1873 / 136 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 11 Jun 1873 18:00:01 GMT) scan diff

Im weiteren Verlauf seiner gestrigen Sitzung geneh⸗ migte der Reichstag den ganzen Nachtrags⸗Etat zum Reichs⸗ J des Jahres 1873 mit Ausnahme der an die Budget⸗ ommission verwiesenen Abschnitte desselben in erster und zweiter Berathung; jedoch wurden die in Havre und Marseille begrün⸗ deten und mit 5000 Thlr. Gehalt dotirten Konsulate als kuͤnftig wegfallend bezeichnet. An die Budgetkommission wurden fol⸗ gende Abschnitte des Nachtrags⸗Etats verwiesen: die Etats der Marine, des Reichsheeres, des Invalidenfonds und des Rech⸗ nungshofes nebst der auf den letzteren sich beziehenden vom Abg. Richter eingebrachten Resolution. Ferner wurden in zweiter Berathung diejenigen Positionen des Reichshaushalts für 1874 bewilligt, welche in Zusammenhang stehen mit den vorher genehmigten Positionen des Nachtrags⸗Etats, und dann in die zweite Berathung des Etats der Einnahmen aus Zöllen und Verbrauchssteuern für 1874 eingetreten. An diesen Etat knüpfte sich eine längere Debatte über den Antrag des Abg. v. Behr u. Gen., betreffend die Aufhebung des Eingangszolls aus Eisen und Stahl, dem die Abgg. Stumm und v. Kardorff den Antrag entgegen⸗ stellten, den Reichskanzler aufzufordern, dem nächsten Reichstage uber eine umfassende, insbesondere auf eine weitere Ermäßigung der Eisenzölle gerichtete Reform des Zolltarifs Vorlage zu machen. Nachdem die Abgg. v. Behr und Stumm ihre Anträge motivirt hatten, beschloß das Haus, mit Rücksicht auf die Erklärung des Präsidenten Delbrück, daß eine auf den Gegenstand bezügliche Vorlage in wenigen Tagen an das Plenum des Bundesrathes gelangen werde, die beiden Anträge von der Tagesordnung ab⸗ zusetzen. Um 5 Uhr schloß die Sitzung, und wurde die nächste auf heut angesetzt. Erwähnenswerth ist, daß bei Feststellung der Tagesordnung das Haus den Vorschlag des Präsidenten Dr. Simson, das Militär⸗Organisationsgesetz zur ersten Bera⸗ thung zu stellen, ablehnte.

In der heutigen (50. Sitzung des Reichstags, der am Tische des Bundesrathes der Reichskanzler Fürst v. Bismarck und die Staats ⸗Minister Delbruͤck und Dr. Fäustle mit mehreren Kommissarien beiwohnten, wurde zunächst der Gesetzentwurf über die Geldmittel zur Erweiterung der Dienstlokalien des Auswärtigen Amtes fast ohne Diskussion unverändert genehmigt; nur eine Anfrage des Abgeordneten Grafen Rittberg gab dem Reichskanzler Ver⸗ anlassung, eine kurze Mittheilung über die Dispositionen zu machen, die, so weit sich die Sachen übersehen lassen, bezüglich der Benutzung der Räume in dem Hause Wilhelmsstraße 70 A. und in dem v. Deckerschen Gebäude getroffen werden sollen. Alsdann wurde die zweite Berathung des Etats der Zölle und Verbrauchs⸗ steuern im Jahre 1874 fortgesetzt, welche dem Präsidenten des Reichskanzler ⸗Amtes und dem Bundeskommissar Geheimen Ober⸗ Regierungs⸗Rath Dr. Michaelis wiederholt Gelegenheit gab, Auskunft über die Lage der Zuckerfabrikation zu geben. Nach dem Abg. v. Kardorff sprach bei Schluß des Blattes Dr. Braun über die vorläufig aufgeschobene Steuerreform, welche in Zukunft zur Beseitigung der Salzsteuer und der Matrikularbeiträge führen

müsse.

Der Bundesrath hat unter dem 27. April d. J. zum Zwecke der wirksamen Durchführung der in den 5§. 39, 284 und 362 des Reichs⸗Strafgesetzbuches vorgesehenen Maß⸗ regel der Ausweisung von Ausländern aus dem Reichs⸗ gebiete beschlossen, daß sämmtliche auf Grund der ebengedachten Paragraphen verfügten Ausweisungen von Ausländern Seitens der ausweisenden Behörden sofort, und zwar unter abschriftlicher Beifügung des Tenors des rechtskräftigen gerichtlichen Straf⸗ Urtheils, auf Grund dessen die Ausweisung erfolgt, dem Reichs⸗ kanzler⸗Amte zum Zwecke der Veröffentlichung derselben durch das Centralblatt für das Deutsche Reich angezeigt werden sollen. Demgemäß sind die Bezirksregierungen Seitens des Mi⸗ nisters des Innern angewiesen werden, in jedem einzelnen Falle, in welchem von denselben auf Grund der §5§. 39, 284 und 363 und eines auf diese Paragraphen basirten gerichtlichen Straf⸗ Urtheils die Ausweisung eines Ausländers aus dem Reichsgebiete verfügt worden ist, dem Reichskanzler-Amte hiervon Anzeige zu machen, und dieser Anzeige außer einer be⸗ glaubigten Abschrift des Tenors des gerichtlichen Erkenntnisses auch eine beglaubigte Abschrift des disposttiven Theiles des Aus⸗ weifungsbeschlusses und, soweit in diesen Schriftstücken die An⸗ gaben über Stand, Alter, Geburts⸗, Heimaths⸗ und inländischen Aufenthaltsort des Ausgewiesenen nicht bereits enthalten sind, diese ebenfalls beizufügen. -

Ebenso haben die Bezirksregierungen dafür zu sorgen, daß die Veröffentlichungen, welche in Folge der angeordneten Anzeigen im Centralblatte für das Deutsche Reich stattfinden werden, durch Aufnahme derselben in das Amtsblatt resp. Central⸗ Polizeiblatt zur Kenntniß der derselben untergebenen betref⸗ fenden polizeilichen Behörden und Beamten kommen.

