1873 / 64 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 13 Mar 1873 18:00:01 GMT) scan diff

In der heutigen (17. Sitzung des Herrenhauses, welche der Präsident Herr von Plötz für, den erkrankten Prä⸗ sidenten Graf Otto zu Stolberg um 101 Uhr eröffnete, und welcher der Ministerpräsident Graf Roon, der Minister der auswärtigen Angelegenheiten Fürst v. Bismarck und die Staats⸗ Minister Graf zu Eulenburg, Graf v. Itzenplitz, Camphausen, Pr. Leonhardt und Dr. Falk, sowie mehrere Regierungs⸗Kom missare beiwohnten, wurde zunächst der neu in das Haus ein⸗ getretene Fürst zu Isenburg-Birstein vereidet. Dann trat das Haus in die Tagesordnung, deren erster Gegenstand die Schlußberathung über den Gesetzentwurf, betreffend die Ab⸗ änderung der Art. 15 und 18 der Verfassungs Urkunde vom 31. Januar 1850, auf Grund der unverändert an⸗ genommenen Vorlage war. An der General ⸗Diskusston betheiligten sich die Herren Graf Krafsow, Freiherr von Man⸗ teuffel⸗Trossen, Graf Brühl, Freiherr von Landsberg⸗Ossenbeck, welche sämmtlich gegen die Vorlage sprachen. In der Spezial⸗ diskufsion nahmen zu Art. 15 nur Herr v. Kröcher und Graf v. d. Schulenburg⸗Beetzendorf das Wort, worauf die Vorlage erst im Einzelnen und schließlich in der Gesammtabstimmung mit 93 gegen 63 Stimmen angenommen wurde. Es folgte die Schlußberathung über den Gesetzentwurf, betreffend die Ausfüh⸗ rung der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872, welcher nach Empfehlung durch den Referenten Herrn v. Kröcher ohne Diskussion genehmigt wurde. Herr v. Kröcher erstattete sodann mündlichen Be⸗ richt der Finanz⸗Kommission über den Rechens chaftsbericht, betreffend die Verwendung des zur Gewährung von Beihülfen an Angehörige der Reserve und Landwehr durch das Reichs⸗ gesetz vom 23. Juni 1871 bereit gestellten Fonds, sowie über den Entwurf eines Gesetz es, betreffend die den Angehörigen der Reserve und Landwehr geleisteten Beihülfen und empfahl die Rechenschaft für geführt zu erachten und den Gesetzentwurf zu genehmigen. Das Haus trat diesem Antrage bei,

Es folgte der mündliche Bericht der Finanz⸗Kommisston über verschiedene Petitionen, die sämmtlich ebenso wie die⸗ jenigen der Agrar⸗Kommission, deren Bericht sich hieran schloß, durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt wurden. Die Sitzung schloß L/ 4 Uhr.

In der heutigen (635) Sitzung des Hauses der Ab⸗

geordneten, welcher am Ministertische mehrere Regierungs-

Kommissarien beiwohnten, theilte der Präsident v. Forckenbeck mit, daß das Präsidium des Hauses gestern Nachmittag 46 Uhr bei Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen die nachgesuchte Audienz hatte, um Demselben zu Seiner nach schwerer Krankheit erfolgten glücklichen Rückkehr die Glück⸗ wünsche des Hauses zu überbringen. Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit nahm dieselben huldvoll entgegen und beauftragte das Präsidium, dem Hause Seinen Dank abzu⸗ statten. Vom Justiz⸗Minister ist ein Gesetzentwurf über die den Gerichtsbeamten bei den Kollegialgerichten im Be⸗ zirk des Appellationsgerichts zu Cöln für Reisen in Civilpro⸗ zessen zustehenden Reisekosten und Tagegelder und vom Abge⸗ ordneten von Eynern ein Antrag auf Annahme eines Gesetzes, betreffend die Heranziehung der Forensen, juristischen Personen, Aktien- und ähnlichen Gesellschaften zu den Kommunalabgaben eingegangen. Auf Veranlassung des Präsidenten fand ein Na⸗ mensaufruf statt, um die Beschlußfähigkeit des Hauses zu er⸗ mitteln. Es waren 238 Mitglieder anwesend und das Haus demnach beschlußfähig. Zunächst passirten darauf die drei Gesetz⸗ entwürfe über das Grundhuchwesen in Neuvorpommern und

Rügen, in der Provinz Schleswig⸗ olstein und im Bezirk des

Appellationsgerichts zu Cassel die ritte Lesung, worauf das

Haus die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes über

die Vorbikdung und Anstellung der Geistlichen fort⸗

e, 8. 17:

. . Uebertragung eines geistlichen Amts, welche der Vorschrift des 5. 1 zuwiderläuft, oder welche vor Ablauf der im 8§. 15 für die Erhebung des Einspruchs gewährten Frist erfolgt, gilt als nicht

eschehen.“

. Je, den Widerspruch des Abg. von Mallinckrodt ange⸗

nommen. Zu §. 186.

„Jedes Pfarramt ist innerhalb eines Jahres vom Tage der Erledigung, wo gesetzlich oder observanzmäßig eine Gnadenzeit be— steht, vom Tage der Erledigung der Pfründe an gerechnet, dauernd zu besetzen. Die Frist ist vom Ober-Präsidenten im Falle des Be⸗ dürfniffes auf Antrag angemessen zu verlängern. .

Nach Ablauf der Frist ist der Qber-Präsident befugt, die Wie⸗ derbesetzung der Stelle durch Geldstrafen bis zum Betrage von j0090 Thlrn. zu erzwingen. Die Androhung und Festsetzung der Strafe darf wiederholt werden, bis dem Gesetze genügt ist.

