1873 / 74 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 25 Mar 1873 18:00:01 GMT) scan diff

Weimar, 4. März. (W. T. B) Die Generalversammlung des deut schen Buchdruckervereins, deren Verhandlungen hier heute bis Nachmittags 5 Uhr stattfanden, hat den Normaltarif angenom- men. Die Einführung desselben in den Vereinsoffizinen ist sofort ge⸗

attet, über den obligatorischen Termin der Gültigkeit desselben ent⸗ cheidet der Vorstand des deutschen Buchdruckervereins. Der Vorschlag

s Vorstandes des deutschen Buchdruckerverbandes, eine Delegirten⸗ Versammlung aus der Prinzipalschaft und der Gehülfenschaft zur Prüfung des Tarifs einzuberufen, wurde unter der Bedingung ange⸗ nommen, daß der Leipziger Strike nach Einführung des Tarifs in ö Verbande sofort für erloschen erklärt werde, worauf auch die Kündigung der Verbandsgehälfen Seitens der Vereinsoffizinen ebenfalls hinfällig werden solle.

Verkehrs ⸗Anstalten.

London, 22. März. Der „Money Market Review“ zufolge hat in Londqn soehen eine Compagnie Forporatignsrechte erlangt, welche mit einem Kapital von acht Millionen Pfd. St. sämmt⸗ liche existireuden atlantischen Kabel, anzukaufen und in ein einziges Unternehmen zu konzentriren beabsichtigt. Der Prospekt der neuen Gesellschaft wird in Kurzem erscheinen.

New-⸗JYork, 23. März. (W. T. B.) Der Dampfer des nord⸗ e. Lloyd „New⸗JYork“ ist gestern um Mitternacht hier ein⸗ getroffen.

Aus dem Wolff'schen Telegraphen⸗Bureau.

Wien, Dienstag, 25. März, Mittags. In Folge des gestrigen Ministerraths ist, wie von gut unterrichteter Seite mit⸗ getheilt wird die Gründung einer ungarischen Eskomptebank ohne Präjudiz für die Bankeinheit ermöglicht worden; die Zu⸗ stimmung der eisleithanischen Regierung ist gesichert.

Madrid, Montag, 24. März. In den Provinzen Lerida und Gerona sind von carlistischen Abtheilungen mehrfache Ge⸗ waltthaten begangen worden; nach tapferer Gegenwehr ge⸗ fangen genommene Republikaner sind von ihnen erschossen und städtische Archive in Brand gesteckt worden. Die Regierung trifft energische militärische Vorkehrungen, um der Insurrektion zu begegnen. Eine kleine Abtheilung von Karabiniers, die bei Ri⸗

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poli von 2000 Carlisten heftig angegriffen wurde, gelang es durch eine von Gerona zu Hülfe gesandte Kolonne aus ihrer bedrängten Lage zu befreien. Die Stadt Seu de Urgel ist vollständig eingeschlossen. z

Bu karest, Dienstag, 25. März. Die Kammer genehmigte in ihrer heutigen Sitzung das Budget, welches ein Defizit von 2 Millionen aufweist, mit einer Majorität von 34 Stimmen. Die Sesfion der Kammer, welche übermorgen zu Ende geht, wird höchst wahrscheinlich abermals verlängert werden.

Washington, Dienstag, 25. März. Der Senat hat eine Resolution des Inhalts angenommen, daß die Abschaffung der Sklaverei auf Portoriko eine Garantie für die Aufrichtigkeit . n gutes Vorzeichen für die Dauer der spanischen Repu⸗

ik sei.

Königliche Schauspiele.

Mittwoch, den 26. März. Im Opernhause. (74. Vor⸗ stellung. ) Satanella. n,, . Ballet in 3 Akten und 4 Bildern von P. Taglioni. usik von Pugni und Hertel. Satanella: Frl. David. Anfang 7 Uhr. Mittel⸗Preise.

Im Schauspielhause. (34. Abonnements⸗Vorstellung.) Ein Schritt vom Wege. Lustspiel in 4 Akten von Ernst Wichert. Anfang halb 7 Uhr. Mittel⸗Preise.

Donnerstag, den 27. März. Im Opernhause. (75. Vor⸗ stehung.) Die Hugenotten. Oper in 5 Abtheilungen nach Scribe. Musik von Meyerbeer. Ballet von P. Taglioni. Margarethe: Frl. Lehmann. Valentine: Fr. von Voggenhuber. Urbain: Frl. Grossi. Raoul: Hr. Niemann. Marcel: Hr. Fricke. St. Bris: 6. ,, Nevers: Hr. Betz. Anfang halb 7 Uhr. Mittel⸗

reise.

Im Schauspielhause. (85. Abonnements ⸗Vorstellung.) Kabale und Liebe. Trauerspiel in 5 Akten von Schiller. Anfang halb 7 Uhr. Mittel⸗Preise.

Am Sonntag, den 30. März, Mittags 12 Uhr, findet im Königlichen Operhause eine Matinée unter Direktion des König⸗

lichen Kapellmeisters Herrn Eckert und gütiger Mitwirkung der Mitglieder der italienischen Opern⸗Gesellschaft des Herrn Pollini: Mad. Desirée Artöt, Sgr. Bossi, Sgr. Padilla, Sgr. Vidal,

Emil Bach, sowie der Mitglieder der Königlichen Bühne: Fr. Frieb⸗Blumauer, Frl. Grossi, Fr. Mallinger, Fr. v. Voggen⸗ huber, der Herren Betz, Fricke, Niemann und des Königlichen Chor⸗Direktors Herrn Kahl, zum Besten des engagirten Theater⸗Chor⸗Personals statt. Meldungen um Billets können am Mittwoch und Donnerstag in den Briefkasten des Königlichen Opernhauses gelegt werden. Die permanent, sowie die auf Meldungen reservirten Billets müssen am Freitag, von 10— Uhr, vom Kassenflur des Königlichen . Eingang von der Taubenstraße aus, abgeholt werden. er Verkauf der übrigen Billets findet ebendaselbst am Sonnabend von 10 bis 15 Uhr und am Sonntag Vormittag, von 11 Uhr ab im Königlichen Opernhause statt. Hohe Preise.

