— In Ausführung des 5. 45 des Gesetzes über den Unter⸗ stützungswohnsitz vom 6. Juni 1870 hat der Bundes rath einem Regulatip zur Srdnung des Geschäftsganges bei dem Bundesamte für das Heimathwesen die Be— stätigung ertheilt.
— Im weiteren Verlauf der gestrigen Sitzung des Hauses der Abgeordneten wurde der Etat der direkteu Steuern mit den Anträgen der Budget-Kommission und der Stat der Seehandlung unverändert genehmigt. — Darauf trat das Haus in die erste Berathung über die Aufnahme einer Anleihe von 120 Millionen Thaler zur Erweiterung, Vervollständigung und besseren Ausrüstung des Staatseisenbahnnetzes. (S. pag. 302 Jahrg. 1872 d. Bl) Die Abgg. Stuschke und Dr. Glaser wünschten eine größere Berücksichtigung der östlichen Pro⸗ vinzen. Der Abg. Lasker sprach sich in längerer Rede gegen das bisherige System der Konzessions⸗Ertheilung aus; die Komites hätten damit ungerechte Vortheile erlangt und zum Nachtheil des Publikums sich bereichert. Der Handels⸗Minister wies die ihm gemachten Vorwürfe in längerer Rede zurück; (S. unter Landtagsangelegenheiten,. Der Abg. Rauchhaupt sprach noch für, der Abg. Dr. Reichensperger (Coblenz) gegen die Vorlage, worauf das Haus die Debatte und Sitzung vertagte.
In der heutigen 26. Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, welcher am Ministertisch der Minister der geist⸗ lichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Falk und einige Regierungs⸗ Kommissare beiwohnten, stand zunächst der Antrag des Abg. Wegener auf der Tagesordnung:
„Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: Die Königliche Regierung zu ersuchen, dem Mangel an einer höheren akademischen Lehranstalt im Großherzogthum Posen, durch Gründung einer Uni⸗ versität in der Stadt Posen, und zwar mit Berücksichtigung der Be⸗— 3. der beiden Nationalitäten dieses Landestheils baldigst abzu⸗ yelfen.“
Der Antragsteller motivirte seinen Antrag durch den Hin⸗ weis auf den Mangel einer akademischen Lehranstalt in der Provinz. Der Wunsch nach einer Universität in Posen sei hier im Hause schon öfter ausgesprochen worden. Die Abgg. Hennig und Döring sprachen gegen den Antrag, welcher nur nationalpolitischen Motiven entspräche; ein Bedüfniß einer Univerität Posen liege nicht vor. — Der Staats⸗Minister Dr. Falk erklärte den Antrag für unaus⸗ führbar, da es an Lehrkräften fehle, um auch nur die Lehrstühle der bestehenden Universitäten zu besetzen. Der Abg. Kantak sprach für den Antrag, welcher die Humanität befördere, das beste Binde⸗ mittel zwischen den Nationalitäten. Der Abg. Witt sprach gegen den Antrag, während Abg. Dr. Windhorst (Meppen) für den⸗ selben eintrat. — Das Haus ging darauf über diesen Antrag nach dem Gegenantrage der Abgg. von Hennig und Döring zur Tagesordnung über. — Es folgte dann der dritte Bericht der Kommission für Petitionen, über welche bei Schluß des Blattes noch verhandelt wurde.
— Der General -Lieutenant und Commandeur der 2. Di⸗ vision von Treskow II. ist mit Urlaub auf kurze Zeit hier eingetroffen.
— Der General⸗Lieutenant, General a la suite Se. Ma⸗ jestät des Kaisers und Königs und Commandeur der Garde⸗ Kavallerie⸗Division, Graf von Brandenburg II., hat sich nach Meisdorf begeben.
— Der Contre⸗Admiral und Chef der Marine⸗Station der Ostsee, Heldt, ist in dienstlichen Angelegenheiten von Kiel hier angekommen.
— Der Thierarzt erster Klasse Jdohann Friedrich Merten zu Prieborn ist zum Kreis⸗-Thierarzt des Kreises Habelschwerdt ernannt worden.
— Es ist schon wiederholt darauf hingewiesen, daß die Briefbestellung in den großen Städten, namentlich in Berlin, durch das Anschwellen der Bevölkerung und die zunehmende Zahl der Stockwerke in Vorder⸗ und Hinterhäusern immer schwieriger sich gestaltet. In Frankreich ist die Postverwaltung diesen Schwierigkeiten nicht blos in den großen, sondern in allen Städten von vornherein begegnet: sie hat den Brief⸗ trägern einfach verboten, in die Stockwerke der Häuser hinauf zu steigen; alle gewöhnlichen Briefe werden zu ebener Erde (an den Portier, Vizewirth u. s. w.) abgegeben oder in die im Hausflur oder in der Hausthür befindlichen Briefkasten gesteckt; die Hausbewohner haben für das Weitere selbst zu sorgen und müssen sogar herunter kommen, um die Sachen von dem Briefträger in Empfang zu nehmen; es kommt daher auch vor, daß der Briefträger sich mitten in den Hof stellt und die Briefadressen ausruft. Dieses Verfahren wäre in Berlin, wo man im Punkte der Wahrung des Korrespondenzgeheimnisses viel serupulöser verfährt, gar nicht ausführbar. Es würden zahllose und gewiß sehr begründete Beschwerden entstehen, wenn die ganze Korrespondenz der Hausbewohner durch den Portier, abgesehen davon, daß die meisten Häuser in Berlin gar keinen Portier haben, oder durch die Hände des Hauswirths oder Vizewirths, vielleicht des Geschäftskonkurrenten eines der Miether, gehen sollte. Es braucht blos hieran erinnert zu werden, um den Werth und Vorzug der Deutschen Einrichtung gebüh⸗ rend erkennen zu lassen. Um so mehr sollte aber das Publikum auch seiner Seits die Hand zur Erleichterung der großen Schwie⸗ rigkeiten bieten, welche mit dem vollkommeneren deutschen Ver⸗ fahren verbunden sind, und überall die Hausbriefkasten an der Eingangsthür der Wohnung anbringen lassen. Wir erinnern daran, daß Jedermann sich nur an die nächste Postanstalt zu wenden braucht, um durch deren Vermittelung einen Hausbrief⸗ kasten zu sehr mäßigem Preise zu erhalten.
