1874 / 11 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 14 Jan 1874 18:00:01 GMT) scan diff

Der Ausschuß des Bundesraths für Justizwesen

versammelte sich heute zu einer Sitzung.

Das Staats ⸗Ministerium trat heute Mittag zu einer Sitzung zusammen.

Im weiteren Verlaufe der gestrigen Sitzung des Hau⸗ ses der Abgeordneten wurde zunächst die Diskussion über die Anstellung von Professoren im Nebenamt am Ober⸗Tribunal fortgesetzt. Der Abg. Reichensperger zweifelte nicht daran, daß sich die Professoren der richterlichen Thätigkeit assimiliren würden, meinte aber, im obersten Gerichtshofe müßten nur ganz fertige Richter sitzen. Dann pflege sich der Professor nur mit einem Zweige der Rechtswissenschaft zu befassen, während der Richter mit allen Zweigen eine gleiche Bekanntschaft haben müsse. Der Justiz⸗Minister Dr. Leonhardt (S. unter Landtagsangelegen⸗ heiten) wies darauf hin, daß es sich hier nicht um die Berufung zum Einzelrichter, sondern um die Berufung in ein Kollegium handele. Nach⸗ dem der Abg. Dr. Lasker die Beibehaltung der bestehenden Einrichtung befürwortet, sprach der Abg. Dr. Windthorst (Meppen) dagegen, weil es sich nur darum handele, zwei Berliner Professoren ein einträgliches Nebenamt zu verschaffen; die Gerichte hätten sich schon zu viel mit Politik befaßt. Der Abg. Dr. Gneist führte zu Gunsten der Professoren an, daß sie eine längere praktische Thätigkeit bei ihrer Anstellung nachweisen müßten. Nachdem noch der Abg. Windthorst (Bielefeld) bemerkt, daß die An⸗ stellung im Nebenamt die Unabhängkeit als Richter gefährde, sprachen noch die Abgg. Miquel und Clauswitz für die Po⸗ sition. Bei der Abstimmung wurde unter Ablehnung der Etatsposition und des Antrages Haucke die für Anstellung von Professoren zu bewilligende Summe gestrichen. Beim Appella⸗ tionsgericht in Cõln werden statt 27 fortan 28 Sekretäre und statt 10 fortan 9 Parletsekretäre fungiren. Kap. 79 (Gerichte erster Instanz in den Landestheilen, in denen die Verordnungen vom 2. Januar 1849 und 26. Juni 1867 Gesetzeskraft haben), wurde nebst den zahlreichen dazu vorliegenden Anträgen an die Budgetkommission verwiesen. Bei Kap. 83 (Krimi⸗ nalkosten) beklagte sich der Abg. Münzer über die Mangel haftig⸗ keit der Ministerial⸗Instruktion von 1837 über das Gefängniß⸗ wesen, besonders hinsichtlich der Verpflegung, da eine Selbst⸗ beköstigung nicht zugelassen würde. Der Regierungs⸗Kommissar Geh. Justiz⸗Rath Rindfleisch erwiderte darauf, daß bereits 1870 eine neue Instruktion erlassen wäre, die auch die Selbstbeköstigung gestatte. Die Abgeordneten Münzer und Statz führten einige Fälle an, in denen die Selbstbeköstigung nicht gestattet sei, von denen der Regierungs⸗Kommissar Geheimer Justiz⸗Rath Rindfleisch keine Kenntniß zu haben bedauerte. Bei demselben Kapitel rügte der Abg. Windthorst (Bielefeld) die Frivolität, mit welcher bei Antragsvergehen der Strafantrag oft noch in letzter Stunde zu⸗ rückgezogen werde, und wünschte eine schärfere Anwendung des Strafgesetzes. Nachdem der Abg. Berger (Witten) einige Beispiele dafür angeführt, bemerkte der Justiz⸗Minister Dr. Leon⸗ hardt (S. unter Landtagsangelegenheiten), daß er von dem Uebel⸗ stande Kenntniß und die Staatsanwaltschaft darauf auf⸗ merksam gemacht hätte. Der Abg. Dr. Lasker führte darauf des Weiteren aus, daß die Richter sich nicht von der alten milden Praxis bestimmen lassen, sondern dem Geist des Strafgesetz buches folgend, die in erschreckender Weise zunehmenden Verbrechen mit größter Strenge bestrafen sollten. Bloße Verwaltungsmaßregeln nützten . ö ö 6 3 fer n. Prozeß⸗ und Gefängnißordnung nothwendig, die hoffentli ich it odtr Revision des Strafgesetzbuchs zur Vergine . Grub Der Abg. Dr. Windthorst (Meppen) Baß man jeht für die zunehmende Brutaibät. darin ock Iin Uebrigen wurden die dauernden Ausgaben angenommen. Bei den einmaligen und außerordentlichen Aus⸗ gaben für Gerichtsgebäude bemerkte der Justiz⸗Minister Br. Leon⸗ hardt (S. unter Landtagsangelegenheiten), daß man im Lande unruhig wäre, über den Sitz der künftigen Gerichtshöfe; eine Entscheidung würde erst von der Reichs gesetzbung getroffen werden. Schließlich wurde ein Schreiben des Abg. Philippi über die n n. Hir. i g, ö. seiner Ernennung zum Geh. Justiz⸗Ra er Geschäftsordnungs⸗Kommission ü iesen. Sh n r un' 9 ssi berwiesen

In der heutigen (27.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten theilte der Präsident nh . daß der Finanz⸗Minister die Rechnungen über den Staatshaushalt für 1871 nebst den Anlagen, Vorbericht und Bemerkungen der . , ,, übersandt hätte. Der Abg. Statz be⸗ antragte die Sistirung des gegen den Abg. Fransser , . Gin,. ö .

Auf der Tagesordnung standen zunächst die vom Abg. Miguel zum Etat der K ö. die Agrarkommission verwiesenen Anträge. Der erstere, betr. die . n, n wurde wegen Abwesenheit

e eferenten Abg. von Köller von der Tagesord Der zweite Antrag lautete: ; .

