1873 / 104 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 01 May 1873 18:00:01 GMT) scan diff

ihm eine Denkschrift über die Zweckmäßigkeit und Dringlichkeit, dem Handelsverkehr Englands mit Centralasien Erleichterung Mn verschaffen, überreichten. Der Minister ertheilte eine sehr befrie⸗ digende Antwort. Das Handel samt hat durch den Staagts⸗ Sekretär für die Kolonie eine Depesche des Gouverneurs von Britisch= Honduras erhalten, werin er meldet, daß er den Hafen von Rew⸗ Srleanz in Folge dez Aughruches der Pocen für angefteckt erklärt Dat. Vom Staats⸗Sekretar für auswärtige Angelegenheiten hat das Handelsamt die Abschrift eines vom 4 d. M. datirten Dekrets der spanischen Regierung erhalten, welches verfügt, daß die auf⸗ erlegten Strafen für Differenzen zwischen dem deklarirten Werth von Gütern, die Zölle ad valorem zahlen, und deren Werth durch die Joll-Aemter abgeschãtzt wird, nicht in Anwendung gebracht werden sollen, falls die Differenz nicht 10 Prozent überstelgt. Das genannte Amt kat ferner Abschriften zweser vom 14. d. M. dafirten Telegramme des englischen Botschafters in Konstantinopel erhalten, welche melden, daß die Ausfuhr von arabischen Pferden aus Bagdad und Syrien für den Zeitraum von 7 Jahren verboten ift, und daß die Getreideausfuhr aus den Pro vinzen Rustschuk und Widdin fuͤr 3 Monate untersagt ist, schlig lich die Kepie einer am 3. 11It. genehmigten Akte des Kongrefsses der Ver⸗= einigten Staaten, welche den Hafen San Diego als den einzigen Eingangshafen für die Komitate Santa Barbara, Los Angelos, San Bernardo und San Diego in diesem Staate herstellt.

nis, 29. April. Die Zinsen für die Schatzscheine werden im nach? zn? . um ö „crhöht werden (für ein Jahr 6 *, für sechs Monate 5h und für drei Monate 4).

Die Einführung der Goldwährung in Japan geschieht mit den ,,, unter europäischer Leitung Wäh⸗ rend des am 31. Juli 1872 beendeten Jahres importirte die Kaiser⸗ siche Münze von Japan nicht weniger als 858,226 Unzen Gold oder

ca. 3.000 009 Lstr, nebst 4767, 175 Unzen Silber oder ea. 11920900 die Gefahr eines allgemeinen Indi ieges nahe liege, wenn

; ie talzahl der neugeprägten Goldstücke betrug 2,190 259 i. 2 6 Din. die der Silberstücke auf 13.313722 im Werthe von 5.689 685 Dollars; im Ganzen also 15,503,978 Stück im Werthe von 36. 176,55 Dollars.

Verkehrs⸗Anstalten.

New⸗York, 30. April. (V T. B. Der Hamburger Dampfer

Thuringia“ ist heute Morgen 5 Uhr hier eingetroffen.

Aus dem Wolff schen 1 ulda, Donnerstag, 1. Mai. Außer den preu ischen visgs n! und dem 3 Ketteler aus Mainz wohnt der Weih⸗ bischof Kübel, Verweser des Erzbisthums Freiburg, welchem die hohenzollernschen Lande angehören, der Konferenz noch bei. Der Schluß der Konferenzen findet wahrscheinlich morgen Vormittag statt. Am heutigen Vormittage wurden die Sitzun⸗ gen ausgesetzt; die Bischöfe statteten an dem heutigen 24. Jah⸗ restage der , , . des hiesigen Bischofs dem letzteren

ihren Glückwun ö . 6 ,,,, 30. April. Nach aus Rio de Janeiro eingegangenen Berichten vom 10. März ist der dortigen Kammer ein Gesetzentwurf, betreffend eine Reform der Nationalgarde vo⸗ gelegt worden. Das gelbe Fieber war fast ganz verschwunden.

= Die Revolution in Paraguay ist unterdrückt worden. . New⸗gJork, Mittwoch, 30. April. Ein offizieller Bericht der Regierung bestätigt, daß die Regierungstruppen den Modoc⸗

dianern gegenüber eine Schlappe erlitten haben. Die Truppen . 13 23. und 6 Verwundete. Der Bericht erklärt, daß

die Modoe⸗Indianer nicht vollständig zur Ünterwerfung gebracht

würden.

Königliche Schauspiele.

Freitag, 2. Mai. Opernhaus. (1093. Vorstellung ) Militaria. Ballet in 4 Bildern und seenischem Epilog von P. Taglioni. Musik von Hertel. Anfang 7 Uhr. Mittel⸗Preise.

Im Schauspielhause. (118. Abonnements⸗Vorstellung.) Ein Schritt vom Wege. Lustspiel in 4 Akten von Ernst Wichert. Anfang halb ??7 Uhr. Mittel⸗Preise. ;

Sonnabend, 3. Mai. Opernhaus. (104. Vorstellung.) Die Hochzeit des Figaro. Oper in 4 Abtheilungen mit Tanz. Musik von Mozart. Gräfin: Fr. v. Voggenhuber. Susanne: Srl. Lehmann. erubin: Frl. v. Bretfeld, als Debüt; Graf: Hr. Salomon. Figaro: Hr. Krolop. Anfang halb 7 Uhr. Mittel⸗

reise. '. 3. Schauspielhause. (II9. ,,,, Kabale und Liebe. Trauerspiel in 5 Akten von Schiller. Hr. Delmonico vom Stadttheater in Cöln: Miller, als Gast. Anfang halb 7 Uhr. Mittel⸗Preise. .

Die in den Königlichen Theatern gefundenen Gegenstände können von den Eigenthümern innerhalb 4 Wochen bei den Hauspolizei⸗Inspekloren Schewe (Opernhaus) und Hoff⸗ meister (Schauspielhaus) in Empfang genommen werden. Erfolgt die Zurückforderung der betreffenden Sachen in der angegebenen Frist nicht, so werden dieselben den Findern ohne Weiteres ausgehändigt.

