1873 / 70 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 20 Mar 1873 18:00:01 GMT) scan diff

Aichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 20. März. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen gestern Vormittag um 11 Uhr die Meldung Sr. Hoheit des Herzogs Wilhelm von Mecklen⸗ burg entgegen und ließen Sich alsdann vom Civil Keabinet Vortrag halten. Um 1 Uhr empfingen Allerhöchstdieselben eine Deputation aus dem Herzogthum Lauenburg, bestehend aus dem Erb⸗Landmarschall von Bülow, Senator Michelson und Landsyndikus Hoffmann, nahmen hierauf aus den Händen des Prinzen A. zu Solms die Orden seines Oheims, des verstorbenen Fürsten zu Solms⸗Braunfels, entgegen und empfingen alsdann den Fürsten Reuß j. L. In den Mittagsstunden machten Se. Majestät eine kurze Spazierfahrt und dinirten um 5 Uhr mit Ihrer Majestät der Kaiserin, dem Fürsten und der Fürstin Wied und dem Fürsten von Hohenzollern. .

Beide Kaiserliche Majestäten besichtigten gestern Abend die Passage wo ein Jonzert faattfand.

= Heute machten Se. Majestät Ihrer Königlichen Hoheit der verwitweten Großherzogin von Mecklenburg- Schwerin einen Besuch, nahmen nacheinander die Besuche des Prinzen Herr⸗ mann von Sachsen⸗Weimar mit seinem ältesten Sohne, des Erbgroßherzogs, und des Herzogs Paul von Mecklenburg⸗ Schwerin, und hierauf militärische Meldungen im Beisein des Kommandanten entgegen und ließen Allerhöchstsich von dem Feldmarschall Grafen Roon, dem General⸗Lieutenant von Ka⸗ meke und dem Obersten von Albedyll Vortrag halten. 3.

Wer geuse empfing Ihce Majestät die Kaiserin- Königin die ein⸗ 4 Hohen Gäste. Das Familiendiner fand bei Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Carl statt. ö

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm gestern um 114 Uhr militärische Meldungen entgegen, empfing um 4 Uhr den Flügel⸗Adjutanten Grafen Finkenstein, und begab Sich um 66 Uhr zum Empfang Ihrer Königlichen Hoheiten des Großherzogs und der Großherzogin von Sachsen⸗Weimar, sowie der Prinzessinnen Marie und Elisa⸗ beth, nach dem Anhalter Bahnhof.

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Se. Durchlaucht der Fürst zu Schaumburg⸗ Lippe und Se. Durchlaucht der Erbprinz treffen in Begleitung der Adjutanten heute Abend 38 Uhr 15 Minuten mit der Lehrter Bahn ein und steigen im British Hotel ab.

Se. Durchlaucht der Fürst Reuß ä. L. kommt morgen Abend in Begleitung seines Adjutanten, Oberst⸗Lientenant Frei⸗ herr von Feilitzsch hier an und steigt im Hotel Royal ab.

Se. Hoheit der Herzog Paul von Mecklenburg⸗ Schwerin traf heute früh 5 Uhr 50 Min. mit der Lehrter Bahn ein und stieg im Hotel Hohenzollern ab.

Se. Hoheit der Erbprinz von Hohenzollern trifft heute Abend 8 Uhr 15 Minuten mit der Lehrter Bahn ein und steigt im Königlichen Schlosse ab; zu derselben Zeit trifft Ihre Königliche Hoheit die Erbprinzessin von Hohenzollern und nicht, wie gemeldet, erst am 21. d. M. ein. In der Begleitung befinden sich die Hofdame. Gräfin Strachwitz und Kammerherr Major a. D. von Brauchitsch.

In der vorgestern unter Vorfitz des Staats-Ministers Delbrück abgehaltenen Plenarsitzung des Bun des raths wurde die am 15. d. M. unterzeichnete Spezial⸗Konvention mit Frank⸗ reich wegen Zahlung des Restes der Kriegskosten⸗Entschädigung vorgelegt. Hierauf wurden Ausschußberichte erstattet über: a. den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Münzverfaffung; b. die Verwendung der in Altona aufgekommenen Nachsteuer; c. die Verwendung der Nachsteuer aus dem Freihafengebiete Brake; d. die Kosten des Retablissements des Kriegskarten⸗ Bedarfs; e. die Ausdehnung der Wirksamkeit der Bundes⸗ Schulkommission auf Bayern. Demnächst wurden mehrere Ein⸗ gaben vorgelegt. Endlich wurde über den Entwurf eines Ge⸗ setzes, betreffend die Weinsteuer in Elsaß⸗Lothringen berathen.

Durch den Ausschuß des Bundesraths für Rechnungs⸗ wesen ist die vorläufige Feststellung der Zölle und Verbrauchssteuern, welche die zum Zollgebiete des Deutschen Reichs gehörigen Staaten für das Jahr 1872 an die Reichskasse abzuführen haben, erfolgt. Nach der⸗ selben sind an Einnahmen, an welchen sämmtliche Bundes⸗ staaten Theil nehmen, überhaupt 42, 922,309 Thlr. abzuliefern, nämlich Ein⸗ und Ausgangsabgaben 31,485 937 Thlr., Rüben⸗ zuckersteuer 2,770 056 Thlr. Salzsteuer 8,226,327 Thlr., Ta⸗ bakssteuer 440,489 Thlr. Diejenigen Einnahmen, an welchen Bayern, Württemberg und Baden keinen Theil haben, belaufen sich auf 12,057,811 Thlr. und zwar: Branntweinsteuer und Uebergangsabgabe von Branntwein 7, 825,645 Thlr. (darunter 394,162 Thlr. Aversa), Braumalzsteuer und Uebergangsak gabe von Bier 232,166 Thlr. (darunter 213,201 Thlr.). Der Ge⸗ sammtbetrag der an die Reichskasse für 1872 abzuführenden Ein⸗ nahmen stellt sich hiernach auf 54, 980 620 Thlr., denen noch 68, 587 Thlr. Beiträge zur Deckung der Freischreibungen für privative Rechnung der Staaten des vormaligen Norddeutschen Bundes und 3013 Thlr. Nachsteuer aus dem Jahre 1868 hinzutreten. Die Aversa für die außerhalb der Zollgrenze liegenden Bundes⸗ gebietstheile und die vorgedachten Beiträge zur Deckung der Freischreibungen für die Norddeutschen Staaten werden besonders festgestellt. Die einzelnen Staaten ꝛ. haben für 1872 folgende Beträge an die Reichskasse abzuliefern: Preußen für die Haupt⸗ lande 35,743, 424 Thlr. und für Hohenzollern 42,520 Thlr. Lauenburg 36,198 Thlr., die Kaiserlichen Haupt⸗Zollämter zu: Lübeck 265,940 Thlr., Bremen 347,152 Thlr. und Hamburg S56,374 Thlr.; ferner: Bayern 3,027,642 Thlr., Sachsen 401, 806 Thlr., Württemberg 1, 250, 502 Thlr., Baden 1,934, 488

