werden und daß der Verkehr auf denfelben nicht be— hindert werde. Sind dazu Leistungen erforderlich, fo hat er den

Pflichtigen zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten binnen einer ange messenen Frist . und wenn die Verbindlichkeit nicht bestritien wird, nach fruchtlosem Ablauf der Frist, das zur Erhaltung des ge⸗ fährdeten oder zur Wiederherstellung des unterbrochenen Verkehrs Nothwendige für Rechnung des Verpflichteten zur Ausführung zu bringen. Eben dies liegt ihm auch ohne vorgängige Aufforderung des Verpflichteten ob, wenn dergestalt Gefahr in Verzuge ist, daß die Ausführung der vorzunehmenden Arbeit durch den Verpflichteten nicht abgewartet werden kann. ;

Wird die Verpflichtung zu einer Handlung oder Leistung in Be— lieh ng auf den Wegebau, welche im Interesse des öffentlichen Ver- ehrs nothwendig ist, von dem dazu Aufgeforderten in Abrede gestellt, so hat der Amtsvorsteher, wenn nach seinem pflichtgemäßen Ermessen die Arbeit bis zur Feststellung der Verpflichtung nicht aufgeschoben werden kann, wegen Ausführung des Nothwendigen Anordnung zu treffen, zugleich aber eine Instruktion der streitigen Verhältnisse mit gi ift der Betheiligten vorzunehmen. Wird dabei die Nothwen⸗ digkeit einer Leistung an sich oder in dem geforderten Maße bestritten, oder ist es streitig, ob ein Weg ein öffentlicher oder ein Privatweg Ei so ist in dem kontradiktorischen Verfahren das öffentliche Interesse urch den Amts⸗Vorsteher wahrzunehmen. ;

Gehören die Betheiligten verschiedenen Amtsbezirken, beziehungs · weise Amts- und Stadtbezirken des Kreises an, so bestimmit der Kreis. ausschuß denjenigen Amtsvorsteher, beziehungsweise Bürgermeister,

führen und im kontraͤdiktorischen Verfahren das öffen liche Interesse wahrzunehmen hat. . z. .

Der Amtsvorsteher beziehungsweise der Bürgermeister hat die geschlossenen Ver hand lungen / wenn eine gütliche Regulirung nicht gelingt, mit gutachtlichem Berichte dem Kreisausschusse vorzulegen, welcher die im §. I35 unter Nr. II. 1 vorgesehene resolutorische Ent⸗ scheidung trifft. .

Die für die Chausseen geltenden Vorschriften werden durch die vorstehenden Bestimmungen nicht berührt.

S. 62. Das durch die §§. 5 ff. des Gesetzes vom 11. März 1850 (Ges. S. S. 265) der Ortspolizei⸗ Behörde für den Umfang einer Ge⸗ meinde ertheilte Recht zum Erlaß von Polizeistraf⸗Verordnungen wird auf den Amtsvorsteher mit der Maßgabe übertragen, daß er nicht nur für den Umfang einer einzelnen Gemeinde oder eines ein zelnen Gutsbezirks, sondern auch für den Umfang mehrerer Gemeinden oder Gutsbezirke und für den Umfang des ganzen Amtsbezirks unter Zustimmung des Amtsausschusses, auch im Falle des §.7 des Gesetzes, derartige Verordnungen zu erlassen befugt ist.

Versagt der Amtsausschuß die Zustimmung, so kann dieselbe auf Antrag des Amte vorstehers durch den Kreisausschuß ergänzt werden.

S. 63. Der Amitzvorsteher hat in den seiner Verwaltung anheim fallenden Angelegenheiten zas Recht der vorläufigen Straffestfetzung 3 den Vorschriften des Gesetzes vom 14. Mai 1852 (Gesetz-Samml.

245).

§. 64. Die polizeirichterlichen Befugnisse des Amtsvorstehers, so—⸗ wie das Verfahren in Polizei⸗Kontraventionssachen vor demselben, heziehungsweise vor einem Schöffengerichte, werden durch ein besonderes Gesetz geregelt.

8§. 65. (Dienstliche Stellung der Gemeinde- und Gutsvorstände, sowie der Gendarmen zu dem Amtsvorsteher) Die Gemeinde— und Gutsvorstände sind verbunden, den Anweisungen und Auf— trägen des Amtsvorstehers, welche derselbe in Gemäßheit seiner gesetz= lichen Befugnisse in Dienstangelegenheiten an sie erläßt, nachzukom— men, und können hierzu von ihim nach Maßgabe des §. 83 durch Zwangsmaßregeln angehalten werden. Ein Ordnungs-⸗Strafrecht steht dem Amtsvorsteher gegen dieselben jedoch nicht zu.

Ingleichen haben die Gendarmen den Requisitionen des Amts- Vorstehers in polizeilichen Angelegenheiten zu genügen. Der Dienst— aufsicht des Amts⸗Vorstehers ünterliegen sie nicht.

8§. 66. (Dienstliche Stellung des Am tsvorstehers zu dem Land⸗ rath und dem Kreisausschuß) Der Landrath und der Kreisausschuß sind befugt, für die Geschäfte der allgemeinen Landes. und Kreis— Kommunal -Verwaltung, sowie bei Beaufsichtigung der Kommunal⸗ Angelegenheiten der zu dem Amtsbezirke gehörigen Gemeinden und Gutsbezirke die vermittelnde und begutachtende Thätigkeit des Amts- Vorstehers in Anspruch zu nehmen.

