Bundeskasse. Durch den Vertrag vom 8. Juli 1867 zwischen dem Norddeutschen Bunde einerseits und Bayern, Württemberg, den und Hessen bezüglich der nicht zum Norddeuischen Bunde gehörigen Gebietstheile andererseits, erhielt der Zollverein eine neue, wesentlich veränderte Grundlage.
Die Ausübung der Gesetzgebung über die Zölle und die gemeinschaftlichen inneren Steuern wurde dem Bundesrathe des Zollvereins, als gemeinschaftlichem Organ der Regierungen, und dem Zollparlament als Vertretung der Bevölkerungen übertragen. Statt der früher erforderlichen Einstimmigkeit sämmtlicher Re⸗ gierungen entschieden Majoritäts beschlüsse. Die Vereinskontrole wurde durch die Krone Preußen als Präsidium des Bundes⸗ raths geübt.
Durch die Aufnahme von Schleswig⸗Holstein, Lauenburg, der beiden Mecklenburg und der freien Hansestadt Lübeck erhielt der Zollverein im Jahre 1868 eine bedeutende Erweiterung. Aber es war noch kein dauerndes Band, welches die Staaten des Norddeutschen Bundes und die süddeutschen Staaten um⸗ schloß. Der Vertrag vom 8. Juli 1867 war nur bis zum 1. Januar 1877 geschlossen und konnte ein Jahr vorher gekün⸗ digt werden. Erst mit der Entstehung des Deutschen Reichs, der Frucht des siegreichen Krieges gegen Frankreich und der nationalen Erhebung, ward der Zollverein zu einer bleibenden Institution.
Die Einrichtungen des Zollvereins wurden ein integriren⸗ der Bestandtheil der Deutschen Reichsverfassung, soweit sie nicht durch die Letztere abgändert wurden.
Nach der Verfassung vom 16. April 1871 bildet Deutsch⸗ land ein Zoll, und Handelsgebiet, umgeben von gemeinschaft⸗ licher Zollgrenze. Die Hansestädte Bremen und Hamburg mit einem dem Zweck entsprechenden Bezirke ihres oder des umlie⸗ genden Gebietes bleiben als Freihäfen außerhalb der gemein⸗ schaftlichen Zollgrenze, bis sie ihren Einschluß in dieselbe bean⸗ tragen. Ausgeschlossen bleiben ferner einzelne wegen ihrer Lage 3 Einschließung in die Zollgrenze nicht geeignete Gebietstheile.
ahin gehören von Preußen: Geestemünde, Altona, Wandsbeck und verschiedene Elbinseln; von Baden: mehrere Gemeinden an der schweizer Grenze; von Oldenburg: der Freihafen Braake; von Hamburg: Cuxhafen und die Insel Neuwerk; von Bremen: Bremerhaven.
Das Deutsche Zollgebiet mit dem demselben angeschlossenen Großherzogthum Luxemburg und der österreichischen Gemeinde Jungholz und mit Einschluß von Elsaß⸗Lothringen umfaßt gegenwärtig 9930 Quadratmeilen und enthält nach der Zählung vom 1. Dezember 1871 40,677,803 Einwohner.
Das Reich ausschließlich hat die Gesetzgebung über das ge⸗ sammte Zollwesen, über die Besteuerung des im Bundesgebiet gewonnenen Salzes und Tabaks, des bereiteten Branntweins und Biers, und des aus Rüben oder anderen inländischen Er⸗ ir fen dargestellten Zuckers und Syrups, sowie über die
aßregeln, welche in den Zollausschlüssen zur Sicherung der emeinsamen Zollgrenze erforderlich sind. Nur in Bayern, ürttemberg und Baden bleibt die Besteuerung des inländischen Branntweins und Biers der Landes⸗Gesetzgebung vorbehalten. Es soll jedoch das Bestreben darauf gerichtet sein, eine Ueber⸗ einstimmung der Gesetzgebung über die Besteuerung auch dieser Gegenstände herbeizuführen. Die Erhebung und Verwaltung der Zölle und der gemeinschaftlichen Verbrauchssteuern bleibt jedem Bundesstaate. Die Einhaltung des gesetzlichen Verfahrens wird aber durch Reichsbeamte überwacht, welche den Zoll⸗ und Steuerämtern und den Direktivbehörden der einzelnen Bundes⸗ staaten beigeordnet werden. Ueber die zur Ausführung der Reichsgesetze erforderlichen allgemeinen Verwaltungs⸗Vorschriften und Einrichtungen beschließt der Bundesrath. —
Der Ertrag der Zölle und der gemeinschaftlichen Verbrauchs- steuern fließt, nach Abzug der auf Gesetzen oder allgemeinen Ver⸗ waltungs⸗Vorschriften beruhenden Steuervergütungen und Er⸗ mäßigungen, ferner der Rückerstattungen für unrichtige Er⸗ hebungen, endlich der Erhebungs- und Verwaltungskosten, in die Reichskasse. Die außerhalb der Zollgrenze liegenden Gebiete tragen zu den Ausgaben des Reichs durch Zahlung eines Aver⸗ sums bei. Bayern, Württemberg und Baden haben an dem in die Reichskasse fließenden Ertrage der Steuer von Branntwein und Bier und an dem diesem Ertrage entsprechenden Theile des erwähnten Aversums keinen Theil. Soweit zur Bestreitung der gemeinschaftlichen Ausgaben die etwaigen Ueberschüsse der Vorjahre, die Einnahmen aus den Zöllen und den ge⸗ meinschaftlichen Verbrauchssteuern und aus dem Post⸗ und Telegraphenwesen nicht ausreichen, find dieselben durch Bei⸗ träge der einzelnen Bundesstaaten nach Maßgabe ihrer Be⸗ völkerung (Matrikularbeiträge) aufzubringen. Abrechnungen finden fortan nur noch zwischen dem Deutschen Reiche, Oester⸗ reich (wegen der Gemeinde Jungholz) und dem Großherzogthum Luxemburg statt.
Ein wichtiger Theil der indirekten Steuern: die Zölle, die Rübenzucker⸗ Salz und Tabaksteuer, die Bier⸗ und Brannt⸗ weinsteuer sind hiernach der preußischen Gesetzgebung entzogen. Ferner ist die Wechselstempelsteuer durch das Gesetz vom 10. Juli 1869 zu einer Steuer des Norddeutschen Bundes ge⸗ macht und dieselbe gegenwärtig in Folge der Ausdehnung dieses Gesetzes auf die süddeutschen Staaten zur Reichssteuer gewor- den. Die Gesetzgebung Preußens erstreckt sich nur noch auf die Mahl⸗ und Schlachtsteuer, die Stempelsteuer (mit Ausnahme der Wechselstempelsteuer, die Chausseegelder, die Brücken-, Fähr⸗ und Hafengelder und andere mehr den Charakter einer Gebühr tragenden Abgaben.