Friedrich Adolf Trendelenburg,

am 24. Januar 1872 hierselbst verstorbenen Professor der Reer an der Friedrich⸗Wilhelms⸗Universität, widmete der R. u. St. Anz.“ bereits im Februar desselben Jahres (vergl. Bef. Beil. Nr. S vom 24. Februar 1872) einen Nekrolog zur Würdigung der wissenschaftlichen und praktischen Verdienste die⸗ fes Gelehrlen. Inzwischen hat Dr. Ernst Bra tuscheck= unter den Schülern des Verstorbenen hiezu besonders befähigt eine Biographie seines Lehrers geliefert: „Adolf Trendelen⸗ burg. Mit einer Photographie Trendelenburgs. Berlin 1873. F. Henschel', (22 Eeiten) = welche als würdiges Denk⸗ mal des Verstorbenen bezeichnet werden darf. Ein umfang⸗ reiches Material zu dieser Tebensbeschreibung war in Briefen und ähnlichen Dokumenten verstreut; doch ist es der anspruchslosen Darstellung , ö. anzumerken, auf wie mühsam nnener Basis dieselbe ruht. . ö . wie der gymnasialen Lehrthãtigkeit ange⸗ hörend war Dr. Bratuscheck die doppelte Seite Tr. schen Wirkens geläufig. Von der ersten Zeile an tritt die Urkundlichleit dieser Biographie dem Leser entgegen:; Schritt für Schritt fortschrei⸗ fend wird er anerkennend dieser Sorgfalt gewahr, der die Pietät immanent ist. Denn gerade dies Immanente der Pietät ist der kennzeichnende Zug der von Bratu⸗ scheck geleisteten biographischen Charakteristik: das Urtheil des Biographen tritt mit Selbstverläugnung zurück, und von keinem Fehler ist derselbe weiter entfernt, als von dem in solchem Falle so leicht begangenen, die Pietät zur geschilderten Persön⸗ lichkeit in den Vordergrund zu drängen. Wo aber das Urtheil besonders bei wissenschaftlichen Streitfragen hervortritt, ist es stets wohlbegründet, wenn auch im Einzelnen der Wider⸗ spruch Andersdenkender nicht ausbleiben wird. Die Biographie ist eine wissenschaftliche sowohl ihrer Methode als ihrem Inhalt nach; sie löst mit Glück die eigentliche und schwierigste Aufgabe einer Philosophen⸗Biographie: das Ineinandergreifen der per⸗ sönlichen Beziehungen und der philosophischen Bestrebungen des Mannes klar zur Anschauung zu bringen. Wie diese Wechsel⸗ wirkung, in der Leben und Wissenschaft bei Tr. stand, von Br. im Einzelnen dargelegt worden, verdient eben um deswegen be⸗ sondere Anerkennung, weil neben der Stetigkeit und Konsequenz von Tr's. geistiger Entwickelung und Wirksamkeit nichts so charakteristisch an ihm hervortritt, als seine geistige und eib liche Beweglichkeit: wohl war er frühreif“, nicht aber „frühfertig Bei der Gründlichkeit seiner Natüir war er umsomehr bedacht darauf, nicht vor der Zeit als ein Fertiger sich gegen das Fremde abzuschließen. Diese Ergänzungsbedürftigkeit nach Auhen bei einem so früh in sich gefesteten Charakter tritt uns in den Zügen der Bratuscheck schen Charakteristik wahrheitsgetreu, natur⸗ emäß entgegen. ö ö ger reich an Inhalt auf verhältnißmäßig geringem Raum ist auch in dieser Beziehung die Biographie ein Spiegelbild des Mannes, seines Wesens und seines Geistes. Kurze Analnsen der Werke, sowie der an der Berliner Uniyersttät seit 1833 gehaltenen Vorlesungen Tr.s werden gegeben, die besonders von seinen Schülern als sehr dankenswerther Bestardtheil des Buches betrachtet werden durften. Wer aber mit dem Bilde des unvergeßlichen Mannes, in dessen Wesen sachliche Schärfe und persoͤnliche Milde in so seltener Art sich durchdrangen, ver⸗ traut, die Züge desselben mit Freuden in dem treuen Spiegel⸗ bilde Br. s wiedererkennt, der wird weiter von der Fülle inter⸗ essanter Details aus dem äußeren Leben Tr. s, überrascht werden. Ein abgerundetes Idyll darf man die Darstellung von Tr. s Jugend⸗ und Schulleben nennen. Des jungen Trendelenburgs Abiturienten⸗Rede ist bereits eine Art logischer Untersuchung über das Wesen der Schule. Der klarsehende junge Mann stellt sich auf die Döhe eines selbstlosen, idealen Standpunktes in der Schulfrage. 3 Reise als Studirender nach Wien und DOesterreich wird von Br. mit anmuthiger Frische erzählt. Im späteren Verlaufe der Biographie tritt das wissenschaftliche Moment mehr hervor. Auch in politischer Beziehung hat sich Tr. manches Verdienst er⸗ worben, namentlich als Mitreformator des höheren Schul⸗ wesens. Dem Werke ist eine gelungene Photographie Trendelen⸗

burgs beigegeben.

Ueber die Brände, welche durch Spielen der Kinder und geistesschwachen Personen, sowie durch fahr⸗ lässiges Umgehen Srwachsener mit Streichzünd⸗ hölzchen entstehen.“)

ufolge Circulars vom 23. April 1872 sind dem Ausschusse der . öffentlicher Feuer⸗Versicherungs⸗Anstalten in Deutschland von 33 fr Anstalten die statistischen . über Zahl und Um⸗ fang der durch Spielen der Kinder und geistesschwachen Persenen mit Streichzündhölzchen entstandenen Brände und des Liesen Anstalten dadurch erwachsenen Schadens aus den 10 Jahren 862 bis mit 1871, und zwar von 21 Anstalten für die ganzen 10 Jahre, von den übrigen 12 fur 9 bis herab zu 3 Jahren eingesandt worden. Die Direktionen mehrerer anderen öffentlichen Anstalten vermochten zwar, weil darauf bezügliche statistische Aufzeichnungen nicht erfolgt waren oder die

