1873 / 14 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 16 Jan 1873 18:00:01 GMT) scan diff

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die Zeit von Mitte Februar bis 20. März zu bestimmen. Sie wird demnächst auch die Art des Transportes im Allgemeinen regeln. Im Einzelnen ist dies den Landeskommissionen über⸗ lassen: für Preußen hat das hiesige Speditionshaus Phaland Dietrich den Transport übernommen.

Der General-Lieutenant von Schulz, Inspecteur der 2. Ingenieur-⸗Inspektion, ist Allerhöchsten Orts mit Führung der Geschäfte der General⸗Inspektion des Ingenieur⸗Corps und der Festungen beauftragt worden.

Der französische Botschafter in St. Petersburg, General Leflö, ist heute früh hier eingetroffen und im Hotel Royal ab⸗ gestiegen.

Der vom J. bis 9. Oktober 1872 versammelt gewesene 48. Kommunal-Landtag der Altmark hat über seine Ver⸗ handlungen einen Bericht erstattet, dem wir Folgendes ent⸗ nehmen:

; Der zum 7. Oktober 1872 zusammenberufene Kommunal⸗ Landtag der Altmark erledigte die ihm vorliegenden Geschäfte in 4 Sitzungen.

Nach geschäftlichen Mittheilungen ging man zu den Berathun⸗ gen über und zeigte der Vorsitzende an, daß noch ein Antrag nach Erlaß des Konvokatorii eingegangen sei. Die Versamm⸗ lung erklärte sich zur Berathung und Beschlußfassung bereit. Dieser Antrag betraf den vor einiger Zeit zu Stendal gebil⸗ deten Verein für innere Mission in der Altmark, dessen Vorstand einen Zuschuß aus kommunalständischen Mitteln zur Gründung eines Rettungshauses zu Stendal für verwahrloste Kinder zu bewilligen beantragt. Der Landtag erkannte zwar den edlen Zweck an, war jedoch noch nicht in der Lage, sich zu erklären, ob und in wie fern dem Unternehmen eine Unterstützung zuzu⸗ wenden, da ein vollständiger Plan über den Bau, die erforder⸗ lichen Mittel, die Einrichtung und Organisation des neuen In⸗ stituts noch nicht vorliege.

Es ward nun zu den Gegenständen des Konvokatorii über⸗ gegangen und da die Wahlperiode des Vorsitzenden des Kom⸗ munal⸗Landtages und dessen Stellvertreters mit dem Jahre 1872 zu Ende geht, zur Neuwahl bis zum Schlusse des Jahres 1875 geschritten, und sind laut besonderen Protokolles der Landes⸗ Direktor von der Schulenburg⸗Probstei⸗Salzwedel zum Vorsitzen⸗ den und zu dessen Stellvertreter Deichhauptmann von Bismarck⸗ Briest von 33 Stimmenden ein Jeder mit 32 Stimmen wieder

ewählt. ] Leit in der vorigen Diät kam die Einrichtung einer Pro⸗ vinzial⸗Lebens⸗Versicherungs⸗Anstalt zur Sprache. Dem dies⸗ jährigen Altmärkischen Kommunal⸗-Landtage ward nun durch den Ober⸗Präsidenten der Provinz Sachsen die Angelegen⸗ heit, betreffend die Gründung einer ständischen Spar—⸗ und Lebens⸗Versicherungs⸗Anstalt für die Provinz Brandenburg, welche demselben von dem Ober⸗Präsidenten der Provinz Branden⸗ burg übersandt worden, zur Berathung und Beschlußnahme vorgelegt. Die Sache war bereits vom 17. und 18. Brandenbur⸗ gischen Provinzial⸗Landtage berathen. Die Kommission des 17. Provinzial⸗Landtages hat nämlich die Gründung der Anstalt unter standischer Garantie in Vorschlag gebracht. Die Kosten der ersten Einrichtung, sowie der Verwaltung sollten von den vier kommunalständischen Verbänden der Kurmark, Neumark, Niederlausitz und Altmark hergegeben und denselben später er⸗ stattet werden. Die Königliche Staatsregierung ist Diesem nicht beigetreten und hat entschieden, daß es den Kommunal⸗Landtagen überlassen bleiben müsse, ob und welche Beiträge sie bewilligen wollen. Der 18. Provinzial⸗Landtag hat beschlossen, zunächst die Kommunal⸗Landtage über ihre Bereitwilligkeit zur Bethei⸗ ligung zu hören. Der Kommunal⸗Landtag der Altmark hat nun beschlossen: ein Bedürfniß zu einer öffentlichen Provinzial⸗Spar⸗ und Lebensversicherungs⸗Anstalt nicht anzuerkennen und den Anschluß der Altmark an eine desfallsige Anstalt der Provinz Brandenburg abzulehnen.

In Betreff einer Spar⸗Anstalt sind bereits nicht allein in den Städten Salzwedel und Seehausen städtische Sparkassen, die auch von Landbewohnern benutzt werden, mit bedeutender Frequenz vorhanden, sondern auch noch in 11 anderen Ortschaften stän⸗ dische Sparkassen, und wenn noch irgendwo ein Bedürfniß sich ergiebt und das Nöthige zur Einrichtung zu beschaffen ist, so wird dem sofort Rechnung getragen. Hinsichts der Lebensver⸗ sicherung glaubte man, daß wer sein Leben zu versichern wünsche, anderweit hinreichende Gelegenheit dazu habe, indem viele, die größte Sicherheit gewährende Privat⸗Anstalten, vorhanden seien.

Dann ward der Versammlung der auch an den Landtag vorangegangene Aufruf des Kamites, betreffend Aufforderung zu Beiträgen zu einem zu errichtenden Nationaldenkmale auf dem Niederwald nachrichtlich mitgetheilt.

Posen, 15. Januar. Das 1. Westpreußische Grena— dier⸗Regiment Nr. 6 wird hier am 1. April d. J. sein 100jähriges Stiftungsfest feiern.

Bayern. München, 15. Januar. In dem Besinden des Kriegs⸗Ministers General⸗-Lieutenants Frhrn. von Pranckh ist soweit Besserung eingetreten, daß derselbe eine Ausfahrt machen konnte.