„»Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: die Königliche Staatzẽregierung zu ersuchen, die k 4 ö en e e,, . ö uz ,, eine Ermäßigung der

mortisationsraten für die den Pächtern Behufs der Drain w theilten Vorschüsse in Erwägung zu ziehen. ,

Der Referent Abg. Kiepert begründete diesen Antrag damit daß durch die Drainage die Grundstücke J,. ,, de. den und somit der Staat als Besitzer dieselbe auf jede mögliche Weise erleichtern müßte. Der Abg. Mühlenbeck fand keine Veran- lassung, den Pächtern durch Erlaß irgend einer Art ein Geschenk zu machen; denn die Kapitalanlage für Drainirung werfe ge⸗ wöhnlich 10 Prozent ab, so daß den Pächtern immer noch 2 Prozent Vortheil blieben. Der Abg. Donalies meinte, die Bedingungen bei Vorschüssen zur Drainage wären nicht lockend genug, um sehr zu dieser nützlichen Unternehmung zu er— muthigen. Der Finanz⸗Minister Camphausen sprach das Einver⸗ ständniß der Regierung mit dem Antrage aus, verwahrte sich aber dagegen, daß demselben eine rückwirkende Kraft auf schon bestehende Kontrakte beigemessen würde. Nachdem noch die Abgg. Miquel, v. Wedell⸗Vehlingsdorf und von Schorlemer⸗ Alst im Interesse der Landeskültur den Antrag empfohlen und der Referent Abg. Kiepert erklärt hatte, daß der Antrag durchaus keine rückwirkende Kraft haben solle, wurde derselbe fast ein⸗ stimmig angenommen.

Es folgte der Antrag des Abg. Schmidt (Stettin):

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: die Königliche Stgatesregierung aufzufordern, den Entwurf eines Gefetzes über die Auflösung des noch in Preußen bestehenden Lehnsverbanbes mit thun⸗ lichster Beschleunigung vorzulegen.

Der Antragsteller erklärte, er habe durchaus keinen Gesetz⸗ entwurf einbringen wollen, sondern überlasse die Ausarbeitung dieser dunklen Materie gänzlich der Regierung. Nachdem

Staub ziehe.

unbeanstandet

der Regierungs Kommissar Geheimer Ober⸗Justiz⸗Rath Herzbruch erklärt hatte, daß die Regierung mit der Erfüllung der in der Verfassung gegebenen Verheißung, betreffend die Aufhebung des Lehns verbandes, ernstlich beschäftigt wäre, wurde dieser Antrag bei Schluß des Blattes mit großer Majorität angenommen.

Zwischen dem spanischen Minister, Praxedes M. Sagasta, und dem Kaiserlichen Gesandten in Madrid hat nach Einsetzung der neuen Regierung ein Schriftwechsel stattgefunden, den wir im Nachstehenden mittheilen:

Das Schreiben des Minister Sagasta lautet in deutscher

Uebersetzung wie folgt: Madrid, den 5. Januar 1874. Exctllenz!

Mein Herr! In Folge der Ereignisse, welche am Morgen des 3 d. Mts. in dieser Hauptstadt stattgefunden haben und welche Ew. Excellenz schon kennen, hat die Exekutiv⸗Gewalt der Republik sich in nachstehender Weise gebildet: Präsident D. Francisco Serrano y Domiaguez; Justiz⸗Minister D. Cristino Martos; Kriegs⸗ Minister D Juan Javala; Finanz⸗Minister D. José de Echegarmy; Marine⸗Minister D. Juan Toxete y Carhallo; Minister des Junern D. Eugenio Garcia Ruiz; Fomento⸗Minister D. Tomas Maria Mosquera; Kolonien⸗Minister D. Victor Balaguer und Staats⸗ Minister der Unterzeichnete.

Die Exekutiv⸗ Gewalt behält es sich vor, den befreundeten Mächten die Ursachen gründlich auseinander zu setzen, welche den von der ersten militärischen Behörde Madrids gefaßten Entschluß nöthig machten, als, nach dem von den Kammern ausgesprochenen Mißtrauent⸗ Votum gegen die Politik des von Herrn Castelar präsidirten Mini= d,. die höchste Gefahr die Freiheit und die soziale Ordnung

edrohte.

Die allgemeine Meinung im Lande hat die Maßregel mit Jubel

aufgenommen, mit welcher das tapfere Heer rechtzeitig zur Ver— theidigung aller Interessen der Gesellschaft und des Vaterlandes ein⸗ schritt, ohne daß auch nur der kleinste Konflikt zwischen der mili⸗ tärischen Macht und den stets verständigen Einwohnern der Haupt- stadt entst and. Indem ich Ew. Excellenz von der Bildung der Exekutiv-Gewalt in Kenntniß setze, bleibt mir die Ehre, als Mitglied derselben Ew. i, . die Versicherungen meiner ausgezeichnetsten Hochachtung dar⸗ zubringen. .

Praxedes M. Sagasta. An den deutschen Gesandten ꝛ2c* Hierauf hat der Kaiserliche Gesandte folgendermaßen ge⸗

antwortet: Madrid, den 7. Januar 1874. Herr Mini ster!

Ich habe die Ehre gehabt, die Mittheilung vom 5. d. Mis. zu erhalten, durch welche Euer Excellenz mich von der Bildung einer neuen vollziehenden Gewalt in Spanien unter der Präsidentschaft Sr. Excellenz des Herrn Generalkapitän Don Francesco Serrano gefälligst benachrichtigen. Ich werde mich beeilen, die Regierung des Kaisers, meines Allergnädigsten Herrn, davon in Kenmniß zu setzen.

Empfangen Sie, Herr Minister, die Versicheruag meiner ausge- zeichneten Hochachtung.

Canitz.

An Se. Exc llenz den Staate⸗Minister ꝛc.“

Der General der Infanterie von Schwartzkoppen, à la suite der Armee und nach Württemberg behufs Ueber⸗ nahme des Kommandos über die Königlich Württembergische Truppen (XIII. Armee⸗Corps) kommandirt, ist zur definitiven . nach Stuttgart mit Urlaub von dort hier ein⸗ getroffen.

