1873 / 93 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 18 Apr 1873 18:00:01 GMT) scan diff

schäftliche Behandlung der Vorlagen, betreffend den Entwurf eines Reichs⸗Militärgesetzes, die Fahr⸗ und Frachtkosten für Benutzung der Eisenbahnen in Frankreich durch die deutsche Armee, die Ent⸗ werthung der Wechselstempel⸗Marken und eines Antrags Preu⸗ ßens, betreffend den Zollausschluß des Terrains für den Qugi⸗ bau bei Altona, Beschluß gefaßt war, wurden Ausschußberichte erstattet über a) den Etat der Verwaltung des Reichsheeres für 1874, b. die Kosten der Verwaltung der Kaiserlichen Marine, c. den Etat des Auswärtigen Amts für 1874 nebst dem Nach⸗ trage zum Etat für 1873, d. die Vorlagen wegen Erbauung eines deutschen Krankenhauses in Konstantinopel, e. den Etat der Einnahmen an Zöllen für 1874 nebst dem Nachtrage zum Etat für 1873, f. den Etat der Reichs⸗Postverwaltung für 1874, g. den Beschluß des Reichstags wegen Aufstellung eines Orga⸗ nisationsplanes zur Vermehrung der Telegraphen⸗Verbindungen. Endlich wurden mehrere Eingaben vorgelegt. . . Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Zoll- und Steuerwesen und für Rechnungswesen, sowie der Ausschuß für Zoll- und Steuerwesen hielten heute Sitzungen.

; t · . , m Der Bundesrath hat in seiner Sitzung vom 28. Fe⸗ bruar d. J. sich mit einem Vorschlage Preußens einverstanden erklärt, nach welchem fortan die in den einzelnen Bundesstaaten rechtsgültig ausgestelltlen Gesindebücher in dem gesammten Reichsgebiete zur Eintragung von Dienstzeugnissen fortbenutzt werden dürfen.

Die Sitzungen der von dem Bundesrath berufenen Kom⸗ mission zur Berathung des Entwurfes einer deut— schen Strafprozeß-Ordnung wurden gestern im Reichs⸗ kanzler⸗Amt durch den Präsidenten des letzteren, Staats⸗Minister Delbrück, eröffnet. Wie bereits früher mitgetheilt worden, be⸗ steht die Kommission aus folgenden Mitgliedern: dem Königlich preußischen Präsidenten, Wirklichen Geheimen Ober⸗Justiz⸗Rath Dr. Friedberg, dem Königlich preußischen Geheimen Ober⸗Justiz⸗ Rath und vortragenden Rath im Justiz⸗Ministerium Dr. Förster, dem Königlich preußischen Appellationsgerichts⸗Vize⸗Präsidenten, Geheimen Ober⸗Justiz⸗Rath Mager, dem Königlich preußischen ordentlichen Professor der Rechte, Staats⸗Rath Dr. Zachariä, dem Königlich preußischen Rechts⸗Anwalt, Justiz⸗Rath Wiener, dem Kö⸗ niglich bayerischen Appellationsgerichts Rath und Referenten im Staats⸗Ministerium der Justiz Dr. Staudinger, dem Königlich sächsi⸗ schen General⸗Staats⸗Anwalt Dr. Schwarze, dem Königlich württem⸗ bergischen Ober⸗Tribunals⸗Rath von Binder, dem Großherzog⸗ lich badischen Ministerial⸗Rath Dr. Bingner, dem Großherzog⸗ lich hessischen Ober⸗Appellationsgerichts Rath Dr. Zentgraf und dem hamburgischen Ober⸗Staatsawalt Dr. Mittelstädt. Als Schriftführer der Kommission fungiren der Königlich preußische Appellationsgerichts Rath Löwe und der Königlich preußische Kreisrichter Polenz.

Staats⸗Minister Delbrück begrüßte die Kommission Namens des zur Zeit von Berlin abwesenden Herrn Reichskanzlers und sprach, unter Hinweis auf den gesetzgeberischen Vorgang bei dem Zustandekommen des Strafgesetzbuchs die Hoffnung aus, daß es auch der jetzt zusammentretenden Kommission gelingen werde, ihre Arbeiten derart zu fördern, daß auch diese von einem gleich raschen Erfolge begleitet sein würden. Der Minister ersuchte so⸗

dann den Präsidenten Dr. Friedberg, welcher von dem Fürsten Reichskanzler in Gemäßheit des Bundesraths⸗Beschlusses vom 13. März d. J. zum Vorsitzenden der Kommission ernannt wor⸗

den ist, die Berathungen zu eröffnen. Nachdem dies geschehen war, brachte der Vorsitzende auf Grund der ihm durch jenen Beschluß beigelegten Befugniß den Präsidenten Mager zun Be⸗ richterstatter in Vorschlag, womit die Kommission sich einstimmig einverstanden erklärte. Hierauf wurden die hinsichtlich des Ge⸗ schäftsganges zu beobachtenden Grundsätze vereinbart und dem⸗ nächst alsbald in die Berathung des Entwurfs selbst ein⸗ getreten.

Des Königs Majestät haben mittelst Allerhöchsten Er⸗ lasses vom 17. d. Mts. genehmigt, daß die bei der städtischen Polizei⸗Verwaltung in Halle angestellten, zum Tragen von Epauletts, berechtigten Exekutivp⸗Beamten, statt der Epauletts, Achselstücke von goldenen Tressen auf karmoisinrothem Tuche, und zwar die Polizei⸗Inspektoren mit einem in Form zweier Sterne links vom Adler anzubringenden besonderen Abzeichen, tragen dürfen, sowie, daß allen übrigen städtischen Polizei⸗Ver⸗ waltungen, welche eine gleiche Erlaubniß zur Aenderung in der Uniformirung ihrer Exekutip⸗Beamten nachsuchen, solche ertheilt werde.

Se. Hoheit der Herzog Slimar von Oldenburg, Major und etatsmäßiger Stabsoffizier im 1. Garde⸗-Dragoner⸗ Regiment, ist von Oldenburg hierher zurückgekehrt, wohin sich derselbe mit Urlaub auf kurze Zeit begeben hatte.

Der General⸗Major von der Armee von Barby ist zum Commandeur der 27. Infanterie⸗Brigade und aus diesem An⸗ laß zur Abstattung persönlicher Meldungen hierselbst eingetroffen.

Zu den Vermählungsfeierlichkeiten Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Albrecht sind Deputationen der 26. Di⸗ vision, deren Commandeur Se. Königliche Hoheit ist, einge⸗ troffen.