Sachsen. Dresden, 15. Januar. In den Paradesälen des Königlichen Residenzschlosses hat gestern Nachmittag große Königliche Tafel stattgefunden, zu welcher die Staats-Mi⸗ nister und der Minister des Königlichen Hauses, sowie die Direktorien und sämmtliche Mitglieder der beiden Ständekam— mern geladen waren.

Württemberg. Stutgart, 11. Januar. (Allg. Ztg.)

In der heutigen Sitzung der Zweiten Kamm er kam die An⸗ gelegenheit wegen der Stellung der Geistlichkeit in den Orts⸗ armenbehörden vollends zum Abschluß. Bisher wurde das Armenwesen nach Maßgabe des Verwaltungs⸗Edicts vom Stif⸗ tungsrathe besorgt, welcher aus dem Gemeinderath und noch besonders dazu gezogenen Bürgern, sowie aus der Geistlichkeit des Orts bestand. Den er führten der Geistliche und der Ortsvorstand gemeinschaftlich. Doch war der Geistliche der wirk⸗ liche Vorsitzende und erste Vorstand, der Deter cher der erste Votant. Die Armenpflege war eine freiwillige und wesentlich auf die Kirchen und milden Stiftungen bastrt. Durch die in den Forderungen und Verhältnissen der Zeit liegende Umbildung der Bürger- in eine Einwohner- und wirthschaftliche Gemeinde war dieses Verhältniß um so weniger mehr haltbar, als jetzt die Unterstützung der Bedürftigen nicht blos auf die Ortsburger, sondern auf alle, die auf Grund des Freizügigkeitsgesetzes und des Gesetzes über den Unterstützungswohnsitz ein Recht auf Unterstützung erworben haben, von der Gemeinde gereicht werden muß, somit keine freiwillige mehr ist. Der Schwerpunkt liegt jetzt also nicht mehr in den Stiftungen, sondern in der Gemeinde, und der Gemeinderath ist somit die Armenbehörde.

Das Ausführungsgesetz zum Unterstützungswohnsitzgesetz zieht jedoch die Hen g als stimmberechtigte Mitglieder zum Orts⸗ armenrath bei, wenn nun auch naturgemäß der Ortsvorstand den Vorsitz sührt. Was die seltherigen Stiftungen betrifft, so

verbleiben die Stiftungen zu rein kirchlichen Zwecken nakürlich

wie bisher dem Stiftungsrath unter dem Geistlichen zur Ver⸗ waltung. Hingegen sollen diejenigen Stiftungen, welche aus⸗ schließlich dem Zweck der öffentlichen Armenunterstützung gewid⸗ met sind, der Ortsarmenbehörde zur Verwaltung übergeben wer⸗ den. Die Kommission ist nun in ihrer ö mit der eben bezeichneten Stellung der Geistlichen in der Ortsarmenbehörde ein⸗ verstanden. Domkapitular von Dannecker beantragte aber, es bei dem bisherigen Bestande der Stiftungen unangetastet zu belassen, so daß also der Stiftungsrath unter dem Vorsitzenden des Geist⸗ lichen allein darüber zu verfügen hätte. Eventuell wenn die Stiftungen zur öffentlichen Armenpflege beigezogen werden soll⸗ ten, es dann 2. bei der bisherigen Verwaltung zu belassen und für die Unterstützungen nach Maßgabe des neuen Gesetzes nur weitere Ortseinwohner beizuziehen, für die Verwaltung ein⸗ zelner Zweige und Anstalten der Armenpflege eigene Kom⸗ missionen zu bilden und besondere Armenpfleger zu be⸗ stellen. Doch blieb er mit diesem Antrag in der Kommis⸗ sion allein, und erst heute in der Debatte in der Kammer ver⸗ einigte sich Prälat von Georgi, der vorher einen anders gefaßten, aber ähnlichen Antrag gestellt hatte, mit dem Danneckers. Oesterlen stellte den Antrag: die Geistlichen in die Ortsarmen⸗Behörde nur zuzulassen, wenn sie gewählt wer⸗ den. Hierfür erhielt er aber außer der seinigen in der Kom⸗ mission nur drei weitere Stimmen. Hölder beantragte: die Geistlichen zwar ohne Wahl zuzulassen, ihnen aber die Theil⸗ nahme an den Verhandlungen der Srtsarmenbehörde frei zu lassen; es sollte also das Recht, aber nicht die Pflicht ihrer Theilnahme ausgesprochen werden, wie der Regierungsentwurf will. In der Kommission waren hierfür außer Hölder nur zwei Stimmen, von Dannecker und von Georgii's Antrag wurde mit großer Mehrheit, der Oesterlens mit 66 gegen 18 abgelehnt, der Holders mit 50 gegen 34 und der der Kom⸗ mission mit 50 gegen 34 angenommen. Zu Anfang der Sitzung ward (wie schon gemeldet) der Staatsvertrag mit Bayern über den Bau der Üülm-⸗Heidenheimer Bahn mit allen abgegebenen 70 Stimmen angenommen und ebenso die von der Regierung beschlofsene Trace durch das Donauthal, wonach es in Bayern 2 Stationen. Elchingen und Thalfingen, giebt.

14. Januar. In der heutigen Sitzung der Kammer der Standesherren wurde der Minderheltsantrag in Betreff des Gesetzentwurfes A. (weitere Ausdehnung des Eisenbahn⸗ netzes), welcher auf Nichteingehen in die Berathung geht, mit 24 gegen 9 Stimmen abgelehnt und nach dem Mehrheitsantrag sofort auf die Berathung des Entwurfs eingetreten.

Hessen. Darmstadt, 13. Januar. Das gestern ausge— gegebene „Großherzogliche Regierungsblatt“ Nr. J enthält das Edikt, die Mitglieder des Staatsraths für 1873 betreffend. Folgende Personen werden durch den Großherzog als außer— ordentliche Mitglieder für das Jahr 1873 berufen: 1) der Prä⸗ sident des Ober⸗Konsistoriums, Geheimrath Kritzler, 9 der Präsident des Hofgerichts der Provinz Starkenburg Dr. Krug, 3) der Direktor des Qber⸗Appellations- und Kassationsgerichts, Geheim⸗ rath Dr. Müller, 4) der Geheimrath Schleiermacher, 5) der Direktor der Ober⸗Studiendirektion, Geheimrath von Willich, 6) der Geheimrath Fischer, I) der Ober⸗Appellations- und Kassations⸗ gerichtsrath Zentgraf, s der Ober⸗Appellations⸗ Und Kassations⸗ gerichtsrath Hr. Hallmwachs.