lr., Hessen 1,167,715 Thlr., Mecklenburg⸗Schwerin 367, 320

lr., Mecklenburg⸗Strelitz 55, 225 Thlr, Sachsen⸗Weimar 153,819 Thlr., Oldenburg 150 8665 Thlr., Braunschweig 556 315 Thlr., Sachsen⸗Meiningen 319, 943 Thlr., Sachsen⸗Altenburg 147,218 Thlr., Sachsen⸗Coburg⸗Gotha 158,193 Thlr., Anhalt 654,934 Thlr., Schwarzburg⸗RKudolstadt 60,770 Thlr., Schwarz⸗ burg⸗Sondershausen 32.381 Thlr., Reuß ä. L. 19,978 Thlr. Reuß j. L. 160,798 Thlr., Elsaß⸗Lothringen 3, 455, 100 Thlr.

Der Betrag der am Schlusse des Jahres 1872 verbliebenen, von den Bundesregierungen erst im Jahre 1873 an die Reichs⸗ kasse einzuzahlenden Kredite beläuft sich im Ganzen auf 22,534, 495

Thaler, von welchen 8,932,465 aler im 1. Quartal und 13,6023. 030 Thlr. im 2. Quartal d. J. fällig werden. Die

Kredite, an welchen sämmtliche Bundesstaaten Theil nehmen,

betragen 18,361,503 Thlr., nämlich 5,299,907 Thlr. Zölle, 10 111,307 Thlr. Rübenzuckersteuer, 2, 32, 884 Thlr. Salzsteuer und 216,910 Thlr. Aversa für die außerhalb der Zolllinie lie⸗ genden Gebiete. Die Kredite, an welchen Bayern, Württemberg und Baden keinen Theil haben, belaufen sich auf 4 173,492 Thaler, nämlich 4 112,542 Thlr. Branntweinsteuer und 60, 950 Thaler Aversa für die außerhalb der Zolllinie liegenden Gebiete.

= Der Reichstag beschäftigte sich in seiner gestrigen (5.) Sitzung, welche der Reichskanzler Fürst v. Bismarck und der Praͤsident des Reichskanzler⸗Amtes Staats⸗Minister Delbrück mit zahlreichen Mitgliedern des Bundesrathes beiwohnten, sei⸗ ner Praxis gemäß mit Anträgen, die aus der Mitte des Hauses hervorgegangen waren: zuvßrderst mit dem Entwurf eines Reichs⸗Preßgesetzes (S. unter Reichstags⸗Angelegenheiten), der von dem Abg. Windthorst (Berlin) und Genessen einge⸗ bracht ist und von dem Antragsteller, den Abgg. Bie⸗ dermann, Ewald und Windthorst (Meppen) unbe⸗ dingt, von den Abgg. v. Helldorf und v. Kardorff mit Einschränkungen zur Annahme empfohlen und vor dem Eintritt in die zweite Berathung an eine Kommission von 21 Mitgliedern verwiesen wurde. Dagegen wurde ein Antrag der Abgg. Schraps und Sonnemann, die Aufhebung der gegen den Abg. Bebel erkannten Haft für die Dauer der gegenwärtigen Sitzungsperiode zu verlangen, mit sehr ftarker Majorität abge⸗ lehnt, nachdem die Abgg. Kanngießer und v. Mallinckrodt die Unverträglichkeit dieses Verlangens mit Art. 31 der Reichsver⸗ faffung nachgewiesen hatten. Die gestrige Sitzung dauerte von 3—57 Uhr; die nächste wird am Freitag 3 Uhr stattfinden.

Im weiteren Verlauf der gestrigen Sitzung des Hauses der Abgeordneten, wurde der Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung des 5 3 des Gesetzes vom 19. März 1860 wegen Rexiston der Rormalpreise an die Agrarkommission verwiesen und darauf in erster und zweiter Berathung die Ge⸗ setzentwürfe über die Abänderung des 5§. 235 des Allgemeinen Berggesetzes vom 24 Juni 1865 und über die Aufhebung verschiedener Gesetze und Verordnungen der ehemaligen freien Stadt Frankfurt erledigt, worauf sich das Haus um 273 Uhr vertagte.

In der heutigen (69.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher am Ministertisch der Staats -⸗Minister Dr. Falk mit mehreren Regierungs⸗Kommissarien beiwohnte, begründete zunächst der Abg. v. Grand⸗Ry folgende von ihm geftellte Interpellation:

Es sind Mandate für das Haus der Abgeordneten erledigt: seit dem I3. Oktober v. J. für den 4. Wahlbezirk, Reg. Bez. Breslau, seit dem 2. Dezember v. J. für den 3. Wahlbezirk, Reg. Bez. Aachen, seit dem 16. Dezember v. J. für den 6. Wahlbezirk, Reg.⸗Bez. Frank furt a. O., inen, 2353. Dezember v. J. für den 2. Wahlbezirk, Reg. Bez. Coblenz, seit dem 4 Januar d. J für den 4 Wahlbezirk, Reg. Bez. Aachen, seit dem 19. Januar d. J. für den 8. Wahlzirk. Reg. Bez. Breslau. Ich beehre mich die Frage an die Königliche Staats⸗ reglerung zu richten: 1) ob und wann die Neuwahlen für die genannten Bezirke angeordnet worden sind; 2) durch welche Umstände die außer—⸗ gewöhnliche Verzögerung der Neuwahlen herbeigeführt worden ist?

