1873 / 119 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 20 May 1873 18:00:01 GMT) scan diff

enthalten. Die Steuervergütung wird nur gewährt, wenn min⸗ destens 687sn0 Liter auf einmal und zwar in Flaschen oder Glä⸗ fern von einerlei Größe ausgeführt werden. Die Größe der Flaschen und Gläser ist probeweise zu ermitteln. Die Ausfuhr⸗ vergütung wird unter Annahme eines Alkoholgehalts von 50 Prozent bewilligt, wenn bei der Anmeldung versichert wird, daß der Spiritus (eau de cologne u. s. w.) mindestens diese Alkoholstãrke besitze und eine der Steuerverwaltung freistehende Probeermittelung kein geringeres Ergebniß liefert. Will der Fabrikant die Ausfuhrvergütung nach dem wirklichen Alkohol⸗ gehalte in Anspruch nehmen, so ist bei der Anmeldung hierauf befondes anzutragen und findet dann stets eine probeweise Fest⸗ stellung der Alkoholstärke statt.

Der Reichstag nahm im ferneren Verlaufe seiner ge⸗ strigen Sitzung den Bericht der Delegirten zu der Kommission für Errichtung eines Reichstagshauses entgegen. Ihr Antrag ging dahin, daß der Reichstag den Grund und Boden des Kroll⸗ schen Etablissements am Königsplatze hierselbst nebst den ihm angrenzenden Terrain als die geeignetste Stelle für die Errich⸗ tung des Reichstagsgebäudes ansieht, und die Erwartung aus⸗ spricht, daß die verbündeten Regierungen in einen Nachtragsetat für das Jahr 1873 eine dem wirklichen Werthe des Objektes entsprechende Summe für die Erwerbung desselben aufnehmen

werden. Hierzu hatte Abg. v. Unruh (Magdeburg) folgendes Amen⸗ dement 8 „Der Reichstag behält sich aber seine definitive Entschließung über die Erwerbung dieses Platzes bis nach Eingang einer amt⸗ lichen Vorlage über den mit dem preußischen Fiskus zu vereinba—⸗ renden Preis vor.

Nach längerer Diskussion wurde sowohl der Kommissions⸗ antrag, wie das Amendement von Unruh verworfen, und in namentlicher Abstimmung mit 152 gegen 87 Stimmen folgender Antrag der Abgg. von Denzin und Schleiden angenommen:

„Der Reichstag wolle beschließen, zu erklären, daß derselbe den Grund und Boden des Krollschen Etablissements am Königsplatz hierselbst nebst dem angrenzenden Terrain als die geeignete Stelle für Errichtung des Reichstagsgebäudes nicht ansieht und die Kom⸗ mission beauftragt, noch vor Schluß des Reichstags den einen oder den andern Vorschlag zu machen, dabei dem Terrain hinter dem Kriegs-Ministerium und dem Herrenhause, sowie dem Terrain der Universität ihre besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden und zu unter⸗ suchen, in welcher Weise die diesem Plan entgegenstehenden Schwie⸗ rigkeiten zu beseitigen sind.“

Hierauf vertagte sich das Haus um 4 Uhr bis heute 101 Uhr.

In der heutigen (36.) Sitzung des Reichstages waren am Tische des Bundesraths die Staats ⸗Minister Delbrück, von Kameke und mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundes⸗ rath anwesend. Das Haus trat sofort in die dritte Berathung des Gesetzentwurfes wegen Gewährung von Geldmitteln zur Umgestaltung und Ausrüstung der Reichsfestung en ausschließ—⸗ lich derjenigen in Elsaß⸗Lothringen ein, und wurde der Entwurf nach kurzer Debatte in der Fassung der zweiten Lesung ange⸗ nommen. Zweiter Gegenstand der Tagesordnung war folgender, von den Abgg. Dr. Tellkampf, von Unruh (Magdeburg), Dr. Braun (Gera), Augspurg und Dr. Kapp vorgelegter An⸗ trag, betreffend die Vorlage eines Gesetzes über das Bank⸗ wesen: „Der Reichstag wolle beschließen; den Herrn Reichskanzler auf⸗ zufordern, in ge nn ; nr r 4, Nr. 3 und 4 der Reichs⸗ verfassung und in Verfolg des Gesetzes vem 27. März 1879, betref⸗ fend die fernere Ausgabe von Banknoten, baldmöglichst ein Gesetz kber das Bankwesen vorzulegen, durch welches die Cirkulation nicht mit Metall gedeckter Noten regulirt und begrenzt, über die Befug⸗ zur Ausgabe vollgedeckter Noten e n ,, getroffen und die Frage, ob und unter welchen Bedingungen eine Reichsbank errichtet

den soll, entschieden wird. . . . Pr. Tellkampf den Antrag motivirt hatte,

gab der Bundes ⸗Kommiss ar Geheimer Qber⸗Regierungs⸗Rath Pr. Michaelis die Erklärung ab, daß die Reichsregierung, von der Rothwendigkeit eines solchen Gesetzes überzeugt, sich der Aus⸗ arbeitung eines bezüglichen Entwurfes unterzogen habe, welchen sie in der Lage sein würde, dem Reichstage in seiner nächsten Session vorzulegen. Nach längerer Diskussion, welche sich namentlich um die Frage der Errichtung einer Reichs⸗ bank bewegte, wurde der Antrag mit sehr erheblicher Mehrheit angenommen. Der Antrag der Abgeordneten Petersen, Fr. Völk und Genossen auf baldmöglichste Vorlegung eines Ge⸗ setzentwurfs über den Schutz der Fabrik⸗ und Waaren⸗ zeichen wurde, obwohl der Bundes⸗Kommissar Geh. Regierungs⸗ Rath Weymann erklärte, der Bundesrath sehe die Nothwendigkeit eines solchen Gesetzes nicht ein, angenommen, Hierauf vertagte sich das Haus um 14 Uhr und beraumte die nächste Sitzung auf Freitag 2 Uhr an.

