Nichtamtliches. Deu tsches Reich.
Preußen. Berlin, 22. März. ; Kaiser und König nahmen heute Vormittags um 10 Uhr zur Aller höchstihrem Geburtsfeste die Glückwünsche der Mitglieder der Königlichen Familie und der in den letzten Tagen zahlreich hier eingetroffenen deutschen Fürstlichkeiten, sowie des Königlichen Hofes entgegen. , die Generale, die Militärbevollmächtigten und die Commandeure der Leibregimenter, um 113 Uhr den Reichskanzler und die aktiven Staats⸗-Minister, die übrigen Fürstlichkeiten und deren Gemahlinnen, sowie den Fürstlich schwarzburgischen Staats⸗ Minister von Bertrab, welcher ein Schreiben des Fürsten von Schwarzburg⸗Rudolstadt überreichte. Um 1 Uhr folgten die Botschafter, das Präͤsidium des Reichstages, des Herrenhauses und des Abgeordnetenhauses, um 2 Uhr eine aus dem Bürger⸗ meister Dr. Richter, Sanitäts⸗Rath Hr. Wolff und Rathsherrn Stenger bestehende Deputation der Stadt Schwedt a. O, welcher in Folge schriftlicher Anfrage die Erlaubniß hierzu ertheilt war.
Die Familientafel fand bei Ihren Kaiserlichen und König⸗ lichen Hoheiten dem Kronprinzen und der Kronprinzessin um 4 Uhr, die Marschallstafel im Königlichen Schlosse statt. Abends Zz Uhr wird im Königlichen Palais eine mit dramatisch⸗musika⸗ lischer e , , verbundene . stattfinden, zu
elcher zahlreiche Einladungen ergangen sind. ; ö 33 . bereits gestern zur Vorfeier des Allerhöch⸗ sten Geburtstages eine liturgische Andacht und in allen Kirchen heute Morgen Gottesdienst abgehalten. ; .
Militarischerseits wurde der Festtag in herkömmlicher Weise begangen: bei der Reveille wurde von der Kuppel der Schloßkapelle von dem Musik⸗Corps eines hiesigen Garde⸗Kaval⸗ lerie Regiments ein Choral geblasen. Um 10 Uhr begann der Gottesdlenst in der Garnisonkirche und in der katholischen St. Michaelskirche, bei welchem die Truppentheile der gesamm⸗ jen Garnison durch Deputationen vertreten waren. Um 12 Uhr fand an der Königswache für die Generalität und Offizier⸗ Corps die Parole⸗Ausgabe statt. 3u derselben Zeit wurden auf dem Königsplatz 101 Kanonenschüsse gelöst, wozu die Ge⸗ schütze vom Garde⸗Feld⸗ Artillerie⸗Reginient kommandirt waren.
Der Reichskanzler vereinigte zu Ehren des Allerhöchsten Ge⸗ burtstages das diplomatische Corps und die Räthe des Aus⸗ wärtigen Amts, der Minister⸗Prãäsident, General Feldmarschall Graf von Roon, die Räthe des Staats. und des Kriegs⸗Ministe⸗ riums zu einem Festmahle, und der Präsident des Reichs⸗ kanzler⸗Amts, Staats⸗Minister Delbrück, gab den Mitgliedern des Bundesraths ein Fest⸗Diner.
In den übrigen Ministerien waren gleichfalls Festmahle ver⸗ anstaltet. ; ö
? n ene des Reichstages und der beiden Häuser des Landtages der Monarchie versammelten sich zu einem gemein⸗ schaftlichen Diner in dem Arnimschen Saale.
Auch im . fand ein Diner statt. ,
Die Königliche Friedrich⸗Wilhelms Universttät beging den Allerhöchsten Geburtstag Mittags 12 Uhr in der großen Aula in feierlicher Weise, während die Königliche Akademie der Wissen⸗ schaften und die Königliche Akademie der Künste, erstere bereits vorgestern, zur Feier des heutigen Tages eine öffentliche Sitzung ielten.
h Auch in den Gymnasien, Realschulen und übrigen Lehr⸗ anstalten fanden feierliche Akte statt. ;
Die Straßen der Residenz waren schon vom frühen Morgen ab festlich beflaggt, und in allen Stadttheilen wurden Vorbe⸗ reitungen zur Illumination getroffen.
In sämmtlichen Theatern finden heute Abend Festvorstellun⸗ gen statt, die mit Prologen eingeleitet und in denen theilweise Stücke patriotischen Inhalts zur Aufführung gebracht werden.
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit, der Kronprinz begab Sich gestern früh um 84 Uhr zur Begrüßung Sr. Königlichen Hoheit des Kronprinzen von Sachsen nach dem Königlichen Schloß und um 11 Uhr zum Empfang Ihrer Königlichen Hoheiten des Großherzogs und der Frau Großher⸗ zogin von Baden nach dem Potsdamer Bahnhof. Höchstderselbe wohnte um 5 Uhr dem Diner in den Zimmern des Großher⸗ ogs und der Großherzogin von Sachsen-Weimar im König⸗ ö; en Schlosse bei, begab Sich um 7 Uhr nach dem König⸗ lichen Schauspiel⸗ und darauf nach dem Opernhause.
— Se. Durchlaucht der Für st Reuß älterer Linie ist gestern Abend hier eingetroffen und im Hotel Royal abgestiegen.
— Bei dem Bundesamt für das Heimathwesen stehen am Montag folgende Termine an: I) Ortsarmenverband Görlitz contra Ortsarmenverband Bernstadt; 2) Ortsarmenver⸗ band Malissen contra Ortsarmenverband Lawischkehmen; 3) Orts⸗ armenverband Zielenzig contra Ortsarmenverband Kriescht; Ortsarmenverband Culm contra Landarmenverband von West⸗
reußen; 5) Ortsarmenverband Allenstein contra Ortsarmenver⸗ and Osterode; 6) Ortsarmenverband Samtens contra Orts⸗ armenverband Gingst; 7) Ortsarmenverband des Gutsbezirks an contra Ortsarmenverband Friedland; 8) Ortsarmenver⸗ and Garding contra Ortsarmenverband Friedrichsstadt; ) Orts⸗ armenverband Marienburg contra Ortsarmenverband Alt⸗Mün⸗ sterberg; 10 Ortsarmenverband Cladow eontra Ortsarmenver⸗ band Potsdam; 11) Ortsarmenverband Berlin contra Orts⸗ aruenverband Charlottenburg.
