1873 / 223 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 22 Sep 1873 18:00:01 GMT) scan diff

Die außerordentliche Lan des synode erledigte der „D. 3.“ zufolge in ihrer gestrigen 7. Sitzung bei ortsetzung der Berathung bes Versassungsentwurfes dessen 5§. 18 bis 31 unter Zugrundelegung des von dem Ausschusse vorgelegten Ent⸗ wurfs. Die einzelnen Paragraphen wurden sämmtlich angenom⸗ men. 5. 18 handelt von der Wählbarkeit in die Gemeindever⸗ tretung. Voraussetzungen hierzu sind außer den Bedin⸗ gungen der Stimmfähigkeit: Zurücklegung des 30. Lebensjahres und ehrbarer Lebenswandel, sowie außerdem, nach einem angenommenen Amendement Schwabe, bewährter kirchlicher Sinn; statt der letzteren Oualität wollte die Ausschuß⸗ majorität nur eine diesbezügliche Erwartung ausgesprochen, die Ausschußminorität dagegen Nichtfernhaltung vom öffentlichen Gottesdienst und heiligen Abendmahl aufgenommen haben; der 2. Theil des Paragraphen, wonach sowohl bezüglich des Ver⸗ fahrens als bezüglich der Eigenschaft der Gewählten eine Prüfung von Amtswegen eintritt, wurde unverändert angenommen. 5. 19 (über die Wahlordnung) wurde ohne Diskussion erledigt. 8. 20 (öffentliche Verkündigung, Verpflichtung, Beanstandung der Ge⸗ wählten) wurde nach dem Antrage der Ausschußmajorität angenom⸗ men, während ein Zusatz der Ausschußminorität, der die Aufnahme einer bestimmten Gelöbnißformel bezweckte, abgeworfen wurde. Die §§. 21 (Wahl der Gemeindevertreter auf 6 Jahre, Ausscheiden der Hälfte nach 3 Jahren), 22 (nachherige Wirkungslosigkeit der Wahl mit Hinwegfallen der Bedingungen der Wählbarkeit), 23 (Nachwahlen der Gemeindevertretung) und 24 (Auflösung der Gemeindevertretung durch den Ober⸗Kirchenrath) fanden unverän⸗ dert Zustimmung. F. 26 wurde, insoweit er die Wahl der Kirchen⸗ vorsteher und weltlichen Abgeordneten zur Diözesansynode fixirt, angenommen, insoweit er von den Qualitäten der Kirchenvorsteher spricht, als nicht hierher gehörig, gestrichen, insofern er endlich die Mitwirkung der Gemeindevertretung bei Besetzung der Pfarr⸗

stellen ins Auge faßt, heute noch nicht berathen; diese letztere Be⸗

rathung wurde bis zur Diskussion der Bestimmungen über die Pfarrbesetzung vertagt. Die §5§. 26 (Ausübung des Einspruchs gegen Kirchengesetze nach 5. 3 durch die Gemeindevertretung), 37 (Festsetzung von Gemeindestatuten durch die Gemeindevertretung), 28 (Gegenstände, bei denen die Gemeindevertretung den Be— schlüssen des Kirchenvorstandes ihre Genehmigung ertheilen muß), 29 (Husammentritt der Gemeindevertretung), 30 (Einladung der Mitglieder und Vorsitz, und 31 (Beschlüsse und Verhandlungen der Gemeindevertretung) wurden theils unverändert, theils mit geringen Modifikationen angenommen.

Anhalt. Dessau, 20. September. Die GesetzSamm⸗ lung für das Herzogthum Anhalt veröffentlicht eine Berord⸗ nung der anhaltischen Regierung, Abtheilung des Innern und der Polizei, vom 12. d. M., betreffend die Einrichtung und den Betrieb von Lo komobil⸗Dampfkesseln.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 20. September. Das Kaiserliche Festungs-Gouvernement Straßburg hat unterm 11. d. Mis. folgenden Erlaß an das Bezirksamt

Kork, betreffend die Stadt Kehl, gerichtet:

Dem. Großherzoglichen Bezirksamt theilt das Gouvernement er⸗ gebenst mit, daß, nachdem nach Benehmen mit dem Großh. badischen Staats ⸗Ministerium das Königlich preußische Kriegs-Ministerium angeordnet hat, daß die Stadt Kehl dem Befehls- und Verwaltungs⸗

bereiche des General⸗Kommandes des XV. Armee⸗-Corps und des Festungs⸗Goupernements Straßburg zutritt, nunmehr auch eine Re— gelung der militär⸗polizeilichen Vrhaͤltnisse in der Stadt Kehl noth⸗ wendig wird. Das Geuvernement wird die in der hiesigen Citadelle kasernirten Truppentheile mit der Wahrnehmung Ler militärischen olizei in Kehl beauftragen und die Revision der von Militärs be— 6 befuchten öffentlichen Lokalen an allen Sonntagen und Feier— tagen veranlassen. Das Großherzoglich badische Bezirksamt erfucht das Gouvernement. das Bürgermeisteramt Kehl hierben in Kenntniß setzen zu wollen und sehr gefälligst Sorge zu tragen, daß die in Kehl stationirten Gensd armen, sowie die städtischen Polizelteamten an— gewiesen werden, den mit Wahrnehmung der militärischen Pelizei be⸗ auftragten Unteroffizieren c. hülfreich zur Hand zu gehen. Eine be— sondere Beurlaubung der nach der Stadt Kehl sich begebenden Mann⸗ schaften ⁊c von Seiten der die Garnison Straßburg bildenden Trup— pentheile wird nunmehr nicht mehr eintreten, so daß damit auch die Ausgabe von besonders auf Stadt Kehl lautenden Urlaubskarten fortfãällt. Der Gouverneur: Hartmann, General der Kavallerie.

Oesterreir⸗ Ungarn. Wien, 20. September. Zur Repue, welche heute früh um halb 9 Uhr auf der Schmelz zu Ehren des Königs von Italien abgehalten wurde, waren die Truppen der Garnison von Wien, zusammen 33 Bataillone, 88 Geschütze. 12 Escadrons oder eirea 11,700 Mann, unter Kommando des Feldzeugmeisters Baron Maroicic in fünf Treffen aufgestellt. Die nicht mit der Truppe ausgerückten Generale, Stabs⸗ und Ober⸗Offiziere erwarteten vor 8 Uhr die Ankunft Ihrer Majestäten nächst dem Schmelzer Friedhofe. Am Rendez⸗ voöus waren außerdem erschienen: Die Erzherzoge Karl Ludwig, Albrecht, Rainer und Leopold, der Erbgroßherzog von Oldenburg, der Botschafter des Deutschen Reiches General-Lieutenant von Schweinitz und der italienische Gesandte General-Lieutenant Graf Robilant, die Militärattaches der am Kaiserlichen Hofe beglau— bigten Gesandtschaften und eine sehr bedeutende Anzahl freinder Offiziere. Präzise Sis⸗ Uhr kam der Kaiser, von dem äußerst zahlreich versammelten Publikum lebhaft begrüßt, in Begleitung der General⸗Adjutanten von Schönbrunn über die Schmelz ge⸗ ritten. Se. Majestät trug die Marschalls⸗Uniform, die Colane und den Stern des Königlich italienischen Annunziaten⸗Ordens, welche Dekoration auch die übrigen Erzherzoge angelegt hatten. Punkt halbe9 Uhr kam der König von Italien in zweispän⸗ nigem Hofwagen und wurde von dem Kaiser begruͤßt. Der König von Italien trug das große Band des St Stephans⸗ Ordens. Beide Monarchen ritten dann gefolgt von einer äußerst zahlreichen und glänzenden Suite die Front der Trup⸗ pen ab, deren Musikbanden die italienische Hymne intonirten.

