1873 / 50 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 25 Feb 1873 18:00:01 GMT) scan diff

Meine Herren! Die Voraussetzung des Herrn Vorredner?, daß diese Frage bei der Entwerfung des Erbschaftsfteuergesetzes nicht be- ruücksichtigt, oder daß bei der Abfasfung der Motive zum Erbschafts⸗ steuergesetz von einer anderen Auffassung ausgegangen sei, als bei der Ihnen gemachten Vorlage wegen der Regulirung der staatsrechtlichen Stellung des Fürstlichen Hauses zu Sayn-Wittgenstein, trifft nicht zu. Es ist diese Frage allerdingsZs in Erörterung genommen, und sie ist genau in demselben Sinne aufgefaßt, wie in der letzterwãhnten Vor⸗ lage. Die Staatsregierung geht durchaus von der Voraussetzung aus, daß dies ein lediglich auf der Gesetzgebung des dandes beruhendes, und auch im Wege der Landesgeseßzgebung zu besei⸗ tigendes Privilegium ist. Sie subsumirt deshalb diese Be= freiung der standesherrlichen Häuser unter die Bestimmung des Tarifs unter die Befreiungen unter E, wo es heißt: Injoweit noch außerdem nach den bestehenden Bestimmungen snbjektive Befreiungen vom Erbschaftsstempel, beziehungsweise von der Erbschaftsabgabe be= stehen, welche nach den Landesgesetzen nur gegen Entschädigung aufge= hoben werden können, sollen sie fortbestehen. Insoweit alse auf den Landesgesetzen beruhende Befreiungen bestehen, welche o hne Entschädi- gung aufgehoben werden können, sind sie abgeschafft. Wenn diese Be⸗ stimmung, nämlich, daß sie ohne Entschädigung aufgehoben werden könne, bei der Befreiung der Standesherren zutrifft, so ist sie abge⸗ schafft. Deshalb hat die Staatsregierung es nicht für nothwendig er⸗ achtet, einen 3666 zu machen, und sie erachtet es für unzweckmäßig, dies gerade hier speziell erörtern und speziell entscheiden zu wollen, wie es das Amendement Roscher verlangt. Denn es handelt sich nach dem eben Bemerkten lediglich darum: können die Standesherren bei Arfhebung der Befreinng eine Entschädigung verlangen? Ist letzteres der Fall, so beabsichtigt die Regierung, die Befreiung fortbestehen zu lassen, und zwar aus nahe liegenden Gründen. Denn. meine Herren, Entschäd gung für diese Befreiungen vom Erbschafts⸗ stempel zu gewähren, würde eine außerordentlich jchwierige und für die Staatskasse sehr unvortheilhafte Sache sein. Es ist kaum abʒu⸗ sehen, wie man die Entschädigungen so berechnen sollte und könnte, daß fie ein adäquater Ausdruck des wirklichen Werths dieses Privi⸗ legiums wären. Ob aber die Standesherren eine Entschädigung ver⸗= langen können, darüber, meine Herren, kann doch in letzter Instan; nicht durch die Annahme oder Ablehnung eines Amendements entschieden werden, sondern darüber steht der Rechtsweg zu; darüber würde also schließlich von den Gerichten zu entscheiden sein. Näher darauf einzugehen, in welchen einzelnen Fällen die Regierung von der Annahme geleitet ist, daß ein Entschädigunganspruch begründet ist, und in welchen anderen Faͤllen sie die Berechtigung eines solchen Ent⸗ schädigungsanspruchs in Zweifel zieht und in Abrede zu stellen geneigt ist, das muß die Regierung unter allen Umständen für jetzt als nicht zweckmäßig bezeichnen. Die Regierung kann demnach nur, wünschen, daß Sie das Amendement, als einen durch die Sache wirklich nicht gebotenen Zusatz, ablehnen.

Die Diskussion über den Etat für den Evangelischen Ober-Kirchenrath hatte das Haus zu vertagen beschlossen, weil der Minister der geistlichen Angelegenheiten Dr. Falk nicht anwesend war. Als derselbe kurz darauf erschien, trat das Haus von diesem Beschlusse zurück, worauf der Minister erklärte:

Ich habe zunächst aufzuklären, warum ich nicht hier gewesen bin. Ich befand mich in einer Staats⸗-Ministerialsitzung, der beizuwohnen ich die dringendste Veranlassung hatte. Ich hatte für den Fall, daß die Etatsberathung sich bis zum Etat des Kultus-Ministeriums fert⸗ bewegt haben würde, die Weisung gegeben, mich rechtzeitig zu rufen. Es ist das nicht in rechter Weise geschehen, ich bin jetzt erst gerufen und bin augenblicklich erschienen

Der Abg. Dr. Müller (Berlin) sprach hierauf für den v. Sauckenschen Antrag, die Ausgabepositionen für den Evan⸗ gelischen Ober⸗Köirchenrath abzulehnen. Er „erinnerte“ hierbei daran, „wie bald der gelehrte und vortreffliche Nitzsch als Mit⸗ glied des Ober⸗Kirchenraths zur reinen Null geworden sei' und

ügte unter Gelächter des Hauses hinzu: „so verbraucht Berlin eine Leute. Hieran knüpfte der Staats⸗Minister Dr. Falk in seiner Erwiderung an:

Es mag, meine Herren! recht gewesen sein, daß Sie so herzhaft lachten, aber traurig ist es doch gewesen, daß es dazu hat kommen

müssen, ich mußte diesem Gefühle Ausdruck geben, wenn ich jetzt in der Angelegenheit das Wort ergreife, weil es mich ganz erfüllt.

Der Herr Abgeordnete, der eben gesprochen hat, hat den Antcag des Herrn Abg. Saucken⸗Tarputschen, wenn ich richtig unterrichtet bin, unterftützt, die im Etat sich befindende Summe für den Evangelischen Oberkirchenrath abzusetzen. Von meiner Seite aus kann ich nur das dringendste Verlangen stellen, diesem Antrage keine Folge geben zu wollen.

Es ist hingedeutet worden oder es muß so sein, ich schließe dies aus der Rede des Herrn Abgeordneten Müller auf eine inkon⸗ stitutionelle Stellung des Evangelischen Ober⸗Kirchenraths. Der Herr