Bayern. München 12. Januar. Die schon längere Zeit in Prüfung gezogene Frage der Verlegung der königlichen Forstschule in Aschaffenburg nach München, beziehungsweise der Vereinigung jener Lehranstalt mit der polytechnischen Hoch— schule wird, wie das Korr.⸗Bl. v. u. f. D.“ meldet, noch in diesem Jahre bejahend entschieden werden. Statt der Forst— schule wird Aschaffenburg eine Industrieschule erhalten. Die bereits auch in Aussicht genommene Errichtung einer Han— delsakademie zu München in Verbindung mit dem Poly— technikum würde vorerst eine bauliche Erweiterung des bezüg⸗ lichen noch nicht lange vollendeten Baues erheischen.
Sachsen. Dresden, 14. Januar. Der Kronprinz traf gestern Abend mit dem Personenzuge der Leipzig⸗Dresdener Bahn in Leipzig ein und wurde vom Divisions⸗Commandeur General⸗Lieutenant Nehrhof von Holderberg, auf dem Perron empfangen. Der Empfang von Seiten der Civilbehörden war abgelehnt worden. Im Gefolge Sr. Königl. Hoheit befanden sich der Ober⸗Stallmeister General⸗Lieutenant von Thielau⸗Rüs⸗ sing, der Hofmarschall Graf Vitzthum von Eckstädt, die Adju⸗ tanten Hauptmann von Minckwitz und Hauptmann von Treitzschke. Nachdem Se. Königl. Hoheit einige Minuten im Königszimmer
des Bahnhofes verweilt, begab sich derselbe in das Königliche Palais. — Der Prinz Georg traf heute früh mit dem Cou⸗ rierzuge in Begleitung seines Adjutanten, Rittmeister von Ehren⸗ stein, in Leipzig ein und stieg ebenfalls im Königl. Palais ab. Um 85 Uhr fuhren Ihre Königl. Hoheiten mit den eingeladenen Jagdgästen auf der neuen Linie der Leipzig-Dresdener Bahn nach Naunhof, woselbst heute Jagd auf Königl. Revier statt⸗ findet. Gegen 5 Uhr wollten die hohen Herrschaften wieder ins Palais zurückkehren.
— Die Zweite Kammer hat im weiteren Ver⸗ laufe der gestrigen Sitzung dem Kirchengesetze, eine Ab⸗ änderung der Bestimmungen in 5§. 25 der Kirchenvorstands⸗ und Shnodalordnung über die Besetzung geistlicher Stel⸗ len betreffend, nachdem ein Antrag des Abgeordneten Ludwig, das Gesetz zur Bexichterstattung über die einzelnen Paragraphen desselben an die 1. Deputation zurückzuverweisen, abgelehnt wor⸗ den war, in der Schlußabstimmung als Ganzem mit 40 gegen 27 Stimmen ihre Zustimmung ertheilt.
— In der heutigen Sitzung nahm die Kammer ohne De⸗ batte den Gesetzentwurf, ein Depositum der 4prozentigen Staats⸗ schuldenkassenscheine der Anleihe vom 2. Januar 1869 und die theilweise Umwandlung der kleineren Appoints dieser Anleihe in größere betreffend, en bloFs an. Hieran schloß sich die Berathung der Gesetzentwürfe über Entschädigung für Wegfall gewisser, mit dem städtischen Brauurbar verbundener Berechtigungen und des Mahlzwangs. Beide Entwürfe wurden, der erste mit meh⸗ rern theils von der Degutatition, theils vom Abg. Anton und dem Vize⸗Präsidenten Streit beantragten und von der Regierung gutgeheißenen Modifikationen, der zweite unverändert gegen Eine Stimme angenommen; die zahlreichen auf den erstern bezüglichen Petitionen städtischer Braugenossenschaften wurden durch die ge⸗ faßten Beschlüsse erledigt erklärt. — Den Rest der Sitzung füll⸗ ten mündliche Berichte der 4. Deputation über Petitionen und Beschwerden aus. Eine Beschwerde des städtischen Vereins zu Leipzig über das Kriegs⸗Ministerium weil es eine durch ihre Fassung angeblich für das Leipziger Stadtverordneten⸗Kollegium verletzende Bekanntmachung der Königlichen Genie⸗Direktion nicht desavouirt habe, wurde nach einigen Bemerkungen des Abg. Dr. Panitz über das Verfahren der Genie-Direktion als unzu⸗ lässig nach §. 115. der Landtagsordnung zurückgewiesen. Eine Beschwerde des Ortsrichters Schmidt in Lindenthal u. Gen. über das Kriegs⸗Ministerium, wegen des von demselben beohach⸗ teten Verfahrens bezüglich einer beantragten Untersuchung über harte und gesetzwidrige Behandlung von Soldaten Seitens ihrer Vorgesetzten rief eine längere Debatte hervor. Der Kriegs⸗Mi⸗ nister von Fabrice rechtfertigte der Beschwerde gegenüber das Verfahren des Ministeriums und machte geltend, daß es sich auch in dieser Beziehung um das Einleben in veränderte, durch die allgemeine Wehrpflicht bedingte Verhältnisse handle, und daß dieses, beim besten Willen, Zeit erfordere. Die Kammer nahm die Versicherung, mit welcher der Minister schloß, daß der feste Wille vorhanden sei, den Konsequenzen der allgemeinen Wehr⸗ pflicht auch in der Behandlung der Mannschaften durch die Vorgesetzten volle Rechnung zu tragen, mit lebhaftem Beifall auf. Der von der Deputation beantragte Beschluß der Kammer ging dahin, die Beschwerde, obschon die Beschwerdeführer mit Recht eine Beantwortung ihrer Eingabe Seitens des Ministeriums, da der §. 176 der Militärstrafprozeß⸗Ordnung hier, wo eine bei dem Ministerium eingereichte Beschwerde, nicht aber ein an die Militärstrafbehörde gerichteter Antrag auf Untersuchung vorlag. nicht Anwendung leide, zu erwarten gehabt hätten, nachdem in⸗ zwischen die verlangte Auskunft einem Beauftragten des Be⸗ e n , mündlich ertheilt worden, auf sich beruhen zu assen.
. Württemberg. Stuttgart, 12. Januar. Der König ist gestern Abend von Bebenhausen hierher zurückgekehrt.