Ihre Majestäten kehrten dann zum Rendezvous⸗Platze zurück, woselbst sich Allerhöchstdieselben verabschiedeten.

Der König von Italien bestieg den Wagen, um in die Hof⸗ burg zu fahren, während der Kaifer nach Schönbrunn zurückritt.

Mittags begaben sich beide Majestäten nach Laxenburg, wo das Diner stattfand. Rach halb 5 Uhr bestiegen die Aller⸗ höchsten und höchsten Herrschaften die bereitstehenden zweispänni⸗ gen Leibwagen, und die Pirutschade begann. Nach halbstündiger Fahrt durch den Garten führen Ihre Majestäten sowie die Höchsten Herrschaften bei dem Landungsplatze des großen Teiches vor und bestiegen die bereitstehenden Gondeln, mit denen eine kleine Rundfahrt unternommen wurde. Nach Beendigung der Rund⸗ 6 auf dem Teiche wurden die Wagen wieder bestiegen und ie Fahrt nach dem Bahnhofe angetreten, von wo die Aller⸗ höchsten und höchsten

Herrschaften nach der Residenz zurück⸗ kehrten.

(Wien. 3.) Das Unwohlsein, von dem die Kaiserin bei Allerhöchstihrer Rückkehr von Ischl befallen wurde, dauert bisher, jedoch ohne bedenkliche Erscheinungen, noch fort.

21. September, Abends 10 Uhr. Der König von Italien ist vor einer halben Stunde, nachdem er sich vom Kaiser auf das Herzlichste verabschiedet hatte, nach Berlin abge⸗ reist. Außer dem Kaiser waren bei der Abfahrt auch die Erz⸗ herzoge und die Mitglieder des Staats⸗Ministeriums auf dem Nordwestbahnhofe erschienen; das zahlreich versammelte Publikum empfing den König mit sympathischen Zurufen. Eine Compagnie vom Infanterie⸗Regiment Freiherr von Heß Nr. 49 gab den Ehrendienst.

Agram, 19. September. In der heutigen Landtags⸗ sitzung unterbreitete der Finanz⸗Ausschuß seinen Bericht über die Fonds. Das Budgetgesetz pro 1873 wurde in dritter Le⸗ sung angenommen, hierauf der Bericht über die Fonds und Fundationen verhandelt und gleichfalls genehmigt.

Der Landtag erledigte ferner Petitionen und nahm das Ge⸗ setz über die Gleichberechtigung der Juden an.

Schweiz. Bern, 20. September. (W. T. B.) Von den, der ultramontanen Partei angehörigen Mitgliedern des Nationalraths Arnold von Uri, Roten von Wallis und Fischer von Luzern ist heute eine Interpellation an den Bundes— rath gerichtet in Betreff der von der Berner Regierung für den morgigen eidgenössischen Bettag erlassenen Proklamation, in welcher die Antragsteller, da dieselbe sich gegen die ultramontanen Bestrebun gen ausspricht, eine Störung des konfessionellen Frie⸗ dens erblicken.

Niederlande. Haag, 16. September. Gestern ist die Kammer vom König mit folgender Thronrede eröffnet:

„Meine Herren! Es freut Mich, auch ö. wieder, bei der Er⸗ öffnung Ihrer ordentlichen Session, günstige Mittheilungen hinsichtlich der Lage des Landes machen zu können. Während des Besuches, welchen Ich im Frühjahre den nördlichen Provinzen des Reiches ge—= macht, begegnete Ich überall Beweisen der Woblfahrt und des Ge⸗ deihens. Die kürzlich in Meiner Gegenwart eröffneten Hafenhauten von Vliessingen haben dem neuen Handel einen neuen Weg eröffnet, welcher weitere Entwickelung in Aussicht stellt. Ich lege Werth darauf, in Ihrer Mitte zu erklären, daß Ich im Süden, wie im Norden des Landes durch die ganze Bevölkerung mit den wärmsten und aufrichtigsten Beweisen der Liebe und der Anhänglichkeit be— grüßt, worden hin. Die in dem indischen Archipel entstandenen Verwickelung'n veranlaßten Mich, einen desto größeren Werth auf die Beweise der Theilnahme und der Freundschaft zu legen, welche Ich fortwährend von sämmtlichen auswärtigen Mächten erhalten habe. Marine und Heer fahren fort, ihre Aufgabe treu zu erfüllen. Der öffentliche und der Privatunterricht bilden stets den Gegenstand Mei⸗ ner warmen Theilnahme. Niederland hat seinen Ruf in Bezug auf Gewerbefleiß und Kunst auf der Wiener Westausftellung, bei' dem großen Kampf aller Nationen, ehrenvoll bewährt. Die Nachrichten tg der Bekämpfung der Seuche, von welcher der Viehstand eit Jahren heimgesucht wurde lauten günstig. Trotz der sich steigern⸗ den Bedürfnisse des gewöhnlichen Dienstes und der außerordentlichen Ausgaben, sowohl im Mutterland als in Indien, darf die Finanzlage des Landes eine günstige genannt werden. Nachdem die Kriegsope⸗ rationen der Landungsarmee gegen Atschin zeitweilig eingestellt wor. den sind, werden die Küsten des genannten Reiches von der Marine mit günstigem Erfolg blokirt. Es sind und werden noch fort⸗ während die nöthigen Maßregeln getroffen, damlt der Kampf auf dem Lande energisch von Neuem aufgenommen werden kann. Ver“ einzelte lokale Unordnungen etwa ausgenommen, wurde die Ruhe in unseren ostindischen Kole ien nicht gestört. Im Allgemeinen war aus dem ergiebigen Ertrag der Einfuhr⸗ und Ausgangézölle die Entwickelung des Handels und der Schiffahrt erfichtlich Die Inter⸗ essen des Gewerbefleißes wurden mittelst neuer Bestimmungen hinsichtlich der Minen-Industrie gefördert. In einigen Gegenden, in welchen Mangel an Nahrungsmitteln entstanden war oder zu ent“ stehen drohte, haben sowehl die Regierung als Privatpersonen der Be— völkerung kräftige Hülfe angedeihen lassen. Inzwischen haben sich die Auesichten hinsichtlich der Nahrunggmittel⸗Ernke günftig gestaltet. Die Lage der westindischen Kolonien ist eine befriedigende. Surinam . die schwierigen VBerhaltnisse, welchen für dieses Jahr. entgegengesehen wurde, glücklich überstanden. Dank der Erweiterung des Handels und der Schiffahrt erfreut sich Curagao steigender Wohlfahrt. Mit dem Wunsche, daß Ihre Berathungen, unter dem Segen des Allerhöchsten, dem theuren Vaterlande zum Heile gereichen mögen, erkläre Ich die ordentlicke Sitzung der Generalftaaten für eröffnek.“

