1873 / 131 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 05 Jun 1873 18:00:01 GMT) scan diff

seits nur eine Bahn⸗Telegraphen⸗Station vorhanden ist, telegra⸗ phisch verbunden und die Verbindungsleitung in gewöhnlicher Weise zur Auswechselung und Zuführung telegraphischer De⸗ peschen benutzt werden. 3) ad 5§. 8d. In dem vorstehend sub 2 gedachten Falle können auf der Verbindungsleitung auch solche Depeschen befördert werden, welche bei der Reichs⸗Telegraphen⸗ Station aufgegeben und an die Bahn⸗Telegraphen⸗Station gerichtet sind et vice versa. Von der nach dem gewöhnlichen Tarif zu erhebenden Gebühr erhält die zuführende Station die sub d. des

S erwähnte Zuführungsgebühr, den Rest die übernehmende

tation. ad §. 8g. Wenn eine Eisenbahn⸗Telegraphen⸗ Station von dem Srte, zu welchem dieselbe gehört, über eine Viertelmeile entfernt ist und sich an demselben Srte zugleich eine Reichs Telegraphen⸗Station befindet, so erfolgt die Zustellung der bei der k eingehenden, am Orte ver⸗ bleibenden Depeschen entweder durch die Reichs⸗Telegraphen⸗ Station, welcher die Depeschen in der im 5. 7 des Reglements vorgeschriebenen Weise zugeführt werden köiinen, oder gebühren⸗ frei durch die Bahn⸗Telegraphen⸗Station. Diejenigen Eisenbahn⸗ Verwaltungen, welche dem Reglement etwa nicht beitreten sollten, werden seiner Zeit namhaft gemacht werden.

Der unter dem Protektorat Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen stehende Deutsche Hülfsverein fürdie durch Sturmfluth Seimgesuchten an der Ostseeküste hielt gestern Abend im Sitzungssaale der Budget⸗Kommission des Hauses der Abgeordneten seine Gene⸗ ralversammlung ab, mit welcher der Verein zugleich seine dies⸗ malige Wirksamkeit beendete. Der Vorsitzende des geschäftsfüh⸗ renden Ausschusses, Staats⸗Minister a. D. von Bonin, eröffnete die Verhandlungen mit einem Rückblick auf die Entstehung und Wirkfamkeit des Vereins. Auf den Kassenbericht übergehend, betonte derselbe, daß der Verein sein Hauptaugenmerk darauf richtete, die Verunglückten möglichst bald wieder erwerbs⸗ faͤhig zu machen, während er die Ersetzung der Grundstücks⸗ schäden dem Staate überlassen zu müssen glaubte. Nach sorg⸗ fältiger Prüfung aller eingezogenen Erkundigungen konnte der Gesammischaden, welche, unbhemittelte Personen an Ge⸗ bäuden, Grundstücken, Vieh, Fischereigeräthschaften und sonstigen Vermögensobjekten erlitten haben, auf 1,497,000 Thlr. normirt werden, worauf der Verein 853 880 Thlr. erstattete, Davon erhielten: Schleswig⸗Holstein 343,269 Thlr., das Fürstenthum Lübeck 7738 Thlr., das Gebiet der freien Stadt Lübeck 1431 Thlr., Mecklenburg 102, 255 Thlr., Neuporpommern und Rügen 78,739 Thlr., Usedom⸗Wollin und Anklam 12961 Thlr. Hinterpommern 524 Thlr., die Provinz Preußen 7589 Thlr., die Nordseeküste außerdem 274 Thlr., zusammen Söß, 880 Thlr., wozu noch die Verwaltungskosten mit 3274 Thlr. kommen, so

daß die Gesammtausgabe auf 857,154 Thlr. sich beziffert., Die.

Gesammtsumme der Einnahmen schließt ebenfalls mit 857.154 Thlr. ab, wobei 853,B319 Thlr. auf die Liebesgaben und 3835 Thlr. auf Zinserträgnifse fallen. Innerhalb Preußens wurden aufgebracht 433,817 Thlr., darunter die Rheinlande mit 196,730 Thlr, Berlin und die Provinz Brandenburg mit 70007 Thlr., Westfalen mit 59219 Thlr., Schlesien mit 55.603 Thlr., Hannover mit 51, 140 Thlr. 2c. das übrige Deutschland spen— dete 351,029 Thlr., die Deutschen außerhalb Deutschlands 69, 001 Thlr. . ö

Nachdem Sich Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz, Höchstwelcher gegen Schluß der Versammlung ein⸗ trat und den Vorsitz übernahm, eingehend nach den Prin⸗ zipien der Vertheilung und nach den Garantien dafür erkundigt, daß die wirklich Bedürftigen nicht zu Gunsten von gewerbs⸗ mäßigen Bittstellern benachtheiligt werden, beauftragte die Ver⸗ sammlung die Stadträthe Magnus und Friedeberg, denen der Rechnungs⸗Rath Kleinschmidt als rechnungsmäßiger Beistand zu⸗ gegeben wurde, mit der Revision und Dechargirung der Rech⸗ nungen Namens des geschäftsführenden Ausschusses. Etwa noch eingehende Beiträge sollen durch den Geheimen Ober⸗Regierungs⸗ Rath Wulfshein direkt zur Vertheilung gelangen. Nachdem Pr. Friedenthal den Bericht des Vorsitzenden dahin ergänzt, daß der Vaterländische Frauenverein zur Unterstützung der 2Wstsee⸗ Nothleidenden ea. 120, 000 Thlr. baar und etwa S0 000 Thlr., in Naturalien eingenommen und bis auf einen Restbe⸗ trag von ppt. 17000 Thlr. zur Vertheilung gebracht, sprach Herr von Bonin Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen den Dank des Vereins aus für die Uebernahme des Protektorats, ohne welche das zufriedenstellende Resultat niemals erreicht worden wäre, wie aus vielen die Gaben beglei⸗ tenden Zuschriften hervorgehe. Se. Kaiserliche Hoheit druͤckte Seine Genugthuung über den überaus günstigen Abschluß aus. Dem Verein gebühre das Verdienst, die erste Noth gelindert zu haben, und dafür spreche er nochmals Seinen innigsten Dank aus. Der bayerische Reichstags⸗Abgeordnete Dr. Völk brachte Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit den Dank der Süd⸗ deutschen für die Uebernahme des Protektorats dar. Gleichzeitig drückte Dr. Völk dem Vorstande wie dem Ausschuß die Aner⸗ kennung der Versammlung für die Geschäftsführung aus. Nachdem Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit Sich noch län⸗ gere Zeit mit den einzelnen anwesenden Herren unterhalten, schloß die Versammlung gegen 73 Uhr.