Außerdem ist der Minister der geistlichen Angelegenheiten er⸗ mächtigt, bis dahin Staatsmittel einzubehalten, welche zur Unter⸗ haltung der Stelle oder desjenigen geistlichen Oberen dienen, der das Pfarramt zu besetzen oder die Besetzung zu genehmigen hat.

lagen folgende beiden Amendements vor: vom Abg. Holtz: Für

Absatz 2 und 3 einen Absatz 2 in folgender Fassung anzu⸗

nehmen:

h „Wird die dauernde Besetzung eines Pfarramtes länger als ein Jahr, vom Tage des Freiwerdens der Pfründe gerechnet, ohne einen nach Erachten des Ober⸗Präsidenten ausreichenden Grund verzögert, o fteht demselben zu, die dauernde Besetzung binnen einer zu be—= a . Frist zu fordern und nach deren vergeblichen Ablauf als Einkommen bis zur dauernden . des Amtes mit Be⸗ schlag zu belegen, und über das mit Beschlag belegte Einkommen zu kirchlichen Zwecken zu verfügen.“

und vom Abg. Dr. Brüel: dem 5§. 18 folgende Fassung zu ben:

ö „Wird die dauernde Besetzung eines Pfarramtes länger als ein

Freiwerdens der Pfründe gerechnet, ohne einen nach Erachten des Ober⸗Präsidenten gusreichenden Grund verzögert, jo fteht demselben zu, die dauernde Besetzung binnen einer zu be= stimmenden Frist zu fordern und nach deren vergeblichem Ablauf bas Einkommen bis zur dauernden Besetzung des Amts mit Be— schlag zu belegen, und über das mit Beschlag belegte Einkommen zu kirchlichen Zwecken zu verfügen.“

Beide Amendements wurden, nachdem sich der Unter⸗Staats⸗ Sekretär Dr. Achenbach und der Referent Abg. hr. Gneist gegen dieselben ausgesprochen, abgelehnt, und der §. 18 in der Fas⸗ fung der Kommission genehmigt. Bei §. 19:

„Die Errichtung von Seclsorge⸗Aemtern, deren Inhaber un⸗ bedingt abberufen werden dürfen, ist nur mit Genehmigung des . der geistlichen Angelegenheiten zulässig

Die Bestimmungen des 8. 18 beziehen sich auch auf die so⸗

enannten Sukkursal⸗Pfarreien des fraͤnzösischen Rechtes mit der

aßgabe, daß die in Absatz 1 des 5. 18 ef e ri en, Frist vom Tage der Publikation dieses Gesetzes an zu laufen beginnt.“

beantragte Abg. Holtz den Absatz 1 abzulehnen. Wie gegen

5. 18 nahm auch gegen 8 19 außer dem Abg. Dr. Windthorst

Meppen) der Abg. von Mallinckrodt das Wort, während der

Regierungs- Kommissar wiederholentlich für die Fassung der

Kommission eintrat.

Das Amendement wurde darauf abgelehnt und der Para⸗ graph unverändert genehmigt.

Der § 20 lautet:

. vom Tage des

Dieser Paragraph wurde nach kurzer Gege von Mallinckrodt ebenfalls angenommen. Gegen §. 1 ** .

„Die Verurkheilung zur Zuchthausstrafe, die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte und der Fähigkeit zur Bekleidung öffent⸗ licher Aemter hat die Erledigung der Stelle, die Unfähigkeit zur Ausübung des geistlichen Amtes und den Verlust des Amtseinkom— mens zur Folge.“

nahm der Abg. Simon v. Zastrow das Wort, indem er Preu⸗ ßen die Kompetenz zum Erlaß eines solchen Gesetzes bestritt, da es mit dem Reichs⸗Strafgesetzbuch in Widerspruch stehe. Der Abg. Petri trat dieser Ausfuͤhrung entgegen, ebenso der Un⸗ ter⸗Staats⸗Sekretär Dr. Achenbach, während der Abg. von Mallinckrodt sich auch gegen diesen Paragraphen aussprach. Abg. Dr. Brüel beantragte, vor „Unfähigkeit? das Wort rechtliche“ einzuschalten. Der Referent Abg. Dr. Gneist fand die Ausführungen des Abg. von Zastrow unbegründet und er⸗ klärte sich gegen das Amendement Bruel. Dieses wurde darauf in namentlicher Abstimmung mit 177 gegen 162 Stimmen ver⸗ worfen und der Paragraph unverändert angenommen. Da⸗ mit war der dritte Abschnitt des Gesetzes erledigt. Der vierte handelt von den Strafbestimmungen und enthält die §§. 22, 23 und 24. 5. 22 wurde nach kurzer Diskussion genehmigt. Gegen 5. 23 nahmen die Abgg. Graf Schweinitz und von Mallinckrodt das Wort, während der Unterstaats⸗Sekretär Dr. Achenbach für denselben eintrat. Nachdem auch dieser Paragraph angenommen war, vertagte sich das Haus bis morgen.

Gestern veranstalteten die Studirenden der hiesigen Hochschulen zur Feier der Wiedergenesung Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen einen Fackelzug. Nachdem man auf dem nach der Stadt zu gelegenen Theile des Königsplatzes Aufstellung ge⸗ nommen hatte, bewegte sich der aus über tausend Fackeln bestehende Zug zunaͤchst durch das Brandenburger Thor, die Linden entlang vor das Kronprinzliche Palais. Nachdem die Klänge des Liedes „Deutschland, Deutschland über Alles“ verhallt waren und einer der Studirenden eine kurze Ansprache gehalten hatte, erschien Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz an der Rampe des Palais und dankte in war— men Worten für die Ihm zu Theil gewordene Ehre. Die Antwort hierauf war ein dreimaliger begeisterter Hochruf auf das Wohl Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit. Sodann bewegte sich der Zug durch die Schloßfreiheit, den Werderschen Markt und die Französische Straße nach dem Gensd'armen⸗ Markt, wo unter den Klängen des „Gaudeamus“ das Löschen der Fackeln erfolgte.

An den Fackelzug, der übrigens an Großartigkeit alle bis⸗ her jemals in Berlin veranstalteten übertraf, schloß sich ein all⸗ gemeiner Kommers in den Räumen der städtischen Turnhalle, welche von den städtischen Behörden zur Verfügung gestellt war. Der Besuch war indeß so stark, daß weder der Saal, noch die Tribünen ausreichten.

Schon vorher hatte Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz erklärt, daß Ihm sein Gesundheitszustand leider nicht erlaube, bei dem Kommers zu erscheinen. Auch der Reichskanzler von Fürst Bismarck war aus demselben Grunde nicht in der Lage, der an ihn ergangenen Einladung Folge zu leisten. Der Kommers, welchem der Rektor der Universitaͤt und zahlreiche Professoren der hiesigen Hochschulen beiwohnten, endete erst in früher Morgenstunde.