9. September. (W. T. B.) Das Budget für 1874 weist an Ausgaben im Ordinarium 100 Mill. Gulden. auf, eine Summe, die diejenige früherer Jahre um 400 000 Gulden übersteigt. Die früheren Defizits sind fast ganz gedeckt. Seit 1872 ist das Ziel, die Ausgaben mit den im OrdinariLum befindlichen Mitteln ins Gleichgewicht zu bringen, vollkommen erreicht. An Baarvorrath besinden fich in der Kasse 33 Millio⸗ nen. Der Gesetzentwurf wegen der Münzreform foll sofort zur Vorlage kommen. Das Marinebudget ist um 11/3 Million ver⸗ mehrt worden.

Belgien. Brüssel, 20. September. König und die Königin sind heute früh mit ihren Kindern inkognito nach Biarritz abgereist, wo dieselben einen drei⸗ wöchentlichen Aufenthalt nehmen werden.

Der „Etoile“ vom 19. d. M. meldet, daß der oberste Ge⸗ richts hof die Verwaltungsräthe der Geseilschaft Langrand⸗ Dumonceau, unter welcher sich mehrere Deputirte und Sena— toren befinden, vor das Zuchtpolizeigericht zurückverwiesen habe.

Frankreich. Paris, 18. September. Zu dem Prozeß gegen Bazaine sind im Ganzen 272 Belastungszeugen vor⸗ geladen worden, 129 Militär⸗ und 143 Civilpersonen, unter letzteren 9 Frauen. Die Militärpersonen vertheilen sich folgender⸗ maßen: 2 Marschälle, Canrobert und Leboeuf 17 Generale, unter welchen Bourbaki, de Ladmirault, Jarras, Coffiniésres de Nordeck, Lebrun, Soleille, Des vaux, Frossard, Changarnier, Palikao und Boyer; 12 Obersten, darunter d'Andlau, Stoffel, d'Absac. Merlin und Magnan; 12 Oberst⸗Lieutenants; 20 Ma⸗ jore; 23 Hauptleute; 3 Lieutenants; 5 Unter⸗Lieutenants; 3 Sol⸗ daten; 1 Offizier von den Mobilen; 14 Intendanten, darunter Wolff, Uhrich, Léequineau de Preval, de Cevilly, Friant und Gayard; 3 Beamte des Kriegs⸗Ministeriums; 3 Seeleute und 1 Zögling der polytechnischen Schule. Unter den 143 Civil⸗ personen befinden sich 2 Diplomaten, Leflö, Botschafter in St. Petersburg, und Tachard, während des Krieges französischer Gesandter in Brüssel; 1 Präfekt, 2 Unter⸗Präfekten, 3 gericht⸗ liche Personen; 4 Polizei⸗Agenten; 30 Deputirte, ehemalige Beamte unter der Regierung der Nationalversammlung und, Leute ohne Profession (unter diesen befinden sich die Deputirten Jules Favre, Gambetta und Cobier, Rameau, Maire von Ver⸗ sailles, und Graf de Keratry, letzterer zuerst Pariser Polizei⸗ Präfekt, dann General und unter Thiers Präfekt in Marseille).

20. September. (W. T. B.) Die legitimistischen Jour⸗ nale erklären die Nachricht des, Temps“, daß der Deputirte und Führer der legitimistischen Rechten de Larey eine Adresse nach Frohsdorf überbracht habe, für unbegründet. . De

(W. T. B.) Der

gelegenes Landgut nicht verlassen, auch sei gar keine Adresse an den Grafen von Chambord entworfen worden.

Das Journal „La France“ will Berichte aus Wien er— halten haben, nach denen es sich bestätigt, daß die Bemühungen, den Grafen von Chambord zu einem Kompromiß über die Konstitution und zu Konzessionen in der Fahnen—⸗ frage zu bewegen, erfolglos geblieben sind. Der Graf von Chambord hätte neuerdings erklärt, daß sein Manifest vom Jahre 1871 als das einzige Programm, welches mit dem Gefühl seiner Würde und seinem Gewissen verträglich sei, betrachtet werden dürfe. Geradezu im Gegensatze hiermit versichert der „Soir“, Graf Chambord gebe die befriedigendsten Erklärungen und sei bereit, sobald nur sein Erbrecht , anerkannt werde, alle

dem Allen verlautet gerüchtweise, Graf Chambord hätte durch⸗ blicken lassen, daß er, sobald seine Rechte auf den Thron aner—⸗ kannt und sobald die ihm zukommenden Huldigungen ihm in Versailles erwiesen worden, zu Gunsten des Grafen von Paris auf die Regierung verzichten werde.

21. September. (W. T. B) Casse (Republikaner) ist in Guadeloupe mit 3900 Stimmen zum Deputirten ge⸗ wählt worden. Der Gegenkandidat Cassagnac erhielt 2560 Stimmen.

Bien public“ fordert den Präsidenten der Republik auf, die Näationalversammlung schleunig einzuberufen.

Die legitimistischen Journale erklären die ungün⸗ stigen Nachrichten über die in Frohsdorf gethanen Schritte für unbegründet.

Spanien. Madrid, 20. September. (W. T. B.) Car—⸗ listische Banden aus Biscaya und Guipuzeoa haben gestern Tolosa angegriffen, sind aber mit großen Berlusten zurückge⸗ schlagen worden.

21. September. (W. T. B.) Die Sitzungen der Cortes sind gestern vertagt worden.

Regierungsnachrichten melden: Der General Loma hätte noch für lange Zeit Lebensmittel in Tolofa. Die Insur⸗ genten in Carthagena versuchten einen Ausfall, wurden aber zurückgeschlagen. Dem Vernehmen nach haben die Insurgenten⸗ schiffe den Hafen von Carthagena verlassen, sind nach Alicante gekommen und drohten, ein Bombardement auf die Stadt zu er⸗ öffnen. Die auswärtigen Konsuln legten dagegen Protest ein und der Ober-Befehlshaber des britischen Geschwaders verlangte einen dreitägigen Aufschub, um die nöthigen Instruktionen von seiner Regierung zu erhalten.