Der General⸗Lieutenant zur Allerhöchsten Disposition

Flensburg, ist zur Abstatküattz Her fonic rl be Hipisisn von getroffen. . ; .

Das Kaiser Franz Garde⸗Grenadier⸗Regi⸗ ment Nr. 2 empfing im Laufe des heutigen Vormittags im Zeughause die neu eingeführten Gewehre M. 7I.

Die Stadtverordneten⸗Versammlung hat gestern in außer⸗ ordentlicher Sitzung den . . er . für das Jahr 1874, wie derselbe von der Etats⸗Deputation vor— gelegt ist; ohne Aenderung angenommen. Nach demselben be⸗ tragen die Einnahmen 8,494,335 Thlr., die Ausgaben 10417020 Thlr., das durch die Einkommensteuer zu deckende Defizit 1,922,585 Thlr. Da indeß hierzu noch 6240 Thlr. kommen, welche in der letzten Sitzung für die Hauptlehrer be⸗ willigt sind, so beträgt dasselbe im Ganzen 1,328,925 Thlr. Es ergiebt sich demnach ziemlich genau, daß ein Einkommensteuersatz von 6635 Prozent dem Defizit entspricht und ausreicht.

In der Nacht vom 12. zum 13. Januar er. hat auf der Geleisekreuzung diesseits des Bahnhofes Schneidemühl der Königlichen Ost bahn ein Zusammenstoß zweier Güterzüge stattgefunden, von welchen der eine den Bahnhof Schneidemühl in der Richtung nach Berlin verließ und der andere aus letz⸗ terer n . in den Bahnhof Schneidemühl einfuhr. Der Zusammenstoß ist eingetreten, da der letztere Zug vor dem Halte⸗ signal nicht zum Stehen gebracht werden konnte. Mehrere Güterwagen sind beschädigt und alle Geleise durch die Wagen⸗ trümmer zeitweise gesperrt worden. Die durch diesen Unfall hervorgerufene Betriebsstörung ist inzwischen beseitigt.

Bayern. München, 11. Januar. Die „Allg. Ztg.“ meldet Folgendes: Aus bester Quelle können wir mittheilen, daß Se. Majestät der König seit dem 3. Januar an einer heftigen Entzündung der Zahnkieferbeinhaut leidet und in Hohenschwan— gau das Zimmer nicht verlassen kann. Die von der Hoffmann⸗ schen Korrespondenz verbreitete Nachricht, daß der König in Reute weile, ist wieder eine tendenziöse Erfindung.“

Das heutige Bulletin über das Befinden der Prin— zessin Gisela lautet: „Die Nacht brachte Zhre Kaiserliche Foheit in neunstündigem Schlummer zu. Der Zustand von Mutter 6 6 andauernd befriedigend.“

12. Januar. Auf Grund Königlicher Vollmacht hat der Staats⸗Minister des Königlichen er. 93. des . von Pfretzschner, den Königlich sächsischen außerordentlichen Ge⸗ sandten, von Gersdorff, empfangen und die Notifizirung des Thronwechsels in Sachsen entgegengenommen. Der Empfang des Gesandten vom Königlichen Hoflager in Hohenschwangau ist, wie die „Allg. Ztg.“ vernimmt, in Folge eines leichten Ün= wohlseins des Königs unterblieben. Herr von Gersdorff ist gestern Abends nach Dresden zurückgereist.

Die feierliche Taufe der neugeborenen Prin⸗ zessin durch den Erzbischof von München hat heute Mittag

in Gegenwart der Kaiferin von Desterreich, der Königin⸗Mut⸗

ter und der Königlichen Prinzen und Prinzessinnen stattgefun— den. Die Prinzessin erhielt die Namen: Elisabeth Ludovika

Franziska Maria Josepha.

Für die aus der Kammer der Abgeordneten ausgetrete⸗

nen bisherigen Abgeordneten Burkel von Weißelbig und

Dertl von Lauf sind als Ersatzmänner aus dem Wahlbezirk Hof und Erlangen die Bürgermeister Sitzler von Münchberg, Bürgermeister und Gutsbesitzer Pflaum von Poppenreuth in die Kammer einzutreten.

In der Kammer der Abgeordneten widmete heute zunächst der erste. Präsident dem verstorbenen Dr. Ruland einen Nachruf. Darauf gelangten zur raschen Erledigung der Antrag des Abgeordneten Stenglein, die Aufhebung des Art. 19 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetze betreffend, welcher in zweiter Berathung einstimmig angenommen wurde. Der Ge⸗ setzentwurf, die Ausdehnung und Vervollständigung der baye⸗ rischen Staatsbahnen betreffend, wurde an einen Ausschuß von 14 Mitgliedern, und der Gesetzentwurf, die pfälzischen Bahnen betreffend, auf Antrag des Abgeordneten Jakob an einen Aus— schuß von 7 Mitgliedern verwiesen.

13. Januar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Abgeordnetenkammer begründete der Abg. Völck, nach Ablehnung eines Antrages von Hafenbraedl auf die Wiederein⸗ führung eines Tarifs für Lebensmittel, seinen Antrag, daß Bayern im Bundesrathe auf die Beibehaltung der Schwur⸗ gerichte dringen solle. Der Antrag wurde demnächst angenom⸗ men. Im Laufe der Diskussion äußerte Schauß den Ultramon—⸗ tanen gegenüber, daß, wenn durch ihre Schuld eine Gefahr für das Reich und das Land entstände, der Einheitsstaat immer noch besser wäre, als eine kranke Konföderation.

Die Kammer der Reichsräthe lehnte den Antrag Herz bezüglich der Diäten der Reichstagsabgeordneten mit allen gegen . Stimme wegen mangelnder Kompetenz der Kam⸗ mer ab.

