1873 / 141 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 17 Jun 1873 18:00:01 GMT) scan diff

optanten zur Wahlurne zuzulassen oder ihnen die Wählbarkeit beizu⸗ legen. Sie kommt dazu einmal auf Grund der praktischen Erwägung, dan nur auf diesem von ihr vorgeschlagenen Wege ein einfaches und sicheres Mittel gegeben ist, die Wahllisften, welche die Zweifellosigkeit der Nationalität voraussetzen, klarzustellen; sie hält es sodann für ein Gebot der Billigkeit, so zu 6 wie sie vorschlägt, denen gegen⸗ über, welche von vorn herein ohne Hintergedanken sich in die neuen Verhältnisse gefunden und sich dahin ausgesprochen haben, daß sie Deutsch⸗ land nicht Klos zum Schein angehören wollen. Sie hält endlich dafür, daß von Leuten, welche die Zwiespaͤltigkeit der Nationalität erhalten wollen, schwerlich zu erwarten sein wird, daß sie bei Ausübung des Wahlrechts von dem Wunsche geleitet werden, damit das deutsche Interesse zu fördern, und noch weniger nimmt sie an, daß das letztere der Fall sein wird bei den Abgeordneten, welche etwa aus dieser Wahl hervorgehen möchten. Welcher politischen Partei auch immer. die neuen Abgeord⸗ neten angehören mögen, das konnen weder die Reichsregierungen, noch kann es der Reichstag wünschen, daß hier sich eine besondere franzö⸗ sische Fraktion bilde. Die Reichsregierungen nehmen auch an, daß, denen, welchen die Rücknahme ihrer früheren Erklärung zugemuthet wird, damit kein Unrecht geschieht. Wer, dem Zwange der Verhält⸗ nisse nachgebend, seine ursprüngliche Absicht geändert hat und nicht ausgewandert ist, dem wird es nicht schwer fallen, dieses durch die geforderte Rücknahmeerklärung zu konstatiren. Die Scheinoptanten aber haben billiger Weise Schonung nicht zu beanspruchen. .

Auch in dem Gesetze über die Bezirks, und Kreisvertretung ist auf den dringenden Wunsch der Landesbehörden eine ähnliche Be—⸗ stimmung aufgenommen; die logische Konsequenz wird nothwendig dazu führen, daß sie in dem jetzt vorliegenden Gesetze nicht fehle.

Ich wende mich endlich zu der Modifikation des Gesetzes vom 9g. Juni 1871 bezüglich dar Form der Landesgesetzgebung. Dieses Gesetz bestimmt, daß bis zum Eintritt der Verfassung die gesetzßebende Gewalt bei dem Träger der Staatsgewalt, kei dem Kaiser, beruhe und unter Mitwirkung des Bundesrathes . sei. Von dem Eintritt der Verfassung ab soll auch in den Angelegenheiten, welche dem Geblete der Reichsgesetz gebung nicht angehören, also für das Bereich der Landeszesetzgebung, die Mitwirkung des Reichstags eintreten. Unverkennbar walten hier zwei Schwierigkeiten ob. Die eine schon früher eingehend erörterte, ist die Pause, welche die gesetzgeberische Arbeit erleidet in der Zeit, wo der Reichstag nicht versammelt ist, die andere ist der Zutritt einer Menge von Geschäften zu der wahrlich nicht leichten Geschäftslast, die jetzt auf dem Reichstag schon ruht. In ersterer Bezie⸗ hung würde es unmöglich . jedenfalls nur zum höchsten Schaden des Landes gereichen, wenn in der ganzen Zwischen⸗ zeit, welche eine Sitzung des Reichstags von der anderen trennt, die Arbeit der Sr lets bun völlig ruhen müßte. Wie die Verhältnisse zur Zeit liegen, konnen Eventualitäten politischer Art eintreten, welche zu einem raschen und entschiedenen Eingreifen der Gesetzgebung nöthi⸗ gen. Aber auch im Bereiche der eigentlichen Landesgesetzgebung ist bei dem Gange, den die Gesetzgebung bisher genommen und bei dem nicht

übereilten Tempo, das sie dabei beachtet hat, nothwendig, daß auch

in der Zwischenzeit, wo das Interesse des Landes es erheischt, die ge= setzgeberische Thätigkeit nicht feiert. Die verbündeten Regierungen sind der Meinung, meine Herren, daß diesen von mir angedeuteten Schwie⸗ rigkeiten in einer zweckmäßigeren Weise begegnet wird, wenn die im Fz 8 des Entwurfes aufgenommenen Bestimmungen * Gesetz erhoben werden. Dieselben gehen dahin, daß das Recht, Verordnungen mit gesetzlicher Kraft zu erlassen, von dem Kaiser unter Zustimmung des Bundesraths ausgeübt werden soll, jo lange der Reichstag nicht ver⸗ sammelt ist. Das Recht des Reichstags ist dabei sorgfältig gewahrt. Es dürfen die Angelegenheiten, welche im Wege der Verordnung ge regelt werden können, nur so geregelt werden, daß sie Be⸗ stimmungen der Verfassung nicht zuwider sind und keinem der in Elsaß Lothringen bereits; eingeführten Reichsgesetze. Es dürfen die Angelegenheiten nicht solche sein, die nach §. 3 des Ver= einigungsgesetzes vom 9. Juni 1871 der Mitwirkung des Reichstags unterliegen. Es ist endlich vorgesehen, 9 die Verordnungen nur Kraft behalten, wenn der Reichstag, in dessen nächster Sitzung sie vorzulegen sind, ihnen seine Genehmigung nicht versagt. Auf der anderen Seite wollen Sie den Regierungen das Zutrauen schenken, daß sie von dem Rechte, dessen Gewährung sie wünscht, einen mäßigen und den Verhältnissen nur entsprechenden Gebrauch macht. Meine Herren, der Schritt, den dieses Gesetz thut auf der Bahn, die Reichs- lande mit Deutschland zu vereinigen, ist ein bedeutsamer Schritt; er ist auch ein sicherer und die Kontrolen, die in dem Gesetze enthalten sind, sind nicht geeignet, ihn zu verkürzen, sie führen vielmehr rascher zum Ziel. ch glaube, daß es im Interesse des Reichs und der Reichslande liegt, wenn Sie dem Gesetz Ihre Zustimmung geben.