Mecklenburg. Schwerin, 14. Januar. Die Herzogin Marie ist am 12. d. M. Abends von Wernigerode hierher zu⸗ rückgekehrt. = Die Nr. 1 des Großherzoglich Mecklenburg⸗Strelitzschen „Offiziellen Anzeigers! vom Jahre 1873 enthält die landesherr— liche Verordnung vom 24. Dezember v. J. zur Publikation der Revidirten Hypotheken⸗Ordnung für den Privatgrund— besitz in den Domänen und im Kabinetsamte. Die Revidirte Hypotheken⸗Ordnung in 11 Abschniten und 75 Paragraphen ist als Anlage beigegeben. Die Verordnung lautet wie folgt: „Fr. Wa ꝛc. Um die Hypothekengesetzgebung für Unser Domanium und Unser Kabinetsamt nicht hinter der das ritterschastliche und das städtische Hypothekenwesen betreffenden vaterländischen Legislation znrückbleiben zu lassen und in den Grundprinzipien der einen und der andern die möglichste Uebereinstimmung herzustellen, haben Wir die Verordnung vom 24. März 1832 wegen Anlegung von Hpotheken—⸗ büchern für Privatgrundbesitzungen in den Domänen und im Kabinets— amte einer umfassenden Revision unterziehen lassen, und publiziren Wir nunmehr die revidirte Hypothekenorduung für den Privatgrund⸗ besitz in den Domänen und im Kabinetsamte zur Nachachtung fuͤr alle betreffenden Behörden und für Jedermann, den es sonst angeht. — Auf unsere Residenzstadt Neustrelitz leidet die gegenwärtige Verordnung keine Anwendung; es verbleibt dieserhalb vielmehr auch für die Folge bei der betreffenden Hypothekenordrung vom 13. November 1866. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhän⸗ digem Unterschrift und beigedrucktem Großherzoglichen Insiegel. Ge⸗ geben Nenstrelitz, den 24. Dezember 1872. Friedrich Wilhelm, G. H. v. M. AL. Piper. Am 11. d. M., Abends,
Braunschweig, 14. Januar. hier ein und
traf der Erbprinz zu Schaumburg-Lippe reiste am andern Morgen nach Dessau weiter.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 14. Januar. Der Kaiser ist gestern von Ofen nach Wien zurückgekehrt.
Pesth, 13. Januar. Im Ab geordnetenhause inter⸗ pellirte Josepnh Madarasz die Regierung wegen Einbringung eines Gesetzes gegen die Bestechungen bei den Wahlen. Ludwig Karman interpellirte den Landesvertheidigungs⸗Minister, ob die Honvéd⸗Armee im Kriegsfalle mit allem Nothwendigen ausge⸗ rüstet sein werde. Adam Lazar reichte einen Beschlußantrag ein, das Ministerium anzuweisen, einen auf den Prinzipien der Ver⸗ antwortlichkeit und Oeffentlichkeit basirenden Gesetzentwurf über Bildung von Aktiengesellschaften vorzulegen. Das Haus nahm sodann den Lonyay'schen Antrag, betreffs Revision der Schluß⸗ rechnungen an. Der Gesetzentwurf über Versorgung ausgedien⸗ ter Unteroffiziere wurde bis §.7 angenommen. — Der Landes⸗ vertheidigungs⸗Minister Szende leidet seit mehreren Tagen an heftigem rheumatischen Fieber.
Niederlande. Haag, 15. Januar. Das amtliche Blatt, der „Staatscourant“, veröffentlicht die mit Bel gien geschlossenen Verträge betreffs Kapitalisirung der in dem Vertrage vom
Aufhebung der Zuschlagsteuer auf niederländische, in Belgien ein⸗ geführte Spirituosen, endlich betreffs Konzessionirung der Nord⸗ Eisenbahn⸗Gesellschaft wegen Benutzung niederländischen Gebiets zum Bau der Eisenbarn von Antwerpen nach Gladbach.
Belgien. Brüssel, 14. Januar. (W. T. B.) In der Repräsentanten kammer legte heute der Finanz⸗Minister Malou einen Vertrag mit den Niederlanden, betreffend die Füh⸗ rung der Eisenbahnlinie Antwerpen⸗Gladbach über limburgisches
Gebiet zur Genehmigung vor. — Der Minister⸗Präͤsident de Theur gab auf eine Interpellation die Erklärung ab, daß die Genehmigung zur Cession des luxem⸗
burgischen Eisenbahnnetzes an eine kürzlich gebildete Ge⸗ sellschaft von der Regierung nicht ertheilt worden sei, weitere Er— läuterungen der Sachlage könne er jedoch vorläufig nicht ab⸗ geben. Hierauf entgegnete der Deputirte Bara, wenn die Genehmigung der Cession definitiv versagt worden sei; so sei die Sache erledigt; sei dies aber nicht der Fall, so müsse noch ein gewisses Dunkel über der Sache walten, und dann sei die An⸗ gelegenheit noch nicht beendigt. Von dem anwesenden Finanz⸗ Minister Malou wurden darauf für morgen nähere Auseinander⸗ setzungen in Aussicht gestellt.
Großbritannien und Irland. London, 14. Januar. (W. T. B.) Der Prinz von Wales, der Herzog von Edinburgh und der Prinz Christian von Dänemark sind heute in Chislehurst eingetroffen. — Prinz Arthur ist heute von hier abgereist, um sich über Calais und Deutschland nach Rom zu begeben.
— Lord Spen eer, der Vize⸗König von Irland, hat das Gesuch des Stadtrathes von Belfast um Ernennug einer Kommission zur Untersuchuug der im August in dieser Stadt stattgefundenen Krawalle abschlaglich beschieden. In seiner Er⸗ widerung bemerkt derselbe, daß er sämmtliche Information, die er über den Gegenstand für erforderlich hält, erzielt habe, und mit Bezug auf die Erneuerung und Fortdauer des Unwillens und Parteigefühles, daß eine Kommission jetzt verursachen würde, deren Niedersetzung für unzweckmäßig und unnöthig erachte. .
— In Dublin starb am 12. d. M. Monsignor Fordre, Generalvikar von Dublin und Hausprälat des Papstes.
— (W. T. B.) Der Kanzler der Schatzkammer Sir R. Lowe, hat gestern eine Deputation, welche um Abschaffung der Malz— steuer bat, abfällig beschieden, weil die Ansicht von einem angebltchen großen Finanz⸗Einnahme⸗Ueberschuß eine durchaus irrige sei.
Frankreich. Paris, 13. Januar. Der Präsident der Republik wurde von Amiens, Abbeville, Dünkirchen, Boulogne und Lille ersucht, diese Städte auf seiner Reise nach Calais zu besuchen. Barthélemy Saint Hilaire entgegnete, Herr Thiers könne diesen Einladungen keine Folge geben.
