Schlafsäle, zwei Kranken. und ein Badezimmer, außerdem die
nöthigen Küchen und Wirthschaftsräume und eine eigene Wasser⸗
leitung. Bei allen inneren Einrichtungen find die neuesten Er⸗ fahrungen benutzt und ist dabei vorzugsweise auf die Gesund 2 Zöglinge und auf Reinlichkeit bedacht genommen worden.
Zur Ausschmückung des Gartens wurde von in London lebenden Deutschen, zur Erinnerung an die Anwesenheit Ihrer Majestät der Kaiserin⸗Königin daselbst im Jahre 1872, ein großes schönes Zelt und eine Auswahl geschmackvoller Garten⸗ möbel der Anstalt geschenkt.
Die Gebäude, ursprünglich zur Aufnahme von 30 Zöglin⸗ gen eingerichtet, sind jetzt durch Neubauten so erweitert, daß nunmehr die statutarische Zahl von 50 Zöglingen aufgenommen werden kann.
Als Oberin der Stiftung wurde durch die Allerhöchste Protektorin Fräulein Louise Christiansen berufen.
Die feierliche Eröffnung der Stiftung sowie die Einweihung der Stiftskapelle fand der Allerhöchsten Bestimmung gemäß am 16. April 1872 statt. Ihre Kaiserliche und Königliche Majestät, Allerhöchstwelche für die Stiftung den über dem Thor der Kapelle angebrachten Wahlspruch:
Seid fröhlich in Hoffnung,
Geduldig in Trübsal,
Haltet an im Gebet gegeben hatte, wohnte dieser Feier bei; außerdem die Mitglie⸗ der des Kuratoriums, die Oberin, die Erzieherinnen, die in⸗ zwischen in die Stiftung aufgenommenen 7 Zöglinge, deren Väter im Kampfe für König und Vaterland den Heldentod er⸗ litten haben, und deren Mütter.
Die Zahl der Zöglinge hat sich im Laufe des Jahres nach und nach von 7 auf 29 gesteigert, von welchen 12 in ganzen, 4 in halben Freistellen und 135 als Pensionärinnen aufgenom⸗ men worden sind. Die Inhaberinnen von Freistellen sind sämmtlich Töchter von Offizieren, Militär⸗Geistlichen und Militãr⸗Aerzten, welche im Kriege gegen Frankreich gefallen oder in Folge der Strapazen des Krieges gestorben sind. Seit Ostern beläuft sich die Zahl der Zöglinge auf 41.
Der Unterricht ist anfänglich in einer Klasse, später in zwei Klassen ertheilt worden. Von Ostern ab ist in Folge der Ver⸗ mehrung der Zöglinge eine dritte Klasse errichtet worden.
Kurz vor dem Schluß des Schuljahres, am 29. März d. J. hat in Gegenwart Ihrer Majestät der Kaiserin⸗ Königin und Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin von Baden, wie eines ausgewählten Kreises von Herren und Damen ver⸗ schiedener Berufsklassen und Stände eine Prüfung der Zöglinge stattgefunden, welche nicht nur in wissenschaftlicher Beziehung befriedigt, sondern auch durch das unbefangene muntere Wesen und das gesunde Aussehen der Zöglinge die erfreuliche Wahr⸗ nehmung bestätigt hat, daß die Stiftung mit Umsicht und gün⸗ stigem Erfolg geleitet wird.
Seit der Eröffnung sind der Stiftung weitere bedeutende Zuwendungen gemacht worden, so daß die Einnahme sich bis zum 1. April d. J. auf 211,000 Thlr. beläuft, von der jedoch ein erheblicher Theil zur Bestreitung der Kosten der Bauten und der Einrichtungen wieder in Ausgabe kommt.
Diese reichen Unterstützungen aller Art machen es möglich, aus den eigenen Mitteln der Stiftung von jetzt ab 21 ganze und 3 halbe Freistellen für Töchter gefallener Offiziere, Militär⸗ Aerzte, Geistliche 2c. zu dotiren.
Die deutschen Geschichts- und Alterthums⸗Vereine. III. (Vergl. Bes. Beil. Nr. 39 vom 27. September.