— In der gestrigen (6 Sitzung des Reichstags, der am Tische des Bundesrathes Staats⸗Minister Delbrück mit meh⸗ reren Mitgliedern des Bundesrathes und zahlreichen Vertretern des Reichskanzler⸗Amtes beiwohnte, gab Präsident Dr. Simson der Versammlung von der inzwischen erfolgten Wahl und Konstituirung. dreier 4 Kommissionen Nachricht. J. Kommission zur Vorberathung des Gesetzentwurfes über die Rechtsverhältnisse der zum dienstlichen Gebrauche einer Reichs verwaltung bestimmten Gegenstande (s. unter Reichstagsangelegenheiten), Il. Kommission zur Vorberathung des vom Abg. Windthorst (Berlin) 6.
brachten Entwurfes eines Reichs- Preßgesetzes (. unter Reichs⸗ tagsangelegenheiten) III. Kommission zur Vorberathung der Abänderungen des Posttaxgesetzes: Abg. v. Unruh (Vorsitzender), Abg. Overweg (Stellvertreter), Abg. Wilmanns (Schriftführer), Abg. Braun⸗Hersfeld (Stellvertreter).
Für Wa sprüfungen hatte bis gestern noch keine Abtheilung des Hauses geeignetes Material, sodaß sofort zur ersten Be⸗ rathung der allgemeinen Rechnung über den Haushalt des Bundes für das 2. Semester 1867 und für die Jahre 1868 und 1869 geschritten werden konnte. Abg. v. Benda beantragte ihre Ueber⸗ weisung an einen aus 7 Mitgliedern bestehenden Rechnungs⸗ ausschuß, während der Abg. Richter seinerseits die Ertheilung der
Se. Majestät der
Sodann empfingen Se. Majestät0
2 verweigern zu müssen erklärte, benor nicht die für das Rechnungswesen ausreichenden Organe g n seien. Der Bundes⸗Kommissar Geh. Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Michaelis ies die mit dieser Forderung verbundenen Vorwürfe des Vor⸗ redners zurück (s. unter Reichstags angelegenheiten). Der Abg. v. Wedell (Malchow) schloß sich dieser Auffassung an, worauf die allgemeine Rechnung der Jahre 1867 - 69 dem Antrage des Abg. v. Benda gemäß an eine besondere Kommission verwiesen wurde. Die Sitzung schloß um 4 Uhr, die nächste wird am Montag 12 Uhr stattfinden.
— Se. Majestät der Kaiser und König haben der deutsch⸗katholischen Gemeinde zu Petropolis in Brafilien zur Gr⸗ haltung eines deutschen katholischen Seelsorgers eine Unterstũtzung von vierhundert Thalern zu bewilligen geruht.
— Der Prinz Friedrich der Niederlande hat im Namen der Erben seiner verstorbenen hohen, Gemahlin als ein Andenken an den hohen Chef des 6. Westfälischen Infanterie⸗ Regiments Nr. 55, diesem Regiment 1500 Thaler zum Besten der Regimentsmusik übersandt, .
Se. Majestät der König haben die Annahme dieses Geschenkes laut Allerhöchster Kabinets⸗Ordre vom 13. Februar 1873 genehmigt.
— Dem Königlich preußischen Haupt⸗ Steueramte zu Osterode ist die Befugniß zur unbeschränkten Ausfertigung von Begleitscheinen J. über Salz beigelegt worden.
— An Stelle des aufgehobenen Großherzoglich hessischen Nebenzollamts J. Klasse Alsfeld, ist die Ortseinnehmerei Lau- terbach zur Reviston und Eingangsabfertigung des in das Großherzogthum Hessen eingeführten übergangsabgabepflichtigen Branntweins ermächtigt worden.
— Die Resultate der von den preußischen Auseinander⸗ setzungsbehörden ausgeführten Regulirungen, Ablösungen und Gemeinheitstheilungen waren bis Ende 1871 folgende: Die Zahl der neuregulirten Cigenthümer beträgt 84912 mit 1458, 751,139 Hekt. Grundbesttz. i, 558, 698 Dienst⸗ und Abgaben⸗ pflichtige haben 6348, 695 Syann⸗ und 23,574,411 add nf. tage abgelöst, wofür an Entschädigungen festgestellt sind: 54 290,557 Thlr. Kapital, 5,810, 809 Thlr. Geldrente, 375,430 Neuscheffel Roggenrente und 421,995,593 Hekt. Land. Bei den Gemeinheitstheil ungen sind 1777, 090 Besitzer von 18.794, 056 965 Hektaren von allen Holz⸗, Streu⸗ und Hütungsservituten befreit worden.
— Von dem Justiz⸗Ministerium ist eine Denkschrift über die Schöffengerichte (Berlin 1873, Verlag der Königl. Geh. Ober⸗Hofbuchdruckerei. R. v. Decker) veröffentlicht worden. Für das Deutsche Reich ist rücksichtlich der Strafgerichte erster Instanz die Orgaͤnisation in Aussicht genommen, daß diese Ge⸗ richte durchweg sowohl mit rechtsgelehrten Richtern als mit Laien besetzt, beide Elemente zu einem Kollegium vereinigt und mit vollkommen gleichartigen Aufgaben das Recht finden sollen. Die vorliegende Denkschrift, auf deren Inhalt wir noch näher eingehen werden, erörtert die Gründe für das Eintreten des Laienelements in die Richterkollegien.
— Der Genexal der Infanterie von der Armee, Vo gel von Falckenstein, ist von Schloß Dolzig hier eingetroffen.
— Der außerordentliche Gesandte Persiens, Malcom Khan Nazem-oul⸗Moulk hat Berlin verlassen und sich nach Paris und London begeben.