Statistische Nachrichten.
In den 8 älteren Provinzen des preußischen Staats sind in
den Jahren 1879-72 an Geschenken und 6 evangelisch-kirchliche Zwecke zugewendet worden: Zu Kirchen- dotationen, Kirchenbauten, Kirchengeräthen und sonstigen Zwecken der Kircheneinrichtung 294322 Thlr., zu Pfarrdotationen 57481 Thlr., für Wittwen und Waisen der Geistlichen 19,750 Thlr., zĩur Kranken pflege und anderen milden Zwecken 105,128 Thlr. (davon in der einxrovinz im Jahre 18579: 223,685 Thlr.), für verschiedene kirch⸗ liche Zwecke 177,5 Thlr, für die Schule 52,500 Thlr., insgesammt
S9 256 Thlr.
München, 11. Januar. Von gestern bis heute Abend sind hier an Cholera 16 Erkrankungen und 8 Todesfälle vorgekommen.
Bremen, 6. Januar. ie Auswanderung über Bremen bat im vorigen Jahre 63, 167 y . betragen und 185 Schiffe in Anspruch 6 egen 80,418 Personen auf 210 Schiffen im Jahre 1873. Von der Gesammtzahl des vorigen Jahres gingen 46,861 auf 117 Schiffen , , . 12, 626 auf 40 Schiffen nach Balti⸗ more, 2898 auf 12 Schiffen nach New- Orleans, 586 auf 2 Schiffen nach Galveston und 402 auf 14 Schiffen nach Westindien.
— Der Wertheimsche Geschäftsbericht“ veröffentlicht einen Rüdk⸗ blick auf die Fnsolvenzen in Oesterreich⸗ Ungarn im Jahre 1873. Dieser Rückblick — schreibt das genannte Blatt — hat die erfreuliche Ueberzeugung zur Folge, daß Oesterreichs Kraft, Krisen zu
überwinden, mächtig sei. 1377 Insolvenzen zählt das Jahr aus dem eigentlichen Geschäftskreise; cirea 400 mehr als im Vorjahre. Jene von Privaten und kleinen Gewerbsleuten sind mit Rücksicht auf die Börse faktisch unberechenbar. Ungarn mit den Nebenlanden stehen hier in erster Linie, wir verzeichnen daselbst 666 Insolvenzen. Speziell auf Pesth und Ofen entfallen davon 167 gegen 97 im Vorjahre. So⸗ mit hat Ungarn und seine Nebenländer gegen das vorige Jahr ein
lus von 175 aufzuweisen und differirte die Zahl der ungarischen In⸗ olvenzen von der Gesammtziffer aller anderen Länder der österreichi⸗ chen Monarchie, die, exkluswwve Istrien, 690 betragen, um 24.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Der im Januar v. J. verstorbene Leibarzt des Hochseligen Prinzen Albrecht von Preußen, Geheimer Medizinal-Rath Pr. Bicking, Autor einer Reihe epischer und dramatischer Dichtungen, von denen u. A. das Drama „Cato von Utika“ in den „dramaturgi⸗ schen Problemen“ des Professor Dr. Rötscher mit Anerkennung er⸗ wähnt wird, hat eine reiche Anzahl von Manufkripten belletristischen Inhalts hinterlassen, deren Herausgabe auf seinen Wunsch von der Schriftstellerin Emilie Schröder e . worden ist. Die Schriften sind bei Dehnicke in Berlin erschienen. Band JL. enthält epische, Band II. lyrische Dichtungen. In Band III. und IV. sind neun Dramen vereinigt, nämlich: Kaiser Karl V.“, Sein und Nicht sein',. „Napoleon L*, „Friedrich J., Iphigenia in Argos“, „Fingal“, Bragal“, „Antonius und Cleopatra“, „Pharnabazus“.
Die Nr. l von Kunst und Gewerbe, Wochenschrift zur Förderung deutscher Kunst-Industrie,“ herausgegeben vom bayerischen Gewerbemuseum zu Nürnberg, redigirt von Dr. Otto von Schorn, enthält; Als Erläuterung des Titelbildes die Biographie und Charakteristik Wenzel Jamnitzers; von O. von Schorn. — Kor⸗ respondenz aus Berlin: Mittheilung, betreffend die Herausgabe des , . deutschen Berichtes über die Wiener Weltausstellung. — Aus Wien: Uebersicht der in Oesterreich errichteten Gewerbemuseen. — Aus Philadelphia: Mittheilung über die Ausführung des Ge— bäudes für die internationale Ausstellung. — „Für die Werkstatt“ enthält die Beschreibung neuer Motoren fur Kleingewerbe. Aus dem Buchhandel: Die Besprechung des 2. Bandes von J. Falke's Buch über die Wiener Ausstellung. Die kleinen Nachrichten bringen u. a. eine Uebersicht des Inhalts der für die Leser d. Bl. wichtigen Zeit- schriften; die Erklärung zur Beilage enthält die Erläuterung des bei⸗ liegenden Farbendrucks: Emaillirtes Kästchen von E. Philippe in Paris, angekauft in Wien für die Mustersammlung des bayerischen Gewerbemuseums. — Beiblatt: Mittheilungen des bayerischen Ge⸗ werbemnseums zu Nürnberg.
Stuttgart. Das unter dem Protektorat des Königs stehende Konservatorium für Musik hat in vergangenen Herbst 151 Zöglinge neu aufgenommen und zählt jrtzt im Ganzen 508 Zöglinge, um mehr als im vorigen Jahr. 163 davon widmen sich der Musik berufsmäßig, und zwar 55 Schüler und 108 Schülerinnen, darunter 117 Nicht⸗Württemberger. Unter den Zöglingen im Allgemeinen sind 262 aus Stuttgart, 33 aus dem übrigen Württemberg, 16 aus Baden, 7 aus Bayern, 15 aus Preußen, 1 aus Hessen, 1 aus Oldenburg, 5. aus den sächsi⸗ schen Herzogthümern, 1 aus Bremen, 2 aus Hamburg, 6 aus Oester⸗ reich, 36 aus der Schweiz, 3 aus Frankreich, 34 aus Großbritannien und Irland, 12 aus Rußland, 1 aus der Türkei, 71 aus Nordamerika, 2 aus Afrika. Der Unterricht wird während bes Wintersemesters in wöchentlich 611 Stunden durch 27 Lehrer ertheilt.