— Das „Evsnement“ bringt einiges Nähere über die Artille⸗ rie⸗Experimente, welche in Calais stattfinden sollen: „Die Versuche mit den nach den Ideen des Präsidenten der Republik angefertigten Geschützen sind, wie es heißt, zur Zufriedenheit aus⸗ gefallen. Ein Bericht des Oberst Montluisant, Präsidenten der Kommission, präcisirt die Resultate. Sollte das Ergebniß der noch anzustellenden Versuche ein günstiges sein, so wird sich Herr Thiers in der zweiten Hälfte d. M. nach Calais begeben, um Experimenten mit der Kanone von seiner Erfindung, sowie zwei anderen Geschützen, die schon in Tarbes und Trouville versucht wurden, beizuwohnen. Die Arbeiten der drei Versuchs⸗Kommis⸗
sionen werden mit großem Eifer betrieben, da die Regierung
wünscht, daß diesen Sommer zahlreiche Artillerie⸗Mansver in den verschiedenen Uebungslagern stattfinden. — Demselben Blatte zufolge hat die Regierung 1200 Holzhäuschen bestellt, welche zusammengelegt werden können und die für Neu⸗Cale⸗ donien bestimmt sind. Dieselben bestehen aus zwei Gemächern, einem Wohnzimmer und einer Räumlichkeit, die als Werkstatt dienen kann. Dieselben kommen im Durchschnitte dem Staate auf 200 Franks zu stehen. Ein erster Versuch, der in Noumea angestellt wurde, ist vollständig gelungen und 1500 Baracken dieser Art sind dort hereits errichtet.
— In Narbonne dauern die Verhaftungen von Per⸗ sonen, welche angeschuldigt sind, der Internationale anzu⸗ gehören, fort.
— 14. Januar. (W. T. B.) Der von der Sub kommission der Dreiß iger⸗Kommission vorbereitete Gesetzentwurf lautet folgendergestalt: „Die Nationalversammlung, in Aufrecht⸗ erhaltung der ihr zustehenden konstituirenden Gewalt, aber von der Absicht geleitet, Verbesserungen in den Befugnissen der Exekutive herbeizuführen, beschließt, wie folgt:
Erster Artikel. Art. 1 des Gesetzes vom 31. August 1871 wird dahin abgeändert: Der Präsident der Republik verhandelt mit der Nationalversammlung durch Botschaften, welche durch einen Minister in der Nationalversammlung verlesen werden. Der Präsident kann in der Nationalversammlung persönlich erscheinen und das Wort neh—⸗ men, sobald er es für nothwendig erachtet, er muß dies jedoch vorher durch eine Botschaft angezeigt haben. Die Berathung, bei welcher der Präsident der Republik das Wort ergreifen will, wird nach Ein⸗ gang der betreffenden Botschaft suspendirt. Der Präsident muß an dem der betreffenden Botschaft folgenden Vormittage von der National⸗ Versammlung gehört werden; es kann durch eine Spezialabstimmung solches aber auch für den nämlichen Tag beschlossen werden. Die Sitzung der Nationalversammlung wird, sobald der Präsident ge— sprochen hat, aufgehoben und die Berathung erst in einer späteren Sitzung wieder aufgenommen. Die Debatte findet in Abwesenheit des Präsidenten Thiers statt.
Zweiter Artikel. Der Präsident Thiers veröffentlicht die Gesetze, für welche die Dringlichkeit beschlossen ist, binnen drei Tagen, alle übrigen Gefetze binnen einem Monat. Handelt es sich um ein dring— liches Gesetz, so hat der Präsident das Recht, binnen drei Tagen mittelst einer neuen Botschaft eine nochmalige Berathung des Ge— setzes zu verlangen; bei allen übrigen Gesetzen kann der Präsident nach der zweiten Lesung verlangen, daß die dritte Lesung erst nach Ablauf eines Monats auf die Tagesordnung gesetzt werde. Inter⸗ pellationen können nur an die Minister, nicht aber an den Präsiden⸗ ten gerichtet werden.
Dritter Artikel. Nach der Auflösung der Nationalversammlung soll die legislative Gewalt durch zwei Kammern ausgeübt werden. Die Kommission ist mit Vorbereitung eines Gesetzentwurfs für die Wahlen der Deputirten und eines zweiten Gesetzentwurfs für Ernen⸗ 6 * Mitglieder und für die Befugnisse der Zweiten Kammer be⸗ auftragt. .
Versailles, 14. Januar. In der heungen Sitzung der Dreißiger⸗Kommission entwickelte der Präsldent der Repu⸗ blik seine Ansichten über den von der Subkommission vorgeleg⸗ ten Gesetzentwurf. Nachdem er seinem Wunsche nach einer Aus⸗ gleichung der bestehenden Gegensätze lebhaften Ausdruck gegeben und die Nothwendigkeit einer versöhnlichen Haltung mit dem Hinweis auf die Interessen des Landes und die anzustrebende Befreiung des Territoriums von der Okkupation begründet hatte, erklärte er, die Gesetzuorlage mit einigen Vorbehalten, deren Würdigung er der Kommifsion anheimstellte, acceptiren
Jahre 1842 erwähnten Rente von 400,000 Fl., ferner betreffs
zu können. Zunächst hielt er die für das suspensive Veto be⸗
stimmte einmonatliche Frist für vollständig unzureichend und schlug für die Gültigkeit des dem Prãsidenten zustehenden Veto vielmehr einen Zeitraum von 4 Monaten vor. Sodann sprach er sich gegen die Formalität der jedesmaligen Uebersendug einer Botschaft in dem Falle, wo er das Wort nehmen wolle und gegen die Verpflichtung, den Sitzungssaal der National ver⸗ sammlung verlassen zu müssen, sobald er gesprochen habe, aus; ebenso hielt er an dem Verlangen fest, den Sitzungen der Nationalversammlung bei Interpellationen beiwohnen zu dürfen. Betreffs Bildung der Zweiten Kammer wünschte er, daß solche mindestens 2 Monate vor Auflösung der National versammlung erfolge; die jetzige Exekutivgewalt wollte er noch 6 Wochen über den Zeitpunkt der Auflösung der Nationalversammlung hinaus verlängert wissen. Die Sitzung der Kommission wurde, nach⸗ dem der Präsident der Republik gesprochen, geschlossen; die wei⸗ tere Berathung soll Freitag stattfinden.
Spanien. Madrid, 9. Januar. Die „Gaceta“ bringt das Decret, durch welches Morionos zum Oberbefehs⸗ haber der Nordarmee ernannt wird, während ihm zugleich seine Stelle als Kavallerie⸗Inspekteur vorbehalten bleibt.