Bayern. München, 20. März. Heute Nachmittags 4 Uhr fand eine große Hoftafel in dem zum Festsaalbau der Königlichen Residenz gehbßrenden Saale Karls des Großen statt. Außer der Königin⸗Mutter und dem Prinzen Otto waren von dem König mehrere Standesherren, Reichsräthe, Kammer⸗ herren, die Stabsoffiziere der Hartschiergarde und höhere Civil⸗ beamte geladen. Auch Frhr. v. Schack und der frühere grie⸗ chische Sberst Karpunh waren zur Königlichen Tafel gezogen.
— Der Gesandte Bayerns beim päpstlichen Stuhle Graf v. Tauffkirchen wird nächster Tage in Urlaub hier eintreffen.
— Die zum Entwurf der Grundzüge für einen zwischen Bayern und Desterreich herzustellenden Staatsvertrag be⸗ züglich des Anschlusses der von Pilsen nach Eisenstein zu er⸗ bauenden Eisenbahn an Ort und Stelle vorgenommenen Be⸗ rathungen sind gestern zu Ende gediehen. Seitens der baye⸗ rischen Staatsregierung war, wie der „N. K.“ meldet, Mini⸗ sterialrath v. Suttner und als Experte General⸗Direktionsrath Röckl, Seitens der Königlich bayerischen privilegirten Ostbahnen Direktor Badhauser, Seitens der Pilsen⸗Priesener Bahn Direktor Daniel anwesend. Die Vorfragen wurden ohne Umstand erle⸗ digt, weshalb die Staatsverträge baldigst stipulirt, beiderseits genehmigt und ratifizirt werden können. Eisenstein ist als Wechselstation bestimmt worden.
— Die Gemeinde⸗Bevollmächtigten der Stadt München haben am 19. d. M. nach verhältnißmäßig kurzer Debatte mit allen gegen 5 Stimmen den Beschluß des Magistrats: „den Abbruch des Isarthores betreffend“, zugestimmt, mit dem Beifügen, daß das dortige Christusbild nach Thunlichkeit er⸗ halten bleiben solle; zu letzterem Zweck hat sich bereits ein Konsortium von hiesigen Bürgern gebildet. =
Württemberg. Stuttgart, 20. März. Die Köni⸗ gin ist mit der Großfürstin Verg von Rußland vorgestern Iübend von Salzburg hierher zurückgekehrt, wohin sie am Sonntag mit hohem Gefolge gereist war, um dort mit der Kaiserin von Rußland zusammen zu treffen.
— Das heute ausgegebene Regierungsblatt (Nr. 7) ent⸗ hält das Gessetz, betreffend die Heimzahlung der 6prozentigen IUnlehen von 1870. Vom 10. März 1873. — Das Gesetz, betreffend die dienstliche Stellung der den Amtsvorständen bei⸗ gegebenen Beamten der Oberämter. Vom 16. März 1873. — Eine Bekanntmachung des Finanz- Ministeriums, betreffend die Ausfuhrvergütung für Rohzucker. Vom 12. März 1873.
— Allg. Ztg.) Gestern ist der Finanz⸗Kommissions⸗ Bericht der Kammer der Standesherren über das Reta⸗ blissements⸗Gesetz ausgegeben worden. Derselbe enthält zu den Beschlüssen der Zweiten Kammer nur zustimmende Anträge, da⸗ her in der morgigen Sitzung die Uebereinstimmung hierüber zwischen beiden Kammern hergestellt werden wird, was dem Kommisstonsantrag zufolge auch in Betreff des einzigen noch abweichenden Beschlusses zum Ausführungsgesetz des Unter⸗ stützungswohnsitzes der Fall sein wird. Es kann somit dabei bleiben, daß, wie beabsichtigt ist, die letzte Sitzung beider Kammern am Freitag stattfindet, und an diesem Tage die Ver⸗ tagung des Landtags bis zum Monat Oktober erfolgt. Im Oktober muß der Landtag schon aus dem Grunde wieder be⸗ rufen werden, weil mit dem 31. Oktober das verfassungsmäßige Recht der Regierung zur Steuererhebung ohne vorherige stän⸗ dische Verwilligung abläuft.
— Heute trat die Kammer der Stand esherren in einer bis 3 Uhr Nachmittags andauernden Sitzung den beiden Gesetzen über den Unterstützungswohnsitz und dem Retablisse⸗ mentsgesetz bei, und nahm sie in der Endabstimmung an. Zu dem letzleren Gesetz wurden gegen die Regierung noch besondere Wünsche, namentlich der möglichsten Sparsamkeit in den Militãr⸗ ausgaben, ausgesprochen. In der Kammer der Abgeordneten wurde auf den Antrag des Abg. Hölder beschlossen, die Bitte um Einführung kürzerer Budget⸗Perioden einseitig an die Regierung zu bringen, da die Sache wegen der morgen eintretenden Ver⸗ tagung nicht mehr von dem anderen Haus in Berathung ge⸗ nommen wird. Sodann wurde auf den Antrag des Kanzlers von Rümelin eine Vervollständigung der ständischen Bibliothek durch Neuanschaffung, namentlich von Nachschlagwerken im Fache der Württembergieg und der Reichsgesetzgebung beschlossen. Morgen haben beide Kammern noch Sitzung. Um 12 Uhr findet eine gemeinschaftliche Sitzung beider Kammern und nachher die Vertagung statt.
— 21. März. (W. T. B.) Die Zweite Kamm er be⸗ schloß dem Gesuche der Ersten Kammer um möglichste Sparsam⸗ keit bei der Militärverwaltung beizutreten, lehnte es aber ab, auch der zweiten Bitte betreffs stärkerer Befestigung von Süd⸗ westdeutschland sich anzuschließen. Nachdem die Erste Kammer hierauf, die letztere Bitte ihrerseits allein bei der Regierung an⸗ zubringen beschlossen hatte, wurden beide Kammern auf unbe⸗ stimmte Zeit vertagt. ;
HBessen. Darmstadt, 21. März. Die „Darmst. Ztg.“ veröffentlicht den Gesetzentwurf, das Volksschulwesen 7 Großherzogthum betreffend. In den Motiven
eißt es:
Das Volksschulwesen im Großherzogthum war seither durch das Edikt vom 6. Juni 1832 geregelt. Seit dem Erscheinen dieses Edikts, dessen wohlthätiger Einfluß auf die Hebung des Volksschul⸗ wesens nicht zu verkennen ist, sind über 40 Jahre verflossen und ha⸗ ben sich in diesem längeren Zeitraum die in Betracht, kommenden Verhältniffe vielfach geändert, haben sich insbesondere die Ans rüche an die Schule, an die Lehrer, an Staat und Gemeinde so er zeblich gesteigert, daß es räthlich erschien, die Bestimmungen des angeführten Edikts einer Revision zu unterziehen und unter Berücksichtigung der ,,. Verhältnisse und gesteigerten Anforderungen, sowie unter
enutzung der gemachten Erfahrungen und der in anderen deutschen Staaten in jüngster Zeit zur Regelung des Volksschulwesens erlasse⸗ nen Gesetze, eine neue Regelung des Volksschulwesens im Großherzog⸗ thum auf dem Wege des Gesetzes zu veranlassen.