Abgeordnete von Saucken wird das gewiß nicht in dem Sinne gethan

haben, wie es Seitens des Herrn Abgeordneten Müller geschehen ist, der, wenn ich ihn richtig verstanden habe, indirekt wenigstens den An⸗ spruch erhob, daß der Ober⸗Kirchenrath als solcher eine konstitutio⸗ nelle Behörde im engeren Sinne des Wortes sein solle. Ich vermuthe, es ist die geltend gemachte Auffassung dieselbe, die den Anträgen, die in den vergangenen Jahren wiederholt sich hier gezeigt haben, zu Grunde lag: die Erörterung der Frage, ob es gesetzmäßig ausgereicht habe, daß der höchste Bischof oder das vorzüglichste Glied der evangelischen Landeskirche den Evangelischen Ober⸗Kirchenrath einsetzte, um ihm zum Rechtsbestand zu verhelfen, und dieses Hohe Haus zu bestimmen , oder gar viel⸗ leicht zu nöthigen, diejenigen Summen zu bewilligen, die für den Ober⸗ Kirchenrath ausgeworfen worden sind. Es ist nicht mein Wille auch wenn ich in diesen Voraussetzungen mich nicht etwa irre vor⸗ zugehen auf derartige Erörterungen. Gestatten Sie mir, daß ich ein⸗ fach erinnere: alle Faktoren der Gesetzgebung, die gemeinsam wirkten zur Herstellung unserer Verféssungsurkunde, insbesondere zur Herstel⸗ lung der revidirten Verfassung, die gegenwärtig gilt, waren einig darin, daß die evangelische Kirche die Selbständigkeit noch nicht habe, die ihr der Art. 15 verheiße, weil ihr die Organe ermangelten, die für eine selbständige Vertretung geboten sind. Von diesem Standpunkte aus war man auch darüber einig miteinander, daß es Pflicht sei des kirchenherrlichen Regiments, dafür zu sorgen, daß die Evangelische Kirche zu diesen Organen gelange, um sich dann auch der Selhstän⸗ digkeit zu erfreuen. Es wurde von einem der Abgeordneten Herr Fubel für Halle bekanntermaßen damals der Antrag gestellt, dies ausdrücklich in der Verfassungsurkunde auszusprechen, und das Haus der Abgeord⸗ neten nahm diesen Antrag an, und wenn später auf denselben verzich⸗ tet worden ist, so ist und Sie können dies alles sehr ausführlich in dem so oft bezogenen Buche des Herrn von Rönne nachlesen der leitende Gedanke damals nicht der gewesen, daß diese Auffassung eine irrige sei, jondern man hielt, nachdem der Vertreter der Regie= rung sich ausgesprochen hatte, diesen Gedanken für einen ganz selbst⸗ verständlichen. Nun also ist zunächst Seitens des Landesherrn der einen Abtheilung des damaligen Kultus⸗Ministeriums eine jelbständige Stellung zugewiesen und ausgesprochen worden, daß diese Behörde kol⸗ legial, unabhängig von dem Minister, die Angelegenheiten der Kirche einstweilen führe. Die Funktionen sind demnächst dem ,, Ober⸗Kirchenrath übertragen worden, indem jene Ministerial⸗Abthei⸗ lung diesen Namen erhielt, und es wurde weiter dem Svangelischen Ober⸗Kirchenrath die Pflicht auferlegt, in Gemeinsamkeit mit dem Minister der geiftlichen Angelegenheiken die Verfassung der evangeli⸗ schen Kirche zu entwickeln, bis dahin aber die Angelegenheiten der Kirche, die inneren Angelegenheiten, um es kurz zu bezeichnen, wahr⸗ zunehmen. Ich kann nur sagen, daß diese Anordnung an und für sich eine ganz richtige war, ich spreche hier vom Grundsatz denn, meine Herren, es ist mir nicht zweifelhaft, daß eine Behörde, die zufammengesetzt ist aus Verständigen durch Erfahrung, also aus Praktikern in der Kirche, und aus Rechtslehrern, die der Kirche mit Eifer angehören, daß die im Ganzen und in abstracto für besser qualifizirt erachtet werden muß, eine Gern an zu entwerfen und zu entwickeln, als ein einzelner Mann, der eine

hauptsächlich politische Stellung einnimmt. Und, meine Herren, noch

mehr sage ich das von der zweiten Aufgabe, die dem Evan gelischen Ober⸗Kirchenrathe wurde, von der Aufgabe, inzwischen die Angelegenheiten der Kirche wahrzunehmen; sie sind so ernst, bedingen eine solche Kenntniß, ein so tiefes Eindringen, daß ich immer vorziehe, diese Instanz als die oberste einem Kollegium anzuvertrauen, als sie auf die Schultern eines einzelnen Mannes J legen. Ich bin Sie mögen sagen, so glücklich oder unglückich, diese oberste Instanz mit meiner Person für zwei große Gebiete vertreten zu müssen, fuͤr Hessen⸗Nassan und für Schles⸗ wig⸗Holstein und zwar auch in allen inneren Angelegenheiten. Sie werden daher annehmen können, daß ich weiß, was es heißt, heut zu Tage diese Aufgabe auf die Schultern eines solchen einzelnen Man⸗ nes zu legen, und ich kann Ihnen die Versicherung geben, ich werde froh sein, wenn ich diese Angelegenheiten auch für die genannten br. von meinen Schultern auf eine andere Instanz legen kann, auf eine wahrhaft kirchliche. Ich würde es für einen Rück= schritt halten, wenn man von einer bereits geschaffenen derartigen Instanz abgehen und wiederum auf den Zustand zurückkommen wollte, den man vorher hatte. Ich meine also, völlig richtig und völlig sach⸗ gemäß waren die Aufgaben des Ober⸗Kirchentaths ursprünglich gestellt. Nun vermag ich allerdings in keiner Weise zu verkennen, daß 22 Jahre eine lange Zeit sind, und daß es wohl am Platze gewesen wäre, auch die Möglichkeit bestanden hätte, in diesem langen Zeitraume die Auf⸗ gabe, die gestellt war, zu lösen; ich meine: das Zustande⸗ bringen der Verfassung der evangelischen Kirche. Indessen, meine Herren, ich bin dem Evangelischen Ober ⸗Kirchenrath doch das Zeugniß schuldig, daß er namenttiich das ganze erste Jahr⸗ zehnt noch elwas länger seiner Thätigkeit hindurch sich die größte und angestrengteste Mühe gegeben hat, seine Aufgabe zu lösen, und daß der Widerstand, der ihn zu diesem Ziele nicht kommen ließ, an einer andern Stelle lag. Ich bin ihm noch ein weiteres Aner— kenntniß schuldig, und darum blos handelt es sich im gegenwärtigen Augenblicke wohl, weil ich nur zu sprechen habe von der Zeit des letzten Jahres: ich bin ihm schuldig, anzuerkennen, daß es nicht, wie der Herr Abgeordnete, der vorher sprach, ausgeführt bat, so eine Redens⸗ art war und eine Zeitungsnachricht, daß der Evangelische Ober-Kirchen rath seine Aufgabe gelöst zu haben glaubte, als ich mein Amt antrat. Nein! Es ist eine unter Berücksichtigung der Erfahrungen der zuletzt abgehaltenen außerordentlichen Provinzial⸗Synode ausgearbeitete Kir⸗ chenverfassung allerdings noch meinem Amtsvorgänger in den letzten Tagen feiner Verwaltung vorgelegt worden. Diese Aufgabe habe ich vorgefunden. Meine Herren! Ez ist wohl im vergangenen Jahre, wenn mich nicht Alles täuscht, hier zum Ausdruck gekommen, daß man dem Antrage, die Ausgaben für den Ober⸗-Kirchenrath 7 streichen, keine Folge geben möge, um mir die, Möglichkeit zu verschaffen, mit der bestehenden Behörde des Ober⸗-Kirchenraths weiter zu arbeiten an der evangelischen Kirchenverfassung; es ist das wenigstens eine Ansicht, die, in weiten Kreisen verbreite, auf Grund der vorjährigen Ver= handlungen dieses . Hauses gewonnen worden ist. Wenn ich nun das vorjährige Votum, welches von dem Herrn Abg. Müller auch bekämpft wurde, das aber glücklicherweise gegen ihn ausgefallen ist, in diesem Sinne auffasse, dann bin ich zu der Frage berechtigt: habe ich denn in diesem Jahre Gelegenheit gehabt, die Angelegenheit weiter zu fördern, als sie in diesem Augenblick liegt? Und wenn Sie auf Grund dessen, was ich jetzt sagen werde, nur eine Spur von Ge— rechtigkeit üben, so werden Sie sagen müfsen, daß die Angelegenheit nicht weiter gefördert werden konnte, als sie gefördert ist. Sie wissen, meine Herren, und auch diesen Punkt hat der Herr Abg. Müller bereits angedeutet, daß sofort nach meinem Amtsantritt der Präsident des Evangelischen Ober⸗Kirchenraths erkrankte und einen langen Urlaub nahm. Der Präsident ist in dem Evangelischen Ober⸗Kirchenrath zwar nicht die bestimmende und maßgebende Kraft, denn es ist ja ein Kol⸗ legium, aber immerhin eine bedeutende und einflußreiche. Und wenn nun ein Interregnum eintritt und auf der anderen Seite Sie einen Minister sehen, der zunächst die Pflicht hat, neben nicht gerade leichten Aufgaben andererseits, dasjenige Material zu überwinden, das sich in Bezug auf die evangelische Kirchenverfassung in zwei Dezennien aufgespeichert hat, der dann die Verpflichtung hat, sich klar zu werden über das, was er für Recht hält und der dann auch findet, daß wohl da und dort die Ansichten vielleicht auch in nicht untergeordneten Punkten nicht zusammen⸗ fallen, wenn ein solcher Minister sich einem Interregnum gegenüber befindet, so werden Sie begreifen, daß er den dringenden Wunsch hat, erst das Definitivum zu sehen, ehe er vorgeht mit weiteren Erklärungen und Erörterungen. Nachdem nun im Juli vorigen Jahres die Vakanz wirklich eingetreten war, da ist es, angeregt vom Evangelischen Ober⸗Kirchenrathe, eine meiner wichtigsten Aufgaben gewesen, einen Mann zu sinden, von dem auch ich die Ueberzeugung hatte, daß er für diese Stelle der rechte Mann sei. Und, meine Herren, ich habe sehr gewissenhaft erwogen und mich nicht begnügt mit den Meinungen Anderer, ich habe mich bemüht, die Auffassungen des Man⸗ nes kennen zu lernen aus seinen gedruckten Worten und aus seiner mündlichen Rede; ich habe eingehend mit ihm verhan⸗ delt in langem Briefwechsel über die Gesichtspunkte, die bei Lösung der Aufgabe, die ihm in erster Linie gestellt ist, inne zu halten sei. Und nachdem seine Ansichten klar gestellt und zur Kenntniß der ernennenden Allerhöchsten Person gekommen waren und die Allerhöchste Billigung erfahren hatten, ist seine Ernennung erfolgt. Obwohl es nicht möglick war, seine bisherigen Verbindungen alsbald zu lösen, hat dieser Mann doch seit Anfang November vorigen Jahres die Aufgabe, die zu fördern ihm besonders übertragen war, die Entwicklung der evangelischen Kirchenverfassung, sich auf das Gewissenhafteste angelegen sein lassen und nach seinem Wort ist der Entwurf, der demnächst und in allerkürzester Frist der Erörterung unterlegt werden muß, fast gänzlich vollendet. Ich habe keine Ursache, an der Richtigkeit dieses Wortes zu zweifeln. ö