Band 31 des „Oberbayerischen Archivs für vater⸗ ländische Geschichte“, herausgegeben vom historischen Verein von und für Oberbayern (340 S.) bringt 18 größere Aufsätze und Abhandlungen und 17 kleinere Mittheilungen, meistens zur bayeri⸗ schen Lokalgeschichte (. B. München zur Zeit der schwedischen Invasion im Jahre 1632; München zur Zeit der französischen Okkupation im Jahre 1800, von E. von Destouches). — Eine Ab⸗ handlung von Professor Dr. Martin handelt von den alten Gräbern in Oberbayern und dem bisherigen Gewinn ihrer Schädel⸗ funde für die Geschichte. Dieselben beweisen ebenso gut wie die historische Tradition — wie der Verfasser dies näher ausführt — daß die Allemannen, also Germanen, auf ihrem Zuge von der Nord⸗ und Ostsee nach dem Süden, auch nach Oberbayern sowie in die Gegenden diesseits und jenseits des Oberrheins gekommen sind und die dortigen Bewohner unterjocht, verdrängt und
allmählich daselbst sich seßhaft gemacht haben. — Ein Aufsatz von Dr. Riezler berichtet über eine geheime Gesellschaft, die am Hofe des Kurfürsten Max III. Joseph von Bayern durch die 21 jährige Prinzessin Maria Antonia von Bayern, Schwester des regieren⸗ den Kurfürsten, unter dem Namen „Gesellschaft der Inkas oder der Orden der Freundschaft“ꝰ zu München im Jahre 1745 ge⸗ gründet wurde.
Unter den übrigen Aufsätzen haben ein allgemeineres Interesse die zwar nur skizzenhaft gehaltenen, aber trefflichen Schilderungen der drei Maler Moritz von Schwind, Theodor Horschelt und Peter von Heß, die beiden ersteren von Ed. Ille, der letzte von Dr. Holland gezeichnet.
Das 1. Heft des 32. Bandes des Oberbayerischen Archivs enthält: 1) Aufzeichnungen des 11. und 12. Jahr⸗ . zur Geschichte des Hausengaues, mitgetheilt von Frei⸗ errn von Oefele; Y) archivalische Beiträge zur Geschichte Her⸗ zogs Ludwig des Bärtigen von Bayern⸗Ingolstadt und seiner Zeit (2. und letzter Theil, in denen auch hin und wieder die 1 Friedrich J. und Johann von Brandenburg, sowie Albrecht Achilles vorkommen, mitgetheilt von Dr. Chr. Häutle; 3) die 1. Abtheilung einer urkundlichen Geschichte von Flinsbach, im Bezirksamte Rosenheim, von Dr. Quitzmann.
Der historische Verein von und für Oberbayern hat zu München im Jahre 1871 unter dem Titel: „Die Samm⸗ lungen des historischen Vereins von und für Oberbayern; dritte Abtheilung: Münzen, Medaillen, Siegel, antiquarische Gegen⸗ stände; erstes Heft: Antike Münzen; — zweites Heft: Mittel⸗ alterliche und neuere Münzen, Medaillen und Siegel“ (148 S.) ien Verzeichniß der in seinem Besitz befindlichen antiken, mittel⸗ alterlichen und neueren Münzen, Medaillen und Siegel durch J. P. Beierlein veröffentlichen lassen. Unter denselben bezieht sich eine Menge von Münzen und Abgüssen in bronzirtem Me⸗
tall auf Deutsche Kaiser aus der Zeit von 10956 — 1792; viele
Münzen und Medaillen betreffen einzelne Personen und Städte des preußischen Staates.
Der historische Verein von Unterfranken und Aschaffenburg zu Würzburg hat vor Kurzem seinen Jahres⸗ Bericht für 1870 und 1871 erstattet. Demselben zufolge zählt der Verein zur Zeit 218 ordentliche und 52 Ehrenmitglieder, und versammelt sich in jedem Monat 1 Mal. — Derselbe giebt unter dem Titel „Archiv des historischen Vereins für Unter⸗ franken und AÄschaffenb urg“ zu Würzburg eine Zeitschrift heraus, von der jährlich ein Band in 3 Heften erscheint. Von diesem „Archiv“ sind bereits 21 Bände und in diesem Jahre das 1. Heft des 22. Bandes veröffentlicht worden. Die beiden
ersten Hefte enthalten u. A. einen Aufsatz von Professor Dr.
