Grenadier⸗Regiments statt, dessen Chef Allerhöchstdieselben sind. Se. Majestät wohnten derselben zu Pferde bei. Die Stadt ist wegen des Geburtstages Sr. Majestäͤt des Kaisers Alexander festlich geschmückt und freudig bewegt. Abends sollte der große Zapfenstreich stattfinden.
Ein zweites Telegramm meldet:
Gestern Mittag wohnten Se. Majestät mit dem ganzen Gefolge dem Festgottesdienste, welcher zu Ehren des Geburts⸗ festes Sr. Majestät des Kaisers Alexander in der Kapelle des Winterpalais stattfand, bei und empfingen um 2 Uhr die beiden Botschafter von Großbritannien und Frankreich. Hierauf erfolgte im Beisein des Reichskanzlers, Fürsten von Bismarck, und des deut⸗ schen Botschafters, Prinzen Reuß, die Vorstellung sämmtlicher Mitglieder des diplomatischen Corps. Um 6 Uhr fand Fami⸗ liendiner in den Gemächern des Deutschen Kaisers statt.
In dem Bericht über die Ankunft Sr. Majestät in Königs⸗ berg in Nr. 101 d. Bl. ist statt Häfen: Hufen“ und statt „den Büsoldschen Grundstücken“: „dem Bu soldschen Grund⸗ stück“; in der gestrigen Nummer: Dr. Busch statt Dr. Rush zu lesen.
— Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin sind, laut tele⸗ graphischer Meldung, in Begleitung Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Friedrich Wilhelm gestern Nachmittag um 54 Uhr in Wien angekommen. Se. Majestãt der Kaiser, Ihre Kaiferlichen Hoheiten die Erzherzöge Albrecht, Carl Ludwig und Leopold in preußischer Uniform, die sämmtlichen übri⸗ gen Erzherzöge, Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz von Wales und Prinz Arthur von Großbritannien, die Mitglie⸗ der der preußischen Gefandtschaft, der Feldzeugmeister Ma⸗ roieie, viele andere Generale und ein zahlreiches Gefolge hatten sich zum Empfange auf. dem reichdekorirten Franz⸗Josefs⸗ Bahnhofe eingefunden, wo eine Compagnie mit der Kapelle als Ehrenwache aufgestellt war. Beim Eintreffen des Zuges spielte die Musik die preußische Volkshymne, Se. Majestät der Kaiser traten in den Salonwagen, begrüßten Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Kronprinzessin, umarmten den Kron⸗ prinzen und geleiteten sodann die Kronprinzessin aus dem Wa⸗ gen. Nach Vorstellung der gegenseitigen Suiten verließ Ihre Faiserliche und Königliche Hoheit die Kronprinzessin am Arme Sr. Majestät des Kaisers, der Kronprinz zur Seite des Prinzen von Wales, sowie die übrigen Fürstlichkeiten den Bahnhof und be⸗ gaben Sich in den bereitstehenden Hofequipagen zur Hofburg. Auf dem Bahnhofe sowohl, als vor demselben, sowie in den Straßen, durch welche die Hohen Gäste fuhren, bildete eine dichtgedrängte Menge Spalier und begrüßte Dieselben mit leb⸗ haften Hochrufen.
Bei Ihrer gestern Abend erfolgten Ankunft in Hetzen⸗ dorf wurden die Höchsten Herrschaften von den Qbersthofämtern, den Kapitänen der Kaiserlichen Leibgarden und den Kaiserlichen General Adjutanten empfangen und sodann von Ihrer Majestät der Kaiserin herzlich begrüßt.
— Zhre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Albrecht find nebst Gefolge vorgestern auf Schloß Camenz eingetroffen. Sowohl in Liegnitz als in Frankenstein wurde Höchstdenselben bei der Durchreise ein festlicher Empfang bereitet.
— In der gestrigen 17. Plenarsitzung des Bundesraths, in welcher der Staats-Minister Delbrück den Vorsitz führte, wurden Ausschußberichte erstattet über a. die Vorlage, betreffend den Entwurf eines Gesetzes wegen des außerordentlichen Geld⸗ bedarfs für die Reichs-Eisenbahnen in Elsaß⸗Lothringen; b. den Etat des Reichskanzler⸗Amts fuͤr 1374 nebst dem Nachtrage zum Etat für 1873; . Maßregeln gegen die Rinderpest; d. die Bil⸗ dung einer Kommission zur Verhütung des Eindringens der Cholera.
— Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr, sowie der Ausschuß für Zoll⸗ und Steuerwesen hielten heute Sitzungen.
— In der heutigen Sitzung des Reichstags, der am TDische des Bundesrathes der Präsident des Reichskanzler⸗Amts, Staats⸗Minister Delbrück, mit zahlreichen Mitgliedern desselben beiwohnte, stand zunächst der vom Abg. Schulze und Genossen eingebrachte Gesetzentwurf zur dritten Berathung, der die Abänderung des Art. 32 der Reichverfassung und die Gewährung der Reisekosten und Diäten für die Mitglieder des Reichstags verlangt. Für den Antrag sprachen die Abgg. Windthorst (Berlim, Hölder, Herz und Dr. Windthorst (Meppen). Der Letztere veran⸗ laßte den Präsidenten des Reichskanzler⸗Amtes die Erklärung abzugeben, daß bezüglich der freien Eisenbahnfahrt auf Staats⸗ bahnen die Verhandlungen noch nicht völlig abgeschlossen seien, daß die Angelegenheit aber unzweifelhaft im Interesse der Ab⸗ geordneten erledigt werden wird. Bei Schluß des Blattes trat das Haus in die Spezialdiskussion des Gesetzentwurfs ein.
— Im weiteren Verlauf der gestrigen Sitzung des Herrenhau ses wurde die Spezial⸗Diskussion über den . entwurf, betreffend die kirchliche Disziplinargewalt und die Exrich⸗ tung des Königlichen Gerichtshofes für kirchliche Angelegenheiten, fortgesetzt.
Zu §. 1 welcher lautet: .