(W. T. B.) Das Anerbieten Garibaldi's, der Re⸗ gierung zur Bekämpfung der Carlisten seinen Beistand zu lei⸗ hen, ist, dem Vernehmen nach, von Castelar mit der Erklärung abgelehnt, daß er im Vertrauen auf die spanische Armee und das Volk sich den Gefahren der gegenwärtigen Situation für hin⸗ länglich gewachsen halte.

Die Deputirten, welche gegen die Vertagung der Cortes gestimmt haben, wollen ein Manifest zur Rechtfertigung ihrer Haltung erlassen.

Die Nachricht, daß Cabrera nach Spanien zurückgekehrt ist, ist unbegründet.

Vor Alicante ist gestern auch die italienische Fregatte „San Martino“ eingetroffen.

Portugal. Lissabon, 21. September. (W. T. B.) Heute ist die Subskription auf die Nationalanleihe zum Betrage von 38000 Kontos Reis eröffnet worden, welche zur Konsolidirung der schwebenden Schuld nerwandt werden sollen. Dieselbe wird zum Course von 433 emittirt werden.

Italien. Rom, 20. September. (W. T. B.) Zur Feier des Jahrestags der Besetzung Roms durch die italienischen Truppen fanden zahlreiche öffentliche Kundgebun⸗ gen statt.

Der „Opinione“ zufolge sind von den religiösen Körper⸗ schaften bei der mit der Liquidirung der Kirchengüter beauftragten Kommission über 60 Anmeldungen eingegangen.

Türkei. Konstantinopel, 21. September. (W. T. B.) Die Verhandlungen über den Abschluß eines neuen Friedens- und Freundschaftsvertrages zwischen der Türkei und Persien nehmen einen guten Fortgang und darf schon im Laufe der künftigen Woche der Unterzeichnung des Vertrages entgegengesehen werden.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 21. Sep⸗ tember. (W. T. B) Die von mehreren Zeitungen ge⸗ brachte Nachricht, daß der Kaiser auf der Reife nach Livadia auf der Eisenbahnstrecke zwischen Moskau und Kiew nur mit knapper Noth einer Gefahr entgangen sei, indem mehrere Schienen von den Schwellen losgelöst worden und dies erst kurz vor der Ankunft des Separatpostzuges bemerkt und der Schaden sofort heseitigt worden sei, entbehrt nach eingezogenen zuverlässigen Erhebungen jeder Begründung.

Nach hier eingegangenen Nachrichten aus Chiwa hat der General Kauffmann bei der vollständigen Ruhe, die jetzt unter den dortigen Turkomanen herrscht, den Rückzug des Orenburg⸗ und Mangyschlak-Detachements angeordnet. Letzteres sollte am 15. September n. St. in Kinderli eintreffen, während das Orenburg⸗Detachement am 8. Oktober n. St in der Festung Emba erwartet wird.

Schweden und Norwegen. Stockholm, I7. September. Die Staatsdepartements haben am 13. d. M. an die sämmtlichen Vorstände und Beamten-Kollegien Schrei⸗ ben erlassen, in denen die Departements⸗Chefs unter Anfüh⸗ rung, da die in der letzten Zeit so sehr gesteigerten Preise für alle Lebensbedürfnisse eine allgemeinere Verbesserung der Besol⸗ dungen der Beamten des Staates nothwendig zu machen schei⸗ nen, sei es durch eine ordentliche und feste Erhöhun derselben oder durch eine zufällige, den jetzigen Preisen . Zulage, und da die Frage nicht nur den Betrag und die Beschaffenheit der Gehaltsverbesserung, sondern auch die Zeit betrifft, in wel⸗ cher dieselbe wo möglich gleichzeitig für alle Beamten eintreten muß, aufgefordert werden, vor dem Ende des November mit Vorschlägen in Betreff dieser Angelegenheit einzukommen, welche sich auf die zu jedem Vorstande und Kollegium gehörenden Be⸗ amten beziehen. Zugleich sind die Kollegien aufgefordert wor⸗ den, mit der Angabe einzukommen, oh einige in denselben an⸗ gestellte Beamte auch noch in anderen Kollegien Anstellung haben, und ob mehrere Aemter sich ohne Nachtheil mit einander ver⸗ einigen lassen und darüber Vorschläge einzureichen.

Eine Delegation der Staats repisoren, bestehend aus fünf Mitgliedern derselben, ist mittels Dampfschiffs nach Karlskrona gereist, um an Ort und Stelle verschiedene, die Seevertheidigung betreffende Fragen zu erörtern.

In allen Län sind jetzt zur Berathung über die innern

Larch habe das Departement Gard und sein daselbst bei Allais

Angelegenheiten jedes Lan die alljährlichen Landesthinge zusammengetreten.

für nothwendig erachteten Zugeständnisse zu machen. Neben

Die Berichte der Gesandtschaften und Kon⸗ sulate über den Verkehr Schwedens und Norwegens mit dem Auslande im Jahre 1872 sind jetzt gedruckt und werden von dem Departement des Auswärtigen vertheilt.

Dänemark. Kopenhagen, 18. September. Der König wird in nächster Woche wieder hier zurückerwartet, ohne Wien und die dortige Weltausstellung zu besuchen. Auf der Rückreise von Rumpenheim wird der König, wie man hört, nirgends verweilen und in Lübeck sofort an Bord des Dainpf⸗ schifes „Slesvig“ gehen, welches bereits dorthin beordert ist.

Der Kronprinz hielt gestern Staatsrath in seinem

alais auf Amalienburg und machte darauf unter Salut von der Batterie „Sertus“ einen Besuch auf dem auf der inneren Rhede liegenden Panzergeschwader, welche verschiedene Evolu⸗ tionen im Sunde ausführte.

Amerika. New⸗Jork, 21. September. (W. T. B.) Präsident Grant und Schatzsekretär Richardson sind ter eingetroffen und mit eingehender Prüfung der Vorschläge

beschäftigt, welche von van der Bilt und anderen größeren Ban—⸗

quiers * Finanzkapazitäten zur Erleichterung der Lage gemacht orden sind.

n „Reuters Bureau“ meldet weiter aus New⸗Jork vom 21. d. Ms,, Abends: Gutem Vernehmen nach hat Praäsident Grant den ihm gemachten Vorschlag, von den 44 Millionen Reserve⸗ noten den Betrag von 30 Millionen zur Ausgabe gelangen zu lassen, abgelehnt, ebenso auch das Anerbieten van der Bilts, daß er mit Unterstützung der Regierung den Bankhäusern zu Hülfe kommen wolle. Schatzsekretär Richardson will dagegen morgen fir weitere 30 Millionen Dollars oer Bonds ankaufen lassen. = 22. September. (W. T. B.) Die Regierung hat, wie offiziell gemeldet wird, den Ankauf eines unbeschränkten Betrags von ser Bonds zum Paricourse gegen Gold beschlossen.