Herr Professor und Baurath Adler will die Güte haben, drei Vorträge über Bau⸗Denkmäler in Jerusalem zum Besten des

straße 118, zu halten. Diese Vorträge werden stattfinden: am Dienstag, den 25. März, Abends 6 Uhr, „Donnerstag., 2. ö I Dienstag, 6 J. April, 1 , 1,

Der Ertrag ist für die evangelischen Waisenhäuser zu Jerusalem und Bethlehem bestimmt. Wir ersuchen alle Kunftfreunde und Die⸗ jenigen, welche für das heilige Land ein Interesse haben, gefälligst . nehmen zu wollen. Einlaßkarten zu einem Thaler sind zu zaben: I) in der Hof⸗Musikalien⸗Handlung v. Bote C Bock, Französische⸗

straße 330, 2 in der Buchhandlung bei Rothe, Königgrätzerstr. 17, 3) bei dem Kastellan Barth, Wilhelmstr. 118.

An der Kasse findet kein Verkauf statt, da nur 300 Billets aus⸗

gegeben werden.

Der Jerusalem⸗Verein.

Königliches Opernhaus.

Die Festvorstellung zur Feier des Geburtstages Sr. Ma⸗ jestät des Kaisers und Königs, zu der Glucks große heroische Dper „Armide“ gewählt worden war, ging eine feierliche Ein⸗ leitung voran, beginnend mit einer frohen kriegerischen Fanfare, worauf der Vorhang sich hob und Herr Berndal einen von Friedr. Adami in schwungvoller Sprache und fließenden Jamben gedichteten Prolog sprach. Derselbe erinnerte an die hohe Bedeu⸗ tung des festlichen Tages, zugleich mit der ernsten Mahnung, der Helden zu gedenken, die zu glorreichen Kriegsthaten von Sr. Majestät geführt, auf dem Felde der Ehre geblieben. Wäh⸗ rend der letzten begeisterten Worte des Prologs intonirte das Orhester das „Heil Dir im Siegerkranz!“ Das zahlreich ver⸗ sammelte Publikum erhob sich von den Sitzen, bis die weihe⸗ vollen Klänge verstummt waren.

Glucks „Armide“, die nun folgte, gehört zu den edelsten Blüthen, welche die klassische deutsche Opernliteratur aufzu⸗ weisen hat. Auch das Libretto, eine Dichtung Quinaults, der man mit Unrecht die einzigen Mängel der Komposition zur Last gelegt hat, ist ein Werk, dessen Vorzüge allerdings durch die Uebersetzung des überaus fruchtbaren, aber ebenso flüchtigen Jul. von Voß vernichtet worden sind. Dem Verfasser der Travestien auf die „Jungfrau von Orleans und „Nathan den Weisen“ sind auch die Schönheiten der französischen Dich⸗ tung entgangen, die besonders in dem Wohllaut der Sprache liegen. Voltaire jagte über Quinaults Texte: „Wer kann solche Verse komponiren? Sie sind schon Musik!“ Aus dem Umstande, daß Gluck fast ausschließlich fran⸗ zösische Texte in Musik gesetzt hat, ergiebt sich auch der Stand⸗ punkt für eine richtige Beurtheilung seiner Schöpfungen. Gluck ist zuerst reformirend in Bezug auf die Behandlung des Re⸗ citativs aufgetreten und hat damit erst das musikalische Drama eschaffen. Sein Streben geht nicht auf die absolute Schönheit, . auf die Prägnanz des dramatischen Ausdrucks. Die

usik ist ihm Mittel zur Steigerung der künst⸗ rischen Gesammtwirkung des Dramas, nicht Selbstzweck. Seine Komposition lehnt sich daher so eng an den sprachlichen Ausdruck an, daß Ton und Wort fast in einander aufzugehen scheinen. Diese Vorzüge treten aber erst zu Tage, wenn man der Partitur den Originaltext unterlegt. Bekannt ist, daß Carl Marie von Weber und in neuerer Zeit Richard Wagner, letzte⸗ rer mit besonderer Energie, an die reformatorischen Be⸗ strebungen Glucks angeknüpft und die Oper in ein ganz neues Stadium der Entwickelung eingeführt haben. Zwar war die reine Musik zu Glucks Zeiten noch nicht zu ihrer Vollendung hindurchgedrungen; indessen ist nicht zu verkennen, daß Gluck das Wesen der Oper viel richtiger erfaßt und mit geringen Mitteln ein höheres Ziel angestrebt hat als Mozart, der ihm in seinem idealen Aufschwung nicht zu folgen vermochte, da⸗ für aber der Musik die höchste sinnliche Schönheit verlieh. Gluck wendet vorzugsweise noch den eine größere dramatische Lebendigkeit be⸗ ünstigenden Wechselgesang an; seltener benutzt er wohl ab⸗ chtlich, weil den Fortgang der Handlung beeinträchtigend die künstlerischen Formen des Duetts und Terzetts, die erst spä⸗ ter, oft in ungebührlicher Breite in der Oper eingeführt wurden.

Der Stoff zu der ‚Armide“ ist dem Epos Gerusalemme liberata des Torquato Tasso entlehnt und lag daher für Gluck zum Theil außerhalb der Grenze seines musikalischen Darstellungsvermögens, das nur in der idealen Götter⸗ und Heroenwelt der Alten seine Vorwürfe fand. Zu wahrhaft plastischer Durchbildung, ganz im Sinne des klafsischen Alterthums, sind daher die Gestalten des Orpheus, der Euridice, der Medea und der Iphigenia ge⸗ langt. Auch sein Rinald und die Zauberin Armide sind dem⸗ gemäß, wo er den antiken Charakter auf die Dichtung des Mit⸗ telulters übertragen kann, vortrefflich gelungen, weniger dage⸗ gen der dänische Ritter und Ubald, welche auf realerem Boden stehen. Damit aber sind zugleich die einzigen gegenüber den großen Schönheiten der Oper unwesentlich zu nennenden Mängel gekennzeichnet. Scenen, wie das Idyll im zweiten Akt mit der Arie Rinalds und dem poetischen Pastorale der Instrumental⸗ begleitung, ganz im Charakter der hundert gepflegten Schäferdichtung und der arkadischen Landschaften eines Poussin und Claude Lorrain gehalten, an⸗ dererseits das hochdramatische Finale im dritten Akt mit dem Chor der Eumeniden gehören zu den schönsten Erzeugnissen dramatischer Musik und haben dem Komponisten auch über die e tg Produkte seines erbitterten Gegners Piccini ver⸗ schafft. Die Oper, welche am 23. September 1777 in Paris zum ersten Mal aufgeführt wurde, errang denn auch in Berlin im Jahre 1805 einen so bedeutenden Erfolg, wie kaum ein früheres Werk.