Ich sagte vorher, ich habe mich bemüht, einen Mann zu finden, von dem ich überzeugt war, daß er für diesen Platz der rechte sei. Der Herr Abgeordnete Müller meint nun, es sei doch eine recht üble Sache, daß ich dabei mich auf die Grenzen Preußens nicht beschränkt habe. Ich bin eigentlich erfreut gewesen, dieses Wort aus so einem Munde zu hören, denn ich kann ihm versichern, ganz dasselbe Wort kann er lesen in derjenigen Zeitung, die den Auffassungen, denen er auf kirchlichem Gebiete huldigt, schnur⸗ stracks entgegensteht; ich kann es kurz sagen: in der Kreuzzeitung ist derselbe Vorwurf auch erhoben worden. Ich meine, der Herr Abg. Müller kann sich nicht darüber beklagen, daß die evangelische Kirche nicht als mit den Grenzen des Landes aufhörend angesehen worden ist; die evangelische Kirche ist nicht blos eine territoriale, wenn sie sich auch in vielen Beziehungen territorial ausgestaltet hat und sich nicht anders ausgestalten konnte. Bei seiner Auffassung ist mir ich wiederhole es dieser Vorwurf völlig unbegreiflich. Mich hat dabei vor allen Dingen die außerordentliche Sachkenntniß auf dem Gebiete, um welches es sich hier vorzugsweise handelt, die Vergangenheit des Er⸗ nannten in diesen Kirchen⸗Verfassungsfragen geleitet; es ist eine Ver—⸗ gangenheit, die auch, da die Lebensbedingungen der evangelischen Kirche als solche im Wesentlichen gleich sind, wie ich hoffe, Preußen aus⸗ reichend zu Gute kommen wird.

Nun, meine Herren, so weit ist die Sache gefördert worden, und dieselben Männer, die im vergangenen Jahre aus dem Gedanken heraus, daß dem neuen . gelassen werden möchte, die Sache zu entwickeln, die Ausgaben für den Ober⸗Kirchenrath be⸗ willigten, ich glaube, dieselben Männer sind bei jolcher Sachlage, nachdem das, was ich dargelegt habe, geschehen ist, gebunden, ihr Votum in derselben Richtung zu geben, wie sie es im vergangenen Jahre gegeben haben, und nicht in einer durch Nichts motivirten ich werde darauf noch zurückkommen anderen Richtuna.

Meine Herren! bedenken Sie und das muß ich jedem Evan⸗ gelijchen in diesem Haufe ans Herz legen bedenken Sie auch, in welchen Verhältniffen sich die evangelische Kirche jetzt befindet. Der Herr Abg. Müller hat darauf hingewiesen und gemeint, es könne bald dahin kommen, daß an Stelle der evangelischen Landes tirche eine große Lücke trete Nun, meine Herren, mag Ihr Votum ausfallen, wie es wolle, ich habe ein besseres Vertrauen zur evangelischen Landeskirche, als daß

plötzlich eine reine Lücke an ihre Stelle tritt; aber eine Wahrheit liegt doch in dem, was der Hert Abg. Müller gesagt hat. Die ties⸗ gehende kirchliche Bewegung der Gegenwart hat auch die evangelische Kirche ergriffen. Ich möchte wohl fragen, wer das leugnet, Und in einem solchen Augenblick verlangt ein evangelischer Geistlicher, daß noch ein Moment hervorgerufen werde, welches geeignet ist, die Ver= wirrung, die vorhanden ist, zu steigern. Ja, meine Herren! Ich weiß sehr gut, daß der Herr Abg. Müller aus voller Ueberzeugung spricht, aber Sie werden es mir auch gestatten, das als meine volle Ueber- ken n auszujprechen, und zwar meine volle Ueberzeugung als evangelischer Christ, daß ich das nicht begreife.

Meine Herren! Der Herr Abgeordnete Dr. Müller hat aber einen Grund hervorgehoben, der allerdings dahin führen könnte, ein Votum wie das seinige zu rechtfertigen. Er erklärt den Qber⸗Kirchenrath für staatsgefährlich; ich denke, so war das Wort, der Sinn war es gewiß.