In der heutigen (36.) Sitzung des Herrenhauses! welcher der Präsident des Königlichen Staats⸗Ministeriums, Graf von Roon, und mehrere Kommissarien der Königlichen Staatsregierung beiwohnten, und welche durch den Präsidenten Grafen Otto zu Stolberg⸗-Wernigerode um 104 Uhr eröffnet wurde, wurde zunächst die Petition des Pfarrer Brzos ka zu

Osterode erledigt, welcher ,, ,, ö a) daß die Gestellung von Raturalfuhren zu den Lokalschul.

revisionen aufgehoben und, den Lokal und Kreis⸗Schulinspektoren eine entsprechende Entschädigung für die auf eigene Kosten auszu⸗ führenden Revisionsreisen aus der Staatskasse zugesprochen werde;

P) daß den Lokal- und Kreis-Schulinspektoren als unmittelkaren Staatsbeamten ein angemessenes Gehalt aus der Staatskasse be⸗

willigt werde. Der Berichterstatter Graf von der Schul enburg⸗An⸗

gern stellte Namens der Kommission den Antrag: die Petition Ber Königlichen Staatsregierung als Material bei Erlaß des Unterrichtsgefetzes, resp. zur sonstigen Erwägung zu überweisen.

Hierauf verlas der Präsident des Königlichen Staats⸗Mini⸗ steriums, Graf von Roon, folgende Allerhöchste Botschaft:

Allerhöchste Ermächtigung. Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc.

haben auf Grund des Artikels 7 der Verfassungs⸗Urkunde hom 31. Januar 1850 den Präsidenten Unseres Staats ⸗Mini⸗ steriums Grafen von Roon beauftragt, die gegenwärtige Sitzung der beiden Häuser des Landtages Unserer Monarchie am 20 d. M. in Unserem Namen zu schließen. Wir fordern demnach beide Häuser des Landtages hierdurch auf, zu diesem Zwecke an dem gedachten Tage um 2 Uhr Nachmittags in Un⸗ serem Residenzschlosse zu Berlin zusammenzutreten.

Gegeben Berlin, den 19. Mai 1873.

Wilhelm. . Graf v. Roon.

Demnächst setzte das Haus die unterbrochene Berathung der Petitionen fort. Eine Petition der Bürgermeister des Land⸗ Freises Eupen, um Aufbesserung ihrer Lage, beantragte der Be⸗

Verfügung d und des Kultus-Ministeriums vom 19. April 1873, betreffend die Reviston der Kirchspiel⸗Schulkassen durch Organe des Kirchen⸗ patrons, beantragte die Kommission auch Uebergang zur Tages⸗ ordnung, das Haus beschloß jedoch, diese Petition der Königlichen Staatsregierung zur Berücksichtigung zu überweisen.

Herrenhauses (in der gestrigen Nummer d. Bl.) ist ergänzen, daß nach der eventuellen Annahme der einzelnen Pa⸗ ragraphen des Gesetzentwurfs, betreffend die Betheiligung der Staatsbeamten bei der Verwaltung von Erwerbsgesellschaften, in der definitiven Abstimmung der ganze Entwurf ab gelehnt und die in Nr. 2 der Kommissions-Anträge enthaltene Resolu— tion angenommen worden ist.

richterstatter Herr von Voß Namens der Kommission, ebenfalls wie frühere Petitionen gleichlautenden Inhalts der Königlichen Staatsregierung zur Benutzung bei der bevorstehenden Umar⸗ beitung der rheinischen Gemeinde⸗Ordnung zu überweisen.

Hr. Dr. Schulze berichtet über fünf Petitionen des Karl Ellermeyer zu Heringen, welche betreffen: a. eine Reklamation gegen Exekutiv⸗Maßregeln der Verwaltungs⸗Behörden betreffend; ß. um anderweitige Regulirung des auf seiner Mühlenbesitzung ruhenden Auszugs; c. Beschwerde gegen eine Entscheidung der Verwaltungs⸗Behörden, (nicht verständlich); 4. Reklamation gegen eine vom Kreislandrath verfügte Exekutiv⸗Maßregel, und s. wegen Erhebung einer Stempelgebühr für eine abweisende Be⸗

scheidung, und auf seinen Antrag beschloß das Haus, über diese fünf Petitionen zur Tagesordnung überzugehen.

Gleichfalls durch Uebergang zur Tagesordnung wurden die

Petitionen von Heyse in Buczkowo, des Assistenten Kühn und

des Justiz⸗Ra In Betr

Mattern in Glogau erledigt. der Petition des Pfarrers Herz um Remedur der Regierung zu Königsberg vom 15. Oktober 1872

Dagegen wurde eine Petition des Magistrats zu Springe

und eine Petition des Tischlermeister Haake in Quedlinburg durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt.

Herr Mever berichtete Namens der Justiz⸗Kommission über

die Petition des Vorstandes des landwirthschaftlichen Vereins zu Demmin, welche beantragte:

Das Herrenhaus wolle dahin wirken, daß im Wege der Gesetz⸗ gebung 1) der 5. 408 ff. A. ER. Th. J. Tit. 5. auf das Ver⸗ hältniß zwischen dem Besitzer eines Landguts oder einer anderen Acker- oder Forstwirthschaft und solchen Dienstleuten, welche gegen Gewährung einer Wohnung in dem ihm gehörigen oder auf dem Gute befindlichen Gebäuden, und gegen einen im Voraus be⸗ stimmten Lohn behufs der Bewirthschaftung angenommen sind, für nicht anwendbar, und 2) die Polizeibehörden für befugt und verpflichtet erklärt werden, sich, der vorlãäu⸗ figen Entscheidung und Streitigkeiten, welche mit den ad 1 gedachten Personen über die, aus dem Vertrage entstehenden Verbindlichkeiten während des Dienstes, über die Weigerung der Herrschaft, die Arbeiter anzunehmen und zu behalten, über die Wei⸗ gerung der Arbeiter, den Dienst anzutreten oder darin zu verbleiben, oder uber verweigertes Abziehen und Entlassen entstehen, zu unter⸗ ziehen und solche zur Ausführung zu bringen.“

Der Antrag der Kommission ging dahin, die Petition der

Königlichen Staatsregierung zu überweisen. Graf zur Lippe stellte hierauf den Antrag: in dem Sitzungssaale des Hauses die beiden Büsten der verstorbenen Präsidenten Graf Eberhard zu Stolberg⸗Wernigerode und Prinz zu Hohenlohe⸗Ingelfingen aufzustellen. beauftragte das führung desselben Sorge zu regung des ältesten Mitgliedes, Herrn v. Frankenberg⸗Lud⸗ wigsdorff, dem Präsidenten für die Leitung der Verhandlungen den Dank aus. für den Ausdruck dieser Gesinnung, liche Geschäftsübersicht über die Thätigkeit des Hauses in der verflossenen einem dres maligen H welches die Versammlung begeistert einstimmte.