„Die kirchliche Disziplinargewalt über Kirchendiener darf nur von deutschen kirchlichen Behörden ausgeübt werden.“
beantragte Graf Kr9ssow folgende Fassung;
„Die kirchliche Dis ziplinargewalt über die Bischöfe der römisch—
katholsschen Tirche wird nach Maßgabe der bestehenden Kirchen⸗ verfaffung mit der Einschränkung ausgeübt, daß zur Verwaltung desselben ein vom Stagt genehmigter Vikarius innerhalb des preu⸗ ßischen Staats zu bestellen ist. Im Uebrigen darf die kirchliche Disziplinargewalt über Kirchen⸗ diener der evangelischen und der römisch⸗katholischen Kirche nur von den innerhalb des preußischen Staates befindlichen kirchlichen Be⸗ hörden ausgeübt werden.“
An der Diskussion betheiligten sich außer dem Regierungs⸗ Kommissar Geh. Regierungs⸗Rath Hübler, die Herren Graf von Landsberg-Velen, Graf Rittberg und Offenberg. Dann wurde der Antrag Krassow abgelehnt und 5. 1 in der Fassung der Vorlage angenommen. .
Die 55. 2 bis 10, und zwar die §8§. 2, 5 und 10, zu welchen Gräf Krassow einige unerhebliche Amendements gestellt hatte, wurden nach unwesentlicher Diskussion gleichfalls in der Fassung der Vorlage angenommen.
8 11 der Vorlage lautet:
„Die Berufung findet außerdem statt, wenn
1) die Entfernung aus dem kirchlichen Amte (8. 2 Absatz 2) als Disziplinarstrafe oder sonst wider den Willen des davon Be⸗ troffenen ausgesprochen werden ist, und die Entscheidung der klaren thatsächlichen Lage wiederspricht oder die Gesetze des Staates oder allgemeine Rechtsgrundsätze verletzt;
2) nach erfolgter vorläufiger Suspenston vom Amt das weitere
Verfahren ungebührlich verzögert wird.“ — Hic hen beantragte Graf Krassow den Absatz 1 zu fassen, wie folgt:
9h die Entfernung aus dem kirchlichen Amte (5. 2 Absatz ?) als SBisziplinarstrafe ausgesprochen worden ist, und die Entschei⸗ dung die Gesetze des Staats oder allgemeinen Rechtsgrundsätze ver⸗ lest. Entscheidungen über Lehre und Kultus sind von der Beru— fung ausgeschlessen.“
Außer dem Antragsteller befürwortete noch Herr v. Kleist⸗ Retzow fehr warm diefen Antrag, während der Kultus -⸗Minister Dr. Falk mit Entschiedenheit sich gegen denselben erklärte. Das Haus lehnte den Antrag demnächst ab.
Die * 12 bis 23 wurden ohne bemerkenswerthe Diskussion nach der Fassung der Vorlage angenommen.
Zu 5. 24 beantragte Graf Krassom folgende Fassung:
Kirchendiener, welchen die gesetzlichen Irfordernisse zur Be⸗ kleidung des geistlichen Amtes fehlen, oder welche wegen eines Ver— ehens und Verbrechens, welches das Deutsche Strafgesetzbuch mit Fog n oder mit dem Verluste der öffentlichen Aemter bedroht, derurtheilt sind, oder welche die Rechte des Staats oder die staat⸗ lichen Rechte der Unterthanen jo schwer verletzten, daß auch fernerhin eine Achtuntz dieser Rechtsverhältnisse von ihnen nicht zu erwarten ist, können für rechtlich unfähig zur Ausübung ihres Amtes erklärt werden. Diese Erklärung hat den Verlust des Amts⸗-Einkommens und die Erledigung der Stelle zur Folge.“
Die Antragsteller, Graf Brühl und Herr von Kleist⸗Retzow befürworteten diefen Antrag, während der Kultus ⸗Minister Dr. Falk sich gegen denselben erklärte. Das Haus lehnte ihn ab und nahm die Fassung der Vorlage an.
In gleicher Weise wurde auch die vom Grafen Udo Stol⸗ berg beantragte Fassung des §. 36 vom Hause nach kurzer De⸗ batte ahgelehnt und die Fassung der Vorlage angenommen.
§. 33 lautet in der Vorlage:
„Der Gerichtshof besteht aus eilf Mitgliedern. Der Präsident und wenigftens fünf andere Mitglieder müssen etatsmäßig angeftellte Richter sein. Die mündliche Verhandlung und Entscheidung in den einzelnen Sachen erfolgt durch sieben Mitglieder. Der Vorsitzende . wenigstens drei Beisitzer müssen zu den richterlichen Mitgliedern gehören.
Die Geschäftsordnung, insbesondere die Befugnisse des Präsi⸗ denten und die Reihenfolge, in welcher die Mitglieder an den ein⸗ zelnen Sitzungen Theil zu nehmen haben, wird durch ein Regulatip
eordnet, welches der Gerichtshof zu entwerfen und dem Staats—
Ministerium zur Bestätigung einzureichen hat.
Durch Plenarbheschlüsse des Gerichtshofes können auch die in diesem Gesetz gegebenen Vorschriften des Verfahrens ergänzt und deren sinngemäße Anwendung auf andere durch Gesetz dem Gerichts⸗ hofe überwiesene Angelegenheiten geregelt werden
Hierzu beantragte Graf Krassow folgende Fassung:
„Der Gerichtshof besteht aus dreizehn Mitgliedern, welche der evangelischen oder römisch-⸗katholischen Kirche angehören müssen. Der Präsident und sechs Mitglieder müssen etatsmäßig ange⸗ stellte Richter des höchften Preußischen Gerichtshofes sein. Die An— wesenheit von neun Mitgliedern genügt bei der mündlichen Verhand⸗ lung und Entscheidung der einzelnen Sachen.
. Der Vorsitzende und wenigstens fünf Beisitzer müssen zu den richterlichen Mitgliedern gehören.
Ven den gemäß 5. 34 Absatz 2 präsentirten Mitgliedern haben in Sachen, welche die evangelische Kirche betreffen, nur die von dieser, in Sachen, welche die römisch⸗kathelische Kirche betreffen, nur die von letzterer präsentirten Mitglieder Sitz und Stimmrecht, Die Geschäfts-Ordnung wird durch ein von dem Gerichtshof selbst entworfenes Regulativ geordnet.