Der Regierungs⸗Kommissar Geh. Regierungs- Rath Stein⸗ mann beantwortete die Interpellation dahin, daß sofort, nach⸗ dem die erledigten Mandate der Regierung mitgetheilt worden, auch Seitens der Königlichen Staatsregierung die Neuwahlen angeordnet worden seien; die Verzögerung sei dadurch herbeigeführt, daß zahlreiche Ersatzwahlen von Wahlmännern erfoderlich seien. Demnächst trat das Haus in die dritte Berathung des Gesetz⸗ entwurfs über die Vorbildung und Anstellung der Geistlichen. In der Generaldiskussion nahmen wiederum die Abgg. Reichen⸗ sperger (Olpe), Strosser und Dr. v. Gerlach gegen die Vorlage das Wort, während der Abg. Dr. Petri dieselbe vertheidigte. In der Spezialdebaite wurden die 5§. 1— ] ohne Diskussion angenom⸗ men, gegen §. 8 sprach nur der Abg. Dr. Reichensperger (Coblenz), worauf dieser 8. sowie die * 9 = 13 ebenfalls zur Annahme gelangten. Beim Schluß des Blattes sprach der Abg. von Mallinckrodt zu 5. 14.

Se. Majestät der Kaiser und König haben die Widmung des von Dr. C. Beyer in Eisenach als jüngstes Produkt seiner Rückert⸗Forschungen herausgegebenen Werkes: „Kritische Gänge und neue Mittheilungen über Fr. Rückert, den Dichter und Gelehrten“ anzunehmen geruht.

Se. Majestät der Kaiser und König haben den Bildhauer Spies in München mit dem Auftrage beehrt, die von ihm modellirte Büste des kürzlich verstorbenen Commandeurs des II. bayerischen Armee⸗Corps, Freiherrn von Hartmann die einzige Büste übrigens, welche von dem verdienstvollen Ge⸗ neral existirt für Allerhöchstdieselben in Marmor auszuführen.

Die Königliche Hauptverwaltung der Staatsschulden kündigt zum 1. Juli 1873 sämmtliche bisher noch nicht zur Kündigung gelangten Partial⸗-Obligationen der nachbe⸗ zeichneken durch Vermittelung des Bankhauses von Rothschild und Söhne zu Frankfurt a. M. aufgenommenen 414 prozentigen vormals Nassauischen Staats⸗Anleihen: Anleihen vom 28. April 1860, 15. Dezember 1860, 17. Juni 1861.

Wir werden die betreffende Bekanntmachung morgen ver⸗ öffentlichen.

Der 44. Kommunal⸗Landtag von Altpommern wurde am 12. d. M. in Stettin durch den Wirklichen Geheimen Rath und General⸗Landschafts⸗Direktor von Köller als Vorfitzen⸗ den mit einem dreifachen Lebehoch auf Se. Majestät den Kaiser und König eröffnet, zu welchem die Versammlung einstimmend, sich erhob. Der Vorsitzende verlas dann die Namen der neu eingetretenen Abgeordneten und stellte dieselben der Ver⸗ sammlung vor. Nach Ernennung des Abgeordneten von Putt⸗ kamer zum Censor und Vertheilung der eingegangenen Pro⸗ ponenda schloß die erste Sitzung.

In der zweiten Sitzung am 13. d. M. ersuchte au Vorschlag des Vorsitzenden die Versammlung denselben, 3 einer Deputation, bestehend aus dem kommandirenden General und dem Ober⸗Präsidenten von Münchhausen anzuschließen, welche sich nach Berlin begeben wird, um Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit den Kronprinzen als Statthalter von Pom⸗ mern bei Seiner Wiedergenesung und Rückkehr zu beglück⸗ wünschen. ;

Aus den hierauf gefaßten Beschlüssen über die vorgetragenen 26 Proponenden heben wir hervor:

Der Landtag nahm Kenntniß von dem Schreiben des Di⸗ rektors der Altpommerschen Landstube vom 19. September 1872, mit welchem derselbe die Verhandlungen wegen der Seitens der Altpommerschen Landstube im Juni 1372 bewirkten Uebernahme der Landarmen⸗Anstalten zu

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Ueckermünde und Neustettin, sowie der Provinzial⸗Irrenanstalt zu Rügenwalde nebst Zubehör in die Verwaltung der Alt⸗ pommerschen Stände überreicht. Auf den Antrag der Stän⸗ dischen General⸗Direktion der Altpommerschen Land⸗Feuer⸗

Sozietät genehmigte der Landtag den definitiven Beitritt zu dem

nunmehr Allerhöchst bestätigten Verbande der öffentlichen Feuer⸗ Sozietäten Deutschlands. Das Gesuch des Kuratoriums der Waisenmãdchen⸗Erziehungs⸗ und Taubstummenanstalt zu Bütow um eine jährliche Unterstätzung von 300 Thlrn. auf drei Jahre fand Widerspruch, indem die Landstube vorgeschlagen Beihülfe auf 200 Thlr. und auf drei Jahre zu beschränken. Bei der Abstimmung wurde dieser Antrag zum Beschluß er⸗ hoben. Auf den Bericht der Altpommerschen Landstube vom i0. März 1873 wurde beschlossen, den Direktor für das Land⸗ armenwesen und General⸗Direktor der Altpommerschen Land⸗ Feuer⸗Sozietät an den Kommunal ⸗Landtags⸗Verhandlungen mit berathender Stimme Theil nehmen zu lassen. Der Land⸗ tag nahm Kenntniß von dem Schreiben der Altpommerschen Landstube vom 2. März 1873, mit welchem derselbe die Ueber⸗

sicht der sämmtlichen Einnahmen und Ausgaben des Altpommer⸗

schen Provinzial⸗Chausseebau⸗Prämienfonds für das Jahr 1872 übernimmt. Dieselbe weist eine Soll⸗ und Ist⸗CLinnahme von 74398 Thlr. 7 Sgr. 7 Pf., eine Soll⸗ und Ist⸗Ausgabe von 70, 888 Thlr. 18 Sgr. 9 Pf., und einen am Sah een f gf ver⸗ bliebenen disponiblen baaren Kassenbestand von 3509 Thlr. 18 Sgr. 10 Pf. nach. Von dem Schreiben des Ober⸗Präsi⸗ denten vom 109. März 1873, nach welchem a. die Repartition und Ausschreibung der pro 1873 aufzubringenden Provinzial⸗ Beiträge zu den Prämien⸗Chausseebauten in Altpommern von überhaupt hö, 00 Thlr. veranlaßt ist, und b. der Betrag, welchen der Saatziger Kreis von dieser Summe in Vertretung der ehe⸗ mals märkischen Ortschaften für die Bergangenheit vorweg zu leisten hat, sich auf 303 Thlr. 3 Sgr. 4 Pf. beläuft, so daß der Kreis nach Zahlung desselben noch mit 9090 Thlr. 20 Sgr. 3 Pf. in Schuld verbleibt, nahm der Landtag Kenntniß.

