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Namen der polnischen Grundbesitzer und der Polen überhaupt dagegen. Nach einer Erklärung des Ministers des Innern Gra⸗ fen zu Eulenburg, daß die Regierung nichts dagegen habe, in eine Berathung der Vorlage einzutreten und auch schon das Gutachten der Provinzialbehörde eingefordert habe, sprach noch der Abg. Nolte für, der Abg. v. Magdzynski gegen die Vorlage, worauf die Diskussion geschlossen und die Vorlage an eine be⸗ sondere Kommission von 21 Mitgliedern verwiesen wurde.
Es folgte der mündliche Bericht der Budgetkommission über den Antrag des Abg. Miquel, betreffend die Parzellirung von Domänen zur Errichtung kleinerer bäuerlicher Stellen.
Der Referent Abg. v. Köller berichtete in längerer Rede über die Verhandlungen der Kommission und empfahl dem Hause folgenden von der Kommission etwas veränderten Vertrag
unehmen: ;
. 2 Haus der Abgeordneten wolle beschließen: Unter Be ug auf die Mittheilungen des Herrn Finanz-Ministers in der Sitzung vom 24. Nevember 1873, nach welcher in Neuvorpommern die Bildung kleinerer bäuerlichen Besitzungen aus den Domänengrundstücken bereits in Erwägung gezogen ist, und auf die weiteren Mittheilungen der Königlichen Staatsregierung über die in einzelnen Fällen zur Her— stellung besserer Häuslingswohnungen auf den Domänenvorwerken ergriffenen Maßregeln, die Königliche Staatsregierung zu ersuchen: auf dem beschrüttenen Wege weiter zu gehen und bei der Verwaltung der Domänengrundstücke auch die allgemeinen wirthschaftlichen In teressen grundsätzlich zu berücksichtigen, und dabei schon jetzt der Staats⸗ regierung zu empfehlen, unter, den Erwerb und die Erhaltung mög- lichst erleichternden Bedingungen thunlichst auf die Bildung kleinerer und größerer Stellen aus den Domänen und Forstländereien, wo die wirthschaftlichen und lokalen Verhältnisse dies rathsam erscheinen lassen, Bedacht zu nehmen, ingbesondere in den geeigneten Fällen statt zu einer Verpachtung des Domänenguts im Ganzen zu schreiten, dasselbe, oder Theile desselben, den vorhandenen Stellen oder senstigen Einwohnern angrenzender Ortschaften in einzelnen Par⸗ zellen, jedoch unter Beobachtung der sonst bei Dispositionen üher Grundeigenthum geltenden Grundsätze, eigenthümlich bezw. pachtweise zu überlassen, dagegen von der Zerschlagung größerer (omplere Behufs Arlage von nenen Kolenien kleinerer Eigenthümer und Arbeiter in der Regel abzusehen, endlich die Herstellung besserer eigener Wohnun— gen für die Häuslinge auf den Domänenvorwerken, sei es durch eige⸗ nen Bau neuer Wohnhäuser oder durch Unterstützung baulustiger A beiter kräftig zu befördern.“ ;
Nachdem der Abg. v. Oven dem Hause die Verwerfung desselben empfohlen, vertheidigte der Abg. Miquel seinen Antrag in einer längeren Rede, worauf der Regierungskommissar Geheime Ober- Finanz⸗Rath Dreßler statistische Angaben über die schon erfolgte Parzellirung von Domänen mittheilte. Das Haus nahm den von der Budgetkommission vorgelegten Antrag an.
Nachdem das Haus noch dem Antrag des Abg. Statz, be⸗ treffend die Sistirung des Strafverfahrens gegen den Abg. Franssen, fast einstimmig genehmigt hatte, erfolgte der Schluß der Sitzung 4 Uhr.
— Der Zusammentritt des Lehr⸗Infanterie⸗Batail⸗ lons findet am 15. April statt; dasselbe erhält eine Stärke, exel. des Commandeurs und des Adjutanten, von 4 Hauptleuten, 4 Premier⸗Lieutenants, 12 Seconde⸗Lieutenants, 40 Unteroffizieren, 12 Tambours, 4 Hornisten und 528 Gemeinen, wovon 1 Haupt⸗ mann, 1 Premier⸗Lieutenant, 2 Seconde⸗Lieutenants, 16 Unter⸗ offiziere, 4 Tambours, 4 Hornisten und 112 Gemeine für den Stamm pro 1874/5 verbleiben.
— Der General⸗Feldmarschall, Graf von Roon, ist, wie den „It. N.“ telegraphisch gemeldet wird, in Palermo ange⸗ kommen.
— Der General⸗Major von Bergmann, bisher Com
ö ; ; zem m zeld⸗ Brigade, welcher 1m Ku ; andeur der 1. deld Artillerie rig on ernannt worden, ist
als nlaß dieser Ernennung behufs Abstattung persönlicher Meldungen auf der Durchreife von Königsberg i. Pr. nach Hannover hier eingetroffen.