Sandberger über die im Sommer 1868 gemachten Entdeckungen im Würzburger Pfahlbau; Beiträge zur Geschichts⸗ und Sagen⸗ forschung im Frankenlande von Dr. Al. Kaufmann; einen Auf⸗ satz von Schellerers über die Stiftsmäßigkeit des gegenwärtig in Bayern, insbesondere im ehemaligen Hochstift Würzburg, imma⸗ trikulirten Adels; Beiträge zur Geschichte des Königs Konrad J. und seines Hauses von Dr. Fr. Stein; die Personal⸗Matrikel
des fränkischen Ritter⸗Kantons Rhön⸗Werra aus den Jahren
1666 — 1785. — Das 3. Heft enthält: das Stiftshauger Deka⸗ natsbuch von 1017 - 1774, sowie die Siegel der Fürstbischöfe von Wurzburg von 995 — 1617 und die Siegel der Städte im Regierungsbezirk Unterfranken und Aschaffenburg. — Das 1. Heft des 22. Bandes bringt u. A. einen Aufsatz von Dr. A. Schäffler über das Leben und die Schriften (die sogenannte hohe Registratur) des Würzburger Archivars Lor. Fries (f 1550); ferner Regesten zur Geschichte des jetzt bayerischen Frankens vom Sommer 833 an bis zum 13. Januar 888 von Dr. Fr. Stein. =
Der historische Verein für Mittelfranken zu Ans bach hat seinen 38. Jahresbericht (168 S.) amen ich Derselbe besteht aus 213 Mitgliedern und besitzt eine Bibliothek mit nicht unwichtigen Aktenstücken und Urkunden des verschieden⸗ sten Inhalts. Darunter befinden sich auch Korrespondenzfrag⸗ mente des Kurfürsten Albrecht Achilles von Brandenburg. — Der vorstehende Jahresbericht (über 1871 und 1872) enthält unter Andern folgende Abhandlungen: Hänle, Urkunden und Nachweise zur Geschichte von Heinrich Topler, Bürgermeister der freien Stadt Rothenburg c 1408). In den Mittheilungen aus verschiedenen alten Chroniken wird wiederholt des Burggrafen Friedrich VI. von Nürnberg, nachmaligen Kurfürsten Friedrich J. und seiner Beziehungen zu Rothenburg gedacht. — v. A. Merz, Volkssagen aus Rothenburg und Umgebung. — J. Baader, Nürnbergs Handel im Mittelalter — J. Baader, Nürnbergs Gewerbe im Mittelalter. — D. G. M. Thomas, Ueber einen Staatsbrief des Dogen Johann Mocenigo von Ve⸗ nedig an Kurfürst Albrecht von Brandenburg vom 22. Februar
1479. Die Republik Venedig hatte, nachdem sie 16 Jahre lang (1463 —- 1478) mit den Türken Krieg geführt, endlich am 26. Ja⸗ nuar 1479 auf ziemlich harte Bedingungen Frieden geschlossen. Es ließ sich nun der Doge angelegen sein, sich deshalb den an⸗ deren . gegenüber zu rechtfertigen. Aus diesem Grunde
ging auch bereits 4 Wochen nach Abschluß jenes Friedens und 8 Wochen vor Verkündigung desselben, ein Schreiben des Dogen an den Kurfürsten von Brandenburg Albrecht Achilles am 22. Februar 1479 von S. Macco aus, welches hier wörtlich mitgetheilt wird. Dieses Staatsschreiben bezeugt erstlich in her⸗ vorragender Weise das politische Ansehen, welches der Hohen⸗ zoller, als erster unter den Fürsten des Reiches, genoß, es hezeugt ferner auch den Bestand näherer und innigerer Beziehungen
zwischen Venedig und dem Brandenburger, welche namentlich
auch in den ungarischen und deutschen Verwickelungen ihren Hintergrund hatten. Dieser Brief erscheint der Zeit nach als einer der ersten bisher bekannten, welche aus der venezianischen Staatskanzlei in politischen Dingen nach Deutschland gerichtet wurden; in Handelsangelegenheiten reichen solche höher hinauf.