Sachsen. DresLden, 13. Januar. (Dr. J.) Die Erste Kammer nahm in ihrer heutigen Sitzung auf Bericht der I. Deputation (Referent von Criegern) den Gesetzentwurf wegen theilweiser Aufhebung des Gesetzes vom 15. Juni 1868, die ju⸗ ristischen Personen betreffend, unverändert an. Die Tendenz des Gesetzentwurfs ist in dem Satze des, ihr durchaus zustimmenden Berichtes charakterisirt, daß es im eigenen Interesse des säch⸗ sischen Genossenschaftswesens dringend rathsam erscheine, die weitere Entstehung von Genossenschaften auszuschließen, deren rechtliche Existenz auf partikulargesetzlichen Vorschriften beruhe, welche das legislatorische Gebiet des Deutschen Reiches berühren, welchen an denselben Gegenstand behandelndes Reichsgesetz gegenüberstehe und deren Vereinbarkeit mit dem letzteren kontrovers geworden sei. In der Debatte fügten der Referent und der Justiz⸗Minister Abeken einige Erläuterungen hinzu. Sodann wurde der Gesetzentwurf, die Berechnung der Dienstzeit bei solchen Staatsdienern, die vorher im Militärdienste gestanden haben, betreffend, in der von der Zweiten Kammer ihm gegebe⸗ nen, von den früheren Beschlüssen der Ersten Kammer in eini⸗ gen Punkten abweichenden Fassung ohne Debatte angenommen. Auch der von der Zweiten Kammer bei dieser Gelegenheit be⸗ schlossenen Erneuerung des älteren, auf Erlaß eines allgemeinen Pensionsgesetzes für Staatsdiener, Geistliche und Lehrer und de⸗ ren Hinterlassene gerichteten ständischen Antrags wurde zuge⸗ stimmt. Den Rest der kurzen Sitzung füllten mündliche Vor⸗ träge der 4. Deputation über Petitionen aus.

Württemberg. Stuttgart, 12. Januar. Der König hat dem kommandirenden General, General der Infanterie v. Schwartzkoppen, einen achttägigen Urlaub nach Berlin be⸗ willigt. men ls des M

. keiiltertäis im eitgeren Sinn eber im Druck erschienen. Art. 1 dieses Gesetzes lautet: ö.

Das Kriegs-Ministerium wird ermaͤchtigt, zum Zweck der Voll— endung des Retablissements des Armeematerials im engeren Sinn auf Rechnung der durch die Gesetze vom 26. Juli 1870, 27. Oktoßer 1870, 16. Januar 1871 und 24. Juli 1871 zu Bestreitung des außerordent⸗ lichen Militäraufwands zur Verfügung gestellten Summen im Ge— sammtbetrag von 23,344, fl. von denjenigen einzelnen Positionen, bei welchen sich gegenüber dem Voranschlag Ersparnifse ergeben haben, neben den durch das Gesetz vem 19. Mai i873 verwilligten S490 6060 fl. die weitere Summe von 1,59l, 052 fl. auf die Position für das Re— tablissement zu übertragen. Ueber die Verwendung dieser Summe ist der Landes vertretung in der Kriegskosten⸗Rechnung degree zu geben.

.Das Gesetz, betreffend die Verwilligung der erforderlichen Mittel für das Retablissement des Armeematerials im weiteren Sinn, liegt ebenfalls gedruckt vor.

Baden. Karlsruhe, 12. Januar. Die Herzogin von Hamilton, Prinzessin von Baden, und deren Tochter, die Erb prinzessin von Monaco, der Graf und die Gräfin von Trani sind im Laufe des heutigen Tages zum Besuche der Großherzoglichen Familie, von Baden kommend, hier eingetroffen und am Abend dorthin zurückgekehrt.

In der Sitzung der Zweiten Kam mer brachten heute der Abg. Schmidt von Konstanz und Genossen einen Gesetzvorschlag, die Rechts verhältnisse der Alt⸗ katholiken betreffend, ein. Darauf brachte der Präsident zur Kenntniß des Hauses Mittheilungen der Ersten Kammer über die dort am 25. Dezember gefaßten Beschlüsse und einer Zu⸗ schrift des Staats-Ministers enthaltend eine Nachforderung für Erhöhung der Bezüge der Mitglieder des Staats-Ministeriums, welche an der vom letzten Landtag bewilligten Aufbesserung keinen Antheil hatten. Dieselben wurden an die Budgetkommis⸗ sion überwiesen. Später wurde die Berathung des Budgets der Ausgaben des Handels⸗Ministeriums nach Berichterstattung durch den Abg. Paravieini begonnen und erfolgte die Annahme bis Tit. IV. S5. 38, worauf die Sitzung bis 4 ÜUhr vertagt ward.

Mecklenburg. Schwerin, 13. Januar. Der Fürst Windischgrätz ist nebst Prinzessinnen Töchtern gestern Nachmittag von hier nach Berlin abgereist.

Sach sen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 12. Januar. Der Herzog ist heute von Gotha wieder hierher zurückgekehrt und wird in den nächsten Tagen nach St. Petersburg abreisen.

Reuß. Greiz, 10. Januar. Sitzungen des Landtags stellte, wie der „Weim. Ztg.“ ge⸗ schrieben wird, der Abg. Leidholdt die Interpellation, ob sich die ablehnende Abstimmung der Regierung von Reuß ä. L. im Bundesrathe über die Kompetenzerweiterung auf das ge⸗ sammte bürgerliche Recht bewahrheite. Die Regierung bestätigte diese Nachricht und stellte die betreffende Abstimmung (die übri⸗ gens schriftlich abgegeben worden war) nur als eine Konsequenz

ihrer früheren Stellung zu dieser Frage hin; sie habe von vorn⸗

herein das Bedürfniß zu einer. Aenderung des jetzt bestehenden Zustandes nicht anerkennen können. Der hierauf ö aber

schließlich abgelehnte Antrag des Abg. Leidholdt: „das Haus möge bekunden, init dieser Abstimmung der Regierung sich nicht

Der Entwurf eines Geseles, betreffend die Ve⸗ grhderlih n Mittel u Vollendung des Retablisse⸗