Nun, meine Herren, sehen wir uns doch einmal die Beweise an. Also weil in einer Petition, über die dieses a Haus ja wohl schon zur Tagesordnung übergegangen ist, hervorgehoben war, daß eine krän⸗ kende Auslassung in der Abkündigung bestanden hat, soll der Ober⸗ Kirchenrath staatsgefährlich sein! Meine Herren! Das wird in einem Augenblick ausgesprochen, wo eine große, tiefgreifende, allgemeine Re⸗ gelung der einschlägigen . durch einen vielbekämpften, in diesem 8. noch weiter zu behandelnden Gesetzentwurf stattfinden soll. Der

ber⸗Kirchenrath soll wegen einer nicht völlig motivirten Verweige⸗ rung einer Trauung staatsgefährlich sein! Nun, meine Herren, über die Weigerung kann man ja verschiedener Meinung sein; aber wie daraus eine solche Behauptung eso ßen werden kann, vermag ich wiederum nicht zu verstehen. Es soll aber weiter . die der Ober⸗Kirchenrath eingenommen hat gegenüber den Gesetzes⸗ vorlagen in Bezug auf welche ich ja dankbar bin, daß der Herr Abgeordnete der Staatsregierung seine Unterstützung eben⸗ falls gewährt jenes Urtheil rechtfertigen. Zunächst die Hal⸗ tung des Ober⸗Kirchenraths dem Schulaussichtsgesetze gegen⸗ über, nun, meine Herren, ich versichere Sie, der Ober⸗Kir⸗ chenrath hat deshalb zwei Beschwerden geführt: die eine so oft zu hörende, er sei bei dieser ibn interessirenden Frage nicht gehört, und die zweite, es sei nicht , , die evangelischen Geistlichen und die Geistlichen überhaupt gegen ihren Willen zu zwingen, die Schul⸗ aufsicht zu übernehmen. Nun, meine Herren! Das ist ja auch ein Gravamen gewesen, welches dieses Hohe Haus für vollkommen ge⸗ rechtfertigt gehalten hat, und in welchem Sie mit mir dem Ober- Kirchenrath beigetreten sind. .

Nicht anders liegt es bei der gegenwärtigen Vorlage. Wenn Sie die Bemerkungen des Ober⸗Kirchenraths mögen Sie sie sachlich auffafsfen, wie Sie wollen betrachten und das Resultat Ihrer Kommissions⸗-Bergthung, dann finden Sie, daß die meisten der Vorschläge Berücksichtigung gefunden haben bei. Ihrer eigenen Kommission. Das, meine Herren, sind doch keine Beweise für Staatsgefährlichkeit. Ich kann in der That nicht glauben, daß die Ausführung des Herrn Abgeordneten Müller im Stande ist, die Auffassung des Hohen Hauses in dieser Richtung zu leiten. Es ist dasjenige, womit er beweisen wollte, wie ich glaube dargethan zu haben, als unrichtig zu betrachten.

Der Herr Abgeordnete hat mir nun nicht gesagt, was denn

eigentlich werden würde, wenn seinem Antrage Folge gegeben würde, und ein solcher Gesichtspunkt muß doch auch ins Auge gefaßt werden. Ich bin aus den schon vorher angegebenen Gründen nicht in der Lage gewesen, dasjenige zu hören, was in dieser Richtung der Herr . geordnete von Saucken entwickelt hat.

Wenn ich mir aus früherer Zeit die Ausführungen derjenigen Herren ins Gedächtniß zurückzurufen suche, welche den jetzt gestellten Antrag ebenfalls vertreten, so wurde gesagt, dann solle der Ober⸗Kir⸗ chenrath fort, und die ganze Sache falle wiederum auf den Kultus⸗ Minister. Nun, meine Herren, ich habe bereits grundsätzlich angedeutet, daß ich das Letztere fur ein Glück nicht halten würde; ich würde glauben, wenn wirklich dieses Resultat einträte, es sei Pflicht nicht meiner Person, sondern jedes Kultus-Ministers sich wiederum zu be⸗ mühen, eine kollegialische Behörde zu schaffen, auf die in dem pro⸗ visorischen Zustande, der von Neuem eintreten würde, die An⸗ gelegenheiten wiederum hinüberzuführen wären. Aber, meine Herren, ist es dem wirklich wahr und ich möchte bitten, daß die Herren An⸗ tragsteller sich doch auch vergegenwärtigen möchten, ob das Ergebniß in der That ihren Intentionen entspricht, ich spreche jetzt aus ihrer Seele heraus ist es wirklich wahr, daß durch diesen Strich der Ober⸗Kirchenrath wegfällt? ist es denn zweifellos, daß mit der Ent⸗ ziehung der Mittel die Behörde sofort ihre Thätigkeit einstellen muß? die Männer, die von dem höchsten Bischofe ich will den Ausdruck einmal gebrauchen berufen sind, dieses Mandat ohne Weiteres für er⸗ ledigt erachten werden? und weiter, meine Herren, daß man im Lande diese Erledigung so ohne Weiteres als eingetreten ansehen würde? Ich bin, so weit ich sehen kann, ausreichend unterrichtet, wenn ich diese Frage wiederum verneine. Und wenn dann dem so ist und wenn dann der Ober-⸗Kirchenrath eine noch selbständigere Position gewonnen hat, indem er nicht mehr abhängig ist von den Mitteln, die das Hohe Haus zu bewilligen hat, werden Sie die Intention, die Sie bei der Streichung haben, dann wirklich weiter mit Erfolg verfolgen können? Meine Herren! Ich muß auch hier wiederum sagen: Nein! .

Meine Herren! Ich habe auch noch eins hervorzuheben. Es ist meine juristische Ueberzeugung, daß, wie es in anderen Fällen, zS.: B. mit den ge⸗ strichenen 500 Thlr. für die Heidenmission gegangn ist, sämmtliche Mit⸗ glieder des Ober⸗Kirchenraths im Rechtswege dasjenige erstreiten würden, was Sie ihnen weggestrichen haben. Wenn das so ist, so glaube ich, meine Herren, daß ich in der That nicht Unrecht habe, von Neuem zu behaupten: Sie erreichen Ihr Ziel nicht, im Gegentheil, Sie för⸗ dern nur die Verwirrung. ;

Ich kann nicht wünschen, daß die schweren Zustände unserer evan⸗ gelischen Kirche durch ein solches Votum noch schwerer gemacht wer⸗ den, und darum bitte ich Sie dringendst und wiederholentlich, ver⸗ werfen Sie den Antrag des Herrn Abgeordneten v. Saucken.

Der dem Herrenhause vorgelegte Entwurf eines Ge⸗ setzes, betreffend die Aufhebung der Erterritoria⸗ lität der Garnison zu Mainz lautet: ö

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2. verordnen unter Zustimmung der beiden Häuser des Landtages Unserer Monarchie, was folgt:

Einziger Artikel. .

Die Bestimmungen der Ordre vom 19. Juli 1834 (Gesetz⸗ Sammlung Seite 132) und des Artikels VIII. Absatz J des Gesetzes vom 26. April 1851 (Gejetz Sammlung Seite 181) treten, insoweit sich dieselben auf die zur Garuison in Mainz gehörigen oder ihr zu⸗ gerechneten Personen beziehen, mit dem 1. April 1873 außer Kraft. Die genannten Personen stehen fortan, soweit nicht der Militär⸗ gerichtsstand eintritt, unter der Gerichtsbarkeit der Großherzoglich hessischen Gerichte. . 3

Die Bearbeitung der in dem bisherigen Gerichtsstande eingelei⸗ teten, am 1. April 1873 anhängigen Vormundschaften verbleibt dem Kreisgerichte zu Wesel. Sie kann jedech von demselben den Gerichten des Wohnorts der Bevormundeten überlassen werden.

Motive.