) Aus den Mittheilungen für die öffentlichen Feuer⸗Versicherungs-

ahirung der Zahlen aus den Brandakten mit zu großem Zeitauf⸗ i e, . wäre, die gewünschten Nachrichten nicht zu liefern, bestätigten aber auch für ihre Bezirke das mehr oder minder häufige Vorkommen von Bränden aus der bezeichneten Ursache. Die Ergebnisse des eingegangenen Materials sind in den unten folgenden Tabellen zusammengestellt. Im Ganzen weisen dieselben für die 33 darin namhaft gemachten öffentlichen Anstalten aus den 10 Jahren seit 1862: 1843 Brände nach, welche erwiesen der wahr⸗ scheinlich auf diese Entstehungsursache zurüczuführen sind. Von diesen Bränden erheischten 1668 Entschädigungen für verbranntes Immobiliar durch die betreffenden öffentlichen Anstalten in Höhe von zusammen 136,576 Thlr; bei den übrigen 175 Bränden war entweder der Schaden an Immebiliar so geringfügig, daß eine Vergütung nicht eansprucht wurde, oder es wurden nur hei ,, Gefellschaften resp. gar nicht versicherte Gebäude und Mobilien be⸗ schädigt, wofür also die öffentlichen Anstalten nicht qufzukommen hatten. Die 59 der letzteren Brände ist übrigens unvollständig, da von den fr. 33 Anstalten 23 diejenigen in ihrem Bezirke entstandenen Brände, fär welche sie keine Entschädigung zu leisten hatten, gar nicht, auch einzelne von den übriger 19 Anstalten solche Brände nur insoweit verzeichnet haben, als dieselben in bei ihnen versicherten Gehöften ent= standen waren. Diejenigen 6 öffentlichen Anstalten, welche seit weni⸗ gen Jahren auch Mobiliar versichern und die betreffenden Angaben gemacht haben, hatten für derartige Brände Mobiliarentschãdigungen an 65 Versicherte in Höhe von 12,938 Thalern zu leisten. . Unter den obigen 1668 Bränden, welche Immobiliarentschädi⸗ gungen Seitens der betreffenden öffentlichen Anstalten erheischten, beschadigten 1515 Brände (die übrigen 155 Brände entfallen auf 3 Anstalten, für welche die bezüglichen Daten fehlen) zusammen 3555 Gehöfte, mit , der fehlenden 133 Brände mag die Zahl sich auf annähernd 3800 erhöhen. Durch 1567 Brände won 191 Bränden fehlen die Daten) sind 3811 Gebäude total zerstrt und 2393 Ge⸗ bäude theilweife bechädigt worden, und die Entschädigung dafür hat im Ganzen 13233, 162 Thlr. betragen. .

IJlus den Uebersichten geht eine nicht unbeträchtliche Zunahme der Zahl der beredeten Brände hervor.

Dieselbe betrug:

in den Jahren

7 7 2 85181 t= 8 5 5 856 0 .

j n j 81 85 75114108 107 136 13 116137 ; 31 * rig iz iii 14, 13 131i 535 ö lz 1s j73 159 317 231i isʒ 223 7 ri , , , .

bei den 21 Anst. d. Tabelle 1 22 II

167 246 226 19 252 272247 221.

52 v 75855530 55 262

6 w

iernach ist unverkennbar, namentlich in den letzten 4 Jahren seit 1568, die Zahl der fr. Brände erheblich gestiegen.

Zieht man, um einigermaßen einen Anhalt zur Beurtheilung des Verhaäͤltnisses der fr. Brandfälle zu dem Versicherungsumfange der betr. Anftalten resp. dessen Wachsthume zu gewinnen, die Versiche⸗ rungssumme (die Zahl der versicherten Gehöfte, welche hierzu den ver— läßlichsten Anhalt bieten würde, ist uns leider meist nicht bekannt) in Betracht, jo ergiebt sich Felgendes:

Im Ganzen ereigneten sich bei den betr. Anstalten Brande

mithin pro

109 Millionen

bei einer Immob.⸗ Vers. Summe von Millionen Thalern Thlr. Vers⸗Summe

in 1862/66 9, S5l

1867771 145779 1169 7,91

Die Zahl der auf 100 Millionen Thaler Versicherungssumme entfallenden Brände hat sich mithin in der zweiten 5jährigen Periode gegen die erste um 107 oder um 1564 Prezent vermehrt. .

Die Zahlen über die Jahreszeit der Entstehung der fr. Brände berechtigen zu der Folgerung, daß die Häufigkeit dieser Brände mit den Feldarbeiten in engem Zusammenhange steht. Die vier eigent⸗ lichen Wintermonate Dezember bis März, während welcher alle Feld⸗ arbeit ruht, weisen zusammen nur 83 Prozent aller Brände auf, mit beginnendem Frühjahr wächst die Zahl, geht nach Beendigung der Frühjahrs⸗Feldbestellung etwas zuruͤck, steigt dann aber von Monat zu Monat schnell bis zum September und Oktober. Die drei Ernte⸗ monate August bis Oktober figuriren mit 51,8 Prozent aller Brände, und am n ,, ist die Zeit der Kartoffelernte, welche vorzugs⸗ weise die Arbeitskräfte der sogenannten kleinen Leute auf dem Felde hält und durch das in vielen Gegenden ö, ,. Feldfeuer den unbeaufsichtigt bleibenden Kindern einen Anreiz zu ihren gefährlichen Spielereien mit Feuer giebt.

Abgesehen von den bedeutenden Verlusten an Hab und Gut, welche durch die fr. Brände , werden, haben dieselben noch die besondere traurige Eigenthümlichkeit, daß sie häufig genug Verluste an Menschenleben herbeiführen. Die aufsichtslosen kindlichen Urheber stehen gewöhnlich in dem ebenso urtheils⸗ wie hülfslosen Alter von ca. 2W— 8 Jahren, werden nicht selten von den auf Arbeit gehenden Eltern in die Stube eingeschlosffen und, kommen dann jn dem von ihnen erregten Brande um. Im Königreich Sachsen sind in den Jahren 1864 bis 1871 auf solche Weise 14 Menschen verbrannt oder erftickt, im Bezirke der Land⸗Feuer⸗Societät für das preußische Her⸗

ogthum Sachsen sind in den Fahren 1862 bis 1871 vier Kinder ver rannt und zwei erstickt, im Herzogthum Anhalt im Jahre 1868 zwei Kinder verbrannt. . ; ö ö J

Die in den tabellarischen Zusammenstellungen aufgeführten Brände bilden nun blos einen kleinen Bruchtheil der überhaupt in Deutsch⸗ land aus der hier in Rede stehenden Ursache hervorgehenden Brände. Die Immobiliar⸗Versicherungssumme der in den Tabellen genannten

überhaupt

Anstalten.

öffentlichen Anstalten betrug

im Durchschnitt der Jahre 1862 1864: 1716 Mill. Thlr. 1865 —- 1867: 242, ö

ö 2 „1868 - 1871: 3060 n

Dagegen hatten sämmtliche öffentliche Anstalten Deutschlands folgende Immebiliar⸗Versicherungssummen: ;

im BDurchschnitt der Jahre 1862— 1864: 4,600 Mill. Thlr.

. ;. 1865-18687: 4998 , . ö . 18681871: 5525 ö

Nimmt man an, daß bei den nicht in den Tabellen genannten Anstalten nach Verhältniß der Immobiliar⸗Ver e, , d, durch⸗ schnittlich ebenso viele Brände aus der fraglichen Ursache entstanden sind, wie bei den übrigen, so würde sich die Gesammtzahl dieser Brände für alle öffentlichen Anstalten Deutschlands wie folgt er⸗ mitteln:

2 2 2 .