Auf das Schreiben des Ober⸗Praͤsidenten vom 17. Januar 1873, betreffend die bereits im Jahre 1871 in Anregung ge⸗ brachte Veröffentlichung kurzer Berichte über die jedesmaligen Tagessitzungen der Kommunal-⸗Landtage durch den „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeiger“, beschloß der Landtag, dem Ober⸗Präsidenten zu dem angegebenen Zwecke eine Abschrift der täglichen Pro⸗ tokolle des Landtages zugehen zu lassen. Ferner genehmigte der Landtag wegen des von den Ständen sämmtlicher Provinzen durch Vermittelung der Ober⸗Präsidenten zu bewirkenden Aus⸗ tausches der ständischen Verwastungsberichte und der Einreichung je eines Exemplars dieser Berichte an den Minister des Innern, daß die über die ständische Verwaltung von dem Vorsitzenden zu erftattenden Jahresberichte über die ganze ständische Ver⸗ waltung auf eine Zusammenstellung und Uebersicht der Jahres⸗ berichte und Kassenabschlüsse, welche die Vorsände der einzelnen ständischen Institute zu erstatten und beziehungsweise einzu⸗ reichen haben, zu beschränken ist und erst nach Ablauf des Verwaltungsjahres, also zuerst Anfangs 1874 einzureichen ist. Auf den Antrag des Referenten von Heyden beschloß der Landtag von weiteren Schritten bezüglich der Grundsteuer⸗ freiheit der Liegenschaften der Landarmen ⸗Anstalt zu Neustettin Abstand zu nehmen.

Der Fürst Wilhelm von Wied ist hier eingetroffen und hat im Niederländischen Palais Wohnung genommen.

Der Fürst Emil gon von Fürstenberg ist heute früh aus Prag hier angekommen, und im Hotel Royal abgestiegen.

Der General der Infanterie z. D. Graf Monts ist hier eingetroffen und im Hotel Petersburg abgestiegen.

Bayern. München, 18. März. Die Kaiserin von Rußland und die Großfürstin Maria, ihre Tochter, so⸗ wie die Königin von Württemberg mit der Großfürstin Vera sind heute Morgens 8 Uhr von Salzburg abgereist und gegen 11 Uhr auf der Station Rosenheim eingetroffen, wo kurz zuvor die Königin⸗-Mutter von Bayern mit dem Schnellzuge aus München eingetroffen war, um die Kaiserin zu begrüßen. Nach viertelstündigem Aufenthalt hat die Kaiserin mit ihrer Tochter die Reise über Kufstein artgesetzt, während die Königin⸗ Mutter mit der Königin Olga und der Großfürstin Vera um halb 1 Uhr Mittags wieder hier anlangte. Nach gegenseitigent herzlichen Abschied hat dann die Königin von Württemberg mit der genannten Großfürstin die Rückfahrt nach Stuttgart fort⸗ gesetzt.

Da nach 5. 18 des Landtagsabschiedes vom 28. April v. J. eine Appell ationsgerichts⸗Präsidenten stelle außer der zur Zeit nicht besetzten Stelle am Appellationsgerichte zu Aschaffenburg dem Einzuge, wahrscheinlich bei der am 1. Oktober 2. J. stattfindenden Verschmelzung von 4 in 2 Appellations⸗ gerichte, hätte unterliegen müssen, so ist durch den Tod des Appellationsgerichts⸗Präsidenten von Metz in Bamberg diese Reduktion von selbst eingetreten.

Bamberg, 17. März. Der Prinz und die Prinzessin Ludwig von Bayern find gestern Mittag zum Besuche der verwittweten Königin von Griechenland eingetroffen und gedenken 8 Tage hier zu verweilen.

Württemberg. Stuttgart, 17. März. Der Prinz August von Württemberg ist heute von hier wieder ab⸗ gereist.

19. März. (W. T. B.) Die Kommission der Kammer der Standesherren beantragt, den Beschlüssen der Zweiten Kammer bezüglich des Militär⸗Etablissements⸗Gesetzes beizutreten und gleichzeitig an die Staatsregierung das Ersuchen zu richten, erstens, daß dieselbe mit möglichster Sparsamkeit vor⸗ gehe, und zweitens, sie möge dafür wirken, daß Südwest⸗Deutsch⸗ land und der Schwarzwald durch Anlage von Reichsfestungen gesichert werden. Der Landtag wird voraussichtlich am Sonn⸗ abend geschlossen werden.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Gotha, 19. März. Die Gesetz Sammlung für das Herzogthum Gotha veröffentlicht ein Gesetz, die Veranlagung der Einkommen- und Klafsen⸗ steuer auf die Finanzperiode vom 1. Juli 1873 bis zum letzten Juni 1877 betreffend Vom 19. März 1873. Nach diesem Gesetz hat die am 39. Juni 1873 bestehende Veranlagung der Einkommen⸗ und Klassensteuer auch für die Finanzperiode vom 1. Juli 1873 bis 39. Juni 1877 Gültigkeit, jedoch unbeschadet der von den Einschätzungs⸗Kommissionen für jedes Rechnungs⸗ jahr der Finanzperiode vorzunehmenden Revisionen.

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Oesterreich⸗ Ungarn. Die „Salzburger Ztg. meldet unterm 17. d.: Ihre Majestät die Königin Olga von Würt⸗ temberg und Ihre Kaiserliche Hoheik die Großfürstin Verg von Rußland sind gestern Abends 10 Uhr 20 Minuten mit Separatzug von Stuttgart angekommen und im Hotel Nelbõck abgestiegen.

Ihre Majestät die Kaiserin von Rußland und Ihre Kaiserlichen Hoheiten Großfürst Wladimir und Großfürstin Marie trafen um eine Stunde später, nämlich um 11 Uhr 20 Minuten, mit Separathofzug von Pasfau am hiesigen Bahn⸗ hofe ein und nahmen im Hotel Europe das Absteigequartier.