Der Gefängnißverein der Provinz Branden⸗ burg wird am Dienstag, den 10. Juni e., von 10 Uhr ab im evan⸗ gelischen Vereinshause hierselbst, Oranienstraße 106, seine dies⸗ jährige Generalversammlung halten. Die Tagesordnung ist, wie folgt, festgestellt: I) Eröffnung der Versammlung und Bericht über das abgelaufene Vereinsjahr von dem Vorfitzenden, Pastor Ragotzky. 3) Ueber vorläufige Entlassung nach Art. 23 des Strafgefetzbuches für das Deutsche Reich. Referat vom Direktor Wirth am neuen Strafgefängniß Plötzensee. 3) Wie man ent⸗ lassene Strafgefangene unterstützen soll? Referat vom Pastor Schröter am Zellengefängniß hierselbst. 4) Wahl zur Ergän⸗ zung des Vorstandes.

Das Deutsche Gewerbe⸗Museum befindet sich jetzt in der Königgrätzerstraße 120.

Der von Hamburg um 9 Uhr 35 Minuten Abends fahrplanmäßig hier ankommende Schnellzug ist am 3. d. M. um 2 Stunden 18 Minuten verspätet hier eingetroffen, weil zwischen Boitzenburg und Büchen ein Wagen des Zuges entgleiste. Verletzungen von Personen sind nicht vorgekommen.

Cöln, 4 Juni. Soeben ist Dr. Joseph Hubert Reinkens, Professor in Breslau, von den Geistlichen und Delegirten sämmt⸗ licher altkatholischen Gemeinden und Vereine in Deutschland en einstimmig zum deutschen Missionsbischof gewählt. Der⸗ selbe hat, wie die „Cölnische Zeitung“ meldet, die Wahl ange⸗ nommen.

Bayern. München, 3. Juni. General⸗K‚öommandos hierselbst vom 21. Mai d. J., welche dem Magistrat in Landshut mitgetheilt wurde und wohl allgemein ergangen ist, darf ein Ausrücken der Truppen bei Frohn⸗ a, oder sonstigen kirchlichen Feierlichkeiten nur me ö stattfinden, wenn der König an denselben Theil nehmen wird.

Regensburg, 3. Juni. Der König der Belgier wird heute Abends 10 Uhr auf seiner Rückreise von Wien mit⸗ telst Extrazuges hier eintreffen und im „goldenen Kreuz“ Nacht⸗ quartier nehmen. Der König gedenkt am folgenden Tag in hie⸗ siger Stadt zu verweilen und Abends seine Reise über Nürnberg fortzusetzen. .

Württemberg. Stuttgart, 1. Juni. Der komman⸗ dirende General, General⸗Lieutenant v. Stülpnagel, ist heute von seinem Urlaub hierher zurückgekehrt.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 3. Juni. Das Reichs gesetz blatt veroffentlicht u. A.: Das Gesetz vom J. Mai 1873 in Betreff der Bedingungen und Zugeständ⸗ nisse einer Lokomotiveisenbahn a. von Rakonitz über Jechnitz an einen Punkt der privilegirten Pilsen⸗Priesener Bahn; b. von Falkenau an die böhmisch⸗sächsische Grenze bei Graslitz; die Verordnung des Handels⸗Ministeriums vom 7. Mai 1873 über die Vorbedingungen der Zulassung von Bewerbern um Schiffer⸗ patente für die Führung von Dampfschiffen auf der Donau zu der vorgeschriebenen Prüfung; die Verordnung der Ministerien der Finanzen und des Handels vom 20. Mai 1873, betreffend die Durchführung des Gesetzes vom 30. März 1873 wegen zoll⸗ freier Behandlung der zum Bau und zur Ausrüstung von Schiffen erforderlichen Gegenstände; das Gesetz vom 21. Mai 1873 in Betreff der den Erwerbs- und Wirthschaftsgenossen⸗ schaften zukommenden Begünstigungen in Ansehung der Stem⸗ pel⸗ und der unmittelbaren Gebühren; das Gesetz vom 2. Mai 1873, betreffend die Verwerthung des Fleisches und der Häute von bei Rinderpestgefahr geschlachteten gesunden Thieren; die Verordnung der Minister des Innern, des Handels und des Ackerbaues vom 14. Mai 1873 zum Vollzuge des Gesetzes vom 2. Mai 1873, betreffend die Verwerthung des Fleisches und der Häute von bei Rinderpestgefahr geschlachteten gesunden Thieren; das Gesetz vom 4. Mai 1873, betreffend die Organisation der technischen Hochschule (des technischen Institutes) in Brünn.

4. Juni. Zu Ehren des Kaisers von Rußland fand heute eine große Parade statt, an welcher 38 Bataillone und 18 Escadrons mit 88 Geschützen Theil nahmen. Die öster⸗ reichischen , die Erzherzöge und die anwesenden Fürst⸗ lichen Gäste wohnten der Parade bei. Der Großfürst⸗Thronfol⸗ ger und der Großfürst Wladimir waren in österreichischer Uni⸗ form, der Kronprinz Rudolf trug das Band des russischen St. Andreas⸗Ordens. Die Hohen Gäste wurden ebenso wie der Kaiser und der Kronprinz von dem zahlreich versammelten Publikum mit lebhaften Kundgebungen empfangen. Der Kaiser Alexander traf zuletzt ein und nahm, von den Zurufen der Volksmenge empfangen, an der Seite des Kaisers von Oester⸗ reich den Truppen die Parade ab, wobei die Musik die russische Nationalhymne spielte. Die Kaiserin, die Gemahlin des Groß⸗ fürsten⸗Thronfolgers und die Erzherzoginnen wohnten der Pa⸗ rade in offenen Equipagen bei.