In der Diskussion nahm der Reichskanzler Fürst von Bis⸗ marck nach dem Abg. Reichensperger (Olpe) das Wort:

Ich glaube, daß der Herr Vorredner sich den Mißbrauch, den die verbündeten Regierungen von dem nicht etwa der Exekutivgewalt allein, sondern der Gesammtheit der verbündeten Regierungen anvertrauten

echte machen könnten, doch etwas zu schroff vorstellt. Wenn, wie der Herr Vorredner sagte, der Reichstag ein Gesetz verwirft und wir sofort nach Schluß der Session das vom Reichstag verworfene Gesetz nun mit dem Bundesrath allein in die Wirklichkeit führen wollten so glaube ich, werden Sie mit mir darüber einverstanden sein, da eine Regierung, die in diesem Falle den Reichstag nicht lieber auflöst, die sich mit einem Reichstage, mit dem sie noch weiter wirthschaften will, auf eine so ruchlose und einfältige Weise in Konflikt setzt, von einem Leichtsinn und einer Unfähigkeit wäre wie, wir Ihnen bisher den Beweis doch nicht gegeben haben. Das liegt hier nicht vor.

ch kann die Einrichtung, r der Reichstag zugleich der Landtag für die Elsaß⸗Lothringer sein z „doch überhaupt nur als eine proviso⸗ rische betrachten, als ein Provisorium, aus welchem wir mit Ihrer Hülfe und mit Ihrer ehren n demnächst in ein Definitlvum gelangen müssen, wenn die elsässisch⸗lothringischen Abgeordneten hier unter uns sitzen und an der Berathung sich mithetheiligen. Einen so schwer wiegenden Apparat zur Vertretung eines Landes von 13 Millio⸗ nen Einwohnern zu machen, dazu haben Sie die Zeit nicht. Daraus, was schon . 3 , untergeordnete Gegenstand, die elsässische Eisenbahn, uns hier für Sitzungen und Debatten gekostet hat, können Sie leicht den Schluß ziehen, wie Ihre Zeit, Winter oder Sommer, welche es auch sein wird, in Anspruch genommen würde, wenn Sie alle kleinen Details von Landtagsverhandlungen, wie sie in einem Lande, fast von der Größe wie Württemberg, stattfinden können, hier als Landtag durchmachen sollen. Die französischen Be⸗ stimmungen, wie sie bisher gelten, und einstweilen ö. ja eine Ab⸗ änderung nicht in Aussicht, wenigstens nicht in rasche, zu nehmen, erfor-

dern das Einschreiten der Legislative ja weit häufiger als das deutsche Ge tz .

und es würden, ich will annehmen, daß es den Ansichten un Wünschen des Herrn Vorredners entspricht, daß der Reichstag durch⸗ are ch etwa vier Monat im Jahr versammelt sei, von denen ich zwei Monate auf die Reichsgesetzgebung und zwei Monate auf die Elsässer dann rechnen kann, immer doch noch acht Monate ühri bleiben, in denen die Gesetzgebung vollständig lahm gelegt wäre. Da wir alle die Angelegenheiten, die in dieser Zeit ein Einschreiten der Gesetzgebung na französischem Re erfordern, mit

t einem Oktroyir⸗Paragraphen, wie in der . Verfassung, ab⸗

machen sollten, dazu habe ich doch nicht den Muth, das Alles auf eigene Verantwortlichkeit der Exekutive und der elsässer Reichsregierung zu übernehmen. Aber Kum handelt es sich in diesem Fall gar nicht. Hier handelt es sich Rm eine Gesetzgebung unter Mitwirkung einer Körperschaft, welche die Gesammtheit der Regierung, die Gesammt⸗ vertretung aller deutschen Ministerien darstellt, welcher die Hälfte der Reichsgesetzgebung obliegt, etwa wie einem Senat, der mit den Regierungen in Verbindung stände. Daß Sie sich vielleicht Tus preu⸗ ßischen Verhältnissen das Bild machen, was wohl daraus entstehen könnte, wenn während der Abwesenheit des Landtags die Regierung und das Herrenhaus zusammen allein die Gesetzgebung in der Hand hätten, zies trifft hier nicht zu, denn hier . die prinzipiellen poli⸗ tischen Divergenzen zwischen den heiden großen Körperschaften der Ge—⸗ setzßebung des Reiches nie in dem Maße hervorgetreten, und ich möchte

Fall auf die Zustimmung des Reichtages rechnen.

doch guch auf diesem Gebiete bitten, daß man nicht davon ausgeht, daß eine Regierung, und namentlich wo 25 Regierungen zusammenwirken, aber auch seibst eine einzelne, an und für sich einen gewissen Hang zur Unvernunft und Ruchlostgkeit hätte, den man nicht sorgfältig genug ken kann. F glaube, Sie können zu der Gesammtheit des Bun= esraths das Nertrauen Jaßen, daß er die ihm proviserisch anzuver⸗ trauende Einwirkung auf die Geseßgebung in den Zwischenzeiten nicht mißbrauchen wird, daß er sich mit dem Reichstag, ohne den er die po ui ch Thätigkeit ja nicht einseitig fortsetzen kann, nicht in Wider⸗ spruch setzt, daß die verbündeten Regierungen sich dem nicht aussetzen, daß ihre Gesammtbehandlung der Gesetzgebung in der Zwischenzeit, so wie der Reichstag wieder zusammentritt, aus dem Gesichtspunkte beurtheilt wird, „wie habt ihr nur dergleichen thun können,“ nachdem auch die Ansichten des Reichstags bekannt waren, sondern daß man sorgfältig erwägen wird, was man nachher vor dem Reichstag wird rechtfertigen können. Ich möchte dringend bitten, da es sich nicht um ein. Verfassungsinstitut, sondern um ein Gesetz über ein neues Provi⸗ sorium handelt, in diefer Beziehung noch den verbündeten Regierungen und ihren Organen das Vertrauen zu gewähren, welches Sie ihnen in anderen eben so wichtigen Angelegenheiten nicht versagt haben.

Bei der Berathung des Preßgesetzes handelte es sich um die Frage, welcher Entwurf zur Diskussion gestellt werden sollte. Indem der Abg. Dr. Windthorst (Meppen) zu diesem Zweck das von ihm eingebrachte Nothgesetz empfahl, kritisirte er den dem Bundesrath vorliegenden Entwurf in ungünstiger Weise. Der Reichskanzler Fürst von Bismarck erklärte hierauf:

Ich habe nicht geglaubt, daß auf eine Beurtheilung des materiellen In- halts der preußischen Vorlage im Bundesrathe in dieser jetzigen Besprechung einzugehen sei. Der Herr Vorredner hat aber doch die Diskussion darüber antizipirt, indem er diese Vorlage von Hause aus hier verur- theilt hat mit den Worten: sie sei keine glückliche und könne auf keinen

Das ist doch eine iemlich absprechende Art über Vorlagen im Allgemeinen, und eine rt, die sich sehr läicht zurücgeben läßt; ich kann das ja von der Vorlage des Herrn Abgeordneten auch sagen, daß ich sie t keine glückliche halte und glaube, daß sie auch auf keinen Fall auf die Annahme des Bundesraths rechnen kann. Mit einem solchen Veto gegen Veto kom- men wir aber nicht weiter, wir müssen warten, bis die Sache ver iegt.