Des Kaisers und Königs Majestät haben die Widmung der kritisch berichtigenden Ausgabe, welche der unter dem Vorsitze des Prof. Dr. Prowe zu Thorn bestehende Coper⸗ nicus⸗Verein für Wissenschaft und Kunst zur vierten Säkular⸗ feier des großen Astronomen von dem Hauptwerke desselben „de revolutionibus orbium coelestium veranstaltet hat, anzu⸗ nehmen geruht.

Se. Königliche Hoheit der Prinz August von Württemberg, General der Kavallerie und kommandirender General des Garde⸗Corps, hat sich gestern Abend zur Beiwoh— nung der Trauerfeierlichkeiten für die verstorbene Königin⸗Mutter von Württemberg nach Stuttgart begeben. Die Geschäfte des General⸗Kommandos sind während der Abwesenheit des kom⸗ mandirenden Generals auf den General⸗Lieutenant und Com⸗ mandeur der 2. Garde⸗Infanterie⸗Diviston von Budritz ki über⸗ gegangen.

Se. Durchlaucht der Fürst zu RSsenburg⸗Birstein ist vorgestern Abend und Se. Erlaucht der Graf Heinrich von Schönburg-Glauchau gestern von Dresden hier angekom⸗ men und im Hotel Royal abgestiegen.

Königsberg, 12. März. Von den nach dem Gesetze vom 23. Dezember 1867 im Regierungsbezirk Königsberg an 7450 Grundbesitzer bewilligten Nothstandsdarlehnen in Höhe von 489,282 Thlr. sind, nach der „Ostpr. Ztg.“, bis Ende 1872 zurückgezahlt von 5569 Empfängern 409, 943 Thlr. 1 Sgr. 9 Pf. niedergeschlagen bei 59 Empfängern 4414 Thlr. 14 Sgr. 6 Pf. in Summa 414,357 Thlr. 16 Sgr. 3 Pf., so daß noch 1822 Empfänger 74,924 Thlr. 13 Sgr. 9 Pf. rückständig sind. Ferner wurden an Darlehnen auf Grund dieses Gesetzes aus⸗ gegeben: a) zur Armenpflege 198,900 Thlr., darauf sind zurück⸗ gezahlt 184,153 Thlr. 1 Sgr. 8 Pf., mithin noch rückständig 13,846 Thlr. 28 Sgr. 4 Pf.; P) zu Chausseebauten 300, 9090 Thlr., zurückgezahlt sind 132, 100 Thlr., noch rückständig 167, 900 Thlr.; ) zu Meliorationen 149,969 Thlr., worauf zurückgezahlt sind 67,369 Thlr., niedergeschlagen sind 140090 Thlr., in Summa 81,369 Thlr., noch rückständig sind 68,600 Thlr. Im Ganzen sind nach dem Gesetze vom 23. Dezember 1867 an Darlehnen ausgegeben worden 1,137,251 Thlr., darauf sind bis zum Schlusse des Jahres 1872 zurückgezahlt 793,565 Mir 3 Sgr. 5 Pf., niedergeschlagen 18,414 Thlr. 14 Sgr. 6 Pf., in Summa 811,979 Thlr. 17 Sgr. 11 Pf., sind mithin noch rück⸗ ständig geblieben 325,271 Thlr. 12 Sgr. 1 Pf. An Saat⸗ darlehnen nach dem Gesetze vom 3. März 1868 sind im Königs⸗ berger Regierungs bezirke an 57,295 Empfänger 1,179,367 Thlr. 2 Sgr. 9 Pf. ausgegeben worden, darauf sind bis zum Schlusse des Jahres 1872 von 22,40 Empfängern 611,426 Thlr. 3 Sgr. 8 Pf. zurückgezahlt und bei 2561 Empfängern 56,697 Thlr. 11 Sgr. 2 Pf. niedergeschlagen; nach Abzug dieser Be⸗ träge mit in Summe 648,133 Thlr. 14 Sgr. 10 Pf., bleiben noch 531,243 Thlr. 17 Sgr. 11 Pf. von 32,327 Empfängern rückständig.

Hannover, 12. März. Residenzstadt Hannover ist

Dem Magistrate der Königlichen nachstehendes Schreiben des

Grafen Otto zu Stolberg⸗Wernigerode unterm 7. März] d. J.

zugegangen: ; Hannover, den 7. März 18713.

„Nachdem des Kaisers und Königs Majestãt auf meine Bitte Allergnädigst geruht haben, mir die Entlassung aus dem Staatsdienste zu ertheilen, und ich in Folge dessen gestern meine . als er nden der Provinz Hannover niedergelegt habe, bin ich im Begriff, am heutigen Tage die Stadt Hannover 1 verlassen.

Von diesem Srt, an welchem ich während fünf und einem hal— ben Jahre meinen Aufenthalt gehabt habe, vermag ich nicht zu schei⸗ den, ohne dem Magistrat es noch besonders auszusprechen, wie dank⸗ bar ich für die große Freundlichkeit bin, welche in dieser ganzen Zeit mir hier so vielfach bewiesen worden ist, und ein wie lebhaftes Inter⸗ esse ich für das fernere Wohl dieser Stadt empfinde.

Um auch ein sichtbares Zeichen meines aufrichtigen Dankes und meiner warmen Sympathie zu geben, bitte ich den Magistrat ganz er— gebenst, im . der Armen hiesiger Stadt eine Gabe von Drei⸗ kausend Thalern gütigst von mir annehmen zu wollen. Mein Wunsch würde es sein, daß diese Summe von dem Magistrat als ein von dem Kommunal -⸗Armenvermögen getrennter Fond verwaltet und dessen Zinsen für besondere Nothfälle verwendet würden, indessen überlasse ich alle speziellen Bestimmungen und Anordnungen Wohldesselben bestem Ermessen.

Indem ich nunmehr von der Königlichen Residenzstadt Hannover Abschled nehme, erlaube ich mir dem gütigen Andenken der geehrten Mitglieder des Wohllsblichen Magistrats und der Einwohner dieser mir lieb und werth gewordenen Stadt mich zu empfehlen.

Otto Graf zu Stolberg.“

Bayern. München, 11. März. Wegen Ablebens der ver⸗ wittweten Königin von Württemberg wird der Königliche Hof eine dreiwöchige Hof trauer anlegen. Wie zur Zeit be⸗ stimmt ist, wird die Kaiserin von Rußland auf der Reise nach Italien am 16. d. Morgens in Prag eintreffen und von dort, ohne Aufenthalt zu nehmen, die Reise über Fürth, Schwan⸗ dorf, Regensburg, Passau und Salzburg fortsetzen.