Der Minister des Innern hat sich in einem Spezialfall damit einverstanden erklärt, daß die noch nicht ausgehändig⸗

ten Ueberverdienstgelder eines Gefängnißgefangenen

zur Strafanstaltskasse vereinnahmt werden, wenn der betreffende Gefangene gleich nach seiner Entlassung aus dem Strafgefäng⸗ nisse sich abermals eines Verbrechens schuldig macht.

Bayern. München, 15. April. Der in den Pensions⸗ stand getretene General v. Stephan hat das Kommando der ersten Armee⸗Division heute niedergelegt und dasselbe ist von dem Brigadier General⸗Major v. Dietl interimistisch übernommen worden. Der Commandeur des 1. Ulanen⸗Regiments, Oberst Moriz Graf v. Isenburg⸗Philippseich ist, seiner aus Gesundheitsrücksichten gestellten Bitte entsprechend, mit Pension verabschiedet worden.

Der oberste Schulrath wird im August oder Sep⸗ tember wieder zusammentreten und sich dann mit der Berathung einer Gymnasial⸗Schulordnung beschäftigen.

Der Justiz-Minister Hr. v. Fäustle wird sich erst in einigen Wochen wieder nach Berlin begeben, dagegen der Finanz⸗ Minister Berr bereits nächsten Freitag, spätestens Sonnabend, dorthin abreisen.

17. April. (W. T. B.) Die von einem hiesigen Blatte gebrachte Nachricht, daß der Kriegs⸗Minister Prankh nach Wien gereist sei, entbehrt der Begründung. Derselbe hat sich auf seine Villa bei Salzburg begeben, von wo er schon nach einigen Tagen hierher zurückkehren wird.

Sachsen. Dresden, 17. April. Unter Theilnahme des Kronprinzen und des Prinzen Georg hat heute Vormit⸗

tag 9 Uhr die Beerdigung des am 14. d. M. verstorbenen Generals der Infanterie und Staats⸗Ministers a. D. Bernhard v. Raben horst mit militärischen Ehren auf dem alten Neu⸗ städter Gottesacker stattgefunden. Als Leichenparade waren un⸗ ter dem Kommando des General⸗Majors v. Carlowitz ausge⸗ rückt: 2 Bataillone Infanterie (vom 2. Grenadier⸗Regiment Nr. 101 „Kaiser Wilhelm, König von Preußen“), 3 Escadrons vom Gardereiter⸗Regiment und 9 Geschütze des Feldar⸗ tillerie⸗Regiments und hatten beim Gottesacker Aufstel lung genommen, während die Generalität und die Offiziere der Garnison vollzählig innerhalb desselben anwesend waren, um an der Begräbnißfeier Theil zu nehmen. Im Trauerzuge befan⸗ den sich außer den Königlichen Prinzen der Ober⸗Stallmeister und der diensthabende General⸗Adjutant des Königs, General⸗ Lieutenant von Thielau⸗Rüssing und General⸗-Major Krug von Nidda, der Ober⸗Hofmeister der Königin Marie, Maximilian von Minckwitz, die Staats⸗Minister General der Kavallerie von Fa⸗ brice und von Nostitz Wallwitz, der Minister des Königlichen Hauses, Staats⸗Minister a. D. Freiherr von Falkenstein, der Stadt⸗Kommandant General⸗Lieutenant Freiherr von Hausen, die gesammte Generalität und das Offizier⸗Corps, hohe Civil⸗ Staatsdiener, sowie der Ober⸗Bürgermeister Pfotenhauer und

mehrere Privatpersonn K .

../ / , r Baden. Mannheim, 17. April. (W. T. B.) Bei den in vergangener Nacht hier statigehabten Unruhen erfolgte ein Ein⸗ schreiten des Militärs erst dann, als bereits drei große Bier⸗ brauereien zerstört waren und das Einschreiten der Polizei gegen die Tumultuanten, welche das Zerstörungswerk an der vierten Brauerei begannen, sich ohnmächtig erwies. Es wird für heute Abend eine Fortsetzung der Unruhen befürchtet und sind deshalb die geeigneten Vorkehrungen dagegen getroffen worden. Eine 23 heute anberaumte Volksversammlung wurde von der Polizei verboten.

Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 17. April. Nach einer Mittheilung der „Alt. Ztg.“ ist die Landschaft des Herzogthums auf den 28. d. M. zu einer kurzen Diät behufs Erledigung einiger dringlichen Vorlagen einberufen worden.

In der unzweideutigsten Weise giebt sich in Stadt und Land die allgemeine Theilnahme an der bevorstehenden Ver⸗ mählung Ihrer Hoheit der Prinzessin Marie und die Liebe und Anhänglichkeit an unser Fürstenhaus kund. Aus allen Theilen des Landes und aus den verschiedensten Ständen der Bevölkerung werden der scheidenden Fürstentochter Beweise aufrichtiger Verehrung und treuer Anhänglichkeit an den Tag gelegt. In seltenem Festschmuck aber prangte die Stadt am vorgestrigen Tage, an welchem die Bauernschaft des Ostkreises dem Durchlauchtigsten Brautpaare ihre Huldigung darbrachte durch das Bauernaufreiten und Ueberreichung eines Ge— schenkes. Se. Königliche Hoheit Prinz Albrecht von Preußen traf Mittags 19 Uhr hier ein und wurde von Sr. Ho⸗ heit dem Herzog am Bahnhof empfangen. Der für diesen Tag angekündigte seltene Festzug des Bauernaufreitens hatte eine un⸗ absehbare Zahl Fremder nicht nur aus der nächsten Umgebung, sondern auch aus der Ferne, vielfach mit eigens dazu arrangir⸗ ten Extrazügen schon vom frühen Morgen an aus allen Rich⸗ tungen . Alle Theilnehmer am Zuge waren in der Nationaltracht unserer weit und breit als Landwirthe rühmlichst bekannten Altenburger Bauern gekleidet; die Männer erschienen sämmtlich zu Pferd, in Kapßen, d. h. langen, schwarzen Röcken mit aufgeschlagenem grünen Futter, begleitet von zwei gleichfalls berittenen Musikchören, das eine Trom⸗ peterchor in Weißen, d. h. langen weißen Tuchröcken ohne Taille und mit engen Aermeln, dem alterthümlichen Fest⸗ kleid der Bauern, das andere in Spensern, d. h. Sturzen, meist dunkelgrünen Jacken, alle in den bekannten weiten, bis an die Knie reichenden, schwarzen Lederhosen, hohen Stiefeln und klei⸗ nen runden Filzhüten. Die Mädchen fuhren in stattlichen offe⸗ nen Wagen, denn Frauen nehmen an solchen Aufzügen nicht Theil, und waren sämmtlich mit dem sogenannten Hormt, dem nationalen Kopfputz der Jungfrauen bei Hochzeiten und Geyatter⸗ schaften geschmückt. Das Hormt ist ein eylinderförmiger, etwa 20 Centimeter hoher Hut ohne Krempe, der meist mit rothem Sammet überzogen und mit Bändern, Blumen und lose hängenden silbernen, stark vergoldeten Blät⸗ tern geziert ist; letztere haben die Größe und Form kleiner Kirschlätter, geben durch das Aneinanderschlagen einen Silber⸗

klang und besonders im Sonnenschein einen blendenden Glanz.