Auf Grund der Vorschrift im Absatz 3 des 5§. 2 des Gesetzes vom 12. v. M., betreffend die Gewährung von Woh⸗ nungsgeldzuschüssen an die unmittelbaren Staatsbeamten, hat der Finanz⸗Minister festgesetzt, daß die Kataster⸗Inspekt⸗ toren, welchen ein bestimmter Dienstrang nicht beigelegt ist, für diesen Zweck den Beamtenklassen unter Abtheilung III. des dem gedachten Gesetze beigefügten Tarifs beizuzählen sind.

Ingleichen hat der Finanz⸗Minister auf Grund des letzten Satzes im 5. 10 des Gesetzes vom 24. März d. J., betreffend die Tagegelder und die Reisekosten der Staatsbeamten, be⸗ stimmt, daß den Kataster⸗Inspektoren bei Dienstreisen die Tage⸗ gelder und die Reisekosten nach denselben Sätzen wie den Be⸗ amten unter Ziffer Iv. im §. 1 des letzterwähnten Gesetzes zu

gewähren sind.

Das soeben erschienene Personal⸗Verzeichniß der hiesigen Universität ergiebt für das Sommerhalbjahr 1873 eine Gesammtzahl von 1590 immatrikulirten Studenten. Dazu kommen 256 Studirende des Friedrich⸗Wilhelms⸗Instituts und andere „Theilnehmer“ an den Universitäts⸗Vorlesungen 1205 außerdem zur Theilnahme an den Vorlesungen Berechtigte. Es ist dabei zu bemerken, daß das Verzeichniß in diesem Sommer mehrere Wochen früher als sonst üblich abgeschlossen ist (am 28. Mai), um das frühere Erscheinen desselben zu ermöglichen. (I‚ Sommer 1872 sind nach jenem Tage noch 28 7 Immiatrikulationen vorgenommen). Es sst daher auch in diesem Sommerhalbjahr noch eine Anzahl Immatrikulationen in Aus⸗ sicht, doch wird die Gesammtzahl die runde Summe von 1600 voraussichtlich wenig überschreiten; darunter 3290 Nicht⸗Preußen. Die Verthe lung nach Fakultäten ergiebt 170 Theologen, 465 Zutisten, 349 Mediziner, 615 Studirende der philosophischen Fakultät. Unverkennbar zeigt sich in diesen 3 eine Abnahme des Besuchs nicht nur im Ver⸗ gleich zu den letztvorangegangenen ungewöhnlich en Som⸗ mersemestern, sondern auch im Vergleich zu der Durchschnittszahl

der letzten 20 26. In dieser Beziehung wird es von Inter⸗ esse sein, die Verhältnisse der Frequenz der Sommer halbjahre überhaupt vergleichlich zusammenzustellen. Die Zahl der imma⸗ trikulirten Studenten betrug im Sommerhalbjahr 1872 1990, 1871 2113, 1870 2023, 1869 1958, 1868 1956, 1867 1957, 1866 1840, 1865 1862, 1864 1845. 1863 1757, 1862 1704, 1861 1542, 1860 1398, 1859 1346, 1858 1318, 1857 1409, 18566 1382, 1855 1335, 1854 1348, 1852 1408. Es ergiebt sich daraus, daß die jetzige Zahl von 1600 Immatrikulirten fast um 3090 unter der Durchschnittszahl der Jahre 1860 70 zurückbleibt, die Durchschnittszahl der Jahre 1850 –- 60 um etwa 200 übersteigt. Daß dabei die Theuerungs⸗ verhältnisse, insbesondere die ‚Wohnungsnoth“ der Stadt Ber⸗ lin, einen hervorragenden Einfluß üben, unterliegt keinem Zwei⸗ fel. Es wirken dabei aber auch noch andere Umstände mit. Unverkennbar ist die theologische Fakultät mit der Zahl von 179 Immatrikulirten die Stelle, an welcher die Differenz hauptsächlich zu suchen ist. Die Frequenz der juristischen, medizinischen und philosophischen Fakultät entspricht noch immer der Durchschnitts⸗ zahl der Sechziger Jahre und übersteigt die Durchschnitts⸗ zahlen der Fünfziger Jahre sogar um ein Er⸗ hebliches. Von einem Zuruͤckgehen der Universität als Gesammtinstitut wird unter diesen Umständen noch nicht gespro⸗ chen werden können, und jedenfalls werden unliebsame Betrach⸗ tungen der Art dem vermeintlichen Verfall der Friedrich⸗Wil⸗ helms⸗Universität wohl nicht abhelfen. In den Frequenz⸗Ver⸗ hältnissen aller deutschen Hochschulen haben sich jederzeit Schwan⸗ kungen gezeigt, die den Bewegungen von Ebbe und Fluth ver⸗ gleichbar sind, ohne sich auf das Verdienst oder die Schuld be⸗ stimmter Personen oder Verwaltungssysteme zurückführen zu lassen. Es würde kein Glück sein, wenn die Reichshaupt⸗ stadt auch das akademische Leben Deutschlands centra⸗ lisiren und aufsaugen sollte. Je stärker die Anzie⸗ hungskraft anderer deutscher Universitäten sich neben den na⸗ türlichen Vorzügen der großen Reichshauptstadt geltend macht, je eifriger die Bemühungen anderer deutscher Regierungen dahin gehen, diese Konkurrenz erfolgreich aufrecht zu erhalten, um so besser wird sich der gute Geist der deutschen Hochschulen konser⸗ viren. Berlin wird daher auf die günstige Frequenz anderer Universitäten ohne Neid blicken dürfen. Beiläufig mag indessen . werden, daß bei Vergleichung der Zahlen der hiesigen und dek außerpreußischen Universitäten der Umstand in Betracht kommt, daß die preußischen erheblich strengere Grundsätze in der Zulassung zur Immatrikulation befolgen, und daß insbesondere die hiesige Universität die militärärztlichen Eleven, Pharmazeuten und andere zum Hören der Vorlesungen „Berechtigte“ von den immartikulirten Studenten trennt, während sie bei anderen k in der Gesammtzahl der Studirenden einbegriffen werden.

Heute Vormittag fanden auf dem Tempelhofer Felde die diesjährigen Frühjahrsbesichtigungen des 2. Garde⸗ Ulanen⸗ und 2. Garde⸗Dragoner⸗Regiments in Anwesenheit der bezüglichen Vorgesetzten statt.