Gesammtzahl der entschädigten Brände . bei den in den bei jämmtlichen Tabellen genannten öffentlichen Anstalten Anstalten. in ö

276 494 1011 1631

898 zusammen 1668 3382 :

Hierzu treten die Brände der fraglichen Art, für welche Entschä⸗ digung entweder gar nicht, oder nur von Privatgesellschaften zu leisten war. Diese Brände sind, wie oben bereits erwähnt, von der großen Mehrzahl der in den Tabellen genannten Anstalten gar nicht, von den übrigen derselben meist nur unvollständig verzeichnet worden.

Erwägt man endlich noch, daß auch die Privat⸗Feuerversicherungs⸗ Gesellschaften in Deutschland, namentlich in den Bezirken der öffent— lichen Anstalten ohne Beitritts zwang für die Gebäude, sowie in cig⸗ zelnen Gebieten, wo überhaupt keine ö Anstalt besteht, nicht unerhebliche Gebäudewerthe in Versicherung haben, so wird man schwerlich zu hoch greifen, wenn man die Zahl der in den letzten 4 Jahren durch Spielen der Kinder 2c. mit Streichzündhélzchen vor⸗ gekommenen Brände sür ganz Deutschland im Jahres⸗Durchschnitt auf mindestens 600 schätzt.

Jahre. 1862-64

1865 657 1868-71

schädigungen betrifft, so ist hierüber Folgendes zu bemerken. Die durch die in den Tabellen aufgezählten Brände den betr. öffentlichen Anstalten erwachsenen Vergütungen für zerstörte oder beschädigte Ge⸗ bäude betragen überhaupt 15369576 Thlr. gegenüber einer für die einzelnen Jahre zusammengerechneten Immobiliar⸗Vers⸗ Summe von M6527 Millionen Thalern und berechnen sich gc im Durchschnitt pro Mille. Versicherungssumme und Jahr auf 13 Groschen. Bei den sämmtlichen öffentlichen Feuerverfiche⸗= rungs-Anstalten in Deutschland, waren in den 10 Jahren 1862571 durchschnittlich jährlich 5091 Millionen Thaler für Immobiliar ver- sichert. Nach dem obigen Promille⸗Satze würden mithin in Deutsch⸗ land allein die von den Bffentlichen ,, in Folge der Brände durch Spielen der Kinder mit Streichzündhölzchen geleisteten Vergütungen für Gebäudeschäden in den gedachten 19 Jah— ren auf zusammen 2839090 Thlr, zu veranschlagen sein.

Diese Summe stellt jedoch nicht den ganzen Lurch die fraglichen Brände an den betreffenden Gebäuden herbeigeführten Schaden dar. Bekanntlich nöthigen selbst die öffentlichen Anstalten mit Zwangsrecht zur Gebäudeversicherung nicht überall zur Versicherung des vollen Tax⸗ werths, einzelne derselben, sowie die Anstalten ohne senes Zwangsrecht stellen die Höhe der Versicherung in das Belieben des Eigenthümers, und zwar theils unbeschraͤnkt innerhalb der Grenze des Taxwerths, theils beschränkt insofern, als sie allgemein oder für einzelne Ge⸗ bäudekategorien die Versicherung nicht über oder unter eine bestimmte Quote des Taxwerths (i, J, Sig, „is) resp. nicht über eine bestimmte Summe zulassen. Bei sehr vielen Gebäuden ist daher die Versiche⸗ rungssumme mehr oder minder niedriger als der Taxwerih und dem entsprechend auch die Entschädigung geringer als der wirkliche Scha⸗ den. Mit Rücksicht hierauf wird der volle, durch Brände der frag lichen Art verursachte Schaden an hei den öffentlichen Feuerversiche⸗ rungs⸗Anstalten in Deutschland versicherten Gebäuden in den 10 Jahren 1862 71 auf, mindestens 3 Millionen Thaler zu schäͤtzen sein.

Hierzu tritt dann der Schaden an dem bei den öffentlichen An⸗ stalten versicherten Mobiliar, sowie an den bei Privatgesellschaften versicherten und endlich an den gar nicht verficherten Gebäuden und Mobilien. Nimmt man hierfür, gering gerechnet, die gleiche Summe, wie für den Schaden an den bei den öffentlichen Anstalten versicherten Gebäuden, so erhält man als Betrag des durch Spielen der Kinder mit Streichzündhölzchen in Deutschland während der 19 Jahre 1862571 überhaupt entstandenen Brandschadens 6 Millionen Thaler.

Nun beschränkt sich aber das Unheil, welches die Streichzünd⸗ hölzchen verurfachen, nicht allein auf die durch Spielen der Kinder und geistesschwachen Personen mit solchen Zündhölzchen entstandenen Brände. Sehr piele Feuersbrünste werden auch durch fahrläfsiges Umgehen Erwachsener mit dem Material, durch Fortwerfen der n. chen in brennendem oder noch entzündbarem Zustande, durch Verlieren derselben verursacht. Insbesondere bleiben weggeworfene oder verlorene Phosphor⸗Streichhölzchen immer sehr gefährlich, weil sie durch irgend welche zufällige Reibung entzündet. werden unb so Veranlassung zu Bränden geben können. Mannigfache Erfahrungen bestätigen dies. So sind z. B. mehrfach Brände dadurch entstanden, daß dergleichen Zündhölzer mit den Getreidegarben in die Dreschmaschinen gerathen waren und beim Betriebe der Maschinen Feuer gefangen hatten.

Redaktion und Rendantur: Schwieger.

Berlin, Verlag der Expedition (Kessel.. Druck: H. Heiberg. Drei Beilagen (einschließlich der Bürsen⸗Beilage).

Was nun die durch die fr. Brände verursachten Vermögens be⸗

Erste Beilage

zum Dentschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

M 10M.

Neichstags⸗ Angelegenheiten.

Berlin, 1. Mai. In der gestrigen Sitzung des Reichs⸗ tags antwortete der Präsident des Reichskanzler⸗Amts Staats⸗ Minister Delbrück auf die Frage des Abg. Dr. Windthorst⸗ Meppen, ob in der Zwischenzeit seit der letzten Debatte im Bundesrath die Frage wegen der freien Eisenbahnfahrt für Ab⸗ geordnese zum Reichstag weiter gefördert worden sei:

Meine Herren! Seit der letzten Berathung dieser Frage im Reichstage sind von Seiten des Reichskanzler⸗Amtes Schritte geschehen, um zunächst auf den sämmtlichen Staatseisenbahnen diejenige Ein⸗ richtung herbeizuführen, welche in Bayern und Württemberg besteht, Ueber das Ergebniß kann ich jetzt eine positive Mittheilung noch nicht machen, ich zweifle indeß nicht daran, daß es den von dem Reichs⸗ kanzler⸗Amt gestellten Anträgen entsprechen wird.