Bei dem darauf in der Hofburg veranstalteten Gala⸗ diner brachte der Kaiser von Vesterreich folgenden Toast aus: „Auf das Wohl unseres lieben Gastes, meines theuern Freundes, Sr. Majestät des Kaisers von Rußland, er lebe hoch!“ Der Kaiser von Rußland erwiderte mit folgendem Toast: „Auf das Wohl Sr. Majestät des Kaisers von Oesterreich nebst meinem herzlichstem Danke für seine lieben Worte, und auf das Wohl Ihrer Majestät der Kaiserin!“

Abends fand im Schloßtheater in Schönbrunn eine Festvorstellung statt, welcher der Kaiser Alexander, der Großfürst⸗Thronfolger und dessen Gemahlin, der Großfürst Wla⸗ dimir, die sämmtlichen hier anwesenden Fürstlichen Gäste und die Mitglieder der Kaiserlichen Familie beiwohnten. Nach der Vor⸗ stellung wurde der Schloßgarten durch elektrisches Licht beleuchtet und ein Feuerwerk abgebrannt. Das Fest endete nach 11 Uhr. Gestern sind die Mitglieder des Ministeriums vom Groß⸗ fürsten⸗Thronfolger und dessen Gemahlin empfangen worden. Graf Andrassy e gestern eine längere Audienz bei dem Kaiser von Rußland. 9

H5. Juni. (W. T. B.) Der Kaiser von Rußland und die Großfürsten dejeunirten gestern bei dem deutschen Botschafter General von Schweinitz, bei welchem sie zwei Stunden verweilten. Abends wohnten die hohen Gäste der Festvorstellung im Opern⸗ hause bei, worauf sie sich zu der beim Fürsten Hohenlohe ver⸗ anstalteten Ballsoirée begaben. Der Großfürst⸗Thronfolger und die Kaiserin eröffneten den Ball. .

Eine außerordentliche Gesandtschaft des Kai⸗ sers von Japan ist heute hier eingetroffen.

Pe sth, 3. Juni. Gestern wurde der Juristentag eröffnet.

Schweiz. Bern, 4. Juni. (W. T. B.) Alle Nach⸗ richten über die bereits beschlossene Neubesetzung des hiesigen französischen Gesandtschaftspostens sind noch als ver⸗ früht zu betrachten, da gutem Vernehmen nach von Neuem Schritte gethan sind, um den bisherigen französischen Gesandten . zu der Zurücknahme seiner eingereichten Demission zu

ewegen.

Der Bundesrath hat die erste Berathung des Pro⸗ gramms für die Bundesrevision heute ebeendet, die zweite wird erst beginnen, nachdem auf Grundlage desselben eine Bud⸗ getberathung vorgenommen ist.

Der in Olten tagende Arbeiterko ngreß nahm die in Zürich erscheinende Zeitung „Tagwacht“ zu seinem Bundes⸗ organ an und erklärte Genf zum Sitze des Bundeskomites. Die Regierung des Kanton Tessin hat, wie hierher gemeldet wird, beschlossen, den Priester Luigi Arnobaldi wegen gesetzwidriger Beziehungen zu inländischen und ausländischen Geistlichen des Landes zu verweisen.

Zwischen der schweizerischen Eidgenossenschaft und Frankreich sind, betreffend die Demission von Thiers als Präsident der Republik und die Ernennung Mae Mahons zu seinem Nachfolger, nachstehende Noten ausgetauscht worden:

Paxjis, 26. Mai 1873. An den Grafen de la Londe, Geschäftsträger Frankreichs in Bern.

Mein Herr! In ihrer Sitzung vom 24. d. M. hat die National⸗ versammlung, die Vertreterin der National⸗Souveränetät, die Demission des Herrn Ehe entgegengenommen und das Amt und die Würde des Präsidenten der Republik dem Marschall Mae Mahon, Herzog von

Nach einer Ordre des )

Magenta anvertraut. Ich beeile mich, Ihnen , feierlichen Akt zur Kenntniß zu bringen und Sie einzuladen, der Regisrung, bei der Sie akkreditirt sind, denselben mitzutheilen. Vom Wunsche durch⸗ drungen, die guten Beziehungen m Frankreich und den fremden Mächten sich immer mehr entwickeln zu sehen, ist die Regierung, wie sie verkündet hat, entschlossen, den inneren Frieden und die Grundsätze, auf welchen die Gesellschaft beruht, aufrecht zu erhalten. Ich ersuche Sie, im Ramen der französischen Republit den Wünschen, welche ihre Regierung für die Befestigung der guten Beziehungen zwischen Frank⸗ reich und der Schweiz hegt, sowie ihrer festen Absicht, mit allen ihren Kräften zur Erhaltung des allgemeinen Friedens beizutragen, Ausdruck

zu geben. de Broglie.

* . Bern, 30. Mai 1873.

An Herrn Dr. Kern, Minister der schweizerischen Eidgenossenschaft. Der Geschäftsträger Frankreichs, Graf de la Londe, hat dem 1 der Eidgenossenschaft eine Depesche des Herzogs von roglie, des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten n, welche dem Bundesrathe die Ernennung des Marschalls Mag Mahon offiziell zur een fil bringt. Der Bundesrath beauftragt Sie, dem Marschall Mac Mahon die Wünsche, welche er für das Glück Frank⸗ reichs und für die Entwickelung seiner republikanischen Institutionen fortwährend hegt, auszusprechen. Die Eidgenossenschaft ist glücklich über die Versicherung, 3 die französische Regierung der Schweiz die ren und das Wohlwollen bewahrt, von welcher Frankreich ihr o oft Beweise gegeben hat. Der Bundesrath seinerseits wird sich bemühen, die Beziehungen, welche beide Länder vereinigen, zu erhalten und noch weiter zu befestigen. Indem wir Sie hiermit zum Organe unserer Gefühle machen, Herr Minister, wünschen wir, daß Sis auch den Wünschen Ausdruck geben, welche der Bundesrath für die Person des erlauchten Chefs hegt, in dessen Hände die französische National⸗

versammlung die Exekutivgewalt gelegt hat.

Im Namen des Bundesraths: Der Bundespräsident Cérssole, der Kanzler Schieß.

Niederlande. Haag, 28. Mai. Der „Staatscourant“ meldet, daß die Regierung schriftliche Berichte aus Atschin em⸗ pfangen hat, die bis zum 26. März reichen und die früheren telegraphischen Mittheilungen bestätigen.