Asien. Die britische Admiralität hat von dem Kapitän der „Thalia“ in Singapore folgendes Telegramm erhalten: Ein Telegramm aus Penang meldet, daß Ihrer Majestät Schiff Midge? von Piraten angegriffen wurde. Die Unter⸗-Lieute⸗ nants Creßwell und Lindesay wurden gefährlich verwundet. Details fehlen. Die ‚Thalia“ segelt direkt nach Penang ab.“

Afrika. Der römische „Diritto“ veröffentlicht einen Be⸗ richt aus Aden, nach welchem ägyptischerseits Berbera (am nrabischen Meerbusen) besetzt worden ist. Die britischen Behörden in Aden hätten zur Beobachtung ein Kriegsschiff nach Berbera gesandt und zugleich in Bombay weitere Instruktionen für sich erbeten.

Der „Times“ gehen Mittheilungen aus Freetown rom 2. 8 M. zu, nach welchen in Folge der am Flusse Prah von den Engländern erlittenen Niederlage ein allgemeiner Auf⸗ stand an der ganzen Goldküste ausgebrochen ist. Oestlich von Elming haben fast alle Stämme den Aschantis ihre Unter— werfung erklärt. Die Kriegsschiffe Barracouta“ und „Argus“, welche ausgelaufen waren, um Tacoroady und die zwischen letzterem Orte und Channah belegenen Ortschaften zu beschießen, wurden genöthigt, die von ihnen gelandeten Mannschaften, welche überfallen wurden, wieder zurückzuziehen.

Australien. Wie ein Telegramm des „Reuterschen Bu⸗ reaus“' aus Melbourne vom 17. os. meldet, sind die wegen Nenschenraubes zu 15 Jahren Einsperrung verurtheilten See⸗ leute der britischen Brigg „Carl“ aus dem Grunde, daß sie ohne Autorität des Staatssekretärs für ihre Festnahme gesetzwidrig in Gewahrsam gehalten wurden, durch einen Habeas corpus⸗Befehl

auuf freien Fuß gesetzt worden.

Der König der Sandwichsinseln ist einem New⸗ Horker Telegramm zufolge bedenklich erkrankt.

Nr. 66 des „Amtsblatts der Deutschen Reichs— Postverwaltung“ hat folgenden Inhalt: General. Verfügung vom II. September 1873: Ausführung des am 25. Mai 1873 mit Schwe⸗ den abgeschlossenen II. Additional Vertrages. Vom 18. September: Rechtzeitise Bestellung der über Cöln zu beziehenden auslãndischen Zitungen. Vom 15. September: Benutzung der Eisenbahnstrecken Meßkirch⸗Mengen, Krauchenwies⸗Sigmaringen und Schwackenreuthe⸗ Pfullendorf.

Kunst und Wissenschaft. .

Breslau. In der Sitzung des Vereins für Geschichte und Alterthum Schlesiens am 3. September erörterte Staats⸗ archivar Professer Dr. Grünhagen die Frage, ob die Vertreibung herzegs Wladizilaw II. von Polen im Jähre 1146 mit der Blendung des Grafen Peter Wlast in einem ursächlichen Zusammenhange stehe, und suchte nachzuweisen, daß die Angaben der von Mosbach edirten chronica Petri wohl Glauben verdienten, da dieselbe, wenngleich erst im Anfange des 16. Jahrhunderts geschrieben, doch die Thatsachen, welche sie vorbringe, ener uns zwar nicht mehr erhaltenen, aber sonst mehrfach crwähnten Quelle des XIII. Jahrhunderts entlehnt hahe. nd gerade in dem Punkte, wo die traditignelle Auffassung dieser Quelle am Meiften widerspreche, geben bei näherem Zusehen auch die ilteren Qu llen, wie Vincenz Kadlubek und Boguphal Tresp. Godyslaw) mehr der Letzteren Recht, und es stelle sich heraus, daß nicht, wie man gewöhnlich annimmt, Wladizslaw bei seinem Vorgehen gegen die Brüder inen Widerstand gefunden habe, der ihm den Thron gekostet, sondern derselbe habe vollständig obgesieg'.

Stade 17. August. Ve ein für Geichichte und Alter— thüm er. In der gestrigen Sitzung des Vereins⸗Ausschusses be⸗ lichtete der Schriftführer Direktor Gude, daß die von dem Kunst— kenner und Schriftsteller Hermann Allmers t. einem kunstgeschichtlichen Texte begleiteten Pphotographischen Abbil- dungen des, Altenbrucher Altarschreins endlich hergestellt seien und demnächst in einem sauber gearbeiteten Hefte den 72 verbundenen deutschen und außerdeutschen Vereinen, sowie mehreren Behörden und namhaften Kunstkennern zugestellt werden würden. Die Ver eincmitglieder könnten aus finanziellen Gründen indeß nur den eine Beschreibung des Kunstwerks und eine G schichte, der Holzschnitz— uunst enthaltenen Text erhasten, doch sei der Ausschuß in der Lage, ihnen die Bilder zu einem ermäßigten Preise ablassen zu, können. Des Weitern brachte er zur Anzeige, daß dem Vereine vom Under direktorio für das laufende Jahr wieder eine Beihülfe von 60 Thlr. bewilligt worden sei. Ünier den sodann von dem Shriftführer vorgelegten, Lit der letzten Sitzung erfolgten Ein— ngen befanden sich: 1) Sitzungsberichte der gelehrten estnischen Hesellschaft zu Dorpat; 2) Schriften der historischen Vereine zu Fratz, zu Greifewald, zu Halle, zu Leipzig, zu Magdeburg, zu Vel 3) Sitzungsberichte der historisch - statistischen Sektion. der Hesellichaft für Landeskunde zu Brünn und der K. K. böhmischen Hesellschast der Wissenschaften zu Prag; 4 Publitationen dar hi⸗ storr chen Sektion den Instituts zu Luxemburg und der Gesellschaft Ur Geschichte und Alterthume kunde zu Leeuwarden. Es erfolgte nn die Vorlage cines neuen Katalogs der Vereinsbibliothek; die (rathung eines Regulativs, betreffend die Benutzung der Bibhlio⸗ * mußte indeß wegen Abwesenheit des Antragstellers ausgesetzt

en

An Geschenken waren eingegangen und wurden vorgelegt: ein en urger Doppelspecies aus dem 16. Jahrhundert mit der Um: thrist: i dens pro nobis, quis contra nos. Verbum domini