Sachsen. Dresden, 12. März. Staats⸗Minister Dr. von Gerber hat heute mit Allerhöchstem Urlaub eine vierzehn⸗ tägige Erholungsreise angetreten.

Württemberg. Stuttgart, 12. März. Der heutige „Staats⸗-Anzeiger für Württemberg“ enthält anläßlich des Ab— lebens der Königin⸗Mutter Folgendes:

Ihre Majestät die Königin⸗Mutter von Württemberg, Pauline, geborene Herzogin von Württemberg, ist heute Nachmittag um 5 Uhr nach längeren Leiden, die Sie mit wahrhaft christlicher Geduld und Ergebung ertrug, verschieden. .

Die sämmtlichen Mitglieder der Königlichen Familie, besonders Ihre Majestäten der König und die Königin, Höchstwelche der Ver⸗ ewigten mit kindlicher Liebe und Verehrung zugethan waren, sind durch diesen Todesfall in die tiefste Trauer versetzt worden.

An dieser Trauer nimmt das ganze Land, welches der Verewigten Ihres edeln, wahrhaft frommen Sinnes und Ihrer unermüdlichen Wohlthätigkeit wegen allgemeine Verehrung und innige Anhänglichkeit bewahrte, den aufrichtigsten Antheil.

Ihre Majestät war geboren den 4. September 1800, vermählt mit des verewigten Königs Wilhelm Majestät den 15. April 1820, Wittwe seit dem 25. Juni 1864.

Wegen Ablebens Ihrer Majestät der Königin-⸗Mutter Pauline von Württemberg wird vom 10. d. Mts. an auf die Dauer von 24 Wochen Hoftrauer angelegt.

W. T. B.) Nach den neuesten Bestimmungen soll die Leiche der Königin⸗Mutter am Freitag um 4 Uhr in die hiesige Stiftskirche übergeführt werden, wo der Trauer⸗ gottes dienst stattfinden wird; von dort aus soll sich der Leichen⸗ kondukt gegen 6 Uhr nach Ludwigsburg begeben.

In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer wurde der Antrag des Abg. Oesterlen, über die Regierungsvorlage wegen der Militäretablissementskosten zur Tagesordnung über⸗ zugehen, mit 66 gegen 20 Stimmen abgelehnt.

Baden. Karlsruhe, 10. März. Der Großherzog hat gestern Nachmittag 5 Uhr den bei dem Deutschen Kaiser und König von Preußen als außerordentlicher Ge⸗ sandter und bevollmächtigter Minister des Königs von Italien, beglaubigten Grafen Eduard von Launay, in besonderer Audienz empfangen und aus dessen Händen das Schreiben des Königs entgegengenommen, welches ihn in der gleichen Eigenschaft auch am Großherzoglichen Hofe beglaubigt. Heute wurde der Gesandte der Großherzogin vorgestellt und zur Großherzoglichen Tafel gezogen.

Hessen. Darmstadt, 12. März. Der Großherzog hat mittelst Allerhöchster Entschließung vom 11. 1. Mts. die Zusammenberufung einer außerordentlichen Synode zur begutachtenden Berathung des Entwurfs einer Verfassung für die evangelische Kirche des Großherzogthums angeordnet und bestimmt, daß die feierliche Eröffnung der Synode am 25. März d. J. stattzufinden habe.

Mit Genehmigung des Großherzogs ist den Ständen ein Gesetzentwurf, die Kompetenz der Gerichte in Strafsachen in den Provinzen Starkenburg und Oberhessen betreffend, mitgetheilt worden.

Oldenburg, 11. März. (W. T. B.) In der heutigen Landtagssitzung wurde über die drei Eisenbahnvorlagen ver= handelt. Oeffentlich war nur die Verhandlung wegen der Sub⸗ vention für die Bahn von Westerstede nach Ochholt. Die Bahn soll, als eine sogenannte sekundäre, in sparsamer Weise möglichst schmalspurig hergestellt werden, um den Flecken Westerstede mit der Bahn Oldenburg⸗Leer zu verbinden; die Kosten sind für 6880 Meter Länge einschließlich des Betriebsmaterials nur auf 70 000 Thaler veranschlagt, von denen die Gemeinde Wester⸗ stede durch Herstellung des Dammes 10900 Thaler tragen will, 15,000 Thlr. durch Prioritätsaktien gesichert, weitere 15,000 Thlr. in Stammaktien gezeichnet sind und für die letzten 30900 Thlr. nach dem Regierungsantrage der Staat die Zinsgarantie über⸗ nehmen soll. Der Ausschuß, aus 9 Personen bestehend, hatte sich mit 3 Stimmen gegen die Bewilligung der Zinsgarantie, mit 6 Stimmen dafür, aber unter der Modifikation erklärt, daß aus dem Ertrage die Verzinsung der vom Staate zu ggran— tirenden Aktien den Stammaktien vorgehen solle. Der Mehr⸗ heitsantrag wurde angenommen.

Die Verhandlung über die beiden übrigen Vorlagen erfolgte in geheimer Sitzung, deren Ergebniß aber veröffentlicht werden dürfte. Die abgeschlossenen Punktationen wegen der Bahn Ihrhove⸗Neuschatz wurden genehmigt und dem ständigen Aus⸗

schusse des Landtags die Befugniß ertheilt, in Betreff der noch

schwebenden Verhandlungen die Staatsregierung zum Abschlusse zu ermächtigen. Dem Vertrage wegen der Bahn Quakenbrück nach Osnabrück ertheilte der Landtag seine Genehmigung. Im Fürstenthum Lübeck gilt in Betreff der Klagen⸗Verjährung bis jetzt das gemeine Recht. hf de Schleswig- Holstein durch Gesetz vom 9. Februar

1869, die preußische Verordnung vom 6. Juli 1845, betreffend

kürzere Verjährungsfristen, eingeführt ist, ist auch dort ein neues

Seitdem für das das Fürstenthum

Verjãhrungs⸗Gesetz zum Bedürfniß geworden; die Staatsregierung hat daher dem Landtag den Entwurf eines Gesetzes vorgelegt, welches im Wesentlichen mit der erwähnten preußischen Verord⸗ nung übereinstimmt. Der Landtag nahm den Entwurf in erster Lesung mit einer kleinen Abänderung an.