§. 67. Veschwerden über die Verfügungen des Amtvsorstehers unterliegen, vorbehaltlich der besonderen Bestimmungen der §5. 79 bis 83 und 135, der Entscheidung des Kreisausschusses.

Die Aufsicht lber die Geschäftsführung des Amtsvorstehers führt der Landrath als Vorsitzender des Kreisausschusses.

§. G66. (Dienstvergehen des Amtsvorstehers) Hinsichtlich der Dlenstvergehen des Amtsvorstehers finden die Bestinnmungen des 8. 35 mit der Maßgabe Anwendung daß das Recht, eine Ordnungs.« strase gegen den Amlsvorsteher festzufetzen, dem Landrath nicht zusteht.

S. 69. (Kosten der Amtsverwgltung.) Der Amtsvorsteher ist berechtigt, eine Amtsunkosten Entschädigung zu beanspruchen, welche nach Anhörung der Betheiligten von dem Kreisausschusse als ein Pauschquantum festgesekt wird.

In gleicher Weise erfolgt die Festsetung der einem kommissari— schen Amtsvorsteher zu gewährenden Remuneration.

§. 70. Als Beitrag, zu den Kosten der Amtsverwaltung über weist der Staat den Kreisen diejenigen Summen, welche er in Folge des gegenwärtigen Gesetzes durch das Eingehen der Königlichen Poli- zei⸗Verwaltungen, durch den Wegfall der Schulzen⸗Remunerationen und anderer Polizei⸗Verwaltungskosten an den im Staatshaushalts⸗ Etat für das Jahr 1873 für ebengenannte Zwecke veranschlagten Aus— gaben fernerhin ersparen wird.

Die Vertheilung des für jede Provinz festzustellenden Betrages auf die einzelnen Kreise erfolgt nach Maßgabe des Bedürfnisses durch die Provinzialvertretung beziehungsweise durch eine von . zu er⸗ wählende Kommission.

Außerdem wird der Staat für die den Kreisen bezichungsweise Amtsbezirken durch die Wahrnehmung von Geschäften' der Staats. verwaltung erwachsenden Ausgäben besondere Fonds überweisen. Das hierüber, zu erlassende Gesetz wird über den Betrag und die Vertheilung dieser Fonds nähere Anordnung treffen.

Soweit die Kosten der Amtsverwaltung durch die vom Staat . Beträge ihre Deckung nicht finden, trägt dieselben

as Amt.

n den zusammengesetzten Amtsbezirken gilt für die Aufbringung der Verwaltungskosten in Ermangelung einer Vereinbarung uͤnter den Betheiligten der nach Maßgabe dieses Gesetzes in dem Kreise für die Kreisabgaben festgestellte Maßstab.

S. 71. In denjenigen Gemeinden und Gutsbezirken, welche einen Amtsbezirk für sich bilden, werden die Kosten der Amtsverwaltung gleich den übrigen ,,,, aufgebracht. Solche . haben keinen Anspruch auf die vom Staate gewährten sonds. ;

§. 72. Unterläßt oder verweigert ein Amtsausschuß die Bewilli= gung von Ausgaben, zu deren Leistung das Amt gesktzlich verpflichtet ist, so stellt der Kreisausschuß diese Ausgaben außerordentlich sest.

S. 73. (Einnahmen aus Geldbußen und Konfiskaten.) Die von den Amtsvorstehern in Gemäßheit des Gesetzs vom 14. Mai 1852 SGesetz; Sammlung S. 245) endgültig festgesetzen Gelsbußen und Konfiskate, sowie die von denselben festgesetzten Exekutiv⸗ Geldbußen werden, soweit nicht in Ansehung gewisser Uebertretungen beson⸗ ders bestinunt ist, wohin die durch dieselben verwirkten eldbußen oder Konfiskate fließen sollen, zur Anmtskasse beziehungsweise zu den Fe der einen . Amtsbezirk bildenden Gemelnden und Gutsbezirke vereinnahmt und zur Deckung der Kosten der Amtsver— waltung mitverwendet.

Zu 5§. 74:

Fünfter Ahschnitt. Von dem Amte des Landraths. . 74. Landrath. 4. Ernennung desselben. Der Landrath wird vom Könige ernannt, Die Kreisversammlung ist jedoch befugt, für die Beseßzung eines erledigten Landrathsamts aus der Zahl der Grundbesitzer und

Behörden des Kreises.

. Amtsvorsteher des Kreises geeignete Personen in Vorschlag zu ringen.

sprach der Abg. von Meyer gegen Aenderung der bisherigen Stellung der Landräthe. Nach einer kurzen Erörterun wischen dem Minister des Innern und dem Abg. Reichensperger wurde §. 74 angenommen. Ebenso die SS. 75 - 83.

§. 75. (b. Stellvertretung desselben., Behufs Stellvertretung des Landraths werden von dem Kreistage aus der Zahl der Kreis angthörigen zwei Kreisdeputirte auf je sechs Jahre gewählt. Die selben bedürfen der Bestätigung des Ober ⸗Präsidenten. Sie sind von dem Landrathe zu vereidigen.

Für kürzere Verhinderungsfälle kann der Kreissekretär als Stell. vertreter eintreten.

L 76. (6. Amtliche. Stellung desselben) Der Landrath führt als Organ der Staatsregierung die Geschäfte der allgemeinen Landes.

verwaltung im Kreise und leitet als Vorsitzender des Kreistages und des Kreisausschusses die Konnnunalverwaltung des Kreises.