Was die mehrfach an mich gerichtete Frage betrifft, wie weit die Sache im Bundesrathe gediehen sei, so habe ich, einen Anlaß, mich darüber genauer zu informiren und zu der e e, inwieweit ich sie ak⸗ tiviren könnte, erst daraus entnommen, daß z diese Anträge wieder⸗ holt auf der Tagesordnung sah. Ich weiß nicht, ob es ein 3 aber ich hatte geglaubt, daß, nachdem festge⸗ stellt worden war. durch Delegationsberathung, daß es dem Reichstage an Zeit fehle, sehr wichtige egierungsvorlagen, auf welche ein sehr hoher . von Seiten der Regierungen gelegt wurde, mindestens 4 an der Zahl zu berathen, die theils schon seit langer Zeit in den Händen des Reichstags sind, daß bei diesen Dele⸗ gationsberathungen gleichzeitig gesagt wurde, daß aus denselben Grün · den anch einige andere, aus der Initiative des Reichstages hervor— gegangene Gesetzesanträge, darunter namentlich dieser über die hre ebenfalls wegen Mangel an Zeit nicht mehr zur Berathung kämen. Ich habe ein so großes Vertrauen auf diese mir vertraulich a Mittheilung gehabt, daß ich beim Vortrage bei Sr. Majestät dem Kaiser über die Stellung, die zu der Schließung oder Vertagung des Reichstages zu nehmen sei, geglaubt habe, die Zusicherung geben zu können, es würden nicht einseitig die Vorlagen Namens Sr. Majestät, sondern auch die anderen Vorlagen unter dem Zeitmangel zu leiden haben. Ich , nicht, ob die Beschlüsse Sr. Majestät des Kaisers sonst so ausgefallen sein würden, und ich halte sie nicht für unwider⸗

von mir war,

ich.

Was das Resultat meiner Erkundigungen beim Bundesrathe an— langt, so habe ich ermittelt, daß die Vorlage sich im Justiz Ausschuß des Bundegraths, befindet und? allerdings unter, denselben. Voraus. setzungen, denen ich eben Ausdruck gab, nicht mit der Beschleunigung bearbeitet worden ist, als geschehen sein würde, wenn man sich hätte sagen können, daß der Reichstag für seine Sitzungen überhaupt eine genügende Dauer in Anspruch nimmt, um diese Vorlagen zu bergthen, nachdem die von den Regierungen rechtzeitig gemachten nicht in Berg⸗ thung genommen worden sind. Ich komme sehr ungern auf diese Sachen, die ich für abgemacht hielt, aber ich erinnere daran daß hier die Klage geführt worden ist, daß für das Militärgesetz der Reichstag noch drei Wochen hier zur Sommerszeit sitzen solle. daß das ein ungerechter Anspruch sei, das aber zu einer Zeit, wo er bereits über drei Wochen die Vorlage in Händen hat, nämlich 24 Tage lang. Wenn also ein Zeitraum von drei Wochen ausreichend war, wie nach dieser Meinung es der Fall war, so ist es Sr. Majestät dem Kaiser oder, wenn ich von Dem hier nicht reden darf, dem Kanzler, der die Empsindungen Sr. Ma⸗ sestät zu vertreten hat, doch einigermaßen empfindlich, daß auf die Hrn der von dort kommenden Vorlagen nicht dasselbe Gewicht und dieselbe Eile gelegt wurde, wie auf, diejenigen, die sich gerade im Widerspruch mit den Absichten der verbündeten Regierungen befinden.

Dem Abg. Lasker, welcher hierauf das Wort nahm, um für die Berathung des Nothgesetzes zu sprechen, indem er be⸗ tonte, daß es sich um Anträge handele, „in denen einmal von Rechten des Volkes die Rede sei“, entgegnete der Fürst von . ß der Bod f ch mich bewegt hab

ch glaube, daß der Boden, auf dem ich mich bewegt habe, von dem Herrn Vorredner doch einigermaßen verschoben und nach seinem Bedarf zurechtgelegt worden ist, *. würde er in keiner Weise in die Lage gekommen sein, mit einiger Entrüstung Anschuldigungen zurück uweisen, die ich nicht erhoben habe. Es ist mir nicht eingefallen, den eichstag des Mangels an Arbeitsamkeit anzuklagen oder behaupten zu wollen, daß die Regierungsvorlagen überall rechtzeitig erschienen wären. Wenn auch manche früher hätten erscheinen können, nament⸗ lich das Militärgesetz, so ist doch wenigstens dieses noch rechtzeitig er⸗ schienen, um behandelt werden zu können, wie dies sich jetzt thatsäch⸗ lich zeigt, indem Sie Ihre Zeit auszufüllen nichts Anderes haben; das, glaube ich wird mir doch nicht bestritten werden können, und wenn es mir bestritten wird, so möchte ich, daß es mit rein sachlichen, diese Frage berührenden Gründen geschieht und nicht mit einer dekla— matorischen Abschweifung auf die Frage: ob wir bereit sind, Vol ks— rechte zu diskutiren oder nicht. Das sind Reden aus vergangener Zeit, die ich berechtigt bin, deklamatorische zu nennen. ch habe lange in Zeiten gelebt, wo Jeder, der etwas vorzu⸗ bringen hatte, was gerade seiner Stellung, seinem en seinen . Ansichten entsprach, sich ar gh, die Stellung als olks vertreter und als Volk vindizirte. Volksvertreter sind alle 66 die hier 7 und zum Volke 6 wir alle, ich habe auch olksrechte, zum Volke gehört auch Se. Majestät der Kgiser; wir alle sind das Volk, nicht die Herren, die zen . alte traditionell libe⸗ ral genannte und nicht immer liberal seiende Ansprüche vertreten. Das verbitte ich mir, den Namen Volk zu monopoelisiren und mich davon auszuschließen. ;

Was die Sache selbst anbelangt, so, habe ich mich nur darüber beklagt, daß ich durch den Glauben, den ich den Mittheilungen schenkte, die mir aus den Verhandlungen der Delegirten gemacht wurden, dazu veranlaßt gewesen bin, Sr. Majestät dem Kaiser Dinge mit⸗ zutheilen, die sich erfahrungsmäßig nicht bestätigt haben. Es ist bekannt, daß von Seiten der verbündeten Regierungen und namentlich von Seiten des Kaiserlichen Bundesfeldherrn, ein sehr hoher Werth auf das Zustandekommen der Militärgesetze noch in dieser 8 gelegt wurde und daß es nicht leicht war, die maßgebenden Ansichten mit dem Gedanken zu versöhnen, daß es in dieser Sitzung nicht mehr thunlich sein würde, ohne dem Reichstag eine Ueberarheit zuzumuthen oder ihn in die peinliche Lage zu versetzen, wegen Be schlußunfähigkeit seine Sitzungen zu schließen. Ich habe plädirt, daß es nicht im 5 der verbündeten Regierungen wäre, den Reichstag in eine so peinliche Lage zu bringen. Zur Unterstützung meines Plädoyers habe ich geltend gemacht, daß auch gewisse andere gesetzgeberische Anträge, die in den Kreisen, welche darüber zu entscheiden haben, weniger ansprechen, wahrscheinlich bei

*

dieser Gelegenheit auch micht mehr zur Sprache kommen wür

und ich muß hier nur sägen, daß ich mich darin geirrt habe. 5 offene Erklärung war ich schuldig, um mir den Glauben da zu er⸗ . wo ich seiner bedarf. Wie ich in die Lage gebracht worden in, etwas zu giauben, was sich nicht bestätigt hat, will ich wegen Personalien, auf die ich dabei zurückgreifen müßte, nicht weiter erörtern.