Die provisorische Abtheilung des Garde⸗Fel d⸗Ar⸗ tillerie⸗Regiments, Corps⸗Artillerie, verließ heute Morgen die Kantonnements in Tempelhof, Schöneberg und Britz, passirte Berlin und marschirte nach der neuen Garnison Oranienburg ab.

Der Contre⸗Admiral Henk, Direktor der Admiralität, ist zum Chef des Uebungsgeschwaders ernannt worden und wird sich derselbe zum Antritt feines Kommandos morgen Abend nach Wilhelmshaven begeben. Chef des Stabes beim Kom⸗ mando dieseslebungsgeschwaders istKapitän⸗Lieutenant Schröder, kommandirt zur Dienstleistung bei der Admiralität, welcher be⸗ reits vor einigen Tagen zur Uebernahme seines Kommandos nach Wilhelmshaven abgereist ist.

In der festlich geschmückten Jakobikirche hierselbst wurde am Dienstag Abend das Jahresfest der Gesellschaft zur Beförderung der evangelischen Missionen unter den Heiden abgehalten. Misstionar Posselt, der bereits 34 Jahre lang unter den Zulukaffern in der Kolonie Natal wirkt, gab in der Festpredigt ein anschauliches Bild von den Gefahren des Missionslebens. Dem vom Missionsdirektor Dr. Wangemann erstatteten Jahresbericht ist u. a. zu ent⸗ nehmen, daß der Bau des neuen Missionshauses am Friedrichshain, zu welchem die Gaben selbst aus den afri⸗ kanischen Gemeinden flossen, seiner Vollendung entgegen⸗ geht und das alte Missionshaus in der Sebastianstraße in die Hände einer ebenfalls religiösen Zwecken dienenden Gesellschaft übergegangen ist. Im vorigen Jahre wurden drei neue Missio⸗ nare in das Haus aufgenommen, drei wurden nach Afrika ent—⸗ sendet und zwei verstarben daselbst. Im Heidengebiete wurden drei neue Missionsstationen errichtet, zwei mußten erweitert und eine verlegt werden.

Heute beginnt im Saale des Evangelischen Vereins- hauses die diesjährige Berliner Pastoral⸗Konferenz, für welche zwei bis drei Tage in Aussicht genommen sind.

Danzig, 10. Juni. Gestern wurden, wie die „Westpreuß. Ztg.“ mittheilt wiederum zwei cholerakranke Flößer in das Hülfs⸗ Lazareth zu Neufähr abgeliefert. Bis jetzt sind im Ganzen 10 Flößer als cholerakrank in die beiden Hülfs⸗Lazarethe auf⸗ genommen, von denen 6 verstorben und W genesen sind. Das Lazareth in Neufähr ist vollständig eingerichtet, doch wird der Transport dahin bei stürmischem Wetter sehr erschwert.

Wiesbaden, 10. Juni. Se. Majestät der Schah von Persien, machte gestern Mittag mit Gefolge einen Aus— flug über Schierstein nach dem Schloß Julienheim zwischen Walluf und Eltville. Nach längerem Aufenthalt daselbst kehrte derselbe gegen 5 Uhr über Biebrich hierher zurück. Um diese Zeit fand große Tafel im Schlosse statt, welcher der Poltzei⸗= Direktor von Strauß und höhere Offiziere beiwohnten.

. Morgen früh wird Se. Majestät der Schah von hier einen Ausflug nach Karlsruhe und Baden⸗Baden machen und morgen Abend hierher zurückkehren.

Bayern. München, 9. Juni. Das Ministerium des In nern hat den Beschluß der Königlichen Regierung von Oberbayern, nach welchem dem von den beiden Gemeinde⸗Kolle⸗ gien beschlossenen Abbruch des Isarthores die Genehmigung versagt wurde, bestätigt.

Württemberg. Stuttgart, 8. Juni. Heute Vormit⸗ tags 19 Uhr trafen der Kaiser von Kußland nebst dem Großfürsten⸗Thronfolger und Gemahlin, von Wien kommend, mittels Extrazuges hier ein. Der König und die

Königin nebst der Großfüͤrstin Vera empfingen am Bahnhofe

ihre Hohen Verwandten. Der Kaiser und der Großfürst trugen die russische große Generals⸗-Uniform, der König ebenfalls große Generals Uniform mit dem Bande des St. Andreas⸗Ordens. Nach gegenseitigen herzlichsten Begrüßungen bestiegen die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften sofort die er,, , Hof⸗Equipagen, um sich nach dem Königlichen Palais zu begeben. In dem ersten vierspännigen Wagen hatte der Kaiser mit der Königin und der Großfürstin Vera Platz genommen, in dem zweiten der König mit dem Großfürstlichen Paare. Hierauf folgten in 18 zwei⸗ spännigen Hofwagen die General⸗ und Flügel⸗Adjutanten des Kaisers, die Hofdamen der Großfürstin und das zahlreiche Gefolge. Unter den Ordonnanzen des Kaisers befanden sich 3 Tscherkessen. Das Publikum begrüßte die Hohen Herrschaften mit lebhaftem Zurufe. In der griechischen Kapelle des Königlichen Palais fand unmittelbar darauf ein feierlicher Gottesdienst statt. Nach demselben ertheilte der Kaiser verschiedene Audienzen. Um 1 Uhr fuhren die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften sämmt⸗ lich nach Berg, wo später das Diner eingenommen wurde. Der Kaiser wohnt auf der dortigen Königlichen Villa, die Großfürst⸗ lichen Herrschaften auf dem linken Flügel des hiesigen König⸗ lichen Palais. Am Dienstag findet auf dem Wasen bei Cann⸗ statt eine große Parade der hiesigen und Ludwigsburger Gar⸗ nison statt, zu welcher bereits vorgestern eine Probeaufstellung genommen wurde. Die Ankunft der Kaiserin von Ruß⸗ land nebst Großfürstin⸗Tochter wird ebenfalls in diesen Tagen erwartet.

In Ulm, wo Se. Majestät heute früh 64 Uhr eingetroffen war, hatten sich der Chef der russischen Gesandtschaft Staatsrath v. Staal, sowie der Geheime Rath von Dillenius aus Stuttgart eingefunden. Außerdem waren der Gouverneur General der Infanterie v. Rosenberg, General⸗Lieutenant v. Starkloff, Re⸗ . v. Majer und der Ober⸗Amtmann Regierungs⸗

ath Rampacher zum Empfang Sr. Majestät erschienen. Nach⸗ dem der Kaiser das Dejeuner im festlich dekorirten Bahnhof eingenommen, wurde die Reise hierher fortgesetzt.