Bei der Abfassung des Gesetzentwurfs war, um dies im Allge⸗ meinen hervorzuheben, vor Allem der Gesichtspunkt maßgebend, daß bei der Wichtigkeit der Volksschule für den Staat als solchen, bei dem ganz außerordentlichen Interesse, de der Staat an einer tüchti⸗ gen Erziehung und Ausbildung seiner Angehörigen hat, die Leitung des Volksschulwesens dem Staate zustehen muß. Hierdarch bliebe nicht ausgeschlossen, daß in der einen oder anderen Beziehung auch nach anderer Seite hin eine Mitwirkung zugelassen, daß insbesondere den bei der Regelung des Volksschulwesens in hohem Grade inter ⸗ essirten Gemeinden und Kreisen, zumal bei den gesteigerten Ansprüchen, die an sie gemacht werden, bei der größeren Selbständigkeit, die in ge der den Ständen vorgelegten Gesetzentwürfe wegen anderweiter Organisgtion der Gemeinde und Kirchen verwaltung denselben gegeben werden soll, eine größere Betheiligung als seither zugestanden wurde.
Als n. der Volksschule wird bezeichnet:
Die Volksschule soll zugleich erziehen und ausbilden. Die Erzie⸗ hung und der Unterricht in derselben, kann jedoch nicht den Zweck haben, für ein bestimmtes Fach zu erziehen und auszubilden, sondern nur, der Jugend nehen den Grundlagen sittlich⸗religiöser Bildung die für das bürgerliche Leben nöthigen allgemeinen Kenntnisse und Fertig⸗ keiten zu gewähren. Dies bestimmt der Artikel 1, dessen Fassung mit dem den Ständen des Königreichs Sachsen vorgelegten Gesetzentwurfe über das Volksschulwesen, übereinstimmt.
Braunschweig, 21. März. Wie in den beiden vergan⸗ genen Jahren wird zu Ehren des diesjährigen Geburtstags des Deutschen Kaisers auch morgen eine große Pargde stattfinden. In militärischen und Bürgerkreisen werden größere und kleinere Diners zur Feier des Tages veranstaltet.
— General-Lieutenant von Tresckow ist am Mittwoch Abend wieder nach Hannover zurückgereist.
— In ihrer Sitzung vom 19. d. M. begann die Landes⸗ vemrsammlung die Berathung über den Gesetzentwurf, die anderweite Regelung des . mit dem geschlossenen bäuer⸗ lichen Grundbesitz betreffend. Herzogl. Staats⸗Ministerium hat den wiederholt gestellten Anträgen auf Aufhebung der Perti⸗ nenzqualität der Bauerngüter insofern Gehör gegeben, als es einen Gesetzentwurf vorgelegt hat, in welchem die landesgesetz⸗
liche Geschlossenheit und Untheilbarkeit im Prinzipe und als
Grundlage des Bauernrechts, insbesondere des Anerbenrechts, der Interimswirthschaft und Leibzucht aufrecht erhalten, in Be⸗ ziehung auf Begründung und Veränderung des Pertinenzver⸗ bandes das Erforderniß der landesherrlichen Dispensation von den entgegenstehenden Vorschriften der älteren Gesetze und Verordnungen unter Aufhebung derselben beseitigt und an deren Stelle das Erforderniß der Genehmigung des Kreisausschusses gesetzt und die Ertheilung der Ge⸗ genehmigung dem pflichtmäßigen Ermessen des Krelsausschusses mit der Maßgabe überlassen wird, daß dieselbe nur dann zu versagen sei, wenn in Rücksicht auf das Interesse der betheiligten Gemeinde oder in Rücksicht auf das Gemeinwohl überwiegende Bedenken entgegenstehen. — Die Mehrheit der Kommission für innere Angelegenheiten, welcher der Gesetzentwurf zur Vorbera⸗ thung überwiesen war, erklärte sich mit den Grundprinzipien des⸗ selben einverstanden und empfahl solchen zur Annahme, Die Minorität dagegen beantragte, den Gesetzentwurf dahin abzuän⸗ dern, daß die landesgesetzliche Geschlossenheit und Untheilbarkeit des bäuerlichen Grundbesitzes als Grundlage für das Bauern⸗ recht, insbesondere das Anerbenrecht, die Interimswirthschaft und die Leibzucht in Kraft treten: ; ⸗
„falls nicht die Eigenthümer dieser Grundstücke unter Lebenden oder von Todeswegen in den gesetzlich vorgeschriebenen schriftlichen Formen noch an den gemeinrechtlichen Grundsätzen über dieselben, 5der ihrer Zubehsrungen verfügen, wozu ihnen unter Wahrung und Vorbehalt aller erworbenen Reg t fugniß durch dieses Gesetz eingeräumt wird u. s. w.“
Sach sen⸗Meiningen⸗Hildburghausen. Meiningen,
19. März. Nach dem offiziellen Regierungsblatt des Herzog⸗ thums hat gestern zu Liebenstein die Vermählung des regieren⸗ den Herzogs Georg von Sachsen⸗Meiningen mit der ge⸗ wesenen Herzoglichen Hofschauspielerin Ellen Franz stattgefun⸗ den, welche in Zukunft den Titel „Freifrau von Heldburg !“ führen wird. . . . Der Landtag nahm unverändert die Gesetz⸗Propositio⸗ nen an: 1) über Einführung des Submissionsverfahrens in Un⸗ tersuchungen wegen Koöntraventionen gegen die Geseße über Zölle und andere indirekte Abgaben; 2) über die Todeserklärung von Personen, welche an dem Kriege 1870 — 1 Theil, genommen haben; 3 über Erhöhung der Pensionen der Wittwen und Rinder der Lehrer aus der Lehrerwittwenkasse um 20* und Verlaͤngerung der Zeit des Pensionsbezuges der Söhne und
echte dritter Personen die freie Be⸗
Töchter der Lehrer bis zum vollendeten 21. Lebenssahre. Eine etltign aus Pösneck wegen gesetzlicher Regulirung der kirch—⸗ lichen . der Diffidenten wird vom Landtage der Re⸗
gierung überwiesen, mit dem Anheimgeben, die geeignete Recherche anzustellen und nach Befinden gesetzliche Vorlage zu machen.
Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 21. März. Zur Geburtsfeier des Deutschen Kaisers findet heute Abend großer Zapfenstreich, morgen früh Reveille, sodann Vormittags 10 Uhr Gottesdienst und Parade des hier garnisonirenden In⸗ fanterie⸗Regiments Nr. 96 auf dem Kasernenhof statt.
Schwarzburg⸗Sondershausen. Sondershausen, 20. März. Der Landtag des Fürstenthums ist, wie bereits kurz mitgetheilt, im Auftrage des Fürsten von dem Staats⸗ Minister von Keyser am 17. d. Mts. eröffnet worden. Nach Prüfung der Wahlen wurde der Abgeordnete Bärwinkel aus . zum Vorsitzenden, Justizrath Helmkampf aus Greußen zu dessen Stellvertreter gewählt. Unter den Vorlagen sind zu erwähnen: 1) ein Gesetzentwurf, betreffend die Todeserklärung von Personen, welche an dem deutsch⸗französischen Kriege Theil genommen; Y ein Gesetzentwurf und Denkschrift, betreffend die anderweite Erhöhung des Minimal⸗Diensteinkommens der Geistlichen auf 506 Thaler; 3) eine Denkschrift, betreffend den Bau einer Eisenbahn von Königsee über Gehren und Lange⸗ wiesen nach Ilmenau, von Ilmenau nach Arnstadt und von Ilmenau über Ohrdruff nach Gotha. Die Fachdeputationen wurden sogleich in der ersten Sitzung gebildet.
Neuß ä. L. Greiz, 21. März. Die neuesten Nummern der Gesetz⸗ Sammlung enthalten unter Anderem das Gesetz wegen Errichtung der Landrentenbank und ein Gesetz, durch welches das Rechtsmittel der Oberberufung auch in streitigen Handelssachen zugelassen und die Zuständigkeit des Reichs⸗ Ober⸗Handelsgerichts begründet wird.
Lübeck, 19. März. In ihrer Versammlung am 10.8. M. verwies die Bürgerschaft einen in ihrer Mitte gestellten An⸗ trag auf Beseitigung der beiden über die Wahllegitimation für die bürgerschaftlichen Ergänzungswahlen handelnden Paragraphen der Verfassungsurkunde an den Bürgerausschuß zu dessen nä⸗ herer Erwägung. Dieser ließ den Antrag zunächst durch eine Kommission begutachten und hat in seiner heutigen Sitzung in Uebereinstimmung mit dem einstimmig abgegebenen Kommissions⸗ gutachten beschlossen, dem Antrag um einer bloßen Abänderung
des Legitimatlonsverfahrens bei den Bürgerschaftswahlen willen
an der Verfassung zu rütteln, keine weitere Folge zu geben, da⸗ gegen dem Senate den weitergehenden Antrag entgegen zu brin⸗ gen, daß eine gemeinsame Senats- und Bürgerschaftskommission eingesetzs werde, um eine Revision der ganzen Staatsverfassung zu berathen.
HGamburg, 21. März. Die Vereinigten Komites für die Verwundeten haben zum Schluß ihrer Thätigkeit den in den hamburgischen Lazarethen verstorbenen deutschen wie französischen Kriegern Grabdenkmäler errichtet. Diese Denkmäler, die sich auf dem Altonaer, dem St. Pauli⸗ und dem St. Jakobi⸗ Kirchhofe befinden, sind jetzt sämmtlich zur Aufstellung gelangt. Nach dem Entwurf des Bildhauers L. Pfeiffer gefertigt, bestehen alle drei aus Sandsteinpyramiden mit einer Marmortafel, welche die Namen der darunter Ruhenden nebst Angabe der Charge und der Truppengattung enthält. Das Denkmal auf dem Altonaer Kirchhofe, das größte von ihnen, ruht auf einem Sandsteinunterbau. z
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 21. März. Der Kaiser wird zum Montag hierher zurückkehren.
— Im Abgeordnetenhaufe fand gestern die Wahl der Schriftführer und die Wahl eines Mitgliedes in die Delegation an Stelle des ausgetretenen Abg. Bertagnolli statt. Hierauf wurde zur Berichterstattung über die Regierungsvorlage, be⸗ treffend den Gesetzentwurf über das Bagatellverfahren geschritten, die bis 5. 30 erledigt wurde. Der Minister des Innern über⸗ sendete dͤnen Gesetzentwurf, betreffend die Regelung der Dienst⸗ verhältnisse der zur Aufsichtspflege für Erhaltung der Straßen⸗ Brücken- und Flußbauten, dann zur Handhabung der Hafen⸗ bauten berufenen Organe.
Schweiz. Bern, 21. März. (W. T. B) Die Kom⸗ mission des Berner großen Rath es hat sich zu dem Atztrag an den großen Rath geeinigt, daß zu der Haltung der Regie⸗ rung in den Bisthum s-Angelegenheiten die Billigung ausgesprochen und über den Protest von Lachat und der anderen Prokestirenden aus dem Jura sowie der N katholischen Geist⸗ lichen zur Tagesordnung übergegangen werde.
— Die rung beantragt, in den Gemeinden des Berner Jura, wo die Geistlichen den Gehorsam aufgekündigt haben und sich Vikare nicht finden lassen sollten, einstweilen den Gottesdienst ein⸗ zustellen.