Der Verein für Münz⸗, Wappen⸗ und Siegel⸗ kunde in Dresden wurde im November 1867 von 16 Mit⸗ gliedern gegründet und besteht gegenwärtig aus 29 Mitgliedern. Derselbe vertheilte fich in die 3 Abtheilungen für Numismatik, Heraldik und Sphragistik. Als ganz besondere Aufgabe stellte sich der Verein, die Wappen und Siegel aller sächsischen Städte, aus alter wie neuer Zeit, zu sammeln und zu beschreiben und Beschreibung, wie Abbildung dazu, womöglich zu veröffentlichen. Außerdem beschloß er die Anlegung einer speziell sächfischen Adelswappensammlung. Während die heraldische Abtheilung durch diese Arbeit ausreichend beschäftigt wurde, machte es sich die numismatische zur Aufgabe, eine Geschichte der Meißnischen Münzstãtten seit dem Aufkommen des Freiburger Bergbaues zu bearbeiten. Das Ergebniß dieser verschiedenen Arbeiten sind die vom Vereine in 2 Heften (112 S.) seiner Mittheilungen“, die zu Dresden 1869 und 1872 erschienen, niedergelegten Auf⸗ sätze: Die Wappen und Siegel der Städte Sachsens, Thüringens und angrenzender Provinzen, denen 38 Städtewappen auf 3 photographirten Tafeln beigefügt sind. Die Städte sind alpha⸗ betisch geordnet; die letzte aufgeführte Stadt ist „Döbeln“. Von jeder Stadt wird eine kurze Geschichte gegeben und dann ihr Wappen beschrieben. Der zweite, gleichfalls noch nicht vollen⸗ dete, Auffatz gehört der Genealogie an; es ist dies ein ‚Versuch eines Nomenklator des sächsischen Adels“, ein alphabetisch ge⸗ ordnetes Verzeichniß des sächsischen Adels, das bis „Geilingen“ reicht und von einer bezüglichen Literatur eingeleitet wird. Die beiden letzten Aufsätze sind numismatischer Natur; der erste der⸗ selben handelt von den Münzstätten und Münzmeistern der Markgrafen von Meißen, der Kurfürsten und Könige von Sachsen; der zweite von der Ausprägung der Thaler im Kur⸗ staate und im Königreiche Sachsen von ihrem Aufkommen bis zur Gegenwart.
Der Verein für mecklenburgische Geschichte und Alterthumskunde hat durch seine Sekretäre Dr. Lisch und Dr. Beer den 37. Jahrgang seiner Jahrbücher und seines Zahresberichts zu Schwerin 1872 veröffentlicht. Die Jahr⸗ bücher des Vereins für mecklenburgische Geschichte und Alterthums kunde“ (264 S. mit 16 Steindrucktafeln und 15 Holzschnitten), herausgegeben vom Geh. Archiv⸗Rath Hr. Lisch, zerfallen in A. Jahrbücher für Geschichte und B. Jahr⸗ bücher für Alterthums kunde. Die ersteren enthalten namentlich: eine Abhandlung von Dr. Lisch über Wallensteins Kirchen⸗ und Schulregiment in Mecklenburg, welche wichtige Aufschlüsse über die bisher fast unbekannten Bestrebungen Wallensteins giebt, die katholische Religion wieder in Mecklenburg einzuführen. — Die beiden folgenden Abhandlungen des Archivraths Dr. Beyer grei⸗ fen dagegen in das Heidenthum zurück; die erste derselben über die Landwehren und die Grenzheiligthümer der Redarier“ ist zugleich eine Fortsetzung von Beyers fruͤherer Untersuchung über die wendischen Schwerine, und die zweite, über die Hauptgott⸗ heiten der westwendischen Völkerschaften“ enthält einen Exkurs über die in den bisher erforschten Heiligthümern verehrten Götter. Hieran schließen sich unmittelbar zwei nahverwandte Abhandlun⸗ gen des Staats⸗Ministers Freiherrn von Hammerstein über „echte wendische r e. und „den wendischen Gott Zuarasiei. — Die zweite Abtheilung „Jahrbücher für Alterthumskunde“ bringt eine Reihe von Aufsätzen über Steingräber und Römergräber in Mecklenburg und Dänemark, sowie über Funde römischer Alter⸗ thümer daselbst. .
An die „Jahrbücher“ schließen sich „Quartalberichte des Vereins für mecklenburgische Geschichte und Alterthumskunde in Schwerin“, vom 1. Oktober 1841 bis Juli 1872, vom Archip⸗ rath Dr. Beyer erstattet, an. Aus denselben ergiebt sich, daß
der genannte historische Verein 268 ordentliche, 175 korrespon⸗ dirende Mitglieder, 2 Ehrenmitglieder und 2 Protektoren zählt und reichhaltige Sammlungen an Büchern, Alterthümern und Münzen besitzt. Der Verein giebt, außer den Jahrbüchern für Geschichte und Alterthumskunde, auch ein mecklenburgisches Ur⸗ kundenbuch heraus, von dem im Mai 1872 der J. Band (655 S), 689 Urkunden aus den Jahren 1322 — 1328 enthaltend, erschie⸗ nen ist.