Ettlingen, 6. Januar. Die Ausgrabungen in dem sogenannten Römerthurme des hiesigen Schlosses werden rüstig fortgesetzt, nach dem in der Höhe des Erdbodens ein Eingang durch die 3 Meter dicke Mauer der viereckigen Thurmes gebrochen worden. Unter dem Stein und Mauerschutte, welcher von dem abgebrochenen obern Theile des Thurmes in seinem Innern lag und zum Theil noch liegt, fand man unter anderen Gegenständen wieder mehrere ganze oder zerbrochene Geschirre von alter Form. Diese Töpfe und Geschirrtheile sind photo⸗ graphisch aufgengmmen worden. Auch diese Gefäße bestehen nicht aus der Thonmaffe (terra sigillata oder spanische Erde), aus welcher gewöhnlich die römischen Gefäße gefertigt wurden. Auch ist anzuneh⸗ men, daß zur Zeit der Römer der untere Theil des Thurmes noch nicht mit dem Mauerschutte angefüllt war, bei welchem die hier in Frage stehenden Gefäße und Scherben neben Thierknochen, verrosteten Eisenstäben, Menschenhagaren (anscheinend von einer Perrücke) und
ganzen Schichten guanoähnlichen Abgangs von Thurmvögeln lagen.
Und doch sind dabei Henkel und Krughälse, welche an die römische Amphora erinnern.
— Die soeben erschienene Nr. 1593 der ö Zei⸗ tung“ (Leipzig, J. J. Wiebe) enthält folgende Illustrationen: Eli⸗ abe, verwittwete Königin von Preußen F am 15. Dezember 1873. — Der Fries der sächsischen Fuͤrsten am Königlichen Schloß zu Dresden: Die Fürsten von 1288 — 1464 (Albrecht der Unartige, Mark⸗ graf von Meißen und Landgraf von Thüringen. 1288 — 1307. Fried⸗ rich der Gebissene. 1397 — 1324. Friedrich der Ernsthafte. 1324 bis 1349. Friedrich der Strenge. 1349 —1381. Friedrich der Streitbare, erster Kurfürst von Sachsen. 1381 — 1428. Friedrich der Sanft— müthige mit seinen Söhnen Ernst und Albrecht, gefolgt von dem Köbler Georg Schmidt (Triller). 1425-1464). Nach den eigenen Kartons gezeichnet von W. Walther. — Das Fort der Insel Sainte Marguerite, das Gefängniß Bazaine's. — Aus dem neuen deutschen Reichsland: Der Marktplatz und das Rath⸗ haus zu Barr im Elsaß. Nach einer Zeichnung von L. v. Elliot. — Ein Bild aus Dalekarlien. Originalzeichnung von E. Ekwall. — Orest, nach der Ermordung seiner Mutter Klytemnästra von Erinnyen verfolgt. Relief von Paul Müller. (Auf der Wiener Ausstellung mit der Preismedaille gekrönt. — Aus dem Wiener Lehen: Die Pra⸗ kr g während der Weltaugstellung. Nach einer Zeichnung von
Schönberg. — Heraldik. Städtewappen des Deutschen Reichs:
R Suhl. Landwirthschaft. Bekanntlich sind die Annalen der Landwirthschaft am 1. Januar als solche ein gegangen und mit dem andern, seit zwei Fahren bestehenden Organ des Königlich preußischen Landes⸗Oeko⸗
nomie⸗Kollegiums, den ‚Landwirthschaftlichen Jahrbüchern“
vereinigt worden. In Folge dessen stellen die Landwirthschaftlichen Jahrbücher für das Jahr 1874 folgendes Programm auf: „Land⸗ wirthschaftliche Fahrbücher“ herausgegehen von Dr. H. von Nathusius, Voersitzender, und Dr. Huge Thiel, General Sekretär des Königlich preußischen Landes⸗Oekonomie⸗LNollegiums. (Berlin, Verlag von Wiegandt, Hempel u. Parey) — Neben den Verhandlungen und sonstigen Publikationen des Königlich preußischen Landes · Dekonomie · Kollegium enthalten die Landwirthschaftlichen Jahr ; bücher ausgewählte Originalarbeiten zur wissenschaft⸗ lichen Förderung der Landwirthschaft auf allen ihren Gebieten. Es werden Aufsätz, welche in den darin niedergelegten Resultaten spezieller Forschungen Material liefern zu weiterem Aufbau der Wissenschaft. abwechseln mit 4e, , und abschließenden Aufsaͤtzen zum Zwecke fystematischer Verbindung und praktischer Aus⸗ nutzung des durch die Einzelforschung gewonnenen Materials. Ohne hiermit nur in mittelbarem Zusammenhange stehende, rein wissen⸗ schaftliche Arbeiten auszuschließen, herücksichtigen die Jahrbücher be- sonders die der praktischen Landwirthschaft am nächsten liegenden Seiten der theoretischen Forschung. Bei Auswahl, von Beiträgen aus den speziellen Naturwissenschaften bedingen diese Gesichtspunkte eine beson⸗
Gebiete der Rechts⸗ und Volkswirthschaft der Landwirth fast überall gleichmäßig interessirt ist. Ein hervorragendes Interesse wenden die Jahrbücher ferner der Betriebslehre zu, und werden dieselben fördern
rungen und Ertragsberechnungen faktisch bestehender einzelner Wirth⸗ schaften und ganzer n, , Die Jahrbücher werden ihre Mitarbeiter unter bewährten Fachmännern suchen.
Das vom II. Jahrgang 1874 erschienene L. Heft hat folgenden Inhalt: Die Produktion organischer Substanz in der Pflanze. Von
Br. W. Pfeffer in Bonn. — Beschreibende Betrachtungen über land⸗
dere Berücksichtigung der Chemie und Ihr e gr; während auf dem 47
sowohl direkt durch systematische Arbeiten wie durch genaue Schilde⸗
wirthschaftliche Verhältnisse in Rußland. Vom Gräflich Kellerschen Ober Verwalter Adolph Kotschedoff. — Beschreibung und Ertrage⸗ berechnung einer Zugcerrüben⸗Wirthschaft. Mitgetheilt durch den Herausgeber Dr. H. Thiel. — Ueber das Vorkommen von Rüben⸗ nematoden an den Wurzeln der Halmfrüchte. Von Prof. Dr. Julius Kühn, Direktor des landwirthschaftlichen Instituts der Universität Halle. — Bericht über die beim Besuch der Wiener Weltausstellung gemachten, in dag Gebiet der Agrikulturchemie und landwirthschaft⸗= lichen Gewerbe einschlagenden Wahrnehmungen. Von Prof. Dr. Max Märker zu Halle 4. S. — Ueber Gährung. J. Unter suchungen über Alkoholgährung. Von Dr. Oscar Brefeld. — Mittheilungen aug der Versuchsstation zu Regenwalde. (Veränderung des in organischer Verbindung enthaltenen Stickstoff im Moorboden) Von Dr. J. Fittbogen, zweitem Chemiker der Versuchsstation Regenwalde. — Ueber die Schafe auf der internationalen landwirthschaftlichen Aug⸗ stellung zu Wien. Von Rudolph Behmer. — Bericht über die im 2. 1873 an der Station Regenwalde ausgeführten Vegetations- versuche. (Wasserverdunstung und nn, der Haferpflanze.) Von Dr. T Fittbogen, zweitem Chemiker der Verfuchsstation Regen = walde. — Mütheilungen aus der Versuchsstation Regenwalde. Unter⸗ suchungen der Serradella (Ornithopus zativus) in drei Perioden des Wachsthums. Von Dr. J. Fittbogen, zweitem Chemiker der Versuchs⸗ station Reg. awalde.