S§. 77. (d. Rechte und Pflichten desselben. Soweit, die Rechte und Pflichten des Landraths nicht durch das gegenwärtige Gefen abgeändert sind, behält es bei den darüber bestehenden Vorschriften

ö r auch ferner sein Bewenden. welcher die nothwendigen Anordnungen zu treffen, die Instruktion zu * ch 6

Demgemäß hat der Landrath auch ferner die gesammte Polizei. Verwaltung im Kreise und in dessen einzelnen Amtsbezirken, Ge— meinden und Gutsbezirken zu überwachen.

§. 783. (. Insbesondere: Besugniß desselben zum Erlasse kreis. polizeilicher Verordnungen) Der Landrath ist befugt, unter Zu— stimmung des Kreisausschusses nach Maßgabe der Vorschriften Tes Gesetzes über die Polizeiverwaltung vom 11. März 1850 (Ges⸗ Samml. S. 265) für mehrere Anitsbezirke oder für den ganzen Umfang des Kreises gültige Polizeivorschriften zu erlassen und gegen die Nichtbefolgung derselben Geldstrafen bis zum Betrage von 19 Thalern anzudrohen. Das durch die §§8. 5 beziehungsweise 9 des Gesetzes vom 11, März 1859 der Bezirksregierung beziehungsweise dem Regierungs-Präsidenten beigelegte Recht:

über 9 Art der Verkündigung der ortspolizeilichen Vorschriften, sowie über die Formen, von deren Beobachtung die Gültigkeit der⸗ selben abhängt, die erforderlichen Bestimmungen zu erlassen, sowie ortspolizeiliche Vorschriften außer Kraft zu seßen, steht demselben in gleichem Umfange auch fortan bezüglich der kreis— polizeilichen Vorschriften zu.

Sechster Abschnitt. Von dem Zwangsverfahren der §. 79. Der Landrath, der Amtsvorsteher und der Orts- (Gemeinde, Guts) Versteher können in Ausübung ihrer Polizeigewalt die durch ihre geseßlichen Befugnisse gerechtfer.˖ tigten Anordnungen durch Anwendung der gesetzlichen Zwangs. mittel durchsetzen.

Kann die zu erzwingende Handlung durch einen Dritten geleistet werden, so ist die Behörde befugt, dieselbe durch einen Dritten aus— führen zu lassen, den Betrag der Kosten vorläufig zu bestimmen und im Wege der Exekution von dem Verpflichteten einzuziehen. .

Kann die zu erzwingende Handlung nicht durch einen Dritten geleistet, oder soll eine Unterlassung erzwungen werden, so ist die Be— hörde berechtigt, Geldbußen, und zwar der Landrath bis zur Höhe von 50 Thlrn., der Amtsvorsteher bis zur Höhe von 20 Thlrn. der Ortsvorsteher bis zur Höhe von 1 Thlr. anzudrohen und festzusetzen. Der Festsettzung muß immer eine schriftliche Androhung mit einer bestimmten Frist vorangehen. .

Die Bestimmungen des vorhergehenden Absatzes sinden auch bei Handlungen, die durch einen Dritten geleistet werden können, in den Fällen Anwendung, in, welchen es feststeht, daß der Verpflichtete nicht im Stande ist, die aus der Ausführung durch einen Dritten entstehenden Kosten zu tragen. .

Unmittelbgrer Zwang darf, unbeschadet der Bestimmungen des Besetzes zum Schuße der persönlichen Freiheit vom 12. Februar 1850 (Ges. S. S. 45), nur angewendet werden, wenn die getroffene An- ordnung ohne einen solchen undurchführbar ist. .

Gleiche Befugnisse wie den Amtsvorstehern siehen den Polizei. verwaltern in den zu Landkreisen gehörigen Städten zu.

S§. 80. Sowohl gegen die Anordnung, als gegen die Festsetzung einer Strafe kann innerhalb 10 Tagen nach Zustellung des Erlasses Berufung eingelegt werden. . ö

Die Berufung erfolgt an den Kreisausschuß, und wenn der Er— laß von dem Landrathe ausgegangen ist, an das Verwaltungsgericht. Gegen die Entscheidung des Kreisausschusses findet fernere Berufung an das Verwaltungsgericht statt. . .

Darüber, ob im Sinne des §. 6 des Gesetzes über die Zulässig— keit des Rechtsweges in Beziehung auf polizeiliche Verfügungen vom 11. Mai 1842 (Gescßz Sammlung sür 1842, Seite 192 f) elne Ver— gn als gesetzwidrig oder unzulässig aufzuheben ist, entscheidet in zetreff der Verfuͤgungen des Gemeinde und Amtsvorstehers der Kreis ˖ Ausschuß beziehungsweise das Verwaltungsgericht, in Betreff der Ver⸗ fügungen des Landrathes das Verwaltungsgericht.

8. 81. Die Verfügung kann des Widerspruches ungeachtet zur Ausführung gebracht werden, wenn diese nach dem Ermessen der Behörde ohne Nachtheil für das Gemeinwesen nicht ausgeseßt blei— ben kann

Sz. 82. Die endgültig festgesezten Geldbußen, welche nicht bei. zutreiben sind, hat der Kreisausschuß auf Antrag der Behörde und nach Maßgabe der Vorschxiften der §§8. 28 und 29 des Strafgeseß⸗ buches für das Deutsche Neich vom 15. Mai 1871 in Haft uinzu— wandeln. Gegen den Veschluß kann innerhalb 19 Tagen Berufung an das Verwaltungsgericht eingelegt werden.