zu Rechtenfleih mit

manet in aeternum; ein Braunschw. Lüneb. 1,½ Speciesthaler mit der Umschrift; pietate et justitia, 1695; eine Denkmünze auf die Belagerung Gibraltars, 13. September 1782; ein daänischez 27, Speciesstück 16353; eine Hamburger Denkmünze auf die Reaktivi— rung des alten Raths 108; eine römische Bronzemünze vom Kaiser Hadrian und verschiedene andere alte interessante Münzen. An Originalurkunden auf Pergament waren eingesandt: Notarielle Protestation der Stadt Hamburg gegen die Löschung englischer Schiffe vor der Schwiege 1605; Franziskus Grambecks, Dompropstes zu Bremen, Collektionsbrief in Betreff der Vicarie zu Geversdorf. Außerdem wurden noch vorgelegt: 3 Wappen aus der St. Wilhadi⸗Kirche, eine eiserne alte Wallbüchse und zwei alte Ritter⸗ sporen aus der Familie von Zesterfleth. Von dem Buche: Die nordfriesischen Inseln vormals und jetzt, eine Skizze des Landes und seiner Bewehner“ von G. Weigelt, ist (im Verlage von Otto Meißner in Hamburg 1873) die zweite umgearbeitete Auflage erschienen. Der Verfasser beschreibt zunächst die nordfrjesischen Inseln Föhr, Sylt, Amrum, die Hallin⸗ gen u. s. w. auch unter Berücksichtigung alles dessen, was für den Fremden, insonderheit den Badegast Jater sse hat. Nachdem der Ver⸗ fasser den Leser so über die gegenwärtige Beschaffenheit der Inseln vollständig orientirt hat, rekonftruirt er die nordfriesischen Utlande, wie sie vor ihrer Zertrümmerung durch die Sturmfluthen gewesen sind, und schildert dann die Verheerungen, durch welche das Üülland unter Vernichtung zahlreicher Dörfer seine gegenwärtige zerrissene Insel⸗ gestalt erhalten hat. Das 6. Kapitel ist der Geschichte und Charakteristik der Friesen gewidmet. Im Kapitel erörtert der Verfasser die Ursache der Umwandlung des nordfriesischen Utlandes, die Fluth und Ebbe, die er als Schwingungserscheinungen der Wasser⸗ fläche, von der Südsee ausgehend, nachweist. Außer einer Karte der Insel Föhr ist dem Buche auch eine solche vom nordfriesischen Utlande beigegeben, auf welcher die Gestaltung der Festlandsküuͤste und der Inseln um das Jahr 1240, sowie die Veränderungen, welche seitdem eingetreten, durch verschiedene Farben ersichtlich und auf welcher noch alle Dörfer verzeichnet, die seir dem 17. Jahrhundert im Weltenmeer verschwunden sind. Die vorstehende kurze Mittheilung über den rei⸗ chen Inhalt des Buchs zeigt, daß es nicht für den gewöhnlichen Tou⸗ risten geschrieben ist, sondern für den Gebildeten, der in den Ins ln noch die Ueberreste eines großen fruchtbaren Landes erblickt und dessen eigenthümliche Gestaltung, sowie die Charakteristik seiner Bewohner aus der Vergangenheit und an der Hand der Wissenschaft verstehen lernen will. ; .

Die Nr. 76 der Wisienschaftlichen Beilage der Leip⸗ ziger Zeitung vom 21. September hat folgenden Jahalt: Zur Bevölkerungsfrage mit Räcksicht auf Sachsen. Besprechungen und Rezensionen. .

Paris, 21. September. (W. T. B) Der frühere Leibarzt stapoleons III, Dr. Nelaton, ist heute gestorben.

Florenz, 20. September. Der Direktor des hiesigen astrono— mischen Observatoriums, Prof. Donata, ist heute Nacht an der Cholera verstorben.

Landwirthschaft.

Wien, 20. September. Der internationale Kongreß der Land⸗ und Forstwirthe wurde gestern um 19 Uhr Vormittags im Saale des Jurypavillons auf dem Weltausstellungsplatze durch den Ackerbau⸗Minister Ritter v. Chlumetzky eröffnet. Anwesend waren ca. dreihundert Theilnehmer, darunter die hervorragendsten Mitglieder des österreichischen Großgrundbesitzes, sowie zuhlreiche Vertreter der land⸗ und Forstwirthschaftlichen Hochschulen jämmtlicher Länder Curopas. In der Eröffnungsrede betonte der Ackerbau⸗Minister die Geuugthuung, die es ihm gewähre, daß so viele herverragende Land— und Forstwirthe feiner Einladung Folge geleistet haben und daß der Donzreß auch von Seite der auswärtigen Regierungen die wärmste Unterstützung gefunden habe. Hierauf gedachte der] lbe der Aufgaben, mit denen sich der Kongreß zu befassen haben werde und fügte dem Wunsche bei, daß es den vereinten Bemühungen gelin⸗ gen möge, dis vorgesteckte Ziel zu erreichen. Zum Schlusse widmete der Min ster dem verstorbenen Ehrenpräsidenten Freiherrn von Liebig einen ehrenden Nachruf, welchem die Versammlung durch Erheben von den Sitzen ihre Zustimmung kundgab. Nach Mittwoeilung des Einlaufes begann der Kongreß mit der Erledigung der Tagesordnung, deren erster Gegenstand die Frage über den Schutz der für die Boden⸗ kultur nützlichen Vogelarten bildete. Räckichtlich dieses Gegenstandes nahm der Kongreß beut folgenden Antrag an: ö .

„Der internationale Kongreß der Land- und Forstwirthe beschließt: Die Kaiserlich Königäche österreichische Regieruug ist zu ersuchen, den Schutz der für die Bodenkultur nützlichen Vögel durch internationale Vertrage mit allen europäischen Staaten unter Zugrundelegung der folgenden Bestimmungen zu sichern: 1) Der Fang und das Tödten der Insekten fressenden Vögel sind unbedingt verboten. 2) Es ist wün⸗ schenswerth, daß ein spezielles Verzeichniß der zu schonenden Vögel durch eine internationale Kommission von Sachverst ndigen ausgear⸗ beitet werde. 3) Der Fang der größtentheils Körner fressenden Vögel ist außer der vom 1. März bis 15. September währenden Schonzeit ge⸗ stattet. ) Der Vogelfang mit Schlingen und Fallen irgend einer Art, ebenso wie mit Leim ist gänzlich verboten. 5) Das Ausnehmen der Eier und Jungen, sewie das zerstören der Nester aller Vögel, ausgenommen jener der schädlichen, sind verboten; das Zusammensteilen eines Ver— zeichnisses dieser schädlichen Vögel soll ebenfalls durch obengenannte Kommission erfolgen 6) Das Feilbieten von lebenden oder tedten Insekten fressenden Vögeln ist jederzeit verboten, ebenso wie der Ver⸗ kauf der übriges Arten von Vögeln während der Schonzeit; das Ver— bot bezieht sich auch auf den Verkauf von Nestern der erwännten Vögel. 7) Ausnahmen von vorstehenden Bestimmungen können jeder— zeit zu rein wissenschaftlichen Zwecken zugestanden werden.!