Durch Plenarbeschlüsse des Gerichtshofes können auch die in diesem Gesetze gegebenen Vorschriften des Verfahrens ergänzt, und deren sinngemäße Anwendung auf andere durch das Gesetz dem Ge— richtshofe zugewiesenen Angelegenheiten geregelt werden.“
Nachdem der Antragsteller sowie die Herren v. Kleist⸗Retzow und v. Senfft⸗Pilsach den Antrag vertheidigt, der Kultus⸗Mi⸗ nister Dr. Falk jedoch denselben bekämpft hatte, wurde der An⸗ trag abgelehnt und die Fassung der Vorlage angenommen.
In gleicher Weise wurden auch die übrigen §8. des Gesetzes nach dem Wortlaute der Vorlage genehmigt und der 5. 39 derselben, welcher lautet:
Das zegenwärtige Gesetz tritt nicht vor dem Gesetz, betreffend die Abänderung der Artikel 15 und 18 vom 30. Januar 1850 in Kraft.“
weil das Gesetz über die Abänderungen der Artikel 15 und 18 der Verfassung bereits publizirt ist, gestrichen.
— In der heutigen (30. Sitzung) des Herrenhauses, welche der Präsident Graf Otto zu Stolberg⸗Wernige⸗ rode um 111 Uhr eröffnete und welcher der Präsident des Königlichen Staats⸗Ministeriums, General-Feldmarschall Graf v. Roon, sowie die Staats⸗Minister Camphausen und Dr. Falk und mehrere Regierungs-Kommissare beiwohnten, stand zu⸗ nächst auf der Tagesordnung die Vorberathung des Gesetzent⸗ wurfs betreffend die Grenzen des Rechts zum Gebrauche kirchlicher Straf⸗ und Zuchtmittel. An der General⸗ Diskussion betheiligten sich die Herren Gobbin, v. Voß und Hobrecht für und die Herren Graf Krassow, Graf zur Lippe, Graf Brühl, v. Kleist⸗Retzow und Freiherr v. Landsberg gegen die Vorlage. Bei der Spezial Diskussion stellte zu F. 1, welcher lautet:
Keine Kirche oder Religions⸗Gesellschaft ist befugt, andere Straf⸗ oder Zuchtmittel anzudrohen, zu verhängen oder zu verkün— den, als solche, welche dem rein religiösen Gebiete angehören oder die Entziehung eines innerhalb der Kirche oder Religionsgesellschaft wirkenden Rechts oder die Ausschließung aus der Kirchen- oder Re⸗ ligions⸗Gesellschaft betreffen.
Straf⸗ oder Zuchtmittel gegen Leib, Vermögen, Freiheit oder bürgerlicher Ehre sind unzulässig. ö
Graf Krassow den Antrag, den 8§. 1 zu fassen:
Kirchen- und Religiens⸗Gesellschaften sind nicht befugt, Straf⸗ oder Zuchtmittel, welche das bürgerliche Rechtsgebiet ihrer Angehörigen be⸗ treffen, gegen Leib, Vermögen, Freiheit und staatsbürgerliche Ehre an⸗ zudrohen oder zu verhängen.
Der Antragsteller und Graf zur Lippe befürworteten diesen Antrag, während ihn der Regierungs⸗Kommissar Geheimer Re⸗ gierungs⸗Rath Hübeler und Herr Gobhin bekämpften. Das Haus lehnte ihn ab und nahm den 5. J in der Fassung der Regierungs⸗Vorlage, ebenso die §5§. 2 und 3 in derselben Fassung an.
Zu 5. 4, welcher lautet:
Die Verhängung der nach diesem Gesetz zulässigen Straf⸗ und Zuchtmittel darf nicht öffentlich bekannt gemacht werden.
Eine auf die Gemeinde⸗-Mitglieder beschränkte Mittheilung ist nicht ausgeschlossen.
Die Vollziehung oder Verkündung derartiger Straf⸗ oder Zuchtmittel darf auch nicht in einer beschimpfenden Weise erfolgen.
beantragte Graf Krassow folgende Fassung:
Eine öffentliche Bekanntmachung der Androhung oder Ver⸗ hängung kirchlicher . und Zuchtmittel von Seiten der Kirchen⸗ oder Religionsdiener darf nur innerhalb der Kirchen oder der zu religiösen Versammlungen der Religions⸗Gesellschaften bestimmten Gebäude stattfinden.
Die Vollziehung oder Verkündigung derartiger Straf⸗ und
der Verfassungsurkunde
verwaltung sind
m darf nicht in einer die bürgerliche Ehre beschimpfenden eise geschehen.“
Graf Krassow und Herr v. Kleist vertheidigten diesen An⸗ trag, während Herr v. Goßler ihn abzulehnen bat. Das Haus verwarf den Antrag und nahm 5. 4 wie auch die 55 5 und 6 ohne Diskussion in der Fassung der Vorlage an. Ebenso wurde die Ueberschrift und Eingang des Gesetzes genehmigt und eine Anzahl von Petitionen, über welche Herr v. Voß berichtete, als durch diesen Beschluß erledigt erachtet.
Es folgt als zweiter Gegenstand der Tagesordnung die Vorberathung über den Gesetzentwurf, betreffend den Austritt aus der Kirche. Zur Generaldiskussion nahm nur Frhr. von Manteuffel⸗Crossen das Wort.
Bei der Spezialdiskussion wurden die §§. 1 und 2 in der Fassung der Vorlage genehmigt.
§. 3 lautet:
Die Austrittserklärung bewirkt, daß der Ausgetretene zu Leistun⸗ gen, welche auf der persönlichen Kirchen⸗ oder Kirchengemeinde⸗ Angehörigkeit beruhen, nicht mehr verpflichtet wird.
Diese Wirkung tritt mit dem Schlusse des auf dig Austritts= Erklärung folgenden Kalenderjahres ein. Zu den Kosten eines außerordentlichen Baues, dessen Nothwendigkeit vor Ablauf des Kalenderjahres, in welchem der Austritt aus der Kirche erklãrt wird, festgestellt ist, hat der Austretende bis zum Ablauf des zwei⸗ ten auf die Austrittserklärung folgenden Kalenderjahres ebenso ,, als wenn er seinen Austritt aus der Kirche nicht er⸗
art hätte.