In einer der letzten

einverstanden erklären zu können, sondern erblicke vielmehr in dieser Kompetenzerweiterung einen segensreichen Fortschritt für ganz Deutschland, besonders aber für unser Fürstenthum“‘, gab Anlaß zu einer sehr erregten Debatte zwischen dem Antragsteller und dem Regierungs⸗Präsidenten Meusel, welch letzterer dem Landtage überhaupt die Berechtigung absprach, bei Abstimmungen über Angelegenheiten, die das Reich beträfen, beeinflussend auf die Politik der Regierung einwirken zu wollen. Eine Beistim⸗ mung halte sie wohl für statthaft, aber nicht eine Diskussion über ihre Beschlüsse. Auch die Anwendung des §. 74 der Ver⸗ fassung, welcher vom Antragsteller angezogen wurde, erkannte die Regierung nicht als zutreffend an, verwahrte sich überhaupt dagegen, daß künftig derartige Gegenstände im Landtage zur Sprache kämen, gegen welche Ansicht sich dagegen Abg. Leid⸗ holdt verwahrte. Mit dieser erregten Sitzung schloß die dies⸗ malige Scssion.

DOesterreich⸗ Ungarn. Wien, 13. Januar. Der Kaiser wird am 19. d. M. in Wien Audienzen ertheilen.

Prag, 12. Januar. Auf der Tagesordnung des Land⸗— tags stand heut der Resolutionsantrag des Abg. Ruß, betreffend die Nichtaufnahme des Erzbisthums Prag, der Bisthümer Königgrätz und Leitmeritz, der Domdechantei Leitmeritz, der Dompropsteien Prag und Vysehrad und der Erzdechantei Krumau in die Landtagswaͤhlerliste des Großgrundbesttzes. Gegen den Kommissionsantrag, welcher auf Annahme der obigen Resolution lautet, sprach der Statthalter in sehr ausführlicher Rede, in welcher er betonte, daß die betreffenden Benefiziaten seit 1861 in unangefochtenem Besitze des Wahlrechtes sich befänden, und daß der damalige Staats⸗Minister ausdrücklich zu Gunsten des Wahlrechtes derselben entschieden habe. Der Berichterstatter Kardasch beantragte, die Angelegenheit nochmals der Kommission zur Erwägung zu übergeben. Der Antrag wurde angenommen. Ebenso wurde der Antrag des Landesausschusses, den Termin für die Zulässigkeit von Aende⸗ rungen der Landtagswahl-Ordnung mit einfacher Majorität bis 1876 zu verlängern, der Kommission zugewiesen. Der Antrag des Abgeordneten Raudnitz auf Uebertragung der Gesetzgebung, betreffend die innere Einrichtung der Grundbücher, an den Reichsrath, wurde nach längerer Debatte verworfen, und wird in die Berathung des Kommissionsentwurfes eingegangen und der Kommissions⸗Gesetzentwurf unverändert angenommen.

14. Januar. (W. T. B.) Die vom Finanz⸗Minist er berufene Tommission von Vertrauensmännern zur Vorbe—⸗ rathung der Fusions⸗ und Liquidationsfrage hat gestern ihre erste Sitzung abgehalten. Der Finanz-Miniher wies darauf hin, daß der Geldmarkt eigentlich nicht unter einer Geldkrisis, sondern unter einer Vertrauenskrisis leide; es handle sich jetzt darum, die Quelle des Mißtrauens, welches durch die gegen⸗ wärtige Form der Liquidationen herbeigeführt worden sei, zu verstopfen. Zu diesem Zwecke sei es erforderlich, daß die Liqui⸗ dationen und Fusionen nur durch eine nach streng kaufmännischen Prinzipien vorgehende, korrekte, wohlwollende, kapitalskräftige Hand geschähen; die Regierung werde dann nach Möglichkeit und nach Maßgabe der ihr zu Gebote stehenden Mittel zur Durchführung des Werkes beitragen. Von der Erklärung der Regierung nahm die Versammlung Kenntniß, indem sie die Hoff— nung gussprach, daß auch das Privatkapital, wenn es gelinge, ein gesundes Programm zu vereinbaren, sich der ihm zufallen⸗ den Aufgabe nicht entziehen werde. Die Kommission beauftragte darauf ihre Mitglieder Dr. Weiß, Goldschmidt, Seidler und Grünbaum mit der Ausarbeitung des Programms.

Lem berg, 12. Januar. Bei der Debatte über Reform des Gesetzes, betreffend die Gemeinde⸗ und Bezirksveriretung im Landtage, beantragte der Bauer Siwiez Namens sämmtlicher Bauern⸗A Abgeordneten den Uebergang zur Tagesordnung. Dieser Antrag, welcher auch von den Ruthenen untersiützt ward, wurde abgelehnt, worauf die Bauern und Ruthenen den Saal ver— ließen. Der Landtag ging sodann in die Spezialdebatte ein.

FResth, 12. Januar. Der „Prag. 3.“ zufolge fand heut die feierliche Investitur des neuen Kardinals Simor durch den Kaiser in der Hofkapelle statt. Graf Andrassy, sämmtliche unga⸗ rische Minister, viele Magnaten, Prälaten, Abgeordnete und andere Würdenträger waren zugegen. .

Agram, 12. Januar. Im Landtage machte der Banus Nazuranic die erfolgte Allerhöchste Sanktion des Gesetzartikels über die Sektion chefg⸗ und Banus⸗Verantwortlichkeit bekannt, worauf die Landtagsmitglieder sich erhoben und begeisterte ‚Zivio“⸗ Rufe auf Se. Majestät ausbraͤchten. Der Gesetzentwurf über die Hauskommunionen wurde in erster Lesung angenommen und in die Spezialdebatte eingegangen.