In der Diskussion über die Petition des Pastor Mühe, die Sonntagsfeier betreffend, erklärte der Präsident Delbrück:

Meine Herren! Die hier vorliegende Frage ist im Schooße des Bundesraths noch nicht erörtert worden. Sie hat dagegen bei der preußischen Regierung bereits eine eingehende Erwägung gefunden, die zu ö nträgen bei dem Bundesrathe, wie ich vorausscetzen darf, führen wird.

Ich beschränke mich zunächst auf das hier vorliegende Thema, wie es sich in den Anträgen ausdrückt, nämlich auf die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter und Frauen. Bei den im Schooße der preußischen Regierung stattgefundenen Erwägungen ist der Gedanke der Sonntagßs⸗ ruhe nicht der leitende gewesen, sondern überhaupt die Frage, ob die Bestimmungen der Gewerbeordnung üher die jugendlichen Arbeiter ausreichen, und zwar nach zwei Seiten, ob sie erstens materiell genügen, und zweitens, ob fie genügend ausgeführt werden, und sodann, was die Frauen betrifft, ob es sich 1 empfiehlt, in Beziehung auf ihre Verwendung bei gewerblichen Arbeiten gesetzliche Bestimmungen zu treffen, denn solche gesetzliche Bestimmungen find in der Gewerbe— ordnung nicht vorhanden.

Was die erste Frage anbelangt, die der Beschäftigung der jugend— lichen Arbeiter, so hat man geglaubt, in Beziehung auf diese Frage bereits mit einzelnen BVorschlägen hervortreten zu können. Eni— scheidend dabei sind freilich Einrichtungen, welche die Ausführmng der in dem Gesetz enthaltenen Vorschriften garantiren, und es wird im Großen und Ganzen, wenigstens soweit von Preußen gesprechen werden kann, anzuerkennen sein, daß es an den geeigneten Organen für die Ueberwachung der Ausführung dieser Vorschriften vielfach mangelt. Es handelt sich bei der Kontrole der Vorschriften über die jugend— lichen Arbeiter um eine Art von Kontrolle, die über die gewöhnliche, wenn ich so jagen soll: mech anische Polizeikontrolle binausgeht, die in . von Personen liegen muß, welche selbst durch ihre ganze Bildung den gewerblichen Verhältniffen näher stehen, welche zu den Betheiligten, ö zu den Fabrikherren als den Fabrikarbeitern, sich in ein bersönliches Verhältniß setzen können und so auch schon durch ihren Einfluß und ohne den hel i n anzu⸗ gehen, dahin wirken können, daß die bestehenden Vorschriften im ÄAll— r richtiger durchgeführt werden, als es bis jetzt vielfach der

all ist.

Was dagegen die Frage der Frauenarbeit anbelangt, so ist wenig⸗ stens die preußlsche Regierung auf Grund des Materials, welches ihr vorlag, nicht in der Lage gewesen, jetzt schon sich darüber schlüfsig machen zu können, ob und was gesetzlich vorzuschlagen sei. Und es

ist deshalb im Schooße der preußischen Regierung felbst der Gedanke

angeregt worden, der auch hier in den verschiedenen Anträgen seinen Ausdruck gefunden hat, über diese Frage eine Enquete zu veranftal—⸗ ten, gerade eine Enguete auch aus der Rücksicht, weil in Beziehung auf diese sehr vielseitige und sehr von lokalen Verhältnissen beein— flußte Fratze lediglich aus der schriftlichen Vernehmung der bethei⸗ ligten Provinzial-⸗Behörden schwerlich ein allseitig genüͤgendes Mate⸗ rial zu erhalten sein würde.

= Ueber die Denkschrift, betreffend die Entwickelung der Kaiserlichen Marine, bemerkte der Präfident Delb rück:

Es ist, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, am Schlusse des Schreibens durch welches diese Denkschrift dem Reichstage vorge— legt ist, bemerkt worden, daß der Bundesrath beschlossen habe, die für das Jahr 1873 und 18574 nach Maßgabe der Denkschrift erforderlichen Mittel auf die reservirten 1 Milliarden der französischen Kriegskoften- Entschädigung zu übernehmen, dagegen die Mittel fur die künftigen Fahre im gewöhnlichen Laufe des Etats zur Bewilligung zu bringen und es war daran die Bemerkung geknüpft worden, daß da ja ohnehin, wie nicht zweifelhaft sein kann, ein Gesetz über die Dispo—⸗ sition der französischen Kriegsentschädigung, soweit sie noch nicht ge— troffen ist, vorgelegt werden wird daß alsdann dieser Gegenstand damit in, Verbindung gebracht werden könnte. Es ist damit selbst— verständlich der Frage dem Hause gegenüber nicht präjudizirt, ob es vorgezogen wird, was schließlich Sache der Form ist, die Ausgaben, die das Haus extraerdinär auf Grund der Benkschrift für 1875 und 1874 bewilligen will, in den Nachtrags⸗Etats für 1873 und den Etat für 1874 mit der entsprechenden Einnahme aus den reservirten 13 Mil⸗ liarden einzustellen, oder ob sie durch ein besonderes Gesetz genehmigt werden sollen. Die sachliche Erörterung der Denkschrift wird, wie ich glaube, und wie der Herr Präsident schon bemerkt hat, in Verbindung mit dem Marine⸗Etat zu erfolgen haben.

Landtags Angelegenheiten.

Berlin 1. Mai. In der Sitzung des Herr enhauses am 29. v. M. erklärte der Minister der geistlichen 2c. Angele⸗ genheiten Dr. Falk in der Diskussion über den Gesetzentwurf, betreffend die kirchliche Digziplinargewalt 2. über das zu §. gestellte Amendement des Grafen Krassow:

Ich will doch das Hohe Haus bitten, das Wort „Suapension“ stehen zu lassen. Was der Herr Graf Krassow zuletzt zum Ausdruck brachte, ist richtis. Es handelt sich nicht um eine Suspension, die als Vorläufer einer Kriminal-Untersuchung eintreten kann, fondern um eine Strafart. Die Strafe der Suspension ist in der katholischen

Kirche allerdings ein Strafmittel; daß es auch als Zuchtmittel wirken

kann, versteht fich von selbst, und der Charakter des Zuchtmittels wird namentlich hervortreten, wenn die Suspension, die mit der Entfernung vem Amte verbunden ist, nicht zu lange dauert. Außerdem besteht die Suspension auch als Strafe in der evangelischen Kirche, z. B. in der hessischen Kirche, wo die Strafe der Suspension auf eine bestimmte Zeit hne daß gerade eine bestimmte Linie für ihr höchftes Maß in der Praxis bisher ge. worden wäre besteht. Es ist alsö 1 begründet, daß die Suspension unter den Strafarten zu nennen ist.