19. März. Die „Wiener Abendpost“ sieht sich durch den Umstand, daß Seitens militärischer Fachblätter die „Wehrzei⸗ tung“ als kriegsministerielles Organ bezeichnet worden ist, von Neuem veranlaßt, auf das Nachdrücklichste zu erklären, daß die „DOesterreichisch⸗ ungarische Wehrzeitung“ mit dem Iteichs⸗Kriegs⸗ Ministerium in gar keinen näheren Beziehungen stehe, daher eine Solidarität zwischen ihren Anschauungen und benen der obersten Kriegsverwaltung niemals vorausgesetzt wer⸗ den dürfe.

Pesth, 18. März. Im Unterhause überreichte Franz Deük ein Gesuch des allgemeinen Beamtenvereines um Theuerungszulagen für die Staatsbeamten. Hierauf setzte Fi⸗ nanz⸗Minister Kerkäpolyi seine gestern unterbrochene Rede zur Berathung der Vorlage über die Personalerwerbsteuer fort; wi⸗ derlegte unter Beifall die gegen den Gesetzentwurf über die Personalerwerbsteuer aufgetauchten Einwendungen und empfahl den Entwurf zur Annahme. Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf mit 202 gegen 107 Stimmen angenommen.

ierauf wurde in die Berathung des Gesetzentwurfes über die tempelsteuer eingegangen.

19. März. In der heutigen Sitzung des Unter⸗ hauses wurde das Stempelsteuergesetz angenommen, Wie der „Pester Lloyd“ meldet, hat nunmehr der Finanz⸗Minister Kerkapolyi am gestrigen Tage die Kaiserliche Genehmigung zur Vorlegung eines Gesetzentwurfes erhalten, welcher die Re⸗ gierung ermächtigen soll, die Gründung einer großen ungari⸗ schen Escomptebank zu konzessioniren. Derselben würden für gewisse Verpflichtungen, welche sie als Regierungsbank dem Staate gegenüber übernimmt, auch eine Reihe besonderer Be⸗ günstigungen gewährt werden. Bezüglich der Ausführung habe sich der Finanz⸗Minister durch Vertragsprotokoll mit einer bedeu⸗ tenden Finanzgruppe von vornherein sichergestellt; die Bestim⸗ mungen des letzteren seien mit denjenigen des Gesetzentwurfes vollkommen übereinstimmend.

Schweiz. Bern, 19. März. (W. T. B.) Der hiesige Regierungsrath hat 3 Bataillone aufs Piquet gestellt.

Neuenburg, 19. März. (W. T. B.) Der große Rath des Kantons Reuenburg hat das neue liberale Kirchen⸗ gesetz mit 48 gegen 32 Stimmen in erster Lesung angenommen.

Belgien. Brüssel, 18. März. Die Kammer der Repräsentanten hat die Berathung des Budgets des Innern zu Ende geführt und dasselbe mit 72 gegen 4 und eine neutrale Stimme angenommen. Herr Rogier erklärte dabei, daß seine Annahme des Budgets nicht auch die Zustimmung zu allen Handlungen des Ministers des Innern bedeute. Bei dem Artikel „Schöne Künste“ im Budget des Innern ward die Summe für den Ankauf von Kunstwerken um 20, 000 Fr. und die Subsidien für die Musikschulen außer den Königlichen Konservatorien von 72 0090 auf 90000 Fr. erhöht. Es wurde dann ein Kredit von 200 000 Fr. für die Bewaffnung der Gensd'armerie votirt, bei welcher Gelegenheit Herr Guillery anfragte, ob die Unter⸗ handlungen wegen der Wiederbesetzung des Kriegs⸗Ministe⸗ riums, welches jetzt von dem Finanz⸗Minister Herrn Malou interimistisch verwaltet wird, bald zum Ziele führ würden, worauf Herr Malou erwiderte, daß darüber bisher nichts Be⸗ stimmtes verlaute.

Großbritannien und Irland. London, 18. März. Das Befinden des. Deutschen Botschafters Grafen von Blernstorff flößt trotz der ziemlich günstigen Bulletins noch immer Besorgnisse ein. Dem neuesten Bulletin nach hat der Patient wieder eine ziemliche Nacht verbracht und seine Kräfte hatten keine Abnahme erfahren. Die Königin, sowie sämmtliche Mitglieder der Königlichen Familie ziehen täglich Erkundigungen nach dem Befinden des Botschafters ein.

Aus dem Auswärtigen Amte wird das von der franzö⸗ sischen Nationalversammlung am 14. d. angenommene und von der französischen Regierung promulgirte Gesetz, welches den bestehenden Vertrags tarif beibehält veröffentlicht. Dasselbe lautet: Die gegenwärtigen Tarife bleiben bis zur Anwendung der von der Nationalversammlung votirten oder zu votirenden neuen Tarife in Kraft.“

Frankreich. Paris, 17. März. Die Worte, welche der Präsident Thiers an die Deputation der Nationalver— sammlung richtete, lauten: ö

„Für die von mir gemachten Bemühungen ist die beste Btloh— nung, die, welche mich am meisten rührt, der Beweis des Vertrauens, welchen Sie im Namen des Landes und der dasselbe vertretenden Na⸗ tionalversammlung überbringen“.

Als Martel, der Fuhrer der Deputation, diese Worte der Versammlung mittheilte, wurden sie mit vielem Beifall aufge⸗ nommen.

18. März. Nach der gestern der Kammer vorgelegten Darlegung über das Budget beträgt die Liquidationsrechnung 773 Millionen in Ausgaben, die durch 630 Millionen Einnah⸗ men gedeckt sind. Da diese Ausgaben in fünf Jahren gemacht werden sollen, so ergiebt sich nach dieser Zeit ein Defizit von 140 Millionen, das der schwebenden Schuld zur Last geschrieben werden soll. Die schwebende Schuld selbst ist möglichst wenig 583 und gestattet, allen Bedürfnissen gerecht zu werden. Diese

edürfnisse haben aber nur auf die Vergangenheit Bezug, da das laufende Jahr kein Defizit darbietet. Die Einzahlungen auf die Anleihe, welche im Monat Januar auf 250 Millionen stiegen, tragen jetzt monatlich 100 Millionen ein. Aus der Darlegung geht im Ganzen hervor, daß das laufende Budget im Gleich⸗ gewicht ist, daß das von 1874 im Gleichgewicht sein wird, daß die nicht gedeckten Ausgaben für die Liquidationsrechnung in 5 Jahren 140 Millionen betragen werden, endlich daß von den 1500 Millionen, welche an Deutschland noch zu bezahlen sind, sich die Hälfte in den Staatskassen befinde und daß die zweite Hälfte durch die monatlichen Einzahlungen auf die Anleihe ge⸗ deckt werden könne. Zu bemerken ist noch, daß die beiden ersten Monate dieses Jahres an Steuern 61 Millionen mehr einge⸗ tragen haben, als im Budget vorausgesehen worden ist.