Das Haus trat dieseni Antrage bei, Gesammt⸗Präsidium für die Aus⸗

tragen und sprach auf An⸗ Der Präsident Graf Otto zu Stolberg dankte knüpfte hieran die üb⸗

Session und schloß um 1 Uhr die Sitzung mit och auf Se. Majestät den König, in

Der Schluß des Berichts über die . Si . des in zu

In der heutigen (80) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten war am Ministertisch der Minister des Innern Graf zu Eulenburg anwesend. Derselbe verlas die im Bericht über das Herrenhaus abgedruckte Allerhöchste Botschaft.

Hierauf gab Präsident v. Forckenbeck eine statistische Ueber⸗ sicht äber die Thätigkeit des Hauses in der verflossenen Session und forderte daffelbe auf, zum Zeichen der Treue und Ergeben⸗ heit sich mit ihm zu einem dreifachen Hoch auf Se. Majestät den Deutschen Kaiser und König von Preußen zu vereinigen. Das Haus stimmte mit Begeisterung in den Ruf ein. Sodann gab der Abgeordnete v. Bonin dem Präsi⸗ denten und dem gesammten Bureau für ihre auf⸗ opfernde und umsichtige Thätigkeit in der verflossenen, durch die Länge ihrer Dauer und die Wichtigkeit der berathenen Ge⸗ setze so bedeutungsvollen Session den Dank des Hauses zu er⸗ kennen, und erhob sich die Versammlung zum Ausdruck dieses Dankes von ihren Sitzen. Nachdem darauf noch Präsident v. Forckenbeck dem Bureau und dem Hause für die Unterstützung, die ihm in der Führung des Präsidiums zu Theil geworden, gedankt hatte, wurde die Sitzung um 10 Uhr geschlossen.

Am 26. d. M, Nachmittags 4 Uhr, findet aus Anlaß der an diesem Tage auf dem Tempelhofer Felde stattfindenden großen Frühjahrs⸗Parade im Weißen Saale des König⸗ lichen Schlosses hierselbst ein großes Diner statt.

Morgen Vormittag findet auf dem Exerzierplatz westlich der Tempelhofer Chaussee die Besich tigung der kombinirten Garde ⸗Infanterie⸗Brigade (Kaiser Franz Garde⸗Grenadier⸗Regi⸗ ment Nr. 2 und Garde⸗Füstlier⸗Regiment) durch Se. Majestät den Kaiser und König statt.

Das soeben veröffentlichte 3. Heft des von der kriegs⸗ geschichtlichen Abtheilung des Großen Generalstabes redigir⸗ ten Werks: Der deutfch⸗französische Krieg 1870 bis 71, stellt die beiden gleichzeitigen Eröffnungsschlachten von Wörth und Spicheren dar. Die Schlußbetrachtung ent— hält das allgemein Wichtige über dieselben, charakterisirt sede einzelne und vergleicht sie kurz und treffend mit einander. Die Schlacht von Worth gliedert sich einfach und in größere Abschnitte als die von Spicheren. Unter den Episoden und deren Schilderungen sind zu nennen: die Vernichtung der Kürassier⸗ Brigade Michel bei Wörth und der Tod des Generals von Francois bei Spicheren. Zum ersten Mal sind auch Holzschnitte im Text angewandt, um Stellung und Bewegung der Truppen in den einzelnen Momenten der Schlacht darzustellen. Außerdem sind zwei große Karten beigegeben.

Der zum Kommandanten der Festung Königstein er⸗ nannte General⸗Major von Leonhardi, bisher Commandeur der Königlich Sächsischen 3. Infanterie⸗Brigade Nr. 47, ist zur Abstattung persönlicher Meldungen von Zwickau hier eingetroffen; desgleichen der General⸗Lieutenant z. D. von Wittich, bisher Commandeur der 31. Diviston von Siede bei Müncheberg.

In Folge von Berichten der Strafanstalts⸗-Direktoren, nach welchen zu den Strümpfen für die weiblichen Gefange⸗ nen, die in dem Normaletat vom 20. Januar v. J. zugelassene . von 330 Gramm wollenen resp. 250 Gramm baumwollenen Garns in keiner Gestalt erreicht, vielmehr nirgend der Satz von 250 Gramm wollenem und 2090 Gramm baumwollenem Garn überschritten wird, hat der Minister des Innern den Normaletat, dessen höhere Sätze auf der Voraus⸗ setzung beruhten, daß klimatische Verhältnisse und provinzielle Gewohnheiten hier und da zur Verwendung besonders starken Garns resp. zur Anfertigung außergewöhnlich langer und fest⸗ gestrickter Strümpfe nöthigen, dahin abgeändert, daß zur Anfer⸗ sigung der Strümpfe für weibliche Gefangene höchstens 250 Granim wollenen resp. 200 Gramm baumwollenen Garns ver⸗ wendet werden dürfen.

Die fällige Englische Post aus London, vom 18. d. M. früh über Cöln, ist ausgeblieben.

Posen, 19. Mai. Der Ober⸗Präsident Günther traf gestern früh gegen 5 Uhr mit Familie auf dem Oberschlesischen Bahnhofe hier ein, um dauernd seinen Wohnsitz in Posen zu a Zum Empfange war der Polizei⸗Direktor Staudy an⸗ wesend.

Bayern. München, 18. Mai. Prinz Leopold und Prinzessin Gisela haben sich auf Einladung der Herzogin Maximilian heute Vormittag zu einem erstmaligen Besuche nach Possenhofen begeben.

= Das neue Landtags wahl-⸗Gesetz, welches dem im Herbste zusammentretenden Landtag vorgelegt werden wird, ist nun im Entwurfe vollendet. Dasselbe beruht auf dem direkten Wahlsystem.

Sachsen. Dresden, 19. Mai. Der König hat nun⸗ mehr die beabsichtigte Reise zum Gebrauch der Kur nach Bad Ems angetreten und für die Dauer der Abwesenheit den Kron⸗ prinzen als Stellvertreter für die Regierungsgeschäfte bestellt. Se. Majestät traf gestern Abend gegen 6 Uhr von Pillnitz, wo die Verabschiedung von der Königlichen Familie stattgefunden hatte, hier ein und reiste zunächst bis Leipzig. In Leipzig hat der König im Palais übernachtet und heute Morgen von dort die Reise nach Ems fortgesetzt, so daß die Ankunft daselbst, nach einem kurzen Aufenthalte in Marburg (wo das Diner stattfinden und die Kirche besichtigt werden soll) in den heutigen spätern Abendstunden erfolgen wird. Im hiesigen Leipziger Bahnhofe waren gestern bei der Abreise des Königs der Minister des Kö⸗ niglichen Hauses Staats⸗Minister a. D. Frhr. v. Falkenstein, der Haͤusmarschall Graf Vitzthum v. Eckstädt, der Vertreter des be⸗ uͤrlaubten Ministers des Innern, Geh. Rath Körner, sowie mehrere andere Hof⸗ und Staatsbeamte anwesend. In der Be⸗ gleltung Sr. Majestät befinden sich der General-Adjutant Ge⸗ neral⸗Lieutenant v. Thie lau, der Geh. Legations⸗Rath v. Watz⸗ dorf und der Königliche Leibarzt Medizinal⸗Rath Dr. Fiedler. Letzterer wird jedoch schon in einigen Tagen hierher zurückkehren, während der Aufenthalt des Königs in Ems etwa 4 Wochen dauern dürfte.