Italien. Rom, 14. Januar. (W. T. B.) Auf Befehl des Kriegs⸗Ministers hat sich, dem amtlichen Blatte zufolge, der General Pigla-Caselly in Begleitung von drei Offizieren nach Chislehurst begeben, um die italienische Armee deren oberster Chef Napoleon Ii. im Kriege von 1859 gewesen, bei dem Leichen⸗ begängnisse desselben zu vertreten.
Griechenland. Dem brittischen Gesandten in Ath en ist laut telegraphischer Meldung am 14. d. M. von der griechischen Regierung eröffnet worden, daß sie bereit sei, in der Laurion⸗ frage sich einem Schiedsgerichte zu unterwerfen, sobald die Großmächte darüber einverstanden seien, daß diese Frage einen internationalen Charakter habe.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 13. Januar. Nach dem „Golos“ hat die Kommission für Reform der CTivilperwaltung die Frage aufgeworfen, ob nicht in Zukunft die Funktionen der General ⸗⸗Gouverneure als Instanz⸗ behörde zwischen den Gouverneuren der Provinzen und der Tentralverwaltungs⸗Behörde des Reichs aufgehoben werden könn⸗ ten, ausgenommen in den Theilen des Reichs, in welchen aus politischen Rücksichten eine solche Zwischenbehörde für nöthig er⸗ achtet würde. . 53 .
— 14. Januar. Mit Rücksicht auf die fortschreitende Genesung des Großfürsten Thronfolgers werden Bulle— tins nicht mehr ansgegeben. .
Odessa, 14. Januar. Das hiesige Stadttheater ist heute Vormittag abgebrannt. Das Gebäude ist mit 150900 Rubel, das Mobiliar mit 15,000 Rubel bei der russischen Ver— sicherungsgesellschaft · versichert.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 19. Januar. König Oscar J. wird sich Ende dieses Monats nach Christiania begeben, um sich daselbst zwei oder drei Monate aufzuhalten. —
Für den Napoleon III. ist eine mit dem heutigen Tage be⸗ ginnende 21 Tage dauernde Hoftrauer angeordnet worden. Der Verstorbene war ein Vetter der verwittweten Königin (Mut⸗ ter Königs Karls XV.). Der König, welcher auf telegraphischem Wege Kunde von dem Todesfalle erhielt, hat befohlen, die Trauer sofort anzulegen. 36 . . .
— Die Leiche des Barons Blixen-Finecke soll dem Ver⸗ nehmen nach von Baden⸗Baden noch Dallund transportirt und daselbst zur Erde bestattet werden. . .
— Die Zzolleinnahme für Schweden hat im vorigen Jahre 19,505,771 und das Feuer- und Bakengeld 942,992 Rtd. betragen. . .
— Der Legations-Rath von Bunsen traf hier, von Ber⸗ lin kommend, vorgestern Abend mit dem Eilzuge von Malmö ein.
Dänemark. Kopenhagen, 11. Januar. Die Verle⸗ gung der Residenz von Schloß Fredensborg nach Kopenhagen, welche wegen der Krankheit des Großfürsten⸗Thronfolgers von Rußland aufgeschoben wurde, soll „Fädrelandet“ zufolge Ende dieses Monats stattfinden. . .
— Wenige Tage nach der Rückkehr des Königs vom Aus⸗ lande erwählte derselbe eine Kommission zur Untersuchung der Frage wegen Gehaltszulage des von der Civilliste gagirten Perfonals. Se. Majestaͤt hat den jetzt von der Kommission ge⸗ machten Vorschlag über eine allgemeine Lohnerhöhung des Hof⸗ und Stalletats angenommen und bewilligt. . ⸗
— Der schwedisch⸗norwegische Gesandte am dänischen Hofe, Baron Beck-Friis, ist nach Kopenhagen zurückgekehrt, nachdem er sich ungefähr zwei Monate im Auslande aufgehalten hat, wäãh⸗ rend welcher Zeit die Gesandtschafts⸗Geschäfte vom Legationssekre⸗ tär, Kammerherrn Aminoff. als interimistischer schwedisch⸗- nor⸗ wegischer Chargèé d'affaires geleitet wurden. .
In der gestrigen Sitzung des Folkethings wurde die erste Berathung des Gesetzvorschlages über das Bürger- und Armen⸗ schulenwesen fortgesetzt aber nicht zur Abstimmung gebracht. Fast sämmtliche Redner sprachen sich gegen die Hauptprinzipien des Gesetzes aus und mehrere derselben wollten gegen die Ueber⸗ weisung des Gesetzvorschlages zur zweiten Berathung stimmen. J. A. Hansen forderte als Bedingung, wenn er für den Ueber⸗ gang zur zweiten Behandlung stimmen sollte, daß der Minister durch ein bestiwmtes Ja sich bereit erklären müsse, die Haupt⸗ grundlage des Gesetzvorschlages in einer von ihm näher angege⸗ benen Richtung umaändern zu wollen, namentlich so, daß den Gemeinden unter Staatsaufsicht die Leitung des Schulwesens übertragen würde. Der Kultus⸗Minister erklärte, sich auf eine derartige Zusage nicht einlassen zu können. Da sich um 6 Uhr noch 11 Redner angemeldet hatten, wurde die Berathung vom Präsidenten geschlossen, um heute fortgesetzt zu werden.
— 14. Januar. (W. T. B.) Der Antrag der Führer der Linken die Berathung des Schulgesetzes in erster Lesung ab⸗ zubrechen und anstatt dessen einen Ausschuß von 15 Mitgliedern zur weiteren Vorberathung der Vorlage zu wählen, kam in der heutigen Sitzung des Folksthings trotz des Widerstandes der Minister mit 58 gegen 37 Stimmen zur Annahme. Der be⸗ fürchtete Konflikt zwischen dem Ministerium und der Vols⸗ vertretung ist somit zunächst vertagt.