Leistungen, welche nicht auf der persönlichen Kirchen- oder Kir⸗ chengemeinde Angehörigkeit beruhen, insbesondere Leistungen, welche entweder Kraft besonderen Rechtsmittels auf bestimmten Grund- stücken haften, oder ven allen Grundstücken des Bezirks, oder doch von allen Grundstücken einer ie, . Klasse in dem Bezirk ohne Unterschied des Besitzers zu entrichten sind, werden durch die Aus⸗ trittserklärung nicht berührt.
Hierzu beantragte Graf Krassow Alinea 2 folgender⸗ maßen zu fassen:
Diese Wirkung tritt mit dem Schlusse des auf die Austeitts⸗ Erklärung folgenden Kalenderjahres ein. Zu den Kosten eines Baues oder zu anderen außergewöhnlichen Aufbringungen, welche vor Abgabe der Austrittserklärung beantragt sind, hat der Austretende noch drei Jahre lang nach definitiver Feststellung derselben ebenso beizutragen, als wenn er seinen Austritt aus der Kirche nicht er— klärt hätte.
Der Antragsteller befürwortete diesen Antrag, während der Regierungs⸗Kommissar Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath de la Croix sich gegen denselben aussprach. Der Antrag wurde vom Hause verworfen und 5. 3 ebenso die §5§8. 4 — 11 des Gesetzes, sowie Ueberschrift und Eingang in der Fassung der Vorlage an⸗ genommen.
Der Präsident schloß um 1 Uhr die Sitzung und beraumte die nächste auf morgen Vormittag 11 Uhr an, wo die Schluß⸗ berathung der sämmtlichen 4 Kirchenvorlagen erfolgen soll.
— In diesen Tagen gelangte die neue Bearbeitung des Handbuchs über den Preußischen Hof und Staat zur Ausgabe. Dieselbe unterscheidet sich, abgesehen von den Verän⸗ derungen, welche durch den Uebergang verschiedener Verwal⸗ tunngszweige auf das Deutsche Reich bedingt wurden, im We⸗ sentlichen von den früheren dadurch, daß der Anfang gemacht worden ist, bei den einzelnen Provinzen alle der betreffenden Pro⸗ vinz angehörigen Behörden und Institute, sofern nicht Rücksich⸗ ten auf Ressortbeziehungen Ausnahmen forderten, zu vereini⸗ gen, um auf diese Weise die Uebersicht des in jedem einzelnen Theile der Monarchie bestehenden staatlichen Organismus zu er⸗ leichtern. In bestimmter Ordnung folgen dann in diesen Ab⸗ schnitten die Königlichen und ständischen Verwaltungsbehörden, die geistlichen Behörden, die Universitäten, Akademien, die tech⸗ nischen und die Justizbehörden. Trotzdem, daß wegen des Ueber⸗ gangs verschiedener Verwaltungszweige auf das Reich, wie Post⸗ und Telegraphenverwaltung, die auswärtigen Angelegenheiten, Marine ꝛc. die darauf bezüglichen Anführungen in der vorlie⸗ genden Ausgabe des Handbuchs wesentlich beschränktere als in den früheren Ausgaben sind, ist der Inhalt derselben im Gan⸗ zen ein erheblich erweiterter. Zunächst ist das gesammte Beamten⸗
personal der neu erworbenen Provinzen, sowie des Herzogthums
Lauenburg in der neuen Ausgabe aufgenommen, dann haben, neben den neu eingerichteten Heimathsdeputationen, Eichungs⸗ ämtern ꝛc. die ständischen Verwaltungsorgane und die densel⸗ ben untergeordneten Institute eine sorgfältige Berücksichtigung ge⸗ funden. Auch die Beziehungen der preußischen zu der Reichs⸗ nicht unbeachtet geblieben. In allen Fällen, wo preußische Behörden zugleich als Organe der Reichs verwaltung fungiren oder Seitens dieser mit besonderen Vollmachten ausgestattet wurden, sind bezügliche Hinweisungen gegeben. Der große Umfang der vorliegenden Arbeit läßt sich daraus ermessen, daß das dem Handbuche beigegebene alphabe⸗ tische Namensregister, ungerechnet die sehr große Zahl von Na⸗ men, welche mehr als einmal in verschiedenen Stellen vorkom⸗ men, über 25,000 Personennamen enthält. Zur Erleichterung beim praktischen Gebrauch sind außer dem vorerwähnten Na⸗ mensregister eine ausführliche Inhaltsübersicht und ein alphabe⸗ tisches Sachregister beigefügt. Eine Anlage zu dem letztern ent⸗ hält ein alphabetisch geordnetes Verzei hniß derjenigen höheren Lehranstalten, welche zur Ausstellung gültiger Qualifikations⸗ zeugniffe für den einjährigen freiwilligen Müitärdienste berechtigt sind. In demselben ist zugleich auf diejenigen Stellen des Bun⸗ des⸗ beziehentlich Reichsgesetzblattes hingewiesen, an welcher die Publikation über das Anerkenntniß dieser Berechtigung Seitens des Reichskanzlers geschehen ist. Außerdem enthält das Hand⸗ buch für 1873 wie sonst eine Uebersicht des Flächenraumes und der Einwohnerzahl des preußischen Staates, sowie ein alphabe⸗ tisches Verzeichniß der Städte und im Stande der Städte ver⸗ tretenen Flecken mit Angabe der Civil⸗ Einwohnerzahl nach den am Ende des vorigen Jahres definitiv festgestellten Ergebnissen der Volkszählung am Schlusse des Jahres 1871. Die äußere Ausstattung ist eine gute und zweckmäßige; es ist ein etwas größeres, aber nicht unbequemes Format gewählt, der Druck scharf und klar.
— Der General der Kavallerie und kommandirende General des VII. Armee⸗Corps Wilhelm Graf zu Stolberg⸗Werni⸗ gerode ist gestern behufs Beiwohnung der Versammlungen des Herrenhauses von Münster hier eingetroffen und im Thiergarten⸗ Hotel abgestiegen.
— Der General⸗Lieutenant und Chef der Admiralität, Staats⸗Minister von Stosch ist von Wilhelmshaven hierher zurückgekehrt, wohin sich derselbe vor einigen Tagen in dienst⸗ lichen Angelegenheiten begeben hatte.
— Der General⸗Major, General à la suite Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Inspecteur der Jäger und Schützen von Stiehle ist aus der Provinz Schlesien hierher zurückge⸗ kehrt, wohin sich derselbe mit Urlaub begeben hatte.