Die Hauptrollen der Oper befanden 6 am Sonnabend in den Händen der Damen Fr. v. Voggenhuber (Armide), Frl. Brandt (Furie des Hasses), Frl. Grossi (Najade) und Frl.

im vorigen Jahr⸗

Schwenke (Nymphe), Frls. Horina und Bouquet (Phenice und Sidonie), sowie der Herren Niemann (Rinald), Betz (Hydraot), Salomon und Mürich (Aront und Artemidor), Schmidt (Ubald) und Schott (ein dänischer Ritter).

Vortrag im wissenschaftlichen Verein.

Den diesjährigen Cyelus der Vorlesungen im wissenschaft⸗ lichen Verein beschloß am vergangenen Sonnabend Professor Dr. Schmoller aus Straßburg mit einem Vortrage über Die Verwaltung Ostpreußens unter König Friedrich Wilhelm.

Der Vortragende hob, von der Bedeutung des Tages, dem Geburtstage Sr. Majestät des Kaisers, ausgehend, hervor, wie die Entwicklung des brandenburgischen Kurstaates von einer Territorialmacht des Deutschen Reiches zu einem Großstaate nicht blos dem Glücke, das unleugbar das hohenzollersche Für⸗ stenhaus seit Erwerbung der Mark Brandenburg begleitet habe, zu verdanken sei, sondern vorzugsweise der persoͤnlichen Befähi⸗ gung und der Charakteranlage der einzelnen Herrscher. Zwar war bereits 1618 Ostpreußen durch Erbvertrag an das branden⸗ burgische Kurhaus gekommen, aber in dasselbe Jahr fiel der Ausbruch des dreißigjährigen Krieges, dessen furchtbare Ver⸗ heerungen auch das Ländergebiet des brandenburgisch⸗ preußi⸗ schen Staates nicht verschonten. Statt so durch den Anfall einer bedeutenden Provinz die Macht und Bedeutung des aufstrebenden Staates zu erhöhen, stellte dieser Zuwachs den Herrschern eine um so ,, Aufgabe, wenn nach Wiederher⸗ stellung des Friedens das ausgedehnte Ländergebiet einer gedeihlichen Entwicklung entgegengeführt werden sollte. Erst dem Kurfürsten Friedrich Wilhelm, dessen Regierungsantritt gegen das Ende des dreißigjährigen Krieges erfolgte, konnte es vergönnt sein, dem neu erworbenen Landesgebiete seine Sorgfalt für die Pflege und Heilung aller Schäden und Wunden zuzuwenden. Aber es galt zunächst die Mark Brandenburg einigermaßen aus dem traurigen Zustande zu erretten, eine Aufgabe, welche dem Kurfürsten dadurch außerordentlich erschwert wurde, daß neue Kämpfe an den eigenen Grenzen und die Theilnahme an den Kriegen mit Ludwig XIV. wenig Kraft und Zeit übrig ließen, welche einer friedlichen Entwicklung des Staates zugewandt wer⸗ den konnten. Unter solchen Umständen fanden die nächsten Nach- folger des Kurfürsten Friedrich Wilhelm ein weites Feld für eine friedliche Thätigkeit vor. An die Provinz Ostpreußen knüpfte sich zwar unter der Regierung Friedrich III. die Erhebung des Kur⸗ staates zu einem Königreiche, aber die Grundlagen zu einer ent⸗ sprechenden Machtentwicklung zu schaffen, war erst dem Sohne des ersten Königs vorbehalten. Friedrich Wilhelm J. ist derjenige in der Reihe der preußischen Könige, dessen Bedeutung nicht darin liegt, daß— er neue große Gesichtspunkte für die äußere Politik aufstellte und während seiner Regierung durchzuführen suchte, als daß er sorg⸗ fältig die Kräfte und Hüͤlfsmittel sammelte, welche dazu dienen konnten, eine gedeihliche Entwickelung des preußischen Länder— gebietes herbeizuführen. Mit richtigem staatsmännischem Blicke wandte der König seine besondere Aufmerksamkeit der Verbesse⸗ rung der durch Krieg und Pest arg verheerten Provinz Preußen zu. Mit dem ihm eigenthümlichen Gerechtigkeitsgefühle empfand der Herrscher, daß er seine Theilnahme nicht ohne eine gewisse Bevorzugung den Zuständen dieser Provinz angedeihen lassen könne; wie aber einem Vater gerade diejenigen seiner Kinder, welche ihm die meiste Sorge bereiten, am engsten an das Herz gewachsen sind, so fühlte auch der König den Drang, demjeni⸗ gen Lande die größte Sorgfalt zu Theil werden zu lassen, des⸗ sen Zustände die meisten Schwierigkeiten boten, freilich nicht ohne mit seinem Herrscherblicke zu erkennen, daß die Provinz Preußen, einer glücklichen inneren Entwickelung entgegengeführt, dereinst die Grundlage zu einer bedeutenden Machtentfaltung des hohenzollernschen Fürstenhauses bilden werde. Es ist bekannt, daß König Friedrich Wilhelm J. richtig gewürdigt hat, wie sehr die materielle Wohlfahrt eines Staates die Grundbedingung für seine äußere Macht sei. Er richtete deshalb sein Augenmerk besonders darauf, durch Anbau des Bodens, Entwässerung bis⸗ her ertragsloser Bodenflächen den Ackerbau zu heben und wen⸗ dete nicht unerhebliche Summen auf Verbesserung der Verkehrs⸗ zustände des Landes, während er sich sonst, mit Ausnahme der Ausgaben für das Heerwesen, besonderer Sparsamkeit befleißigte. Unter der polnischen Oberhoheit hatte sich in der Provinz Preu⸗ ßen das Ständewesen bis zu einem Umfange entwickelt, daß der König sich in seinen wohlwollenden Absichten für das Beste die⸗ ses Landes gehemmt fühlte. In der Ueberzeugung, zum Wohle des Landes zu handeln, trug er kein Bedenken, das durch Be⸗ stätigung der Privilegien alt hergebrachte Ständewesen mit energischen Mitteln zu bekämpfen und die Verwaltung des Lan⸗ des solchen Männern anzuvertrauen, von deren bewährter

Treue und Ergebenheit er eine gewissenhaste und heilsame Durch⸗

führung seiner bis auf das einzelnste gerichteten Anordnungen erwarten durfte. Aber nicht blos für die materiellen Interessen, sondern auch für die geistige Entwickelung seines Lieblingslandes zeigte der König besondere Sorgfalt, indem er erkannte, daß die Grundlagen für die materielle Wohlfahrt nicht hinreichend befestigt werden könnten, ohne gleichzeitig die allgemeine Volksbildung zu heben. Er förderte deshalb auch die Anlegung von Stadt⸗ und Landschulen in hervorragender Weise und trat helfend ein, wo es sich darum handelte, den auffallend zurückgebliebenen Kulturzustand der Bevölkerung zu heben.