Am 22. März waren die Kriegsschiffe „Citadel van Antwerpen“, auf welchem sich der Regierungs⸗-Kommissar befand, „de Marnix“, „»Cochom“ und „Sial“ vor Atschin vor Anker gegangen. Ein Dol⸗ metscher, der auch schon früher zu gleichem Dienst ernannt worden war, ward in einer inländischen Prauw, die man Tags zuvor in See angetroffen und in Dienst genommen hatte, ans Land geschickt, da man bei der ersichtlich feindlichen Stimmung der Altchinesen keinen Euro⸗ päer zu senden wagte. Man sah, wie sich am Ufer eine immer größere Menge von Bewaffneten sammelte, die den Eingang des Flusses und einige Schanzen besetzte und in aller Eile Erdwerke aufwarf. Inner⸗ halb der gesetzten Frist von 24 Stunden antwortete der Sultan auf den ihm gesandten Brief des Regierungs⸗Kommissars. Ohne auf die Beschwerden der Niederländer einzugehen, schrieb der Sultan, er wünsche erst die Antwort des Groß⸗Sultans der Türkei abzu⸗ warten, an den er sich gewandt habe. Auf ein zweites dro⸗ hendes Schreiben antwortete der Sultan nochmals innerhalb 24 Stunden, beschwerte sich aber nur wiederholt, daß die niederlän—⸗ dische Regierung die von ihm dem Gouverneur von Riow vor dessen ange⸗ meldetem Besuch abgeforderte Frist von sechs Monaten nicht eingehalen habe. Zu gleicher Zeit mit dem Regierungsschreiben an den Sultan wurden von zwei hochgestellten Inländern, die sich bei dem Regie⸗ rungs⸗Kommissar befanden, Briefe an einen der vornehmsten Häupt⸗ linge gesandt, worin ihm gerathen wurde, zu friedlichen Verhandlungen an Bord zu kemmen und die altschinesische Regiernng zu solchem vermit⸗ telnden Schritte zu bewegen. Dieser aber entschuldigte sich mit Krankheit und warnte zugleich. Darauf wurde dann am 26. März die Kriegs⸗ erklärung an den Sultan gesandt, und als man annehmen konnte, daß dieselbe ihm zu Händen gekommen sei, mit den Feindseligkeiten begonnen. Der Dolmetscher hatte berichtet, daß ein Distrikt sehr feindlich gesonnen sei, in einem zweiten sei man getheilter Meinung, während der Häuptling eines dritten geneigt sei, sich den Niederlän⸗ dern zu unterwerfen. ö .

4. Juni. (W. T. B.) Wie aus zuverlässiger Quelle

verlautet, hat sich der Ju stiz⸗Minister auf den formellen Wunsch des Königs entschlossen, auf seiner Demission nicht zu bestehen und bleibt in Folge dessen das ganze Ministerium im Amte. Amster dam, 4. Juni. (W. T. B.) Nach einem hier eingetroffenen Telegramm aus Penang hat ein niederländisches Kriegsschiff auf drei unter britischer Flagge segelnde Fahrzeuge geschossen, die für Atchin bestimmte Waaren an Bord führten. Der Bevollmächtigte des Sultans hat in Folge dessen bei dem Gouverneur von Penang Beschwerde geführt; uͤber den Bescheid, den derselbe erhalten, verlautet indeß noch nichts.

Belgien. Brüssel, 4. Juni. (W. T. B.) Die Re⸗ gierung beabsichtigt den Gesetzentwurf, betreffend die Vermeh⸗ rung der militärischen Chargen in der Voraussicht der Nichtgenehmigung desselben Seitens der Kammer zurückzuziehen und dürfte dies dem Bureau „Havas⸗Bullier⸗Reuter,“ zufolge den Rücktritt des Kriegs⸗Ministers, vielleicht auch die Demission des ganzen Kabinets zur Folge haben.

Großbritannien und Irland. London, 3. Juni. Beim Empfang des Schahs von Persien werden im Hafen von Dover 20 Kriegsschiffe zugegen sein. Der Schah wird sich an Bord der Admiralitäts⸗Jacht „Vigilant“, eines der schnellsten Schiffe der britischen Marine, die ihm während seines Besuches in England zur Disposition gestellt werden wird, nach England einschiffen. Der „Pall Mall Gazette“ zufolge wird der Schah auch Oxford besuchen.

Prinz Oskar von Schweden ist zum Besuch des hiesigen Hofes in London eingetroffen.

Linem New⸗Forker Telegramm zufolge starb am 1. d. M. Jo seph Howe, der neuernannte Gouverneur von Neuschottland.

Frankreich. Paris, 3. Juni. Die Proklamation des Präsidenten der Republik an die Armee lautet nach dem Journal Offieiel““:

Soldaten! Indem die Nationalversammlung aus Euren Reihen den Präsidenten der Republik wählte, gab sie einen Beweis von dem Vertrauen, welches sie in Eure Loyalität, Euren Patriotismus und Eure Energie setzt, in unserem Lande die Ordnung und die Achtung vor dem Gesetz aufrechtzuerhalten. Ich habe den General de Lad⸗ Hirault, dem Ihr auf allen Schlachtfeldern, wo Ihr gekämpft habt, begegnet seid, berufen um mich im Kommando der Armee von Ver⸗ saillez zu vertreten. Ihr werdet, was Ihr stets waret, der Devise treu bleiben, welche die Tapfersten unter Euch auf ihrer Brust tra— gen: er. und Vaterland, Tapferkeit und Disziplin.“

Versailles, 26. Mai 1873.

. Der Präsident der Republik: Marschall de Mae Mahon, Herzog von Magenta.

Dem früheren Kriegs⸗-Minister, General de Cissen, ist die „Mödaille militaire“ verliehen worden, die an höhere Offiziere nur dann verliehen wird, wenn sie sich besonders ausgezeichnet haben. Der Bericht, der diesem Dekret vorangeht, lautet:

; ) Paris, 30. Mai 1873.

Herr Präsident! Nachdem der Herr General von Cissey, mein Vorgänger, während des Krieges gegen Deutschland in edler Weise

er das

seine Pflicht an der Spitze seiner Division gethan, befehligte er während der Insurrektion der Kommune ein Armeecorps und trug durch seine Energie und seine geschickten militärischen Dispositionen mächtig zum Triumphe der Qrdnung bei. Nach diesen harten Heimsuchungen nahm riegs⸗Ministerium unter den schwierigsten Verhältnissen an und seine Vaterlandsliebe schreckte nicht vor der schweren Aufgabe zurück, welche ihm die . der Armee auferlegen mußte. Solche dem Lande und der Armee geleisteten Dienste scheinen mir eine Ausnahme⸗Belohnung zu verdienen und ich habe die Ehre, 7 vorzuschlagen, dem Genergl, von Cissey in Ausführung des ekrets vom 13. Juni 1852 die Militär⸗Medaille zu verleihen. Der Kriegs⸗Minister General du Barail.