Posen, 29. April. Der Ober⸗Präsident Günther besich⸗ tigte gestern Vormittag die baulichen Veränderungen und Garten⸗
corps aufstellen lassen,
anlagen im Königlichen Regierungsgebäude und reiste alsdann mit dem Nachtzuge 11 Uhr von hier nach Berlin ab.
Fulda, 29. April. (W. T. B) Die bischöflichen Kon⸗ ferenzen haben unter Vorsitz des Erzbischofs Melchers von Cöln heute begonnen. Der Eröffnung ging eine Zusammenkunft der Bischöfe an der Gruft des heiligen Bonifacius vorauf.
Wiesbaden, 28. April. Heute Abend haben vor der Wagemannschen Brodfabrik Zusammenrottungen stattgefunden. Die Gensd'armerie mußte einschreiten und die Menge auseinander⸗ treiben. Es sind mehrere Verhaftungen vorgenommen, und militärische Vorsichtsmaßregeln gegen die Wiederholung der Unordnungen getroffen.
Bayern. München, 27. April. Heute war zu Ehren des Geburtsfestes des Prinzen Otto im Königlichen Wintergarten große Familientafel.
— Die von Sr. Majestät dem König angeordneten Fest⸗ lichkeiten für die Neuvermählten, Prinz Leopold und dessen Gemahlin, schließen bekanntlich am Sonntag, den 4. Mai, mit einer Mittags zwischen 12 und 1 Uhr stattfindenden Armenaus⸗ speisung in den verschiedenen Stadtbezirken. Der Ball, welchen Prinz Luitpold in seinem Palais giebt, wird am Montag, den 3. Mai abgehalten, am Mittwoch, den J. Mai, veranstaltet der hiesige österreichische Gesandte eine größere Festlichkeit.
— 28. April. Die Ankunft des Prinzen Leopold und der Prinzesfin Gisela ist heute Nachmittag 3 Uhr erfolgt, und wurden dieselben in dem festlich geschmückten Bahnhofe, in welchem auch eine Compagnie Infanterie mit Nusik und Fahne als Ehrenwache aufgestellt war, in der im Programm bestimm⸗ ten Weise empfangen; die drei Infanterie⸗Regimenter der hie⸗ sigen Garnison bildeten dann vom Bahnhofe bis zur Residenz Spalier. Vor dem Bahnhofe wie auf dem Platze vor der Schützenstraße, wo die Hohen Ankommenden durch eine Anrede des ersten Bürgermeisters Hr. Erhardt Namens der Residenz⸗ stadt in herzlichster Weise begrüßt wurden, und festlich gekleidete Schulmädchen Blumen streuten, war eine Reihe Flaggenbäume aufgestellt und dieselben, wie alle Königlichen und staatlichen Ge⸗ bäude, dann viele Privatgebäude, namentlich in den Straßen, durch welche sich der festliche Zug bewegte, mit Flaggen und Fahnen ꝛc. in den bayerischen und österreichischen, wie in den habsburgischen Daus⸗ farben geschmückt. In einer überaus herzlichen und innigen Veise wurden die Hohen Neuvermählten in der Königlichen Residenz durch den König, die Königin⸗Mutter und die hier anwesenden Prinzen und Prinzessinnen des Königlichen Hauses, welche von dem gesammten Hofstaat umgeben waren, empfangen. Der prachtvolle Königliche Galawagen, in welchem die Neuvermählten saßen, und auf welchem die von Genien getragene Königskrone heute durch einen silbernen Myrthenkranz ersetzt war, sowie das ö Sechsgespann an demselben erregten die allgemeine
ewunderung. An einigen Plätzen hatte der Magistrat Musik⸗ welche bei dem Vorbeifahren der Hohen Ankommenden die österreichische Nationalhymne spielten. Ein zahlreiches Publikum befand sich in den Straßen und begrüßte die Hohen Neuvermählten mit den herzlichsten Zurufen. Der festliche Einzug hat bei schönstem Wetter stattgefunden.
Sachsen. Dresden, 28. April. Der Großherzog von Oldenburg ist am 26. d. M, hier eingetroffen, im Hotel Bellevue abgetreten und heute Nachmittag 4 Uhr nach Prag abgereist.
Hessen. Darm stadt, 29. April. (Fr. J) Der jãhrliche Ertrag aus Regalien, direkten Steuern und indirekten Auf⸗ lagen ist für 1813 = 175 auf rund 31 Millionen Gulden veran⸗ schlagt. Die hierauf bezüglichen Verwaltungs kosten sind mit 540,424 fl. in Ansatz gebracht. — Die Mitte Juni wieder be⸗ ginnende Session der Zweiten Kamm er wird voraussichtlich etwa 3 Monate in Anspruch nehmen. — Der Ausschuß der außerordentlichen evangelischen Tandessynode wird den 5. . M. seine Thätigkeit wieder aufnehmen, um den Verfassungs⸗Entwurf durchzuberathen.
Sachsen Weimar⸗Eisenach. Weimar, 28. April. Laut Telegramm aus Pera vom 25. April ist der Er bgroß⸗ herzog daselbst an demselben Tage, bei herrlichem Wetter, Morgens 10 Uhr in bestem Wohlsein eingetroffen.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 28. April. Der Herzog ist heute Mittag von Gotha hier eingetroffen.
Wien, 29. April. (W. T. B.) österreichischen Reichs⸗
Oesterreich⸗òUngarn. Der Budgetausschuß der ᷓ rathsdelegation genehmigte in der heutigen Sitzung den Bericht über das Kriegsbudget und nahm das Ordinarium für die Kriegs-Marine größtentheils in Ueber⸗ einstimmung mit den Regierungs⸗Anträgen an. Unter den gestrichenen Posten war der erheblichste der Ansatz von 98, 000 fl. für die Korvette ‚Donau“. Die Mehrzahl der Positionen des Extraordinariums wurde ebenfalls in Gemäßheit der Regierungs⸗ Anträge genehmigt, indessen die Forderungen für die Kasematten⸗ schiffe „Erzherzog Carl“ und „Admiral Tegethof“ nicht bewilligt.