Vom Gesetz⸗ und Verordnungsblatt ist das 7. Stück vom Jahre 1873 in der Ausgabe begriffen. Dasselbe ent⸗ hält u. A. ein Gesetz vom 15. April d. J, die Ausführung des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich betreffend, vom 15. Mai 1871; ein Hel vom 20. April d. J., die Bestrafung des von Nichtkaufleuten begangenen betrüglichen und einfachen Bankrotts betreffend; und das Forststrafgesetz vom 30. April d. J.

Der Protektor der sächsischen Militärvereine, der General⸗Feldmarschall Kronprinz von Sachsen, erläßt an die Mitglieder von Sachsens Vereinen ehemaliger Militärs in deren Vereins⸗-Organ „Der Kamerad“ eine Aufforderung, sich der von der Redaktion genannten Blattes, im Verein mit Männern, welche sich warm für das Militärwesen interessiren, angestrebten Centralisation anzuschließen und die zur Berathung der Central⸗ Statuten und Konstituirung des sächsischen Militär⸗Vereins⸗ Verbandes einzuberufende Deputirten⸗Versammlung, welche vor⸗ aussichtlich hier in Dresden abgehalten werden wird, möglichst zahlreich zu beschicken. Dasselbe Blatt bringt einen ähnlichen Aufruf an die sächsischen Militär⸗Vereine, unterzeichnet von dem aus der Mitte des obenerwähnten Komites gewählten „Direkto⸗ riums behufs Centralisation von Sachsens Militär⸗Vereinen.“

Hessen. Darm stadt, 16. Mai. Der Finanzaus⸗ schuß der Zweiten Kammer hat, dem „Fr. J.“ zufolge, bean⸗ tragt, die garantirten Staatszuschüsse zu Privateisenbahnunter—⸗ nehmungen mit 1400000 Fl. zu genehmigen, jedoch in der Erwartung, daß die Regierung über die Feststellung des Bau⸗ kapitals der oberhessischen Eisenbahnen und die Reinerträge der⸗ selben den Ständen so bald als thunlich Mittheilung machen und die Ratifikation der Zuschüsse bis nach Prüfung dieser Be⸗ rechnung vorbehalten werde.

17. Mai. Der Synodal⸗Ausschuß hat den Be⸗ richt über die künftige Verfassung der evangelischen Kirche been⸗ det und in erster Lesung angenommen. Der Bericht ist einer engeren Redaktionskommisfion überwiesen, um den Text endgül⸗ tig festzustellen. Am 24. Juni wird dann der Synodal⸗Aus⸗ schuß wieder zusammentreten, um die zweite Lesung des Be⸗ richts, der die Gesetzuorlage, wenn auch viele Anträge auf Ab⸗ änderungen vorliegen, doch im Wesentlichen gutheißt, vorzuneh⸗ men. Die Synode selbst wird vor Herbst voraussichtlich nicht tagen. Dagegen werden die beiden Kammern Anfangs Juni wegen der weiter erforderlichen Prorogation des Finanzgesetzes wieder zusammentreten.

Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 17. Mai. Die soeben erschienene 63. Fortsetzung der Einnahme und Ausgabe bei der Landesversicherungs⸗Kasse des Herzogthums vom Jahre 1872, weist für den 1. Juli v. J. einen Bestand der HauptversicherungsZssumme von 41,259,175 Thlr, nach. Seit dem 1. Juli 1871 stieg diese Summe um 1,126,800 Thlr. An Brandentschädigungen wurden im Laufe d. J. 1872 im Ganzen 41A 710 Thlr. bezahlt; außerdem verblieben am Schlusse des Jahres noch 10,301 Thlr. zu bezahlen. Abzüglich dieser letz⸗ teren Summe hatte die Kasse noch einen Bestand von 99,431 Thlr. für Bedeckung ferneren Aufwandes.

Anhalt. Dessau, 17. Mai. Die Prinzessin Louise (Tochter des verstorbenen Prinzen Georg, Oheims des Herzogs) wird heute zu einem längeren Besuche der Herzogin von Sachsen⸗ Altenburg von hier abreisen.

Reuß. Gera, 18. Mai. Gestern kehrte die Für stin nach ö Aufenthalt in Karlsruhe, über Dresden und Leipzig hierher zurück.

Schweiz. Bern, 18. Mai. (W. T. B.) Der Bu n—⸗ desrath hat heute die Berathung über die Revision der

Bundesverfassung wieder aufgenommen. Ferner hat der⸗ selbe den Protest der Regierung des Kantons Wallis gegen die

Bersteigerung der Ligne d' Italie für unzulässig erklärt

und beschloffen, seine Verfügung aufrecht zu erhalten.

Niederlande. Haag, 19. Mai. (W. T. B.) Die Erste Kammer genehmigte in ihrer heutigen Sitzung mehrere, bereits von der Zweiten Kammer angenommene Vorlagen, worun⸗ ter die Verträge mit Belgien (über Kapitalisirung der verãußer⸗ lichen Rente, über Benutzung holländischen Territoriums bei dem Bau der Eisenbahn von Antwerpen nach Gladbach und über Aufhebung des von Belgien auf holländische Spirituosen gelegten Zollzuschlages), sowie die Gesetzentwürfe über Amorti⸗ sirung von 9.800 000 Fl. Staatsschulden und über die zeit⸗ weilige Beschränkung der Ausprägung gemünzten Geldes.

Großbritannien und Irland. London, 16. Mei. Die Königin verließ gestern in Begleitung der Prinzessin Beatrice und ihres gesammten Hofstaates Windsor, und trat die Reise nach Balmoral, ihrem schottischen Landsitze, an, von wo Ihre Majestät am 17. Juni zum Empfange des Schahs von Persien zurückkehrt.