Die kräftigen Pferde und zahlreichen Wagen der Hormtjung⸗ frauen waren mit Blumen, die durchgehends stattlichen Reit⸗ pferde mit Bändern, Blumen und Federn reich aufgeputzt. Der ganze lange Zug bot einen ebenso glänzenden als festlich heiteren Anblick dar; über den Markt bewegte er sich durch die Kopf an Kopf mit Zuschauern besetzten Straßen und Plätze der Stadt unter den fröhlichen Weisen der Musik nach dem Herzoglichen Residenzschloß. Er wurde von drei Reitern, dem Kreishauptmann, dessen Leitung die Veranstaltung und Ordnung des Aufzuges überlassen war, und zwei Adjutanten eröffnet; hierauf folgte die aus vier Vertretern des Bauernstandes bestehende Deputation in offenen Wagen, be⸗ gleitet von zwei Adjutanten, und weiter auf einem mit Tannen⸗ reisern und Emblemen der Landwirthschaft reich geschmückten Wagen das für das Durchlauchtigste Brautpaar zum Hochzeits⸗ geschenk bestimmte, von einem Berliner Künstler gefertigte Oel⸗ gemälde, eine Altenburger Bauernhochzeit darstellend; hieran schloß sich die Deputation der Hormtjungfrauen in offenem Wagen. Die zweite Abtheilung des Zugs eröffnete ein Zugführer mit zwei Adjutanten und das erste Musikchor in Weiß, diesem folgte der Fahnenträger mit schwarz⸗gelber Fahne mit Begleitung und dann der Wagenzug der Hormtjungfrauen. Die dritte Abtheilung bestand aus zwei Reiterzügen von zusammen gegen 150 Mann; voraus ritt das zweite Musilchor in Spensern, so⸗ dann vor jedem der beiden Reiterzüge Zugführer mit Adjutan⸗ ten und Fahnenträger. vor den Fenstern des Goldsaales, von welchem aus die Höchsten Herrschaften den Festzug in Augenschein nahmen, während die Deputation und sämmtliche Hormtjungfrauen sich in den großen Saal begaben, wo dann die Uebergabe des Geschenks unter entsprechender Anrede an das Durchlauchtigste Braut⸗ paar erfolgte. Indessen spielten die Musikchöre, sich abwechselnd im Schloßhofe. Nach einem dreimaligen Hoch auf Se. Königliche Hoheit den Prinzen Albrecht verließ der Zug das Herzogliche Schloß. Den hierauf im Saale des Preußischen Hofs stattfindenden Festball der Bauern beehrten die Höchsten Herrschaften mit Ihrer Gegenwart und unterhielten Sich in der huldvollsten Weise mit Vielen der Anwesenden.

Abends war bei dichtgefülltem Hause Festvorstellung im d,, . Hoftheater, eingeleitet durch einen Prolog aus be⸗ währter dramatischer Feder.

Im Schloßhof bildeten die Reiter Front

J e,, 8 Uhr reiste Se. Königliche Hoheit wieder nach Ber⸗ in zuruck.

Gestern Abend 8 Uhr fand Cour im großen Saale des Herzoglichen Residenzschlosses statt.

Elsaß⸗Lothringen. Straß burg, 17. April. (W. T. B) Die Beigeordneten Goguel, Hüber und Weyer haben es ab- gelehnt, von dem durch sie mitunterzeichneten Proteste gegen die Amtsentsetzung des Bürgermeisters Lauth und die kommissa⸗ rische Verwaltung des Bürgermeister⸗Amtes durch den Polizei- Direktor Back zurückzutreten und darüber eine schriftliche oder auch protokollarische Erklärung abzugeben und find deshalb heute vom Amte suspend irt worden.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 17. April. (W. T. B.) Der Finanzausschuß der Reichs raths-Delegation hat nach längerer Debatte heute die Vorlage der Regierung über die Regulirung der Gehalte der gemeinschaftlichen Beamten und Diener angenommen. ;

Schweiz. Bern, 17. April. (W. T. B.) Die frei⸗ sinnigen Katholiken der Kantone Baselstadt, Baselland, Solothurn, Bern und Aargau werden durch öffentlichen Aufruf für Sonntag den 20. d. M. zu einer Volksversamm⸗ lung nach Arlesheim im Kanton Baselland eingeladen, in welcher über die zur Abwehr von Uebergriffen der römißschen Kurie zu treffenden Maßregeln berathen werden soll.

Großbritannien und Irland. London, 16. April. Großbritanniens Staats-Einnahmen vom 1. bis 12. April betrugen laut amtlichem Ausweise 2, 300,273 Pfd. St. gegen 2,893,923 Pfd. St. in der entsprechenden Periode des Vorjahres, und die Ausgaben im gleichen Zeitraume 6,591, 80 Pfd. St., von denen 55 Million Pfd. St. für die Zahlung der Zinsen der Staatsschuld verwendet wurden. Die Bilanz des Schatzamtes in der Bank von England belief sich am 12. d. M. auf 6, 307,630 Pfd. St.

Frankreich. Paris, 16. April. Heute fand das Leichenbegängniß des Deputirten Dorian statt, der Minister der öffentlichen Bauten unter der Regierung der na⸗ tionalen Vertheidigung war. Die Leidtragenden hatten sich, un—⸗ gefähr 1500 an der Zahl, um 4 Uhr an dem Sterbehause Rue de la Victoire versammelt. Unter denselben bemerkte man den UnterrichtsMinister Jules Simon, den Deputirten Baze (den Quästor der Nationalversammlung), Arago, Gambetta, Carnot, Scheurer⸗Kästner, Carrieu, Pelletan, Gent, Louis Blanc, Du⸗ pont de Bussae, Martin⸗Bernard, Peyrat und Andere, eine große Anzahl Gemeinderäthe, Victor Hugo, Rane, Spuller (den Vertrauten von Gambetta) und eine große Anzahl von Schrift— stellen und Journalisten.