Schweiz. Bern. 12. Januar. Der Bundesrath hat in der Sitzung vom 9. d. Mts. eine Vorlage angenommen, welche ihm das Postdepartement am 26. Juni 1873 unterbreitet hatte, betreffend die Sonntagsruhe des Post⸗ und Telegraphen— personals. Die schweizerische Gesandtschaft in Paris hat eine Zusammenstellung der im Laufe des Jahres 1873 von ihr be— handelten Gesuche um Entlassung schweizerischer Angehöriger aus dem französischen Fremdenregiment eingeschickk. Die Ge⸗ sammtzahl derselben beträgt 683. Vom Kriegs⸗Ministerium wur⸗ den 54 Entlassungen bewilligt, in 10 Fällen konnte wegen man⸗ gelnden Ausweises über die Dürftigkeit der Familie oder wegen mangelnder Sicherheit für die Reisekosten von Marseille nach der Schweiz dem Begehren nicht Folge gegeben werden. Im Jahre 1872 waren 1127 Gesuche anhängig gemacht und 67 zu— stimmend erledigt worden; sieben weitere Entlassungen wurden nach 1873 bewilligt, so daß im letzten Jahre im Ganzen 61 Schweizer aus dem französischen Fremdenregiment vor Ablauf ihrer Dienstzeit in die Heimath entlassen worden sind. Die Ge⸗ sandtschaft erwähnt der Zuvorkommenheit des Kriegs-Ministeriums ö der Behandlung dieser Entlassungsgesuche in anerkennendster eise.

Der Beschluß, welchen der Berner Regierungsrath auf Antrag der Kirchen⸗Direktion bezüglich des Klosters der Ursu⸗ linerinnen in Pruntrut gefaßt hat, lautet:

„I) Das Dekret des Großen Rathes vom 9. Januar 1849 über Auflösung der Kongregation des Klosters der Ursulinerinnen in Pruntrut sofort zu vollziehen; 2 zur Liquidatign der Finanzverhält⸗ nisse der Kongregation eine letzte Frist von drei Monaten zu gestagtten; 3) den Entscheid über die Frage, ob die Ursulinerinnen als Affiliirte des Jesuiten⸗Ordens aus dem Kanton zu weisen seien, einer späteren

Untersuchung vorzubehalten.“ 14. Januar. (W. T. B.)) Der Bundesrath hat

sämmtliche gegen die Entsetzung des Bischofs Lachat von seinem Amte und gegen die seitherigen bezüglichen Beschlüsse der Kan— tonsregierungen eingewendeten Rekurse prinzipiell abgewiesen.

Großbritannien und FIriand. London, 12. Januar.

Die Königin empfing am Sonnabend auf Osborne den Earl Cowper, der auf Grund der Niederlegung seines Postens als

Kapitän des Corps der Gentlemen⸗at⸗Arms der Monarchie seinen Amtsstab ablieferte. Letzteren erhielt hierauf der Earl von Ilchester, der anläßlich seiner Ernennung zum Commandeur des Corps zu dem üblichen Handkuß zugelassen wurde. Lord Monson erhielt alsdann aus den Händen der Königin die Insignien des Schatzmeisters des Königlichen Haushaltes, zu dem er vor Kurzem ernannt wurde.

Der Herzog de la Rochefoucauld⸗Bisaceia, französischer Botschafter am hiesigen Hofe, hat sich auf Urlaub nach Paris begeben.

Frankreich. Paris, 13. Januar. (W. T. B) Die Kommission zur Vorberatung der konstitutionellen Gesetzentwürfe ist heute mit dem Herzog von Broglie zusammengetreten und hat die Erklärung desselben über das Wahlgesetz entgegengenommen. Nach den Intentionen des Ministers soll die Wahlberechtigung mit dem 25. Jahre beginnen und ein dreijähriges Domizil für die Ausübung des Wahlrechts erforderlich sein. Den Wählerlisten sollen die Steuer⸗Erhebungs⸗ listen zu Grunde gelegt und das Listenskrutinium abgeschafft werden. Der Herzog beantragte ferner, daß der Senat durch die Regierung und die Generalräthe gemeinschaftlich ernannt wer⸗ den solle, und forderte, daß die Vorlage des Wahlgesetzes späte⸗ stens bis Ende April erfolgen solle.

Versailles, 13. Januar. (W. T. B.) Die Natio⸗ nalversammlung begann heute die Diskussion über das Mairesgesetz. Louis Blane und Christophle sprachen gegen, der Marquis von Valfonds und Baragnon für die Vorlage. Die Berathung wird morgen fortgesetzt werden.

Spanien. Madrid, 13. Januar. (W. T. B.) Die Nach⸗ richt von der Einnahme Cartagenas bestätigt sich. Die Forts San Julia und Galeras sowie die Stadt sind von den Truppen besetzt.

Das Ministerium hat beschlossen, Lopez Dominguez zum General-Lieutenant zu ernennen.

Wie dem „Reuterschen Bureau“ aus Oran gemeldet wird, ist die Insurgenten⸗Fregatte Numaneia“, an deren Bord sich gegen 2500 Flüchtlinge befinden, aus Cartagena entkommen und heute Morgen um 8 Uhr auf dortiger Rhede vor Anker gegangen, um Wasser einzunehmen, und die Erlaubniß dazu von den französischen Behörden erbeten. Die „Numancia“ hat sich am Ausgange des Hafens von Cartagena durch fünf Regierungs⸗ Fregatten durchgeschlagen, welche das Auslaufen derselben ver⸗ hindern wollten.

Ein weiteres Telegramm aus Oran vom 13. Januar Abends meldet: Die auf der Fregatte „Numancia“ aus Carta⸗ gena Geflüchteten und die Bemannung des Schiffes sind in dem Hafen von Mers⸗el Kebir gelandet und haben sich den französi— schen Behörden ergeben. Unter ihnen befinden sich Contreras, Galvez, die Mitglieder der Junta der Aufständischen, sowie die vornehmlichsten Führer der aufständischen Bewegung.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 13. Januar. (W. T. B.) Der General⸗Controleur des Rechs, Geh. Rath Abasa, ist zum Präsidenten des staatswirthschaft⸗ lichen Departements des Reichsraths an Stelle des Generals Tschefkin ernannt worden, welcher mit Rücksicht auf seinen Gesundheitszustand seine ehrenvolle Entlassung erhalten hat. Das Amt eines General⸗Controleurs ist dem bis⸗ herigen Adjunkten im Finanz⸗Ministerium, General⸗Lieutenant de Greigh äbertragen und der Geheime Rath Schamschin für Letzteren zum Adjunkten im Finanz ⸗Ministerium ernannt worden. Ferner sind der Adjunkt im Ministerium des öffent⸗ lichen Unterrichts, Geheimer Rath Delianow, zum Mitglied des Reichsraths und der General⸗Direktor des Preß⸗Departements im Ministerium des Innern, Geheimer Rath Longuinow, welcher auch ferner diesen Posten bekleiden wird, zum Staatsrath ernannt worden. .