Wegen Ablebens des Prinzen Adalbert von Preußen und der Fürstin von Liegnitz ist von heute an auf vierzehn Tage Hoftrauer angeordnet worden.

10. Juni. (W. T. B.) Heute fand in Cannstadt eine Parade unter dem Kommando des Generals von Stülp⸗ nagel vor dem Kaiser von Rußland statt. Gestern ist die Prinzessin Wilhelm von Baden hier eingetroffen.

Baden. Karlsruhe, 9. Juni. Der i . liche Hof legt wegen Ablebens des Prinzen Heinrich Wilhelm Adalbert von Preußen heute die Trauer auf 14 Tage an, gleichzeitig auch für die Fürstin von Liegnitz, Gräfin von Ho⸗ henzollern, Gemahlin des Königs Friedrich Wilhelm III. von Preußen.

Hessen. Darmstadt, 9. Juni. Der Ausschuß der Synode ist mit der ersten Lesung des Entwurfs einer Kirchen verfassung zu Ende gekommen.

Anhalt. Dessau, 9. Juni. Die Prinzessinnen Friedrich und Hilda sind nach einem Aufenthalte von mehre⸗ ren Wochen in Wien zum Besuche der Weltausstellung und der am Kaiserlichen Hofe stattgefundenen Festlichkeiten dem Verneh⸗ men nach am Herzoglichen Hofe zu Altenburg eingetroffen. Die Prinzessin Louise mird nach einer längeren Abwesenheit zum . der Hohen Verwandten in Altenburg und Rudolstadt in diesen Tagen hierher zurückkehren. Der Herzog empfing vor einigen Tagen den preußischen Gesandten von Eichmann und fand zu Ehren des letzteren eine Hoftafel auf dem Schlosse zu Wörlitz statt.

Reuß. Gera, 7. Juni. Der Fürstliche Hof ist heute von hier abgereist, um zunächst auf Heinrichsruh bei Schleiz Sommeraufenthalt zu nehmen.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 9. Juni. Der durch

seine Mission an die ostafrikanische Küste bekannte Sir Bartle

Fräre ist gestern mit mehreren anderen Herren der Gesandt⸗ schaft auf der Durchreise hier eingetroffen und im Hotel de Paris abgestiegen.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 9. Juni. Donnerstag, den 12. d. M., als am Frohnleichnamstage, werden der Kaiser und die Erzherzoge früh um 7 Uhr nach der St. Stephans⸗ Metropolitankirche fahren, um dem Hochamte und der feierlichen Prozession beizuwohnen.

Der Großherzog von Sach sen⸗Weimar⸗Sisenach und der Großfürst Wladimir Alexandrowitsch reisen morgen ab.

Prag, 10. Juni. Der Großherzog, die Groß⸗ herzogin und die Herzogin Marie von Mecklenburg⸗ Schwer in sind gestern Abend in Prag angelangt. Ihre König⸗ lichen Hoheiten fuhren sofort auf den Hradschin, um dessen Sehenswürdigkeiten in Augenschein zu nehmen und nahmen so⸗ dann im Hotel „zum blauen Stern“ ihr Absteigequartier. Die Abfahrt der hn Reisenden nach Wien erfolgt heute um 1 Uhr Mittag mit dem Schnellzuge der Franz⸗Josefs⸗Bahn.

Pe sth, 9. Juni. Im Oberhau se wurden heute die sank⸗ tionirten Gesetze über die Kolonisten, die 1872er Kreditreste für das Kommunikations⸗-Ministerium und über die Aenderung der Konzession der galizischen Bahn publizirt.

Niederlande. Haag, 6. Juni. Die Königin beab⸗ sichtigt, sich gegen Ende dieses Monats nach Wien zum Besuche der Weltausstellung zu begeben.

Nach einem Telegramme aus der britischindischen Be⸗ sitzung Penang (in der Nähe von Sumatra) vom 4 d. war dort das Gerücht verbreitet, der Sultan von Atchin rüste sich mit aller Macht; er rechne zuversichtlich darauf, einen Krieg gegen die Niederlande mindestens auf zwei oder drei Jahre bestehen zu können. Das Penanger Telegramm meldet ferner, in Bri⸗ tisch⸗Indien fänden Werbungen von Coolies für das Heer des Sultans Atchin statt. Diese Angabe scheint indeß der Bestä⸗ tigung zu bedürfen. Die Behauptung, 60, 000 Atchinesen stün⸗ den bereit zu äußerstem Vertheidigungskampfe gegen die Nieder⸗ länder, wird ebenfalls angezweifelt.

Großbritannien und Iriand. London, 9. Juni.

In Portsmouth werden umfassende Vorbereitungen zu Ehren des Schahs von Persien getroffen. Auf der Rhede von Shithead versammelt sich eine Flotte von 7 oder 8 Thurm⸗ schiffen, 18 oder 20 Panzer⸗-Fregatten und andere Kriegsfahr⸗ 22 1 ** 4 333 14 Kanonenboote, mer großen Anzahl von Dampf⸗Jachten, Depeschenschiffe, Tenderschiffe u. s. w. Der Schah hat bereits 2 h. daß er beabsichtige, einige der größeren Kriegsschiffe zu inspiziren. Am Abend wird die Flotte iuminiren. Der Prinz von

Wales wird dem Schah zu Ehren am 19. d. ein großes Bankett in Marlborough⸗House geben, zu dem indessen nur Herren an e, erhalten haben.

Aus der Capstadt liegen unterm 6. Mai folgende Nachrichten vor: Das Ministerium beabsichtigt, 2000 Handwerker und Arbeiter aus Europa für die Eisenbahn⸗Arbeiten kommen zu lassen. Die Kosten dieser Einwanderung sind auf 26,000 2str. veranschlagt. Der Bau der neuen Eisenbahnen schreitet nur langsam vor. Der in dem legislativen Rathe eingebrachte Gesetzentwurf zur he mig einer Förderation ist zurückgezogen worden. Die Nachrichten von den Goldfeldern in Leydenberg sind nicht viel genauer als beim letzten Postabgang. Einige Leute haben die Diamantenfelder verlassen, um sich nach Leyden⸗ berg zu begeben und viele andere wollen ihnen folgen.