= Der Botschafter der Pforte, Musurus Pascha, gab gestern im n Botschaftshotel dem König und der Kö⸗ nigin der Belgier zu Ehren ein großes Konzert, welchem außer den belgischen Majestäten der Herzog von Edinburgh, die Herzogin von Cambridge, Prinz Christian von Schleswig⸗Hol⸗ stein, das diplomatische Corps und viele Mitglieder der hohen Aristokratie anwohnten.

Der König und die Königin der Belgier haben heute London verlaffen und über Brighton, Hastings und Dover die Rückreise nach Brüssel angetreten. Die Prinzessin von Wales, der Herzog von Edinburgh und Prinz Teck gaben Ihren Ma⸗ jestäten das Geleit bis zum Bahnhofe.

Frankreich. Paris, 20. Mai. (W. T. B.) Dem gestern in der Rationalversammlung eingebrachten Gesetz entwurfe über die Organifation der öffentlichen Gewalten ist ein Ex⸗ poss beigefügt, welches eine Entwicklung der Motive der Vorlage enthält. Daffelbe weist darauf hin, daß die Republik die gesetzliche Form der Regierung sei, der indessen ihr provisorischer Charakter und die Lücken ihrer Organisation nicht hinreichende Stärke und Festigkeit gäben, um die wachsende Beunruhigung der Gemüther zu beseitigen, den Parteigeist zu entmuthigen und die dreisten Anmaßungen desselben zu bemeistern. Der erste Gegenstand, mit dem sich die Vorlage beschäftige, sei deshalb die Herstellung einer regelmäßigen republikanischen Regierung. Die Republik sei gegenwärtig die natürliche und nothwendige Regierungs⸗ form; nach ihrer Organisirung werde die Regierung energisch die Ordnung und die konservative Republik vertheidigen. Der allgemeine Gedanke, welcher dem Gesetzentwurfe zu Grunde liege, ohne in demselben förmlich proklamirt zu werden, sei die positive Organisation der republikanischen Regierung. Nach dem Ent⸗ wurfe follten eine Kammer und ein Senat errichtet werden, die beide aus dem allgemeinen Stimmrecht hervorzugehen hätten, die Senatoren seien indessen nur aus geivissen Kategorien der Staatsangehörigen zu wählen, namentlich aus ehemaligen Mit⸗ gliedern der gesetzgebenden Versammlungen. Aus jedem De⸗ partement sollten 3 Senatoren und der Senat überhaupt auf 10 Jahre gewählt werden, jedoch alle? Jahre eine theilweise Erneue⸗ rung des elben stattfinden. Was die Wahlen zur Deputirten kammer angehe, fei die lbstimmung nach Listen abgeschafft und anstatt dessen die Wahl nach Arrondissements eingeführt, deren jedes einen Ab⸗ geordneten zu ernennen habe. Dem Sengt sei das Recht beige⸗ legt, auf Äntrag des Präsidenten der Republik die Kammer aufzulösen. Der Präsident der Republik selbst solle durch eine besondere Versammlung (den Präsidentschaftskongreß) gewählt werden, der aus den beiden vereinigten Kammern und aus De⸗ legirten der Generalräthe bestehe, deren jeder 3 ernenne. Die Wahl des Präsidenten geschehe ebenso wie diejenige der Kammer auf 5 Jahre. Das Exposs schließt mit den Worten, daß ver⸗ möge diefer Einrichtungen die Republik ihren konservativen Charakter bewahren könne, und so lange sie konservativ bleibe, aber nicht länger, werde sie von Dauer sein.

Versailles, 19. Mai. (W. T. B.) Die National⸗ versammlung hat heute ihre Sitzungen wieder aufgenommen. Nachdem die Äbtheilungen durch Ausloosung gebildet waren, brachte der Präsident der Versammlung, Buffet, folgende von 160 Mitgliedern der Rechten und des rechten Centrums unter— schriebene Interpellation zur Verlesung:

„Die Unterzeichneten beabsichtigen, in der Ueberzeugung, daß der Ernst der Situation an der Spitze der öffentlichen Angelegenheiten ein Kabinet verlangt, dessen festes Zusammenhalten das Land zu be— ruhigen im Stande ist, an die Regierung über die Modifikation des Ministeriums eine Anfrage zu richten und sie darauf hinzuweisen, daß innerhalb derselben durchaus eine entschieden konservative Politik zur Geltung kommen müsse. Die Unterzeichneten beantragen, daß ihre Interpellation am Freitage zur Verhandlung komme.“

Nach Verlesung der Interpellation stellte der Justiz-Minister Dufaure den Antrag, den Tag für die Diskussion erst morgen festzustellen, damit die Regierung vorher über diese Frage in Berathung treten könne. Der Herzog von Broglie erklärte sich Namens der Antragsteller mit der Vertagung auf morgen ein⸗ verstanden und wurde dieselbe von der Versammlung darauf gleichfalls angenommen. Der Justiz⸗Minister legte sodann die Gesetzentwürfe über die Organisation der Staatsgewalt und die Errichtung einer Zweiten Kammer auf den Tisch des Hauses nie⸗ der, deren Verlesung von der Linken beantragt wurde, während sich die Rechte dem widersetzte. Nach einer Abstimmung, deren Resultat zweifelhaft blieb, entschied der Präsident, daß die Ma⸗ jorität der Versammlung die beantragte Vorlesung der Gesetz⸗ entwürfe abgelehnt habe. Der Deputirte Peyrat brachte schließ⸗ lich, unter Protest gegen die Verlegung der konstitutionellen Ge⸗ setzentwürfe den Antrag ein, die Versammlung möge, in Anbe⸗ iracht dessen, daß ihr eine konstituirende Gewalt nicht zustehe, innerhalb 14 Tagen einen Termin für ihre Auflösung festsetzen, Die Dringlichkeit für diesen Antrag wurde mit großer Majorität . Morgen sollen die Neuwahlen des Präsidiums statt⸗

nden.

Italien. Rom, 15. Mai. Nach der statistischen Ueber⸗ sicht der Einnahmen des Staatsschatzes in den ersten vier Monaten des laufenden Jahres beliefen sich dieselben auf 404519, 986 Fr., gegen 390214563 Fr. des vergangenen Jahres, so daß sich also 14,304,523 Fr. zu Gunsten des laufenden Jahres herausstellen. Die Ausgaben in den vier ersten Monaten ,, die in der vorjährigen Periode um 11 Millionen Franes.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 18. Mai. Einem Telegramm aus Astrachan vom 15. Mai zufolge ist der Schah von Persien am 14. Mai in der Wolgamündung und am 15. Mai in Astrachan eingetroffen.