Braunschweig, 11. März. In der Landes versamm⸗ lung verlas heute der Präsident ein Schreiben des Herzoglichen Staats⸗Ministeriums, in welchem dasselbe erklärt, daß es in Be⸗ zug auf die von dem Abg. Seyferth und Genossen ergangene Interpellation wegen Errichtung einer preußischen Bankfiliale nicht im Stande sei, für jetzt auf die ergangene Frage weder eine bejahende noch verneinende Antwort zu geben, indem die deshalb von auswärts erbetenen Nachweisungen noch nicht ein⸗ gegangen seien. In einem andern Schreiben erklärt sich die Landesregierung mit den von der Landesversammlung zu dem Dissidenten⸗Gesetze und dem Gesetze wegen Aufhebung der Tauf⸗ frist vorgeschlagenen Abänderungen, vorbehaltlich der Redaktions⸗ feststellung, einverstanden. Von dem Abg. Seyferth ist ein gehörig unterstützter Antrag auf Wiederaufnahme der Verhand⸗ lung über den Bericht der staatsrechtlichen Kommission wegen Reyision des Wahlgesetzes gestellt. Die Versammlung beschloß die Wiederaufnahme der Berathung und Abg. Seyferth beantragte zunächst über den ersten Theil des Kommissionsantrags Nr. 1 und dann über die zweite Hälfte desselben getrennt abzustimmen. Nach kurzer Debatte, in welcher Abg. Caspari die Gründe aus⸗ einandersetzte, welche ihn in der letzten Sitzung bewogen haben, gegen den Antrag zu stimmen, während er heute in der jetzt vorgeschlagenen Abstimmnngsweise für denselben stimmen werde, wurde die erste Hälfte des Kommissionsantrages, welche lautet:

„Herzogliche Landesregierung zu ersuchen, die bestehende Gesetzge⸗ bung über die Zusammensetzung der Landesversammlung und das Wahlgesetz einer Revision zu unterziehen“,

mit großer Mehrheit angenommen. Der zweite Absatz, welcher heißt: „und dabei die in dem Kommissionsberichte gegebenen Andeutungen auf Grund anzustellender Vorarbeiten in Erwä— gung zu ziehen“ wurde mit Majorität abgelehnt. Abg. Keil stellt den Antrag:

Herzogliche Landesregierung zu ersuchen, noch dem gegenwärtigen Landtage einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch welchen das direkte geheime Wehlverfahren eingeführt werde“;

derselbe wurde jedoch in Hinsicht auf den über die erste Hälfte des Kommissionstrages gefaßten B schluß abgelehnt. Die Pe⸗ tition wurde durch den angenommenen Kommissionsantrag für erledigt erklärt.

Bremen, 12. März. In der heutigen Sitzung der Bürgerschaft theilte der Präsident mit, daß am 15. eine abermalige Sitzung der Bürgerschaft stattfinden werde. Der erste Gegenstand der Berathung betraf die Mittheilung des Senats vom 3. März, betreffend Grundzüge zu einer Verein— barung mit Preußen und Oldenburg wegen Uebertragung der 1 der Schiffahrtszeichen in der ÜUnterweser an Bremen und Erhebung einer Abgabe von der Schiffahrt in den kontra⸗ hirenden Staaten, sowie ferner die Bewilligung von 150,000 Mark für ein neues Außenleuchtschiff (in der Gegend der Schlüsseltonne) und 50,9000 Mark für damit zusammenhängende Ausgaben. Die Vorlage wurde unverändert genehmigt.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 12. März. (W. T. B.) Der in Gemäßheit der Bestimmungen des 5§. 8 des Gesetzes von 1871 betreffend die Einrichtung, der Verwaltung in El⸗ saß⸗Lothringen zu organisirende Kaiserliche Rath zur Wahr⸗ nahme der Verrichtungen eines Staatsraths tritt am 14. d. in Wirksamkeit. Durch eine Verfügung des Ober⸗Präsidiums vom heutigen Tage ist der hiesigen Gemeindeverwaltung ein Theil der Polizeiverwaltung überwiesen worden.

Das Er satzaushebungsgeschäft für die hiesige Stadt ist gestern heendet worden. Zu demselben hatten sich 389 Militär⸗ dienstpflichtige gestellt, von denen 178 für tauglich erklärt wurden.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 11. März. Im Abgeord⸗ netenhause wurde der Staats voranschlag für 1873 berathen. Nach Verlesung des Generalberichtes wurden in der Spezial⸗ debatte die Kapitel: „Hofstaat, Kabinetskanzlei, Reichsrath, Reichs⸗ gericht, Ministerrath“ nach den Anträgen des Ausschusses ge⸗ nehmigt, und beim Kapitel „Ministerium des Innern“ die im Titel „Straßenbau“ vom Ausschusse gestrichenen Summen für Straßenbauten in Dalmatien und der Bukowina wieder eingestellt, sodann das Kapitel „Ministerium des Innern“ nach den An⸗ trägen des Ausschusses erledigt und das Kapitel „Landes⸗ vertheidigungs⸗Ministerium“ ohne Debatte nach den Anträgen des Ausschusses angenommen. Sämmtliche Positionen des Etats des Finanz⸗Ministeriums bis zum Kapitel „Salz“ wurden nach den Anträgen des Ausschusses bewilligt. Schließlich wurde eine Interpellation Ljubissa's und Genossen in der Angelegenheit der Errichtung einer griechisch⸗orientalischen Metropole in Czernowitz verlesen.

12. März. (W. T. B.) Auf Befehl des Kaisers wird der hiesige Hof wegen des Ablebens der Königin⸗Mutter 264 Württemberg vom 13. d. auf zehn Tage Trauer an⸗ egen.