Die Allerhöchste Ordre vom 19. Juli 1834 (Gesetz⸗Sammlung Seite 132) bestimmt:: ̃

Auf Ihren gemeinschaftlichen Bericht vom 30. Juni über den Gerichtsstand der zu den Garnisonen in den beiden Dunes him en Mainz und Luxemburg gehörigen diesseitigen Militärpersonen und Be⸗ amten und ihrer Angehörigen, sowie über die auf deren Rechtsangele⸗ genheiten zur Anwendung kommenden Gesetze, setze Ich, mit Bestäti⸗ gung der sich hierauf beziehenden Verfügungen des Militär⸗ partements vom 26. Juni und 25. September 1816 Folgendes fest:

I) Die zu den Garnisonen der Bundesfestungen Mainz und Luxemburg gehörigen diesseitigen Militärpersonen und Beamten, die sich daselbst mit Meiner Erlaubniß aufhaltenden, auf Inaktivitäte- gehalt oder Pension stehenden Offtziere, Letztere, so lange sie in Kriminal oder Injurienfachen den Militärgerichtsstand behalten, deren Ehefrauen,

Justiz⸗De⸗

Kinder, Angehörigen, welche als zu ihrem Hausstande gehörig zu hetrachlen und Dienstboten mit ihren Ehefrauen und Kindern inso⸗ fern diese Angehörigen und Dienstboten preußische Unterthanen sind, endlich die Wittwen und geschiedenen Ehefrauen, so lange sich die⸗ selben nach dem Tode ihrer Chegatten oder nach rechtskräftig erfolgter Scheidung zum Zwecke der Regulirung ihrer Angelegenheiten und bis diese erfolgt ist, als worüber im Zweifel die Gouvernementsge⸗ richte zu entscheiden haben, in den Bundesf stungen aufhalten; stehen in allen ihren civilrechtlichen Verhältnissen unter der Gerichtsbarkeit Neiner dortigen Gouvernementsgerichte, welchen in allen Angelegen⸗ heiten der streitigen und freiwilligen Gerichtsbarkeit die Jurisdiktion übertragen worden ist, und welche sich hierbei lediglich nach den Vor— schriften des Allgemeinen Landrechts und der Allgemeinen Gerichts— Ordnung und den dazu ergangenen späteren gejetzlichen Vestimmungen zu achten haben. Ebenso wird in allen Angelegenheiten, wo es auf Untersuchung und Bestrafung ankommt, von den Gouvernementsgerich⸗ ten nicht nur die Untersuchung geführt, sondern auch nach dem 5. 18 der Kriminal⸗-Ordnung und der Verordnung vom 11. März 1818 in allen Fällen, in welchen die Strafe nur 50 Thlr. oder vierwöchent⸗ liches Gefängniß beträgt, gegen diejenigen Individuen, welche nicht schon nach allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen in Untersuchungs— sachen der Militärgerichtsbarkeit unterworfen sind, erkannt.

2) Das Ober⸗Landesgericht in Hamm wird fortfahren, in denen hierdurch den Gouvernementsgerichten delegirten Sachen die Aufsicht über die Gouvernementsgerichte zu führen, und in den Prozessen, worin dieselben erkannt haben, sofern es die Gesetze überhaupt ver— statten, in zweiter Instanz zu erkennen.

Es ist berechtigt, wenn der Auditeur des Gouvernementsgerichts

bei einer gerichtlichen Angelegenheit persönlich betheiligt ist, oder re⸗ kufirt wird, und wenn es sich von einem Gehaltsabzugs-Verfahren, bei dem mehrere Gläubiger konkurriren, handelt, diese Sache an sich zu ziehen, und darin, sowie in dem am Schlusse der vorigen Para⸗ graphen gedachten Falle in erster Instanz selbst zu erkennen. Von diesen Erkenntnissen erster Instanz ist der Instanzenzug derselbe, wie von allen übrigen Erkenntnissen erster Instanz des gedachten Ober— Landesgerichts. Y). Bei Aufnahme der gerichtlichen Erklärungen und Verträge joll in Mainz der bei der Inspektion der Besatzung angestellte Auditeur und in Luxemburg der Aktuar den Auditeur des Gouvernementsgerichts in Verhinderungsfällen vertreten, bei Testaments⸗Aufnahme aber sollen im Nothfalle die 55§. 194 und 200 des Tit. WMI Theil 1 des All— gemeinen Landrechts in Anwendung kommen.

Diese. Vorschrift findet auch auf frühere Handlungen Anwen- dung; es sollen dieselben gültig sein, wenn deren Aufnahme durch die hier genannten Personen und unter Beobachtung der in den bezogenen Gesetzstellen ertheilten Anweisung erfolgt ist. 5. 17 der Einleitun zum Allgemeinen Landrecht. Die Verhandlungen sind übrigens . erfolgter Aufnahme an bas Ober⸗Landesgericht zu Hamm zu senden, um dem Befunde nach die weitere gesetzliche Verfügung zu treffen.

P Es wird nachgegeben, daß die im ersten Paragraphen genannten Personen mit den Einwohnern gedachter Städte und fremden Unter thanen, soweit es gültigerweise geschehen kann, mündlich unter Pri— vatunterschrift, oder vor einem dortigen Notar Verträge abschließen können, und wird in diesen Fällen die Gültigkeit derselben, hinsicht— lich ihrer Form, in Gemäßheit des 5§. 111. Tit. V. Th. J. des Allge⸗ meinen Landrechts auch von den diesseitigen Gerichten nach den dor— tigen Landesgesetzen beurtheilt.

5) Die Einwirkung der Gouvernementsgerichte auf die Nachlaß— Regulirungen und auf das Vormundschaftswesen beschränkt sich auf die ur Sicherstellung, Inventarisation und etwaigen Bersilberung des Nachlasses und zum Besten der Pflegebefohlenen nofhwendigen ersten Einleitungen, worauf die Akten dem Ober-Landesgerichte zu Hamm einzureichen sind, um sie an das Gericht abzugeben, welches nach den Gesetzen kompetent ist, den Nachlaß zu reguliren und die obervormund— schaftliche Aufsicht zu führen, oder, wenn Fein solches vorhanden ist, diese Geschäfte selbst zu übernehmen.

6) Das Ober⸗-Landesgericht zu Hamm und die Gouvernen:ents— gerichte verwalten die Justiz nach den Vorschriften der allgemeinen preußischen Gesetzgebung mit Berücksichtigung der Personal⸗ und Real— statute nach 55. 2 und 32 der Einleitung zum Allgemeinen Landrecht. Mit der zu gedachten Ausnahme hinsichklich der Form der Verträge mit Fremden erkennen sie hinsichtlich ihrer Auslegung und rechtlichen Folgen nach den Grundsätzen des preußischen Rechts, wenn diese Verträge auch mit Fremden nach den Formen ausländischer Gesetze 4 worden, und die aus den, nach den preußischen oder fremden Formen während ihres Aufenthalts in den Bundesfestungen von den im ersten Paragraphen bezeichneten Personen geschlossenen Verträgen, erworbenen Rechte und übernommenen Verpflichtungen, erleiden durch die später erfolgte Versetzung derselben, oder durch ihren freiwilligen Umzug in das preußische Staatsgebiet keine Veränderungen, sollten auch die allgemeinen preußischen Gesetze an dem Orte, wo sie ihr neues Domizil nehmen, noch nicht eingeführt sein.