* Gewerbe und Handel.
Görlitz. 13. Januar. (W. T. B) In der gestrigen General= versammlung der Aktionäre der Görlitzer Maschinenfabrik und Eisengießerei wurde der Antrag genehmigt, behufs Vollendung der begonnenen Geschäftserweiterung, sowie zum Abstoß von Hypo⸗ theken, und Beschaffung weiterer Betriebsmittel eine sechsprozentige Prioritätsanleihe von 200,000 Thlrn. zu emittiren. ;
London, 12, Januar. (W. T. B) Die ottomanische Bank kündigt die Einlöͤsung des morgen fälligen Coupong der türkischen Komols an.
— Der Konsum von Thee in Eng land belief sich in dem Vereinigten Königreiche im Jahre 1871 auf 123,500 009 Pfd.; im. Jahre 1377 auf ig 300 M00 Pfd. und im Jahre 18.3. auß 13500900 Pfd. Die Ausfuhr nach dem Kontinente nimmt ebenso stetig ab und fiel von 41,000 000 Pfd. im Jahre 1871 auf 38,500 900 Pfd. im Jahre 18727 und auf 32,500, 0690 Pfd. im Jahre 1873. Diese Abnahme des Exports findet ihren Grund in dem Umstande, daß kontinentale Käufer den Thee jetzt direkt aus China beziehen, statt wie früher über England.
Verkehrs ⸗Anstalten.
Berlin. In der Nigolai schen Verlags buchhandlung hierselbst erschien soeben eine Tar⸗ und Speditienskarte van Deutschland und Oesterreich⸗Ungarn nebst Ortsverzeich= niß und Taxschablone, herausgegeben von Struve, Posidirektor in Berlin. „Durch die originelle Einrichtung dieses Werkes wird es er= möglicht, die Lage einer jeden Postanst alt dieser Länder auf der etwa 4 Meter breiten höchst übersichtlichen Eisenbahnkarte schnell und genau anzugeben. sowie das neue deutsche und beziehungsweise das deutsch⸗ᷣsterreichische ,, , ., zwischen beliebigen Orten zu er= mitteln. Da die Zahl der deutschen und österreichisch-ungarischen Postanstalten über 12,600 beträgt, so ersetzt das Werk in vielen Be⸗ ziehungen einen Spezialatlas von Dentschland. .
Stuttgart, 10. Januar. Nach den Motiven zu dem Eisen⸗ bahngesetz pro 1873575 nahen die vier Bahnen, welche nach dem Gesetze vom 22. März 1873 in der Etatsperiode 1870375 zur Aus- führung bestimmt worden sind, nämlich a w rr ö Leutkirch Isny und, Hechingen ⸗Balingen, sich ihrer. Vollendung und werden saͤmmtlich im Laufe des Jahres 1874 in Betrieb kom- men. — Von den nach Art. 2 des genannten Gesetzes zur . nahme in 1870/73 bestimmten fünf Bahnen: Altshausen⸗-Pfullendorf, Crailsheim - Landesgrenze, Balingen⸗Ebingen⸗Sigmaringen, Heidenheim⸗ Ulm und Waiblingen⸗Winnenden ⸗Backnang sind, Balingen ˖Sigmarin⸗ gen ausgerommen, die detaillirten Vorarbeiten nahezu vollen⸗ det, die Grunderwerbungen theils vollzogen, theils eingeleitet und auf einzelnen Strecken die Bauausführungen begonnen. — Die wichtigste a , der Bauverwaltung für die zwei Etats jahre 1873/75 wird nun bestehen in dem vollen Ausbau der erstgenannten vier Bah-= nen, dann in dem Weiter-, beziehungsweise Ausbau der letztgenannten fünf Bahnlinien, deren allgemeine Beschreibung bereits in den Motiven zu dem Gesetzentwurf, betreffend den Bau von Eisenbahnen in der Finanzperiode 1870,73, enthalten ist, in Folge der seitherigen weiteren Untersuchungen und Feststellungen aber nunmehr in Nachstehendem mit größerer Genauigkeit und Vollständigkeit geliefert werden kann.
Aus dem Wolff'schen Telegraphen⸗Bureau.
Madrid, Dienstag, 13. Januar, Vormittags. Eine Pro⸗ klamation des General⸗Kapitäns ordnet die Auslieferun der Waffen der Freiwilligen an und verfügt, da alle Zuwiderhandelnde vor ein Kriegsgericht gestellt werden; die Haussuchungen nach Waffen sollen morgen ihren Anfang nehmen. — In Barcelona dauert, wie aus Figueras vom gestrigen Tage gemeldet wird, der Kampf mit den Aufstän⸗ dischen noch fort. .
Königliche Schauspiele.
Mittwoch, 14. Januar. Opernhaus. (13. Vorstellung.) Der Troubadour. Oper in 4 Akten, ö. dem Italienischen des S. Camerano. Musik von Verdi. Ballet von P. Taglioni. Leonore: Fr. Mallinger. Acuzena: Frl. Abel aus Wien, als Gast. Lung: Hr. Betz. Manrico: Hr. Diener. Anfang 7 Uhr. Mittel⸗Preise.
Schauspielhaus. (13. Vorstellung) Was ihr wollt! Lustspiel in 4 Akten von Shakespegre, mit Benutzung der Schlegel⸗Tieckschen Uebersetzung für die deutsche Bühne bearbeitet von W. Oechelhäuser. Anfang 7 Uhr. Mittel⸗Preise.
Donnerstag, 15. Januar. (Opernhaus.) 14. Vorstellung. Die n n, Oper in 3 Abtheilungen von Schikaneder. Musik von Mozart. Königin der Nacht: Frl. Grossi. Pamina: Frl. v. Bretfeld. Sargstro; Hr, Fricke. Tamino: Hr. Schott. Anfang halb 7 Uhr. Mittel⸗Preise.
Schauspielhaus. (14. Vorstellung Das Stiftungsfest. Schwank in 3 Akten von G. v. Moser. Vorher: Am Klavier. Lustspiel in 1 Aufzug, nach dem Französischen bearbeitet von M. (1. Grandjean. Anfang halb 7 Uhr. Mittel⸗Preise.