Schweiz. Bern, 29. April. (W. T. B.) Der Na⸗ tionalrath Professor Walther Munzinger, Bruder des Afrikareifenden und s. 3. Vertreter der schweizerischen Altkatho⸗ liken auf dem Münchener Kongresse, ist hier in der vergangenen Nacht gestorben. .
Genf, 29. April. (W. T. B.) Gestern hat, wie das Genfer Journal“ mittheilt, die hiesige Polizei im Auftrage des Bundesrathes den Kammerherrn des Herzogs von Ma⸗ drid, Don Juan Rockaberti de Dameto auf der be—⸗ nachbarten Campagne Bocage, welcher in dem Verdachte steht, für die Carlisten zu werben, verhaften und zugleich zwei zur Versendung mit der Eisenbahn verpackte Geschütze in Beschlag nehmen lassen; die gerichtliche Untersuchung ist bereits ein⸗ geleitet.
Niederlande. Haag, 29. April. (W. T. B.) Bei der heute fortgesetzten Debatte der Zweiten Kammer über die Angelegenheiten in Atchin erklärte der Kolonial⸗Minister Fransen van de Putte, daß er alle Verantwortlichkeit für die Kriegs⸗ erklärung an Lttchin übernehme, dieselbe sei nach so viel erlittenen Unbilden und Beschimpfungen ein Akt der Nothwendigkeit ge⸗ wesen. Es sei zu bedauern, daß man augenblicklich eine Schlappe erlitten habe, er sei dadurch aber durchaus nicht entmuthigt. Man solle sich der Erfolge erinnern, die man seiner Zeit in
alembang, Bali und Boni doch noch davongetragen habe. Die dition nach Atchin sei in der vorsorglichsten Weise vorbereitet,
ein Endurtheil über dieselbe könne noch nicht ausgesprochen werden, Dem Deputirten Deroo stimme er darin bei, daß der Rücktritt des Minssteriums mit dem Urtheile der Kammer über die An⸗ elegenheit in unmittelbarem Zusammenhange stehe. Glaube 25 daß das Ministerium seine Schuldigkeit nicht gethan habe,
so müsse er ihn auffordern, ein Votum der Kammer gegen das Ministerium herbeizuführen. Deroo erwiderte, der Minister möge doch seinerseits den Versuch machen, von seinen Partei⸗ genossen ein Vertrauensvotum sich ertheilen zu lassen. Der De⸗ putirte Heemskerk frug, ob das Ministerium 10,9900 Mann Truppen und genügende Seestreitkräfte nach Holländisch⸗Indien zu schicken gedenke; sei das nicht der Fall, so müsse das Mini⸗ sterium aus Patiotismus zurücktreten. Die Debatte wurde noch länger fortgesetzt und dann auf morgen vertagt, wo der Kolonial⸗ Minister weitere Erklärungen abgeben wird.
Großbritannien und Irland. London, 28. April. Die Königin kehrt am Mittwoch in Begleitung der Prinzes⸗ sin Beatrice von Osborne nach Schloß Windsor zurück, wo⸗ selbst Ihre Majestät bis zum 15. oder 16 Mai verweilen wird, um dann nach Balmoral, ihrem Landsitz in den schottischen Hoch⸗ landen überzusiedeln.
— Der König und die Königin von Dänemark, sowie deren Tochter, die Prinzessin Thyra, werden Ende Mai zum Besuch des Hofes in London erwartet.
— Das Auswärtige Amt hat vom britischen General⸗ Konsul in Cairo, Oberst Stanton, ein Telegramm erhalten, wonach Nachrichten aus Khartoun vom 21. d. zufolge Sir Samuel Baker und sein Gefolge sich in Bepabrooke, im Sü⸗ den von Gondokoro, im besten Wohlsein befanden. Leider fehlt das Datum der angeblich glaubwürdigen Kunde.
— 30. April. (W. T. B.) Der in der gestrigen Sitzung des Unterhauses von Hamilton eingebrachte Antrag auf Ankauf der irischen Eisenbahnen durch die Regierung wurde , , bekämpft und mit 197 gegen 65 Stimmen ab⸗ gelehnt.
— Einem Telegramm aus Toronto vom 28. d. M. zu⸗ folge, hat sich der Premier der Prinz Edward⸗Insel nach Ottawa begeben, um wegen der Konföderation der Insel mit dem Do⸗ minino von Kanada in Unterhandlungen zu treten.
Frankreich. Paris, 28. April, Die gestrige Wahl hat insofern Bedeutung, als die Betheiligung im Vergleich mit früheren Wahlen sehr groß war. Am 8. Februar 1871 stimm⸗ ten 328,970 Wähler; am 2. Juli 1871 stimmten 247000; am J. Januar 1872 stimmten 245,000; gestern, am 27. April, da⸗ gegen gaben 342,700 ihre Stimme ab.
— Der Marschall Serrano, dem es gelang, nach Por⸗ tugal zu entkommen, wird in Paris erwartet. Die Zahl der Spanier, welche über die Grenze gekommen sind, ist bereits sehr bedeutend. Unter denselben befinden sich über 6000, die ohne alle Mittel sind.
— Der Maire von LSzignan (Aube) wurde sür zwei Monate suspendirt, weil er einem Civil⸗Leichenbegäniß in Amts⸗ tracht anwohnte.
— 29. April. (W. T. B.) Bei den bereits gemeldeten Wahlen im Departement de la Nieve betrug die jetzt definitiv feststehende Anzahl der für den republikanischen Kandidaten Turigny abgegebenen Stimmen 33, M1; sein Gegenkandidat Gillois erhielt 31,954.
Spanien. Telegramme aus Madrid vom 26. und 27. des „Daily⸗Telegraph“ melden: „Für den Augenblick herrscht Ruhe in Madrid, aber die Verfolgung der Mitglieder der Permanenz⸗ Kommission dauert fort. Sennor Becerra wurde in dem Hause der Mutter Serrano's arretirt, und Sennor Sagasta wurde, wie verlautet, von einer Abtheilung Bewaffneter umzingelt. Sennor Figuerola wurde gestern in der Baladero gefangen ge⸗ nommen. Die Ministerkrifis dauert fort und ist es noch nicht bekannt, welche Veränderungen beabsichtigt werden. Das Ge⸗ rücht, daß das Haus eines fremden Gesandten mit einer Durch⸗ suchung bedroht wurde, entbehrt der Begründung.