Frankreich. Paris, 8. Juni. Heute fand das Leichen⸗ begängniß des Vize⸗Präsidenten der Nationalversammlung, Vitet, statt. Der Leichenzug begab sich um 11 Uhr von dem Wohnhause des Verstorbenen nach der Kirche der „Missions Etrangères“. Die Zipfel des Leichentuches wurden von dem Herzog de Broglie, Vize⸗Präsidenten des Ministerrathes, Buffet, dem Präsidenten der Nationalversammlung, Camille Rousset, Direktor der französischen Akademie, Hauréau, Präsidenten der Akademie der Inschriften, dem Deputirten Ancel und dem Gra⸗ fen de Benoist d'Azy, Vize⸗Präsidenten der Nationalversamm⸗ lung, getragen. Dem Leichenwagen folgte eine große Anzahl von Deputirten, Mitgliedern der Akademie und anderen hoch⸗ gestellten Persönlichkeiten. Von der Kirche wurde die Leiche nach dem Kirchhofe Montmartre gebracht.

9. Juni. Das rechte Centrum versammelte sich heute, um einen Kandidaten für den durch den Tod Vitets vakant gewordenen Vize⸗Präsidentenstuhl zu bestimmen; man entschied sich für Herrn Larch. Der Kandidat der drei Frak⸗ tionen der Linken ist Rampont.

Seit heute Morgen hat der Präsident der Republik das Hotel der Präsidentschaft bezogen.

Mehrere Gemeindebehbrden, welche sich weigerten, den Bekanntmachungen, welche die Demission von Thiers und die Ernennung Mac Mahons verkündigten, anschlagen zu lassen, werden auf Befehl des Justiz⸗Ministers verfolgt.

General de Gallifet, welcher sich während des Kampfes mit der Kommune durch äußerst energisches Benehmen den gefangenen Kommunisten gegenüber hervorthat, ist nach Paris berufen worden.

Die Stadt Paris wird dem Schah von Persien bei seiner Anwesenheit ein großes Fest geben.

10. Juni. (W. T. B.) Der Unterstaatssekretär im Ministerium des Innern, Pascal, hat, wie „Paris Journal“ meldet, in Folge der Vorgänge in der heutigen Sitzung der National versammlung seine Entlassung genommen.

11. Juni. (W. T. B.) Der deutsche Botschafter Graf von Arnim, welchem die sämmtlichen Minister gestern und vor⸗ gestern ihre Besuche im Botschaftshotel abgestattet hatten, begab sich mit seiner Gemahlin gestern Nachmittag nach Versailles und machte dem Präsidenten der Republik seinen Besuch.

Versailles, 10. Juni. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der National versammlung begründete der Depu⸗ tirte Lepere die gestern angekündigte Interpellation über das Verbot des „Corsaire“. Der Minister des Innern, Beuls, ent⸗ wickelte der Interpellation gegenüber die Gründe, durch welche das Ministerium zur Unterdrückung des Journals veranlaßt worden sei und erklärte, die Regierung werde die ihr von der Nationalversammlung übertragene Mission, die Ordnung wieder herzustellen, durchführen. Im weiteren Laufe der Verhandlung brachte Gambetta ein vertrauliches Rundschreiben zur Ver⸗ lesung, das vom Minister des Innern betreffs der Preß⸗ verhältnisse an die Präfekten gerichtet worden sei. Diese werden darin aufgefordert, die Anzahl und die Namen der konservativen Zeitungen in den einzelnen Departe⸗ ments anzugeben und diejenigen Blätter zu bezeichnen, welche voraussichtlich geneigt seien, den konservativen Interessen zu die⸗ nen. Der Minister verlangt ferner Angaben über die finanzielle Situation dieser Journale, über die resp. Summen, gegen welche dieselben sich bereit finden lassen würden, der Regierung ihre Unterstützung zu leihen und über sonstige auf die Presse bezüg⸗ liche Verhältnisse. Das Cirkular erklärt außerdem für zweckmäßig, den Zeitungen offizielle Nachrichten und Berichte (Bulletins) zu⸗ gehen zu lassen und legt den Präfekten die Verpflichtung auf, einen solchen Dienst für die Presse einzurichten. Gambetta verlangte zu wissen, ob das Schreiben echt sei. Der Minister erwiderte darauf, daß er allerdings die Verantwortlichkeit dafür übernehme; die Regie⸗ rung habe die Pflicht, die Presse zu überwachen, er müsse in⸗ dessen den Vorwurf ablehnen, als ob er die Absicht habe, dieselbe zu subventioniren. Nach Schluß der Debatte beantragte Chri⸗ stophle (Präsident des linken Centrums), eine motivirte Tages⸗ ordnung anzunehmen, worin eine Mißbilligung der erlassenen Verfügung ausgesprochen wurde. Die Versammlung beschloß indessen mit 389 gegen 315 Stimmen (Majorität für die Regie⸗ rung 74) über die Interpellation zur einfachen Tagesordnung überzugehen.

Spanien. Madrid, 10. Juni. (W. T. B.) Der Ministerrath hat die vom Finanz⸗Minister Tutau in Bezug auf die Finanzlage gemachten Vorschläge verworfen, noch ehe deren Vorlegung an die Cortes erfolgte. Gutem Vernehmen nach soll Tutau um seine Entlassung gebeten haben und gilt Carvayal als dessen muthmaßlicher Nachfolger.

In Folge von Meinungsverschiedenheiten, welche im wei⸗ teren Verlaufe der Berathung über die Finanzlage im Schoße des Ministeriums ausgebrochen sind, hat das ganze Kabinet seine Entlassung gegeben. Gestern sollte eine Nachtsitzung der Cortes stattfinden, um eine befriedigende Lösung der Mi⸗ nisterkrisis herbeizuführen. Wie verlautet, würde Figueras als Präsident an die Spitze des neuen Ministeriums treten, als wei⸗ tere Mitglieder desselben sollen Cala, Benoit Diaz, Quintero, Esteyanez, Cervera, Fernando Gonzalez und Maisonnave in Aussicht genommen sein.

Italien. Rom, 109. Juni. (W. T. B.) Die Kaiserin von Rußland hat ihre Abreise nach Deutschland , . . wird sich zu einem mehrtägigen Aufenthalte nach Albano egeben.