Diese Bestimmungen sind durch das zu der Verordnung vom

2. Januar 1849 ergangene Zusatzgesetz vom 26. April 3351 (Gesetz= Sammlung Seite 181) mobifizirt worden, indem dasselbe im Artikel VIII., Absatz 1 verordnet: . „Die durch die Ordre vom 19. Juli 1834 (Gesetz- Sammlung Seite 132) den Goupernements-Gerichten zu Mainz und Luxemburg und, dem Ober⸗Landesgerichte zu Hamm beigelegte Gerichtsbarkeit in Civilsachen, sowie diejenigen in Strafsachen gegen Personen, welche nicht den Militär-Gerichtsstand haben, gehen auf das Kreisgericht zu Wesel über. In Beziehung auf diese Angelegenheiten sind die Gar⸗ nison⸗Auditeure zu Mainz und Luxemburg als Kommissarien des Kreisgerichts zu Wesel mit der in diesem Paragraphen den Einzel⸗ richtern beigelegten Zuständigkeit zu betrachten.“

Die Fortdauer des durch diese Vorschriften begründeten besonderen Gerichtsstandes der zur preußischen Garnison in Mainz gehörigen Militärpersopven und Beamten und anderer zu diesen in Beziehung stehenden Personen steht mit der durch die Gründung des Deutschen Reichs eingetretenen Umgestaltung nicht im Einklange. Der anliegende Entwurf bezweckt daher diese Uusnah Iltelltng aufzuheben und die genannten Personen, soweit nicht der Militärgerichtsstand eintritt, unter die Gerichtsbarkeit der Großherzoglich hessischen Gerichte zu stellen.

Der vorliegende Gesetzartikel bringt diesen Gedanken zum Aus⸗ druck und stellt ez zugleich durch seine Fassung außer Zweifel, daß auch diejenigen Vorschriften der Ordre vom 19. Juni 1834 außer Kraft treten, welche das auf die Garnison zu Mainz anwendbare materielle Recht bestimmen.

Die in dem zweiten Absatze enthaltene Uebergangsbestimmung ist durch den Umstand veranlaßt, daß bei dem Garnisons⸗Auditeur zu

Mainz in seiner Eigenschaft als Kommissarius des Kreisgerichts zu

Wesel zur Zeit 15 Vormundschaftssachen anhängig sind.

Da ein Theil der bẽvormundeten Personen sich außerhalb Mainz befindet, so kann nicht mit Sicherheit darauf gerechnet und es auch nicht als an erachtet werden, daß die Weiterführung dieser Sachen ohne Unterschied von den hessischen Gerichten übernommen werde.

Es erscheint deshalb, um Weiterungen zu vermeiden, angemessen, diese Angelegenheiten dem Kreisgericht in Wesel zu belassen und es demselben vorzubchalten, sich mik den Gerichten des zeitigen Wohnorts der Bevormundeten wegen Uebernahme der einzelnen Sachen zu einigen

Die X. Kommission zur Vorberathung des Entwurfs des , . wegen Abänderung des Gesetzes vom 1. Mai 1851, betreffend die Einführung einer Klassen⸗ und klassifizirten Ein kommensteuer vom 1. Mai 1851 hat ihren Bericht erstattet. Die Kommisfion hat für den Seng entwurf folgende Fassung in Vorschlag gebracht, wobei die Ab⸗ änderungen des Regierungsentwurfs, soweit nicht ganz neue Pa⸗ . eingeschoben sind, durch gesperrten Druck hervor⸗ gehoben sind.

*

berordnen mit Zustimmung der beiden Häuser des Landtags der Monarchie, was Folgt: -

Artikel J. In dem Gesetze, betreffend die Einführung einer Klassen, und klassifizirten Cinkommensteuer vom J. Mai 1551 (Gesetz⸗ Samml. S. 193) werden die 55. 8 6, . 9, 10, 13, 14, 15, 20. 24 aufgehoben und durch nach folgende Paragraphen

ere

S. 5. Der Klassensteuer sind unterworfen diejenigen Einwohner in nicht mahl⸗ und schlachtste uerpflichtigen Orteng deren jährliches Einkommen den Betrag von 1009 Thalern nicht übersteigzt.

Befreit von der Klassensteuer sind:

*. Alle diejenigen Personen, deren Jahres⸗Einkornmen (8. 7, Ab⸗ satz P * Betrag . an. 26. erreicht;

. PVersonen vor vollendetem 16. Jahre, soweit sie zu der er st en Stufe G. Y) gehõren; Sehr , .

c. alle zur Friedens stãrke des Hee res und der Marine gehörigen . des Unteroffizier und Gemeinen⸗Standes nebst den in ihrer Daus haltung lebenden Mitgliedern ihrer Familie, sofern sie selbst oder diese ihre Angehörigen nicht aus dem Betriebe eines Ge— werkes, oder der Landwirthschaft oder aus Grund- oder Kapitalvermögen ein Einkommen von mindestens 1460 Th lrn. haben;

. 4. die Unteroffiziere und Mannschaften des Beurlaubtenstandes und ihre Familien, sowie alle in Kriegszeiten zum Heeresdienst auf⸗ gebotenen oder Freiwillig eingetretenen Personen des Unteroffizier⸗ und Gemeinen⸗Standes und deren Familien in den Monaten, in welchen sie sich im aktiven Dienste befinden;

ö e, alle Offiziere, Aerzte und Beamten des Heeres und der Maxine für die Zeit, während welcher sie mobil gemacht sind oder zur immobilen Fuß-⸗-Artillerie, zu Erfatz⸗Abtheilungen mobiler Trup— k . zu Besatzungen im Kriegszustande befindlicher Festungen ge— 7 1

8 k. Ausländer, welche sich noch nicht ein volles Jahr an demselben Orte des Jalandes aufgehalten haben, mit Ausnahme dersenigen, welche des Erwerbs wegen ihren Aufenthalt im Inlande nehmen;

g. die Inhaber des Eisernen Kreuzes, einschließlich derjenigen, welche, dieser Auszeichnung auf Grund der Urkunde vom 15. Juli 1870 (GS. S. 437) theilhaftig geworden sind, sowie die Inhaber des Militär⸗-Ehrenzeichens erster und zweiter Klasse und die zu dem Hausstande der Inhaber dieser Auszeichnungen gehörigen Fam isten—⸗ alieder, soweit sie zu den beiden ersten Stufen (§. 7) gehören;

h, diejenigen, welche, auch ohne besondere Auszeichnung erlangt zu haben, in dem vaterländischen, oder als Eingeborne eines damals noch nicht zum preußischen Staate gehörenden Landestheils in einem verbündeten oder anderen Heere an einem der Feldzüge von 1806 bis 1815 Theil genommen haben, für ihre Person und ihre Angehörigen, soweit sie zu den beiden ersten Stufen (5. D gehören.

8. 6 (neu. Der Jahresbetrag der aus der Veranlagung der Klassensteuer mit Ausschluß der Zugänge zu erzielenden . wird auf 11009. 000 Thir. festgestellt. Eine Abänderung diefes Normalbetrages kann nur durch Gesetz angeordnet werden.