Donnerstag, 15. Januar. Im Saal⸗Theater des Königlichen Schauspielhauses. Neunte Vorstellung der französischen Schau⸗ spieler⸗Gesellschaft. Troisime reprèsentation de: Chez Lavo- cat. Comédie en une acte, en vers libres, par Mr. Paul Fer- rier. Troisième representation de: Dianah. Comédie en deux
actes, en prose, par Mr. Théodore Barrièrs. Troisième repré-
sentation de: Les Forfaits de Pipermans. Comèédie-Vaudeville en un acte par MM. Duru et Chivot.
Die in den Händen der Schauspielhaus⸗Abonnenten ver⸗ bliebenen Abonnements⸗Billets werden von der Theater⸗Haupt⸗ Kasse gegen Erstattung des bezüglichen Betrages zurück⸗ genommen.
—
Redaktion und Rendantur: Schwieger. Berlin Verlag der Expedition (Kesselh. Druck: W. Elsner. 561 . Drei Beilagen (einschließlich Böͤrsen· und Handelsregister⸗ Beilage.)
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Köni
Mn 10.
Königreich Preußen.
—— — —
rivileß ju m wegen Ausfertigung auf den. Inhaber lautender eis ⸗ Obligationen des Kreises Oels im Betrage von 30 000 Thalern.
Vom 27. November 1873.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen Rc.
Nachdem von den Kreisständen des Kreises Oels auf den Kreis⸗ tagen vom 16. April 1872 und 18. November 1872 beschlossen wor⸗ den, sich bei dem von der Oelg⸗Gnesener Eisenbahngesellschaft beab= sichtigten Bau der sogenannten Oels⸗Gnesener Gisenbahn durch Zeich⸗ nung eines Aktienkapitals zu betheiligen, wollen Wir auf den An⸗ trag der gedachten Kreisstände: zu diesem Zwecke auf jeden Inhaber lautende, mit Zinscoupons versehene. Seitens der Gläubiger unkündbare Obligationen zum Betrage von 30000 Thlr. ausstellen zu dürfen, in Gemäßheit des §. 2 des Gesetzes vom 17. Juni 1833 zur Aus⸗ . von Obligationen zum Betrage von 30,000 Thlr., in Buch⸗ taben
„Dreißigtausend Thalern“,
welche in folgenden Apoints: 5000 Thlr. zu 500 Thlr., 6009 Thlr. zu 200 Thlr., 166069 Thlr. zu 100 Thir, 2000 Thlr. zu 50 Thlr., 10600 Thlr. zu 25 Thlr., . 30,000 Thlr., nach dem anliegenden Schema (a) auszufertigen, mit Hülfe einer Kreissteuer mit funf Prozent jährlich zu verzinsen und nach der durch das Loos zu bestimmenden Folgeoidnung jährlich vom Jahre 1874 ab mit wenig—⸗ fiens jährlich Einem Prozent des Kapitals und dem Betrage der durch die fortschreitende Amortisation ersparten Zinsen zu tilgen sind, durch gegenwärtiges Privilegium Unsere landesherrliche Genehmigung mit der rechtlichen Wirkung ertheilen, daß ein jeder Inhaber dieser Obligationen die daraus hervorgehenden Rechte, ohne die Uebertra⸗ an des Eigenthums nachweisen zu dürfen, geltend zu machen efugt ist.
6 das vorstehende Privilegium, welches Wir vorbehaltlich der Rechte Dritter ertheilen, wird für die Befriedigung der Inhaber der Obligationen eine Gewährleistung Seitens des Staats nicht über—⸗ nommen. . ; 56
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und bei⸗ gedrucktem Königlichen Insiegel. Gegeben Berlin, den 27. November 1873. G Wilh elm. Camphausen. Graff zu Eulenburg. Dr. Achenbach.
2 ᷣ· ·
a. w Regierungsbezirk Breslau. Obligation . des Kreises Oels . über. . Thaler Preußisch Courant.
Provinz Schlesien.
Auf Grund der unterm landesherrlich bestätigten Kreis⸗ tagsbeschlüsse vom 16. April 1872 und 18. November 1872 wegen Aufnahme einer Schuld von 30000 Thlr. bekennt sich die kreis ständische Eisenbahn- Kommission des Kreises Oels Namens des Kreises durch diese, für jeden Inhaber gültige, Seitens des Gläu i⸗ gers unkündbare Verschreibung zu einer Darleh:s-⸗Schuld von Thalern Preußisch Courant, welcher Betrag an den Kreis haar gezahlt worden und mit fünf Prozent jährlich zu verzinsen ist.
Die Rückzahlung der ganzen Schuld von 30 000 Thlr. geschieht vom Jahre 1874 ab allmählich aus einem zu diesem Behufe ge⸗ bildeten Tilgungssonds von wenigstens Einem Prozent des ganzen Kapitals jährlich, unter Zuwachs der Zinsen von den getilgten Schuldraten. . * ö l
Die Folgeordnung der Einlösung der Schuldverschreibungen wird durch das Loos bestimmt. Die Ausloosung erfolgt vom Jahre 1874 ab in dem Monate Juni jeden Jahres. Der Kreis behält sich jedoch das Recht vor, den Tilgungsfonds durch größere Ausloosungen zu verstärken, sowie sämmtliche noch umlaufende Schuldverschreibungen zu kündigen. 3 46 ö
Die ausgeloosten, sowie die gekündigten Schuldverschreibungen werden unter Bezeichnung ihrer Buchstaben, Nummern und Beträge, sowie des Termins, an welchem die Rückzahlung erfolgen soll, öffent= lich bekannt gemacht. Diese Bekanntmachung erfolgt sechs, drei, zwei und einen Monat vor dem Zahlungstermine in dem Deutschen Reichs und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger, dem Amts- blatte der Königlichen Regierung zu Breslau und in einer zu Breslau erscheinenden Zeitung. 5 .
he, zu 2 Tage, wo solchergestalt das Kapital zu entrichten ist, wird es in halbjährlichen Terminen, am 2. Januar und am 1. Juli jeden Jahres, von heute an gerechnet, mit funf Prozent jähr⸗ lich in gleicher Münzsorte mit jenem verzinset. . w
Die Auszahlung der Zinsen und des Kapitals erfolgt gegen bloße Rückgabe der ausgegebenen Zinscoupons, beziehungsweise dieser Schuld⸗ verschreibung, bei der r rn ih in Oels, und zwar auch in der nach dem Eintritt des Fälligkeitstermins folgenden Zeit,
Mit der zur Empfangnahme des Kapitals präsentirten Schuld⸗ verschreibung sind auch die dazu gehörigen Zinscoupons der späteren Fälligkeitstermine zurückzuliefern. Für die fehlenden Zinscoupons wird der Betrag vom Kapitale abgezogen. . .