Versailles, 19. März. In der heutigen Sitzung der Nationalversammlung verlas der Abgeordnete Victor Le⸗ trane den Bericht der Kommission, welcher die Prüfung des mit Deutschland abgeschlossenen Räumungsvertrages oblag. In dem Bericht wird von Neuem der Regierung des Präsidenten Thiers

Anerkennung gezollt, ferner die Geschicklichkeit der Finanzverwal⸗ tung rühmend erwähnt und schließlich die Sympathie des fran⸗ a her Volkes für die Stadt Verdun ausgedrückt. Von der Versammlung wurde der Vertrag mit Einstimmigkeit bestätigt.

Italien. Rom, 15. März. Wie die ministerielle ‚Opi⸗ nione? meldet, hat der Deputirte Rastelli nunmehr seinen Be⸗ richt über das römische Klostergesetz beendet. Vor den Osterferien wird der Bericht indeß kaum zur Verhandlung in der Kammer kommen, zumal da auch die Kommission noch eini⸗ gen Artikeln eine andere Fassung zu geben wünscht.

Der König hat zur Feier seines und des Kronprinzen Ge⸗ burtstags (König Victor Emanuel ist am 14. März 18290, Prinz Humbert am 14. März 1844 geboren), eine namhafte Zahl Offiziersbeförderungen angeordnet. Uebermorgen werden der König und sein jüngerer Sohn Prinz Amadeus in Florenz zusammentreffen. .

Der Prinz von Hohenzollern und seine Mutter, die Fürstin von Hohenzollern, sind vorgestern in Venedig angekommen, wo 3 Graf und die Gräfin von Flan⸗ dern weilen. =

Der Minister des Innern hat einen die Verbesserung der römischen Grund⸗ und Bodenverhältnisse betreffenden Ge⸗ setzentwurf ausgearbeitet und gedenkt ihn dem Parlamente nächstens zur Prüfung und Annahme vorzulegen.

Der Ehef des Generalstabes der römischen Division, Oberst⸗Lieutenant Graf Lanz a, ist zum Militär⸗Attaché der italienischen Gesandtschaft in Paris ernannt worden, und der Militär⸗Attaché der italienischen Gesandtschaft in Paris, Oberst⸗ Lieutenant Rossi, zum Chef des Generalstabs der römischen Division.

Die russische Kolonie in Neapel hat sich zum Empfang der Kaiserin nach Sorrent begeben. Prinz Adalbert von Bayern ist ebenfalls dahin abgereist.

Zu Chambery ist der Kardinal Erzbischof Alessio Billet im Alter von 90 Jahren verstorben. 1

In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer las der Präsident das nachstehende eigenhändige Antwortschreiben des Herzogs von Aosta auf die ihm von der Kammer nach Lissabon gesandte Adresse:

Ein hoher Beruf wurde mir ertheilt. Ich nahm ihn an und brachte dabei das größte Opfer, mein theures Vaterland. Ich nahm ihn an, um Spanien die Ruhe und den Frieden wiederzugeben. Mehr als zwei Jahre sind seitdem verflossen. Zu meinem Schmerze muß ich sagen, ich verlasse es noch mehr getheilt, noch mehr zerrüttet. Da ich sah, daß Spanien unter meiner Regierung sein Glück nicht wie— der finden konnte, so habe ich auf seine Krone verzichtet, nachdem ich die von mir beschworene Verfassung treu beobachtet habe. Ich kehre nach Italien zurück. Es darf gewitz sein, in mir einen Soldaten und Bürger zu finden, welcher sein Vaterland liebt und bereit ist, sein Leben dafür zu lassen. Ich bitte Sie, Herr Präsident, sich zum Dol⸗ metscher meiner Gefühle in der Kammer zu machen und ihr meinen lebhaftesten Dank für die Adresse auszudrucken, welche sie mir ge— schickt hat.

19. März. In der heutigen Sitzung der Deputirten⸗ kammer stand der Antrag Nicotera's, betreffend die Ausrüstung der Armee zur Berathung. Der Finanz⸗Minister Sella trat gegen den Antrag auf, dessen Annahme eine weitere Ausgabe von 50 Millionen erforderlich machen und die Erhöhung sämmtlicher Steuern um 10 pCt. zur Folge haben werde. Sella sprach zwar seine Bereitwilligkeit aus, das Kriegsbudget auf 170 Mil⸗ lionen zu erhöhen, erklärte aber, lieber zurücktreten zu wollen, als den Steuerpflichtigen neue Lasten aufzubürden. Der Minister⸗Präsident Lanza schloß sich in längerer Auseinander⸗ setzung den Erklärungen des Finanz⸗Ministers an, wobei er hervorhob, daß unter den Mitgliedern des Kabinets keine Un— einigkeit in dieser Frage herrsche. Die Berathung wird morgen fortgesetzt werden.

Florenz, 19. März. (W. T. B.) Die Kaiserin von Rußland ist in Begleitung des Großfürsten Wladimir und der Großfürstin Marie Alexandrowna hier einge— troffen.

Türkei. Konstantinopel, 19. März. (W. T. B.) Nach einer Mittheilung der „Turquie“ handelte es sich bei dem schon gemeldeten Vorfalle in Bethlehem um die Vorhänge zur hei—⸗

ligen Grotte, welche im Jahre 1871 verbrannten und deren

Wiederherstellung darauf, um den traditionellen Zwistigkeiten zwischen Griechen und Lateinern über das Eigenthumsrecht an den Vorhängen ein Ende zu machen, von der türkischen Regie⸗ rung in die Hand genommen wunde. Dem lateinischen Klerus ist es jedoch gelungen, einen Theil der Vorhänge ohne Mit⸗ wirkung des griechischen Klerus zu erneuern. In Folge dessen hat der griechische Patriarch von Jerusalem, Procopius, am 15. März auf telegraphischem Wege bei der Pforte protestirt und deren Einschreiten gegen jenen Vorgang erbeten, welcher die alten Rechte der griechischen Nation auf die Geburtsgrotte Jesu Christi verletze.