— Eine Reutersche Depesche aus Bayonne meldet un⸗ term 25. d.: „Eine Carlistenbande unter Lecca wurde am Mitt⸗ woch in Maestu, Alava, auf's Haupt geschlagen. Die spanischen Truppen marschiren in der Richtung von Vera. Ein Gefecht fand auch unweit der Judalatz-Brücke statt, dessen Resultate un⸗ bekannt sind. Man behauptet, daß Vera heute von 1500 re— gulären Truppen besetzt wurde.“
— Aus Barcelona vom 25. ds. wird dem „Reuterschen Bureau“ telegraphirt: ‚General⸗Kapitän Velarde traf am 23. 86. in Ripoll ein, wo er energische Maßregeln für die Unterdrückung des Carlisten⸗Aufstandes anordnete. Sämmtliche Pachthöfe oder Landhäuser in den Bergen sollen geschlossen werden, und die Einwohner sollen mit allen ihren Lebensmitteln nach den Städten auswandern. Der Rebellenfuͤhrer Saballs hat seine Truppen in zwei Banden von je 500 Mann getheilt, um so besser im Stande zu sein, die Pläne der gegen ihn Operirenden zu ver⸗ esteln. Von der Bande unter Cucala, die in Fulleda in die Flucht geschlagen wurde, sind ungefähr 200 in Vendrall gesehen worden, die Mehrzahl aber ohne Waffen, da sie dieselben auf der Flucht weggeworfen hatten. Oberst Obal hat Quico in den Bergen von Juncosa, in Terragona, geschlagen.“
— Dem Carlisten⸗Komite in London find andererseits telegra⸗ phische Mittheilungen aus Bayo nne vom 27. v. M. zugegangen, wonach die Carlisten in der Nähe von Vera einen bedeutenden Erfolg gegen die Regierungstruppen errungen haben. Letztere waren 460, erstere nur 706 Mann stark. Das Gefecht begann um 11 Uhr und dauerte bis zum späten Abend. Die Republi⸗ kaner wurden völlig geschlagen und ließen 80 Todte und Ver⸗ wundete auf dem Platze. Der Feldzugsplan von Nouvilas ist nach diesem Erfolge Dorregarans als völlig gescheitert zu be⸗
trachten. — Den Carlisten ist eine Sendung von Waffen zuge⸗ gangen.
Italien. Rom, 23. April. Der Ministerrath hat die Prüfung der von der Kommission zur Berathung des Klostergefetzes vorgenommenen Modifikationen beendet, einige acceplirt, andere einmüthig verworfen und wird demnächst der Kommission die streitigen Punkte mittheilen. . .
— Der Gesundheitszustand des Papstes ist ein befriedi⸗
ender.
; — 29. April. (W. T. B. Die Differenzen zwischen der italienischen Landwirthschaftsgesellschaft in Tunis und der dortigen Regierung sind dadurch vollständig ausgeglichen, daß die erstere eine Entschädigung von 125,090 Fr. ausgezahlt erhält, dafür aber auf alle ihr bisher in Tunis zu⸗ gestandenen Rechte verzichtet. . ;
— Castellamare, 29. April. (W. T. B.). Der Für st und die Fürstin von Montenegro sind heute hier einge⸗ troffen und zum Besuche der Kaiserin von Rußland sofort nach Sorrent weiter gereist.
Schweden und Norwegen. Stockholm 25. April. Die japanische Gesandtschaft ist hier gestern Mittag ange⸗ kommen, und der König empfing heute in öffentlicher Audienz Sionimt Tomoni Iwakura, Jushli Hiroumi Ito und Jushii Maska Jamaquachi. Der erste Gesandte überreichte dem Könige
die Kreditive der Gesandtschaft. Darauf erhielt dieselbe Audienz bei der Königin und der verwittweten Königin.
— Der Staatsausschuß des schwedischen Reichs⸗ tages hat die Bewilligung der verlangten Ausgabe von 706090 Rdl. schwedisch zur Krönung des Königs und der Köni⸗ gin befürwortet.
Dänemark. Kopenhagen, 28. April. Am Schlusse der gestrigen Folkethingssitzumg wurde von den Führern der Linken, Alberti, J. A. Hansen und Winther folgender Vor⸗ schlag zum Beschluß des Thinges angemeldet:
.Das Folkething beschliezt den Ausspruch, daß es die ohne Mit⸗ wirkung der Gesetzgebungsmacht unter ministerieller Verantwortlichkeit getroffenen Bestimmungen, wodurch über die Mittel der adeligen Klöfter Ballö und Vemmetofte verfügt wird, als grundgesetzwidrig ansteht und behält sich ver, rücksichtlich der gedachten Bestimmungen d, . der Reskripte vom 2. April 1873, weitere Maßregeln zu treffen.“
Amerika. Aus Washington wird unterm 26. d. M. per Kabel gemeldet: Die Regierung hat dem Gouverneur Kellogg empfohlen, die Staatsmiliz in das Innere von Louisiana zu senden. MEnery organisirt Militär, um der Regierung Trotz zu bieten.
2 April. (W. T. B.) Den Eigenthümern der preußischen Schiffe, welche während des Bürgerkrieges als der Führung von Kriegskontrebande verdächtig in ameri⸗ kanischen Häfen festgehalten waren, ist auf erhobene Rekla⸗ mation in Gemäßheit der Bestimmungen des preußisch⸗amerika⸗ nischen Vertrages von 1779. von dem kompetenten Gerichtshofe insgesammt eine Entschädigungssumme von 13000 Doll. zuerkannt worden.
— Die Nr. 28 des „Amtsblatts der Deutschen Reichs⸗ Post verwaltung“ enthält: General⸗Verfügungen vom 24. April 1873: Behandlung der mit Aversionirungs⸗Stempel versehenen Briefe aus Bayern. — Vom 26. April 1873: Postdampfschiff⸗Verbindungen mit Dänemark und Schweden. Vermerk auf den Packetbegleitbriefen in Betreff der zugehörigen Sendungen. Adressirung der für die Post⸗ anstalten in Berlin bestimmten Zeitungspackete. Aufhebung gewisfer preußischer Stempelabgaben.
Kunst und Wissenschaft.