Aus einer von der „Revalschen Zeitung“ mitgetheilten

übersichtlichen Zusammenstellung des Fortganges, welchen der Bauerlandverkauf in Ssthland nimmt, ergiebt sich, daß von dem als Acker, Wiese, Weide und Holzung verzeichneten und auf 1,B316,169 Dessätinen angegebenen Lande 29.000 Dessä⸗ tinen in ungefähr 760 Gesinden Bauern verkauft worden sind und daß sich seit 1871 die Bewegung im Verkauf lebhaft ge⸗ steigert hat. Im Ganzen giebt es nach den statistischen An⸗ gaben von 1867 in Esthland 11242 Bauerhöfe. Im Gan⸗ zen sind jetzt etwa 46 Prozent des Bodens Bauern verkauft. Der „Russ. Iny.“ bringt folgende weitere Nachrichten über die aus Taschkend ausmarschirten Truppen des Turke⸗ stanischen Expeditions⸗Corps:

Alle Truppentheile, welche vom 13. bis 19. März aus Taschkend Chodfhent und Ura - Tjübe ausmarschirt waren, wurden am J3. dessel⸗ ben Monats am Flusse Kly bei Dshisak konzentrirt. Zi derselben Zeit begann der Ausmarsch der Dshisakschen Kolonne, die sich in 4 h durch die Gegend nach Tamdy nach den Bukanbergen bege⸗ zen sollte.

Die Kasalinskische Kolonne verließ diese Punkte zwischen de 10. und 14. März, um nach der . r zu . ö sie zur Vereinigung mit der Dshisakschen Kolonne ebenfalls nach den ö bestimmt 3. 9

ach der Vereinigung dieser Kolonnen zu einem gemeinschaftlic dem Turkestanschen Corps, sollten in Luhn und . . zurückgelassen werden, am ersten Ort eine Infanterie⸗Compagnie, eine Ssotnje Kosaken mit zwei kpudigen Einhörnern, am zweiten

eine Compagnie Infanterie und eine halbe Ssotnje Kosaken mit zwei

erleichterten Geschützen.

Zur Aufnahme der Feindseligkeiten gegen das Chanat Chiwa sind vom Turkestanschen Militärbezirk beordert; 18 Compagnien Infan— terie, eite Compagnie Sappeure, 14 zeldgeschütze, 4 Berggeschütze und 2 Mitrailleusen, 55 Ssotnjen Kosgken und eine Raketenbatterie; außerdem als Belagerungsgeschütz halbpudige Mörser. Am Turke⸗= stanschen Corps partizipiren 4700 Mann und 1400 Pferde.

Die Truppen sind mit dreifachem Vorrath von Patronen, die Geschütze ebenso mit dreifachem Schießbedarf versehen. Der Ingenieur— park ist außerdem mit vier eisernen Pontons, jeder aus zwei zu⸗ sammengelegten Booten bestehend, versehen.

Das Medizinalwesen des Turkestanschen Corps ist in folgender Weise organisirt: Bei den aktiven Truppen ist ein Feldlazareth mit 270 Betten und auf den Stützpunkten in Irkibai und Tamdy sind zeitweilige Lazarethe, jedes zu 15. Betten, eingerichtet. Alle diese Lazarethe sind in ausreichender Weise mit allen nöthigen Lazareth— sachen., Medikamenten, und chirurgischen Instrumenten versehen. Außerdem sind die Turkestanschen Truppen, Dank der Genehmigung Kaiserin, der hohen Patronin der Gesellschaft zur Pflege kranker und verwundeter Krieger, für die Mittel dieser Gesellschaft mit einem besonderen bedeutenden Vorrath von medizinischem und hygieinischem Zubehör versehen, mit welchem, auch die Doktoren Grimm und Preobcashenski abgereist sind. Die Turkestansche Abtheilung der, Ge⸗ sellschaft« hat ihrerseits 1509 R. zur Errichtung eines Feldlazareths für 20 Mann angewiesen. Auf diese Weise ist das Medizinalw.sen des Corps als vollkommen befriedigend organisirt zu betrachten.

Zur Erhaltung der Gesundheit und der Kräfte der Leute auf dem weiten Marsche durch die Steppen sind die Truppen mit Thee (3 Pfund auf 100 Mann täglich) und Zucker, mit Kibitken, tragbaren Zelten und mit Filzdecken zum Unterlegen und Bedecken während des Schlafes versehen. Um das nöthige Wasser in den des Wassers entbehrenden oder nur mit schlechtem Wasser versehenen Gegenden mitführen zu können, ist den Truppen die nöthige Zahl von Schläuchen, Holzge⸗ fäßen und Fässern mitgegeben.

Die Instruktion, mit welcher alle Befehlshaber versehen sind, enthält sehr ausführliche Anweisungen behufs Schonung der Gesund— heit der Leute während des Marsches und in den Bivouaks, über die Erhaltung der Ordnung auf dem Marsche, über das Einrücken in die Bivouaks ze. .

Das Corps führt Mundvoträthe auf 25 Monate mit, sich. Außer⸗ dem sind noch Borräthe für einen Monat auf den Stützpunkten in Tamdy und Irkibai aufgespeichert. ͤ .

Zum Transport der Lasten waren gegen 8000 Kameele erforder— lich, die von den Kirgisen des Ssyr-Darja-Gebiets gegen eine monat— liche Zahlung gemiethet worden sind. Es war eine so große Anzahl von Kameelen erforderlich, weil die Thiere alle nach dem Winter sehr schwach waren und nicht mehr als 12 Pud tragen konnten, während ein gutes Kameel sonst 16 bis 18 Pud trägt.

Gleichzeitig mit unserem Marsche gehen die beiden Dampfer der Aralflottille „Pe owski“ und „Samarkand“ mit zwei Marine⸗-Bar⸗ kassen nach der Mündung des Amu⸗Darja, um die Zugänge in das Amu⸗Darja-⸗Delta gründlich zu erforschen, weshalb diesen Fahrzeugen zwei Topographen mitgegeben sind.

19. Mai. (W. T. B.) Die von englischen Zeitungen ge⸗ brachte Nachricht über die Einnahme von Chiwa ist unbe—⸗ gründet. .

Moskau, 19. Mai. (W. T. B.) Persien ist heute Mittag hier eingetroffen.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 15. Mai. Der König und die Königin nahmen gestern anläßlich der Krönung die Beglückwünschungen von den Mitgliedern des Reichstages und den hiesigen Behörden, Auf Schloß Drottingholm, 1 Meile von hier, auf der Mälarinsel Lofö, werden für den Sommeraufenthalt der König—⸗ lichen Familie Vorbereitungen getroffen. Die verwittwete Königin wird schon am 27, Ihre Majestät mit den Prinzen zu Anfang Juni dahin abreisen. Inzwischen geht der König auf der hierher beorderten Korvette Thor“ am 14. nach Norrland ab, und von dort weiter nach Norwegen.