; Die „Tropp. Ztg.“ meldet: „Während der Zeitperiode vom 22. Februar bis 1. März 1873 hat die in Schlesien herr⸗ schende Cholera⸗Epidemie weiter die Ortschaft Herzmanitz des Freistädter politischen Bezirkes heimgesucht. In der oben er⸗ wähnten Zeitperiode sind in den Srtschaften Zamost, Poln⸗ Ostrau und Herzmanitz des Freistädter Bezirkes 21 Personen an der Cholera erkrankt. Seit dem Ausbruche der Epidemie, den 283. November 1872, sind in Schlesien bis 1. März J. J. in acht Ortschaften des Freistädter, in 13 Ortschaften des Tesch⸗ ner und in sechs Ortschaften des Troppauer politischen Bezirkes, zusammen in 37 Ortschaften mit einer Bevölkerung von 305634 Einwohner, 543 Personen an der Chalera erkrankt, hiervon 274 genesen, 256 gestorben und 13 in weiterer Behandlung ver⸗ blieben. Bis jetzt ist die Epidemie in 22 von derselben befallen gewesenen Ortschaften erloschen.

Pesth, 11. März. Im Unterhaue legte der Referent Szäéll die Berichte des Central-Ausschusses uber die Steuer⸗ vorlagen und über die Refundirungsangelegenheit der Donau⸗ Dampfschiffahrts⸗Gesellschaft vor. Iranyi's Beschlußantrag wegen Einführung einer Luxussteuer werde nach den Steuer⸗ vorlagen zur Verhandlung gelangen, welche auf die Tages ordnung der Ger e l gesetzt werde. Das Haus setzte demnächst die Debatte über das Budget des Finanz⸗ Ministeriums fort. Bei dem Posten „Bergwerke und Prägeanstalten“ legte der Finanz ⸗Minister Kerkapolyi den Vertrag vor, den er hinsichtlich der Vajdahunyader Eisenwerke abgeschlossen hat. Nach diesem Vertrage wird eine Gesellschaft mit 8 Millionen Stammkapital gebildet. Die ganze Summe wird eingezahlt; das Konsertium erhält für die Geldbeschaffung 5 Prozent. Dis Gesellschaft erhält die Eisengewerke; der Staat übernimmt die Verpflichtung, den Bergwerken das nöthige Holz

und die Holzkohle zu liefern. Der Preis derselben wird alle 10 Jahre neu bestimmt. Die Fracht hat die Gesellschaft zu be⸗ sorgen. Dem Staate werden jährlich 45 Millionen Gulden, das ist so viel, als der bisherige Nutzen, bezahlt. Wenn hier⸗ auf ein Nutzen bleibt, so gehört derselbe der Gesellschaft bis zur Höhe von 7 pCt. des Anlagekapitals. Was über 7 pCt. ist wird zwischen Staat und Gesellschaft getheilt. Hinsichtlich der Zsilthaler Kohlenbergwerke will der Minister einen ähnlichen Vertrag schließen, der sich von dem obigen nur dadurch unter⸗ scheidet, daß dem Staate die Investitionen von 11 Millionen vergütet werden. Auf Antrag des Finanz⸗Ministers blieb der Posten „Isilthal und Vajdahunyad“ in der Schwebe bis der Finanzausschuß den Vertrag berathen und das Haus denselben genehmigt hat. Hierauf erledigte das Haus das Budget des Finanz⸗Ministeriums und den Bericht über die Kredit-Opera⸗ tionen, womit das ganze Budget erledigt ist.

Schweiz. Solothurn, 12. März. (W. T. B.) Die hiesige Wahlbehörde hat auf Antrag der Kirchengemeinde Olten den altkatholischen Pfarrer Herzog in Crefeld mit 12 gegen 1 Stimme zum Pfarrer von Olten gewählt.

Genf, 12. März. (W. T. B.) Pater Hyacinth ist heute hier eingetroffen; derselbe wird seine Vorträge am nächsten Montag eröffnen.

Belgien. Brüssel, 12. März. (W. T. B.) In der Deputirten kammer wurde heute die Berathung über die Vorlage wegen des Ankaufs der Eisenbahn „Grand Luxem⸗ bourg“ fortgesetzt und, nachdem verschiedene Abgeordnete das Wort ergriffen hatten, der Schluß der General-Diskussion ange⸗ nommen. Morgen soll in die Berathung der einzelnen Artikel eingetreten und voraussichtlich auch bereits zur Abstimmung ge— schritten werden.

Großbritannien und Irland. London, 11. März Der Prinz und die Prinzessin von Wales gaben in Marlborough⸗House gestern anläßlich des zehnten Jahrestages ihrer Vermählung einen großen Ball, der Seitens des diploma⸗ tischen Corps und der hohen Aristokratie jehr zahlreiche Bethei⸗ ligung hatte. Während des Balles empfing Ritter Cadorna, der italienische Gesandte, ein Telegramm, worin er ersucht wurde, im Namen des Königs Vietor Emanuel und der König— lichen Prinzen von Italien das Prinzliche Paar zu ihrem Hoch⸗ zeitstage zu beglückwünschen, welchen Auftrages er sich sofort entledigte. In Windsor wurde der freudige Tag dnrch Glocken⸗ geläute und Kanonenschüsse festlich begangen.

12. März. (W. T. B.) Das Oberhaus hat in zweiter Lesung die Bill, betreffend die Errichtung eines Ober⸗ Appellationsgerichtshofes, angenommen.

Gladstone wurde heute Morgen von der Königin empfangen; hierauf fand eine Ministerkonferenz statt. In derselben soll, wie das „Echo“ versichert, der Rücktritt des Ministeriums beschlossen sein. Gladstone hatte nach der Kon⸗ ferenz eine zweite Audienz bei der Königin. In Folge deren gilt es als wahrscheinlich, daß Disraeli sofort in den Palast berufen wird. Die anderen Abendzeitungen enthalten jedoch keinerlei Mittheilungen bezüglich der Ministerkrisis und ist über⸗ haupt nichts Positives darüber bekannt geworden.