Der spanische Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Castelar, hat an den Präsidenten der Republik ein Beglück⸗ wünschungsschreiben zu seinem Geburtstage gerichtet. Er spricht darin seine Wünsche für die Erhaltung des Präsidenten, für das Wohlergehen Frankreichs und die Befestigung der Re⸗ publik aus, uud fügt hinzu, daß diese Wünsche nicht nur die der spanischen Regierung, sondern des ganzen spanischen Volkes seien.

„La Patrie“ schreibt: Herr Ozenne wird sich ganz be⸗

stimmt nach Wien begeben, wo er Herrn Teisserene de Bort

während der Ausstellung treffen wird. Er soll neue Basen zur

Rerision des österreichisch⸗französischen Handelsver—

trages mitbringen.

Die Proklamation, welche die gemäßigten Republi⸗ kaner zu Gunsten de Rémusats an die Wähler richten, lautet:

„Wir stehen am Vorabend einer Wahl, welche die ernstesten Folgen haben kann. Alle haben das Recht, Alle haben die Pflicht, ihre. Ansicht über das kund zu geben, was das Beste der Republik erheischt. Zwei Kandidaturen stehen sich gegenüber:; die des Herrn von Rémusat, die des Herrn Barödet. Lyon war heimgesucht worden und mit ihm die Sache der Gemeinde⸗Institutionen. In Paris tauchte der Gedanke auf, der Schwesterstadt, der zweiten Hauptstadt . einen Beweis der Sympathie zu geben und zugleich die

urückforderung der Gemeindefreiheiten zu bekräftigen. Die Pariser Wähler waren zusammenberufen worden, die von Lyon nicht. Man schlug vor, in Paris den Maire von Lyon zu wählen. Seitdem änderte sich die Lage. Alle erledigten Wahlkollegien wurden zusammen⸗ berufen, das von Lyon wie alle übrigen. Ihre Erwählten, vierzehn neue Volksvertreter, werden in der Versammlung die Stimmen der öffentlichen Meinung vernehmen lassen. Herr von Rémusat hat seine Kandidatur nicht allein 21 der Befestigung der Republik aufgerichtet, sondern auch auf der speziellen und höchsten Frage, von welcher alle andern abhangen: auf der Unverletzlichkeit des allgemeinen Stimm⸗ rechts. Alle begreifen die Tragweite einer solchen Bekräftigung in dem Munde des Ministers, welcher der geschickte und patriotische Wit arheiter des Präsidenten der Republik bei dem großen Werke der Be— freiung des Territoriums war. Die moralische Wirkung der Pariser Kundgebung zu Gunsten Lyons ist erreicht; Lyon hat nicht mehr nö— thig, daß man in seinem Namen spricht; das Wort ist ihm zurück— gegeben; es wird wissen, wen es zu beauftragen hat, um für es zu sprechen. Die Sprache unserer Gegner muß uns darüber aufklären, was wir zu thun haben. Die der Republik feindlich gesinnten Blätter wünschen um jeden Preis die Niederlage des Herrn v. Rsmusat. Seine Niederlage würde der Reaktion in der Versammlung eine sehr große und sehr gefährliche Kraft verleihen; sein Sieg sichert das all—= gemeine Stimmrecht und stärkt die Regierung auf dem republikani⸗ schen Wege. Das Wohl der Republik 9 klar dargelegt, die Wahl des Herrn v. Rémusat ist nothwendig.“

Dieser Aufruf ist unterschrieben von den republikanischen Deputirten Arago, Carnot, Duclere, Journault, Jozon, O. de Lafayette, Labelonge, Lamy, Langlois, Lenosl, Henri Martin, Paul Morin, Noel Parfait, Tirard, Warnier und Turquet, so wie von mehreren republikanisch gesinnten Pariser Gemeinderäthen und ehemaligen Maires.

In der neuen großen Oper ist vor Kurzem ein Bazar zu Gunsten der Waisen aus dem letzten Kriege eröffnet worden. Etwa 50 Damen, unter denen die Gemahlin des Präsidenten, fungiren als Blumen⸗ und Loosverkäuferinnen.

17. April. Der Ertrag der indirekten Steuern und Zölle in den ersten vier Monaten des Jahres 1872 über⸗ steigt, gutem Vernehmen nach, den voranschlagmäßigen Betrag, welcher dafür im Budget eingestellt worden war. Die Nach⸗ richten von beyorstehenden Veränderungen im Ministe⸗ rium werden als unbegründet bezeichnet.

Spanien. Eine der „Agence Havas“ vom 17. April zugegangene, von carlistischer Seite kommende Depesche meldet, 8 Dorregaray die Stadt Onate nach einer kurzen Be⸗ rennung eingenommen habe.

Italien. Rom, 13. April. Wie „Fanfulla“ berichtet, hat das Kriegs-Ministerium beschlossen, die neue Manö⸗ vrirmethode, welche von einem Elitebataillon in letzter Zeit vor den Thoren Roms erprobt worden ist, für die Infanterie anzunehmen. Sie ist von dem Komite für die Linien⸗Infan⸗

terie vorgeschlagen worden und zuerst in Turin auf ebenem . später vor den Thoren Roms auf unebenem probirt worden.

= 1T. April. (W. T. B.) Der Pap st hütet, wie die „Agenzia Stefani meldet, andauernd das Bett. Die behandelnden Aerzte hatten gewünscht, daß derselbe das Bett verlassen möge, damit die Abnahme der Kräfte nicht dadurch gefördert werde; der Papst hat aber diesem Verlangen noch keine Folge gegeben. Ein weiteres Telegramm meldet: Im Befinden des Papstes ist im Laufe des Tages eine Besserung nicht eingetreten. Der „»Fanfulla“ zufolge ist gestern ein Kurier von hier abgegangen, welcher den deutschen Bischöfen für den Fall des Ablebens des Papstes nähere Instruktionen überbringt.

Der französische Botschafter, Graf Bourgoin g, und der General du Temple sind, wie der „Osservatore Romano“ meldet, heute von dem Papst in Privataudienz empfangen worden.