Amerika. Washington, 14. Januar. (W. T. B) Nach Berichten aus England wird dort die Authentizität sowohl der Note des Staatssekretärs Fiss an Spanien bezüglich der Zu⸗ stände auf Cuba, als auch des Antwortsschreibens der spanischen Regierung bezweifelt. Diese Dokumente befinden sich indessen unter der offiziellen diplomatischen Korrespondenz, welche dem Kongresse gleichzeitig mit der Botschaft des Präsidenten unter⸗ breitet ist, sind aber erst jetzt zur Veröffentlichung gelangt. Aus Rio de Janeiro wird unterni 23. Dezember ge—⸗ meldet: „Die Kammern wurden am 21. d. eröffnet. Die Thron⸗
und des Abschlusses von Auslieferungsverträgen mit Großbri⸗ tannien, Italien und Portugal. ñ ͤ . formen in den Wahlgesetzen und in jenen Gesetzen welche auf die Nationalgarde und das Rekrutirungswesen Bezug haben. In der Deputirtenkammer erhielt die Regierung 79 Stimmen, während die Opposition nur 42 zählt. mden eug gewährte Erlaubniß, Cargos von einem brasilianischen Hafen nach dem anderen führen zu dürfen, ist bis Ende 1873 prolon⸗ « girt worden.“
neral Cortina versucht, einen Aufstand in Mexiko zu Stande zu bringen.
is zum: f ist der Großfürst Alexis r r ir gl gec ort ,, e en,, af ge ift m, ü. nme Herr Lasker sagte, es wäre Unzufriedenheit im Lande, so mag das die
Ferner empfiehlt die Rede Re⸗ Die fremden Fahrzeugen
— Berichte aus Mexiko über New⸗Jork melden, daß Ge⸗
Asien. Die vorliegenden Nachrichten aus Japan gehen
außerordentlich gut aufgenommen worden. Der Mikado und seine Gemahlin werden der russischen Flotille einen Besuch abstatten, worauf der Großfürst seine Reise nach dem Amur antreten wird. Die Gesandtschaft, welche nach Corea geschickt wurde, hat ihren Zweck vollkommen durchgesetzt, obwohl der erste Gesandte noch immer nicht zurückgekehrt ist. — Aus Nagasaki wird gemeldet, daß 34 eingeborenen Ehristen Verzeihung und die Erlaubniß zu ihren Heimstätten zurückzukehren, gewährt wurde. Beinahe 300 Ausländer haben Staatsämter in Japan, nämlich 41 Amerikaner, 170 Engländer, 69 Franzosen u. s. w. — Herr Mori bleibt
auf seinem Gesandtschaftsposten und Noymar ist zum japani⸗ schen Generalkonsul in Wafhington ernannt worden. Vom 1. Januar ab soll eine neue Schraubendampferlinie zwischen Hongkong und St. Francisco ria Jokohama eröffnet werden. Die Fahrt von Jokohama nach St. Francisco würde 16 Tage in Anspruch nehmen.
Landtagsangelegenheiten. Berlin, 15. Januar. In der gestrigen Sitzung des Hauses der Abgeordneten nahm in der Diskussion über den Stat der direkten Steuern der Finanz-Minister Camphausen nach dem Abgeordneten Richter (Hagen) das Wort: Meine Herren! Ich kann es nicht für einen Gewinn halten, wenn bei den Etatsberathungen Gelegenheit ergriffen wird, weitgreifende Fragen plötzlich in Anregung zu bringen. Ich meinerseits habe mich heute hierher begeben, in der Erwartung, ich würde zu dem Etat der direkten Steuern kaum ein Wort zu verlieren haben. Man hat einige Kanzlistenstellen gestrichen. Ich glaube, es wäre besser gewesen, man hätte dies nicht gethan. Das Unglück wäre aber zuletzt nicht sehr groß, wenn es über mich verhängt werden jollte. Nun, meine Herren, während ich es überhaupt für keinen Gewinn erachten kann, daß bei den Etats fo weitgreifende Fragen zur Erörterung kommen, ss kann ich es noch weniger für einen Gewinn, erachten, wenn solche Fragen von vornherein mit einer gewissen Erbitterung behandelt werden. Die Stellung des Finanz⸗Ministers zu der angeregten Frage ist ja eine sehr einfache: er hat das Gesetz auszuführen, und wenn man eine Aenderung des , . wünscht, so hat er die Anträge abzuwarten, die dahin führen sollen. . . . Was ö . Eingang erwähnten Antrag betrifft, der bei Gele⸗ genhest des im vorigen Jahre vorgelegten Gesetzentwurfes über eine Steuerreform in Anregung kam, so wied ja, wenn wiederum die Frage der Steuerreform zur Debatte des Hauses steht, sich Gelegenheit fin⸗ den können, einen weit umfassenden Ueberblick auch auf die anderen Steuern zu werfen. So wie die Frage heute zur Anregung kommt, würde ich dem, was der Herr Abgeyrdnete von Wedell' von meinen Aeußerungen aus der Kommissionssitzung angeführt hat, meinerseits nichts hinzuzufügen haben. Ich kann nur wiederholen, daß es nicht in der Absicht der Staatsregierung Kiegt,; die Grund⸗ Und Gebãude⸗ steuer den Kommunen zu übexweisen. Wenn es in der Absicht der Staatsregierung läge, dann würbe sie doch zuerst die Frage gufzuwer— fen haben: wie sollen die 18 Millionen gedeckt werden Wenn die 18 Millionen uns dadurch entbehrlich gemacht werden, daß Ausgaben, die der Staat zu leisten hat, in Zukunft von denjenigen Verbänden geleistet werden sollen, denen wir die Grund⸗ und Gebäudesteuer iber. weisen sollen, nun, meine Herren, dann läßt, sich darüber reden. Aber eine folche Lage ist doch heute wahrhaftig nicht gegeben. ͤ
Ich möchte Sie bitten, diese Frage der Steuerreform bei Gele⸗ genheit des Etats als erledigt betrachten zu wollen. H
— In der Diskussion über den Gesetzentwurf, betreffend die Aufnahme einer Anleihe von 120,000,000 Thlr. zur Erwei⸗ terung, Vervollständigung und besseren Ausrüstung des Staats⸗ Eisenbahnnetzes sprach sich der Abg. Lasker über das Eisen⸗ bahn⸗Konzessionswesen aus. Der Handelsminister Graf von Itzenplitz entgegnete hierauf: . . ;
Ich muß zunaͤchst auf den letzten Theil des Vortrages des Herrn Lasker antworten. Er hat mir den Vorwurf gemacht, daß ich dem Dr. Stroußberg Eisenbahnen übergeben habe, als er anfing hier im Lande zu bauen; das war ein Bau von 30 Meilen, von Pillau bis an die russische Grenze. Das geschah zu einer Zeit, meine Herren, wo Sie mir nichts bewilligt hätken: das bitte ich nicht zu vergessen. Damals war für Eisenbahnbauten von diesem Hause nichts zu erhalten, e war aber zum Nutzen der östlichen Provinzen diese Bahn durchaus nothwendig. Deshalb habe ich ihm damgls die Konzession gegeben, als allerdings die Schattenseiten, die sich später herausstellten, noch nicht bekannt waren; so weit ich nun die Schattenseiten kenne, ver⸗ meide ich sie auch. Diejenigen Herren, von denen der geehrte Herr Lasker gesagt hat, daß ich sie begünstige, klagen mich gerade von anderer Scite her an. Wenn mir Jemand das ganze Konzessions— wesen abnähme, wäre ich heute froher als morgen. .