Das Circular des Ministers des Innern an die

Präfekten lautet: . Versailles, 1. Juni 1873.

ch sagte Ihnen in meiner Depesche vom 25. Mgi: „Keine Zweideutigkeit darf den Charakter der Beschlüsse der Nationalver—⸗ sammlung, nach denen sich die Regierung gewissenhaft richten wird, schwächen. Nichts ist in den Institutionen Frankreichs geändert. Der Präsident der Republik übt die Gewalt unter dem nämlichen Titel und kraft der nämlichen Gesetze aus, wie sein Vorgänger.“ Diese von mir in der ersten Stunde an Sie abgesandte Erklärung hatte zum Zweck, die Bedingungen strenger Gesetzlichkeit hervorzuheben, unter welchen die Uebergabe der Regierung vor sich gegangen ist. In der That tritt zum ersten Male eine ganze Regierung einer neuen Regierung den Platz ab, ohne daß die Sicherheit in Gefahr gebracht würde; das Land blieb ruhig; die Beamten versahen ihre Funk— tionen mit Regelmäßigkeit; die Arbeit wurde ruhig fortgesetzt; der Kredit erhob sich und das Vertrauen der benachbarten Na⸗ tionen wurde nicht erschüttert. Dieses seltene Beispiel enthält für die Zukunft beruhigende Anzeichen und lehrt uns, daß die Freiheit, wie auch die Regierungsform sein mag, aufhört, eine Gefahr zu 3. sobald sie, durch die absolute Achtung vor dem Gesetz niedergehalten wird. Die Regierung gewährt Ihnen, Herr Präfekt, ihr Vertrauen. Meine Instruktionen werden Ihnen nicht fehlen; zögern Sie nicht, Sich nach denselben zu richten, und meine Verantwortlichkeit wird immer die Ihrige decken. Was die Versammlung vor Allem von der von ihr eingesetzten Regierung erwartet, ist ein von dem nämlichen Gedanken inspirirtes und mit Festigkeit geleitetes Verwaltungspersonal, welches sich offen an die Spitze der Konservativen stellt. Die Verwal⸗ tung muß in allen ihren Abstufungen die getreue Vertreterin jener Po- litique réparatrige“ sein, welche allein das grausam heimgesuchte Land kräftigen kann. Zögern Sie daher nicht, laut zu sagen, auf welcher Seite Ihre Sympathien und unsere Aufforderungen sind; berufen Sie zur Einheit alle guten Bürger; mögen sie sich durch die genaue Ausübung der lich des öffentlichen Lebens stärken; nur durch dieses feste Auf⸗ treten und durch die entschlossene Aufrechterhaltung aller konservativen n,, ien kännen wir in Frankreich eine wahre Regierungsmajorität zerstellen. Treten Sie sofort in beständige Verbindung mit der von Ihnen verwalteten Bevölkerung; die Klarheit Ihrer Haltung wird Linreichen, um Ihren moralischen Muth zu erheben, die angrchischen Tendenzen zu entmuthigen und überall die Achtung vor der National⸗ versammlung und dem Gesetz zu sichern. Mögen alle die, welche das Land unter der Präsidentschaft des berühmten, von den Inhabern der nationalen Souveränetät gewählten Marschalls reorganisiren wollen, schließlich erfahren, daß man sie entschlossen unterstützen und verthei⸗ digen wird. Genehmigen Sie 2c.

Der Minister des Innern, Beuls.

Seit einigen Tagen befindet sich der Bericht des Herrn Leon Riant über die Enquete, welche die Nationalversammlung hinsichtlich des gegenwärtig vorhandenen Kriegs materials an⸗ geordnet hatte, in den Händen der Deputirten. Ueber den Stand des Materials bei Ausbruch des Krieges 1870 enthält derselbe folgende Ziffern:

Am 1. Juli 1870 bestand das Material aus 10,11 Kanonen, 7323 Laffetten, 17, 854 Protzwagen, 9387 Manitionswagen, 3,350, 000 Gewehren, worunter 1,053,600 Chassepots, 358,000 Tabatiere⸗ und 400,000 Pistongewehre. Davon fielen in die Hände des Feindes 7234 Kanonen, 665,327 Chassepots und 509,900 Gewehre der älteren Modelle. Es verblieben in runden Ziffern: 3000 Kanonen, 8000 Protzwagen, 2000 Munitionswagen, 350,000 Chasse⸗ pots und 1,000,009 ältere Gewehre. Unter der Regierung vom 4. September wurden dann neu hergestellt oder , über 4000 Kangonen, 3000 Protzwagen, 769, 000 Chassepots und Ws, 885 andere Gewehre (Sauvaire, Remington, Peabody, Sharp, Joshyre, Warner, Enfield, Snider). Zum Schlusse wird dann ein enauer Voranschlag zur Ausrüstung einer Armee von 1B 200, 90090 Mann 6 45 Tage aufgestellt. Derselbe verlangt für Lebensmittel aller Art die Summe von 45,188,842 Franken, für Hospitäler 14.287.063 Fr., Bekleidung 385, 845,000 Fr. Lagerzeug 18,450, 0900 Fr., Fuhrwesen J, bid, 23 Fr., Pferde 445152169 Zr, Geschirr 13745 736 Ir, Fouragen 28,800,900 Fr., Artillerie der Festungen, das Feld mit Ein⸗ schluß der Munitionen 367,462, 90 Fr, Feldmaterial 13500000 Fr.: also im Ganzen die Summe von 1,0630‚461,R868 Fr.

Die Armee ⸗Kommission der Natignal⸗ Versammlung hat sich der „Köln. Ztg.“ zufolge dahin ge⸗ einigt, die Einführung der Civilversorgung für ausgediente Mi⸗ litärs zu befürworten. Und zwar sollen zunächst 2400 passende Stellen für Leute aus dem Unteroffizierstande reservirt werden.

Die große Revue, welche der Präsident der Re⸗ publik über die Paris⸗Versailler Armee zu halten die Absicht hat, soll am nächsten Sonntag in acht Tagen nicht in Paris, sondern auf der Ebene von Satory bei Versailles stattfinden.