Florenz, 17. April. (W. T. B.) In der Streitfrage zwischen der Regierung von Tunis und der Gesellschaft für die italienische Landwirthschaft, in welcher im Oktober vorigen Jahres die Regierung von Tunis, unter Frei⸗ sprechung von dem Ersatze jedes indirekten Schadens, zur Schadloshaltung wegen aller materiellen Schäden verurtheilt und die Quantifizirung der letzteren vorbehalten worden war, tritt morgen das eingefetzte Schiedsgericht zur Feststellung dieser Schadens zähe zusammen. Die tunesischerseits eingesetzten Schiedsrichter wollen dem Vernehmen nach beantragen, daß den Berathungen über die Höhe der Entschädigungsforderung eine Augenscheinseinnahme und Verhandlung des Schiedsgerichts an Ort und Stelle võörausgehe.

Türkei. Konstantinopel, 17. April. (W. T. B.) Der General⸗Gouverneur von Rustschuk Hamdi Pascha ist zum Finanz⸗Minister ernannt worden. Dem „Levant Herald“ ist wegen eines Artikels über den Kabinetswechsel eine Verwar— nung ertheilt worden.

Belgrad, 17. April. (W. T. B.) Zivojin Bl aznavacs der Neffe des verstorbenen Konseil⸗-Präsidenten Blaznavae, ist zum Präfekten von Belgrad ernannt worden.

. Nußland und Polen. St. Petersburg, 16. April. Die Gesuche einiger Provinzial⸗Landtage um Befreiung der⸗ jenigen Bauern, welche den Kursus einer Elementar⸗Volksschule beendigt haben, von der Körperstrafe, sind, wie der „Golos“ meldet, von dem Minister⸗Komite, als ein nicht zur Kompetenz der Landtage gehöriges Gebiet berührend, zurückgewiesen worden.

In einem Befehl an die Truppen der Garde und des St. Petersburger Militärbezirks wird mitgetheilt, daß in diesem Jahre an der Lagerübung bei Krassnoje-Ssels die Garde, die Lehrtruppen und die 37. Infanterie-⸗Division mit ihrer Artillerie theilnehmen werden. Die 23. Infanterie⸗Division wird im Lager von Krafsnoje⸗Sselo während der zweiten Hälfte des Sommers zusammengezogen werden.

Die kaukasische Ruderflotte im Schwarzen Meere, welche die ununterbrochene Verbindung zwischen den kaukasischen Küstenpunkten des Schwarzen Meeres zu unterhalten hat und in die Noworossiiskische und Ssuchumsche Abtheilung zerfallt, besteht augenblicklich aus 8 türkischen Barkassen, 27 Felucken und 4 Marine⸗Barkassen.

Schweden und Norwegen. Stockhö lm, 12. April.

Die Prinzessin Eugenie ist von ihrem Leiden noch immer nicht wiederhergestellt. . Beide Kammern des Reichstages billigten in der Debatte über die Ausgaben unter dem achten Haupttitel (Kultus und öffentlicher Unterricht), welche am 8. in der Ersten und am .in der Zweiten Kammer beendigt wurde, u. A. zwei Vor⸗ schläge des Königs, von denen der eine die Bewilligung von 190 000 Rthlr. zur Aufführung eines Hauses für die musikalische Akademie, welche von dem vorigen Reichstage abgelehnt war, und der andere die Erhöhung der Besoldung des Volksschul⸗ lehrer betraf, so daß jeder examinirte Volksschullehrer, welcher an 8 Monaten im Jahre Unterricht ertheilt, mindestens ein Ein⸗ kommen von jährlich 500 Rthlr. außer Wohnung mit Gar⸗ ten, Feuerung und Viehfutter erhält, und daß dazu der Staat, wo syolches nothwendig ist, mit höchstens 300 Rthlrn. beitragen soll. Nach der Mittheilung des Kultus-RMini— sters waren bei dem König von über 2000 Volksschullehrern Petitionen um Gehaltserhöhüungen eingegangen. Der Königliche Vorschlag wurde von der Zwesten Kammer ohne die geringste Bemerkung bewilligt, seitens der Ersten nach einer ziemlich lan⸗ gen Debatte und nur mit der Mehrheit von 33 Stimmen gegen 29. Es mag hier angeführt werden, daß am Ende des Jahres 1871 in ganz Schweden vorhanden waren: 10 höhere, von aka⸗ demisch gebildeten Lehrern geleitete, 2540 feste und 1145 ambu⸗ latorische Volksschulen, zu denen noch 3833 vorbereitende oder Kleinschulen. Examinirte, in Seminarien gebildete Lehrer sind nur bei festen Volksschulen angestellt.

Drei andere Königliche Vorschläge, nämlich die Bewilligung von 3000 Thlr. zu einer neuen medizinischen Adjunktur nebst Amanuensisamt bei der Klinik in Lund, 17,0090 Rthlr. zu der Erweiterung der Veterinäre in Skara und 634.006 zu Neu⸗ bauten für die Veterinäre in Stockholm wurden von der Ersten Kammer angenommen, von der zweiten aber abgelehnt. Die bei⸗ den ersteren werden der Gegenstand einer gemeinschaftlichen Ab⸗ stimmung werden, der dritte aber dürfte fur den jetzigen Reichs⸗ tag als verfallen anzusehen sein, indem keine Kammer einen be⸗ stimmten Anschlag bewilligt hat.

Amerika. Per Kabel wird dem Londoner „Bureau Reuter“ aus New-gork vom 15. d. M. gemeldet: Nachrichten aus Kuba melden, daß O Kelly, der Korrespondent des „New⸗ Jork Herald“ sich außer unverzüglicher Gefahr befindet. Der Inhalt des an seiner Person gefundenen, von dem Insurgenten⸗ Präsidenten Cespedes an Mr. Bennett gerichteten Briefes, wegen dessen OKelly als Spion arretirt wurde, ist völlig harm⸗ loser Natur. O'Kelly schreibt aus Kuba, daß die Kubaner ihre absolute Unabhängigkeit fordern und willens sind, sich dieselbe zu erkaufen, falls die Regierung der Vereinigten Staaten die Garantie für die Zahlung übernimmt.

Afrika. Nachrichten vom Kap der guten Hoffnung melden, daß 100 Meilen von der Kapstadt entfernt ein neues Goldfeld entdeckt worden ist.