Was die Einschaltung des Wortes „unfreiwillig“ vor Entfernung! betrifft, jo glaube ich, kann das Wort entbehrt werden. Es handelt sich dabei ahgesehen von der unfreiwilligen Emeritirung ja nur um Disziplinarstrafen, also um unfreiwillige Entfernung.

Zu. §. 5 erklãrte der Staats⸗Minister Dr. Falk:

Wenn in der ersten Zeile des 8. 5 die Strafe der 2 entziehung steht, so ist das die kirchliche Disziplinarstrafe der Freiheits⸗ entziehung, wie das n nn,. zeigt, gemeint. Ueber deren Voll- streckung bestimmt der zweite Abfatz das Weitere, und hier wird gesagt, diese Strafe darf nicht vollstreckt werden, es sei denn, daß der Be= treffende mit der Strafe einverstanden ist. Sonst ist sie wirkungs⸗ los. Das ist der Sinn des Paragraphen.

fagte. geordnetenhauses, der durch die Zeitungen gegangen sei ich kann die

den drei Lesungen, we

Donnerstag, den 1. Mai

Ferner:

Ich möchte den Herrn Grafen von Brühl in dieser Beziehung nur beruhigen. Wenn eine Demeritenanstalt mit einer Emeritenanstalt verbunden ist, und die Demeritenanstalt aufhört, so bleibt allein die Emeritenanstalt übrig.

Zu 5. 9 äußerte derselbe Minister:

Sie sehen, ich bin dazu bereit. Was den §. 38 betrifft, so ist zweifelloz, daß hier alle diejenigen Rechte, die der hächsten Staate⸗ gewalt zustehen, in ihrer Eigenschaft als höchster Kirchengewalt, gar nicht berührt werden, daß vielmehr nur diesenigen getroffen find, welche sie als Staatsgewalt hat. Derartige giebt es allerdings, wohl wenige in unseren öftlichen Previnzen, aber mehr anderswo, z. B. in der Provinz Hannover, wo Disziplinar⸗Erkenntniffe gegen reformirte Beistliche bestätigt werden müssen, und wo in Bezug auf die Stellung der lutherischen Geistlichen in diesem Punkte noch Streit besteht. Das ist, der Sinn des 5§. 38, und ich glaube, daß ich inso—⸗ weit mit Herrn Grafen von Krassow üÜübereinstimme. Was nun den 5. 9 betrifft, so ist gegenüber dem einen hervorgehobenen Falle zu bemerken, daß, weil die betreffende Persön⸗ lichkeit die Llllerhöchste Genehmigung zu ihrer Anstellung erhalfen hat, diese auch zu ihrer Entlaffung eintreten muß. Das hat nur formelle Bedeutung. So liegt die Sache auch jetzt schon. Denken Sie sich einmal den Fall: es handelt sich um die Entlassung eines Superin⸗ tendenten, und eg wollte der betreffende Superintendent nicht aus dem Hause heransgehen; da ist der weltliche Arm erforderlich, und es geht jetzt das Konststorium mit seinem Schreiben an die Regierung, weil es nicht den weltlichen Arm hat. Nur in der Provinz Brandenburg liegt die Sache anders. Die Regierung schickt einen Exekutor hin, um den betreffenden Superintendenten herauszuwerfen. Nach dem Entwurfe soll dabei der Ober -Präsident mitwirken. Das ift für die sen einen Fall die einzige Aenderung der ganzen Sache; denn Sie werden doch wohl nicht glauben, daß, wenn Se. Majestät als Aller⸗ höoͤchster Bischof ein Urtheil bestãtigt dann von Staats wegen durch den Ober-⸗Präsidenten ein Bedenken dagegen zu erheben sein wird.

In der Diskussion über §§. 10 und 11 nahm der Staats⸗Minister Dr. Falk nach dein Abg. v. Kleist⸗Retzow das Wort:

Dieser Punkt ist in der Generaldiskussion von Seiten mehrerer 66 Redner behandelt worden, und ich würde vielleicht um diefes è ,, willen mich veranlaßt gefunden baben, in der General- Viskussion zu sprechen wenn ich nicht durchaus mit dem Herrn Mi⸗ nister⸗Präsidenten der Meinung gewesen wäre: es verhandest fich hier am besten, wenn man lediglich sachlich verhandelt. In der General⸗ Diskussion wäre ich vielleicht genöthigt gewesen, Perssnliches mit Persönlichem zu erwidern; in dieser Spezlal⸗Diskusston, glaube ich, kann ich davon absehen.

Man warf diesem Paragraphen vor, er illiminire die Digzipli⸗ nargewalt der Kirche durch die Staatsgewalt und erfetze dieselbe durch die Staatsgewalt. Es ist das eine, wenn auch äußerlich leicht zu findende, doch große Entstellung der Sache. Nicht darum han— delt es sich, sondern einfach um diejenigen Dinge, welche nöthig sind, Exzesse der Disziplinargewalt unschäͤdlich zu machen. Der Eat⸗ wurf hat auch hier den sonst bethätigten, ganz bestimmten Boden festgebalten; nach den hier zur Verhandlung stehenden 55. 10 und 11 hat eine pofttive Entscheidung in kirchlichen Dingen nicht statt, son⸗ dern nur eine negative; es kann nur gesagt werden die kirchliche Ent⸗ scheidung ist Uarecht aus bestimmten Gründen, und dann mag die kirchliche Behörde unter andern Gesichtspunkten, wenn kein richtiger Grund gefunden wird, anderweitig entscheiden.

Was 5. 11 betrifft, so darf ich wohl zunächst an⸗ knuͤpfen an daz, was der Herr Ober⸗Präsident v. Kleist zul ft

Er berief sich auf einen Vorgang in der Kommission des Ab⸗

Zeitung gleich nennen auf die Kreuzzeitung. Ich habe auch in diesem Blatte gelesen, daß seiner Zeit der usch wegen Lehre und Kultus aaf ausdrückliches Verlangen des Vertreters der Staatsregie— rung beseitigt worden sei; derselbe habe erklärt, das Amendement geht zu weit. Gleichviel was ich von dem Amendement denke ich komme ja darauf zurück das ist nicht richtig; die Sache war die, daß in der ersten Lesung ein Amendement den Bei= fall. der Kommission des Aobgeordnetenhauses gefunden hatte, dahingehend, daß, wenn die Entscheidung etwa aus rechtlichen oder thatsächlichen Gründen unrichtig sei, Berufung zustehe, dieselbe solle sich nur nicht beziehen auf Lehre und Kultus. Der erste Satz ging weit über die Intentionen der Staatsregierung hinaus, machte wirk— lich dasjenige wahr, was hier von dem jetzigen Inhalte der Vorlage behaup et wurde, machte den Gerichtshof zur höchsten Diszsplinar— instanz mit der hervorgehobenen einen Beschränkung Das war der Staatsregierung zu weitgehend und dem Satz gegenüber ist das Wort, welches in der Zeitung abgedruckt ist, gefallen, also gegenüber der Hauptsache, nicht geg nüber dem Nebenpunkte.