Der Vorschlag des Königs, den fertigen Theil der Köping⸗Hult⸗Bahn zu 6. Millionen Rthlr. für den Staat anzu⸗ kaufen, ist von dem Staats ausschusse verworfen worden.

Dänemark. Kopenhagen, 17. Mai. Einem Te⸗ legramm der „Hamb. Nachrichten“ zufolge hat Thomsen heute wegen der Panzerschifffrage seine Demission eingereicht.

19. Mai. (W. T. B.) Der Reichstag hat den Antrag der Regierung, Norwegen den Beitritt zu der dänisch-schwe⸗ dischen Münzkonvention vorzubehalten, nunmehr definitiv angenommen.

Amerika.

Der Schah von

Auf das vor Kurzem an die „Times“ gerichtete Schreiben des chilenischen Konsuls in Lon⸗ don, Mr. Weir, worin das Publikum gegen die von dem König von Araucanien emittirten Bonds gewarnt wird, hat der Finanz⸗Minister des Königs Orelie Antoine von Araucanien und Patagonien, A. J. de la Rosa, Comte de Rosenburg, eine Erwiderung ergehen lassen, die im Citybericht der „Times“ abgedruckt ist und in welcher die Angaben des chllenischen Konsuls als unbegründet und ungerecht⸗ fertigt erklärt werden. In diesem Briefe heißt es:

„Mr. Weir spricht von Araucanien als ob es eine Provinz Chilis und chilenischer Autorität unterthänig wäre, während er wissen muß, daß es mit Ausnahme eines sehr kleinen, an die. Grenze anftoßenden Landflriches, ein Königreich unter der Herrschaft seines Souveräns, meines Gebieters Orelie Antoine ist, der wegen wich⸗ iger Dienfte, die er den Araucaniern geleistet, von diesen zu ihrem König auserkoren und als solcher am 17. Nov ember 1863 proklamirt wurde. Araucanien ist gänzlich unabhängig von der chilenischen Re⸗ publik und wurde so durch die Verträge von 1775 und 1793 erklärt, und wenn immer Chili eine Invasion von Araucanien versuchte, er⸗

entgegen.

litt es eine totale Niederlage. Mr. Weir glaubt, daß, weil der König von Araucanien Vorkehrungen für kommerziellen Verkehr zwischen diesem Königreiche und Kaufleuten Großbritanniens getroffen hat, irgend welche feindselige Absichten gegen die chilenische Republik vorhanden sein müssen, aber darin ist er, wie in vielen anderen Beziehungen, im Irrthum. Das Projekt ist kein feindseliges gegen die Republik von Chili, sondern ist alleinig durch des Königs Sorge für die Förderung der Wohlfahrt seiner Unterthanen veranlaßt werden, und. Mr. Weir ist nun durch mich benachrichtigt, daß britische Kaufleute in Verträge mit der Regierung Sr. Majestät getreten sind, um in dieses Land große Quantitäten britischer und anderer europäischer Waaren zu im⸗ . für welche sie Bonds des Königreichs in Zahlung genommen aben.“

Asien. Das Edikt, welches dem chinesischen Vol ke die Thronbesteigung des Kaisers ankündigte, lautet nach der „Allg. Ztg.“:

„Beifolgendes Dekret, erlassen von Ihrer Kaiserlichen Majestãt der Kaiserin⸗Wittwe, ist vom Kaiser mit Ehrfurcht in Empfang ge⸗ nommen worden. Zwölf Jahre sind verflossen, seit der Kaiser ehr⸗ furchtsvoll die großen Staaken erbte, welche seine Vorfahren gegründet haben und er wird nun, da er das entsprechende Alter erreicht und seine Erziehung vollendet hat, am 26. d. persönlich die Regierung. des Landes in die Hand nehmen. Nach dem ersten Gefühl natürlicher Befriedigung waren Wir mit tiefer Besorgniß erfüllt, als Wir er⸗ wägten, daß Unsere geheiligten Regenten bei ihrer respektiven Thron⸗ besteigung stets von einem Wunsche beseelt waren, die Verordnung des Himmels zu achten und in den Fußstapfen ihrer Vorfahren zu wandeln, zu dem Zwecke, dadurch die sorgsame Verwaltung der Gesetze und die allge⸗ meine Wohlfahrt des Volkes zu fördern. Wie viel nothwendiger wird dies jetzt, wo die östlichen und die südlichen Provinzen sich von den Folgen der letzten Empörung noch nicht erholt haben, und die Ruhe in den Grenzprovinzen von Junnan, Shense, Kansuh und im west⸗ lichen Theile der chinesischen Tatarei noch nicht wiederhergestellt ist, wo das Einkommen des Landes noch unzureichend ist und selbst die Zustände der Natur, sowie die der Menschen gleich ungünstig sind! In der Vielfältigkeit feiner täglichen Gefchäfte muß der Kaiser die ungemein ernste und wichtige Ratur der Aufgabe ehrfurchtsvoll im Auge haben, mit welcher der Himmel und seine Vorfahren ihn ausschließlich be⸗ traut haben, und es wird seine Pflicht sein, die von der Zeit geehrte Uebung feiner Familie ehrfurchtsvoll fortzusetzen und ungklässig nach Selbstbesserung zu streben, während er in der Wahl der Männer und der Verwaltung der Geschäfte ernste Erwägung anwenden und nicht Gewohnheiten der Unthätigkeit und Sorglofigkeit nachgeben muß. Wenn die Morgenaudienzen vorüber sind, soll der Kaiser noch immer seine Äufmerksamkeit dem Studium der klassischen und der dy⸗ nastischen Geschichte widmen, um die Ursachen der abwechselnden guten Regierung oder zu entdecken, welche seit dem hohen Alter⸗ ihum bis zum heutigen Tage in diesem Reiche der Reihe nach ge⸗ herrscht haben. In seinen Verwaltungsplanen soll er Seibstbeschrän⸗ kung, Fleiß und Energie beurkunden, und dies war in der That Unser Hauptziel, als Wir zuerst die Regierung übernahmen, und Wir haben auch nicht einen Augenblick diese Richtschnur gußer Acht gelassen. In der heutigen Morgenaudienz haben Wir den Prinzen und andern Mi⸗ nistern Unseres Hofes die Nothwendigkeit, gerecht, leyal, einig und standhaft zu fein, ohne Furcht durch ihre Handlungen sich Unpopula⸗ rität zuzuziehen, eindringlich ans Herz gelegt, während Wir, in Be⸗ treff der andern Beamten, die ernste Hoffnung hegen, daß sie ihre Aumtspflichten getreulich erfüllen, sich unermüdlich bestreben, Mißbrãuche zu unterdrücken, ihr Aeußerstes thun, um den Unordnungen ein Ende zu machen und dazu beitragen, einen Zustand allgemeiner Ruhe her⸗ zustellen. Achtet dies!“