Wenn die Herren übrigens das Bedürfniß haben, in diese Disfussion einzutreten, ö o sollen Sie doch nicht glauben, daß wir sie scheuen, im Gegen theil, wir haben das Bedürfniß, daß die Angelegenheit mit Sachkunde debattirt wird. Ich habe die Kom nifsion des Bundesraths entschul= digen wollen mit dem, was ich sagte, daß sie in der Meinung, die Sache würde nicht mehr zur Berathung kommen, vielleicht nicht so rasch und anstrengend gearbeitet hat, wie ich damals voraus⸗ setzte, damals, wo die Delegirtenberathungen noch nicht statt⸗ gefunden hatten, und es ist bedauerlich für unsere Ver⸗ ständigung gerade über diese Themata, wenn aus solcher Klar— legung der Situation, die sich, glaube ich, ganz ohne Leidenschaft und Empfindlichkeit machen konnte, h lin eine sich prinzipiell zuspitzende Debatte entspinnt, die am Schlusse eines Reichstages, der mit, den verbündeten Regierungen in einer dankenzwerthen Einigkeit gegangen ist, der meines Erachtens beim Schluß auch den Wählern gegenüber den Eindruck hinterlassen wird, daß ihm die Ausbildung der Reichsverhältnisse im Einklange mit den verbündeten Regierungen, die doch davon unzertrennlich sind, vor allen Dingen am Herzen liegt, daß in einer der letzten Sitzungen die Debatte eine so persönliche r mn bekommt, die ich in keiner Weise veranlaßt habe. Mein Wunsch war, den Bundesrath und seinen Ausschuß vor dem Vorwurf der Langsamkeit zu schüßzen; außerdem aber, wenn Sie diese Preßberathung mit der Gründlichkeit wünschen, wie der Herr Vorredner es anzudeuten schien, erfordert es doch die Billigkeit, daß der bekannte und so ohne Weiteres verworfene Entwurf der Königlich preußisch en Regierung dabei von denjenigen, die ihn zu vertreten sich berufen fühlen, und deren wird es doch geben, denn sonst hätte die preußische Regierung ihn nicht gemacht, gleichzeitig mit vertreten wird; mit anderen Worten:; wenn in diesem i en Stadium wo die Berathung des Bundesraths noch im Aus— chuß liegt, die Preßfrage überhaupt vertreten werden soll, so muß der Hauptantragsteller, die preußische Regierung, in der Gestait ihrer Mit- glieder des Bundesraths hier adeitirt werden, damit sie ihrerseits im Stande ist, mit derselben Oeffentlichkeit, wie die Anträge der an⸗ deren Seite debattirt werden, oder mit demselben Nachdruck ihren Standpunkt zu vertreien.

Auf eine Replik des Abg. Dr. Windthorst (Meppen) er⸗ widerte der Fürst von Bismarck:

Ich weiß nicht, wie der Herr Abgeordnete auf den Gedanken ge⸗ kommen ist, ich hätte ihm gereizt geantwortet, oder gar, ich hätte ihm irgend etwas verboten, was er in seiner Eigenschaft als Volks— vertreter zu thun oder zu lassen hätte. Er hat mit einiger Empfind- lichkeit gesagt: „wenn das der Volksvertreter gar nicht mehr thun darf..“ Ich bin dazu gar nicht in der Lage oder Berechti⸗ gung, und ich glaube, der Herr Vorredner hat sich von mir nie etwas verbieten lassen, wenigstens habe ich das nicht wahrgenommen. Ich bin auch so weit entfernt gewesen, die Aus⸗ drucksweise zu tadeln, die er gegen mich gebraucht hat, nämlich er hielt die Vorlage für eine ungluͤckliche und sagte, sie würde nicht durch⸗ gehen, ö. ich im Gegentheil sie mir angeeignet habe, und fie genau gegenüber dem Herrn Vorredner auf seinen Antrag angewendet habe. Er erklärt also dassenige, was er mir gesagt hat, für ein Ge⸗ reiztes; denn, es ist entweder gereizt, dann ist es beide Mal der Fall, ich habe dieselben Worte ebraucht, die er mir gegenüber gebraucht hat, oder es ist kein Zeichen von Gereiztheit, dann ist es auch nicht gereizt, wenn ich sie brauche. Ich verwahre mich nur da— gegen, daß man hier vor der Diskussion und in dem Moment, wo es noch zweifelhaft ist, ob er zur Diskussion kommt, diesem preußischen Antrag Epitheta anhängt, gegen die man ihn nicht vertheidigen kann, da er nicht zur Diskusston steht. Wenn er Ihnen nicht gefällt, meine Herren, dann werden Sie ihn verwerfen, und die Artikel, die Ihnen nicht gefallen, werden Sie nicht annehmen. Wozu denn dem Gegner oder dem Gegenüber gleich mit zornigen und harten Worten vorwerfen, daß er etwas ganz Lasterhaftes erstrebe, wenn er nur andere Ueberzeugungen ausdrückt. Der Herr Vorredner hebt mit Recht die Verdienfte der Presse, wenigstens eines großen Theils der Presse, her—= vor, die sie sich erworben habe. Jede Sache het aber ihre zwei Seiten, und so auch diese. Aber es giebt, ich bitte doch, das zu überlegen, in der Bevölkerung und in dem Gesammt vol ke eine Menge verschiedener Schattirungen von Ansichten, von Interessen und Üeberzeugungen. Es giebt vielleicht 100, 900 Leute, die ein direktes rn f haben, die eine Freude daran haben, wenn die Presse so un⸗ abhängig, so frei und so bequem wie möglich, gestellt wird. Es giebt aber vielleicht sehr viel mehr wie 106060 Leute noch, die dieses Interesse nicht haben, die der weiteren freieren Entwicklung der

resse mit einer gewissen Sorge entgegensehen. Die Einen wie die

nderen haben das Recht, beruͤcksichtigt zu werden, und haben das Recht, ihre Ueberzeugung in 6 , , auszugrücken, nur die Regierung hat nebenher die Pflicht, die andere Seite der Sache auch zu berücksichtigen und die Regierten in die Lage zu bringen, daß sie 46 können für das eine oder andere System, und daß sie bei den Wahlen sich dahin aussprechen können, welche Auffassung dem einzelnen 5 gerade die entsprechendste ist. Aber ich möchte doch bitten, nicht von Hause aus das Axiom 353 stellen: für unbeschränkte Presse ist Tugend und dagegen ist Laster, und mit einer Art von zornigem Verdammungsurtheil sede Sorge der Regierungen auch diejenigen Leute, die anderer Meinung sind, zu be⸗ rücksichtigen und zu schäßen, mit zornigem Verdammungsurtheil. sage ich, zu brandmarken, als wenn das ein Attentat gen ein Volksrecht wäre. Ich sehe in den Fragen, bis zu welchem aße einerseits die Freiheit der . entwickelt, bis zu welchem Maße die Freiheit der Presse ge ahl en soll, bis zu welchem Maße andererseits die durch die Presse Angegriffenen ihrerseits en, werden sollen, keine schlimmeren Fragen als in den Fragen, ob Schutzzölle oder Freihandel oder etwas mehr oder weniger. Das findet auch auf, die Presse An⸗ wendung. Da wollen wir doch nicht gleich gegenseitig den Vorwurf machen, als ob es schimpflich und verächtlich wäre, in diesen Fragen etwas mehr links oder rechts zu 346 und als eb Ruhm, Ehre und Tugend lediglich guf der einen Seite, der unbeschränkten Freiheit der Presse, und Laster auf der anderen lägen. Es giebt eine Menge Leute, die anderer Ansicht sind, und das wird sich bei den Wahlen vielleicht zeigen. ;