Mecklenburg⸗ Schwerin. Schwerin, 15. Januar. Der Staats⸗-Minister von Bülow, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister am Königlich preußischen Hofe, ist gestern hier eingetroffen.

Malchin, 12. Januar. In der heutigen Sitzung des Landtages wurden die Berathungen über Kap. III. (Verfas⸗ sungsreform) begonnen und kam auf Antrag des Kammerherrn von Oertzen⸗Kotelow folgender Beschlußentwurf zur Proposition: Man wolle darüber abstimmen, ob die neuesten in dem Prome—⸗ moria der Landtags⸗Kommissarien vom 7. d. M. enthaltenen Propositionen der hohen Regierungen abgelehnt werden sollen, oder ob weiter darüber deliberirt werden solle. Diejenigen, welche die erste Alternative wollen, haben auf ihre Stimmzettel das Wort „Ablehnung, diejenigen, welche das Zweite wollen, auf die ihrigen die Worte „weitere Deliberationꝰ zu schreiben. Die Landschaft erklärte vor Weiterem unter sich be— rathen zu. wollen. Hierauf gab nach längerer Be⸗ rathung die Landschaft, aller drei Kreise zu Protokoll:

Nachdem die hohen Regierungen es für angemessen gehalten haben, unter einstweiliger Aussetzung der Verhandlungen über die übrigen Theile der Verfassungsvorlage das Finanzkapitel zur gesonderten Ver⸗ handlung mit den Ständen zu bringen, um damit eine Verständigung über das Ganze der Verfassungs-Vorlagen vorzubereiten und nalh Möglichkeit zu fördern, so hat auch die Landschaft, welche die landes— väterlichen Absichten des Allerdurchlauchtigsten Großsherzogs zu keiner Zeit verkannt, hat und sich des hohen Werthes, welcher allerfeits auf eine Verständigung zwischen den hohen Regierungen und den Ständen zu legen ist, jederzeit bewußt gewesen, es für ihre Pflicht gehalten, unter Festhaltung der Vorgussetzung, daß über das Ganze der Ver— fassungsreform, also auch über eine entsprechende Aenderung der Lan— desvertretung, eine Verständigung erreicht werde, in die nerh d proponirten mündlichen Verhandlungen mit den Großherzoglichen Herren Landtags⸗Kommissarien einzugehen.

Nachdem nunmehr das über diese Verhandlungen geführte Diarium den Ständen zur Beschlußnahme vorgelegt ist, könne die Landschaft nur mit dem von der gesammten Kommissson in in dem Promemoria niedergelegten Bedenken gegen die in der Note der Großherzoglich Schwerinschen Kommissarien vom 7. d. Mts., vorgeschlagenen Grundsatze für die Ordnung des Fi⸗ nanzwesens ihr Einverständniß bekennen. Insbesondere vermöge sie zu der sub II. der Note proponirten Trennung des Renterei—⸗ Etats in einen Allerhöchst festzustellenden Etat und einen mit den Ständen zu vereinbarenden Etat sich schon um deswillen nicht zustimmig zu erklären, weil auch in dem letzteren ein we⸗ sentlicher Theil feiner Deckungsmittel, der aus dem ersteren zu übertragende Ueberschuß der einseitigen schließlichen Bestimmung der Regierung unter Anschluß des stäͤndischen Zustimmungs⸗ rechts unterstellt sei, und folgeweise in Konseguenz des Grund— satzes, daß die zu den Staatsbedürfnissen erforderlichen Deckungs⸗ mittel von den Ständen aufgebracht werden müssen, das ständische Steuerbewilligungsrecht seinem Effekte nach in ein rathsames Be⸗ denken bei Ausschreibung der Steuern verwandelt würde. Die Landschaft glaube vielmehr, auch jetzt noch, wie an den übrigen in dem Bericht der ständischen Kommission ad Kap. II. der Aller⸗ höchsten Landtags-Propositionen vom 9. Dezember v. J. Suh 14 hervorgehobenen Bedingungen und Voraussetzungen, so auch daran festhalten zu müssen, daß bei Ausscheidung eines Fürstlichen Hausguts tn Betreff des nach der Ausscheidung des⸗ selben verbleibenden Domanialvermögens volles Mitbeschließungs⸗

und Kontrolerecht, insbesondere bei Feststellung des Etats und bei Revision der Rechnung, den Ständen zuzugestehen sein wird.

Wegen vorgerückter Zeit wurde der Beschluß der Ritterschaft ausgesetzt und auf morgen ein ritterschaftliches Plenum an⸗ gesetzt.

13. Januar. Heute wurde von der Ritterschaft bezüg⸗ lich der gestern vorbehaltenen Erklärung der Ritterschaft über die neue Jinanzvorlage zu Protokoll gegeben:

„Nachdem die verehrliche Landschaft in der gestrigen Plenarsitzung bei Bergthung über das von dem Komite ad Cap. III. der beidersei⸗ tigen Allerhöchsten Landtags-Positionen vorgelegte Diarium und dessen Anlagen, die von den hohen Regierungen unterm 4. d. M. erlassenen Reskripte und von den Herren Kommissarien weiter dem Komite ge—⸗ machten Mittheilungen betreffend, erklärt hat, vor Weiterem unter sich berathen zu wollen und in Folge dessen auch eine Statdeserklärung zum Landtagsprotokoll abgegeben pt ist die Ritterschaft in die Noth⸗ wendigkeit versetzt worden, ebenfalls in eine Standesberathung einzu⸗ treten, und giebt als Ergebniß derselben die Erklärung dahin ab;:

Die Ritterschaft eignet sich zwar die in dem den Herren Land— tags⸗Kommissarien übergebenen Pꝛromemoria der Kommssion (Anlage B. des Digrii und in Nr. 10 desselben) angeregten Bedenken, besonders in Beihalt der in der Note der Herren Kommissarien vom 7. Dezem⸗ ber sub L, 1, 2, 3 enthaltenen Punkte, gegen einen zwiefachen Etat, wie ihn die Großherzoglich schwerinschen Kommissarien proponirt und herausgegeben haben, seiner Kensequenzen wegen an, theilt aber des— halb nicht das von der verehrlichen Landschaft in ihrer Standes-Er⸗ klärung ausgesprochene Verlangen nach einer ein vollständiges Budget⸗ recht involvirenden Theilnahme der Stände an der Finanzverwaltung, sondern beschränkt sich darauf, ihren in Grundlage des Majoritäts- votums der ritterschaftlichen Mitglieder der Kommission in der Land⸗ tags Versammlung vom 17. Dezember v. J gefaßten und zur Kennt⸗ niß der hohen Regierungen gebrachten Beschluͤssen zu inhäriren.