Nr. 16 des Justiz⸗Ministerial-Blattes für die Preu⸗

ische Gesetzgebuung und Rechtspflege, herausgegeben im Bureau des Justiz-Ministeriums, enthält folgende Erkenninisse des Königlichen Ober⸗ ribunals: Vom 30. Januar 1873: Der Vermiether eines Hauses hat nicht das Recht, eine vermiethete Wohnung zum Zweck einer demnächstigen Wiedervermiethung an einen Anderen nach Belieben zu betreten; er verwirkt, wenn er gegen den Willen des Miethers eindringt, die Strafe des Strafgefe 6a §8. 123; Vom 21. Februar 1875: Das „Unterkommen“, welches ein Hülfsbedürftiger

sich zu verschaffen verpflichtet ist; umfaßt nicht blos die Wohnung, sondern auch die nothwendige Nahrung und Verpflegung. Ferner ein Erkenntniß des Königlichen Gerichtshofes zur Entscheidung der Kompetenz-Konflikte vom 19. Oktober 1872, betreffend die Frage, inwiefern über die Verpflichtung zur Zahlung von Rückständen der auf einem Gute haftenden Kreischaussee⸗ Beiträge, welche von einem späteren Besitzer eingezogen worden, der Rechtsweg zulässig ist.

Die Nr. 8 des ‚Marine⸗Verordnungs-Blatt“ enthält: Gewährung der Dienstalter⸗ und Seefahr⸗Zulagen. Vollstreckung der gegen Personen des Soldatenstandes festgesetzten Strafen in denjenigen Fällen, in welchen zugleich auf Entfernung aus dem Heere oder der Warine, oder auf Dienstentlassung erkannt, oder das militärische Dienstverhältniß aus einem anderen Grunde aufgelöst worden ist, durch die bürgerlichen Behörden. Die event. Gewährung der See— funktionszulage an das auszubildende Maschinen Personal betreffend. Den . von Proviant⸗Lieferungs⸗-Verträgen durch die Stations— Intendanturen betreffend. Einreichung der jährlichen Nachweisungen von den bei der Marine⸗Bevölkerung vorkommenden Geburten, Trguungen und Sterbefällen. Kohlenbeschaffung im Auslande be— treffend. Die Ursachen des Unbrauchbarwerdens der Kaffeemühlen Dee gf. Sr. Majestät Schiffe betreffend. Firniß. Bezeichnung der Delfasser.

Das „Beiheft zum Marine⸗Verordnungs-Blatt“ Ur, 4 enhält: Ueber die Ausführung von Segel⸗Manövern. Ueber Küsten-Patterien Das Kruppsche zo em-Heschütz Nr. 1 und der mit demselben im Februar d. J. ausgeführte Dauerverfuch. Das Schießen auf See. Literarische Umschau.

Die Nr. 16 des „Preußischen Handels-Archivs“ hat folgenden Inhalt: Gesetzgebung: Deutsches Reich: Elsaß⸗Lothringen: Gesetz, die Weinsteuer betreffend, vom 20. März 1873. Dänemark: Aufhebung des Einfuhrverbots von Rindvieh aus Großbritannien. Belgien: Zollfreie Wiedereinfuhr von Waaren, die im Veredelungs— verkehr ausgeführt worden sind. Argentinische Republik: Tarifgesetz vom 7. Oktober 1872. Statistik: Schwe den und Norwegen: Han⸗ delsbewegung ꝛc, auf der Insel Gotland im Jahre 1572. Jahres— bericht des Konfulats in Norrköping für das Jahr 1572. Ruß— land; Handelsbewegung von Reval im Jahre 1872. Jahresbericht des Konsulats zu Wiborg für 1872. Spanien: Jahresbericht des Konsulats zu. Hlatẽ nz as für 1872. Jahresbericht des Konsulats zu Barceleng für 1873. Vereinigte Staaten von Rordamerik!: Jahresbericht des General⸗Konsulats zu New-⸗Jork für 1872. Chile: Uebersicht über den Handel Chiles im Jahre 1871. Hayti: Jahresbericht des Konsulats zu Port au Prinace für 1872. Mit- theilungen: Rio de Janeiro. .

Die neuesten Entscheidungen des Reichs-Ober— Handels gerichts. in Leipzig betreffen: Auslegung eines soge— nannten Besserungsscheins. (Irrelevanz früheren Verzichts auf die Forderung, Courtage“ eines Pfuschmaklers Börsen⸗Kommissionärs] in Hinsicht zu Differenzverlusten. Begriffsbestimmung der Ge⸗ legenheitsgesellschaft und der stillen Gesellschaft. Rechtliche Verschie⸗ denheit zwischen diesen beiden uneigentlichen Handelsgesellschaften. Verzug in der Uebergabe (nach preußischem Rechte). (Es steht gleich, ob der Schaden durch Verschlechterung der Sache oder durch Sinken ihres Verkaufswerths entstanden ist. Bestimmungen über das Dar— lehen sind nicht auf den Leihvertrag ausdehnbar. Abweichung wegen des Zufalls vom römischen Recht. Nicht die bloße Möglichkeit, son— dern die Absicht des Verkaufs entscheidet, wenn auch füt den Beweis der letzteren keine strengen Anforderungen zu stellen sind, vielmehr diefe Absicht für den kaufmännischen Verkehr bei einer Handelswaare als Regel anzunehmen ist.)

Statistische Nachrichten.

Hannover, 17. April. Der Stand der Blatternepidemie hat sich in der Zeit vom 1. bis inel. 15. d. M. wiederum erhöht; es erkrankten in der Stadt 36, in Linden 17 zusammen 53 Perfonen, während in der letzten Hälfte des Monats März nur 37 Erkrankungs⸗ fälle vorkamen. ö

= Von der Zeitschrift des Königlich bayerischen sta— tistischen Bureau, redigirt von dessen Vorstand Dr. Georg Mayr, vierter Jahrgang, 1872, München, 1872, Kommissionsverlag von E— A. Fleischmanns Hof⸗, Buch und Kunsthandlung, ist das Heft Nr. 4 Oktober = Dezemben) erschienen. Dasselbe hat folgenden Inhalt: Statistische Nachweisungen über das Armenwesen in Bayern für das . 13570, von Dr. G. Mayr. Bewegung der Bevölkerung des