Frankreich. Paris, 11. März. „Bien publie“ schreibt:

„Es ist kein Geheimniß, daß die vierte Milliarde, von der schon die erste Hälfte abgezahlt ist, mindestens binnen zwei Monaten in den Händen der Deutschen sein wird und daß kaum noch drei Mo⸗ nate erforderlich sein werden, bis definitiv über Zahlung der fünften verhandelt sein wird, zu der bereits der Staatsschatz die Hälfte in Kasse hat. Laut den früheren Verträgen werden die beiden Departe⸗ ments der Ardennen und Vogesen geräumt, wenn die vierte Milliarde, vollständig abgezahlt ist, also spätestens im Juni, so daß die voll— ständige Räumung der noch besetzten Landestheile spätestens Ende Septembers eine vollbrachte Thatsache sein wird, da diese Frist noth⸗ wendig ist für die Operationen der Abzahlung der letzten Milliarde die durch Tratten bewirkt werden soll, die für Deutschland den Werth des baaren Geldes haben, wobei aber den großen Finanzinstituten diese Zeit gelassen werden mußte, um die Anleihe zu emittiren und die Subskriptien aufzulegen.“

Das Blatt fügt schließlich hinzu:

„Was auch unsere Beschwerden während des Krieges sein mochten, so kann man doch nicht leugnen, daß Deutschland seit Unterzeichnung der Verträge von 1871 und 1872 in allen seinen Schritten uns gegen⸗ über Beweise von Rechtlichkeit, Mäßigung und Umsicht gegeben hat.“

Die „Assemblée Nationale“ theilt folgende Details über die Zusammensetzung der französischen Armee mit:

„Im Jahre 1870 hatten wir 116 Infanterie⸗Regimenter, 21 Jäger⸗Bataillone und 3 Bataillone leichter Infanterie. Das „Mili⸗ tärische Jahrbuch“ von 1873 verzeichnet 126 Linien⸗Regimenter, 4 Zuaven⸗Regimenter, 3 Regimenter algierischer Jäger (Turkos), 1 Frem⸗ den⸗Regiment, im Ganzen 135 Infanterie⸗Regimenter. Außerdem 30 Bataillone Jäger zu Fuß, 3 Bataillone leichter afrikanischer In⸗ fanterie (3ephirs), 5 Disziplinar⸗Compagnien. Im Jahre 1870 be— stand ö Kavallerie aus 6 Garde⸗Regimentern, 10 Kürassier⸗, 8 Ulanen⸗, 12 Jäger-, 8 Husaren⸗Regimentern, 4 Regimentern afrikani⸗ scher Jäger (hasseurs d'Afrique), 3 Spahis⸗-Regimentern, im Ganzen 63 Regimentern und 3 Compagnien der Remonte. Im Annuaire von 1873 ist die Zahl dieselbe; nur existiren die Carabiniers und Ulanen nicht mehr, und wir haben 12 Kürassiert 20 Dragoner⸗, 14 Jäger⸗, 10 Husaren⸗Regimenter, 4 Regimenter Chasseurs d'Afrique und 3 Re⸗ gimenter Spahis. Die Artillerie, die 1870 aus 22 Regimentern, U Regiment Pontonniers und 2 Regimentern Train bestand, zählt 1873 30 Regimenter, 1 Pontonnieur⸗Regiment, das von Metz nach Avignon verlegt wurde, und 2 Train⸗Regimenter. Die Zahl der Arbeiter⸗Compagnien ist von 17 auf 15 gefallen. Die Genietruppen bestehen wie früher aus 3 Regimentern; die Arbeiter-Compagnie ist aufgehoben.“

In Toulon sind 38 Mitglieder der Internationale vor das Polizeigericht gestellt worden.

Versaiklles, 12. März. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der National versammlung wurde die Berathung über die Vorlage der Dreißiger⸗Kommission fortgesetzt. Von dem letzten Artikel wurde der erste Paragraph, betreffend die Ueber⸗ tragung der Gewalten mit 434 gegen 196 Stimmen, der zweite Paragraph, betreffend die Errichtung einer Zweiten Kammer mit 381 gegen 213 Stimmen, der dritte Paragraph, betreffend das Wahlgesetz mit 470 gegen 163 Stiminen, endlich der Paragraph, wonach von der Regierung die ent⸗ sprechenden Gesetzentwürfe vorgelegt werden sollen, mit 451 gegen 183 Stimmen, und schließlich der Artikel im Ganzen mit 367 gegen 227 Stimmen angenommen. Hierauf wurde ein Antrag. des Abg. Kerdrel, daß die bezüglichen Vor⸗ lagen erst nach der Räumung des Landes von der Regierung eingebracht werden sollten, nachdem sich der Justiz⸗Minister Dufaure Namens der Regierung dägegen erklärt hatte, mit 436 gegen 168 Stimmen verworfen. Morgen wird die Diskussion über ein von dem Abg. Naquet vorgeschlagenes Zusatzamendement statt⸗ finden. Die Kommisston für die Handelsverträge hat den Abg. Pouyer⸗Quertier zum Vorsitzenden erwählt.

Spanien. Madrid, 8. März. Der vermittelnde An⸗ trag des Generals Primo de Rivera, ursprünglich das Mino⸗

ritätsvotum der von den Cortes gewählten Kommission, deren Mehrheit der ministeriellen Vorlage feindlich war, setzt den Zu⸗ sammentritt der konstituirenden Versammlung auf den 1. Juni und den Beginn der zur Wahl nöthigen Groß⸗ jhrigkeit auf das 21. Lebensjahr fest; die parlamentarische Lücke bis zur Konstituante soll ein ständiger Ausschuß mit voll⸗ ziehender, nicht blos berathender Macht ausfüllen. Die An⸗ nahme des Antrages hat die Ruhe auf einige Tage gesichert. In Madrid hatte man bereits das Gerücht in Umlauf gefetzt, daß 22 Provinzen entschlossen seien, die Autorität Madrids nicht mehr anzuerkennen, wenn die Auflösung der Versammlung noch weit hinausgeschoben würde.

In Malaga sind ernste Ruhestörungen vorgekommen. Das bewaffnete Volk drang in die Kasernen ein, zwang die ganze militärische Dee ung der Stadt, die Waffen niederzulegen, be⸗ setzte die öffentlichen Gebäude und das Kastell Gibralfaro, und soll die bundesstaatliche Republik ausgerufen haben. Die Sol⸗ daten und Gensd'armen mischten sich nachher unter die Menge, welche, republikanische Lieder absingend, durch die Straßen zog. Vergreifungen an Eigenthum werden nicht gemeldet; im Gegen⸗ theil wurden die Regimentskassen dem stellvertretenden Gouver— neur Fantoni übergeben, und die Zollkassen werden von den be⸗ waffneten Freiwilligen bewacht. Viele wohlhabende Familien verlassen die Stadt. Nachrichten aus Regierungsquellen melden dagegen nur die Entwaffnung von 60 Carabiniers. Der aus Vel .ez⸗Mala ga gemeldete Zusammenstoß zwischen den dortigen Freiwilligen und einer Carlistenbande war unbedeutend; die letz⸗ tere räumte nach einem kleinen Gefechte mit Hinterlaffung von drei Verwundeten das Feld.