Schweden und Norwegen. Christianiag. Die vom Storthinge an den König erlassene Adresse, betreffend die Krönung desselben als König von Norwegen, lautet:

„Es ist die Aufgabe des Storthinges, die Gefühle des Volkes zu verdolmetschen und in seinem Namen zu handeln, wenn ein für den König und sein Haus bedeutungsvolles Ereigniß sich zuträgt. Der Storthing ersucht deshalb, daß Ew. Majestät geruhe gnädigst zu er⸗ kennen zu geben, inwieweit Ew. Majestät die Absicht hat, sich vor dem Zusammentritt des nächsten Storthinges als König von Norwegen krö⸗ nen zu lassen. Insofern es Ew. Majestät beliebt zu bestimmen, daß

die feierliche Handlung vor sich gehen soll, bevor die Repräsentanten

der Nation sich wieder versammeln, erlaubt der Storthing sich, Ew. Majestät hohe Gemahlin einzuladen, an dem Tage, an welchem Nor⸗ wegens Krone auf Ew. Majestät Haupt gesetzt wird, den Segen der Kirche zu Ihrer Majestät hohen Stellung als Königin unseres Landes zu empfangen.“ ;

Die Antwort des Königs auf diese Adresse wurde am 12. d. vom Staatsrath Johansen dem Storthinge übergeben. Dieselbe lautet: ;

„Wir, Oscar von Gottes Gnaden u. s. w. In der Adresse des Storthinges vom 1. d. sehen Wir einen erneuerten Beweis der Gefühle des norwegischen Volkes für dessen Königshaus. Ihre Majestät die Königin hat mit gleicher Anerkennung die an sie gerichtete Einladung entgegen genommen. Wir geben hiermit zu erkennen, daß es Unsere Absicht ist, sofern keine unvorhergesehenen Hind ernisse entgegentreten, die Krönung am 18. Juli d. J. in der Domkirche zu Drontheim vor sich gehen zu lassen. Bei dieser Feierlichkeit würge es Uns und Ihrer

Tajestät der Königin lieb sein. Uns von den erwählten Repräsentanten des Volkes umgeben zu sehen. Sind die Entferaungen diesem hinder⸗ lich, so hoffen Wir, daß der Storthing sich von einem Theile seiner Mitglieder repräsentiren läßt. Wir, verbleiben dem Storthing des Reiches Norwegen mit aller Königlichen Huld und Gnade wohlge⸗ wogen. Gegeben im Palast des Erbprinzen zu Stockholm, den 8. März 1873. Os car.“

Dänemark. Kopenhagen, 19. März. (W. T. B) Der Marine⸗Minister macht bekannt, daß die neuen Leucht⸗ feuer auf Säddingsstrand und auf den Hafenmolen von Esbjerg

am 15. April d. J. zum ersten Male angezündet und künftig das ganze Jahr hindurch von einer halben Stunde nach Sonnen⸗ untergang an bis zum Sonnenaufgang brennen werden.

Australien. Von den Sandwichs⸗Inseln trifft die Nach⸗ richt ein, daß die hawaiische Regierung Willens ist, einengr oßen Landstrich mit einem guten Hafen, unweit Perl Bay, an die Ver⸗ einigten Staaten unter der Bedingung abzutreten, daß daselbst eine Kohlenstation errichtet werde. Ein Telegramm aus San Francisco über dasselbe Thema erwähnt, daß Privatnachrichten aus Honolulu zufolge, Kapitän Carter, der Befehlshaber des britischen Dampfers „Soouf,“ den hawaiischen Minister des Innern unterrichtet habe, daß, im Falle die hawaiische Regie⸗ rung den Vereinigten Staaten eine Flottenstation abtrete, die britische Regierung dagegen protestiren würde und Unannehm⸗ lichkeiten daraus entstehen dürften.

Durch die Einrichtung der großen unterseeischen Telegraphen⸗ Linien, welche Europa jetzt mit allen anderen Erdtheilen verbinden, sist die Astronomie endlich in den Stand gesetzt worden, dem umfas⸗ senden Ausblick in den Himmelsraum, welchen das Zusammienwirken von Sternwarten an den entferntesten Punkten der Erdoberfläche ermög- licht, durch sofortige gegenseitige Mittheilungen dieser Sternwarten erst seinen vollen Werth zu verleihen. Ein glänzender Erfolg dieser erdumfassenden Kommunikation wissenschaftlicher Wahrnehmungen ist bekanntlich sogleich nach dem Sternschnuppenfall des 27. Nopem⸗ ber v. J. erzielt worden. Dieser Sternschnuppenfall, welcher über⸗ wiegend die nördliche Halbkugel der Erde traf, erregte die Vermu⸗ thung, daß von den entgegengesetzt liegenden Punkten der Erde, also im Ällgemeinen von der südlichen Halbkugel aus, die an der Erde verbeigegangenen, nicht in der Erdatmosphäre zerstäubten Theile jenes Sternschnuppenschwarmes unter der Gestalt eines kemetenartigen Ge⸗ bildes wahrgenommen werden könnten, und zwar an derjenigen Stelle des Himmels, welche dem scheinbaren Ausgangspunkt der Sternschnup⸗ penbahnen gerade gegenüber liegen müsse.

Durch eine telegraphische Mittheilung, welche Professor Klinker⸗ fues in Göttingen über diese seine Schlußfolgerung an die Sternwarte zu Madras sandte, wurde diese in den Stand gesetzt, an der angege⸗ benen Stelle wirklich einen Kometen zu finden, dessen Vorübergang in großer Erdnähe jedenfalls in einer engen Beziehung zu den Stern schnuppenschaaren steht, welche wir am Abend des 27. November pas⸗ sirt haben.

Dieser Komet ist sehr bald nach der Auffindung, hauptsächlich in Folge des eintretenden Mondscheins, den Blicken wieder entschwun⸗ den und seitdem nicht wieder gesehen worden, so daß man es nur der telegraphischen Benachrichtigung zu danken hat, wenn es überhaupt gelungen ist, jenes kometenartige Gebilde wahrzunehmen.