Ich bin allerdings in der Lage, es als zweifelloz anerkennen zu müssen und wer konnte das bestreiten? daß der Gerichtshof, weil er ein staatlicher ist, gar nicht in der Lage ist, dar— über irgend eine Entscheidung zu treffen: das ist nicht Dogma der Kirche, und das ist aich Kultusakt, oder umgekehrt, wenn die Kirche den Satz oder den Akt selbst dafür an— erkannt oder nicht dafür anerkannt hat. Das liegt völlig außerhalb der Entscheidung dieses Gerichtshofes. Ich kann aber auch nur be— kennen, wenn ich ruhig und gewissenhaft den Wortlaut des Para⸗ graphen prüfe, so muß ich sagen: es ist nicht das Geringste in diesem Satz vorhanden, was berechtigte dennoch zu folgern, es solle der Ge⸗ richtshof Urtheile machen über Lehre und Kultus. In drei Fällen soll nach Nr. 1 des 8. 11 und um diese Nummer handelt es sich allein die Berufung zulässig jein. Erstens, wenn ein Gesetz des Staates verletzt ist. Nun, die Staatsgesetze be⸗ stimmen überall nicht, waz Dogmen und Kultushandlungen sind und sein sollen, sondern das ist Sache der Kirche. Zweitens, wenn allgemeine Rechtsgrundsätze verletzt sind. Allgemeine Rechts⸗ rundsätze sind aber diejenigen nur, die auf allen Rechtsgebieten ohne

usnahme, nicht blos auf dem Gebiete des kirchlichen Rechts gelten. Es steht eben das Wort „Allgemein- da und man darf das Wort nicht. überlesen und blos von in, , sprechen. Ich wünschte, daß Sie die Güte hätten, den Bericht der Kom⸗ mission des Abgeordnetenhauses einzusehen, wo die verschie⸗ denen Nüancen der so zahlreich zu diesem Paragraphen gestellten Amendements einer eingehenden Kritik und Erörferung unter⸗ werfen wurden. Bei dieser Fassung ist man ausweislich des Berichts 9 aufs Deutlichste bewußt gewesen, durch die Einschaltung des

ortes allgemein“, gerade die Rücksicht auf die Kirchenordnungen u. dergl. auszuschließen, was ein anderer Antragsteller mit einer an— deren Fassung allerdings gewollt hatte. Ich darf hier gleichzeitig einfügen: der err Graf Krassow hob in einer seiner ersten . eden hervor, daß sich die Kompetenz des Gerichtshofs auch auf Dogma und Kultushandlungen erstrecke, das sei in jener K auch gesagt worden. Ja, etwas Achnliches habe ich in dem Bericht auch gefunden; ich muß aber bemerken, das war unter e die Kommission gehalten hat, zur ersten Lesung vorgekommen und war auch dort schon als Ansicht, der man keine Folge zu geben habe, Seitens der Majorität der Kommission gekennzeichnet worden. Wenn Sie zu diesen beiden Fällen den dritten Fall hinzudenken, so wird Ihnen das klar sein, daß auch darin ein Widerspruch mit meiner Auffassung nicht liegt. Es handelt

1873.

sich hier weder um einen Rechtssatz dogmgtischen Satz, sondern einfach um die rüfung der Thatsachen, und vor allen Dingen und 6 . allein um die Frage, ob überhaupt nicht etwas als bewiesen angenommen wird, was jsonnenklar nach den Akten nicht bewiesen ist, oder umge⸗ kehrt. Auch gegen eine derartige Annahme wollte die Vorlage einen Schutz gewähren. Ich glaube bemerken zu dürfen, daß Sie hieraus auch folgern dürfen, daß der Punkt „der klaren thatsächlichen Lage“ nicht enthalten ist in dem Punkte der „Rechtshrundsäße“ * 6m Rechtsgrundsatz ist eine Abstraktion. während man hier die That— sachen allein zu würdigen hat. Daß es so sehr schwierig wäre, die klare thatsächliche Lage zu würdigen, möchte ich nicht behaupten; die⸗ nizen Herren, welche in einem preußischen Gerichtshofe sitzen, der mit einem bekannten altpreußischen Rechtsmittel befaßt ist, werden nach meiner Ueherzeugung hinlänglich im Klaren sein, wie diefe Dinge zu behandeln sind. ; Ich knüpfe hierbei an einige Befürchtungen an, die Herr v. Kleist geäußert hat über die Thätigkeit des Gerichtshofes. Er hat gesagt: wenn dem auch so sei, so würde dennoch der Gerichtshof, weil er in dogmatischer Beziehnng in Differenz sich befände mit der Auffassung der Kirchenbehörden, weil er in dieser Beziehung dem Angeschuldigten Recht, gäbe, sich, verleiten, lafsen, diefe persönlich? Meinung in sein xichterliches« Urtheil hinüber zu tragen. Meine Herren, eine derartige Argumentation beweist nur das Eine, daß Herr v. Kleist nicht in einem preußischen Gerichtshofe geseffen hat, denn ich sollte wirklich meinen, daß derartige Differenzen in solchen nicht selten, sendern häufig vorkommen, daß der Richter oft genug in der Lage sein wird, sich zu sagen, wenn ich nicht an Eid und Gesetz gebunden wäre, sondern entscheiden konnte, wie ich wollte, so würde ich so entscheiden; da ich aber dem Eid? und dem BGesetz Folge geleistet habe und nicht meiner subjektiven Meinung, so folge ich so sehr ich dies auch bedauern mag, nicht diefer, sondern jenen. Meine Herren! Die Staatsregierung hat alle Urfache, die Mitglieder des kirchlichen Gerichtshofes so auszuwählen, daß er nicht hinter unseren übrigen Gerichtshöfen zurücksteht, und daher darf man von dem Gerichtshofe, obwohl er noch nicht einmal geschaffen ist, nicht besergen, daß derartige Befürchtungen Über feine Thätigkeit begründet sind. ö Nun habe ich aus den Worten des Oerrn von Kleist entnommen, daß er jelbst es nicht für ein zwingendes Bedürfniß hält, den Satz aufzunehmen, der in dem Amendement des Herrn Grafen von Krassow am Ende enthalten ist. Er bediente sich des Ausdrucks: es folle dieser Satz nur eine Mahnung an die Gewissen der betreffenden Richter sein, daß sie sich erinnern, nicht etwa subjektives perssnliches und objektives Befinden mit einander zu vermergen. Meine Herren! Ich glaube, nach dem, was ich gesagt habe, brauchen unsere preußischen Richter einen solchen Hinweis, den nur das Mißtrauen diktirt hat, nicht. Es ist aber ferner ein allbekannter Grundfatz, daß man Bestimmungen, die nicht nöthig sind und nach dem, was ich gefagt habe, wurde der Satz nicht nsthig sein nicht in Gesetze aufnimmt. Ich bin in der Lage, diesen Satz für den vorliegenden Fall des Näheren zu belegen. Es soll nach dem Amendement des Herrn Grafen von Krassow die Entscheidung über Lehre und Kultus von der Berufung ausgeschlossen sein; daß das insowęit es sich darum handest, anzu⸗ erkennen und zu bestimmen: was ist Lehre und was ist Kultus, durch den Wortlaut des Paragraphen ausgeschlossen ist, habe ich bereits ausgeführt; wird es gusdrücklich hinzugefügt, fo müß man den Worten eine größere Tragweite beilegen und man kommt dabei in die Situation, zu meinen, daß der Schluß eine Beschränkung des Vorangegangenen gebe; daß eine Ausnahme angedeutet wird von denjenigen Faͤllen, in welchen es sich um die Verletzung der Gesetze des Staats handelt. Ich will nicht auf den von Herrn von Kleist vorgetragenen Fall, der auf die dogmatische Seite verweist, näher eingehen; ich meine, der Fall wird nicht in der Weise ausgetragen werden, wie hervorgehoben wor— den ist, sondern in der ganz anderen Weise, über die gegenwartig im