Dem Abg. Duncker antwortete der Fürst von Bismarck:

Der i. Vorredner hat mir vorgeworfen, daß ich mit einer Leidenschaftlichkeit und Gereiztheit mich ausgedrückt hätte, die mit meinem sonstigen Verhalten in Widerspruch stände. Der Herr Vor⸗ redner hat durch die Färbung seiner eigenen Rede dieser Anklage eine eigenthümliche Illustration gegeben. ch habe nicht das Recht, über ein Privatleben zu urtheilen und ich habe nicht die Ehre, ihn per= J. so genau zu kennen, daß ich mit Sicherheit behaupten könnte, daß der Ton der Leidenschaftlichkeit und Gereiztheit, in welchem er eben zu mir sprach, mit seinen gewöhnlichen sonstigen Gewohnheiten im Widerspruche, stände. habe mich eines ähnlichen Tones wie er nicht bedient, ich habe nur mit einer berechtigten Entrüstung mein Recht. als Deuhscher wahrgenommen gegenüher einer Andeutung, meinem Eindruck von dem Begriffe Volk‘ ausschloß. Ich muß auch dem Herrn Vorredner in dieser Beziehung erwidern, daß auch die Regierungen zum Volke ge—⸗ hören, aus dem Volke hervorgehen, und in das Volk zurückkehren und daß er kein Recht hat, sich in dieser Beziehung im Gegensatz zur Regierung eine besondere Volksvertretung beizulegen. Im Grunde war um soweniger Motiv für den Herrn Vorredner mir den Vorwurf der Gereiztheit zu machen, als er nicht blos seine Person gegen den Auss chluß aus dem Volksthum zu wahren hatte, sondern seinen Insinuatio nen gegen mi eine möͤglichst scharfe . kränkender Worte gab, als hätte ie mich in gewissen insidiösen Worten „verschanzt, hin ter ich wei nicht hinker welche Behauptung, als . ich Versprech en gegeben, die nachher nicht gehalten wären. Das Alles führe ich ni cht an, um es

die mich nach

*

. widerlegen, , um den Herrn Vorredner, wenn er von Gereizt⸗ „eit und Leidenschaftlichkeit spricht, doch zunãchst an den Balken im eigenen Auge zu erinnern. Aber ich habe gerade, um den Bundes⸗ rath, von dem ich geglaubt habe, er würde schneller arbeiten, gegen

den Vorwurf der Langsamkeit zu rechtfertigen, die Motive angeführt,

wie man zu dem Glauben gekommen war, diese Sache würde nun nicht mehr zur Berathung kommen. Einen weiteren Zweck hatte ich bei meiner Aeußerung ich habe das schon einmal wiederholt, aber

der Herr Vorredner scheint das überhört zu haben nicht, als den

nach meiner Aeußerung vom 29. Mai naheliegenden Vorwurf gegen den Bundesrath wegen langsamen Arbeitens zurückzuweisen. Ich habe nicht einmal mich vertheidigt, ich habe nicht pro domo nach irgend einer Richtung hin gesprochen und bin sehr viel ruhiger gewesen als der Herr Vorredner.

hatte, daß er den

Nachdem der Abg. Lasker bestritten gereizten Ton der Debatte veranlaßt habe, erklärte der Fürst

von Bismarck:

Der Herr Vorredner wird mir darin gewiß beistimmen, wenn ich die Annahme ausspreche, daß der Redner jelbst der mindestberech⸗ tigte Richter über den Ton ist, in dem er selbst spricht; ich muß daher das Urtheil des Herrn Vorredners selbst daruber perhorres ziren, und mich an das der übrigen Versammlung halten, wenn ich behaupte, daß der gereizte Ton durch ihn in die bis dahin rein sachliche Debatte eingeführt worden ist. ;

Der Herr, Vorredner hat nicht die Art, wenn er seinen Gegner verletzt, die Stimme zu erheben, zu schreien oder sonst heftige Gebehr⸗ den zu machen; aber er hat die Gewohnheit und das große Geschick, seine Pfeile so zuzuspitzen, daß sie ich will nicht sagen; ein Gift, aber einen ätzenden Saft mit sich führen, und in dieser Richtung hat der Herr Vorredner in einer rein blick Debatte eine zwiespältige Stellung, eine Unterscheidung zwischen Regierung und Volk, zwischen Regierungs⸗Rechten und Volks⸗Rechten hervorgehoben. Es war viel leicht nur ein lapsus linguge; es war aber ein Anklang an vergan— gene Zeiten darin. Ich sehe nicht ein, warum die einen Gesetze gerade das Verdienst haben sollen, Volksxzechte zu betreffen,

und die anderen nicht. Ich bleibe dabei, . sind Alle Volk,

und die Regierungen mit, zu lasse in seiner

und ich brauche mir nicht gefallen n. daß zu meinem Nachtheile aus dem Volke Masse die Regierungen ausgeschieden werden. Der Herr Vorredner hat gesagt: nachdem so viele Finanzgesetze berathen sind also nachdem wir der Regierung so viele Summen bewilligt haben hätten wir uns wohl auch mit den Volks rechten beschäftigen

können. Wie? Sind denn die Finanzgesetze keine Volksgesetze? Ja,

wenn sie es nicht wären, so hätten

ie Unrecht gethan, dieselben zu

bewilligen! Ist die Vertheidigung des deutschen Bodens kein Volks⸗

recht? Ist die Herstellung und Sicherung von Festungen

egen feind⸗

lichen Ueberfall des Landes kein Volksrecht? Ist das Budgetrecht,

das geordnete finanzielle Zustände im Deutschen Reiche herbeiführen soll, kein Volksrecht? Oder wollten Sie blos die Angriffswaffen

rechte vindiziren? Das, meine Herr ,. ganz objektiv und nicht im verletzenden Sinne die eine ã

eg en die Regierung, das belagern de Element, wenn ich so sagen oll, gegen den jedesmaligen Stand der Regierung, für sich als Volks—⸗ erren, wäre eine Scheidung, die

chung der Situation sein würde, die ich nicht acceptiren kann,

weil wir dabei ganz und gar zu kurz kämen. Diese Andeutung, diese

Kaptatien, für sich allein und für seine speziellen Bestrebungen etwas Volksthümliches im öffentlichen Eindrucke herzustellen und für die Regierungsbestrebungen demnächst etwas Volksfeindliches oder dem

6 ö

Reichs in keiner Weise erwartet habe, und die mich kann sagen verletzt, indem ich mich diesem Ostracismus des Aus⸗

Volke Gleichgültiges, meine Herren, es ist eine subversive Ten⸗ denz, die darin liegt, und die ich allerdings von dem Herrn Ab— e von der Fraktion, der er angehört, von seiner isherigen Theilnahme an der Gründung und Befestigung des allerdings ich

geschlossenseins vom Volke, wie er in den Worten des Herrn Redners angedeutet lag, unmöglich unterwerfen kann.

des Bundesraths unterliegt, im hat, das ist einerlei.