Spanien. Madrid, 1. Juni. Die Wahlen des vor⸗ läufigen parlamentarischen Bureaus sind föderalistisch ausgefallen. Zum Präsidenten der Kammer wurde mit 140 Stimmen Orense, Marquis von Albaida gewählt; zu Vize⸗ Präsidenten Palanca, Cervera, Pedregal und Diaz Quintero, die alle vier der Regierungspartei angehören. Zu Sekretären wur⸗ den gewählt: Soler 9 Pla, Bartolome, Santa Maria, Lopez

Die „Diskussion“ meldet: Nach dem Entwurfe, welchen der Kriegs-Minister den konstituirenden Cortes vorlegen wird, soll die Armee aus 80 000 Mann bestehen, wovon 55, 000 auf die Infanterie, 10, 000 Mann auf die Kavallerie, 9300 auf die Artillerie, 3309 auf die Genietruppe, der Rest auf andere Corps entfallen würde. Die Infanterie wird 40 Regimenter zu 2 Bataillonen zählen, ferner 20 Bataillone Jäger, ein Bataillon der canarischen Inseln und das Regiment Fijo de Ceuta. Die Artillerie wird aus 4 Regimentern zu Fuß, 5 Regimentern zu Pferde und 2 Regimentern Bergartillerie bestehen. Die Kaval⸗

Vasquez und Perez Rubio.

lerie wird 20 Regimenter zu 4 Schwadronen zählen, ferner

L Schwadron von Galizien, eine andere von Mallorca und zwei Remonteanstalten.

Italien. Rom, 4. Juni. (W. T. B.) Der Protest der Ordensgenerale gegen die Klostergesetze ist von 82 Ge⸗ neralen und Generalanwälten unterzeichnet und an den König, an den Präsidenten des Ministerraths und an beide Kammer⸗ Präsidenten gerichtet.

Der Minister⸗Präsident Lanza ist nach Frosinone ab⸗ gereist. Der König hat den General Dezza ebendahin gesandt, um Nachrichten über das Befinden Ratazzi's zu erhalten.

Frosinone, 4. Juni. (W. T. B.) Der Zustand Ra⸗ tazzi's ist äußerst bedenklich geworden und ist eine bedeutende Abnahme der Krafte eingetreten. Mehrere Deputirte und No⸗

tabilitäten kamen persönlich hierher, um ihre Theilnahme zu be⸗ zeigen.

R TRußland und Polen. St. Peters burg, 3. Juni. Die am 30. Mai von Kronstadt nach Kopenha gen ausgelaufene Dampf⸗Jacht „Standart“, mit den Großfürsten Nikolaus und Georg an Bord, wird bis Kopenhagen von der Panzer⸗ fregatte „Shewastopol“ begleitet. In Kopenhagen angelangt, wird der „Standart“ die Ankunft des Großfürsten Thronfolgers und seiner Gemahlin erwarten, um dieselben dann in Begleitung der Fregatte „Rjurik“ nach England hinüberzuführen.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 30. Mai. Der König wird am 15. Juni seine Reise nach Norwegen an⸗ treten.

Das norwegische Storthing hat am 28. d. M. mit 74 Stimmen gegen 36 den Vorschlag wegen Aufhebung des Statthalterpostens angenommen. Diese Bestimmung führt mehrere Veränderungen mit sich; unter Anderem ist genehmigt worden, anstatt des erwähnten Postens einen Staats⸗Minister⸗ posten zu errichten, so daß fortan zwei norwegische Staats⸗Mi⸗ nister fungiren werden.

Nachdem das Münzgesetz vom Odelsthing nach einem gemischten System zwischen dem jetzigen norwegischen und dem neuen dänisch⸗schwedischen, angenommen worden war, ist es zur Verhandlung im Lagthing gekommen. Dieses Thing hat

jedoch auf Vorschlag eines der Landrepräsentanten J. Velde, mit 15 Stimmen gegen 13 eine nicht unwesentliche Veränderung genehmigt, indem dasselbe den Paragraphen, welcher die Aus⸗ münzung von 5, 8 und 1 Oere⸗Stücken in Bronze vorschreibt, verworfen hat, und mit dieser Veränderung ist das Gesetz an das Odelsthing zurückgesandt worden.

Amerika. Ein Reutersches Telegramm aus Washing—⸗ ton vom 3. d. meldet: „Der Modoe⸗Krieg ist zu Ende. Kapitän Jack und seine Gefährten wurden am Sonntag ohne Widerstand gefangen genommen und die ganze Bande hat sich nun bedingungslos ergeben.“

Wie ein amerikanisches Telegramm der „Times“ meldet, hat auch die Fehde zwischen den zwei rivalisirenden Gouverneuren in Louisiana ihr Ende gefunden. M Enery hat eine Adresse erlassen, in welcher er sagt, daß, nachdem der Präsident ent⸗ schlossen sei, Kellogg mit Militärgewalt zu unterstützen, er seiner Partei den Rath ertheile, keinen weiteren Widerstand zu leisten, sondern bis zum Zusammentritt des Kongresses im Dezember zu warten.

Dem üblichen Monatsausweise des Schatzsekretärs zu⸗ folge hat sich die öffentliche Schuld der Vereinigten Staaten, während des Monats Mai um 3,525,282 Dollars vermindert, und belief sich am 1. Juni auf 2, 149, 963 873 Doll. Der Kassenbestand im Schatzamte umfaßte zu dieser Zeit JH, 588, 000 Doll. in klingender Münze und 6065, 000 Doll. in

Papiergeld.

Am 5. Mai vollzog der Kaiser von Brasilien, wie die „Hp. N.“ melden, den Schluß der ersten und die Eröff⸗ nung der zweiten Session des gegenwärtigen Reichspar⸗ laments mit folgender Thronrede:

„Erlauchte und sehr edle Herren Vertreter der Nation! Noch einmal spreche ich Ihnen meinen tiefgefühlten Dank aus für die Be— zeugungen Ihres mir so tröstlichen Beileids über den Verlust meiner theuren Stiefmutter, Ihrer Majestät der Königin⸗-Wittwe, Herzogin von Braganza, welche am 26. Januar in Gott entschlief. Dank der göttlichen Vorsehung hatte die Epidemie, welche in mehreren unserer Küstenstädte zum Ausbruch kam, einen verhältnißmäßig weniger bösartigen Verlauf und geht überall mit dem Ein— tritt der neuen Jahreszeit ihrem Erlöschen entgegen. Sehr hülf⸗ reich erwies sich während ihrer die Wohlthatigkeit der einhei⸗ mischen wie der fremden Bevölkerung. Krankheiten verschiedenen Charakters und beträchtliche Ueberschwemmungen haben einzelne Ge⸗ genden heimgesucht; immerhin sind ihre Verheerungen nicht so schwer, wie sie in juͤngsten Zeiten andere Länder aus verwandten Ursachen er⸗ fahren haben. Die Regierung und ihre Organe in den Provinzen haben die Pflichten, die Gesetz und Humanität in solchen Fällen vor⸗ schreiben, erfüllt und hat ihren raschen Hülfeleistungen überall der rege Beistand der Privaten sich angeschlossen, wie er in Brasilien nie⸗ mals vermißt wird. Unverändert sind die guten Beziehungen des Kaiserreichs zu den übrigen Staaten, und die Regierung legt den höchsten Werth darauf, durch eine gerechte und wohlwollende Politik diese Bezie⸗ hungen immer enger zu knüpfen. Ausgewechselt wurden die Ratifikgtionen der Auslieferungsverträge mit Portugal, Großbritannien und Italien und einer Post⸗Konvention mit der Republik Peru. Die öffent⸗ liche Ruhe des Landes hat nirgends eine Störung erlitten. Es bleibt bei alledem zu beklagen, daß sie in den entlegenen und wenig bevöl⸗ kerten Gegenden des Reiches, wo der Einfluß des Gesetzes dem Ver⸗ brechen zu begegnen zu schwach ist, noch des ausreichenden Schutzes entbehrt. Eine radikale Heilung dieses Uebels hängt vor Allem von besseren Kommunikationen und solchen Maßnahmen ab, welche geeignet sind, die Moral der Bevölkerungen dieser Gegenden zu heben. Es ist dies nicht das Werk Eines Tages; jedenfalls ist es nothwendig, diesen Aufgaben die möglichste ö zu widmen.