8§. 83. Wegen der Zwangsmaßregeln, welche der Amtsvorsteher gegen die Gemeinde und die Gutsvorstände (§. 65) verhängen darf gelten die Vorschriften des 8. 79 Absatz 2 bis 5 und die §§. 89 und 81. Eine Umwandlung der Geldbußen in Haft sindet nicht statt.

Um 4 Uhr wurde die Debatte vertagt.

tz In seiner zweiten Sitzung vom 2. d. M. hbeschäftigte sich der Kommungl-Landtag der Oberlau itz ausschließlich mit den zur Ergänzung der ein— zelnen Deputationen erforderlich gewordenen Wahlen, bezüg— lich deren hervorzuheben ist, daß der Graf von Fürstenstein zum Mitgliede des Bank-Kuratorit und der Kreis⸗Deputirte von Wolff zum Mitgliede der General-Direktion des Kredit⸗ Instituts für die Ober⸗ und Niederlausitz, die Herren von Gersdorff auf Ostrichen, ff ber⸗Bürgermeister

Görlitz, 22. November.

von Wolff Gobbin aus Görlitz, Fathmann Augustin aus Laubän, Rath— mann Schmidt aus Seidenberg, Landesältester von Erdmanns⸗ dorf auf Hermsdorf und Graf von Fürstenstein zu Mitglie— dern der Direktorigl⸗Deputation resp. der größeren Ausschuß— versammlung gewählt worden sind.

In der Sitzung vom 21. d. Mts. nahm der Landtag die Berichte über die Rechnungs⸗Revision, über die Sparkasse, die Feuer⸗Sozietät, das Landarmen⸗ und Corrigendenwesen, den Emeriten⸗Fond und das Kredit-⸗Institut der Sber⸗ und Nieder⸗ Lausitz entgegen. Der Bericht über die Rechnungsle— gung lieferte einen erfreulichen Beweis und von der ge— deihlichen Entwickelung der ständischen Finanzen, die es mög— lich machen, einerseits vom Jahre 1874 ab keine Zuschläge mehr für den ständischen Haushalt zu erheben, andererseiks schon 6 die Gehälter der ständischen Beamten in ausreichen · der Weise zu erhöhen und dabei für gemeinnützige Zwecke, wie für das Schulwesen, die Unterbringung Tobsüͤchtiger ꝛc. noch erhebliche Verwendungen zu machen.

Die Resultate der Sparkasse, welche seit vorigem Jahr um Sba000 Thlr; in ihrem Bestande gestiegen ist, stellten sich als außerordentlich siunstig heraus, und auch die Feuer⸗Sozie⸗ tät hat, ebenso wie die andern Institute, erfreuliche Ergebnisse aufzuweisen. Für das Landarmenwesen wurde ein neuer Etat

diese Beschränkung beseitigt.

stgestellt und beschlossen, die Landarmenkosten, in denen auch

die Irrenhäuser enthalten sind, künftig lediglich nach dem ge— sellichen Maßstab zu erheben. Schließlich wurde auch be⸗ schlofsn, dahin zu wirken, daß die von Löbau nach einem Punkte der Görlitz Berliner Eisenbahn zu bauende neue Bahn se allein dem Verkehrsinteresse entsprechende Linie von Löbau ber Niesky nach Rietschen erhalte.

Bayern. München, 20. November. Durch Kriegs⸗ Ninisterialreskript vom 3. November wurde darauf auf⸗ nerksam gemacht, daß die Bestimmung der Allerhöchsten Ver⸗ vrdnung vom 18. Dezember 1812 das Stempelwesen im König. reiche Bayern betressend, wonach die Gage⸗ und Empfangscheine zer in der Linie stehenden Militärpersonen von der Stempel pflicht ausgenommen sind, auf die Civilbeamten der Militär⸗ berwaltung keine Anwendung findet

Für die Förderung und Pflege monumentaler aunst in Bayern ist bereits durch das Budget der laufenden ßinanzheriode und zwar zum erstenmale eine Summe von jährlich 000. Fl. bewilligt worden, und um die erforderliche Grund⸗ lage für eine zweckentsprechende Verwendung dieser Summe zu sewinnen, sind über die in andern Ländern bestehenden Ein⸗ richtungen auf amtlichem Wege genaue Ermittelungen einge⸗ leitet worden. Nachdem die Ergebnisse derselben vorliegen, wird nunmehr, der »A. A. Z. zufolge, nach Allerhöchster Anordnung demnächst eine Lommission von Sachverständigen zusammentreten, pelche unter dem Vorsitz des Ministers v. Lutz die Vorfragen in Berathung nehmen wird, durch welche Einrichtungen in Bayern die zweckentsprechendste Verwendung der in Rede ste⸗ henden Summe zu ermöglichen wäre. Diese vorberathende gommission werde theils aus freigewählten, theils aus von der Staatsregierung berufenen und eingeladenen Mitgliedern be— sehen, und sollen die verschiedenen Kunstfächer hierbei vertreten ein. Demgemäß werde die Königliche Akademie der bildenden Fünste einen Maler, einen Bildhauer und einen Kupferstecher, die Münchener Kunstgenossenschaft zwei Maler und einen Bild— hauer und das Lehrer⸗-Gremium der polytechnischen Schule hier⸗ sebst einen Architekten nach freier Wahl zu dieser Kommission bordnen. Ferner soll nach Aufforderung und Einladung der Regierung der Central-Gemäldegallerie⸗Direktor und zwei als Kenner der Literatur und Kunst anerkannte Persönlichkeiten n der Berathung theilnehmen.