Solothurn, 21. März. (W. T. B) Der Kantonal⸗ rath hat das Initiativbegehren der Ultramontanen, das Vor⸗ gehen der Regierung in der Bisthums⸗Angelegenheit zu miß⸗ billigen und die Inschutznahme des Pfarrers Gschwind der Volkszabstimmung zu unterbreiten, mit 10 gegen 26 Stimmen abgelehnt. ; .
Genf, 21. März. (W. T. B.) Die liberalen und radi⸗ kalen Vereine des Kantons Genf fordern mittelst Pro klam a⸗ tion zur Annahme des neuen katholischen Kultusgesetzes auf.
Die Volksabstimmung über das Letztere findet am 23 d. Mts.
statt. Der Stadtrath von Alten hat den infallihilistischen Pfar⸗
rer Bläfi, zu dessen Nachfolger der Pfarrer Herzog gewählt
worden ist, seiner amtlichen Funktionen enthoben.
Großbritannien und Irland. London, 20. März. Ueber das Befinden des deutschen Botschafters Grafen n. Ber n⸗ st o rff lautet das neueste Bulletin, daß in demselben seit der letzten Konsultation der Aerzte keine wesentliche Veränderung eingetreten sei. Der König der Belgier ließ sich gestern und vorgestern durch seinen⸗Gesandten in London, Hrn. De Solyyns nach dem Be⸗ finden Sr. Excellenz erkundigen. .
— Sir Bartle Frere, der Chef der von der britischen Re⸗
ierung ausgesandten Mission zur Unterdrückung des Sklaven⸗ 9 an der Ostküste von Afrika ist am 3. d. an Bord der „Enchantreß in Nosi Beh, im Nordwesten von MNMada⸗ gaskar, angekommen und begiebt sich von da, nachdem das Schiff Kohlen eingenommen, via der gha ichn Küste nach Zanzibar.
— 21. März. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unterhauses beantragte Gathorne Hardy, die Regierung möge die auswärtigen Mächte benachrichtigen, daß die Prinzi⸗ pien, welche das Genfer . seiner Entscheidung zu Grunde gelegt habe, nicht ihre Billigung fänden, indem nach der Ansicht des Äntragsstellers die Beobachtung der im Washingtoner Vertrage aufgestellten Regeln die Aufrecht⸗
Kirchen⸗ Direktion hat bei der Regie⸗
erhaltung der Neutralität. unmöglich machen würde. Forster, Mitglied des geheimen Rathes der Königin, er⸗ widerte darauf, durch den Vertrag würden allein England Ver⸗ bindlichkeiten auferlegt, er würde deshalb vorziehen, an Amerika die Aufforderung zu richten, die fraglichen Regeln fallen zu lassen und neue bezügliche Grundsätze aufzustellen. Der Generalan⸗ walt Coleridge führte darauf aus, daß er es für wenig würdig halte, die Schiedsrichter, denen das Land Dank schulde, einer Kritik zu unterwerfen, wie sie in dem Hardy'schen Antrage aus⸗ gesprochen werde. Der Antrag wurde sodann zurückgezogen.
Frankreich. Paris, 20. März Die Budget⸗Kom⸗ misston hielt gestern eine längere Berathung über die Liqui⸗ dationsrechnung. Die Minister Leon Say, General de Eissey, Admiral Pothüau und Fourtou wohnten derselben an. Der Finanz⸗Minister gab zuerst Erklärungen über die öffentlichen Gebäude, die wieder aufgebaut werden sollen, und über die spe⸗ ziellen Hülfsquellen, die man aus dem Verkauf der Terrains ziehen wird, auf welchen der Staat nicht mehr bauen läßt. Dieselben werden 35 Millionen eintragen. Zum Wiederaufbau des Stadthauses wird der Staat nichts zuschießen, sondern die Kosten für dasselbe von der Stadt Paris allein getragen wer: den. Was die Kronjuwelen anbelangt, deren Verkauf ein bei der Kammer eingereichter Antrag verlangt, so soll die Regierung gegen denselben sein. Der Kriegs⸗Minister gab Erklärungen Über die Ausgaben, welche die Wiederherstellung des Kriegs⸗ geräths veranlassen. Derselbe ist der Ansicht, daß 1874 außer den gewöhnlichen Ausgaben fuͤr das Kriegsbudget noch 127 Millionen für die Arsenale nothwendig sind. Der Gesetzentwurf für die Liquidationsrechnung, den die Kommission schließlich annahm, beträgt 777.275, 000 Frs, wovon 409 Millionen auf das Kriegs⸗Ministerium, 100 Millionen auf die Entschädigung für die Departements, 75 Milliönen auf die Unterhaltung der deutschen Truppen und 18 Millionen auf die Wiederherstellung der öffent⸗ lichen Gebäude kommen.
— Die mit der Wiederaufrichtung der Vendomesäule betraute
Kommission 9 folgenden Gesetzentwurf angenommen:
Art. 1. ie Vendsmesäule wird wieder so hergestellt, wie sie es im Augenblicke ihrer Zerstöͤrung war. Art. 2. Eine Inschrift wird 33 Datum ihrer Zerstörung und drs ihrer Wiederaufstellung an⸗ geben.
— Da die Zeitungen in der letzten Zeit Briefe von ein⸗ jährigen Freiwilligen, die seit drei Wochen ungefähr bei ihren resp. Regimentern eingestellt sind, bringen, so hat der Kriegs-Minister in allen Kasernen einen Tagesbefehl verlesen lassen, worin die Freiwilligen mit den strengsten Strafen bedroht werden, falls sie Mittheiluugen an die Blätter richten. Zugleich wird das ganze Corps der Freiwilligen einer jeden Kaserne für dis verantwortlich gemacht, was über dieselbe in den Journalen⸗ erscheinen wird.
Versailles, 21. März. (W. T. B. Die National versamm lung beschäftigte fich heute mit einer großen Anzahl von Anträgen ohne besondere Wichtigkeit. Die Berathung über die Petition des Prinzen Napoleon, betreffs seiner Ausweisung aus Frankreich, wurde nach dem Antrage des Ministers des Innern auf den 29. d. M. vertagt.