Schweden und Norwegen. Stockholm, JT. Januar. Der letzte Reichstag hat ein Schreiben an den König gerichtet und darin den Wunsch für eine schleunige Herstellung einer zuverlässigen Darstellung der Entwickelung der finanziellen Lage sämmtlicher Fommunen und Kirchengemeinden des Landes ausgesprochen. Dieses Schreiben ist an das statistische Central⸗ bureau zur Begutachtung abgegeben worden, welches den Vor— schlag gebilligt und zur Ausführung desselben Vorschläge ge⸗ macht hat.

Die Zolleinnahme in Schweden war in dem Budget für 1873 von dem Reichstage des Jahres 1872 mit den Feuer- und Bakenabgaben berechnet zu 14,000,000 Rthl., wäh⸗ rend die wirkliche Einnahme betragen hat: Zölle 23,934,947, Feuer⸗ und Bakenabgaben 949.408 Rthl., was einen Ueberschuß von 10,284,355 Rthl. darstellt.

Christiania, 9. Januar. Nach Mittheilung des „Afton⸗ bladet“ erwartet man in der norwegischen Hauptstadt die An⸗ kunft des Königs Oskar zur Eröffnung des Storthings.

Dänemark. Kopenhagen, 109. Januar. Das Ver⸗ fassungsgesetz für Islands besondere Angelegen⸗ heiten ist am 5. d. M. erschienen und in einer Beilage des Gesetzblattes mitgetheilt. Das Gesetz ist im Wesentlichen über⸗ einstimmend mit dem Grundgesetze des dänischen Reiches. In allen Angelegenheiten, welche mit Bezug auf das Gesetz vom 2. Januar 1871 5. 3 rein isländische sind, hat das Land seine eigene Gesetzgebung und Verwaltung; die gesetzgebende Macht ist beim Könige und dem Althing, die ausübende beim Könige, die urtheilsprechende bei, den Gerichtshöfen. So lange Island nicht im Reichstage repräsentirt ist, hat es keinen Antheil an der allgemeinen Gesetzgebungsmacht des Reiches, aber leisttt auch keinen Beitrag zu den allgemeinen Bedürf⸗ nissen desselben. Der König übt seine höchste Machtvoll⸗ kommenheit durch den Minister für Island aus, und die oberste Machtvollkommenheit im Lande wird unter der Verantwortlichkeit des Ministers einem vom Könige ernannten Landeshauptinanne übertragen. Der Minister ist für die Aufrechterhaltung des Ver⸗ fassungsgesetzes verantwortlich; die Verantwortlichkeit macht das Althing nach Regeln geltend, welche durch Gesetz festgestellt werden; in welcher Weise die Verantwortlichkeit gegen den Lan—⸗ deshauptmann . gemacht werden kann, wird auf Antrag des Althings vom Könige festgestellt. Das Althing besteht aus 30 voni Volke und 6 vom Könige gewählten Mitgliedern und wird in zwei Abtheilungen getheilt: die obere, welche aus 6 vom Könige gewählten und 6 vom Althinge für eine Wahlperiode durch freie Wahl gewählten Mitgliedern besteht; die untere Ab⸗ theilung zählt demnach 24 Mitglieder. Das Wahlrecht zum Althing

besitzt jeder Ackerbau treibendePllnterthan, welcher Abgabe an Staat oder

Kommune zahlt. Städtebewohner, welche wenigstes S Kronen jährlich beisteuern, Häusler, welche der Fommune 12 Kronen jährlich an Steuer zahlen, Beamte und akademische Bürger und Einwohner; außerdem ist ein Alter von 25 Jahren erforderlich, ferner Unbe⸗ scholtenheit, Dispositionsrecht über das vorhandene Vermögen

und Aufenthalt seit einem Jahre im Wahlkreise. Wählbar ist jeder Wahlberechtigte, welcher in keinem Dienstverhältniß zu einem fremden Staate steht, welcher sich in den letzten 5 Jahren in Dänemark aufgehalten und sein 30. Lebensjahr erreicht hat. Wohnung im Wahlkreise ist nicht erforderlich. Das Wahlgesetz vom 6. Januar 1857 gilt vorläufig mit der nöthigen Vermeh⸗ rung der Anzahl der Althingsmänner. Das Verfassungsgesetz soll 1875 in volle Kraft treten.

Asien. Ueber die drohende Hungersnoth in Ben⸗ galen wird den „Times“ aus Calcutta vom 11 d. M. telegraphirt: „In Behar und Benares ist Regen dringend nöthig. Der Nothstand ist groß. Die Behörde von Süd⸗Mirzapore er⸗ klärt, daß empfindlicher Mangel nicht allgemein besorgt wird, daß aber ein theilweiser Nothstand unvermeidlich ist. Das Ge⸗ treide blüht vorzeitig. Die Provinz Punjab hat gute Augs⸗ sichten. Oude braucht mehr Regen. Sir G. Campbell erwägt angelegentlich, welch weitere Einfuhr für Bengalen nöthig ist. In Theilen der Distrikte Burdwan, des Hughly, Nuddea und Santhalin herrscht, amtlichen Meldungen zufolge, großer Noth⸗ stand. Die Ausfuhr zur See ist lebhaft.“

Die Finanz-Verwaltung Preußens in den Jahren 1870, 1871 und 1872. (S. Nr. 10 d. Bl.) 2. Bundes⸗(Reichs⸗) Steuern. a. Zölle.

Das Bestreben der Regierung ist seit einer Reihe von Jahren darauf gerichtet gewesen, eine Erleichterung der Einfuhr von Rohstoffen und Halbfabrikaten, ferner von Gegenständen des allgemeinen Verbrauchs, sowie insbesondere der nothwendigen Nahrungsmittel herbeizuführen, soweit es das finanzielle Interesse gestattete.