Bei dem Staats-Ministerium des Innern be—⸗ seht seit 1339 ein besonderer Unterstützungsfonds, aus welchem sährlich beiläufig 18 Töchter unmittelbarer Staatsdiener der inneren Verwaltung mit Erziehungsbeiträgen von 100 bis 0 Fl. unterstützt werden. Nach den bisherigen Bestimmungen lonnten diese Beiträge nur solchen Beamtentöchtern zu Theil erden, welche ihre Eltern einer in Bayern bestehenden öffent⸗ chen Erziehungsanstalt für die weibliche Jugend anvertrauen vollten. Der König hat nun mit Entschließung vom 9. d. M. Hierdurch wird jener Unter— sütungsfonds auch solchen Beamtenfamilien zugänglich, welche nicht jährlich 200 und 300 Fl. auf die Erziehung einer Tochter berwenden können.

Württemberg. Stuttgart, 20. November. Auch die zanze heutige Abendsitzung der Zweiten Kammer wurde noch mit der Berathung und Beschlußfassung über Artikel 8 des Steuerreformgesetzes den Maßstab der Gewerbebesteuerung betreffend, ausgefüllt. Finanz-Minister von Renner erklärte: Wie er schon mehrfach bemerkt habe, seien die vorgelegten

Klassentafeln eben ein Entwurf; definitiv seien sie in keiner

Veise festgestellt und Aenderungen an denselben nicht ausgeschlossen, es sei noch gar nichts hinsichtlich derselben prä— judizirt. Auch das Maximum von gö00 Fl. Arbeitsverdienst e eben mit Rücksicht darauf gewählt worden, weil eine solche Summe (es handle sich nicht um Kapitaltente) nur in ganz penigen Fällen als Belohnung für Amts⸗ oder Berufsthätig— keit bewilligt werde. Er für seine Person lege auf eine güte Zusammensetzung der Schätzungskommissionen den aller— größten Werth. Ihnen falle der Haupttheil des Geschäfts⸗— vollzuges zu, und die Verwaltung werde diese Geschäfte mög— ichst fördern dadurch, daß sie den Schätzungskommissionen freie Bewegung und freien Spielraum lasse. Abweichungen von dem Leitfaden seien immer möglich, allein daraus folge nicht, daß ein richtiger Leitfaden, eine Norm überhaupt nicht gegeben verden sollte. sährung des Gesetzes im ganzen Lande. Die Klassentafeln sollten denn doch so große Bedenken nicht hervorrufen. Schließ— lich wurde nach sehr lebhafter Debatte der Regierungsentwurf mit 47 gegen 42 Stimmen angenommen.

Der Ärt. 87 lautet somit:

Art. 87. (Maßstab für die Anlegung der Steuer) Den Maß⸗— stab der Besteuerung bildet:

D. der persönliche Arbeitsverdienst des Gewerbetreibenden, welcher

nach einer im Wege der Verordnung festzustellenden Klassentafel ein= suschäßen ist, wobei theils die Betriebsweise, theils der aus der Ber— pendung von Gehilsen und Betriebskapital ersichtliche Umfang des Gewerbes maßgebende sind; 2) der nach Prozenten zu schäßende Ertrag aus dem in dem Fewerbe verwendeten Betriebskapital. Wenn übrigens das in einem Fewerbe angelegte Betriebskapital weniger als 400 Fl. beträgt, so st ein Ertrag aus demselben nicht zu berichnen.

Erstrecken sich die wesentlichen Bestandtheile eines Gewerbes über mehrere Steuerdistrikte, so werden sie dessenungeachtet bei der Ein schäßzung als ein Ganzes behandelt.

21. November. Die Zweite Kammer erledigte heute den Titel »Gewerbekataster« Ärt. 88 100 des Steuergesetzes. die nächste Sitzung findet am Sonnabend statt. Tagesord—⸗ lung: Fortsetzung der Berathung des Steuergesetzes; Straf— besimmungen.

Nach einer Mittheilung in dem so eben im Druck er⸗ shienenen Rechenschaftsbericht des ständischen Ausschusses vom sö. April bis 30. Oktober 1872 belief sich die württember—⸗ lische Staats schuld am 14. Oktober 1872 auf 178 956,695. Davon sind zu verzinsen: zu 6 pCt. 5,1647700 Fl., zu 5 pCt. FM79g,520 Fl., 45 pCt. 105,076,906 Fl., zu 4 pCt. M237, 9090 Fl., zu 35 pCt. 17,726 600 Fl. Der weitere Betrag der Staatsschuld besteht aus 6 Millionen Gulden unverzins⸗ lichen Stagtspapiergeldes und den bis zum 15. August 1871 u 4/0 pCt. verzinsten Kassenscheinen 1075 Fl.

Baden. Karlsruhe, 21. November. Der Prinz Vilhelm und die Prinzessin Wilhelm sind gestern Abend hit den Prinzlichen Kindern zu bleibendem Aufenthalt von Kirchberg hier eingetroffen.

Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 20. November. der Großherzog hat die ganze Sstseeküste vom Seebade Boltenhagen bis Fischland bereist und überall genaue Kennt⸗ siß von dem durch Sturm und Hochwasser angerichteten Schaden genommen.

m. Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 22. November. Der lufenthalt des Kgisers in Wien, der ursprünglich nur auf kinige Tage projektirt war, ist bis nächste Woche verlängert vorben, weshalb auch der für gestern erwartete Ministerrath

Es handle sich ja um die gleichmäßige Durch⸗

kat ert und wahrscheinlich erst morgen abgehalten wer⸗ den dürfte. .