; Der griechische Gesandte beim hiesigen Hofe, Condu⸗ riotis, hat, wie die „Gazzetta uffiziale“ meldet, dem Könige seine Abberufungsschreib en überreicht.

Schweden und Norwegen. Stockholm, J. Jimi. Die verwittwete Königin Josephine, geborne Prinzessin von Leuchtenberg, feiert am 13. d. M. den Tag ihres 50 jähri⸗

en Aufenthalts in Schweden, indem sie am 13. Juni 1825 als Braut des damaligen Kronprinzen und späteren Königs Oscar J. in Schweden ankam. Am Festtage wird Ihre Majestät u. A.

von einer Deputation der Stockholmer Kommunal⸗Verwaltung, sowie von einer Anzahl Damen aus den verschiedenen Ständen der Hauptstadt, welche eine Einladung zur Theilnahme an einer Subskription behufs Errichtung einer Wohlthätigkeits⸗Anstalt 1 Andenken an diesen Tag haben ergehen lassen, begrüßt werden.

Im Namen der französischen Republik wird der franz sische Gesandte in Stockholm, Graf de Gobineau der Kr nung in Drontheim beiwohnen.

Der König hat den Beschluß des Storthings, betref⸗ fend die Aufhebung des norwegischen Statthalterpostens, genehmigt.

Dänemark. Kopenhagen, J. Juni. Der Groß⸗ fürst Thronfolger von Rußland und Gemahlin, Prin⸗ zessin Dagmar, werden, einem Telegramm des Ritzauschen Bureaus zufolge, Kopenhagen und London besuchen.

Amerika. Einem New⸗Jorker Telegramm zufolge sollen auf Befehl des Generals Davis 13 der Modoc⸗Indianer hingerichtet werden. Zehn sollen gehenkt, Kapitän Jack und zwei seiner Gefährten erschossen werden.

Neichstagsangelegenheiten.

Berlin. Dem Reichstag ist folgendes Gesetz, betreffend die Regelung des Reichshaushaltes vom Jahre 1872, vorgelegt worden: ö .

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser,

König von Preußen 26. verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrathes und des Reichstages, was folgt:

§. 1. Aus dem Ueberschusse des Reichshaushaltes vom Jahre 1872 wird dem Reichskanzler der Betrag von 15728,814 Thlr. zur Bestreitung folgender Ausgaben zur Verfügung gestellt: ;

I) zur Erweiterung und Verbesserung des provisorischen Reichs⸗ tagsgebäudes 70,900 Thlr.; Y zur Herstellung eines Dienstgebäudes der Normal⸗Eichungs⸗Kommission in Berlin 29,345 Thlr.; 3) zur Herstellung eines Dienstgebäudes für das Genergl-Postamt in Berlin 508, 000 Thlr.; 4 zu neuen Anlagen behufs Vermehrung der Tele⸗ graphen⸗Verbindungen und zur Errichtung von ueuen Telegraphen⸗Sta—⸗ tionen, sowie zur allmählichen Erwerbung der von Kommunen hergestellten Telegraphen Anlagen und Stationen 1000009 Thlr.; 5) zur Erwer⸗ bung eines Gebäudes in Berlin zur Unterbringung der General⸗Di⸗ rektlon der Telegraphen (letzte Rate) 75,754 Thlr., 6) zur Erwerbung eines Telegraphen⸗Dienstgebäudes in Königsberg i. Pr. (letzte Rate) 20000 Thlr.; 7) desgleichen in Karlsruhe (zweite und letzte Rate) 25,715 Thlr.; Summe 1,728,814 Thlr. ;

§. 2. Die in dem durch Gesetz vom 4. Dezember 1871 (Reichs⸗ Gesetzbl. S. 412) festgestellten Reichshaushalts⸗Etat für das Jahr 1872 bel dem Einnahme⸗Kapitel 8 vorbehaltene Berichtigung der Verthei⸗ lung der Gesammtsumme der Matrikularbeiträge von 32,115,784 Thlrn. nach Maßgabe des Resultates der am 1. Dezember 181 stattgefun⸗ denen Volkszählung erfolgt durch die Feststellung der Matrikularbei—⸗ träge für das Jahr 1874.

Urkundlich ꝛc.

Gegeben 2c.

Ferner ist dem Reichstag ein Gesetz, betreffend die Abänderung der Reichstagswahlkreise 5 und 6 des Regierung sbezirks Oppeln im Königreiche Preußen zugegangen. Ser lautet:

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König

von Preußen ꝛc. . verordnen, im Namen des Deutschen Reiches nach erfolgter Zustim⸗ mung des Bundesrathes und des Reichstages, was folgt

SGEinziger Paragraph. .

Die Wahlkreise Beuthen und 6 5. und 6. Wahlkreis des Regierungsbezirks Oppeln im Königreiche Preußen (Anlage C. des Reglements vom 28. Mai 1870 zur Ausführung des Wahlgesetzes für den Reichstag des . Bundes vom 31. Mai 18698, Bundes⸗ Gesetzbl. S. 275), bestehen fortan:

a. der Wahlkreis Beuthen (6);

aus den landräthlichen Kreisen Beuthen und Tarnowitz, b. der Wahlkreis Kattowitz (6):

aus den landräthlichen Kreisen Kattowitz und Zabrze. Urkundlich 2c. Gegeben 2c.

Nr. 4 der Annalen der Landwirthschaft in den Königlich Preußischen Staaten hat folgenden Inhalt: Deutschland: Mittheilungen über den Stand der Rinderpest. Die Schafzucht in Nordfriesland. Verbesserungen in der Obstkultur. Die . der deutschen Wollproduktion. Zur Förderung der ö in Frankreich. Aus Wien, Ende Mai. (Die coburgischen

üter in Oesterreich, Aus dem Regierungsbezirke Düsseldorf. Lite- ratur: Tabellen zur Berechnung der Bodenerschöpfung und des Boden— ersatzes Ven C. Mandelbhlüh. Illustrirter Jubiläums -⸗Katalog der Verlagsbuchhandlung von Otto Spamer in Leipzig. Vademecum für Landwirthe jeden Standes. Von G. Wunderlich. Besondere Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger. Vermischtes: Schutz der Hirse vor Brandpilzen. Marktbericht. Viehpreise. Stärkepreise.

Statistische Nachrichten.