Der Redner schloß mit dem Hinweis, wie auch dieser Fürst, unter dessen Regierung die Förderung der Kunst und Wissenschaft im Verhältniß zu den materiellen Interessen zurück⸗ treten mußte, wenn eine gesunde Grundlage für die materielle Entwickelung des Staates gewonnen werden sollte, doch den Traditionen des hohenzollerschen Fürstenhauses treu geblieben sei, indem er mit den materiellen Interessen auch die geistigen, wenn auch mit beschränkten Hülfsmitteln, fördern zu müssen glaubte. Hatte Friedrich Wilhelm J. für die äußere Wohlfahrt des Landes reiche Hülfsquellen eröffnet, so haben seine Nachfol⸗ ger, besonders König Friedrich II. und Friedrich Wilhelm III.

in Mitten großer Kriege und feindlicher Verheerung, der geisti⸗

gen Entwickelung des preußischen Volkes besondere Pflege zuge⸗ wandt, und bis auf die Gegenwart ist der preußische Staat durch sein erlauchtes Fürstenhaus nicht nur zu einer hervorra⸗ genden Stufe äußerer Machtentwickelung, sondern auch zu all⸗ seitig anerkannter und im Kampfe nach außen bewährter Ent⸗ faltung auf geistigem Gebiete emporgeführt worden.

Der Bazar im Niederländischen Palais.

Unter dem Protektorat Ihrer Königlichen Hoheiten der Prin⸗ zessinnen Marie und Elisabeth, Töchter des Prinzen Friedrich Carl, wurde am Donnerstag im Niederländischen Palais ein Bazar eröffnet, dessen Ertrag zum Besten des Ankaufs des evangelischen Missionshauses in der Sebastianstraße und des Berliner Kirchenbaufonds bestimmt ist,

Die Säle der ersten Etage des Niederländischen Palais sind in eine Verkaufshalle umgewandelt, welche mannigfache Erzeug⸗ nisse der Kunst und Industrie enthält, theils selbstgefertigte Ar⸗ beiten aus der Hand Hochster und Hoher Herrschaften, theils Geschenke kaufmännischer Firmen. In fünf Zimmern sind die Gegenstände harmonisch und geschmackvoll aneinander gereiht, so daß für den Beschauer der Totaleindruck ein sehr günstiger ist.

Der erste Saal enthält eine reiche Auswahl von Weißzeug und Manufakten, Garderobegegenständen, Stickereien und Damen⸗ u der verschiedensten Art, darunter ein von Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Carl gesticktes Oreillier und ein von Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Elisabeth kunstvoll aus Wolle hergestelltes Rosenpaar.

Die Mittelsäle enthalten eine Gemäldeausstellung, zum größten Theil Porträts der verstorbenen Heroen in Wissenschaft, Poesie und Kunst. Wir finden hier die Bildnisse von Paul Gerhard, Spener, Leibnitz, Moses Mendelssohn, Spalding, Sack, Lessing, Achim von Arnim, L. Tiek, Th. Körner, J. Paul, Rückert, Gebrüder Grimm, Bode, Böckh, Carl Ritter, Alex. von Humboldt, Hegel, Leop. v. Buch, Johannes Müller, Schelling, Savigny, J. Heim (der alte), Barez, Schönlein, v. Graefe (Vater und Sohn), Felir Mendelssohn, Meyerbeer, Raupach, Rauch in vier Bildern, darunter eines vom Jahre 1798, Cor⸗ nelius, den alten Schadow, Schinkel in allen Lebensstufen von 1803 an, Beuth, C. Begas Selbstporträts u. v. A, meist in schönen Bildern aus der reichen Sammlung Ihrer Majestät der verwittweten Königin Elisabeth, theils aus Privatbesitz stam⸗ mend und katalogisirt von Professor Lepsius. .

Den Glanzpunkt der Ausstellung bildet der große Festsaal, in welchem sich allerlei Kunst⸗ und Bijouteriesachen, eine An⸗ zahl literarischer Prachtwerke und eine Autographensammlung befinden. Hier sind auch die Tische aufgeftellt, an denen eine Anzahl destinguirter Damen die Verkaufsgeschäfte handhaben.

Am vergangenen Donnerstage, dem Eröffnungstage, be⸗ suchten auch Ihre Majestät die Kaiserin die Ausstellung und befahlen einige Ankäufe. Auch die Prinzessinnen Marie, Eli⸗ sabeth und Louise verweilten längere Zeit daselbst.

Die Leitung des Bazars befindet sich in den Händen der Frau Baronin zu Putlitz und der Gräfin Romberg. Derselbe wird am 25. d. M. geschlossen.

Redaktion und Rendantur: Schwieger.

Berlin, Verlag der Expedition (Eesseh. Druck: H. Heiberg. Vier Beilagen

(einschließlich der Börsen⸗Beilage.

des Kapellmeisters Sgr. Goula, des Pianisten Hrn. Leonh.

Jerusalem⸗Vereins im Saale des Architekten⸗Vereins, Wilhelm⸗

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Dentsches Reich.

Geßetz, die Weinsteuer betreffend. Vom 29. März 1873. . 5.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König

von Preußen ꝛc. verordnen im Namen des Deutschen Reichs,

nach erfolgter k— 5 des Bundesrathes, für Elsaß⸗

Lothringen was folgt: .