Prag, 22. November. Die Kommission des Land— tags hat uber die Freilassung des in Untersuchungshaft be— findlichen Landtagsabgeordneten Skreyschowsky zu Ende be— rathen. Fünf Mitglieder derselben stimmten für Nicht⸗ freilassung, drei für Freilassung des Verhafteten. Letztere wollen nun auf ausdrücklichen Beschluß ihres Parteiklubs ein Mino— ritätsvotum einbringen.

Pesth, 22. November. In der heutigen Sitzung des Unterhauses wurde von Körizmics der ntrag auf eine Revision der Geschäftsordnung eingebracht und deren Noth⸗ wendigkeit mit dem Hinweise auf die wiederholt in den Sitzun⸗ gen vorgekommenen anstößigen Auftritte motivirt. Simonyi beantragte, die Aufforderung an die Regierung zu richten, daß alle in den letzten sechs Jahren über die Konzessionirung von Eisenbahnen, die Kontrahirung von Staatsschulden, die Ausführung öffentlicher Bauten, die Verkäufe und Verpach⸗ tungen von Staatsgütern abgeschlossenen Verträge dem Unter— hause gor legt würden. Ueber beide Anträge fad morgen die erste Berathung statt. Heley stellte endlich den Antrag, daß von der er ng ein förmliches, alle einzelnen Be— rathungsgegenstände für die Dauer der ganzen Sesston um— fassendes Programm vorgelegt werde.

Belgien. Brüssel, 20. November. In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer interpellirte der Abgeordnete Lehardy die Regierung über die Arbeiten der großen Militär⸗ Kommission, sowie über die Begründung der anläßlich gewisser Publikationen entstandenen Gerüchte. Mit diesen Publika⸗ tionen war namentlich die Brochüre des Obersten Brlalmont über oder vielmehr gegen die Bürgergarde gemeint. Der Kriegs⸗ Minister General Guillaume erklärte, er hoffe, daß die zur Berathung der Militärfrage niedergesetzte Spezial⸗Kommission in den ersten Tagen des Dezember der Regierung ihren Bericht erstatten werde Was aber diesneuerlichen Publikationen an— gehe, so könne die Regierung für keine der über die Militär— frage neuerdings veröffentlichten Schriften die Verantwortung übernehmen. Dieselben drückten lediglich persönliche Ansichten einzelner Individuen aus und nach der belgischen Verfassung sei jeder Staatsbürger zur freien Meinungsäußerung berechtigt. Die Versammlung begnügte sich mit dieser Erklärung.

22. November. Ber Kriegs-Minister hat, einer Nachricht des »Echo parlamental« zufolge, dem Könige seine Entlassung angeboten und wäre der Minister der auswärtigen Angelegenheiten provisorisch auch mit der interimistischen Ver⸗ waltung des Kriegs⸗Ministeriums beauftragt.

Großbritannien und Irland. London, 21. November. Von der Stagatswerft in Chatham lief gestern der Rifle⸗ man« von Stapel, welcher das Geschwader von ungepanzerten Kanonenhooten, die in Chatham für die Königliche Marine während der letzten 2 Monate gebaut wurden, um ein weiteres Fahrzeug vermehrt. Das Schiff soll unverzüglich in Dienst gestellt werden.

Von den 180 Poli cemen, welche am 16. d. M. in drei hauptstädtischen Stationen sich geweigert hatten, den Be— fehlen ihrer Vorgesetzten zu gehorchen und ihren Dienst zu ver— richten, sind nach beendigter Untersuchung 1069 entlassen wor— den. Die Uebrigen haben für ihre Jusubordination eine Rang ⸗Degradation zu erleiden.

Frankreich. officiel« schreibt:

»Paris-Journal« behauptet in seiner Nummer vom 18. No— vember, daß ungeachtet der förmlichen Versprechungen der Regierung deutsche Soldaten und Offiziere noch bei den Bewohnern einquartiert sind, und fügt hinzu: »Die Garnison von Bruytres verläßt unter anderen ihre Baracken, um bei den Einwohnern einquartiert zu werden; sie befindet sich nicht gut genug in den engen Schachteln, wel die Kriegsverwaltung von Epernay bat kommen lassen.“ Diefe Behauptung, welche positiv zu sein s heint, ist vollständig falsch. Weder in,. Bruneres (Vogesen), noch irgend anderswo ist ein einziger Soldat bei den Einwohnern einquartiert. Der Regierung ist es um den Preis großer Anstrengungen gelungen, die deutschen Soldaten Überall in Baracken unterzubringen, um in keinem großen oder kleinen Orte die Einquartierung den Einwohnern auferlegen zu müssen. Es ist Mutz diese Erklärung zu wiederholen, und man muß hoffen, daß die Zeitungen, ehe sie dieselbe bestreiten, sich von der Richtigkeit der ihnen zugehenden Mittheilungen, die derselben widersprechen, versichern.

Die Militär-Eisenbahn⸗Kommisfion versam— melte sich heute zum ersten Male unter dem Vorsitze des Gene— rals Saget. .