Meine Herren! Ob der Preßgesetzentwurf, welcher jetzt der Berathung eichstage nur auf 12 Stimmen zu rechnen

Es giebt Situationen, wo es für die Regierung gar

nicht darauf ankommt, einen bestimmten Erfolg zu haben, sondern

wo es nur darauf ankommt, vor den Wahlen eine Pronunziamento welchen die Wahler sich richten können.

Quittung, ein eine Erklärung nach allen Seiten zu haben, nach Ich weiß nicht, in wessen

Namen der Herr Abg. Duncker vorhin etwas zurückgezogen hat, wenn er per „wir“ hier sprach, ob er ö sich und seinen nächsten h

Nachbaren noch sonst Jemand gemeint

1

at. Mir ist es durchaus

dazu angethan,

nicht willkommen, ich suche einen Kampf wahrlich nicht, aber neutral bleibe ich nicht, und stillschweigend zuzusehen, wenn es sich um die Interessen des Landes handelt, ist nicht meine Aufgabe. Wenn wirk⸗ lich gegen den Entwurf, wie er hier vorliegt, al le Stimmen bis auf 2 oder weniger gestimmt hätten, so würde man die einzelnen Parg—= graphen gestrichen haben. Streichen Sie z. B. den §. 20 daraus, so werden Sie vielleicht sehen, daß die 12 sich sehr mehren. Im Uebri⸗ en glaube ich, enthält die Sache doch manches Annehmbare, aber die treichungen können allerdings auch so weit gehen, daß sie der Regie⸗ rung unangenehm werden. . . . ch halte es nicht für erfreulich und nicht für Mweczmißig wenn über die Totalität einer noch nicht eingebrachten Vorlage in einer Diskussion über die Geschäftsordnung in einer für die Verfasser dieses Entwurfes durchaus nicht willkommenen Weise abgesprochen wird und der Entwurf ganz ohne Vertheidiger ist und überhaupt nicht zur Dis⸗ kussion steht. Es soll mir ganz außerordentlich erwünscht sein und ich werde das Meinige dazu beitragen, wenn es sich bestätigt, was der 84 Vorredner andeutet, daß diese verstimmende Diskussion in dem indrucke, den sie vor dem Lande macht, während der Dauer dieses Reichstages noch verwischt werde. Aber, meine Herren, schieben Sie mir die Schuld nicht zu, wenn die Diskussion verstimmend war; der Herr Abg. Windthorst hat es versucht, es mir zuzuschieben, daß ich der Erste gewesen wäre, der einen gereizten Ton angeschlagen hätte; der Herr Abg. Lasker hat dasselbe gesagt. Ich habe den Ton des Abg. Windthorst nicht gereizt gefunden, aber den Ton des Abg. Lasker hake ich gereizt gefunden. Das aber erwarten Sie nicht von mir, meine Herren, daß ich einer solchen Diskussion wie dieser ausweiche, daß ich mich zu der Beit, wo sie auf der Tagesordnung steht, zurück— ziehe, noch weniger aber, daß ich stillschweigend zuhöre. Ich bin mir der Pflicht, die verbündeten Regierungen zu vertreten, wohl bewußt und ich bin niemals hinreichend furchtsam und träge gewesen trotz meiner schwachen Gesundheit, um davor zurückzuschrecken.

In der Diskussion über den Gesetzentwurf, betreffend die Einführung des Gesetzes des Norddeutschen Bundes über die privatrechtliche Stellung der Erwerbs- und Wirthschaftsgenossen⸗ schaften vom 4. Juli 1868 im Königreich Bayern, nahm der Königlich bayerische Bundesbevollmächtigte, Staats⸗-Minister Dr. Fäustle, nach dem Abg. Schulze das Wort:

Meine Herren! Gestatten Sie mir nur mit wenigen Worten die Darlegung des Standpunktes der bayerischen Staatsregierung. Der vorliegende Gesetzentwurf verdankt seine Entstehung zunächst zahlreichen Petitionen, welche aus dem Schooße der bayerischen a n g an das Hohe Haus gelangt sind, fein ent aber auch dem Umstande, daß die Petitionskommission desselben sich einstimmig dafür aus—⸗ gesprochen hat, daß das Norddeutsche Gesetz auch in Bayern einge⸗ führt werden möge. Bei dieser Sachlage glaubte die bayerische Staatsregierung sich der Erwägung der Frage nicht mehr entziehen zu dürfen, ob sie bei einem Gegenstande, der, wie der vorliegende, zwei⸗ fellos in der Kompetenz der Reichsgesetzgebung begriffen ist, auch noch ferner ihre bisherige Ausnahmsstellung behaupten soll. Sie entschied sich nach sorgfältiger Erwägung des Dafür und des Dagegen zu dem gegenwärtigen Gesetzentwurf und zwar waren hierfür namentlich folgende Umstände bestimmend.

Das Genossens kaftswesen in Bayern hat die Entwickelung ge⸗ nommen, daß die überwiegende Mehrzahl aller Genossenschaften be⸗ reits die Solidarhaft freiwillig acceptirt hat. Nur einige Dresch⸗ maschinengesellschaften, wenige Konsumvereine und eine höchst geringe Zahl anderer Genossenschaften haben sich dem Systeme der beschränkten Haftpflicht in Bayern zugewendet. Ein praktisches Bedürfniß, die seitherige Sonderstellunz noch länger festzuhalten, besteht daher um so weniger, als der Zug der Zeit gekieterisch dahin geht, Alles zu beför— dern, was dazu dienen kann, die Solidität, derartiger Unternehmungen zu verstärken. Daß aber die Solidarhaft in der That ein wesentliches Mittel für solchen Zweck ist, wird Niemand bezweifeln. Ihrer Natur nach ist auch die vorliegende Frage nicht ü einseitig im Wege partikulärer Rechtsbildung ihre Lösung zu finden. Nach ihrem Wesen, ihren Konse— . und allen ihren Beziehungen eignet sie sich für die

eichsgesetzgebung, in deren Zuständigkeit sie ohnedies fällt. Aus diesen Gründen hat sich die bayerische Regierung zu dem vor liegenden 8 entschlossen, und sie konnte dieses um so mehr thun, als bestehende Rechte in gar keiner Weise verletzt werden. Für die registrirten Gesellschaften, welche bereits eingetragen sind, bleibt es bei dem bisherigen bayerischen Gesetze, und für diejenigen Gesellschaf⸗ ten, welche sich für Zwecke der Art, wie sie die bisherigen Genossen⸗

schaften mit beschränkter Haftpflicht verfolgten, auch fernerhin kon—⸗ e en wollen, bildet das sonst geltende Recht und namentlich die Gesetzgebung über Aktiengesellschaften einen viel geeigneteren Modus, ihre Wünsche zu befriedigen als die Form der Genossenschaften.