Die gekündigten Kapitalbeträͤge, welche innerhalb dreißig Jahren nach dem Rückzahlungstermine nicht erhoben werden, sowie die inner halb vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres der Fälligkeit nicht erhobenen Zinsen, verjähren zu Gunsten des Kreises. .
Das Aufgebot und die Amortijation verlorener oder vernichteter Schuldverschreibungen erfolgt nach Vorschrift der Allgemeinen Gerichts⸗ Srdnung Theil J. Titel 51, 5. 120. sequ. bei dem Königlichen Kreis- gerichte zu Oels. ;
Zinscoupons können weder aufgeboten noch, amortisirt werden. Doch soll Demjenigen, welcher den Verlust von Zintcoupons vor Ab⸗ lauf der vierjährigen Versa⸗ rungsfrist bei der Kreisverwaltung an⸗ meldet und den stattgehabten Besitz der Zingcsupons durch Vorzeigung der Schuldverschreibung oder sonst in glaubhafter Weise darthut, nach Ablauf der Verjährungsfrist der Betrag der angemeldeten und his dahin nicht vorgekommenen Zinscoupons gegen Quittung ausgezahlt werden. . 2
Mit dieser Schuldverschreibung sind. halbjährliche Zinscoupons bis zum Schlusse des Jahres... ausgegeben. Für die weitere Zeit werden Zinscoupons auf fünfjährige Perioden ausgegeben. ̃
Die Ausgabe einer neuen Zinscoupons-Serie erfolgt bei der Kreis⸗Kommunalkasse zu Oels gegen Ablieferung des der älteren Zinscoupons- Serie beigedruckten Talons. Beim Verluste des Talens erfolgt die Aushändigung der neuen Zinscoupons-Serie an den In⸗ haber der Schuldverschreibung, sofern deren Vorzeigung rechtzeitig
eschehen ist. ; ; ; . ig erbet der hierdurch eingegangenen Verpflichtungen haftet der Kreis mit seinem Vermögen. — . —
Dessen zu Urkunde haben wir diese Ausfertigung unter unserer Unterschrift ertheilt.
Oels, den.. t
Die kreisständ
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Dienstag, den 13. Januar
Provinz Schlesien.
Regierungsbezirk Breslau. Erster (bis...) Zinscoupon. ... Serie
zu der 3. Kreis⸗Obligation des Kreises Oels. Li Nr
g, wenn r
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ö! über. über.
hoben wird.
Rückgabe in der Zeit vom ten ; resp. vom... ten bis und spãäterhin die Zinsen der vorbegannten Kreis⸗Obligation für das Halb⸗ jahr vom mit (in Buchstaben) Silbergroschen Pfennigen bei der Kreis⸗Kommunalkasse zu Oels. Oels, den. ten 18.
Jahren, vom Ablause des Kalender- jahres der Fälligkeit ab gerechnet, er⸗
ieser Zinscoupon ist ungülti
dessen Geldbetrag ni
D
Die kreisständische Eisenbahn ⸗Kommission des Kreises Oels.
Anmerkung. Die Namensunterschriften der Kommissions⸗Mit⸗ glieder können mit Lettern oder Facsimilestempeln gedruckt werden; doch muß jeder Zinscoupon mit der eigenhändigen Namensunterschrift eines Controlbeamten versehen werden. Provinz Schlesien. Regierungsbezirk Breslau. Talon
zur ; Kreis⸗Obligation des Kreises Oels.
Der Inhaber dieses Talons empfängt gegen dessen Rückgabe zu der Obligation des Kreises Oels Litt J Thaler à fünf Prozent Zinsen die te Serie Zinscoupons für die fünf Jahre 18. bis 18.5. bei der Kreis-Kommunalkasse zu. Oels, sofern nicht von dem als solchen legitimirten Inhaber der Obligation rechtzeitig dagegen Widerspruch erhoben worden ist.
Dels, den ten 18 (
Die kreisständische Eisenbahn⸗Kommission des Kreises Oels.
Anmerkung. Die Namensunterschriften der Kommissions— Mitglieder können mit Lettern oder Faesimilestempeln gedruckt werden; doch muß jeder Talon mit der eigenhändigen Namensunterschrift eines Kontrolbeamten versehen werden.
Landtags⸗Angelegenheiten.
Berlin, 13. Januar. In der gestrigen Sitzung des Hauses der Abgeordneten nahm in der Berathung über den Gesetzentwurf, betreffend die Betheiligung des Staats an dem Unternehmen einer die Stadt Berlin durchschneiden⸗ den ꝛc. Eisenbahn ꝛc.,, der Handels⸗Minister Pr. Achenbach nach dem Abg. von Benda das Wort:,
Gestatten Sie mir, meine Herren, daß ich die Motive, von denen die Vorlage begleitet gewesen ist, noch mit einigen Worten 66 . Die Regierung ist an diese Vorlage weder aus dem Gesichtspunkte herangetreten, einer nothleidenden Gesellschaft zu helfen, noch andrer⸗ seits hat sie, indem sie Ihnen diese Vorlage machte, sich dazu durch Illusionen bestimmen lassen, sie ist im Gegentheil von sehr nüchternen Vorausetzungen ausgegangen. Der Königliché Fiskus besitzt am Ostende unserer Stadt zwei große. Bahnhöfe, welche der Ausgangspunkt oder der Endpunkt zweier großartiger Staatseisenbahnen sind. Durch die Bewilligungen des Landtages ist die Regierung in die Lage gesetzt, von der; westlichen Seite dieser Stadt eine Eisenbahn beginnen zu können, welchen gewissermaßen, was ihre Großartigkeit betrifft, in der Geschichte des deutschen Eisenbahn— wesens einzig dasteht. Wenn es sich nun darum handelt, durch eine Bahn jene großartigen Netze des Ostens und Westens in eine direkte Verbindung zu setzen, so möchte ich glauben, ist dieser Zweck, ist diese Aufgabe allein schon eine solche, daß keine Regierung, die sich ihrer Verantwortlichkeit bewußt ist, die Gelegenheit der Lösung ungenutzt vorübergehen lassen kann. Hierbei kommt in Betracht, daß namentlich die Leichtigkeit des Verkehrs unmittelbar aus dieser Stadt heraus zu fenen großen Bahnen und umgekehrt der Verkehr von den Bahnen aus in die Mitte der Stadt ein so wichtiger Faktor für jene Unternehmungen ist. Stets ist die Erleichterung des Verkehrs auch verbunden mit einer Vermehrung des Verkehrs und mit einer Vermehrung der Einnahmen, welche aus dem Verkehr entspringen. Ein deutlicher Beweis, wie richtig in dieser Beziehung die Regierung ihrerseits gerechnet hat, liegt darin, daß, als es darauf ankam, die hiesigen Privateisenbahnen über diese Angelegenheit zu hören, die Ver⸗ treter derselben einst immig in der ersten Konferenz zu Protokoll