Hierauf beschloß die Ritter⸗ und Landschaft: Es seien dieser heutige Beschluß der Ritterschaft und die gestern von der Land⸗ schaft abgegebene Erklärung durch Vermittlung der Landmar⸗ schälle nunmehr den beiderseitigen Landtags⸗-Kommissarien mit⸗ zutheilen und dabei zu erklären, daß Stände hiernach und nach Maßgabe der früheren Beschlüsse die Antwort ad Cap. III. Suer. et Strel. abzugeben beabsichtigen.

14. Januar. In der heutigen Sitzung trat, nachdem von ritterschaftlicher Seite vielfach behauptet, daß die vorge⸗ schlagene Fassung gänzlich unverfänglich sei, und noch längere Zeit über die Fassung des Beschluß-Entwurfs debattirt war, der Kammerherr von Oertzen⸗Kotelow mit einigen anderen Mit⸗ gliedern von Ritter⸗ und Landschaft zusammen, und legten diese dem Plenum sodann den folgenden Beschluß⸗Entwurf vor:

„Nachdem von den Allerhoͤchst verordneten Schwerinschen Herren Landtags-Kommissarien auf die mitgetheilten Beschlüsse beider Stände aufs Neue Vorschläge zur Beseitigung der ständischen Bedenken vor⸗ gelegt worden sind, können Stände, welche die landesväterliche Absicht, eine Einigung ,, und. Ständen, zunächst über das Finanzkapitel, herbeizuführen, dankbarlichst anerkennen, darin nur eine erneuete i n n finden, auf das von allen Theilen r erwünschte Ziel einer Verständigung mit gleichem Eifer wie bisher hinzuarbeiten. Je ernstlicher aber Stände diese Aufgahe auffassen, um so dringender muß der Wunsch in ihnen rege sein, daß zur gründ⸗ lichen Würdigung und Prüfung der landesherrlichen Vorlage ihnen ausreichliche Zeit gewährt werde.

Ritter⸗ und Landschaft wolle daher, unter Bezugnahme auf die von Mitgliedern der Committe in der Konferenz mit den Allerhöchst verordneten Herren Landtags⸗Kommissarien am gestrigen Tage münd⸗ lich entwickelten und in der über die dabei gepflogenen Berathungen aufgenommenen Registratur wiedergegebenen Gründe, welche zur Förde⸗ rung einer Verständigung über die dritte Allerhöchste Landtags⸗-Propo⸗ sition die Aussetzung der Verhandlung wünschenswerth erscheinen lassen, an beide allerdurchlauchtigste Landesherren die unterthänigste Bitte richten, dem -⸗Tegenwärtigen Landtage seine Endschaft zu geben und die weitere Berathung der dritten Landtags-Proposition dem nächsten Land⸗ tage vorzubehalten, indem sie hierfür die Vermittelung der Allerhöchst verordneten Herren Landtags-Kommissarien in Anspruch zu nehmen sich erlauben. Die Herren Landmarschälle würden ersucht, diesen Beschluß sowie den auf die heute übergebene Note der Schwerinschen Herren Landtags⸗-Kommissarien gefaßten Beschluß zur Kenntniß der Herren Landtags⸗Kommissarien zu bringen.“

Dieser Beschluß⸗Entwurf wird zum Beschluß erhoben.

I5. Januar. (W. T. B.) Das Ansuchen der Stände um Aussetzung der Verfassungsverhandlungen ist durch den. Großherzog geneh migt worden.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 14. Januar. Ueber die Reise Sr. Königl. Hoheit des Erbgroßherzogs sind der „Weim. Itg.“ aus Kairo vom 4. Januar folgende Nachrich⸗ ten eingegangen: ; .

27. Dezemher, Se. Königl. Hoheit der Erbgroßherzog haben heute in Alt⸗Kairo, dem ehemaligen Fortat, die koptische St. Georgs kirche und die Moschee Amru hesichtigt und machten Nachmittags eine Spazierfahrt durch die Schubrah⸗Alleg. 238. Dezember. Se. Königl. Hoheit haben in Gesellschaft Sr. Hoheit des Erbprinzen von Meiningen und mit Gefolge das Dejeuner bei Sr. Königl. Hoheit dem Vize⸗Künige eingenommen und darnach das Kiosk zu Schubrah besucht. 29. Dezember. Die heutige Ausfahrt Sr. Königl. Hoheit nach Matarieh zur alten Sycomore, unter welcher Maria rait dem Jesuskinde geruht. haben soll, führte auch zur nahegelegenen Stätte des einstigen Heliopelis, dem alttestamentarischen On, wo einer der ältesten Obeliske von Aegypten steht. 360. Dezem⸗ ber. Se. Königl. Hoheit haben unter Führung des jüngeren Herrn Brugsch das ägyptische Museum zu Bulak. in Äugenschein genommen, darnach das Atelier des Photographen Schaefit und die in der Azhar—⸗ Moschee befindliche theologische Universität, sowie einige nach Zünften abgetheilte Komplexe von Bazaren besucht. 31. Dezember. Se. Königl. Hoheit geruhten heute nach dem Besuche eines Gestütes in Schubrah dem Unterrichte in einer grroßen militärisch⸗ polytechnischen Lehranstalt beizuwohnen, in welcher Se. Königl. Hoheit vom Pro⸗ tektor, dem Prinzen Hussein Pascha und vom Herrn Kultusminsster umhergeführt wurden. Abends empfingen Se. Königl. Hoheit zur Sylvesterfeier Se. Hoheit den Erbprinzen von Meiningen und die Herren des Konsulates. Das alte Jahr haben Se. Königl. . gesund und heiter beschlossen. 1. Januar 1873. Se. Königl. Hoheit begaben sich heute Morgen in die protestantische Kirche und ritten Nachmittags zu den vor den Thoren der Stadt gelegenen Mamelucken⸗ gräbern. Der Weg führte über einen kurzen Wüstenstrich zur Cita—⸗ delle, wo die Moschee Mehemed Ali's besichtigt und die Aus⸗ sicht auf die Stadt genossen wurde. 2. Januar. Se. Königl. Hoheit geruhten heute den Herrn Minster Scherif Pascha zu besuchen und dessen in arabischem Style erbauten Palast in seiner inneren Einrichtung kennen zu lernen. Nachmittags beobachtete Se. Königl. Hoheit den Gottesdienst der heulenden Derwische. Darauf wurde das Familiengrab Mehemed Alis und eine Grabmoschee der Mamelucken aufgesucht. 3. Januar. Se. Königl. Hoheit empfingen Morgens den Herrn Architekten FranzBey, um das am Nil geiegene Palais des VizeKönigs, Gezireh, unter der Führung des Baumeisters zu sehen. Der darauf folgende Besuch bei einem reichen Araber war insofern von hohem Interesse, als sämmtliche Räume zur eingehenden Besichtigung offen standen. Das Befinden Sr. Königl. Hoheit ist während der verflossenen Woche durchgehends gut e gn, Für Sonn⸗ tag, den 5. Januar, ist ein Ausflug nach Saggarah in Aussicht . von wo Se. Hoheit der Erbprinz von Meiningen Höchftihre Reise fortzusetzen gedenken.