. 59 unter den Bezeichnungen Umlaufstener (droit de circulation), Kleinverkaufssteuer (droit de d6tail, Eingangssteuer droit d'entrée) und vereinigte Steuer (droit de taxe unique) vom Traubenwein und Obstwein bisher erhobenen Abgaben, sowie die Ab⸗ gaben vom Meth werden aufgehoben. .

Der Wein, sowohl Trauben- als Obstwein, unterliegt fortan einer Weinfteuer, welche für einen Hektoliter Traubenwein drei Franken fünfundsiebzig Centimen und für einen Hektoliter Obstwein einen

beträgt. ; . 3 . Vie Weinsteuer wird erhoben, so oft Wein versendet wird.

8. 3. Von der Weinsteuer ist befreit: I Wein, welchen ein Weinbaner gekeltert hat und von der Kelter nach seinen Kellern oder Weinlagern befördert; 2) Wein, welchen ein Pächter vertragsmäßig dem Eigenthümer liefert oder von letzterem empfängt; 3) Wein, welchen Weingroßhändler zum Zweck des Verkaufs im Großen ein— legen (5. 19); 4 Wein, welcher aus einem Keller in einen anderen Keller desselben Besitzers übergeführt wird; 5) bereits versteuerter Wein, welcher in Mengen von fünf, Liter oder weniger in Flaschen Dder Krügen versendet wird; 6) Wein, welcher aus Elsaß⸗Lothringen

führt wird. ! 566 ö Zur Entrichtung der Weinsteuer ist bei Versendungen an Kleinverkäufer von Wein der Empfänger, bei Versendungen an andere Personen der Versender des Weins verpflichtet.

5. Die Weinsteuer ist, wenn der Versender zur Entrichtung derselben verpflichtet ist (8. , vor der Entnahme des Weing von sei⸗ nem Aufbewahrungsort und bevor mit dem Trangport des Weins be— gonnen wird, an die Steuerbehörde des Ortes der Versendung ein⸗

len. ; . nua n die Verpflichtung zur Entrichtung dem Empfänger ob, so hat letzterer, sofern ihm für die Bezahlung eine längere Frist nicht ausdrücklich bewilligt worden, die Weinsteuer in den ersten drei Tagen nach der Einlage des Weins an die Steuerbehörde des Einlageortes, unter Üebergabe des ausgestellten Begleitscheins (8. 13), einzuzahlen,

Die Steuerverwaltung ist ermächtigt, in oktroipflichtigen Stãdten die Entrichtung der Weinsteuer von den steuerpflichtigen Bezügen der Kleinverkäufer von Wein bei dem Eingange in die betreffenden Städte, zusammen mit dem Oktroi zu gestatten. In diesem Falle ertheilt die Hebestelle anstatt des bei ihr zurückbleibenden Begleitscheins einen Fransportschein, welcher den Wein vom Ort der Steuerzahlung bis zum Ort der Einlage begleiten muß. r

§. 6. Bei der Berechnung der Weinsteuer von Wein in Flaschen wird der Inhalt der Flaschen, welche weniger als Liter enthalten, mit 4 Liter und der Inhalt der Flaschen von über P Liter bis zu L Liter mit L Liter in Ansatz gebracht und wird danach die Steuer

n. 16 Die Weinbauer, welche den Weingroßhandel oder den Kleinverkauf von Wein betreiben, oder deren Wein vorräthe der Kon⸗ trole der Steuerverwaltung unterliegen (5. 29), ingleichen alle andere Personen, welche Trauben Abst oder rauhen Most für ihre Rechnung keltern, ohne geseßzlich zur steuerfreien Einlage bes Weins berechtigt zu sein, sind verpflichtet, bevor sie zu keltern an⸗ fangen, der e h d. ihres Wohnorts von dem Tage des Be⸗ ginns und des Schlusses der Kelterung Anzeige zu machen. Ueber diese Anzeige wird eine Bescheinigung (Gelterschein) ertheilt. Die Kelterung darf nur innerhalb der im Kelterschein angegebenen Frist

en. .

1 vierundzwanzig Stunden nach Beendigung Der Kelte⸗ rung sst der Steuerbehörde die Menge des gewonnenen Weins an⸗ Iden. K inte g, Steuerbeamten sind befugt, die Richtigkeit dieser Anmeldung zu prüfen und zu diesem Behufe sowohl vor dem Beginn der Kelte⸗ rung die Vorräͤthe an altem Wein, als auch während und nach der

Kelterung die Menge des gewonnenen neuen Weins aufzunehmen.

Von letzterem ist die Weinsteuer, insofern nicht nach §. 3 Nr. 133 Steuerbefreiung eintritt, innerhalb acht Tagen nach erfolgter An⸗ forderung des Steuerhetrags an die Steuerbehörde zu entrichten.

5§. 8. Jede Versendung von Wein ist mit Ausnahme der in

15 bezeichneten Fälle, durch den Versender der Steuerbehörde des ö anzumelden. Auf Grund dieser Anmeldung und in Uebereinstimmung mit derselben wird eine zur Legitimation der Sen⸗ dung dienende Urkunde (Steuerschein ausgefertigt.

§. 9. Es kommen folgende Steuerscheine in Anwendung: 1) Transportscheine bei der Verfendung von Wein in Fällen, in welchen der Versender die Weinsteuer zu entrichten hat (8. 4; Y). Begleit⸗ scheine bei der Versendung von Wein innerhalb Elsaß⸗Lothringens in denjenigen Fällen, in welchen der Empfänger die Weinsteuer zu ent⸗ richten hat, oder die Versendung von der Steuer frei zu lassen ist; oder 3) Ausfuhrscheine bei der Versendung von Wein nach anderen Theilen des deutschen Zollgebiets oder nach dem Zollgusland.