Sodann begann die Diskussien über den zweiten Gegenftand der Tagesordnung: „Ueber welche Abschnitte und Erhebangemethoden der land⸗ und forstwirthschaftlichen Statistik empfiehlt sich eine inter⸗ nationale Vereinbarung, um vergleichbare Resultate zu erlangen?“ Die gefaßten Beschlüsse werden der Versammlung am Montag formulirt zur Abstimmung vorgelegt werden.

London, 18. September. Nach einem von dem statistijchen und kommerziellen Departement des Handelsamtes veröffentlichten offiziellen Ausweise waren in 1873 in Großbritannien 3,490 392 Acres mit Weizen, 2336, 920 mit Gersté, 2,576, 234 mit Hafer, ol 693 mit Kartoffeln und 63,233 mit Hopfen bestellt. Im Vergleich mit 1872 hat sich die Acreszahl bei Gerste und Hopfen vergrößert, bei Weizen, Hafer und Kartoffeln verringert. Der gejammte Vieh⸗ stand auf demselben Flächenraum belief, sich am 25. Juni auf 596 4,4549 Stück Hornvieh, 29 427,635 Schafe und 2500,29 Schweine, was gegen 1872 einen Zuwachs an Hornvieh und Schafen, aber eine Abnahme von Schweinen ergiebt.

Gewerbe und Handel.

Im Bezirk der Handelskammer zu Sorgu waren nach dem Jahresbericht der dortigen Handelstammer im Jahre 1872 14 Braunkohlengruben im Betribe, die 1,459,562 Hektol. Braunkohlen im Werthe von 104,240 Thlr. preduzirten, 264,967 Hektol und 7240 Thlr. mehr als im Jahre 1871. Auf circa 530 Hand- und cirea 130 mechanischen Webestühlen wurden circa 60, C00 Stück Tuche gefertigt, wozu cireg 20,000 Centner diverse Wollen im Betrage von eireg 1,300 000 Thlr. gebraucht wurden, wongch sich der Gesammt⸗ umsatz der ganzen Tuch⸗Manufaktur in der Stadt Sorau auf mehr als 2 Millionen Thalern beziffert. Das Leinengeschäft war im Jahre 1872 im Ganzen zufriedenstellend. Die Zahl der Handwebestühle, weiche für Fabrikanten des Sourauer Handels kammer⸗Bezirks arbeiten, kann auf 19009 geschätzt werden. In dei Stadt Sorau selbst waren am Jahresschluß 1872 372 Handwebestühle bei einer An all kleiner Meilter, welche im Lohnverhältniß zu dortigen Fabrikanten stehen; 24 Handwebestühle in einer Fabrikanlage, welche ihrer Vergiößerung entgegengebt; 145 mechanische Webestühle in zwei Etablissements thälig. Der größte Theil dieser Webestühle arbeitete Damast⸗

gedecke und Damastdecken mit Franzen, letztere in weiß und

brik feuerfester Produkte,

in verschiedenen Farben, zum kleineren Theil Bettdrilliche. Zu den Dampfgetreidemühlen sind im Jahre 1872 zwei neue hinzu—⸗ gekommen, Die Zahl der Kartoffelstärkefabriken ist auf 5 gestjegen, die 6000 Ctr. produziren. Die 43 Brauereien des Bezirks haben im Jahr 1872 10240 Thlr. Braumalzsteuer bezahlt, 1412 Thlr. mehr als in 1871. Die Brennereien entrichteten 33, 185 Thlr. Steuer, 6921 Thlr. weniger als im Vorjahre. Die beiden Knopffabriken in Sorau arbeiten auf 50 Drehbänken und fabrizirten in 1877 ca. 000 Groß Steinnuß und ca. 30,000 Groß Perlmutterknöpfe. Die in Sorau domizilirende Preßspähne· und Pappenfahrik beschäftigt ca. 40 Arbeiter, arbeitet mit 3 , und 6 Glättmaschinen und fertigteæ im J. 1872 ca. M00 - 3000 Cttr, fertige Preßspähne, Jaquard-⸗ pappen, Brandpappen u. s. w. In der städtischen Gasanstalt zu Sorau wurden im Jahre 1872 im Ganzen produzirt 11,603, 009 Cbf. Die Produktion steigerte sich gegen das Vorjahr um 1,304,857 Ebf. Ein Geschäft bemalt schlesisches weißes Porzellan, im Jahre 1572 135,000 Dutzend Stück. Die Fabrik konnte der Nachfrage kaum ge⸗ nügen. Die 3 Eisengießereien des Bezirks haben ihren Geschäftsbetrieb und Absatzkreis erweitert. Cigarren werden in 9 Fabriken durch ca. 60 Arbeiter angefertigt, die im Jahre 1872 ca. 3 Millionen Stück fabrizirten.

In Duis burg existirten nach dem Bericht der dortigen Han⸗ delskammer Ende 1872 folgende wichtigere Produktionsgeschäͤfte: 5 Tabaksfabriken, 1 Zuckerfabrik, 7 chemische Fabriken, 2 Gas⸗ fabriken, 2 Baumwollspinnereien, 1 mechanische Baumwellweberei, 14 Seife und Lichterfabriken, 3 Gerbereien, 6 Dampfsagewerke, z Staͤrkefabrik, 7 Dampfmühlen, 19 Brauerelen, 5 Dest illerien, 2 Brennereien, 3 Eisenhütten mit 12 Hohöfen, wovon am Schlusse des Jahres 8 im Betriebe, 4 Eisenwalzwerke, 2 Maschinen Fabriken, 2 mechanische Werkstätten, 2 Eisen gießereien, 3 Gelbgießereien, 1 F⸗ 1 Gußstahlwerk, 1 Brückenbau⸗Anstalt, L Asphaltier⸗Fabrik, 4 Buchdruckereien, 4 Steindruckereien, 3 Apo⸗ theken, 2 Kesselschmieden, 4 Schiffswerfte, ? Drahtwebereien. An Dampfkesseln (stehenden) waren am Schlusse des vorigen Jahres 190 Stück im Betriebe gegen 164 im Jahre is7l. ö In der Eisenbranche wurden im Jahre 1872 fabrizirt: Roheisen in Gängen und. Masseln 1.569,60! Ctr, Gußwaaren aus Hohöfen 539,732 Gtr., Gußwaaren aus Kupolöfen 42036 Ctr., Schwarzblech für Dampfkessel und Brücken, Stabeisen, Flacheisen, Winkeleisen, Band⸗ eisen 365,57) Ctr., Maschinen und Maschinentheile 53,3600 Ctr., Gußstabt 2600 Ctr., zusammen 23393,539 Ctr, 278,246 Ctr. mehr als in 1871. Der Geldwerth belief sich auf ca. 5-225 245 Thlr. Die Eisenwerke beschäftigten durchschnittlich 2262 Arbeiter mit 3860 Familiengliedern. . .