Oldenburg, 11. Januar. Das Gesetzblatt veröffentlicht

ein Gesetz für das Großherzogthum vom 21. Dezember 1872, betreffend die Todeserklärung von Personen, welche an dem

in den Jahren 1870 und 1871 gegen Frankreich geführten Kriege Theil genommen haben.

Anhalt. Dessau, 14. Januar. (Spen. Ztg.) Der Landtag berieth in seiner gestrigen Sitzung den Hauptfinanzetat. Den Antrag der Kommission, die Erhebung von 9 Einheiten Ergänzungs⸗ steuer mit 10530 Thaler zu streichen, gab Anlaß zu heftigen Debatten. Dieser Antrag hatte die Annullirung des von der vorigen Kammer gefaßten Beschlusses zum Grunde, die Steuer auf die Dauer von 6 Jahren zu bewilligen. Staats⸗Minister p. Larisch erklärte, daß, wenn die Kammer den Kommissiong⸗ antrag annehme, er ein Mißtrauensvotum hierin erblicken müsse. Bei der Abstimmung fiel der Antrag mit 20 gegen 16 Stim— men. Bezüglich des Salzwerks Leopoldshall, welches im Etat einen Bruttogewinn von 1,675,900 Thlr. nachweist, beantragte die Kommission, die kaufmännische Leitung des Werkes baldigst in die Hände eines besonderen, mit freier Dispofitionsbefugniß ausgestatteten, . gebildeten Dirigenten zu legen. Die Staatsschuld hat sich um 9g48, 564 Thlr. vermindert und beträgt gegenwärtig noch 1,688,117 Thlr.

Bremen, 15. Januar. In der heutigen Sitzung der Bürgerschaft wurde zunächst die Nachbewilligung von 500 Nark für die Bureaukosten der Generalkasse genehmigt. Eine Anfrage Wulsteins, ob nicht noch ein Einziehungstermin für die Bremer Münzen angesetzt werde, um viele Bürger vor Schaden zu bewahren, ward von Fritze dahin beantwortet, daß darüber nichts bestimmt sei. Wulstein erklärte, er behalte sich einen Antrag vor. Bernhard theilte mit, daß ider Senat die Abhaltung eines neuen Termins abgelehnt habe. Der An⸗ trag des Senats guf Neupublikation des Deputationsgesetzes in Gemäßheit der stattgehabten Modifikationen wurde auf An⸗ trag Wullsteins in Rücksicht auf weitere in Folge der Ver faffungsrevisionsbergthung in Aussicht stehende Modifikationen an die Verfassungs -Revistons-Deputation verwiesen, welche zu⸗ gleich mit berathen soll, ob nicht vorzuschreiben sei, daß bei Lusverdingungen jede Deputation sich streng an den Wortlaut des Programms zu halten habe, und ferner, daß kein Mitglied der Finanz⸗Deputation Rechnungsführer einer anderen Depu— tation sein könne.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 15. Januar. Der Mini— sterial⸗Rath im Handel s⸗Ministerium Charwat ist zum Sektions— Chef, der Ministerial⸗Rath im ungarischen Landesfinanz⸗-Ministe⸗ rium von Madarassy zum Staatssekretär⸗-Stellvertreter er⸗ nannt worden.

Der Kaiser und die Kaiserin ertheilten, wie die „Oe⸗ sterreichische Korrespondenz“ erfährt, unmittelbar nach dem Ein⸗ treffen der Nachricht von dem Ableben Napoleons III. dem Bot⸗ schafter in London den Auftrag, der Kaiserin Eugenie ihre herz— lichste Theil nahme auszusprechen.

Die „Wiener Ztg.“ veröffentlicht die Uebersicht über den Personalbestand des diplomatischen Corps am K. Ki Hofe Ende Januar 1873. Nach derselben sind daselbst als Gesandte zur Zeit akkreditirt:

Baiern. Otto Graf von Bray Steinburg, außerordent— licher Gesandter und bevollmächtigter Minister.

Belgien. Vicomte de Jonghe d Ardoye, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister.

Braunschweig. Karl Freiherr von Thienen - Adlerflycht, herzoglicher Ministerresident.

Brastlien. Barnhagen Baron de Porto Seguro, außer⸗ ordentlicher Gesandter und beyollmächtigter Minister.

Dänemark. Christian Friedrich von Falbe, Gesandter in außerordentlicher Mission, Kämmerer, Hauptmann in der Kö— niglichen dänischen Armee.

Deutsches Reich. Lothar von Schweidnitz, Königlich preu— sischer General⸗Lieutenant, außerordentlicher und bevollmäch⸗ tigter Botschafter des deutschen Kaisers und Königs von

reußen. r i kreih Le Marquis de Banneville, Ambassadeur de la köpuhlique frangaise. Mr. Hory, Kanzler.