Der vom 1. Juli 1865 ab gültige Zolltarif beruhte im Wesentlichen auf dem nach langen Kämpfen in Wirksamkeit ge⸗ tretenen Handelsvertrage zwischen dem Zollverein und Frankreich vom 2. August 1862, und auf dem Handels⸗ und Zoll vertrage zwischen dem Zollverein und Oesterreich vom 11. April 1865. Der Tarif von 1865 gewährte gegen den früheren eine Reihe von Zollbefreiungen und Ermäßigungen. Namentlich wurden die Zölle für Getreide und Mühlenfabrikate aufgehoben, die Eisenzölle er⸗ mäßigt. Weitere Aenderungen des Tarifes traten in Folge des Zoll- und Handelsvertrags zwischen dem Zollverein und Oester⸗ reich vom 9. März 1868 ein. Der wiederholte Versuch einer auf weitere Vereinfachung und Erleichterung gerichteten Tarifreform in den Jahren 1868 und 1869 scheiterte an dem Widerspruch der Majorität des Zollparlaments gegen die Einführung eines Zolles auf Petroleum, welchen die verbündeten Regierungen als Deckungsmittel für die in Folge der Zollbefreiungen und Ermäßi⸗ gungen entstandenen resp. zu erwartenden Einnahme⸗Ausfälle vor⸗ schlagen zu müssen geglaubt hatten. Erst im Jahre 1870 ge⸗ langte man zu einer Verständigung. Durch den vom 1. Oktober 1879 ab in Kraft getretenen Zolltarif wurden die Zölle für Fleisch, für Vieh, ferner für verschiedene Fabrikmaterialien und für eine Reihe finanziell nicht wichtiger Gegenstände beseitigt, die Eisenzölle nicht unerheblich ermäßigt, und der Reiszoll auf 15 Sgr. herabgesetzt. Dagegen wurde zur Deckung des zu er⸗ wartenden Ausfalles der Zoll für rohen Kaffee von 5 Thlr. auf 5 Thlr. 25 Sgr. für den Centner erhöht. Ganz neuerdings ist ein wesentlicher weiterer Schritt auf dem Wege der Tarif⸗ Reform geschehen. Durch das unterm 24. Juni 1873 vom Reichstage beschlossene Gesetz, betreffend die Abänderung des Vereins⸗Zolltarifs, welchem die Bundesregierungen ihre Zustim⸗ mung ertheilt haben, ist zwar den Anträgen der verbündeten Regierungen nicht ganz entsprochen, aber es ist das nicht zu unterschätzende Resultat erreicht, daß der Roheisenzoll vom 1. Oktober 1873 ab aufgehoben wird und die Zölle für Material⸗ eisen, sowie für grobe Eisen⸗ und Stahlwaaren, ferner für Ma⸗ schinen aus Eisen oder Stahl mit dem 1. Januar 1877 in Wegfall kommen. Es ist ferner der letzte noch im Zollverein bestehende Ausgangszoll, nämlich dersenige für Lumpen, beseitigt, woraus für die zollamtlichen Abfertigungen und den Verkehr eine erhebliche Erleichterung erwachsen wird.

Dank dem Vertrauen, welches die glänzenden Siege der deutschen Armeen einflößten, hat der Verkehr auch während des Jahres 1870 nicht erheblich gelitten. Obschon eine große Zahl von Beamten der indirekten Steuerverwaltung zu den Fahnen einberufen war, ist es durch den Eifer und die ange⸗ strengte Thätigkeit der zurückgebliebenen Beamten gelungen, die Verwaltung in geregeltem Gange und die für die Sicherung und Erhebung der Zölle ꝛc. bestehenden Einrichtungen und Kon⸗ trolen in vollem Umfange aufrecht zu erhalten. Nach Beendi⸗ gung des Krieges zeigte sich ein außerordentlicher Aufschwung des Handels und der Industrie, welcher erhöhte Zolleinnahmen zur Folge hatte.

Nach der anliegenden Uebersicht hat die Brutto- Einnahme an Ein⸗ und Ausgangsabgaben abzüglich der Bonifikationen

betragen: im Jahre 1870 28,51 l, 269 Thlr. 31,684,634,

.

k In der Einnahme für 1872 ist diejenige von Elsaß⸗Lothringen, welches vom 1. Januar 1872 ab dem deutschen Zollgebiete an⸗ geschlossen ist, mit 3,1673599 Thlr. enthalten.

Der Artikel 38 der Reichsverfassung bestimmt, daß von dem in die Reichskasse fließenden Ertrage der Zölle die Kosten in Abzug kommen, welche an den gegen das Ausland gelegenen Grenzen und in dem Grenzbezirk für den Schutz und die Er⸗ hebung der Zölle erforderlich sind. Diese Kosten werden nach den Zoöllvereins-Verträgen den betheiligten Bundesstaaten durch Bauschsummen vergütet, deren Höhe nach vereinbarten Normen festgestellt wird. Die Bauschsummen⸗Vergütung betrug:

für den Zollverein: darunter für Preußen:

im Jahre 1870 2,874,206 Thlr. 1,671,304 Thlr.

1871 2819 4535 1669, 577

1877 347, 43, 17794995 Vom Jahre 1872 ab sind die Bauschsummen⸗Vetgütungen all⸗ gemein erhöht. Die in den genannten drei Jahren überhaupt gewährte Bauschsummen⸗Vergutung berechnet sich:

pro 1870 auf 11,833 Prozent der Einnahme

n, 1871 n 10,43 ! j

. 1812 n 9,42 n n, Daß nur die Zollverwaltungskosten an

r der drenze und im Grenzbezirk vergütet werden, dagegen für die Verwaltung im Innern keine Vergütung gewährt wird, entspricht nicht den ge⸗

genwärtigen Verhältnissen. Es ist preußischerseits die Gewäͤh⸗ rung einer solchen Vergütung in Anregung gebracht; die Ver⸗ handlungen darüber schweben noch bei dem Bundesrathe.