Der Abschluß des Staatshaushalts des Jahres 1871,72 und die bisherigen Ergebnisse des laufenden Finanzjahres bestätigen die frü⸗ heren Voraussichten bezüglich der Zunahme der Reichseinnahmen. Diese günstige Lage wird gestatten, daß wir fortfahren, die Last der Steuerpflichtigen zu vermindern, freilich nur, indem wir nicht außer Acht lassen, daß die Bedürfnisse des Landes immer neue Ausgaben erheischen und aus dem letzten Kriege uns schwere Verpflichtungen überkommen sind. .

Die Solderhöhung, welche Sie dem Heere und der Flotte hewil⸗ tigt haben, war ein Akt der Gerechtigkeit. Nicht minder verdienten die übrigen Staatsbeamten⸗Klassen welche durch die jüngste Gesetz⸗ gebung berücksichtigt wurden, die Wohlthat, welche Sie ihnen erwiesen haben. Jedenfalls gilt es in unserer Verwaltung den Grundsatz fest⸗ zuhalten; Weniger zahlreiche, dafür aber besser besoldete und streng zur Erfüllung ihrer Pflicht angehaltene Beamte.

Der Volksunterricht und die Verbreitung der nothwendigen Kennt—⸗ nisse in den verschiedenen Klassen der Gesellschaft bedürfen eines ver⸗ vollkommneten eie, der ihnen vorgelegt werden wird. In dem Streben, sie so zu fördern, wie es das Ziel des steten Bemühens der Regierung, bezweckt derselbe einerseits den zu Gebote stehenden finan⸗ ziellen Mitteln die möglich ausgiebigste Verwendung zu geben und, an⸗ dererseits die verdienstvollen Anstrengungen immer 6 zu ermuthigen, welche allerseits den Zielen höherer Bolksbildung f zuwenden, eine Bewegung, welche ich mit der größten Genugthuung betrachte und welche unsern Mitbürgern zu hoher Ehre gereicht,

Die immer mächtiger sich entfaltenden wirthschaftlichen Interessen Brasiliens verlangen behufs ihrer rascheren und wirksameren Förde⸗ rung vor Allem den Gewinn tüchtiger Arbeitskräfte, die Vervoll⸗ kommnung des gewerhlichen Unterrichts und Straßen und Telegraphen, Von der vereinten Anwendung dieser Mittel hängt es ohne Zweifel ab, daß unsere Hauptindustrie sich in den Stand gesetzt sehe, ohne Nachtheil und Abbruch zu erleiden, die Veränderungen durchzuführen, werche der Fortschritt der Zeit in ihrem Betriebe . Die Opfer, welche wir zu diesem Zwecke bringen, mit der Weisheit, welche Ihre Beschlüsse so sehr auszeichnet, werden ihren reichlichen Ersatz finden in dem Gedeihen der Bevölkerung und dem Wachsthum des allge⸗ meinen Reichthumes.

Gegenstand der Prüfung ist die Weiterführung der Eisenbahnen den Pernambuco, Bahia und S. Paulo. Gleichzeitig schreitet die Verlaͤngerung des Schienenweges fort, welcher die Provinzen Rio de Janeiro und Minas Geraes in der Richtung nach dem S. Francisco hin durchschneidet. Verschiedene andere Unternehmungen, theils sind Privaten theils von den Provinzen ausgehend, zu dem Zweck von Anschlusses an diese großen Hauptlinien unsers Eisenbahmystems des ohne die Reichsfinanzen zu belasten, kontrahirt worden.

Sowohl die geographische Lage, als die Wichtigkeit der Pro- duktion und des Handels der Provinz Rio Grande do Sol verlangen, daß die Reichsgewalten sie in dem Bemühen unterstützen, sowohl ihrer Sicherheit als der Entfaltung ihrer materiellen Hälfsquellen Vor⸗ schub zu leisten durch eine die Entfernungen zwischen der Küste und der Grenze von Uruguay abkürzende Eisenbahn. Gleiche Bauten sind durch das Gebiet der benachbarten Staaten nach den an den Grenzen liegenden Ortschaften hin im Gange und gilt es, den beider— seitigen Interessen gleichmäßig auch von unserer Seite die entsprechende Förderung Sn, nnen -

Der Gesellschaft des transatlantischen Kabels, welcher Brasilien mit Europa verbinden soll, wurde die früher an andere Unternehmer vergeben gewesene Konzession zur Herstellung eines submarinen Tele⸗ graphen zwischen dem Norden und Süden des Reichs mit solchen Modifikationen übertragen, welche die Ausführung dieses wichtigen Unternehmens in möglichst kurzer Zeit sicherzustellen geneigt sind.

Zu Ihrer Entscheidung stehen zwei Entwürfe von allgemein an— erkannter Wichtigkeit, die Ihnen neuerdings im Namen der Regierung vorgelegt wurden, die Reform der Nationalgarde und unsers Wahl⸗ systems betreffend, ebenso wie mehrere andere aus Ihrer eigenen er⸗ leuchteten Initiatipe hervorgegangene. Unter den letzteren hebe ich als besonders wichtig diejenigen hervor, welche sich auf die Beförderungen in der Marine, das Gerichtswesen zweiter Instanz und die Bildung einer neuen Provinz beziehen. Ich hoffe, daß Sie diesen bedeutsamen Aufgaben Ihre besondere Aufmerksamkeit zuwenden und dieselben von Ihrer Weisheit die den gegenwärtigen Verhältnissen Brasiliens ange⸗ messenste Lösung erfahren werden. ;

Die Errichtung einer neuen Provinz, welche die fruchtbaren Ufer⸗ gegenden des St. Francisco umfaßt, ef einen Mittelpunkt des Fortschritts für diese ausgedehnte und reiche Zone des Reiches, welche bisher der Einflüsse und Segnungen der Civilisation zum großen Theile sich beraubt gesehen hat.