ausgesprochen haben, daß es sich hier um ein durchaus gemeinnütziges Unternehmen handle, Es haben die Direktoren sämmtlicher Bahnen ohne Ausnahme erklärt, daß sie sich den Beitritt zu diesem Unter⸗ nehmen vorbehalten müßten: erstens, wenn Fiskus seinerseits bereit sei, ebenfalls sich zu betheiligen, und wenn andererseits es sich ermöglichen lasse, für die verschiedenen Bahnen Anschlüsse zu gewin⸗ nen. Späterhin hat nun gerade dieser letztere Punkt bei einzelnen Bahnen Schwierigkeiten hervorgerufen, sowie ferner der Umstand, daß bedingungsgemäß die Anschlüsse der einzelnen Privatbahnen an die Stadtbahn und deren Ausläufer nicht à Conto des Gesammtunter⸗ nehmens, sondern à Conto der einzelnen Bahnen erfolgen. Dieser letztere Umstand ist es, soweit uns die Motive der einzelnen Gesellschaften bekannt geworden sind, gewesen, welcher einzelne dieser Bahnen dazu geführt hat, dem Unternehmen nicht beizutreten; dagegen sind die anderen Bahnen, die in der Lage waren, diese An⸗ schlüsse zu bewirken, ohne Weiteres dazu übergegangen. Wägen Sie nun die Summe ab, die von jenen Bahnen zu dem Unternehmen her⸗ gegeben werden — zwei Millionen, zwei Millionen und eine Million Thaler — und stellen Sie dieser Summe die fiskalische Summe von 7 Millionen gegenüber, so kommen hiervon einmal in Abzug ungefähr 3—4 Millionen Thaler, die erspart werden an dem Bahnhofe; es bleibt ein Rest von 3— 4 Millionen Thaler, wie ich ihn im Allgemeinen angeben will, welcher ganz äquat ist den Beiträgen, welche jene Pri⸗
valgesellschaften zu dem Unternehmen bewilligen. Wir sind also in
dieser Beziehung rein von Gesichtspunkten unseres eigenen Interesses ausgegangen und haben unsere Beiträge gengu in derselben Weise fixirt, wie es von jenen Privatgesellschaften geschehen ist. Daß aber in der That bezüglich des Bahnhofes, welcher mehrfach in der Debatte schon erwähnt worden ist, ein wichtiges Interesse des Staats vorliege, springt in die Augen. .
Meine Herren! Was nämlich jene großartigen Anlagen von
Berlin nach Sierck anbetrifft, so kommt es vor Allem darauf an, dem
. eine geeignete Lage zu geben. Sollten wir etwa unsern Bahnhof weithin nach Moabit zu verschieben? War es möglich, in dieser Weise eine Konkurrenz den hiesigen Bahnen gegenüber auszu⸗ üben, oder lag es in der Noihwendigkeit, jenen Bahnhof in die un— mittelbare Nähe der Stadt, ja in die Stadt selbst hineinzubringen, beispielsweise in die Friedrichsstraße? Wie hoch würde aber dann die Kostensumme sich belaufen haben? Ich möchte fragen, würde es möglich gewesen sein, in solchem Falle mit 4 Millionen Thaler 5 das, was die Bahnhofsanlage kosten soll — diese Aufgabe zu lösen? Die Rechnung nach dieser Seite wird also richtig angelegt jein und es wird zugleich wahr sein, daß mit verhältnißmäßig geringem Kosten, aufwande die Aufgabe der Verbindung des Ostens der Hauptstadt mit dem Westen sowie die andern Zwecke gelöst werden können. Nun ist gesagt worden, die Rentabilität der Stadtbahn sei frag⸗ lich. Meine Herren! Die Regierung hat sich in der ganzen Vorlage
2 glich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
1874.
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durchaus nicht die Aufgabe gestellt, speziell eine Rentabilität der Bahn auf Heller und Pfennig nachzuweisen; es ist das, wie Herr von Benda mit Recht hervorgehoben hat, eine so schwierige Frage, daß ich in der That nicht wüßte, wie man sie genau lösen könnte, ohne daß man Prophetengabe besitzt. In dieser Beziehung ist eine genaue Rechnung wohl nicht möglich, und die Regierung hat sich dieser Aufgabe nicht zu unterziehen beabsichtigt, wohl aber liegt auf der anderen Seite dasjenige greifbare, entschieden siskalische und allgemeine Interesse vor, welches ich vorhin bezeichnet habe. Ich möchte dann einem der Herren Vorredner bemerken, daß der Kostenanschlag allerdings einer Revision Seitens der Staatsbehörde unterzogen worden ist; es ist speziell eine mit dem Eisenbahnwesen genau vertraute Unterbehörde beauftragt worden, den Kostenanschlag zu revidiren, und hat außerdem eine Superrevision im Ministerium stattgefunden, welche dazu führte, da der ursprüngliche Kostenbetrag auf 1 Millionen erhöht wurde. J habe außerdem darauf hingewiesen, daß die Grundstücke, die von der Eisenbahnbaugesellschaft für die Stadtbahn zu erwerben sind, ungefähr die Hälfte der insgesammt, nothwendigen Grundstücke ausmachen, daß ein weiteres Viertel dieser Grundstüͤcke sich im fiskalischen Besitze besindet, und daß ein großer Theil dieser fiskalischen Grundstücke aus Gewässern besteht, wo also diejenigen Auslagen, welche zur Benutzung der Gewässer nothwendig sein möchten, nicht sehr erheblich sein können. Es wird also, was den Grund und Boden anbetrifft, so weit er sich in Privathänden befindet, höchstens noch ein Viertel des betreffenden Terrains in Betracht kommen, und zwar auch außerhalb der Stadt, da von dem ganzen Terrain, welches für die Stadtbahn erforderlich erscheint, etwa nur ein Drittel inner⸗ halb der Stadt selbst liegt. Wenn die Umstände so liegen, meine Herren, so mußte es natürlich der Regierung sehr fern liegen, ihrerseits auf andere Interessenten irgend welchen Druck auszuüben, und es ist mir auffällig gewesen, daß Zeitungen sich zum Mentor von Nachrichten machen, die sich von vornherein als aus der Luft gegriffen darstellen müssen; ich glaube, diese Zeitungsnachrichten, welche der Herr Vorredner erwähnte, wonach das Ministerium seiner⸗ seits an die Anhaltische Bahn ein gewisses Ansinnen gestellt haben soll, als rein erfunden darstellen zu müssen, — was für ein Zweck solchen Mittheilungen zu Grunde liegt, vermag ich meinestheils über⸗ haupt nicht einzusehen. .