— Der Voigtländische alterthumgzforschende Verein in Hohenleuben (Reuß⸗Greiz) hat Mittheilun⸗ . aus seinem Archive nebst dem 41. 42. und 43. Jahres⸗
erichte veröffentlicht. Dieses Heft, im Auftrage des Direktoriums
vom Sekretär des Vereins, Pfarrer Ferd. Metzner, in 16. her⸗ ausgegeben, enthält, außer den 3 Jahresberichten und einem Verzelchnisse von allerhand, meist geographischen und historischen Schriften, folgende 3 Aufsätze: Nachklänge der altgermanischen Frühlings- und Sommerfeier, von Dr. A. E. Köhler; über die Ortsnamen des Voigtlands, von Dr. S. Dunger; die deutschen Pflanzennamen in ihrer Bedeutung für die Geschichts und Alterthumskunde, von Dr. Herm. Moses.
Um die uns zugegangenen Schriften der Geschichts- und Alterthumsvereine noch weiter für die deutsche Geschichte wissen⸗ schaftlich nutzbar zu machen, werden wir mit der hier bestehenden historischen Gesellschaft in Verbindung treten und derselben die erwähnten Schriften zur Disposttion stellen. Wir hoffen, daß auf diesem Wege die in den Publikationen der Vereine zer⸗ streuten werthvollen Spezialforschungen in den Vorträgen und der Zeitschrift der Gesellschaft eine zusammenfassende Würdigung finden, und so zur Bereicherung der Gesammtgeschichte des Deutschen Vaterlandes dienen werden.
Mit Bezug hierauf erlauben wir uns die Vorstände der Geschichts und Alterthumsvereine, welche mit uns noch nicht in Verbindung getreten sind, um baldige Zusendung ihrer neuesten Publikationen zu ersuchen.
Zur Geschichte der Schweizer Rei sen.
Von Reisenden sind Gebirgsländer um ihrer Naturschönheit willen schwerlich vor dem 18. Jahrhundert aufgesucht worden; aber auch in den Beschreibungen Derer, die genöthigt waren sie zu durchreisen, mird man vor dieser Zeit vielleicht nirgend Em— pfänglichkeit für die Schönheit der Gebirgsnatur finden.
Wie L. Friedländer in der kürzlich erschienenen monogra⸗ phischen Schrift „über die Entwickelung des Naturgefühls“ näher erörtert, scheint in den Reise⸗ und Länderbeschreibungen des 16. und 17. Jahrhunderts die Empfindung des Grausens die ein⸗ zige oder doch vorwaltende zu sein, die gegenüber der Majestät des Hochgebirges zum Ausdruck kommt. So fühlte Sebastian Münster sich „bis in die Knochen und das Herz erzittern“, als er auf dem Gemmipaß stand; in seiner Beschreibung der Schweiz bezeichnet er Thäler und angebaute Ebenen als „huͤbsch“ und „lustig“, hohe Berge und Felsen als „grausam“ und „r⸗ schröcklich?. Dieselbe Richtung des Naturgefühls zeigt sich in den Schilderungen des Ulmers Samuel Kiechel *), welcher auf sei⸗ nen großen Reisen (deren Hauptziel das heilige Land war), unter andern Preußen, Schweden und Polen besuchte, die Schweiz aber nicht berührte; die Rückreise aus der Levante machte auch er über Venedig und Tirol. Auch ihm war das Gebirge mit seiner Unwegsamkeit und Unwirthlichkeit der Gegen⸗ satz zu der „schönen Landschaft“.
Als im 16. Jahrhundert das Touristenthum entstand, war das Augenmerk der Reisenden weit mehr auf Erwerbung nütz⸗ licher Kenntnisse, als auf Genuß gerichtet; nur der erstere Zweck konnte Unternehmungen gerechtfertigt erscheinen lassen, die da⸗ mals so viel schwierlger, kostspieliger und gefahrvoller waren. Aus den Briefen des Justus Lipstus (1547 — 1606) geht hervor, daß in der zweiten Halfte des 16. Jahrhunderts Reisen als wefentliches Bildungsmittel für junge Männer besonders von Adel allgemein anerkannt waren; er schreibt 1578 aus Antwer⸗ pen an Philipp Lano9 in Donai, dessen Entschluß, nach Italien zu gehen, er höchlichst billigt: Sowohl im Alterthum als in un— ferer Zeit sind große Männer gewöhnlich auf Reisen gegangen.“
Bis ins 18. Jahrhundert war die eigentliche Gebirgswelt den gebildeten Völkern Europas im Großen und Ganzen offenbar so gut wie unbekannt, zunächst allerdings wegen ihrer Unzugäng⸗ lichkeit und Unwirthlichkeit, dann aher auch weil das Natur⸗ gefühl der Wenigen, die sie betraten, sich hier eher zurückgeschreckt als angezogen, ö hse flüchtig angeregt fand, folglich die Ge⸗
Bibliothek des Litt. Vereins in Stuttgart, Bd. 86.