Aber, meine Herren, ich bewege mich immer zwischen zwei Din⸗ gen. Ich muß voͤrausschicken: der geehrte Herr hat gemisse Namen genannt. Die Namen sind aber nicht allein, sondern es ist immer ein Komite, wo so ein Name mit drin ist. . 2
Ich verhandle also nicht mit dem Herrn N. N., sondern mit. dem Komste, und gerade die Herren, die er genannt hat, haben wieder- holentlich bitterlich gegen mich geklagt. Einer hat mir sogar gesagt, als ich ihm zu einer anderen Bahn die Konzession geben wollte, er „protestire“. Ich habe ihm geantwortet, er möge mir gefälligst das Gesetz nachweisen, welches ihm dazu ein Mehta
Aber, wie gesagt, ich ö. zwischen zwei Dingen. Es tritt also ein Komite auf und fügt? wir wollen die und die Bahn bauen, wobei jetzt eft mit än g Leichtsinn verfahren wird, das kann ich wohl sagen. Man nimmt eine Karte, zieht mit dem Lineal einen Strich und schreibt mir: Das ist eine wundervolle Linie, gieb uns die Erlaubniß zu den Vorarbeiten; die Leute kriegen aber dann keineswegs immer die Er⸗ laubniß, sondern nur diejenigen, wo ich ein nützliches Interesse für das Land erkenne und wo ich allenfalls hoffen kann,
daß die Sache mit Solidität zu Stande kommt. Ist das nicht der Fall, dann muß ich mich dagegen erklären. w . . Nun, meine Herren, reden wir offen, so offen, wie Sie geredet haben. Es ist ja klar, daß, wenn die Herren mit Bauten kommen, die nicht aus dem augenblicklichen Bedürfniß hervorgegangen. sind, wenigstens nicht aus einem dringenden, sondern weil es nützlich sei, und wenn sie nun eine Linie vorschlagen und dafür so und so viele Millionen verlangen, sie immer die Neigung haben, etwas mehr zu verlangen, manchmal recht viel mehr, als wie sie brauchen. Die Bahn ist aber an sich nützlich, das läßt sich nicht leugnen. ich di Bahn nun hindern? Dann schreit das Land und sagt — das ist mir sogar hier im Hause im vorigen Jahre gesagt worden, als ich bei einer soschen Gelegenheit nicht gleich bereitwillig gewesen war . wäre kein Beförderer der Eisenbahnen und hätte kein Interesse dafür, sondern ich hindere sie. Ist also die Sache an sich nützlich, so habe ich
Gunst für Niemanden dabei habe.
Soll ich die
und Gewissen. Dann erhalte ich aber jedesmal wieder die Beschwer⸗
den von der andern Seite zu hören; da wird dann geiagt: Du bist doch ein abscheulicher Mensch; wie sollen wir denn die Bahn bauen, wenn e . Klippen, daß das Land nützliche Bahnen haben will und die Unter— nehmer ihren Gewinn, sitze ich in der Mitte.
wir nicht so und soviel bekommen. Zwischen diesen beiden
Wenn nun aber gesagt worden ist, daß da nach Gunst und nach Persönlichkeiten verfahren wird, so habe ich das zu verantworten, meine Herren. Ich leugne das rundweg, denn gerade die Herren, die Sie genannt haben, klagen über mich, weil ich nicht so bereitwillig
gewesen bin, wie sie es gewünscht haben.
Soviel im Allgemeinen, vielleicht werde ich auf diesen Gegenstand noch zurückkommen. Ich wollte nur vorläufig dies als meinen Stand⸗ punkt hinstellen: ich will keine Bahn hindern, wenn ich nur einiger⸗ maßen hoffen kann, daß sie solide zu Stande kommt, ob es durch Hinz oder Kunz geschieht, ist mir ganz gleich. Wenn der geehrte Ünzufriedenheit darüber sein, daß ich diesem oder jenem ein paar Mil- lionen gestrichen habe. Aber soviel kann ich versichern, daß ich eine Sehr vielfach kommt auch fol⸗ gendes vor: einer baut eine Bahn solide, ich habe keine Ursache, sie zu verhindern, hernach kommt er mit einer andern, da sieht es zu⸗ weilen anders aus. Es ist beispielsweise vorgekommen, daß Leute gleich damit haben anfangen wollen, die Hälfte in Aktien und die Hälfte in Obligationen zu nehmen. Das habe ich aber a bgewiesen. Ich wünsche also die Bahnen zu Stande zu bringen, wo es einigermaßen mit So⸗ lidität möglich ist; aber ich muß mir vorbehalten, mag es dieser oder jener sein, die gehörigen Mittel anzuwenden, um den Schwindel, so weit es in meiner Macht liegt, zu hindern. ⸗ Ich verlasse jetzt diese Seite der Sache. Was nun den ersten Theil der Rede des geehrten Herrn Lasker betrifft, so habe ich mich nur zu bedanken; — in Parenthese: ich habe mich auch für den zwei⸗ ten zu bedanken, mir ist es gerade lieb, daß ich mich offen hier darüber habe aussprechen können; — aber für den ersten habe ich ganz besonders zu danken. Ich halte das, was er gesagt hat, nach meiner individuellen Ansicht fuͤr das unbedingt Richkige, was ich sehr gern befördern würde. Wir waren ja auch schon sehr nahe daran, wir hatten ja schon ein Gesetz, daß die Eisenbahnensteuern lediglich ver— wandt werden sollen zum Ankauf von Aktien. Hätten wir das er— halten, meine Herren, so wären wir auf dem Wege, den der geehrte Herr Lasker angedeutet hat, schon viel weiter und ich würde es sehr
gerne sehen, wenn es bei den jetzigen Verhältnissen möglich wäre, wie⸗
der auf diesen Weg einzugehen. Herr Lasker hat ferner gesagt, Kommunen und Provinzen hätte ich Schwierigkeiten gemacht. Mir ist wohl bewußt, daß ich Unternehmern