Nach dem Abg. Dr. Braun (Gera) erklärte der Köniali sächsische Bundesbeyollmächtigte Geh. Justiz⸗Rath Held: . Meine Herren! So gern ich bereit sein würde, duf eine Recht— e, e. der sächsischen Regierung in materieller Beziehung hier ein⸗ zugehen, so kann ich mich doch dem Bedenken nichh verschlleßen, daß die materielle Frage nicht auf der Tagesordnung steht, und daß 6

möglicherweise gegen die Absicht des Hauses handeln wollte, wenn i tiefer in diese sehr bestrittene Frage eingreifen würde. Allein, das möge mir wenigstens gestattet sein. Dem Vorwurf der Illoyalitãt, welcher so eben der sächsischen Regierung gemacht worden ist, ent⸗ gegenzutreten. Ich meine, man sollte mit einem solchen Vorwurfe urüchaltend sein gegenüber einer Frage, welche eine fast ausschließzlich , . ist, welche sich bewegt auf einem Gebiete, auf welchem eine bestimmte Grenze zwischen der Reichs- und Landes kompetenz nicht augenfällig ist, Und welche übrigens als ein: mindesten“ zweifelhafte von juristischen Autoritäten ausdrücklich anerkannt worden ist. In letzterer Beziehung gestatten Sie mir, die Bemerkung, daß über diese Streitfrage die Bundesprozeß⸗Kommisston gutachtlich gehört worden ist und daß sie in e. Gruppen, in eine allerdings der fächfischen Ansicht ungünstige Majorität, und in eine der sächsischen Ansicht gün⸗ stige Minorität sich gespalten hat. Die Frage wird daher mindestens als eine zweifelhafte anzuerkennen sein. Nun wird der sächsischen Re⸗ gierung der doppelte Vorwurf gemacht, einmal, daß sie ihr Gese nicht zurückgehalten, sondern erlaͤssen hat, zu einem Zeitpunkt, zu 3 chem ein verwandtes Gesetz am Horizont der Reichsgesetzzebung bereits sichtbar war und zweitens, daß sie , Gesetz nicht zurückgezogen oder auf seine Erledigung hingewirkt hat, nachdem seine Rechtsbe— ständigkeit gegenüber dem Reichsgesetze bestritten worden ist. Der erste Vorwurf bewegt sich, wie mir scheint, im Cirkel. Hätte die sächsische Regie⸗ rung mit dem Bewußtsein eines entstehenden Konfliktes diefes Gesetz erlassen, so würde sie allerdings illoyal gehandelt haben, illoyal, nicht sowohl der Reichsgesetzgebung gegenüber, denn sie war unzwelfelhaft befugt, so lange die Reichsgesetzgebung noch nicht ins Leben getreten war, ein sächsisches Gesetz, wenn auch von sehr kurzer Lebensdauer zu erlassen ö. illoyal aber gegenüber ihren eigenen Staatsbürgern, indem sie ur Bildung von Rechtszuständen induzirt hätte, welche alsbald wieder der Vernichtung entgegengehen mußten, Die sächsische Regierung ist, che sie das 8 erließ, mit der sorgfältigsten pr an die Frage heran⸗ getreten, ob hei Erlaß des Reichsgesetzes, deffen Inhalt ja bereits bekannt war, eine Kollision mit dem sächsischen Geseßz enfftehen werde; sie hat diese Frage aus vollster Ueberzeugung vernelnt. Hiermit erledigtè sich für sie der Anstand, ihr Gesetz, welches als ein dringendes Bedürfniß sich herausgestellt hatte, und welches von weitergreifender Bedeutung ist zu erlassen. Es trat vielmehr für sie die Verpflichtung ein, dem her⸗ vorgetretenen Bedürfniß Rechnung zu tragen. Daß die Rechtsbestän- digkeit dann bestritten worden ist, hat auf die Rechtsüberzeugung der sächsischen Regierung natürlich keinen Einfluß.

Andererseits aber ist zu konstatiren, daß ebensowenig wie in Bayern, so in Sachsen, und hier noch weniger, ein praktisches Bedürfniß zu einer Aenderung herangetrelen ist, daß insbefondere aber die von den Gegnern der sächsischen Auffassung prognostizirten Mißftände in keiner Weise bisher sich erkennbar gemacht haben. Dennoch hat, als der dem jetzigen Gesetzentwurfe zu Grunde liegende bayerische Antrag ebenso schnell empfangen, als geboren wurde, die sächsische Regierung hieraus Anlaß genommen, an die Erwägung derselben Frage nochmals heran⸗ zutreten, nicht jowohl nach der für sie abgeschlossenen juristischen, als nach der praktischen Seite hin, und es ist durch eine im Sächsischen Ministerialblatte“ enthaltene Verordnung des fächfifchen Justiz⸗Mini⸗ steriums eine Enquste veranlaßt worden, um beurtheilen zu können in welchem Umfange materielle Interessen bestehender Vereins in Frage tehen. Ich gestatte mir zum Schluß noch eine Bemerkung. Bei dem jüngft tattgehabten Verbandstage der sächsischen Konsumsvereine ist mit äberwiegender Majorität die Resolution angenommen worden: den Anwalt der Deutschen Erwerbs- und Wirths afts⸗ Genossenschaften zu ersuchen, dahin zu wirken, daß das Reichsgesetz auch auf die Ge— nossenschaften mit beschränkter Haftpflicht erweitert werde. Diesem Antrage ist der genannte Anwalt zwar entgegengetreten. Wenn aber von seiner Seite ausdrücklich die Bereithaltung erklärt worden ist seinerseits, soviel er an seinem Theile es vermöge, darauf hinzuwirken, daß der Uebergang der sächsischen Genossenschaften in das Reichsgefetz nicht allzuschwer gemacht werde, so ist für alle Eventualitäten? von sächsischer Seite diese Erklärung nur dankbar anzuerkennen.

Inseraten· Expedition des Neutschen Reichs Anzeiger und Königlich , , Stauts Anzeigers: Berlin, Wilhelm⸗Straße Nr. 32.

Sandels⸗Register.