Die Gnaden-Kommission hielt heute früh eine Sitzung. Dieselbe hat gegenwärtig noch über 800 Rekurse zu entscheiden, während sie seit ihrer Ernennung bis jetzt schon

33090 erledigt hat. (W. T. B.) Der Präsident der

Paris, 21. November. Das »Journal

22. November. Republik hat heute mit der über den Antrag Kerdrel nieder— gesetzten Kommission eine längere Konferenz gehabt, welche morgen fortgesetzt und an der der Präsident abermals theil— nehmen wird. Der Präsident hat sich in der Konferenz, wie ver⸗ sichert wird, des Längeren über die gegenwärtige Lage des Staates ausgelassen. Thiers drang wiederholt darauf, daß der jetzige unentschiedene Zustand der Dinge auf— hören müsse und erklärte von Neuem, daß die Umstände die republikanische Staatsform als nothwendig gegeben erscheinen ließen. Der Präsident sprach sich für die Einführung des , , Systems aus, wodurch die Verantwortlichkeit es Ministeriums erweitert werde, ohne daß der Praäͤsident

jedoch vollständig darauf verzichte, sich an den Debatten der

Versammlung zu betheiligen. Schließlich bat Thiers gegen jene Konzession ihn in seinen Bestrebungen zu unterstützen, die Re— gierung auf dem Boden der konservativen Republik zu orga— nisiren. Die Hoffnung auf eine baldige Lösung der gegen— wärtigen Krisis befestigt sich, wie die Agence Havass versichert, von Tag zu Tag.

Versailles, 22. November. (W. T. 34 In der Nationglversammlung wurde heute das Gefsetz uͤber die Heneralräthe für Algier angenommen und dann die Berathung über die Vorlage, betreffs Nückerstattung der Güter der Familie Orleans begonnen. Die Debatte über letztere wird morgen fortgesetzt.

Spanien. Madrid 17. November. Der heutige »Im⸗ parcial« bringt folgende Nachrichten über den Carlisten⸗ Aufstand: Es heißt, daß der Cabecillg Maidagan, welchem es lang aus dem Gefängnisse von Vittoria zu entspringen, wieder eingefangen wurde. Gestern früh haben Polizeiagenten in Barcelona einen Adjutanten des Cabecilla Castells verhaftet, welcher in einer Verkleidung dahingekommen war, um Leute für die Carlistische Insurrektion anzuwerben.

2 November. Der König hat eine schlechte Nacht

ehabt. Der Rheumatitzmus und das Fieber dauern fort. eute hat Se. Majestät den Minister-⸗Präsidenten Zorilla

empfangen.

Die , ,, über die In surrekti on lauten wischen Almansa und Albacete hat sich eine Schaar maskirter dänner gezeigt, welche die Telegraphenlinie zerstört und die

Entgleisung eines Güterzuges verursacht hat. Auch nördlich

von Alicante, zwischen Penaguila und Benilloba, sind be—

waffnete Banden erschienen, welche man für Republikaner hält, während aus Alcoy, der bedeutendsten Fabrikstadt derselben

Provinz, von sehr aufgeregter Stimmung berichtet wird.

Die einleitenden Schritte zur Aushebung des kürz—

lich bewilligten Jahreskontingents von 40006 Mann ge—

schehen in allen Provinzen (die baskischen ausgenommen, welche

kraft ihrer Fueros ihre eigenen Aushebungsgesetze haben), ohne

daß irgendwo die Ruhe gestört worden wäre.

Türkei. Konstantinopel, 8. November. Der Sultan hat am 30. v. M. den neuen Gesandten des Deutschen Reichs, von Keu dell, im Palaste von Dolmabagdsche in feierlicher Audienz empfangen und seine Kreditive entgegengenommen. Die hiesigen Deutschen haben im Hötel Luzemburg dem bisherigen Geschäftsträger des Deutschen Reiches bei der Pforte, von Radowitz, unter dem Vorsitze des Herrn von Keudell, ein Abschieds⸗-Diner gegeben.

Der Gesandte der Vereinigten Staaten von Nordame— rika in Berlin, Bancroft, ist vor einigen Tagen hier ange— kommen und hat die Ehre einer Audienz beim Sultan gehabt. Derselbe gedenkt zwei Wochen hier zu verweilen, dann nach Athen zu gehen und über Italien und die Schweiz nach Deutsch⸗ land zurückzukehren.

Dänemark. Kopenhagen, 20. November. Die Kronprinzessin und die Prinzessin Thyra haben ein Komite zur Eröffnung und Abhaltung eines großen Bazars zum Besten der von der Ueberschwemmung heimgefuchten Be— wohner des Landes organisirt.

Landtags⸗Angelegenheiten.

Berlin, 23. November. In der gestrigen Sitzung des Hauses der Abgeordneten beantwortete der Minister Graf zu Eulenburg die Interpellation des Abg. von dem Knesebeck, in Betreff des durch die Springfluth am 13. d. M. an der Ostseeküste verursachten Nothstands, wie folgt:

Die Berichte, welche bisher über den Umfang des durch den Orkan vom 12. und 13 d. M. verursachten Schadens eingegangen sind, haben der Natur der Sache nach noch nicht erschöpfend sein koͤnnen, schon deshalb, weil eine Besichtigung der beschädigten Orte und Gegenden wegen Unterbrechung aller Konimunikation noch nicht hat statifinden können; die Berichte gehen aber nach und nach häu⸗ siger ein, und, die Regierung hofft bald im Beßsitze einer, wenn auch einstweilen nur oberflaͤchlichen Uebersicht über den