Es ist in der Diskussion ferner die Wohnungsfrage von Berlin in Anre⸗ gung gebracht und kann auch mit Recht erörtert werden, da sich die Moktive auf diese Frage mitbeziehen. Wie Sie aus meinen Mitthei⸗ lungen ersehen, ist indeß die Wohnungsfrage keineswegs der eigentlich bestimmende Faktor für die Regierung gewesen; der bestimmende Faktor für die Regierung war nicht, irgend einer Stadt, und sei es auch Berlin, gewissermaßen eine Subvention durch diese Vorlage zu gewähren, auf der andern Seite muß man aher auch sagen, daß, wenn wir in der Lage sind, die allgemeinen Interessen wesentlich fördern zu können, um dann gleichzeitig einer so großen und volkreichen Stadt Vortheile zu verschaffen, wir eine solche Gelegenheit mit Freuden ergreifen werden, Freilich hat Berlin nicht die reiche Geschichte anderer großen Städte, aber ihre Gegenwart ist eine solche, daß sie sich hinter keine andere Hauptstadt Europas, was Gewerbefleiß und Thätigkeit ihrer Bewohner betrifft, zurückzustellen braucht; sie ist zu Stande gekommen . die Kraft unserer Regenten, durch die Kraft und den Gewerbefleiß ihrer Bevöl⸗ kerung selbst. Wenn wir in die Lage kommen würden, die wirthschaft⸗ lichen und sozialen Verhältnisse dieser gewerbereichen, fleißigen Stadt zu verbessern, einer Stadt, die der Sitz des Königs, der Parlamente und wichtiger Körperschaften ist, erfüllen nur gewiß einen wichtigen Zweck, der gleichzeitig dem allgemeinen Interesse dient. Ich meine daher, wenn dieser Zweck gleichzeitig erreicht werden kann, so ist das uicht ein Grund, welcher gegen die Vorlage vorzubringen wäre, sondern nur ein neues Moment, welches die Vorlage unterstützt. Nun giebt sich auch hier die Regierung keineswegs Illusionen hin. Sie weiß sehr wohl, wie schwierig die sozialen Fragen auch in Bezug auf die Wohnungsfrage zu lösen sind. Wenn indeß gegen das Projekt der Stadtbahn gerade aus dem Gesichtspunkte einer Lösung oder Nicht⸗ lösung der Wohnungsfrage früher Bedenken erhoben worden sind, so kommt jetzt wesentlich in Betracht, daß das gegen s tige Pro⸗ jekt ein anberes ist als dasjenige, welches ursprünglich vor⸗ lag. Ursprünglich war die Absicht der deutschen Eisenbahnbau. Gesellschaft, von hier, von Berlin aus, direkt nach Meiningen zu anderen Bahnen einen Weg zu finden. Augenblicklich tritt, das Berliner Stadtbahn-Unternehmen mit einer gewissen Selbständigteit auf. Es tritt auf, indem es sich in Verbindung setzt mit den wichtig⸗ sten Bahnnetzen, die Berlin hat; indem ferner eine unmittelbare Ver⸗ bindung mit der Ringbahn hergestellt werden soll, die in Staatshänden sich befindet, während die Stadtbahn von der Regierung geleitet und dirigirt werden soll. Es ist also eine unmittelbare Verbindung der Stationen der Ringbahn mit den Stationen der Stadtbahn möglich, und das gesammte Terrain, welches in einem weiten Umkreise von der Ringbahn berührt wird, kann mit dem Mittelpunkte der Stadt in unmittelbare Beziehung treten. . ;
Wir haben also gerade durch diese Durchschneidung ven Berlin und durch die thatsächliche Lage des Projektes, in welcher sich jetzt dasselbe findet, jedenfalls einen wichtigen Beitrag für die Lösung der Wohnungsfrage in Berlin geliefert. Ich mache noch darauf aufmerk⸗ sam, daß mit dem Plane der deutschen Eisenbahnbaugesellschaft ein anderes Projekt in Konkurrenz getreten war, welches indessen nicht weiter zur Ausführung gekommen ist, da es auch bei diesem in der Absicht lag, Berlin in derselben Art zu durchschneiden, wie es gegenwärtig beab⸗ sichtigt wird, sedann aber in größerem Bogen um die Stadt herumzugehen. Diese weiteren Umkreisungen von Berlin werden allerdings durch das vor⸗
egende Projekt nicht bewerkstelligt; aber, wie jetzt die Sache liegt, ist
eine direkte Verbindung zwischen der Verbindungsbahn und der Stadt⸗ bahn hergestellt. Ich kann weiter bemerken, daß jenes andere Projekt, nach welchem noch weitere Umkreise um Berlin gezogen werden sollen, pon mir unterstützt wird. Es ist die Erlaubniß zu den Vorarbeiten nachge⸗ sucht worden, und ich habe meinerseits die Erlaubniß ertheilt, und es sollte mich freuen, wenn dies Unternehmen zu Stande kommen sellte, dasselbe würde jedenfalls zur Förderung der Wohnungsfrage ebenfalls einen wichtigen Beitrag liefern. z ö
Wenn ich alles dies zusammenfasse, so glaube ich in der That, daß wichtige öffentliche Interessen dafür sprechen, das hier vorliegende Unternehmen, welches auf der gegenwärtigen Basis ausführbar erscheint, jetzt zu Stande bringen zu helfen, und in diesem Sinne richte ich meine Worte an Sie. ö ; 5
Ich muß indessen zum Schlusse noch etwas erwähnen. Es ist von einem der Herren Vorredner angedeutet worden, daß die Privat⸗ bahnen, welche sich bei diesem Unternehmen wirklich betheiligt hätten, möglicherweise von anderen Motiven bestimmt worden seien, als von denjenigen Interessen, welche den Fiskus seinerseits bewegen, und der Redner erwähnte zugleich, daß gewissermaßen als Kaufpreis für die Betheiligung einer dieser Eisenbahnen eine Konzession für eine Zweigbahn von Charlottenburg nach Potsdam in Aussicht ge⸗ stellt sei. Zunächst ist über diese Zweigbahn noch nichts entschieden, die Erlaubniß zu den Vörarbeiten ist dazu ertheilt, indessen, meiner Erinnerung nach, früher, als irgend eine Feststellung oder Einigung über die Stadtbahn zu Stande gekommen ist — ich weiß dies nicht ganz genau; aber auf der andern Seite fußt gerade jenes Pro⸗ jekt von Charlottenburg nach Potsdam selbstverständlich und ganz se, ,. auf dem Zustandekommen der. Stadtbahn. Es ist eine Konsequenz und Folge dieses Projektes, keineswegs aber ein Kaufpreis oder ein Geschäft, bei welchem auf der einen Seite dies geboten und auf der andern Seite jenes gewährt wird. Einen