16. Die Anmeldungen zur Versendung ven Wein sind in dem Dienftlokal der Steuerbehörde mündlich oder schriftlich zu bewirken. Sie müssen folgende Angaben enthalten: . j

1) Menge und Gattung des Weins (ob Traubenwein oder QAbst⸗ wein); 2) Zahl, Art und Bezeichnung der Kolli; 3) den Namen, Vor⸗ namen, Stand, Wohnort des Versenders und, Empfängers; den Grund der Steuerbefreiung, wenn eine solche in Anspruch genommen wird; 5) Bezeichnung des Frachtführers; 6) Ort der Verladung und Einlage und, bei Versendungen innerhalb desselben Orts, den seitheri⸗ gen und künftigen Aufbewahrungsort des Weins nach Straße und

ausnummer. ;

d 5 11. Weinbauer und Weinhändler, welche den Kleinverkauf von Wein nicht betreiben, können von der Steuerbehörde ermächtigt werden, unter Beobachtung der deshalb zu ertheilenden Borschriften, . und Ausfuhrscheine für Wein, welchen sie versenden, selbst auszufertigen. ö ö

§. 1 G gigen, in welchen nach & 9 ein Begleitschein oder Ausfuhrschein ausgeslellt wird, ist der Versender des Weins verpflichtet, auf Verlangen der Steuerbehörde innerhalb der von . bestimmten Frist nachzuweisen, daß der Wein am angemeldeten Bestimmungsorte angekommen, beziehungsweise aus Elsaß Lothringen ausgeführt ist.

Wird dieser Rachweis nicht erbracht, so hat der Versender von dem Wein die Weinsteuer zu zahlen.

Die Steuerbehörde kann die vorherige Sicherstellung der Zahlung verlangen.

* 13. Die Begleitscheine über Weinsendungen sind ven den Empfängern der letzteren in den ersten drei Tagen nach der Einlage des Weins an die Steuerbehörde des Einlageorts abzuliefern (vergl.

S. 5 Absatz 5 . w n , n neff steuerfreie Lager besitzen, und Kleinverkäufer von Wein sind verpflichtet, von Weinsendungen, welche ohne den vorgeschriebenen Steuerschein an sie gelangen, der Stener⸗ n binnen vierundzwanzig Stunden nach dem- Empfang Anzeige zu machen. v ; §. 15. Bei den nach 3 3 Nr. 5 steuerfreien Trangporten be⸗ darf es der Anmeldung der Versendung und eines Steuerscheins nicht. §. 16. Für jeden Steuerschein ist von dem Versender eine Stempelgebühr von fünfzehn Centimen zu entrichten.

Erste Bei 1 age. * J zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger. M 7M.

Dienstag, den 25. Maͤrz

§. 17. Der mit Steuerschein abgefertigte Wein muß innerhalb der Frist, welche die Steuerbehörde in dem Steuerschein vermerkt hat, von dem Frachtführer auf dem gewöhnlichen Wege dem angemeldeten

mpfänger zugeführt werden. . . 7 . . hrer ist verpflichtet, den Steuerschein von Beginn der Versendung und während der ganzen Dauer derselben als Ausweis bei sich zu führen und auf Verlangen der Beamten der Verwaltung der indirekten Steuern, der Zölle und des Octrgis sofort vorzuzeigen.

Die Versendung , . . . Zeitpunkt, wo der Wein von

seinem Aufbewahrungsort entfernt wird. , ö . n n mit der Ladung hinsichtlich der Menge oder Gattung des Weins oder der Zahl, Ärt oder Bezeichnung der Kolli nicht übereinstimmt, oder wenn der Transport vor Beginn oder nach Ablauf der Transportfrist oder nicht auf dem gewöhnlichen Wege zum Bestimmungsort stattfindet, so wird angenommen, daß der Wein ohne Steuerschein transportirt werde.

8. 18. Der Führer einer Ladung, deren Transport unterbrochen wird, hat dies innerhalb vierundzwanzig Stunden und vor der Ab⸗ ladung des Weins der nächsten Steuerbehörde anzumelden.

Die Sten⸗ e bis zar Forksetzung des Transports von der Steuerbehörde verwahrt und bei dem Abgang des Transports, nach erfolgter Vistrung und nach Revision des Weins, welcher den Steuerbeamten auf Verlangen vorgeführt werden muß, zurückzegeben.

Die Transportfrist wird um die Dauer der Transportunter⸗ brechung verlängert und die Verlängerung auf dem Steuerschein

erkt. . . , in Folge eines Unfalls die unverzügliche Abladung oder die Umfüllung des Weins erforderlich, so können diese Arbeiten ohne vor⸗ herige Anmeldung stattfinden; jedoch hat der Frachtführer die Oblie— genheit, den Unfall. durch die Steuerbeamten oder in deren Ermange⸗ lung durch den , oder den Beigeordneten der nächsten

einde feststellen zu lassen. . . 57 . welche von der im S. 3 Ziffer 3 be⸗ zeichneten Steuerbefreiung Gebrauch machen wollen, haben. mit dem Antrage auf Bewilligung eines, steuerfreien Weinlagers die gesetzlich vorgeschriebene Lizenz zum Weingroßhandel vorzulegen. Gleichzeitig ist die Menge und Gattung des auf Lager befindlichen Weins anzu⸗ melden, und der Raum für die steuerfreie Lagerung zu bezeichnen.

5§. 20. Ueber die steuerfreien Weinlager der Weingroßhãndler wird von der Steuerbehörde ein Konto geführt, worin der Zugang nach den Steuerscheinen über die stattgehabten Einlagen angeschrieben und der Abgang nach den Steuerscheinen über die Versendungen ab⸗

rd. ; ; ; elch e g m Hie Steuerbeamten sind befugt bei den Weingroß— händkern, welche steuerfreie Weinlgger besitzen, Revisionen vorzunehmen, um die Menge des vorhandenen Weins zu ermitteln. ;

Diese Revisionen finden nur in den Weinlagern, Kellern und son⸗ stigen Vorrathsräumen und nur in der Zeit, vom Aufgangg bis zum Untergange der Sonne statt. Aller daselbst vorgefundene Wein wird bei dem Abschluß des Konto als unversteuert behandelt. J.

22. Nach jeder Revision ist dem Lagerinhaber von dem Er⸗ gebniß der Aufnahme Mittheilung zu machen. Bestreitet derselbe die Richtigkeit, so wird die Aufnahme unter Zuziehung von Sachver⸗

indi iederholt. . ö stind ien 5 Auslaufen, Verdunsten und sonstigen Verlust wird den Weingroßhändlern, welche steuerfreie Lager besitzen, ein Rabatt von 7 Prozent für das Jahr. gewährt. Haben Verluste in Folge außerordenflicher Unfälle nachweislich stattgefunden, so kann die Steuer⸗ behörde die Abschreibung des verloren gegangenen Quantums vom Konto auch über den Satz von 7 Prozent hingus gestatten. ;

5§. 24. Von den Weinmengen, welche bei dem Abschluß der Konten nach Abzug des Rabatts G.. 23) als versendet nicht nachge⸗ wiesen sind, ist die Weinsteuer zu entrichten. . ö.