ö Handelsregister des Königlichen Stadtgerichts zu Berlin. In unser Genossenschaftsregister ist eingetragen: Gol. 1. Laufende Nr. 5J. Col. 2. Firmg der Genossenschaft: ; man, ö Oranienburg eingetragene Genossenschaft. Col. 3. Sitz der Genossens f . ; . Oranienburg mit einer Zweigniederlassung in Berlin. Col. 4. Rechtsverhältnisse der Genossenschaft: ;

Der Gesellschaftsvertrag datirt vom 16. April 1873 und befindet sich Blatt 5 bis 14 des Beilagebandes Nr. 57 zum Genossenschaftsregister. .

Gegenstand des Unternehmens ist, die Verwerthung der von den ,, n, produzirten und an die Genossenschaft abzuliefernden i

ie Genossenschaft ist auf unbestimmte Zeit geschlossen.

Der an m , Genossenschaft wird gebildet aus folgenden

Personen: Mn -

a) dem Fabrik⸗Direktor Dr. Droncke aus Oranienburg,

b) dem Gutsbesttzer Sommerfeld aus Friedenthal, c dem Gutsbesttzer Bern aus Löwenberg i. M. Abgesdde von den Einladungen zu den Generalversammlungen, welche von allen Vorstandsmitgliedern erlassen werden müssen, sind die Willenz⸗Erklärungen des Vorstandes für die Genossenschaft bindend, wenn sie von zwei Vorstandsmitgliedern oder einem Vorstandsmitgliede und dem von dem Vorstande mit Generalvollmacht versehenen Ge⸗ schäftsführer der Genossenschaft mit der Firma der letzteren unter Beifügung der Namensunterschriften unterzeichnet sind.

In gleicher Form erfolgen die von der Genossenschaft ausgehenden Bekanntmgchungen. . ! 3 . H Tlichung derselben geschieht durch die „Oranienburger

eitung“. 3 en zufolge Verfügung vom 13. Juni 1873 am 14. uni ;

(Akten, betreffend das Genossenschaftsregister, Beilageband 57,

Seite 3.) . Fanner, Sekretär. ; Das Verzeichniß der Genossenschafter kann jederzeit bei dem unterzeichneten Gericht während der gewöhnlichen Dienststunden ein⸗ gesehen werden. ̃ Berlin, den 14. Juni 1873. ; Königliches Stadtgericht. Abtheilung für Civilsachen.

* 1

von öffentlichen Papieren. Subhaftatinen, Aufgebote, Vor= dandel. BVerschiedene Bekanntmachungen. Literarische Anzeigen.

Handelsregister des Königlichen Stadtgerichts zu Berlin. Die Gesellschafter der unter der i ;

H. Karfunkelstein & Co. . mit ihrem Sitze zu Breslau und einer Zweigniederlassung in Berlin am 29. März 1873 begründeten Handelsgesellschaft

(hiesiges Geschäftslokal jetzt: Invalidenstraße 92) sind die Kaufleute: I) Heinrich Karfunkelstein, 2) Liebmann Loewenthal, . beide zu Breslau. ö Dies ist in . Gesellschaftsregister unter Nr. 4505 zufolge Verfügung vom 13. Juni 1873 am 14. Juni 1873 eingetragen worden.

Zufolge Verfügung vom 14. Juni 1873 sind am selbigen Tage folgende Eintragungen erfolgt: . In unser Firmenregister ist Nr. 7467 die Firma: L. Herrmann . und als deren Inhaber der Banguier Louis Herrmann hier (jetziges Geschäftslokal: Schadowstraße 8) eingetragen worden.

Gelöscht ist: Firmenregister Nr. 1626: die Firma; Adolph Maher. Berlin, den 14. Juni 1873. Königliches Stadtgericht. Abtheilung für Civilsachen.

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Handelsregister des Königlichen Kreisgerichts zu Frankfort a. O.

In unser Firmenregister ist unter Nr. 715 als Firmeninhaber der Buchdruckereibesttzer und Kaufmann Albert Dübuy zu Müncheberg,

als Ort der Niederlassung: Müncheberg,

als Firma: Albert Dübun, . . zufolge Verfügung vom 11. Juni 1873 am 13. Juni 1873 einge— tragen worden.

Handelsregister des Königlichen Kreisgerichts zu Frankfurt a. O. Die unter Nr. 62 unseres Firmenregisters eingetragene Firma Hartwig Levin, Firmeninhaber; Kaufmann Hartwig Lepin zu Frankfurt a. O, ist gelöscht, zufolge Verfügung vom 11. Juni 1873 am 13. Juni 1873.

Deffentlicher Anzeiger.

1. Steckbriefe und Untersuchungz⸗Sachen. 2. Haadelg ⸗Register

3. Konkurse ** ladung en u. dergl.

4. Verkaufe, Verpachtungen, Submissionen ꝛc.

Verloesung, Amortisatien, Zinszahlung u. s. w.

Industrielle Etablissements, Fabriken und Groß⸗

mr mr mr rm,

* serate nimmt an dig autgrisirte Annoncen⸗Expediti udolf Mosse in Berlin, Ceipzig, , n furt a. M., Greslau, galle, Rrag, Mien, München, Nurnberg, Ktraßburg, Zürich und Rtuttgart. *

In das hiesige Handelsregister ist heute Fol. 207 eingetragen: I) Firma:

Thonwaaren⸗ Fabrik dran n n,, Steinberg e

. Hannov. Münden. 2) Firmeninhaber: a. Partikulier Carl Ley und b. Holzhändler Adolph Senff zu Münden, . Architekt Heinrich Wegener zu Hannover, d. Betriebsfuͤhrer, Heinrich Haltern zur Zeche Steinberg, Amts Münden. 3) Ort der Niederlassung: Steinberg bei Hannov. Münden. Rechts verhältnisse; Vffene Handelsgesellschaft seit dem 1. Juni d. J.

Die Zeichnung der Firma geschieht durch die Unterschrift des Mitinhabers Carl, Ley od er des Betriebsführers Hein⸗ . . unter Beifügung eines die Firma bezeichnenden

empels.

Die Dauer des Gesellschaftsvertrages

20 Jahre festgesetzt. 6. ? Münden, den 11. Juni 1873. Königliches Amtsgericht J.

ist vorläufig auf

Verloosung, Amortisation, Zinszahlung u. s. w. von öffentlichen Papieren.

ren Oherlausttzer Eisenbahn.

. ; (Kohlfurt⸗Falkenberg. )

Die girsen auf die volleingezahlten h nn und Prioritäts⸗ Stamm-⸗Aktien unserer Gesellschaft fär die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni er, werden vom 1. Juli 1873 ab und zwar

für die Stamm⸗Aktien mit 23 Thaler pro Aktie durch = unsere Hauptkasse in Ruhland, 2. ö. für die Prioritäts⸗Stamm⸗Aktien mit 5 Thlr. pro Aktie durch den Berliner Bankverein, Dorotheenstraße 8 , ief in ö ö zl gegen Einlieferung des vierten Coupons gezahlt. Ruhland, den 9. Juni 1873.

Die Direktion.