önigreichs Bayern im letzten Viertelsahre des Kalenderjahres 1876 und im Kalenderjahre 1871 mit Rückblicken auf die Ergebnisse der Vorjahre, von Dry. G. Mayr. Hauptzusammenstellung der Anzahl der vorhandenen Bierbrauereien, Branntweinbrennereien, Effigfabriken, Essigsiedereien und sonstigen Anstalten für Fabrikation von Spirituo⸗ sen, dann Malzfabriken und Mühlen, deren Produktion und des Wer—⸗ thes der betreffenden Produkte während des Jahres 1871 in den Re— gierungshezirken diesseits des Rheins, zujammengestellt im Königlichen Staats⸗-Ministerium, der Finanzen. Die VIII. Versammlung des internatignalen statistischen Kongresses in St. Petersburg vom 19. bis 39. August 1872, von Dr. G. Mayr. Definitive Ergebnisse der Volkszählung vom 1. Dezember 1871“ in Bayern. J. Ueberficht des Flächeninhalts, der Wohnhäuser, Haushaltungen und ortsanwe⸗ senden Bevölkerung der einzelnen Regierungsbezirke und des König— reiches. II. Die Bevölkerung der einzelnen Verwaltungsdistrikte, un⸗ terschieden nach Geschlecht und Staagtsangehörigkeit, mit Beifügung des Flaͤcheninhalts der Zahl der Wohnhänser und Haushaltungen, sowie der aktiven Militärpersonen. III. Die Beyölkerung der einzel— nen Verwaltungsdistrikte, ausgeschieden nach Geschlecht und Religion. J. Die Bevölkerung der einzelnen Gerichtssprengel nach Geschlecht, k mit und Religion. V. Die Bevölkerung saͤmmtlicher SDtadte.

Kunst und Wissenschaft.

Berlin, 18. April. Gestern früh kurz nach 5 Uhr entstand auf, eine bisher nicht ermittelte Art in dem auf dem Grundstücke Münzstraße 10 belegenen Königlichen Gießhause Feuer, welches das Gebälk einer sogenannten Dammgrube zerstörte. Die allarmirte Feuerwehr löschte den Brand in kurzer Zeit. Ein sehr schwer zu er⸗ setzender Schaden ist dadurch entstanden, daß die auf dem Gebälk ruhende Form eines Theiles der für die Sieges säule bestimmten Victoria (ein Theil des unteren Gewandes) in die Dammgrube hinabgestürzt und zertrümmert ist. Die Vollendung der fast fertigen Statue wird hierdurch jedenfalls bedeutend verzögert werden.

Am 12. April starb in Götzt ingen der Professor in der juristischen Fakultät Geheimer Justiz-Rath Pr. W. Francke.

München, 16. April. Das heutige Bulletin über das Befinden des Königlichen Geheimen Raths Freiherrn v. Liebig lautet: „Die Nacht unruhig, aber heute Morgens kein Fieber, im Uebrigen sehr schwach. Das Phantasiren, dauert fort. Se. Majestät der König, die Königin⸗Mutter und die Höchsten und Hohen Herrschaften lassen sich täglich nach dem Befinden des Gelehrten erkundigen, dessen Krank⸗ heit in allen Kreisen die innigste Theilnahme erregt.

Dresden, 13. April. Gestern Nachmittags starb hier der ehe⸗ malige Direktor des Königlichen historischen Museums, Karl Con⸗

stantin Kraukling.

Leipzig, 16, April. Der zahlreich aus München, Magdeburg, Berlin, Dresden, Leipzig, Cöln, Breslau, Hamburg, Jena, auch aus Amerika, Schweden und Rußland besuchte deutsche Musikertag hat in den Sitzungen vom 13. 14 und 16. April unter dem Vorsitz des Prof. Alsleben u. A. die Frage erörtert: In welcher Form er⸗ scheint das Eingreifen des Staates bei der öffentlichen Müßtkpflege

wünschenswerth, bezüglich nothwendig?! und die Versammlung nach,

längerer Debatte folgenden Antrag des Dr. Gille (Jena) angenommen:

Der deutsche Musikertag ersucht den Reickstag, bei der zuständigen . die Errichtung einer deutschen Universität für Musik zu be⸗ antragen.“

Rostock, 15. April. Gestern starb hierselbst der Professor Franz Ferdinand Schulze, bekannt als tüchtiger Chemiker.

Weim ar, 17. April. Am Geburtstage Shakespeare's, 23. April, Morgens 11 Uhr, wird die deutsche Shakespegre-Gesell⸗ schaft hier im großen Stadthaussaale ihre diessährige General⸗ Versammlung abhalten. Auf der Tagesordnung stehen die üblichen Punkte: Jahresbericht, Rechnungsablage, Ertheilung der Decharge, Wahl von 4 Vorstandsmitgliedern (5. 4 der Skatuten), Bestimmung des Orts der nächsten General-Versammlung, Monita, Anträge zc. der Mitglieder Damit jedoch die General-Verfammlung der Gesellschaft eine ihrer Bedeutung und ihrem Streben entsprechende literarische An⸗ regung nicht blos ihren Mitgliedern, sondern auch den größeren Kreisen des Publikums biet ist auf die Tagesordnung ein öffentlicher Vor⸗ trag des trefflichen Bearbeiters Shakespeare's, Freiherr von Vincke, über „Shakespeare und Garrick“ gesetzt.

Bern, 13. April. Am 10. d. M., Abends nach 8 Uhr, wurde, wie die „Alpenrosen ; berichten, in Bern ein leichter Erd st ver⸗ spürt, welcher auch in Aarberg und Kirchendorf und an andern Drten wahrgenommen wurde. Die Zeit wird übereinstimmend auf halb 2 Uhr Abends angegeben. In Aarberg spürte man den Stoß 1— Sekunden lang in der Richtung von SS. nach RW in Kirch⸗ dorf ging er mit einem einzigen kräftigen Stoß von S. nach R. vorbei und ließ im Körper das Gefühl eines elektrischen Stromes Mrück. Auch aus anderen Gegenden des Kantons Bern und aus Freiburg und Neuveville sind Nach ichten eingegangen. Das Genfer Tournal“ vermuthet: es möchte das verheerende Erbeben von San Salvador, welches am 11. d. telegraphisch gemeldet wurde, am gleichen Tage stattgefunden haben. Aus Freiburg berichtet der Con⸗ féders“, daß der Stoß, von Norden nach Süden kommend, in zwei horizontalen Schwingungen bestand von einem starken vertikalen Stoß begleitet war und 5—6 Sekunden dauerte.

Gewerbe und Handel.