anzen Umfang des Schadens zu sein. Was sie gethan hat, besteht n Folgendem: Sie hat die Regierungspräsidenten der betreffenden Bezirke angewiesen, sich nicht nur über die Noth an Ort und Stelle zu unterrichten, sondern diejenigen Hülfsmittel, welche ihnen ein für alle Mal zu Gebote stehen, anzuwenden, um helfend beizuspringen und außerdem schleunigst hierher anzuzeigen, wie viel Mittel erforder · derlich sind um der dringendsten Noth zu steuern. Natürlich werden die Beihülfen, die zu leisten sind, in zwei Theile zerfallen, erstens in solche, die augenblicklich nothwendig sind, um einer wirklichen Woh— nungs- und Hunersnoth abzuhelsen, und zweltens in Retablisse⸗ mentagelder für Diejenigen, welche nachhaltig in ihrer Prästations= fäbigkelt geschädigt worden sind. Ich Hoffe, daß zunächst in ersterer Beziehung nichts versäumt. werden wird, und habe mit. Zustimmung des Herrn Finanz-Ministers den Herren Regierungs-Präsidenten zu diesem, Behufe cinen weiten Spiei— raum gewährt. Ich habe jugleich den Herren Regierungs- Präsidenten anheimgegeben, bei der sich jetzt entfaltenden Privat. Wohlthätigkeit, die hoffentlich in dem Maße, als die Nachrichten über die Größe der Schäden werden bekannt werden, sich steigern wird, dahin zu wirken, daß eine möglichste Organisation in die Sammlung und Vertheilung dieser Gelder gebracht werde, weil sonst zu befürchten steht daß eine unsystematische Vertheilung stattfinden und dadurch dem Uebel da, wo es am drückendsten ist, nicht abgeholfen wird, während an anderer Stelle üher das Bedürfniß hinaus gegeben wird.

Der Herr Interpellant erwähnte unter Anderem die Verluste, welche Fischer erlitten haben. Ich kann in dieser Beziehung das Bei⸗ spiel anführen, daß diejenige Stadt, welche am meisten gelitten hat, die Stadt Eckernförde ist. Nach den Berichten, die mir zugegangen sind, sind ganze Straßen in Eckernförde verschwunden so daß man nicht einmal mehr erkennen kann, wo die Häuser gestanden haben. Die sehr zahlreiche Fischerschaft in Eckernförde hat ihr sänimüliches Zeug an Booten und Netzen u. s. w, verloren, und das grade in einem Augenblicke, wo der Fang gewisser Fische, wie Sprotten, er⸗ giebig ist. Sie ist dadurch außer Stande geseßzt, sich ihren täglichen Lebensunterhalt zu erwerben.

Die Summe aber, die erforderlich sein würde, um die Schiffer in Eckernförde in Stand zu setzen, bald wieder in See gehen zu tön= nen, veranschlagen Sie auf 8060 Thlr.

Nun, meine Herren, ich hoffe, daß Sie zu der Regierung das Vertrauen haben, daß sie dassenige, was ihre Pflicht ist und was in ihren Kräften steht, nicht versäumen wird. Das Haupt Extraordina⸗ rium der General, Staatskasse ist ja eine Posttion des Etats, welche ausdrücklich dazu bestimmt ist, bei dergleichen Nothständen auszuhelfen. Sollten die Fonds desselben nicht hinreichen, so wird die Regierung keinen Anstand nehmen, mit einer Forderung an dieses Haus zu treten, und ich bin gewiß, daß, was als nothwendig erscheint, auch bewilligt werden wird.

Auf die Bemerkung des Abg. Reimers, die Regierung werde put thun, Kommissarien zu entsenden, um an Ort und Stelle den Schaden zu besichtigen und sofort Hülfe zu schaffen, entgegnete der Minister des Innern:

Ich glaube, dir Herr Abgeordnete hat vielleicht überhört, was ich vorhin gesagt habe. Berichterstattungen müssen gefordert werden zu dem Zweck, um die ganze Größe des Schadens übersehen zu können und sich schlüssig zu machen, was erforderlich ist, um diejenigen Leute, die prästationsunfähig geworden sind, in einen prästationsfähigen Zustand zu versetzen. . .

Eine davon ganz unabhängige drag ist die, was im Augenblick geschehen muß. In dieser Beziehüng habe ich, wie ich vorhin schone erwähnte, die Regierungs⸗Präsidenten bevollmächtigt, und sie werden hoffentlich von dieser Vollmacht in dem Sinne Gebrauch machen, wie dieselbe ertheilt ist.

In der , Berathung der Kreisordnun erklärt der k ommissar, Geheime Regierungs- Rath Persius, . §. 3 in Betreff des Kreises Conitz, auf dessen Umfang der

lbg. Wehr hingewiesen hatte: .

Meine Herren! Die Frage wegen der Theilung des Kreises Conitz ist bereits von der Königlichen Staatsregierung in nähere Erwägung gezogen worden und wird sich dieselbe, nachdem die darüber eingelei= teten Verhandlungen geschlossen sein werden, über eine etwaige 3 lung dieses Kreises schlüssig machen. ;

Zu 8§. 6 bemerkte der Negierungskommissar:

Ich kann meinerseits nicht anerkennen daß durch die Beibehaltung des Wortes »angesessenen« in dem 8§. 6 eine Unklarheit in Bezug auf die Haltung der Militärpersonen zu dem Kreis- verbande hervorgerufen werde. Allerdings ist es die Absicht der Staatsregierung gewesen, den Militärpersonen, welche im Kreise mit Grundbesitäz angesessen sind, dem Kreisverbande gegen⸗ über sowohl Rechte wie Pflichten beilegen; es hat insbesondere solchen Militärpersonen das Wahlrecht zum Kreistage, wie auch die Wählbarkeit zu demselben 9 umt werden sollen. Was die Ueber⸗ nahme von Aemtern im Kreise anbetrifft so sind 6 bestimmte Vorschriften gegeben, welche auch die an geessenẽn Militärpersonen er- füllen müssen, wenn sie ein solches Ant übernehmen wollen; treffen