Stuttgart, 5. Juni. An der Königlich polytechnischen Schule befinden sich im laufenden Sommerhalbjahr im Ganzen 462 Schäler und Studirende, worunter 297 Württemberger und 165 Nicht⸗Württemberger. Von den 165 Nicht⸗Württembergern gehören 74 Staaten des Deutschen Reiches, 73 anderen europäischen Staaten und 18 außereuropäischen Ländern an. Die angegebene ö von 462 Schülern und Studirenden steht zwar hinter der Frequenz des letzten Wintersemesters zurück, wie denn die Sommerfrequenz beim n, , wegen der von manchen Studirenden 4 prak⸗ fischen Beschäftigung immer geringer ist, als die des Winters, über- . aber die Frequenz des vorjährigen Sommersemesters (454) um 8.

Jena, 6. Juni. Die hiesige Universität ist in diesem Sommer⸗Semester von 425 Studirenden, darunter 17 nicht. imatri⸗ kulirten, besucht. Von denselben gehören . 6 der , und medizinischen, 1 der juristischen und 145 der philosophischen Fa—⸗ , Die Zahl der Docenten incl. der Lehrer freier Künste be⸗ trägt 65.

London, 9. Juni. Die Ausweise des Handelsamtes für den Monat Mai zeigen günstigere Resultate, als die des vor⸗ hergehenden Monats. Der deklarirte Exportwerth im Betrage von 2,607 082 Lstrl.! weist gegen Mai 1872 eine Zunahme von 1835779 Ctrl, oder cireg 8 Prozent nach. Der Gesammtwerth der . während der verflossenen fünf. Monate zeigt einen Zuwachs von 7 Prozent gegen den entsprechenden Zeitraum des vorigen Jahres und 256 Prozent gegen 1871. 31 Kohlen hat während des vorigen Monats eine Abnahme von Prozent in der verschifften Quantität stattgefunden, während, der h um 60x* gestiegen ist; und andere Artikel, die durch, die hohen Kohlen preise wesentlich affizirt werden, wie Säuren, Steingutwaaren, Glas, Tisen und Maschinen, figuriren mit einem Zuwachs von 15— 30 * in dem Werth des Expoits. Ein bedeutender Zuwachs ist auch in dem Werth des Waffen und Munitions⸗Exports, nämlich 78 *, zu

notiren, was zweifelsohne dem Krieg an der Westküste Afrikas zuzuschrei⸗ ben ist. Die anderen Hauptartikel, in denen eine entschiedene Besserung ein⸗ 6 ist, sind: Kleidungsstücke 17 Proz., leere Säcke 35 . iere 3 Proz“, Papier 31 Proz, Wolle 34 Proz. Von Webestoffen haben Baumwollenwaaren 8 Proz. in der Quantität und 1 Proz. im Werth zugenommen; Wollenzeuge 17 Proz. in der Quantität und 8 Proz. im Werth, während Leinwand mit einer Abnahme von 8 Proz. in der Quantität und 17 Proz. im Werth figurirt und Wollenwaaren sind 15 Proz. in der Quantität und nahezu 38 Proz. im Werth gefallen. Bezüglich der Ein fuhr des Monats, so betrug deren deklarirter Werth 34,399,206 Lstr. gegen 28,297,453 Lstr. im Mai 1872 und 24 219 209 Lstr. im Mai 1871, d. h. 21 4 resp. 42 Proz. mehr als als in 18572 und 1871. Dieser Zuwachs ist hauptsächlich der großen Einfuhr von Konsumartikeln, wie Speck, Käse, Kaffee, Weizen, Mehl, Eier, Schin⸗ ken, Fleisch, Kartoffeln und Reis zuzuschreiben. Die Baumwoll⸗ ufuhren stellten sich auf 15,557,370 Centner im Werthe von 6,053 360 In gegen 1354, 584 Ctr. im Werthe von 5,720,809 Lstr. im Mai 1872. Der Weizenimport umfaßte 2,903,904 Ctr. im Werthe von 1,896,647 Lstr, gegen 2, 047, 194 Ctr. im Werthe von 1,294 893 Lstr., und der Mehlimport 488,373 Ctr. im Werthe von 437,669 Lstr. gegen 211971 Ctr. im Werthe von 199,367 Lstr. Zum ersten Male zeigt der Erportausweis diefes Monats die für den Konsum von aus⸗ wärtigen Handelsdampfern verschiffte Kohlenquantität. Die Total- Quantität des Monats betrug 239,221 Tonnen.

Kunst und Wissenschaft.

Posen, 10. Juni. Die Konferenz der Direktoren hö⸗ herer Lehranstalten der Provinz, welche hier am Mittwoch durch den Ober⸗Präsidenten Günther im hiesigen Friedrich⸗Wilhelms⸗Gym⸗ nasium eröffnet worden war, hat am Freitag ihr Ende erreicht. Der⸗ selben wohnten 10 Gymnasial⸗Direkloren, 2 Direktoren ven Progymna⸗ sien und 4 Real⸗Schuldirektoren und außerdem die Regierungs- und ö, . Dr. Polte und Dr. Milewski bei. Die fünf