Die Nationalgarde von der schweren Last zu befreien, welche sie

so lange, in bemerkenswerther Hingebung getragen hat, indem für die Bedürfnisse der Polizeiverwalkung anderweitig Sorge getragen wird, ist eine Maßnahme, welche gleichmäßig dem Interesse der öffentlichen Ordnung, wie der Freiheit der einzelnen Staatsbürger dient. Der Zweck der ö. ist, die erste Bedingung unseres Ver⸗ fassungs lebens sicher zu stellen, die Unverfälschtheit des Ausdrucks des Volkswillens, ein Gegenstand, würdig der unablässigsten Bestrebungen einer freien Nation, welche ihre vornehmste Kraft aus der öffentlichen Meinung und der Geltung des Gesetzes schöpft.

Erlauchte und sehr würdige Herren Vertreter der Nation! Mit dem alten vollen Vertrauen in Ihren erlenchteten Patriotismus und mit der unerschütterlichen Zuversicht in die große Zukunft Brasiliens richte ich diese Worte an Sie von dem Thron herab, dessen Pflichten ich mit der ganzen Liebe, die ich unserm Vaterlande zolle, nachzu— kommen bestrebt bin.

Ich schließe die erste und eröffne die zweite Session der gegen⸗ wärtigen Legislaturperiode.“

Asten. Von China und Japan überbrachte der am 15. Mai in San Franzisko eingetroffene Dampfer „Japan“ folgende Nachrichten: In Hongkong fand am 22. März eine furchtbare Feuersbrunst statt, durch welche 5000 Personen hei⸗ mathslos wurden. Die Telegraphenlinie nach Amoy wird von chinesischen Beamten untersucht. Die Mitglieder der „Assembly⸗ in Coran sind nach Peking gegangen, um dem Kaiser als Vasallen zu huldigen. In Ssaka Japan) fand am 12. März ein Erdbeben und am 29. März eine Feuersbrunst statt, bei welcher viele Menschen ihr Leben verloren. Die in Horura ein⸗ gekerkerten eingeborenen Christen wurden in Freiheit gesetzt. In den Provinzen Jetsitzen und Preescho haben die Bauern revol⸗ tirt, weil die Regierung zu milde gegen die Christen verfährt; man glaubt jedoch, daß die Insurrektion baldigst beendigt fein wird. Sieben der Insurgenten wurden bereits hingerichtet.

Neichstags⸗ Angelegenheiten.

Berlin, 5. Juni. Das dem Reichstag vorgelegte Gesetz, betreffend den Antheil des ehemaligen Norddeut— schen Bundes an der französischen Kriegskosten— entschädigung, hat folgenden Wortlaut:

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen 2c.

verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustim⸗ mung des Bundesrathes und des Reichstages, was folgt: Artikel 1. Aus dem nach Artikel VI. des Gesetzes, betreffend die französische Kriegskostenentschädigung, vom 8. Juli 1872. (R. G. Bl. S. 289 ff. dem ehemaligen Norddeutschen Bunde zufallenden Antheile sind die in der Anlage A. aufgeführten Ausgaben für Vervollständi⸗ gung der Magazin, Garnison⸗ und Lazaretheinrichtungen, sowie der artilleristisch⸗technischen Anstalten im Gesammtbetrage von 15,241, 000 Thlrn. zu bestreiten.

Von diesem Betrage werden dem Reichskanzler für das

Jahr 1873... 1,558 000 Thlr., . 1543. . 5555 606,

zur Verfügung gestellt. Die später zu verwendenden Beträge sind in die Reichshaushalts-Etats der betreffenden Jahre aufzunehmen.

Artikel 2. Der Restbestand, welcher von dem im Artikel 1 ge—⸗ dachten Antheile des Norddeutschen Bundes nach Abzug

). der gesammten durch die Kriegführung wider Frankreich dem ehemaligen Norddeutschen Bunde erwachsenen Ausgaben, soweit die⸗ selben nicht nach den Bestimmungen in Artikel V. des gedachten Ge⸗ setzes zu ersetzen oder aus anderen in Folge des Krieges entstandenen Einnahmen gedeckt sind,

2) der in dem anliegenden Ueberschlage B. nachgewiesenen Aus⸗

gaben für die Wiederherstellnng der vollen Kriegsbereitschast der Kontin⸗ gente des ehemaligen Norddeutschen Bundes, Badens und Südhessens, und der damit verbundenen Bauten und Beschaffungen, soweit sie nicht Baden und Südhessen zur Last fallen, 3) endlich der durch den Reichshaushalts-Etat oder besondere Gesetze, bez, durch Artikel 1 des gegenwärtigen Gesetzes auf den An⸗ theil, des ehemaligen Norddeutschen Bundes an der Kriegskostenent⸗ schädigung bereits angewiesenen, bez. noch anzuweisenden Ausgaben verbleibt, wird unter die Bundesstaaten nach dem Maßstabe vertheist, welcher in dem durch das Gesetz vom 13. Juni 1859 (B. G. Bl. S. 211) festgestellten Haushalts⸗Etat des Norddeutschen Bundes für 3 * 1870 der Vertheilung der Matrikularbeiträge zu Grunde gelegt ist.

Urkundlich ꝛc.

Gegeben ze.

Der am 25. Mai unterzeichnete zweite Additional—⸗ vertrag zu dem Postvertrag zwischen dem Norddeut⸗ schen Bunde und Schweden vom 233.24. Februar 1869 n mn der Bundesrath demselben seine Zustimmung er⸗ theilt hat, dem Reichstage mit folgender Denkschrift zur ve ef n , n. Beschlußnahme vorgelegt worden:

Im Gefolge des deutsch⸗französischen Postvertrages waren u. A. auch mit Schweden Unterhandlungen zur Erleichterung des deutsch⸗ , . Postverkehrs und zur Einführung der neuen Grundsätze ö ö den Posttransit und über das Abrechnungswesen eingeleitet

orden.