Die Veranlagung erfolgt nach Maßgabe der im 8 festgestell⸗ ten Stufensãätze. 2 h 29 der im 8.7 festgestell

Wird der Normalbetrag durch den aus der Veranlagung der Klassensteuer sich ergebenden Jahresbetrag der Soll Einnahme über— stiegen oder nicht erreicht, so findet eine Herabsetzung beziehungsweife Erhöhung der letzteren bis auf den Normalbetrag statt! Der Finanz⸗Minister veröffentlicht in diesem Fall durch die Ge— setz- Sammlung alljährlich bis zum J. März das Ergebniß der Ver— anlagung und macht zugleich bekannt, wie viel Silbergroschen auf je⸗ den Thaler der veranlagten Jahressteuer weniger oder mehr zu ent— richten sind, um den Normalbetrag zu erhalten. Dabei bleiben Be— träge von sechs Pfennigen und darunter außer Betracht; an Stelle höherer Pfemigsbeträge tritt ein Silbergroschen. .

Der durch die Abrundung der Pfennige oder durch die Reklama— tionen und Rekurse entstehende Ueberschuß oder Ausfall gegen den Normalbetrag wird unter Abrundung auf Silbergroschen nach Maß— gabe der in Alinea 3 enthaltenen Bestimmung im nächstfolgenden Jahre ausgeglichen. . ö

Auf Zugänge im Laufe des Veranlagungsjahres tigten Steuersätze zu Anwendung zu bringen.

§. 7. Die Klassen⸗Steuer wird in zwölf Stufen erheben. Die Veranlagung zu diesen Stufen erfolgt nach Maßgabe der Schätzung des jährlichen Einkommens. Es ist jedoch gestattet, besondere, die Leistungsfähigkeit bedingende wirthschaftliche Verhältnisse der einzelnen Steuerpflichttgen (eine große Zahl von Kindern, die Ver— pflichtung zur Unterhaltung armer Angehöriger, an— dauernde Krankheit, ferner, insoweit die Leistungsfä— higkeit dadurch wesentlich beeinträchtigt wird, Verfchul— dung und außergewöhnliche Unglücksfälle) zu berücksich— tigen. . 9

Sofern der Einzuschätzende der ersten Stufe ange— hören würde, kann seine vollständige Freilassung er— folgen. - ö.

Der Steuersatz beträgt für die Haushsaltung wie für den Einzelsteuernden (8. 8) jährlich:

bei einem Jahresein⸗ ; in der kommen von Thlr. 1. Stufe 140 von mehr als Thlr. 220

Wir ö. von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc.

=

ind die berich⸗

Fr. Thlr. bis einschließlli h 20

2 309 369 ; 556 356 465 499 150 450 500 500 550 550 600 . 600 700 10. 700 S800 11. z 800 900 2 12. * 909 . 3 21000 .

Bei Bemessung der Höhe des jährlichen Einkommens sind die i den §5. 28, 29 und 30 dieses Gesetzes vorgeschriebenen Grundsätze zu berũcksichtigen.

F§. 9a. (neu). Zu den nach dem Klassen⸗Steuerfuße aufzubrin— genden Lasten der kommunalen und anderen öffentlichen Verbände können in Ermangelung sonstiger Befreiungsgründe auch diejenigen Personen herangezogen werden, deren jährliches Einkommen weniger als 140 Thlr. beträgt und welche nicht im Wege der öffentlichen Armenpflege eine fortlaufende Unterstützung erhalten. Die Veran⸗ lagung dieser Steuerpflichtigen erfolgt nach einem für Haushaltungen, wie für Einzelsteuernde geltenden fingirten Klassensteuersatze von einem halben Thaler jährlich. z

gb. (neu. Soweit nach den bestehenden Bestimmungen m

Stadt- und Landgemeinden daz Bürgerrecht, beziehentlich das Stimm⸗ und Wahlrecht in Gemeinde⸗Angelegenheiten an die Bedingung eines jährlichen Klassensteuer- Betrages von 3 resp. 4 Thlr. geknüpft ist, tritt bis zur anderweitigen gesetzlichen Regelung des Gemeinde-Wahl— rechts an die Stelle der genannten Sätze der Stufensatz von 2 Thlr. Klassensteuer. Orts-⸗Statuten welche das Wahlrecht an einen höheren Klassen⸗ steuersatz als den Betrag von 4 Thlr. knüpfen, verlieren mit dem 1. Januar 1874 ihre Gültigkeit. Wo, solche Ortz⸗Statuten nach be⸗ stehenden Kommunal⸗Ordnungen zulässig sind, kann das Wahlrecht durch neue Orts⸗Statuten von der Veranlagung zur 2. bis 8. Steuer— stufe abhängig gemacht werden.

S8. 10 (neu). a. Die nr, . in die im 5. 7 bezeichneten Stufen geschieht von einer Kommisston, welche aus dem Gemeinde⸗ Vorstande als Vorsitzenden und Mitgliedern, die von der Gemeinde⸗ Versammlung, beziehungsweise Gemeindevertretung gewählt sind, be⸗

steht. Bei der Wahl ist darauf zu achten, daß die verschiedenen Klassen der Steuerpflichtigen möglichst gleichmäßig in der Kommifsion ver= treten werden. Der Gemeinde⸗Vorstand kat über die Besitz Ver⸗ mögens⸗, Erwerbs und sonstigen Einkommens⸗Verhältnisse der Stener⸗ pflichtigen sowie über etwaige besondere ihre Steuerfähigkeit bedin— gende wirthschaftliche Verhältnisse, soweit dies oßne tieferes Eindringen 666 kann, möglichst vollständige Nachrichten einzuziehen; über

aupt alle Merkmale, welche ein Urtheil über die maßgebende Steuer- stufe näher zu begründen vermögen, zu sammeln. Auch hat der Ge— meinde⸗orstand das Recht, wenn er zur Erlangung einer nãheren Kenntniß von den Einkommens-Verhäͤltnissen es für nöthig erachtet vog den Verhandlungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit und den Grund- resß. Hypothekenbüchern Einsicht zu nehmen. Die Einschätzungs⸗Kom⸗ mission unterwirft das hiernach von ihrem Vorsitzenden abzugebende Gutachten der Einschätzung unter Benutzung aller ihr sonst zu Gebote stehenden Hülfsmittel einer genzuen Prüfung. Dabei ist ebenfalls jedes lästige Eindringen in die Vermögens- und Einkommens⸗Verhält⸗ nisse der einzelnen Steuerpflichtigen zu vermeiden. Nachdem die Prů⸗ fung vollzogen ist, hat die Kommission nach den stattgefundenen Er⸗ ö bekannten Verhältnissen des einzelnen Steuerpflichtigen die Steuerstufe vorzuschlagen, in we erselb k i ; zuschlagen, in welche derfelbe zu

Die bei dem Einschãtzungsgeschãft betheiligten Vorfitzenden der Kommissionen und sonstigen Beamten sind Kraft des von ihnen ge⸗ leisteten Amtseides zur Geheimhaltung der Vermögens- und Eln— kommens ⸗Verhãltnisse, welche bei diesem Geschäft zu ihrer Kenntniß gelangen, verpflichtet. Die Mitglieder der Kommissionen haben dief? Geheimhaltung dem Vorsitzenden mittesst Handschlages an Eides statt zu geloben. 6. ; 1 Einschätzungen unterliegen der Vorrevision der Landrãthe (Kreishauptmänner). Die Feststellung der Steuerstufen erfolgt durch die Bezirksregierung CFinanz-Direftiom. . r Bei die er Feststellung der Klassensteuer⸗Beträge darf die Ver⸗ setzung Steuerpflichtige in eine höhere Stufe als diejenige st. in welche sie von den Einschätzungs⸗Kommissionen veranlagt sind, ohne Weiteres nur, wenn es sich hierbei um die Berichtigung eines offenbaren Schreibfehlers handelt, in allen übrigen Fällen dagegen nur nach vor— heriger Anhörung der betreffenden Einschaͤtzungs Kommission erfolgen;

b. von den Hemeinze⸗Vorständen werden unter der Leitung? der Landräthe (Kreishauptmaͤnner) auch die Jahresrollen und die Ab' und Zugangg ⸗Listen aufgestellt; ; ;