Griechenland. Fürst Ipsilanti, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister.

Großbritannien. Sir Andrew Buchanau, außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter. Mr. Goodenough, Oberst⸗ Lieutenant, Militärattachs. Johanniter-Orden: Graf Joseph Nittrowsky⸗Nemischl, General⸗Major, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister.

Italien. Karl Graf Robillant, General⸗Major, außerordent⸗ licher Gesandter und bevollmächtigter Minister. Georg Pozzolini, Oberst⸗LZieutenant, Militärattach (.

Kirchenstaat. Monseigneur Mariano Faleinelli⸗Antoniacei, Archevsque d'Athènes, Nonce Apostolique.

Mecklenburg (Schwerin und Strelitz). Karl Freiherr

ron Gamm, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter

Minister. Niederlande. Jakob Baron Heckeren van Bewerwaard, mßerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister. Nordamerikanische Vereinigte Staaten. Mr. John Jay,

Laußerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister.

Peru. Don Pedro José Calderon, außerordentlicher Ge—=

sandier und bevollmächtigker Minister.“

Portugal. Joao Coelho d'Almeida, außerordentlicher Ge⸗ sandter und bevollmächtigter Minister.

Rußland. Eügen von Nowikow, Geheimer Rath, außer⸗ adentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister. Baron Theodor von Tornauw, General⸗Lieutenant. Militärattachẽ.

Sachsen. Karl Gustav Adolf von Bose, geheimer Rath, e rer außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter

iister.

Schweden und Norwegen. Graf Eduard Piper, außer— ordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister.

Schweiz. von Tschudi, außerordentlicher Gesandter und beyollmãchtigter Minister.

Spanien. Don Eduardo Asquerino, außerordentlicher Ge⸗ sandter und bevollmächtigter Minister.

. Aarify Bey, außerordentlicher und bevollmächtigter hafter.

Württemberg. Kammerherr v. Baur⸗ Breitenfeld, außer⸗ ordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister.

Pesth, 14. Januar Das Abgeordnetenhaus nahm, nuchdem verschiedene Interpellationen angemeldet worden, den Hesezentwurf über die Verwendung ausgedienter Unteroffiziere . allen speziellen Theilen und den Gesetzentwurf über die Be⸗ ung des Pferdebedarfes zur Mobilistrungszeit im Allgemei⸗

an. .

? Schweiz. Bern, 15. Januar. Die Regierung des santon Wallis hat eine Anfrage des schweizerischen Bundes⸗ wathes in Betreff der projektirten Errichtung einer zweiten Spiel⸗

bank in Massongez dahin beantwortet, sie habe schon mehrmals

Gesuche bezüglich der Errichtung von Spielbanken abgewiesen; für Errichtung einer solchen in Massongez sei jedoch ein Gesuch gar nicht eingereicht worden.

Das von der Genfer Regierung beantragte neue ka⸗ enn Kultusgesetz lautet nach der „Frankf. Presse“ wörtlich:

1) Der Staat anerkennt und salarirt den katholischen Kultus nach folgenden Grundsätzen: 2) der Diözesanbischof, anerkannt durch den Staat, übt allein in den Grenzen der Gesetze das Recht der Jurisdiktion und der bischöflichen Verwaltung. Ohne Zustimmung der Regierung kann er keinen Generalvikar ernennen. Diese Zustim— mung kann zu jeder Zeit zurückgezogen werden. 3) Die katholischen Gemeinden des Kantons können niemals einen Theil einer Diszese gautmachen, welche nicht schweizerisches Gebiet umfaßt. In keinem Falle darf der Bischof seinen Sitz in Genf haben. Die Pfarrer und Vikare werden von den in den Wahllisten eingetragenen Bürgern ernannt. Sie können abberufen werden. 5) Kein geistlicher Würden träger darf die Funktionen eines Pfarrers oder Vikars verrichten. 6) Die Gesetze bestimmen Anzahl und Größe der Gemeinden, die Art der Wahl, und der Abberufung der Pfarrer und Vikare, den beim Amtsantritt zu leistenden Eid und die Organisation der zeitlichen Verwaltung des Kultus. Das Gefetz stellt auch die nothwendigen Sanktionen fest. 7) Jede katholische Gemeinde hat einen Kirchen— rath. Das Gesetz regelt alles hierauf Bezügliche. 8s Der Staats— rath übt das Recht des Placets, betreffend die Bullen, Breves, Re⸗ skripte. Dekrete und alle anderen vom heiligen Stuhle ausgehenden Akte, sowie betreffend die Verordnung der Hirtenbriefe und alle ande⸗ ren vom Diözesanbischof ausgehenden Akte. 9) Alle diesem Gesetze entgegengesetzten Bestimmungen sind aufgehoben.

16. Januar. W. T. B.) Die Regierung des Kan⸗ tons Genf hat dem Bundes rathe die Erklärung abgegeben, die Einmischung des heiligen Stuhles in die inneren Angele— genheiten Genfs erscheine ihr als ein Attentat auf die Unab— hängigkeit der Republik und Stillschweigen als die würdigste Antwort darauf; demnach würden alle Proteste des Nuntius einfach ad acta gelegt werden.

Belgien. Brüssel, 15. Januar. In der heutigen Sitzung der Repräsentantenkammer erklärte der Finanz⸗ Minister Malou in Betreff der verweigerten Genehmigung zur Cession der Luxemburger Eisenbahn, daß er die in Ausficht ge⸗ stellten Aufklärungen noch hinausschieben müsse, da die Ange⸗ legenheit durch die Verweigerung der Cessionsgenehmigung noch nicht beendigt sei; Anfang Februar werde er in der Lage sein, bestimmte Aufklärungen zu geben.

Großbritannien und Irland. Chislehurst, 15. Ja⸗ nuar. (W. T. B.) Die Leichenfeierlichkeiten begannen heute Vormittag um 11 Uhr, um welche Zeit der Leichenzug das Sterbehaus verließ. Gegen 111 Uhr kam derselbe bei der St. Marienkirche an. Die Haltung der Zuschauer, deren An⸗ zahl auf etwa 12,4009 geschätzt wird, war durchaus ruhig und angemessen; es haben keinerlei Kundgebungen stattgefunden.