Durch dle Liberalität der deutschen Reichsbehörden, sowie der „Vereinigten deutschen Telegraphen-Gesellschaft«“ und der Anglo⸗Ame⸗ rikanischen Telegraphen⸗Gesellschaft ist nun in Anbetracht der in obi⸗ gem Beispiel erläuterten wissenschaftlichen Bedeutung einer, telegra⸗ phischen Verbreitung astronomischer Entdeckungen, neuerdings der Berliner Sternwarte, zunächst auf den Telegraphen-Linien Berlin⸗ Borkum ⸗Lowestof⸗Valentia⸗Washington Gebührenfreiheit gewährt worden, so daß nunmehr alle europäischen oder jedenfalls alle deutschen Entdeckungen von Planeten und Kometen, überhaupt von Phänomenen, deren sofortige weitere Verfolgung durch die Astronomen Amerikas wäͤnschenswerth ist, durch Vermittelung der Berliner Sternwarte inner⸗ halb weniger Stunden nach Washington gelangen können.

Andererseits hat die Berliner Sternwarte unter dem 14. Januar d. J. auch von Seiten der bekannten Smithsonian Institution zu Waßshington die Zusicherung empfangen, daß diese Institution in der⸗ selben Weise die Vermittelung für die telegraphische Meldung aller ähnlichen amerikanischen Entdeckungen auch nach Berlin übernehmen wird, so daß nunmehr zwischen Europa und Amerika ein vollständiges System solcher Mittheilungen organisirt ist, welches sich hoffentlich ergiebig für die Wissenschaft erweisen wird. F.

Entscheidungen des Reichs⸗Ober⸗Han⸗ delsgerichts in Leipzig lauten: Leipziger Markt⸗ oder Bör— senvreis für Getreide. Der Marktpreis an den Zwischentagen wird nicht durch den an den voraufgehenden oder nachfolgen⸗ den Börsentagen notirten Preis normirt. Deffentlicher Verkauf zum laufenden Preise bei Säumniß des Käufers. Unzulässigkeit des Privatverkaufs aus freier Hand, selbst wenn dadurch ein höherer (als der Durchschnitts) Preis erzielt wurde. Die Verkaufsselbsthülfe regelt sich nicht nach den Grundsaͤtzen der negotiorum gestio. (Geschäfts⸗ fuͤhrung.) Ein Strudel in der Lippe als höhere Gewalt.

Nr. 5 des Amtsblattes der Deutschen Reich s⸗Tele⸗ graphen-Verwaltung hat folgenden Inhalt: Verfügung vom 5. März 1873. Führung der Natural⸗Conti uͤber Batterie⸗Bedürfnisse.

Die neuesten

Statistische Nachrichten.

St. Petersburg. 18. März. (R. A.) Nach dem offiziellen Bericht s Zollamts von Reval sind in den letzten fünf Jahren aus

Auslande angekommen: 1868 98 Schiffe, darunter 31 Dampfer,

Waaren für 1,5485078 R. 1870 166 Schiffe, darunter 38 ampfer, mit Waaren für 3,9443542 R. 1871 2539 Schiffe, darunter 117 Dampfer, mit Waaren für 9,916,794 R. 1872 301 Schiffe, darunter 4 Dampfer, mit Waaren für 32,608,422 R. Der Werth des Ex⸗ ports ist gleichfalls bedeutend gestiegen. Es wurden nämlich 1869 Waaren für 237,583 R, 1870 für 856,537 R., 1871 für 2,863,538 R. und 1872 für 23557, 740 R. ausgeführt.

Kunst und Wissenschaft.

Die Kreisordnung für die Provinzen Preußen, Branden burg ꝛc. vom 13. Dezember 1872 ist jetzt auch in einer von Br. H. Stolv veranstalleten Ausgabe (Breslau, Verlag von Wilh. Gottl. Korn 1873) erschienen. Diese Ausgabe ist durch Mittheilung sämmtlicher im Texte des Gesetzes angefährter anderweitiger Gesetze ergänzt, fowie mit ausführlichem Sachregister versehen und durch eine Uebersicht vervollständigt, welche diejenigen Kreise, auf die die Kreis⸗ ordnung Anwendung findet, mit ihrer Größe, Bevölkerung, nach Stadt und Land gesondert, der Zahl der Stadt- und Landgemeinden, sowie der Gutsbezirke nachweist.

Im Verlage von G. Hirth in Leipzig ist erschienen: Der deut- schen Hochschulen Antheil am Kampfe gegen Frankreich. Mit Unterstützung der Universitätsbehörden herausgegeben von Ludwig Bauer, stud. jur. Das Werk enthält eine, Ehrentafel der Gefalle= nen, einen genauen Bericht über die Betheiligung der einzelnen Uni= verfitäten an dem französischen Feldzuge, eine statistische Tabelle und ein Personenverzeichniß. Dem Vorworte entnehmen wir folgende sta⸗ tistische Angaben: Von den 13,765 Studenten, welche im Sommer⸗

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2492.

femester 1870 an den deutschen Hochschulen immatrikulirt waren,

dienten 2745 unter der Waffe, 4 waren als Krankenpfleger oder Feld⸗Diakonen beschäftigt. Von den 1595 an den deutschen Univers⸗ täten wirkenden Profefforen, Docenten, Assistenten 2c. führten 15 die Waffen, 253 beschäftigten sich mit der Pflege der Verwundeten. Der BVerlust, welchen die deutschen Hochschulen durch den Feldzug erlitten haben, beläuft sich auf 4 Universitätslehrer und 248 Studenten.

Unter dem Titel Karten der Kriegsgräber um Metz“ erscheint bei G. Seriba ein Kartenwerk, das für Viele von Interesse sein dürfte. Bon den 15 Karten im Maßstabe von 1: 20000, aus denen das Werk bestehen wird, sind soeben die 3 ersten Blätter mit Gräberliste ausgegeben worden. Die Karten sind in Lithographie durch die Zeichner Gaspari und Deins ausgeführt und zwar nach den detaillirten Croquis, welche für das Bezirks⸗Präsidium gemacht wur⸗ den; die Todtenlisten sind in Buchdruck vervielfältigt, und die ker⸗— respondirenden Nummern geben die einzelnen Gräber und Denkmälcr