Berlin, 30. April. Beim Vorstand der Gesellsch aft für Erdkunde sind in diesen Tagen von verschiedenen Seiten Mitthei⸗ lungen über Dr. Nachtig al, sowie ein an Prof. Bastian gerichteter Brief mit ausführlichen Reisenotizen und einer Kartenfskizze ein—
gegangen.
— Die Oberlausitzische Gesellschaft der Wissen⸗ schaften hielt am 17. April ihre 140. Hauptversammlung unter Vorsitz ihres Präsidenten, des Landeshauptmanns von Seydewitz ab nach dessen E öffnungsworten der Sekretär über die seit Sstern 1873 verstorbenen und die neueingetretenen Mitglieder berichtete. Da keine Lösung der in der österlichen Hauptversammlung des v. J. abermals gestellten Preisaufgabe über die Verfassungsgeschichte der Oberlausitz eingegangen war, der Gegenstand aber der Versammlung von beson⸗ derer Wichtigkeit erschien, so beschloß man, eben dieselbe Aufgabe noch— mals zu stellen. Sie lautet: Ueber die Entstehung und Entwickelung der eigenthümlichen Rechts- und Staatsverfassung der Oberlausitz bis zu den Folgen des Pönfalls. Als Einlieferungstermin wurde der 31. Dezember 1875, als Preis der frühere von 309 Thalern bestimmt. — Als neue Preisaufgabe beschloß die Versammlung: „eine Mono⸗ graphie über den Görlitzer Meistersänger Adam Puschmann.“ Als Einlieferungstermin wurde der 31. Dezember 1874, als Preis 50 Thaler festgesetzt. ᷣ
In Paris ist, wie die April⸗Nummer des „Stenogr. Archivs“ berichtet, Hippolite Prevost, Direktor des stenographischen Bureaus der ehemaligen Pairskammer und dann des Kaiserlichen Senats von 1630 1870, am 20. Februar 1873 im Alter von 65 Jahren gestor⸗ ben. Sein System der Stenographie ist das heute allgemein in Frankreich rezipirte und auch noch gegenwärtig in Versailles angewen⸗ dete. Es ist eine weitere Ausbildung der ‚Logographie“ Marels, des nachmaligen Herzogs von Bassano, nach welcher 1789 die Bulletins der Nationalversammlung und später die Berichte im „Journal offi⸗ ciel“ angefertigt wurden.
Kopenhagen, 28. April. Die Reiterstatue Friedrich VII.; welche vor dem Schlosse Christiansborg ihren Platz haben soll, ist jetzt nach dem beschwerlichen und laugsamen Transport auf Rollen von dem äußersten Punkte der westlichen Vorstadt glücklich an ihren Bestimmungs⸗ orte angelangt. Die Aufstellung der Statue soll sofort in Angriff ge⸗ nommen werden, damit die Enthüllung derselben am 5. Juni, dem Grundgesetztage, stattfinden kann.
Bonn, 27. April. Verflossene Nacht nach 12 Uhr wurde in der Gegend von Endenich ein sehr großes eiförmiges Meteor ge— sehen. Dasselbe bewegte sich unter blitzähnlicher Erleuchtung des Ho— rizontes zur Erde und hatte nach Aussage, der beobachtenden Personen eine schöne bläulich-grüne Färbung bei weißer Spitze.
Rom, 29. April. Aus vielen Provinzen treffen Meldungen ein, denen zufolge ein auffälliges Sinken der Tempera tur stattgefun= den hat. Aus vielen Gegenden wird von Schnee und Frost be—
richtet. . ö Landwirthschaft.
München, 29. April. (Allg. Ztg) Aus den verschiedenen Theilen des Landes laufen sehr betrübende Nachrichten über den Scha⸗ den ein, den der Frost während der letzten Tage angerichtet, In den Weingegenden der Pfalz sind die jungen Rebschößlinge größtentheils, ja, wie verschiedene Blätter melden, sogar gänzlich erfroren. An den blühenden Obstbäumen und in den Kleefeldern soll die Zerstörung ebenfalls eine sehr beträchtliche ein. I‚ Odenwald, überhaupt an der ganzen Bergstraße, ist die Obstaussicht gleichfalls dahin, da alle Blüthe, namentlich die der Nuß⸗ und Kirschbäume, vollständig erfror.
Stuttgart, 23. April. Auf dem diesjährigen Pferdemarkt wurden durchschnittlich weit höhere Preise als letztes Jahr erzielt und ift namentlich die Aniwesenheit sehr vieler Käufer zus Bayern, Baden und der Schweiz die Veranlassung gewesen. Zu Markt gebracht wurden im Ganzen ca. 2009 Pferde; der Gesammterlös beläuft sich (bei etwa 869 Käufen, nämlich 279 angezeigten und ca. 590 nicht an—= eigten) auf 379,203 Flz auf. sedes verkaufte Pferd kommen im Durch⸗ chuitt etwa 4350 Fl. Der höchste Preis für ein Reitpferd wurde mit 1800 Fl., für 2 Wagenpferde mit 2500 Fl. bezahlt.
Paris, 26. April. Telegramme aus den verschiedensten Wein⸗ gegen den (Bordeaux, Epernay, Perigneur, Macon, Beaune, Reims) melden, daß durch den jähen Witterungswechsel der letzten Tage die Weinreben bedeutenden Schaden gelitten haben und an manchen Stellen ein Viertel der Weinpflanzung durch den Frost zu Grunde
egangen ist. ann e, Gewerbe und Handel.
Die Direktion der Bank für Handel undsIndu strie sagt im Elngange ihres Geschaͤftsberichts für 1872. Die Superdividende des gedachten Jahres hat abermals 11 * des hierzu berechtigten Aktienkapitals von Fl. 25, 000, 000 ergeben, so de die gesammte Rente der Aktien dieselbe Höhe wie in 1871 . Daneben ist ein Betrag von über Fl. 160000 zu Abschreibungen und Dotirnngen der verschledenen Spezialreserven verwendet und dem Hauptreservefonds das gesammte aus der weiteren Begebung von Aktien erzielte Auf⸗ geld mit Fl. 5000, 000 zugeführt worden. ;
— In der vor Kurzem stattgefundenen Sitzung des Aufsichtẽ· raths der Zeitzer Gifeng ie ßerei und Maschinen bau, Akt ich Gesellschaft“ wurde die Dividende für das verflossene Geschäfts⸗