Frankreich. Paris, 14. Januar. Gestern fand das zweite Diner bei dem Botschafter des Deutschen Reichs, Grafen von Arnim, statt. Demselben wohnten bei der Kriegs-Minister, der Minister des Innern, Kasimir Perier, die Botschafter von Oesterreich, Spanien, der Türkei und mehrere andere Mitglieder des diplomatischen Corps. r

Die „Corresp. Havas“ meldet: „Es wurde im Minister—⸗ rathe beschlossen, daß die Bezeichnung des Kaiserlichen Prinzen mit dem Namen Napoleon IV. als strafbar anzusehen sei. Die Delegirten der gemäßigten Linken haben gestern Schritte beim Minister des Innern gethan, um sich über die strengen Maßregeln gegen die radikale Presse zu beklagen, wäh⸗ rend man die Sprache der monarchischen Blätter duldet.“

Versailles, 15. Januar. (W. T. B) In der heutigen Sitzung der Nationalversammlung erinnerte Belcastel an die That— sachen, welche der Entlassung Bourgoings vorangegangen sind, und fragt, ob diese Thatsachen eine Verzichtleistung auf die Politik des Schutzes und der Achtung, die man dem Papste schuldig sei, zu bedeuten habe. Der Schutz, den Frankreich dem Vatikan angedeihen lasse, sei von großer Wichtigkeit für das Heil und die Befreiung der Welt. Der Justiz-Minister Dufaure erwiderte: Die den Offizieren des Kriegsschiffes „Orinoco“ ertheilten Instruktionen, betreffend die Beglückwün— schung des Königs von Italien, seien einfach eine Sache der Höflichkeit gewesen und schließen keineswegs ein Aufgeben der Beziehungen zum heiligen Stuhle ein; dies sei durch die Er⸗ nennung Corcelles bewiesen, der durch seine ebenso liberalen wie katholischen Gesinnungen jede Garantie biete. Das Pro⸗ tektorat über die französischen religiösen Institute in Rom werde eine der wichtigsten Sorgen sein, die Corcelles anvertraut seien. Frankreich ermuthige keineswegs eine dem heiligen Stuhle feindliche Politik. Der Minister wies schließlich auf die Schwie⸗ rigkeiten hin, die der französischen Regierung daraus erwachsen, daß sie genöthigt sei, zwei Repräsentanten in Rom zu haben und bitte die Versammlung, auf diese Schwierigkeiten Rücsicht zu nehmen. Chesnelong dankte dem Minister und bemerkte, er er erkenne diese Schwierigkeiten an, beschwöre aber die Regie⸗ rung, das Interesse Frankreichs nicht von dem des Katholizis⸗ mus zu trennen und in der Beschützung des Papstes, dessen Muth und Tugenden die ganze Welt bewundere, forzufahren. Der Zwischenfall ist hiermit erledigt.

Spanien. Madrid. 13. Januar.

Italien. Rom, 11. Januar. Die Kammer hat gestern ihre durch die Weihnachtsferien unterbrochenen Sitzungen wieder aufgenommen. Der Minister⸗Präsident Lanza widmete dem ver⸗ storbenen Kaiser Napoleon, der um Italien so große Verdienste sich erworben, einen kurzen, mit lebhaften Zeichen der Theil⸗ nahme begleiteten Nachruf; dann lehnte die Kammer in Aner⸗ kennung der Verdienste des betagten Herzogs von Sermoneta um die nationale Sache das Entlassungsgesuch desselben ab, ge⸗ währte ihm einen einmonatlichen Urlaub und ging darauf zur Generaldiskussion des Etats des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten über.

= Der Krie gs⸗Minister hat befohlen, daß sechs Hauptleute des Generalstabs von der topographischen Abtheilung im nãchsten Frühjahr jeder in einem anderen Theile Italiens die Straßen und Verbindungsmittel aller Art einer genaueren Untersuchung unterwerfen sollen.

15. Januar. (W. T. B.) Für Napoleon III, wurde hier heute eine Todtenfeier abgehalten, bei welcher der Kardinal Bonaparte, sowie die übrigen anwesenden Angehörigen der Fa⸗ milie Bonaparte, die Mitglieder der Aristokratie und beide Häuser des Parlaments und eine große Anzahl von Privatpersonen zu⸗ gegen waren.

15. Januar. (W. T. B.) In der he itigen Sitzung des Senats wurde eine Resolution Borromeo's, welche dahin geht, der Trau er um den Tod Napoleons offiziellen Ausdruck zu geben, mit Einstimmigkeit angenommen. Nach dem DOsser⸗ vatore romano“ verbietet sich eine Betheiligung der Katholiken an der Herstellung eines Denkmals für Rapoleon von selbst, da gerade er es gewesen, der den gegenwärtigen Stand der Ver⸗ . in Italien herbeigeführt habe. Der Papst empfing eute die gesammte Pfarrgeistlichkeit Roms, welche eine Adresse überreichte.

Türkei. Einem Telegramm aus Wien vom 15. d. M. zufolge ist dem Gesandten der Pforte in London von der türfi— schen Regierung telegraphisch die Weisung ertheilt, gegen die Times“ wegen der Veroffentlichung des angeblichen Circulars Khalil Paschas über die Unifikation der türkischen Staats— schuld einen Prozeß einzuleiten.

Amerika. Ein den „Daily News“ aus New⸗Vork zuge⸗ gangenes Telegramm vom 15. Januar bringt die Nachricht. daß die Halbinsel und Bucht von Samana gegen eine Jahres— rente von 150,000 Dollars auf 99 Jahre an eine amerikanische Gesellschaft verpachtet und daß der bezügliche Vertrag von dem Senate von St. Domingo ratifizirt worden ist.

Neichstags⸗Angelegenheiten.

Berlin. In der Erfatzwahl zumReichstage, die für den verstorbenen Grafen zu Dohng am 9. d. M. in dem Wahlkreise ben—⸗ Bunzlau stattfand, hat der Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Falk von 5529 abgegebenen gültigen Stimmen 5161 erhalten.

Vereinsthätigkeit.

Berlin. Der Kaiser⸗Wilhelm-Stiftung für die Angehö— rigen der Deutschen Reichs-Post verwaltung ift von dem Kom— missions⸗Rath Lichtenberg, Oranienstraße 173 hierselbst, zu Händen des Kaiserlichen General-Postamts die Summe von Einhundert Thalern als erste Rate eines sich alljährlich wiederholenden Betrages aus den Erträgnissen des von ihm geleiteten Kunst-Industrie⸗Vereins ‚Vater— land“ als Geschenk überwiesen worden.