noch um einen

Nachbarhause verhandelt wird, wobei ich, ob der dort angezeigte Weg durchweg richtig ist oder nicht, dahin gestellt sein lasse. Ich möchte wehl die Staatsregierung sehen, die einen andern Weg betritt und jetzt noch mit Zwangsmaßregeln gegen solche Geistliche vorgeht. Da— gegen will ich Fälle geltend machen, wo durch Kultushandlungen Die Staatégesetze verletzt werden.

Um solche bekümmert fich die Staatsgesetzgebung allerdings nicht, insofern es sich um Bestimmung solcher als Kultushandlungen einer Kirche handelt, wohl aber insofern, als sie die Ausübung gewiffer Kultushandlungen nicht duldet. Ich habe bereits bei der Diskusston über die Aenderung der Verfassungs-Paragraphen in dieser Richtung ein Beispiel angeführt, und weil hn. es damals schon gethan babe, will ich es heute wiederbelen. Es ist in unse— rem bekannten Vereinsgesetz gesagt: Prozessionen dürfen nur da ohne polizeiliche Erlaubniß stattfinden, wo sie hergebracht sind, sonst muß die polizeiliche Erlaubniß eingeholt werden, und wird fie nicht ertheilt, so trete Strafe ein. Nun nehmen Sie den Fall an: ie Polizei⸗Behörde verbietet danach die Prozession, der Geistliche ge⸗ horcht dem Befehl, der Obere befiehlt, dennoch die Prozesston zu halten, der Geistliche kommt nicht nach, und nun zieht ihn der Obere zur Disziplinar⸗Untersuchung und bestraft ihn vielleicht mit der harten Strafe, um die es sich Hier handelt, blos weil der Geistliche dem Staatsgesetze gefolgt ist. Das will das Gesetz nicht leiden, in einem solchen Falle soll dem Geistlichen das Recht gewährt werden, an den Staat zu gehen, er soll geschützt, werden. Ein zweiter Fall, der vielleicht noch konkreter ist, ist folgender. Sie kennen den bekannten Kanzel-⸗Paragraphen, es giebt aber neben dem Kanzel-Para⸗ graphen auch andere Vorschriften, die auf die Reden auf der Kanzel angewendet werden können und doch nicht unter diese Bestimmung fallen. Die Hirtenbriefe der Bischöfe können also Momente enthal⸗ ten, die, wenn sie auf der Kanzel verlesen werden, den Thatbestand einer Handlung darstellen, der unter das Strafgesetz fallt. Diese Hirtenbriefe sind zunächst einfache Publikationen, aber je länger je mehr haben sie den Inhalt ernster Ermahnung und Erbauung angenommen gegenüber der großen katholischen Kirchengemeinde, und aus diesem Gesichtspunkte ist es eine sehr nahe liegende Auffaffung, daß die Ver⸗ lesung eines derartigen Aktes im Gottesdienste die Stelle der Predigt vertritt und als Moment des Kultus angesehen wird. In der That scheint diese Auffassung selbst von bischöflicher Seite als eine berech⸗ tizte angesehen zu werden, wenigstens sprechen Konsequenzen dafür, welche nach anderen Richtungen gezogen worden sind. Nun weigert sich ein Geiftlicher, durch Verlesung des Hirten briefes gegen das Staatsgesetz zu handeln, er wird disziplinarisch bestraft, weil er dem Bischofe nicht folgte, und so liegt dieser Fall gerade wie der an⸗ dere; es handelt sich wiederum um eine Kultushandlung, deshalb ist es nicht möglich, einen Satz aufzunehmen, der eine solche Auslegung gestattet, die Auslegung, daß in derartigen Fällen der Ge⸗ richtshof nicht angerufen werden dürfe.

Immer muß ich wiederholen: Es Fönnte vielleicht gerechtfertigt gewesen sein, nach der ersten Fassung Fer Regierungsvorlage auf den Gedanken zu kommen, daß der Stagtsgerichtshof mit materieller Ent⸗ scheidung über Lehre und Kultus sich befassen würde, nachdem aber die Fassung so gewonnen ist, wie sie hier vorliegt, muß ich meinen, daß eine solche Ansicht grundlos ist. Man war sich nicht mehr klar, 6 die Beschlüsse des Abgeordnetenhauses die Sache sich we⸗ sentlich geändert hat. Was nun diese Beschlüsse betrifft, so glaube ich, diejenigen Herren, welche diese Gesetze zur Annahme geführt wün⸗ schen, auf folgenden Umstand verweisen zu müssen. Lesen Sie den Kommissionsbericht des Abgeordnetenhauses und Sig werden finden,

daß nach der allerangestrengtesten und mühevollsten Arbeit nicht blos

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