Die Nr. 10 des „Marine-Verordnungs-Blatt“ ent⸗ hält: Dislokation der 2. Compagnie des See⸗Bataillons, Ein— reihung des Lootsen-Personals in Wilheimshaven unter die Militär— Beamten. Verordnung betreffend die Aufbringung von Kautions— erhöhungen von 14. Dezember 1872. Gesetz, betreffend die, Verpflich= tung zum Halten der Gesetzsammlung und der Amtsblätter vom 109. März 1573. Abänderung des Reglements über die Civil-Ver⸗ sorgung und Civil⸗Anstellung der Militärpersonen des Heeres und der Marine vom Feldwebel abwärts. Bestimmungen über die Verwen— dung der Uebungsmunition Sr. Maj. Kriegsschiffe und Fahrzeuge. Postsendungen an die Lebens⸗-Versicherungs⸗Anstalt für die Armee und Marine betreffend. Einführung neuer Lazareihscheine, Listen und Zähl⸗ karten für den Krankendienst ant Lande. Meldungen bei Gouver⸗ neuren z. Betrifft den Brodempfang in Swinemünde im Jahre 1873. Betrifft das Liquidatienswesen. Gesetz, betreffend die Rechtsverhält⸗ nisse der Reichsbeamten. Lebens-Versicherungs-Anstalt für die Armee und Marine. Dienstleistungen von Mannschaften der Matrosen⸗-Divi⸗ sionen, welche das Qnalifikationszeugniß zum Unterlieutenant zur See der Seewehr erlangt haben. Abänderungen zu dem Preis⸗Verzeichniß von den reglementsmäßigen einzelnen Seitengewehr- und Lanzentheilen beim Verkauf an die Truppen pro 1873. Betrifft Vervollständigung des Inhalts⸗-Verzeichnisses der Schiffsbücherkisten vom 27. April 1873. Abänderung des Inhalts-Verzeichnisses der Schiffsbücherkisten. Perso⸗ nal⸗Veränderungen.

Nr. 33 des Amtsblatts der Deutschen Reichs-Post« verwaltung hat folgenden Inhalt: General-Verfügung: Vom 12. Mai 1873. Unzureichend frankirte Briefe aus Ostindien ꝛc Vom 15. Mai 1873. Nähere Bezeichnung des Schuldners bei Ueber. mittelung der auf Postmandate eingezogenen Beträge. Vom 13. Ma; 1873. Einschrankung der Anwendung von Franko⸗Kontrolstempeln.

Die Nr. 11 des „Amtsblatts der Deutschen Reichs— Telegraphen-Verwaltung“ hat fülgenden Inhalt: Verfügun⸗ gen: Vom 2. Mai 1873. Formular zum Apparaten ⸗Konto. Vom 3. Mai 1873. Erweiterung der Bestimmungen des §. 21 der Tele⸗ graphen⸗Hrdnung. Vom 12. Mai 1873. Taxirung der durch einen IIpostroph getrennten Wörter. Vom 13. Mai 1873. Instradirung der Dienst-Kotizen bezüglich früher übermittelter Depeschen.

Nr. 20 des „Justiz⸗Ministerial⸗Blatts für die Preußische Gesetzgebung und Rechtspflege“ enthält: All— gemein Verfügung vom 8. Mai 1873, die von den Justiz-Haupt⸗ kassen an die Hauptbuchhalterei des Königlichen Finanz-Ministeriums einzureichenden Monatsabschlüsse betreffend. Allgemeine Ver⸗ fügung vom 15. Mai 1873, betreffend die Gewährung von Wohnnngsgeldzuschüssen an die unmittelbaren Staatsbegmten. Erkenntniß des Königlichen Ober Tribunals vom 4. April 1873. 1) Hat sich ein Strafunmündiger einer Uebelthat, welche mit zeitiger Freiheits⸗ strafe c. bedroht ist, schuldig gemacht, so kann die Strafe bis guf den im Gesetze allgeinein für die betreffende Straf art bestimmten Mindest⸗ betrag, und nicht bles bis auf den Mindestbetrag der für den be⸗ treffenden Straf fall angedrohten Strafe hinabgehen. (Strafgesetzhuch 5§. 57 Nr. 3.) 2) Hat sich ein Strafunmündiger dis Persuchs eines Verbrechens ꝛc. schuldig gemacht, so ist die nach den 55. 57 und 44 zu bewirkende zweifache Strafreduktion in der Weise vorzunehmen, daß zunächst nach 5. 57 die Strafe bemessen wird, welche den Straf— unmündigen wegen des vollendeten Verbrechens getroffen haben würde, und daß dann die so gefundene Strafe nach Anleitung des 5. 44 er⸗ mäßigt wird. (Strafgesetzbuch 5. 44, 57 Nr. 3.)

Die neueste Entscheidung des Reichs⸗Ober⸗Handels⸗ gerichts in Leipzig betrifft; Auslegung eines Privilegiums. Eigen⸗ thum und Nutzung der öffentlichen Straßen. Schutz aus einer Kon— zession. (Stadt Berlin. a. Imperial ⸗Kontinental Gasassociation.)

Die Nr. 10 des Central⸗Blatt der Abgaben⸗Gewerbe⸗ und Handels-Gesetzgebung und Verwaltung in den Kö⸗ niglich preußischen Staaten“ hat folgenden Inhalt: Eirkular⸗ Verfügung des Königlichen Finanz⸗Ministeriums, Berichtigungen des amtlichen Waarenverzeichnisses betreffend, vom 15. März 1873. Cirkular.Verfügung des Königlichen Finanz⸗Ministeriums, die Errich— tung einer Steuerexpedition auf dem Bahnhofe zu Rittershausen bei Elberfeld betreffend, vom 16. März 1873. Bekanntmachung des

Königlichen Finanz-Ministeriums, die Befugniß der Stenerrezeptur in