Die chemischen Fabriken waren vollauf beschäftigt. Die am 1. September 1872 dem Betrieb übergebene neue Gasfabrik produzirte im letzten Geschäftsjahr 22 Millionen Kbf. Gas. Auf den 4 Schiffs⸗ werften herrschte im Jahre 1872 rege Thätigkeit. Die Wohnräume haben sich im Jahre 1872 um 1613 vermehrt, während die Bevslke⸗ rung nur um 1958 Einwohner zugenommen hat.

Für Bayern sind Nachgenannten Gewerbsprivilegien verliehen worden: unterm 4. September J. IS. dem Grafen Paul de Leysse in Reichshofen im Elsaß auf das von dem Chemiker Louis Pasteur erfundene Verfahren zur Erzeugung und Erhaltung eines in seinen Substanzen unveränderten Bieres für den Zeitraum von fünf Jahren, vom 4. September 1873 anfangend, dem Georg Westinghouse jun. zu Pittsburg in Nordamerika auf die von ihm erfundenen Verbesserungen in den Mitteln und Apparaten zum Be⸗ triebe von Bremsen und zur Mittheilung von Signalen auf Eisen— bahnzügen durch Druck auf flüssige Mittel für den Zeitraum von zwei Jahren, vom 4. September 1873 anfangend, dem Ingenieur Nicolas Joseph Galland in Paris auf das von ihm erfundene Verfahren zum Entpechen der Faͤsser, Tonnen und Gebinde für den Zeitraum von zwei Jahren, vom 4. September 1875 anfangend, unterm 6. September l. Is. dem Friedrich Hessing, Besitzer einer orthopädischen Heilanstalt in Göggingen bei Augsburg, auf die von ihm erfundenen orthopädischen Apparate für den Zeitraum von drei Jahren, vom 6. Scptember 1873 anfangend.

Das dem Jean Adrien de Mestre aus Bordensux unterm 17. August 1872 verliehene und bis dahin 1874 laufende Privilegium auf ein neues Verschlußsystem für Flaschen, in welchen moussirende oder gegohrene Flüssigkeiten aufbewahrt werden, ist für den Zeitraum von einem Jahre, vom 17. August 1874 anfangend, verlängert worden.

Nachstehende Gewerbspripilegien sind eingezogen worden: das dem Fabrikiechniker Heinrich Ujhely und dem Kaufmann Christian Beurle in Wien unterm 29. August 1872 verliehene Gewerbs— privilegium auf einen neuen, Ceresin“ genannten Beleuchtungsstoff, das dem Civil-Ingenieur Charles Sebille in Paris unterm 30. Angust 1872 verliehene Gewerbsprivilegium auf die von ihm erfundeng Zusammenstellung verschiedner Stoffe für Pflastersteine, Ziegel, Röhren ꝛc.; das dem Theodor Bergner in Philadelphia unterm 30. August 1872 verlieheng Gewerbsprivilegium auf eine eigenthümlich konstruirte Schraffir⸗Maschine und das dem Techniker Robert Rapp in der Maschinenfabrik Augsburg unterm 3. März 1873 verliehene Gewerbsprivilegium auf eine neue bei mobilen und stationären Dampfmaschinen anwendbare Kessellage.

Den von der Kaiserlich Königlichen statistischen Central-Kom— mission in Wien herausgegebenen Mittheilungen aus dem Gebicte der Statistik (Jahrg. 1873 Heft 1) entnehmen wir die nachfolgenden An— gaben über die beim Bergbaubetriebe in den im Reichsrathe vertretenen Ländern der österreichisch⸗ungarischen Mon— archke im Jahre 1871 vorgekommenen Unglücksfälle.

Die Gesammtzahl der beim Bergbaubetriebe vorgekommenen Ver— letzungen der männlichen Bergarbeiter betrug 424; diese vertheilen sich: auf die Steinkoblenbergbaue mit 93 tödtl. und 138 schwer, zus. mit 231 Verletz. Braunkohlenbergbaue, 51, - ö Eisensteinbergbaue 18 16, , andere Bergbaue k .

Gegen das Jahr 1870 ist die Zahl der vorgekommenen Verletzun⸗ an um 92 oder 27,7 Proz. gestiegen, während die Zahl der beim Bergbau beschäftigten männlichen Arbeiter nur um 6.6 Proz. zuge— nommen hat. Dieses auffallend ungünstige Ergebniß wird hauptfäch—= lich auf den Umstand zurückgeführt, daß bei der rapiden Ausdehnung, besonders des Kohlenbergbaues, bei welchem die Bergarbeit die gefähr⸗ lichste ist, die erforderlichen neuen Arbeitskräfte in der Mehrzahl durch die Aufnahme von noch in der Bergarbeit unerfahrenen Personen ge⸗ wonnen werden mußten. Außerdem soll aber auch in neuester Zeit ein fühlbarer Mangel an Aufsichtskräften, wie an wissenschaftlich gebildeten und praktisch geschulten Betriebsbeamten hervorgetreten und auf die Zahl der Ungluͤcksfälle nicht hne Einfluß gewesen sein.

Ven den vorgefallenen 424 Verletzungen entfallen auf den Stein— kohlenbergbau 54,5 Proz., den Braunkohlenbergbau 27,1 Proz, den Eisensteinbergbau 8, Proz., den sonstigen Bergbau 105 eros und stehen diese relativen Zahlen im angemessenen Verhältnisse zu der größeren oder geringeren Gefährlichkeit der einzelnen Bergbauzweige. Erwachsene männliche Bergarbeiter waren im Jahre 871 überhaupt beschaftigt 74, 1, nämlich 31.981 beim Steinkohlenbergbau, 260 563 beim Braunkohlenbergbau, 9772 beim Eisensteinbergbau und 12455 beim sonstigen Bergbau. Es wurden sonach von se 1000 dieser Ar—

beiter verletzt: . ; tödtlich schwer

2,01 4,31

2, as 3, iz

1.84 161

l, 2s 2,25

überhaupt beim Steinkohlenbergbau. 2 Braunkohlenbergbau Eisensteinbergban sonstigen Bergbau ö. überhaupt ? 2. as 3, 2 5,6 Zur Beurtheilung der Frage, ob und in welchem Maße die größere oder geringere Gefährlichkeit der verschiedenen Bergarbeiten de vorgekommenen Unglücksfälle verschuldet hat, gewährt die Angabe der Orte, an welchen dieselben sich ereign t haben, einen ziemlich ver—

läßlichen Anhaltspunkt. Von sämmtlichen Verletzungen sind nämlich