Spanien. Der „Agence Havas“ wird aus Madrid vom 21. März gemeldet: Die Radikalen nehmen eine entschiedene Haltung an, um sich nicht jeden Einflusses in der Regierung berauben zu lassen. Am Sonntag beabsichtigen die „Intransi⸗ gentes“ eine Manifestation in Scene zu setzen. Die Situation ist gespannt; man befürchtet, daß morgen Unruhen ausbrechen werden. — Figueras wird heute Abend hier erwartet.
— Ein Telegramm des „Daily Telegraph“ aus Bayonne vom 19 d. meldet: „Nach der Niederlage der Regierungstruppen von Seiten der Carlisten bei Monreal verließ eine neue Ko⸗ lonne Pampeluna, um Dorregaray, den Carlisten⸗Commandeur, an der Erlangung einer Munitionszufuhr an der französischen Grenze zu verhindern, und wurde durch ein Corps, das letzterer zur Deckung seiner Bewegung unter dem Kommando von Rada zurübgelassen hatte, auf 8 Haupt geschlagen. Die Regierungs⸗ kruppen, welche einen Verlust von 50 Verwundeten erlitten, suchten eine Zuflucht in San Sebastian. Dorregaray kehrte, nachdem er seinen Zweck erreicht, auf Pampeluna zurück. Der Pfarrer von Santa Cruz beschützt mit 960 Mann unter seinem Kommando ein carlistisches Zollamt. Am 17. d. fand in St. Arano ein Gefecht zwischen 400 Carlisten und 500 republika⸗ nischen Truppen statt, dessen Resultat ungewiß bleibt. In einem Kampfe, der Tags darauf an einem andern Orte statt⸗ fand, blieben die Carlisten Sieger. Gestern kamen 13 Regie⸗ rungs⸗Offiziere nach Bayonne, um ihre Dienste Don Carlos anzubieten. Die Regierungs- Compagnien zählen nur 60 Mann, nicht wie angegeben wurde 100. Die Carlistentruppen in Navarra sind 6150 Mann stark, fie sind wohlbewaffnet und uniformirt.
Italien. Rom, 21. März. (W. T. B. Der P ap st hat, wie die „Boce della verita“ meldet, in dem heute abgehaltenen Kon⸗ sistorium Bracco zum Patriarchen von Jerusalem, Leuilleux zum Bischof von Carcasonne, Sebaur zum Bischof von , Saivet zum Bischof von Mende, Turinaz zum Bis hof von Tarantaife ernannt. Außerdem hat der Papst drei italienische, zwei südamerikanische und einen Bischof in partibus infidelium reirt.
— In der Deputirtenkam mer fand die Fortsetzung der Berathung über den, Antrag Nicotera s statt welcher die Ansicht aussprach, eine geringfügige Erhöhung des Bud⸗ gets genüge zur Durchführung desselben. Der Finanz⸗-Mini⸗ ster beharrte auf seinem Finanzplan, machte indeß die Zu⸗ fage, über Besteuexung der Webestoffe, über Erhöhung ber Einregistrirungs⸗ und Stempelgebühren, sowie über Ueher⸗ tragung des Schatzdienstes an die Banken Gesetze vorlegen zu wollen, durch welche er hoffe, die Auslagen für das Kriegsbud⸗ get erhöhen zu können, ohne das Gleichgewicht zu stören. Der Kriegs- Minister gab die Erklärung ab, nach Durchführung sei⸗ ner Vorlage sei Italien im Stande, jeden Angriff zurückzuwei⸗ sen. Der Marine⸗Minister betonte Nieotera gegenüber, daß viele italienische Kriegsschiffe sich in ausgezeichnetem Zustande befän⸗ den. Die Kammer nahm demnächst mit 153 gegen 100 Stim⸗ men eine von Perronne beantragte und vom Minister⸗Präsiden⸗ ten als die einzig annehmbar bezeichnete Tagesordnung an, welche das Vertranten ausspricht, daß das Ministerium aufs Wirksamste für die Vertheidigung des Landes Sorge tragen werde.
Florenz, 21. März. (W. T. B) Die Kaiferin von
Rußland ist heute in Begleitung ihrer Kinder mit Gefolge
nach Rom abgereist. .
Griechenland. Athen, 21. März. (W. T. BM Der bekannte Philhellene, General Church, ist gestorben. Auf. Be⸗ fehl des Königs wird wegen dieses Todesfalles eine mehrtägige Landestrauer angelegt werden.
Türkei. Konstantinopel, 21. März. (W. T. B.) Die Wegnahme der von dem lateinischen Klerus in der Kirche zu Bethlehem angebrachten Vorhänge und deren Ersatz durch die von der Regierung dazu bestimmten wird von dem „Courrier d'Orrient“ mit, dem Hinzufügen bestätigt, daß außer der fran⸗ zösischen Regierung, welche die Interessen der lateinischen Kon⸗ sessions verwandten an der heiligen Stätte vertritt, keine andere fremde Macht sich in den ganzen Handel gemischt habe und daß man bei dem von der Regierung eingeschlagenen Wege auf Erhaltung des Friedens rechnen dürfe.
— Der rufsische Botschafter Ignatieff hat gestern ein mit der türkischen Regierung geschlossenes und protokollarisch festgestelltes Abkommen unterzeichnet, durch welches russischen Unterthanen das Recht, unbewegliches Eigenthum in der Türkei zu erwerben, zugestanden wird. Dasselbe gewährt noch andere Erleichterungen, welche in dem 1866 von anderen auswärtigen Mächten unterzeichneten Protokolle den Unterthanen der Letzteren von der türkischen Regierung nicht zuerkannt worden sind. Dem neuen Abkommen mit Rußland gegenüber kann indeß von diesen Mächten der Vorbehalt der meist begünstigten Nation gel⸗ tend gemacht werden.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 17. März. Die schwedische Regierung hat, einem Telegramm der „Snäll⸗ posten⸗ aus Stockholm zufolge, die Verordnung wegen Be⸗ schränkung des Rechtes der fremden mosaischen Glaubensbekenner, sich in Schweden niederzulassen, aufgehoben, so daß dieselben nunmehr überall im ganzen Reiche wohnen dürfen.