Statistische Nachrichten.

Ueber den Schiffsverkehr im Hafen von Stettin während des Jahres 1872 theilen wir Folgendes mit: Die Zahl der eingelaufenen Seeschiffe belief sich auf 28582 Schiffe von 338,928 Last; es befanden sich darunter 1592 deutsche Schiffe, 551 großbritannische, 160 dänische, 188 norwegische, 141 schwedische, 164 holländische, 41 uu if he 13 französische. 1 amerikanisches und 1 ita— lienisches. Die Zahl der eingelaufenen Dampfschiffe betrug 1083 von 198,325 Last, mithin 37,5 der gesammten Schiffszahl und 58,5 der gefammten Lastenzahl. Ausgelaufen sind von Stettin 2911 See⸗ schiffe von 342,216 Last, darunter 1986 Dampfschiffe von 198,531 Last. Die Zahl der im Jahre 1872 Küsten- und Binnen⸗ fahrzeuge war 2311 von 38,885 Last, die der abgegangenen 2343 von 39,419 Last. Außerdem sind noch 6258 Kähne von 220,525 Last angekommen und 6284 von 220,935 Last abgegangen.

Um einen Ueberblick zu gewähren, in welchem Umfange der Schiffsverkehr Stettins zugenommen hat, geben wir über den Schiffs— eingang der letzten Jahre die nachfolgende vergleichende Zusammen—

2. Küsten⸗ und

stellung. Es gingen ein . t. 3. Kähne. Binnenfahrzeuge.

1. Seeschiffe.

1872 2882 von 338,928 L. 2311 von 35,‚385 L. 6258 von 220,525 2. 1871 2595 294,497, 1981 33,834, 6615 238,379 , 1370 1924 196,889, 1516 24,834, 5436 186,531 , 1369 2810 282,874, 1875 29,689, 6909 229,827, 1868 2847 244A 7ds3, 1874 29 557 701 231,397, 1367 2214 200,487, 1845 29701, 6633 210,549, 1366 2043 175,954, 1983 31,623, 6707 201,803, 1365 2078 182,543, 1990 32 M3, 6911 209,111, 1864 1259 109, 164, 2091 31,412, 6167 175,099, 1363 2342 211274, 2773 , 672. 7543 215951. 18623 1946 , 185,144, 3053 , 38518, 8230 , 232,710, Stellt man die Zahlen für 1862 und 1872 einander gegenüber, so zeigen dieselben bezüglich des Verkehrs der Küsten⸗ und Binnenfahr— zeuge, sowie der Kähne eine nur unerhebliche Abweichung, wogegen eine bedeutende Zunahme in dem Verkehr der Seeschiffe hervortritt, die nur in einzelnen Jahren, während deren kriegerische Ereignisse auf dem Seeschiffsverkehr störend einwirkten, nachgelassen hat. Im Ver— gleich zwischen 1562 und 1872 ergiebt sich für letzteres Jahr eine Zu— nahme der Gesammtzahl der eingelaufenen Seeschiffe um 936 oder 48,1 Prozent und der Lastenzahl um 153,784 oder 83,1 Prozent.

Kunst und Wissenschaft.

Dresden, 15. Januar. Der Könizl. sächsische Alter⸗ thumsverein hielt den 13. Januar unter dem Vorsitz des Prinzen Georg, Herzogs zu Sachsen, seine Monatssitzung. In Berathung gezogen wurde der Ankauf eines von Zittau angebotenen Altarbildes, doch mußte derselbe, weil das Gemälde in die für die Sammlungen des Vereins festgesetzte Zeitperiode nicht mehr gehört, abgelehnt wer— den. Nach Erledigung der Geschäftssachen hielt Kammerherr Freiherr 6'Byrn den angekündigten Vortrag; Lebensskizze des Königl. polnischen und Kurf. sächsischen Kabinetsministers Grafen Lagnasco. Dieser aus Italien nach Sachsen herübergekommene Edelmann nahm zuerst als Militär, dann als Diplomat und Staatsmann unter dem König August II., dem Starken, eine nicht unbedeutende, in manchen Ange— legenheiten einflußreiche Stellung ein, war als Gesandter in Italien und Wien bei verschiedenen Verhandlungen thätig und erhielt sich bis zuletzt die Gunst seines Königs, dem er vor Allem in den polnischen Verhältnissen gute Dienste leistete. . . ö.

Straßburg, 12. Januar. Am 1. Mai des verflossenen Jah⸗ res betheiligten sich eine Anzahl, deutscher Damen, an deren Spitze sich Ihre Königlichen Hoheiten die Großherzogin von Baden und die Fürstin von Hohenzollern befanden, an der Gründungsfeier der Uni⸗ versität Straßburg, indem sie derselben ein Gedenkbuch eine Chronik für alle die Universität betreffenden merkwürdigen Eæeignisse stifteten. Dasselbe ist in diesen Tagen von Caspar Scheurxen in Düsseldorf vollendet, hier angekommen und gestern durch die Da⸗ men des Komite's, Frau v. Hartmann Excellenz, Frau v. Ernsthau⸗ sen, Frau v. Sybel, Frau Sengempaldt und Frau Benguerel, dem itte und Prorektor der Universität, den Professoren Dr. de Bary und Dr. Bruch, überreicht worden. Das Buch, gleich prachtvoll durch äußere Ausstattung wie sinnig durch die künstlerische Behandlung der ersten Blätter, wird in der Universitäts-Bibliothek verwahrt werden.

London, 16 Januar. (W. TB) Nachrichten aus Zanzibar zufolge sind am 30. November v. T dort Briefe ans Unyanyem be eingegangen, nach welchen die von Stanley ausgerüstete Expedition bei Livingstone eingetroffen und dieser selbst schon am 18. r. v. J. wieder nach dem Innern aufgebrochen war. Von Livingstone selbst war

ine Meldung nicht eingegangen. 3 . Her Duld haue Duprs in Florenz hat sein Denkmal Sa⸗ vonarola's beendigt, das in einem der drei Zimmer aufgestellt wer⸗