Der definitive Abschluß der Kontos erfolgt im Dezember jeden 366 danach sich ergebenden Steuerbeträge sind am Jahresschluß fällig. . KJ

25. Ein Weingroßhändler, welcher sein steuerfreies Weinlager 1 von . 6 Weinvorräthen die Weinsteuer ö ich Personen, welche den Kleinverkauf von Wein betreiben wollen, haben dies zuvor bei der Steuerbehörde unter Angabe des Verkaufzoörkes anzuzeigen und dabei nachzuweijen, daß sie die im Gesetz vorgeschriebene Lizenz für den Kleinverkauf besitzen. ö.

Unter Kleinverkauf von . wird . erabfolgung von Wein ; on weniger als 25 Liter verstanden.

. . vol We auer oder Weingroßhändler den Weinver= kauf im Kleinen betreiben, so müssen sie zuwor den steuerfrei einge⸗ lagerten Wein versteuern. Andernfalls dürfen sie den Kleinverkguf nur aus abgesonderten, von ihren steuerfreien Weinlagern in * Art ge⸗ trennten Kellern betreiben, daß der Weintransport aus den Weinlagern in diese Keller oder in die Räume, woselbst der Kleinverkauf statt⸗ finden soll, nicht anders als auf offener Straße möglich ist. ö

Die für den Kleinverkauf von Wein bestimmten Keller oder Ver⸗ rathsräume sind der Steuerbehörde zu bezeichnen und dürfen erst in Ge⸗ brauch genommen , nachdem sie von der Steuerbehörde als zu⸗

ssi t worden sind. ; ; .

n 5. befindlichen unversteuerten Weinvorräthe müssen zuvor rden. . en,, . kann Weinbauern, welche nur zeitweise selbstge⸗ wonnenen Wein ausschenken wollen, aber Keller von der in Absatz 1 dieses Paragraphen vorgeschriebenen Art nicht besitzen, die vorgãngige Versteuerung ihres gesammten Weinvorrathes erlassen und die Ber⸗ steuerung nur derjenigen Menge zugestanden werden, welche zum Klein⸗ verkauf bestimmt ist. Solche Weinbauer haben sich jedoch den Bor⸗ schriften der 85. 20 23, 5. 24 Abs. Lund 5 26 des Gejets sowie ben bon der Sieuerverwalkung hinsichtlich der Dauer des Ausschanks und zum Schutze der Steuerinteressen zu treffenden Anordnungen zu 6 * * 12 1 nter eg. Die Steuerbeamten sind befugt, die Weinvorräthe der Personen, welche den Kleinverkauf von Wein betreiben, zu revidiren

Die Sternersheine werden . t , n 2 11

und den Nachweis der Verfteuerung dieser Vorräthe durch Vorlegung

teuerquittungen zu verlangen. . . 5 9 3 . n Weinvorräthe von Weinbauern in

solché Nähe von steuerfreien Weinlagern der Weingroßhändler oder ,, Kleinverkäufer aufbewahrt, daß die Ueberfüh⸗ rung von Wein der Kontrolle leicht entzogen werden kann, so können jene Vorräthe auf Anordnung des Direktors der Zölle und indirelten Steuern der regelmäßigen Repifion und. Kontrollirung mit der Wir— fung unterstellt werden, daß von den nicht nachgewiesenen Abgängen an den 'unverfteuerten Weinvorräthen, nach Abzug einer von der Steuer- verwaltung festzusetzenden Vergütung für Haustrunk und Lagerabgänge, die Weinsteuer zu entrichten ist. ,

F. 30. Die Besitzer von Weinlagern, welche der Nevifian der Steuerbehörde unterliegen, dürfen die damit beauftragten Beamten an der Vornahme der Revision nicht verhindern. Sie sind verbunden, die erforderlichen Handleistungen nach Anweisung, der Beamten auf eigene Gefahr und Kosten zu verrichten oder verrichten zu lassen.

8. 31. Der Weinsteuer⸗Defraudation macht sich schuldig: 1) wer der Bestimmung des §.7 Absatz 2 entgegen innerhalb der vorgeschrie⸗ benen Frist nach Beendigung der Kelterung die Menge des gewonnenen Weines der Steuerbehörde gar nicht oder zu gering anmeldet; 2) wer der Bestimmung des 5. 8 entgegen Weine ohne vorgängige Anmeldung versendet; 3) wer bei der Anmeldung von Wein zur Versendung un⸗

1873.

richtige Angaben macht, durch welche eine geringere als die gesetzliche Steuer oder Steuerbefreiung eintreten würde; 4 wer Wein trang— portirt, ohne einen gültigen Steuerschein über die Ladung (8. 17) mit sich zu führen; 5) wer entgegen der Bestimmung in 8. 13 einen Be⸗ gleitschein an die Steuerbehörde rechtzeitig nicht abliefert; 6) wer die im 5§. 14 vorgeschriebene Anzeige unterläßt.

32. Die Weinsteuer⸗Defraudation wird mit einer Geldstrafe, welche dem zehnfachen Betrag der hinterzogenen Weinsteuer gleich⸗ kommt, mindestens aber drei Franken fuͤnf und siebzig Centimen beträgt, bestraft. Außerdem ist die Weinsteuer nachzuzahlen.

Konfiskation als Strafe findet nicht statt. . .

Kann der Beschuldigte nachweisen, daß er eine Defraudation nicht habe verüben können oder wollen, so findet nur eine Ordnungsstrafe

Z35 Anwendung. w , 33. Wer 6 Weinsteuer⸗Defraudation durch die Gerichte oder Verwaltungsbehbrden verurtheilt worden ist, und abermals eine Weinsteuer⸗Defraudat ion begangen hat, wird mit dem doppelten Be⸗ trage der im 5. 32 angeordneten Geldstrafe bestraft .

§. 34. Ber Wein, in Bezug auf welchen eine Weinsteuer- Defrau⸗ dation verübt worden ist, unkerliegt einschließlich der Gefäße und Transportmittel, wenn es zur Sicherung des Beweises für die Unter⸗ suchung oder zur Sicherstellung der Abgaben, Strafen oder Untersu⸗ chungskosten erforderlich ist, der Beschlagnahme durch die Steuer⸗ beamten. . ; .