. die Erhebung geschieht durch die geordneten Steuer⸗Empfãänger;

d. die Formen der Geschäftsführung werden nach Verschledenheit der örtlichen Berhältnisse durch besondere Instruktionen vorgezeichnet. . Die vorschriftsmäßige Veranlagung und Einziehung der Steuern haben die Bezirksregierungen beziehungsweise die Finanz Direkflon zu leiten und zu überwachen. ; ö

S. 135. (neu). a. die Bekanntmachung der Steuerrollen erfolgt das erste Mal in einer angemessenen Frist nach Verkündigung dieses Gesetzes weiterhin mit dem Anfange jedes Jahres;

P, sobald die Bekanntmachung geschehen ist, muß der Steuer⸗ pflichtige in den ersten acht Tagen jedes Monats seinen Beitrag voraus entrichten. Es hängt von ihm ab, denselben auch für einen längeren Zeitraum bis zum ganzen Jahresbetrage zu bezahlen.

Wenn ein Steuerpflichtiger nach geschehener Veranlagung durch die Gemeinde⸗Kommission von außergewöhnlichen Unglücksfällen be⸗ troffen und dadurch in seinem Nahrungszustand zurückgefetzt wird, kann die Bezirksregierung (Finanz-Direktion) auf Vorschlag der Genieinde⸗ Kommission, um den Steuerpflichtigen in einem leistungsfähigen Zu⸗ stand zu erhalten, die Steuer bis zur Hälfte des Jahres betrages erla fen; -

. S. die Säumigen werden von dem Steuerempfänger aufgefordert, die Zahlung binnen drei Tagen zu leisten, nach deren fruchtlosem Ab lauf mit der exekutivischen Beitreibung verfahren wird;

. . spätestens fünf Tage vor dem Ablauf jedes Monats muß die eingehobene Steuer nebst der Nachweisung der etwa unvermeidlichen Lusfälle und der Reste an die zum weiteren Empfange bestimmte Kasse abgeliefert ein. Die Feststellung bestimmter Zahlungstage für die verschiedenen Steuer⸗Empfänger innerhalb dieser Frist ist hierdurch nicht ausgeschlossen; ; .

e. der Steuer⸗Empfänger ist für diejenigen Steuern selbst ver⸗ antwortlich, bei denen er den wirklichen Ausfall oder die fruchtlos verhängte Exekution nicht sofort nachweisen kann, und muß folche vor— schußweise zur Kasse entrichten. ; r

S. 14 2. Reklamationen gegen die Klassensteuer-Veranlagung müssen binnen einer, Präklusivfrist von drei Monaten nach der im S8. 13 zu a vorgeschriebenen Bekanntmachung der Steuerrolle, oder bei Verlagungen im Laufe des Jahres, nach erfolgter Benachrichtigun des Steuerpflichtigen von dem Stenerbetrage, bei dem Sandrat (Kreishauptmann) eingegeben werden.

b. Die Zahlung der veranlagten Steuer darf durch die Rekla—⸗ mation nicht aufgehalten werden, muß vielmehr mit Vorbehalt der späteren Erstattung des etwas zu viel Bezahlten zu den bestimmten Terminen (§. 13 zu b) erfolgen.

8. Ueber die angebrachten Reklamationen entscheidet, nach darüber eingeholtem Gutachten einer von der Kreisvertretung zu wählenden Veklamations⸗Kommission, die Bezirksregierung (Finanz-Direktion). Tritt die Bezirksregierung (Finanz-Direktion' dem Gutachten der Kreis⸗Kormmission nicht bei, so erfolgt die Entscheidung durch die Bezirks⸗Kommission für die klassifizirte Einkommensteuer. (5. 24) Behufs Prüfung der von den Steuerpflichtigen angebrachten Rekla— mationen hat die Kreis⸗Reklamations⸗-Kommission sowie die Vezirks⸗ Kommission die Befugniß, eine genaue Feststellung der Vermögens und Einkommens-Verhältnisse des Reklam anten zu veranlassen und zu diesem Zwecke das Recht Zeugen äußersten Falls eidlich durch das betreffende Gericht vernehmen zu lassen, dem Reklamanten bestimmte Fragen über seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse vorzulegen, beziehungsweise ihn aufzufordern, die in seinem Besitze be= findlichen Urkunden, Pachtkontrakte, Schuldverschreibungen, Handlungs⸗ bücher und so ferner zur Einsicht vorzulegen. Wenn binnen der zu be⸗ stimmenden Frist die erforderte Auskunft nicht ertheilt wird oder die betreffenden Urkunden u. s. w. nicht vorgelegt werden, so wird was dem Reklamanten jedesmal bei der Aufforderung zu eröffnen ist angenommen, daß er die angebrachte Reklamation zu begründen außer Stande sei, und die letztere zurückgewiesen. Auch ist die Kreis⸗Rekla—= mationz⸗Kommission, sowie die Bezirks⸗Kommission, wenn es an an⸗ deren Mitteln, die Wahrheit zu ergründen, fehlt, berechtigt, den Re⸗ klamanten zur Erklärung an Eidesstatt über die in Betreff seines Einkommens von ihm selbst gemachten Angaben aufzufordern. Sie hat für einen solchen Fall in einer darüber zu erlassenden Entscheidung die eidesstattliche Erklärung wörtlich vorzuschreiben, auch die minde— stens achttägige Frist zu bestimmen, nach deren Ablauf diese Erklä— rung abzugeben ist, widrigenfalls die angebrachte Reklamation als un⸗ begründet zurück zu weisen sein würde. ;

d. Gegen die Entscheidung, welche die Regierung (Finanz⸗Direktion) in Uebereinstimmung mit der Kreisreklamations-Koöommission erläßt und gegen die Entscheidung der Bezirks-Kommission steht dem Rekla—⸗ manten der in einer Präclusivfrist von vier Wochen nach dem Empfange der ersteren bei dem Landrath (Kreis⸗Hauptmann) einzugebende Rekurs an das Finanz⸗Ministerium offen. Diesen Rekurs ist auch die Be⸗ zirksregierung (Finanz⸗Direktion) gegen die Entscheidungen der Be— zirkskommission einzulegen berechtigt.

e, Die Bestimmungen des Gesetzes über die Verjãhrungsfristen bei öffentlichen Abgaben vom 18. Juni 1840 finden, soweit nicht das gegenwärtige Gesetz etwas Anderes bestimmt, auch auf die neue Klassensteuer Anwendung. .

§. 15. Hinsichtlich der örtlichen Erhebung der Steuer verbleibt es bei den bestehenden Bestimmungen. Sofern die Erhebung den Gemeinden obliegt, haben dieselben Anspruch auf drei Pro⸗ zent vom Betrage der eingezogenen Steuer. Als Gebühr für die Veranlagung ist den Gemeinden ein Prozent vom Betrage der eingezogenen Steuer zu vergüten. Hieraus haben die Gemeinden auch alle Nebenkosten für . Druckformulgre u. a. m. zu bestreiten. Höhere Vergütungen für Erhebung oder Veranlagung der Steuer können durch den Staatshaughalts-Etat festgefetzt werden.