ngelegenheiten der Tagesordnung waren folgende: 1) Wie werden die Schüler⸗Bibliotheken der höheren Lehranstalten am zweckmäßigsten eingerichtet und verwaltet? 2) Was ist von der Benutzung von Ueber⸗ setzungen Seitens der Schüler zu halten resp. welche Mittel sind da⸗ gegen in Anwendung zu bringen? Wie soll der Schüler aus der frem⸗ den in die Muttersprache übersetzen, und wie ist besonders dem, jedes gründliche Eindringen in den Geist der fremden Sprache hindernden Miß⸗ brauche gedruckter Uebersetzungen bei den Schülern am besten vorzubeugen? 3) Wie kann auf die Konzentration des Sprachunterrichts auf Real⸗ schulen hingewirkt werden? 4) Ueber die Herstellung einer Ueberein⸗ stimmung sämmtlicher höherer Lehranstalten der Provinz in der deut⸗ schen Orthographie auf der Grundlage des von dem Berliner Gym⸗ nasial⸗ und Reallehrervereine herausgegebenen Regelbuchs. Es wurden dabei folgende Fragen erörtert: a. Sollen die Lehrer einer Anstalt verpflichtet werden, sich über eine Art der Orthographie zu einigen? b. Soll dahin gearbeitet werden, daß alle Anstalten Deutschlands sich über eine Art der Orthographie einigen? c. Soll eine (z. B. in Han—⸗ nover) bereits angenommene Schreibweise angenommen, oder eine (z. B. in Berlin) vorgeschlagene und vorbereitete angeknüpft werden, um eine solche zu finden, die in ganz Deutschland Anerkennung und Eingang zu finden geneigt wäre? 5) Ueber den geographischen Unter⸗ richt auf Gymnasien. Es wurden dabei folgende Fragen erörtert: a. Sollte es sich nicht empfehlen, den physikalisch⸗ geographischen Unterricht von der Sexta nach Tertia zu verlegen? b. Ist es nicht wünschenswerth und thunlich, die Mythologie der Griechen und Römer, sowie andererseits die preußisch⸗ deutsche Geschichte schon in der Serxta und Quinta der Gymnasien, und zwar in einer zusammenfassenden Ueber⸗ sicht mit einer, den Klassenstunden entsprechenden Hervorhebung und Ausführung des Wichtigsten, etwa während eines Theiles der geogra⸗ phischen Lehrstunden durchzunehmen? e. Mie könnte man Zeit ge⸗ winnen, um die mehrfach unzureichend befundene Stundenzahl für den geographischen Unterricht zu erhöhen? 4. Die Ergebnisse des geogra⸗ phischen Unterrichts höherer Lehranstalten haben im Allgemeinen an kompetenter Stelle bisher ein günstiges Urtheil nicht erfahren. Wie ist dieser Unterricht einzurichten, um ihm die Erfolge zu sichern, welche erreicht werden können und müssen? Die Resultate der Berathun⸗ gen der Konferenz werden durch das Königliche Provinzial⸗Schulkolle⸗ gium als Grundlage für weitere Anordnungen und Beschlüsse an das Kultus⸗Ministerium eingesandt werden.

Cöln, 7. Juni. Ueber den Fort bau am Dom entnehmen wir dem „Fr. J.“ Folgendes: Drei Etagen der beiden Westthürme sind fast vollendet, und somit die erste Hälfte der ganzen Höhe er⸗ reicht. In den nächsten Monaten wird ein 40 Fuß hohes Gerüst aufgeschlagen, wonach die Thürme die Form des Dtogon annehmen und bedeutend an Umfang verlieren. Wahrend der Dom im Innern fast ganz ausgeschmückt ist, schreitet der Bilderschmuck an den Thürmen rasch vor. Dombildhauer Peter Fuchs hat eben 11 Figuren für die dritte Etage vollendet. Dieselben sind 103 Fuß hoch und lassen die Heiligen, welche sie darstellen, von unten gesehen, faft in Lebensgröße erscheinen. Diese Figuren, umgeben von reichem architektonischen Schmuck stellen vor: die heiligen drei Könige, Maria, Petrus, Severin, Gereon, Swuitbertus, Ursula, Erzengel Michael und hl. Joseph. Der Bilderschmuck der Mittelfront (Verbindung der beiden Westthürme) ist im Entstehen.

Leipzig, 6. Juni. Die Deutsche Genossenschaft dra⸗ matischer Autoren und Komponisten hielt am 4. d. M. ihre ordentliche Generalversammlung im hiesigen Schützenhaufe ab. Es erschienen persönlich 21 Mitglieder. Der Vorsitzende, Hofrath Dr. Gottschall, trug einen Rechenichaftsbericht vor, welcher das stetige Wachsthum und Gedeihen der Genossenschaft konstatirte Den Haupt⸗ gegenstand der Tagesordnung bildete ein zwischen dem Vorstande und der Kommission des Deutschen Bühnenvereins vorbehaltlich der Zustim⸗ mung der beiderseitigen Generalversammlungen vereinbarter Vertrogsent⸗ wurf zur Regelung und Vereinfachung des gegenseitigen Geschäftsverkehrs. Ungeachtet der deutsche Bühnenverein, welcher diesen Gegenstand zuerst auf der vorjährigen Casseler Konferenz angeregt und eine besondere Kommission zur näheren Erörterung der Autorenfrage ernannt hatte, sich zur Zeil noch nicht für Annahme des Vertrags erklärte, beschloß man doch, eventuell den Vorstand zu weiteren Verhandlungen zu er= mächtigen und in die spezielle Berathung des Entwurfs einzutreten. Es wurden verschiedene Abänderungs⸗ und Zusatzanträge genehmigt, die endgültige Redaktion jedoch einer Kommission anheimgegeben, welcher zugleich noch einige andere Anträge überwiesen wurden.

Bremen 10. Juni. Bor einigen Tagen hat Dr, Fin sch, Konser vator des hiefigen naturwissenschaftlichen Museums, eine Reise nach Norwegen und Lappland angetreten, welche sich bis zum Spätherbst ausdehnen dürfte. Herr Dr. Finsch reist in Begleitung zweier Tou⸗ riften aus Berlin und beabsichtigen die Herren namentlich die skandi⸗ navischen Gebirge und Küsten zu bereisen und die ausgedehnten Fische⸗ reien Norwegens kennen zu lernen.

Für den Bremer Rathskeller ist zum Zweck eines Um⸗ baues eine Deputation niedergesetzl. Dieselbe schlug einrfeits eine bedeutende Erweiterung und künstlerische Ausschmückting vor. Das fogenannte Senatszimmer soll mit Fresken ausgestattet und ein Marmor- medaillon des schwäbischen Dichters Wilhelm Hauff angebracht werden, der dem Bremer Rathskeller in seinen riften ein blei⸗ bendes Denkmal gesetzt hat.

Basel. (Allg. Zeitung) Mit einer kleinen Abnahme (lö0 Im- matrikulirte gegenüber 154 des vorigen Semesters) hat die hiesige Universität das Sommersemester begonnen. Nach den Fakultäten vertheilen sich die Studirenden in 38 Theologen (gegen 36), 19 Juristen (13), 65 Mediziner (3), 28 Philosophen (32). Der Personglbestand der Dozenten hat sich nur innerhalb der theologischen Fakultät ver- ändert in Folge der Berufung des Prof. v. d. Goltz nach Bonn; ein

Nachfolger an seine Stelle ist noch nicht gefunden; dagegen sind in die Fakultät neu eingetreten hr v. Orelli aus Zurich und Privat⸗