5§. 35. Mit einer Ordnungsstrafe bis zu dem Betrage von Ein. hundert und fünfzig Franken wird außer den im Schlußsatze dez s. 32

ezeichneten Fällen bestraft: 1) wer der Vorschrift des 5.7 Abf. J entgegen unterläßt, vor Beginn der Kelterung den Tag des Beginns und des Schlusses derselben der Steuerbehörde anzuzeigen, oder wer zu einer anderen Zeit, als der hiernach angezeigten, Wein keltert 2 wer den Kleinverkauf von Wein betreibt, ohne den aus den 8. 26 und N sich ergebenden Verpflichtungen Genüge geleistet vu haben; 3) wer bei der Revision seiner Weinvorräthe (658. 21, 22, 28, 29) einen vorhandenen Ueberschuß nicht zu rechtfertigen vermag; ) wer die von zuständigen Beamten geforderte Vorzeigung des Steuerscheins (§5. 17) verweigert; 5 wer den Vorschriften des §. 30 zuwiderhandelt, sofern die . nicht nach den allgemeinen Strafgesetzen mit Strafe bedroht ist. .

8. 36. Hinsichtlich der Umwandlung der Geld- in Freiheits⸗ strafen, der fubsidiären Haftung dritter Personen, der Strafe der Theilnahme, der Verjährung der Defraudgtionen und der Ordnungs⸗ widrigkeiten, sowie hinsichtlich der Frage, ob die Straferhöhung wegen Rückfalles (5. 33) einzutreten hat, finden die analogen Best immungen Anwendung, welche bei Zuwiderhandlungen gegen das Vereinszollgesetz vom 1. Juli 1869 (Gesetzbl. für Elsaß-Lothringen 1871 S. 39) maß— gebend sind, . 2 ! * Anspruch auf Nachzahlung defraudirter Weinsteuer verjährt in drei Jahren. .

8. ö Bezüglich des Verfahrens bei Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften dieses Gesetzes wird die Bestimmung des 85. 27 des Gesetzes vom 5. Juli 1872, das Verfahren bei Zuwiderhandlungen gegen die Zollgesetze und die Gesetze über die indirekten Steuern betreffend (Gesetzblatt für Elsaß Lothringen S. 455), außer Kraft gesetzt.

358. Die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Anord—⸗ nungen erläßt der Reichskanzler. J

Derselbe ist ermächtigt, Uebertretungen der in Gemäßheit dieser Bestimmung erlassenen Vollzugsvorschriften mit Ordnungsstrafen bis zu dem Betrage von dreißig Franken zu belegen. w

§. 39. Das Gesetz tritt mit dem 1. April 1873 in Wirk⸗ samkeit. ; .

. Von den an diesem Tage vorhandenen steuerpflichtigen Weinvor⸗ räthen der Kleinverkäufer ist die Weinsteuer alsbald nach erfolgter Feststellung durch die Steuerbeamten an die Steuerbehörde zu ent⸗ ichten. n. . 24 Ürkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und

beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel. .

Gegeben Berlin, den 20. März 19773.

(L. S.) ; Wilhelm. Fürst von Bismarck.

Königreich Preußen.

Staats ⸗Ministerium.

Nach den bestehenden Vorschriften dürfen unter bestimmten Bedingungen von den in den Staatsarchiven aufbewahrten Ur⸗ kunden, Handschriften und Akten durch die Archivbeamten be⸗ glaubigte Abschriften an Privatpersonen oder Korporationen ge⸗ gen Honorar verabfolgt werden. .

Zur Behebung der Zweifel, in wie weit solche Abschriften der Stempelsten er unterliegen, und zur Sicherung eines gleichmãßigen Verfahrens wird Folgendes bemerkt:

1) Bei denjenigen Urkunden oder Verhandlungen, welche nach Emanation des Stempelgesetzes vom J. März 1822 aus⸗ gestellt oder aufgenommen worden sind, entscheidet der Stempel⸗ farif (Ges⸗S. von 1822, S. 73 flgde.). Darnach und nach den dazu ergangenen Erläuterungen ist zu beglaubigten Ab⸗ schriften nur dann ein Stempel zu verwenden, wenn das Original selbst überhaupt stempelpflichtig gewesen ist. In diesem Falle beträgt der Stempel für die beglaubigte Abschrift 15 Sgr, sofern zu dem Originale ein solcher von mindestens 15 Sgr. gehört hat. Ist zu dem Originale nur ein geringerer Stempel nöthig gewesen, als 15 Sgr. so genügt dieser geringere Stem⸗ pel auch für die beglaubigte Abschrift.

2) Auf die älteren, vor Emanation des Stempelgesetzes vom 7. März 1822 ausgestellten Urkunden (65. B. Ahnentafeln, Stammbäume, Privilegien), von welchen zum Theile nur Kon⸗ zepte, Ausfertigungen oder Pft nicht einmal beglaubigte) Ab⸗ schriften auf ungestempeltem Papiere vorhanden sind, finden die Bestimmungen ad 1 nur in dem Maße Anwendung, daß die beglaubigten Abschriften davon, und zwar immer nur mit dem ad 1 gedachten Betrage, lediglich dann stempelpflichtig sind, wenn auch schon zur Zeit der Aufnahme der Verhandlung oder Ausstellung der Urkunde n zu denselben überhaupt ein Stempel erforderlich gewesen ist. aren dieselben aber damals einem Stempel nicht unterworfen, iso find auch die beglaubigten Ab⸗ schriften davon stempelfrei. ; . .

3) Rach dem Stempeltarife vom J. März 1822 ist zu Auszügen aus Akten, öffentlichen Verhandlungen, amtlich geführten Büchern, Registern und Rechnungen, wenn sie für Privatpersonen auf ihr Ansuchen ausgefertigt werden, stets ein Stempel von 15 Sgr. zu verwenden. .

Indem wir das c. beauftragen, fortan hiernach u verfahren, machen wir zugleich auf 5. 14 und ö 24 des Gesetzes vom J. März 1822 aufmerksam, wonach auf allen beglaubigten Abschriften, Duplikaten und Aus- ferligungen stempelpflichtiger Verhandlungen bei Vermeidung von Ordnungsstrafen ausdrücklich der Betrag des Stempels an⸗