Der Jahresbericht des Berliner Bankvereins enthält fol— gende Angaben: Während der achtmonatlichen Periode, die der vorige Be⸗ richt besprach, arbeitete die Bank mit einem eingezahlten Kapital von 2400,00 Thalern. Hierzu kamen ultimo Juli 1872: „200, 000 Thlr, durch eingerufene 20 prozentige Einzahlung; die restlichen 460 von 2,400,900 Thlr. wurden zum 31. Oktober 1672 eingefordert. Mit diesen Kapitalien wurde im Debet und Kredit ein Gesammtumsatz von 1549 457,183 Thlr. erzielt, so daß auf den Tag 279, iz Thlr. durchschnittlich entfallen. Der Reingewinn erreichte inclusive des Vor? trags von 1871 die Höhe von 997, 70 Thlr. nach Abzug sämmtlicher Unkosten. Hiervon sind zu bestreiten: statutenmäßige 5 * P. a. an die Ak⸗ tionäre mit 170, 000 Thlr. ; von den restlichen 827, 85 Thlr. gehen * an den Reservefonds und je low an den AÄuffichtsrath und die Direktion 6, so daß 523,411 Thlr. zur Verfügung der Generalversammlung blieben und nach dem Vorichlag der Direktion nachstehende Verwendung fan⸗ den: Der Reservefonds wurde mit ferneren Thlr. 150 000 dotirt, 25,000 Thlr. sind zur Stiftung eines Beamten⸗-Pensionsfonds und 44584411 Thlr. als 13x ige Superdividende zur Vertheilung an die Ak—⸗ tionäre bestimmt worden; 6411 Thlr. wurden auf neue Rechnung vorgetragen.

Hannover, 17. April. (W. T. B.) In der heutigen Gene— ralversammlung der Aktionäre der „Gewerblichen Bau⸗— ank wurde der Jahresbericht vorgetragen, welcher sehr befriedigte. Die seitherigen Mitglieder des Verwaltungsrathes wurden bei der alsdann vorgenommenen Neuwahl wiedergewählt.

Dem Vernehmen nach ist der Rheinisch-Westfälische Lloyd in der Lage, trotz des für die Mehrzahl der .

siccherungegesellschaften ungünstigen Jahres 1872, für das abgelaufene

Jahr eine. Dividende von 127 zu vertheilen. Die Rhenisch⸗ Westfälische cer ich run g e kr en Ge seikfsch nr! . wie wir hören, 6x Dividende geben.

Wien er-Neustadt, 16. April. Das Militär ist gestern Abend aus der Fabrik abgezogen. Heute früh sind sämmtliche Schmiede er⸗ schienen, alle Schmiedefeuer sind in Thätigkeit, der Strike ist ganz beendigt, alle Fabriks-Abtheilungen sind voll beschäftigt.

Verkehrs⸗Anstalten.

; Ausschl. prip. Kaiser⸗ Ferdinands Nordbahn. S0 Meilen.) Einnahmen vor der buchhalterischen Richtigstellung. Vom J. Januar bis 31. März 1872; 5, 68, 234 fl, 1873: 5,343, 096 fn daher mehr, 7c 862 fl.; vom J. bis 109. April 18723: 569, 55 . 1873: 545,286 fl., daher weniger 24,268 fl.; zusammen 1872: 5,837, 88 fl., 1873: 5,888,382 fl., daher mehr 56,584 fl.

. Mährisch⸗schlesische Nordbahn. (1838 Meilen.) Vom

1. Januar his 31. März 1872: 251396 fl, 1873: 251,353 fö, daher weniger 135 fl; vom J. bis 16. April 18 3: 3,5 fl, 3,3 30478 fl, daher mehr 59 fl.; zusammen 1872: 281,283 fl., 1873: 281,B741 fl., daher mehr 468 fl.

New⸗York 17. April. Der Hamburger Postdampfer „Saxo nia“ ist heute Morgen 4 Uhr hier eingetroffen. ee,

Aus dem Wolff'schen Telegraphen-Bureau.

München, Freitag, 18. April. Im Befinden des Frei— herrn von Liebig ist eine Besserung nicht eingetreten; es macht sich im Gegentheile eine Abnahme der Kräfte bemerkbar.

Mannheim, Freitag, 18. April. Der gestrige Tag ist ohne weitere Störung der Ruhe verlaufen. Die Straßen waren zwar von einer großen auf⸗ und abwogenden Menschenmenge gefüllt; aber zahlreiche Militärpatrouillen, welche die Straßen durch⸗ zogen, hielten die Ordnung aufrecht und eine plötzlich entstandene größere Feuersbrunst gab der allgemein herrschenden Aufregung eine andere Richtung. Fernere Störungen der Ruhe stehen vor aussichtlich nicht zu besorgen, da die Brauereibesitzer den Preis⸗ aufschlag auf das Bier herabgesetzt haben.

Straßburg, Freitag, 18. April. Dem kommissarischen Gemeindevorsteher Back ist der Regierungs⸗Assessor Freiherr v. Reichlin als Hülfsarbeiter beigegeben worden.

Wien, Freitag, 18. April. Der zu Ehren der Vermäh⸗ lungsfeier der Erzherzogin Gisela von der Stadt Wien veran— staltete Festball hat gestern Abend stattgefunden. Die Glieder des Kaiserlichen Hauses, die hier anwesenden Fürstlichkeiten und zahlreiche Mitglieder des diplomatischen Corps haben an dem⸗ selben Theil genommen. Der Kaiser und die Kaiserin erschienen gegen 106 Uhr und wurden von den Anwesenden mit lebhaften Hochrufen empfangen.

London, Freitag, 18. April. Nach einer telegraphischen . des Daily Telegraph“ aus Singapore vom 17, gelang es den Niederländern zwei Forts der Atchinesen zu neh—⸗ men; der Angriff auf das Hauptfort mißlang indessen und endete mit einer Schlappe der Angreifer. Der Kampf war sehr heftig und hat viele Opfer gekostet. General Kohler ist gefallen. Der Gesammtverlust der Niederländer beträgt über hundert Mann.

Perpignan, Freitag, 18. April. Nach Meldungen aus Puycerda vom 17. d. haben sich die dortige Geistlichkeit und die Mitglieder der religiösen Korporationen nach Frankreich geflüchtet. Der Oberst Cabrinety war am Morgen abmarschirt und an sei⸗ ner Stelle eine Abtheilung Regierungstruppen von 2500 Mann und 100 Pferden unter dem Befehl des Obersten Solo von Lerida als Besatzung eingetroffen.

Rom, Freitag, 18. April. Die von Paris aus verbreiteten Gerüchte über die angeblich beabsichtigte Auszahlung der Coupons der italienischen Rente in Papier und die 1 einer

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