12. März. (B. T. B.) Die Nationalversamm⸗ lung hat die drei Artikel des von Primo Rivera ge⸗ stellten vermittelnden Antrages, wonach nur im Allge—⸗ meinen erklärt wird, daß der Tag der Neuwahlen und des Zusammentritts der konstituirenden Cortes festzustellen sei, an⸗ genommen. Nachrichten der Regierung schildern die Verhält⸗ nisse in Valencia, Tarragona, Barcelona sehr günstig, Figueras ist in Barcelona mit großen Freudenbezeigungen empfangen worden.

In der heutigen Sitzung der kammer verlas der Präsident Biancheri ein Schrei— ben des Herzogs von Aosta, worin derselbe seinen Dank für die Seitens der Kammer an ihn gerichtete Ergebenheits— adresse ausspricht; er habe die spanische Krone in der Hoffnung angenommen, dem Lande Ruhe geben zu können; nachdem er jedech eingeseben, daß Spanien unter seiner Regierung nicht glücklich werden könne, habe er der Krone entsagt, mit dem Be⸗ wußtrein, die beschworene Verfassung loyal beobachtet zu haben; Italien werde in ihm immer einen patriotischen Soldaten finden.

Nach aus San Sebastian vom 11. März nach Paris gelangten, aus Regierungsquellen stammenden Nachrichten wäre ein etwa 2000 Mann zählender Carlistenhaufen unter Dorre⸗ garay bei Monreal in Navarra von den Regierungstruppen ge⸗ schlagen worden und hätte viele Todte und Gefangene verloren. Ein anderer Cartistentrupp unter Sorreta hätte gleichfalls eine vollständige Niederlage erlitten und wäre in die Berge von Oyarzun gedrängt worden. Der letztere hätte 23 Todte, dar⸗ unter Soreta, auf dem Platze gelassen, eine große Anzahl sei verwundet, viele seien über die französische Grenze geflohen.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 8. Mirz. „Aftonbladet“ theilt aus zuverlaäͤssiger Quelle mit, daß die Ge⸗ rüchte über eine Erkrankung des Königs der Begründung ent— behren. Der König sei zwar sehr ergriffen worden durch den plötzlichen Hintritt seines geliebten Bruders, befinde sich aber sonst wohl, habe seine gewöhnlichen Promenaden täglich ge⸗ macht und vorgestern Staatsrath gehalten.

Die Obduktion der Leiche des Prinzen August ist gestern durch den Professor Key in Gegenwart der Staatsräthe, des Ober⸗Kommandanten u. a. Personen geschehen; am Mon⸗ tag und Dienstag wird dieselbe auf dem Paradebette gezeigt werden, und das Begräbniß wird am Donnerstag stattfinden. Dazu werden der Erbprinz von Anhalt mit seiner Gemahlin, Schwester der Prinzessin Therese, der Wittwe des Prinzen August, am Dienstag erwartet. Die irdischen Ueberreste des verstorbenen Prinzen werden in dem Sarge ruhen, welcher im vorigen Sommer hier in Stockholm für den König Carl XV. angefertigt, damals aber nicht benutzt wurde, weil man den Sarg anwendete, der in Malmoe angefertigt und in welchem die Königliche Leiche von dort hierher gebracht worden war.

Die Proposition des Königs, betreffend die An⸗ nahme der mit Norwegen und Dänemark abgeschlossenen Münz⸗ Konvention, ist schon am Mittwoch dem Reichstage vorgelegt worden. Da schon früher gemeldet worden ist, daß nach der⸗ selben Gold der alleinige Werthmesser sein, die Recheneinheit Krona (an Werth wenig verschieden von dem jetzigen Reichs⸗ thaler, getheilt in 100 Oere) heißen soll, daß zwei Münzen zu 10 und 20 Kronen von Münzgold, enthaltend 90 pCt. feines Gold, sowie zur Scheidemünze silberne und kupferne Münzen geprägt werden sollen u. a. m., so ist hier aus der Proposition nur zu erwähnen, daß dieselbe die Einführung derselben, sowie die Führung aller öffentlichen Rechenschaften nach dem neuen Münzsystem zum 1. Januar 1875 vorschlägt.

Der Reichstag ist mit der Berathung des Budgets für 1874 beschäftigt. .

Amerika. Aus Washington wird unterm 10. März per Kabel gemeldet: Mr. Caldwell, der neugewählte Senator für Kansas, ist für nicht legal erwählt erklart worden. Die Mit⸗ glieder des diplomatischen Corps haben den Präsidenten Grant anläßlich seines Amtsantritts für die zweite Periode beglück⸗ wünscht.

, ge el, 1I. März. (W. T. B.) Nach Berichten aus Mexiko ist Porfirio Diaz zum Oberrichter von Mexiko erwählt worden. Der nordamerikanische General Austun ist in der Grenzstation am Rio⸗Grande del Norte , , le. um Maß⸗ regeln zur Sicherung der amerikanischen Grenzbevölkerung zu treffen. ̃ .

ö Asien. Die neuesten indischen Zeitungen melden den Tod zweier indischen Fürsten, des Maharadschah von Johdpore und des Radscha's von Dhalepore. Letzterer leistete den Flüchtlingen von Gwalior im Jahre 1857 gute Dienste, für welche er, wie für seine Loyalität im Allgemeinen, das Groß⸗ kreuz des Sterns von Indien erhielt.

Knnst und Wissenschaft. ;

Berlin, 13. März. Das Ballet des Königlichen Operuhauses brachte gestern Abend neu einstudirt und mit zum Theil neuer Ausstat⸗ tung ein älteres choreogzaphisches Werk: Aladin oder die Wunder⸗ lampe“. Dieses früher gern gesehene Zauberballet, eine Erfindung des verstorbenen Königlichen Balletmeister Hoguet, hatte mehrere Jahre geruht und damit auch äußerlich in Bezug auf Besetzung ein verändertes Ansehen erhalten. Die Partie der Prinzessin Baldrent⸗ baldour, einst von Frl. Marie Taglioni getanzt, ist ietzt von Frl.

De putirten⸗