— In der Sonnabendsitzung des norwegischen Stor⸗ things lag ein Vorschlag des Präsidenten zur Abfassung einer Adreffe vor, in welcher das Storthing um Prolongation der grundgesetzmäßig für die jedesmalige Versammlung festgestellten Frist von zwei Monaten anhält. Bekanntlich gab eine ähnliche Vorlage im vorigen Jahre den Anlaß zu Differenzen, da die Regierung nicht darauf eingehen wollte, die Session auf unbe⸗ stimmte Zeit zu verlängern. Die Adresse ist auch in diesem Jahre in einer ganz unbestimmten Form gehalten. Es heißt darin, daß das Storthing sich gegenwärtig nicht im Stande sieht, den Zeitpunkt anzugeben, wann die Verhandlungen zu Ende gebracht sein werden, während es verspricht, in einem später einzureichen⸗ den Antrage den jetzt in Frage gestellten Zeitpunkt anzugeben. Aschehoug suchte zu vermitteln und meinte, man müsse zu er⸗ kennen geben, daß man vor Ausgang des nächsten Monats (April) mit einer bestimmten Angabe der erforderlichen Zeit ein⸗ kommen würde, aber sein Vorschlag wurde von Sverdrup, K. Motzfeldt u. m. A. bekämpft, und der Varschlag des Präsi⸗ denten in seiner ursprünglichen Form mit 100 Stimmen gegen 6 angenommen.
Amerika. Nachrichten aus Mazatlan in Mexico melden, daß die Einwohner dieses 6 vor Kurzem durch ein Gerücht geschreckt wurden, daß eine große Anzahl Revolutionisten zwischen 2000 und 3000 Mann stark, unter dem Befehl des Obersten Martinez, eines der Hauptoffiziere Lozada's, in den Staat eingefallen sei und Rosario, eine nur halbe Tagesreise von diesem Hafen entfernte Stadt, eingenommen habe. — Die nationalen Truppen, aus nur 300 Mann Infanterie und 500 Mann Kavallerie bestehend, griffen den numerisch überlegenen und mit Artillerie versehenen Feind mit Bajonnet und Säbeln an und nach einem heftigen Gefechte wurden die Rebellen total in die Flucht geschlagen. Auf beiden Seiten gab es viele Todte und Verwundete. Die Insurgenten zogen sich, verfolgt von der siegreichen Kavallerie, zurück.
New⸗York, 21. März. (W. T. B.) Nachrichten zufolge, welche dem, New⸗Nork Herald“ aus St. Dom in go zugegangen sind, wurde auf Befehl der dortigen Regierung die Wohnung des dasigen britischen Vizekonsuls unter Anwendung von Gewalt erbrochen und in derselben die Verhaftung von 3 Per⸗ sonen vorgenommen, welche gegen den Verkauf der Samana⸗ bucht agitirt hatten. Der britische Vizekonsul hat um Abord⸗ nung eines Kriegsschiffs gebeten.
Kunst und Wissenschaft.
Darmstadt, 21. März. Am 19. d. M. starb zu Gießen der ordenfliche Professor Dr. Wilhelm Stahl. Derselbe war ein her⸗ vorragender Vertreter der nationgl⸗ökonomischen Wissenschaften, und als solcher wie als akademischer Lehrer hoch geschätzt. An der Uni⸗ persität Gießen wirkte er seit mehr als 20 Jahren, und ein großer Theil der gegenwärtigen hessischen Staatsbegmten zählt zu seinen Schülern. Der Verstorbene war in den Jahren 1845 und 1849 Mitglied des Frankfurter Parlaments und späͤter, während eines Land⸗ fags Abgeordneter zur Zweiten Kammer der Stände des Großherzog—
thums Hessen. Gewerbe und Handel.
München, 20. März. Der Schuhmachermeister⸗Verein giebt bekannt, daß die Gehülfen vom 4 Mai 1871 bis zum 9. März (877 um 60 Prozent im Lohne erhöht worden seien. In Folge dessen konnten die Meifter keine weitere Erhöhung gewähren, ohne das Ge⸗ werbe und das Publikum zu schädigen. . .
Wien, 21. März. (WB. T. B) Die N ationalbank hat den Siskont soeben von 6 guf 5 Prozent herabgesetzt.
Verkehrs⸗Anstalten. .
Wien. Die Wiener Pferdebahn⸗ und Omnibusgesellschaft hat nach Tiner im heutigen Inseratentheile veröffentlichten Mittheilung die Einführung getroffen, in ihren Wagen und Waggons Geschaͤfts⸗ empfehlungen in Form von Plakaten anzubringen. 3
Triest, 22. März. Der Lloyddampfer , Funo“ ist heute früh 8 Uhr mit der ostindisch chinesischen Ueberlandpost aus Alexan⸗ drien hier eingetroffen.
Aus dem Wolff'schen Telegraphen⸗Bureau.
Bu kare st, Sonnabend, 22. März. Die Deputirtenkammer hat das Gesetz, betreffend die Bodenkreditbank, angenommen. Die Regierung hat die Berathung des Gesetzes über den Bau der eisernen Donaubrücke bei Giurgewo als dringend bezeichnet.
Belgrad, Sonnabend, 20. März. Aus Anlaß des Ge⸗ burtstages des Deutschen Kaisers empfing der Vertreter des Deutschen Reiches, General⸗Konsul Dr. Rosen,. heute, nachdem in der hiesigen evangelischen Kirche ein feierlicher Gottesdienst stattgefunden, die Glůckwünsche des diplomatischen Corps und der serbischen Regierung, sowie des Vertreters des Fürsten. Magdeburg. Sonnabend, 22. März. Zur Feier des Geburtstages des Deutschen Kaisers prangt die Stadt in reichem Flaggenschimucke. Der Militärgottesdienst war sehr zahlreich besucht, die Parade der Garnison fand unter enthusiastischer Theilnahme Seitens des in großer Anzahl versammelten Publi⸗ kums statt. Mittags findet in der „Harmonie“ ein Diner für die Militär⸗ und Civilbehörden statt und Abends wird die Stadt illuminirt sein. .
Königliche Schauspiele.
Sonntag, den 23. März. Im Opernhause. (71. Vor⸗ stellung Drittes Gastspiel der italienischen Opern⸗ Gesellschaft