Schwierigkeiten gemacht; aber daß ich den Provinzen und Kommunen Schwierigkeiten gemacht hätte, ist mir nicht bekannt, und diese Pro⸗ vinzen hat der geehrte Herr Redner nicht genannt, ich würde ihm dankbar sein, wenn er sie genannt hätte. — Was nun einzelne andere Punkte anbetrifft, so ist heute geklagt, der Westen würde begünstigt auf Kosten des Ostens. Ja, meine Her⸗ ren, das ist wirklich so ungerecht wie möglich; betrachten Sie einmal die Karte, die Sie vor 19. Jahren von mir bekommen haben und die jetzige, — dann werden Sie sehen, daß die ungeheuern Lücken, die vor 10 Jahren da waren, ausgefüllt sind. Sig wollen sich erinnern, daß die Dstbahn, die Thorn⸗Insterburger, die Tilsit⸗ Memeler Bahn ganz auf Staatskosten gebaut sind und werden und daß die Bahn von Posen nach Thorn und die Vorpommersche und die Hinterpommersche Bahn mit der Zinsgarantie des Staates gebaut worden sind, bei welchen letzteren der Staat noch immer erheblich zu zahlen hat. Ich kann von mir sagen, daß ich gerade für die östlichen Provinzen aus einem bestimm⸗ ten Grunde gern etwas thue, weil ich die Ueberzeugung habe, daß sie in früheren Jahren vernachlässigt sind, aber, meine Herren, das kann nicht so weit gehen, daß ich nun allgemein von großen Bahnen, die im Interesse des Staates nothwendig sind, weil sie jetzt und zufällig schon im Osten auf Staatskosten gebaut sind, nun nicht beantragen sollte, daß sie im Westen auf Kosten des Staates gebaut werden möchten. Das wäre eine unstaatsmännische und nicht übersichtliche
Redensart und deren möchte ich mich nicht schuldig machen. Ich glaube, daß es auch gar nicht darauf ankommt, ob im
Westen oder Ssten gebaut wird, sondern darauf, ob es nützlich, nöthig und vorzugsweise nöthig ist; denn, wenn ich heute gefragt würde, bist du damit auf lange Zeit befriedigt? so würde ich Jagen: Nein, das kann ich nicht versprechen. Alle Bahnen sind mehr oder weniger eine Frage der Zeit, man baut die nothwendigsten erst, und die anderen kommen hernach. Wir haben noch lange nicht genug Eisenbahnen, und ich hoffe, wir werden noch recht viele dazu be⸗ kommen. — . ; . J
Ich muß noch ein Wort speziell über die große Bahn von Berlin bis an die Grenze des preußischen Staats bemerken. Es ist gesagt worden, sie wäre vorzüglich durch das militärische Interesse hervorge⸗ rufen worden, — das ist nicht richtig: auch durch die militärischen Interessen, und sie hat darin ihre große Wichtigkeit, und das Kriegs⸗ Miniserium wird auch wohl darüber künftig das nöthige sagen, aber keineswegs vorzugsweise. Meine Herren, die Bahn ist von der aller⸗ größten Wichtigkeit, um die östlichen Staatsbahnen mit den westlichen zu verbinden, wodurch dann die Staatsregierung einen Regulator in die Sache bringen kann. ö . .
Wenn nun vorhin gesagt worden ist: Versprichst du uns die Bahn nach Reurode und Glatz, so stimmen wir für Dich, — ja, meine Herren, ich kann mir nicht helfen, ich bin nicht gegen, Neurode und Glatz gewesen, aber, wann ich sie hauen werde, kann ich. nicht sagen, und das kann auch der Finanz-Minister nicht sagen. Also, wann ich bauen werde, kann ich nicht sagen; daß es wünschenswerth wäre, daß sie gebaut werde, ist richtig, doch die Aeußerung, daß das der zweite Akt der Gebirgsbahn wäre, stammt aus der Zeit, wo ich noch nicht im Amte war; seitdem haben sich die Verhältnisse sehr wesentlich
geändert, seitdem steht fest, daß eine Bahn von Görlitz nach Reichenberg in Desterreich gebaut wird, wodurch der Weg
nach Wien eben so kurz wird. Jetzt also hat die Bahn Dittersbach—⸗ Neurode⸗Glatz allerdings ihren Werth, aber nicht mehr einen großen Werth für den allgemeinen Verkehr, sondern sie ist eine nützliche Bahn fiir eincn JTaubestheil. Auf diese Bemerkungen will ich mich be— schränken. i ,,, ; . . — Der Herr Abg. Glaser hat gesagt, ich hätte einer Provinz die Konzession verweigert, das ist nicht richtig, es wird noch darüber ver⸗ handelt, und übrigen ist das keine Kommune oder Provinz, sondern ein Unternehmer, und wenn die Bedingungen so sind, daß ich glaube sie verantworten zu können, so werde ich sie genehmigen; wo nicht, nicht. — Auf die Bemerkung des Abg. Dr. Glaser, er habe nicht erklärt, Provinzen oder Kommunen seien Konzessionen verweigert worden, sondern Personen, die sich im Interesse von Provinzen oder Kommunen um Konzessionen beworben hätten, bemerkte der Handelsminister: 1 ; . Ich will nur sagen, daß die Komites Namens der Provinz und für das Wohl ihrer Provinz Privatbahnen bauen wollen, — das sagen die Komites alle.
Die Nr. 5 der „Annalen der Landwirthschaft in den Königlich Pireußischen Stgaten“ hat folgenden Inhalt: Praktische Erfolge genossenschaftlicher Meliorationen. (Aus dem Nach⸗ frage zu der im Ministerium für die landwirthschaftlichen Angelegen⸗ heiten im November 1867 gefertigten Denkschrift, betreffend die Ver⸗ wendung der Fonds für Landesmeliorntignen. (Fortsetzung) — Er⸗— werbungen des Königlichen landwirthschaftlichen Museums im JV. Quartal 1872. — Prüfungsftation für landwirthschaftliche Maschinen zu Halle a. S. (Pferdehacke von W. Siedersleben u. Cb. in Bernburg) —
Inwieweit sind die ländlichen Kreditgenofs enschaften geeignet, der Kreditnoth unter den mittleren und kleinen Land⸗ wirthen abzuhelfen, und welche. Organisation derselben hat
sich nach den bis jetzt vorliegenden Erfahrungen am meisten erprobt? == Aus dem Bureau des deutschen Landwirthschaftsrathes. — Lite⸗
keine Ursache, sie zu hindern; dann aber frage ich: Wieviel habt ihr gebraucht,
rede erwähnte der friedlichen Regelung der Argentinischen Frage
wieviel werdet ihr brauchen? Davon streiche ich herunter nach bestem Wissen
ratur: Besondere Beilage zum Deutschen Reichs Anzeiger, — Vereins- Versammlungen. — Markebericht, Viehpreise, Stärkepreise.