— Der Zug 5 der Königlichen Ostbahn, welcher fahr⸗ planmäßig gestern um 9 Uhr 53 Minuten von der Station Conitz in der Richtung nach Dirschau abgehen soll, erlitt auf ersterer Station eine Verspätung von nahezu einer Stunde, da zwischen den Stationen Eonitz und Rittel eine Dammrutschung eingetreten war, welche eine seitliche Verschiebung des Geleises an dieser Stelle bedingte.
— Die mit dem Courierzuge aus Aachen um 11, Vor⸗ mittags fällige Post ist gestern 3 Stunden verspätet hier einge— troffen.
— S. M. S. „Friedrich Carl“ und S. M. Kanonen⸗ boot „Meteor“ sind am 19. d. Mts. in Gibraltar einge— troffen.
Bayern. München, 20. Januar. Heute. Mittag wurde das Direktorium der Kammer der Abgeordneten von der Köni—⸗ gin-⸗Mutter in Audienz empfangen.
— In der heutigen Sitzung der Kammer der Abgeord⸗ neten wurden die Etats des Staatsrathes und des Königlichen Hauses und Hofes nach den Ausschußvorschlägen festgesetzt und einstimmig der Ausschußantrag angenommen, es sei an Se. Majestät den König die Bitte zu richten, Anordnungen treffen zu lassen, daß ein Gesetz über die Umbildung des Staatsrathes ausgearbeitet und dem nächsten Landtag in Vorlage gebracht werde, Hierauf wurde dem Gesetzentwurfe über Verwendung des Antheils Bayerns an der französischen Kriegskostenentschädi⸗ gung zugestimmt. Nach demselben ist der Betrag von 9 Millionen zur Deckung des Bedarfs für Einziehung unverzine licher Kassen⸗ anweisungen bereit zu halten. Der Finanz⸗Minister gab unter dem Beifall des Hauses die Versicherung, daß er betreffs der Bundesrathsverhandlungen über diese Finanzoperation die baye⸗ rischen Interessen sorgfältig im Auge behallen und sich freuen würde, wenn er im nächsten Budgetlandtage die 9 Millionen wieder zur Disposition stellen könne.
Sachsen. Dresden, 21. Januar. Der König hat heute folgende Deputationen empfangen: der Lehrerkollegien der 12 Gymnasien des Landes, geführt von dem Rektor der Fürsten⸗ schule zu St. Afra in Meißen Professor Dr. Ilberg; der zum Gerichtsamtsbezirk Radeburg gehörenden Amtslandschaft; der Landgemeinden des Gerichtsamisbezirks und der Stadtgemeinde Strehla. — Nachmittags 5 Uhr findet bei Ihren Königlichen Majestäten unter Theilnahme des Prinzen und der Prinzessin Georg in den Paradesälen des Königlichen Schlosses ein größeres Diner statt, zu welchem die Staats-Minister, die Direktorien und sämmiliche Mitglieder der beiden Hohen Ständekammern und eine Anzahl beim Landtage thätiger Regierungskommissare geladen worden sind.
— (Dr. J.) Die Zweite Kammer trat in ihrer heutigen Sitzung, nachdem der Minister des Innern auf eine Interpellation des Abg. Bath (Stenn) geantwortet hatte, daß nach Eintritt der neuen Behördenorganifation die Tanzregulatipe unzweifelhaft
laut 8 12 unter 1 des Organisationsgesetzes unter Kognition der Bezirksausschüsse zu erlassen sein würden, in die Berathung des ordentlichen Staatsbudgets, zunächst des Ausgabebudguts ein. Der Präsident eröffnete vorerst eine allgemeine Debatte über das gesammte Budget. Im Verlaufe derselben vertheidigte der Finanz⸗Minister Frhr. v. Friesen die Grundsätze, nach denen das außerordentliche Budget aufgestellt und die Ausgaben auf das ordentliche und außerordentliche Budget vertheilt worden seien, gegen Bedenken des Abg. Jordan, er erklärte, daß die aus der Höhe des außerordentlichen Budgets her= geleiteten Befürchtungen für Steuerkraft und Kredit des Landes nach seiner festen Ueberzeugung unbegründet seien; den Abgg. Schreck und Kirbach gegenüber wies er nach daß die Regierung ihr Absehen ununterbrochen auf die Vermin⸗ derung der Beamtenstellen richte, nur lasse sich das nur nach, und nach, nach Maßgabe der eintretenden Vakanzen, erreichen. Gegen eine Aeußerung des Abg. Fahnauer, der sich von Neuem gegen alle Gehaltserhöhungen erklärte, weil sie nicht dem Be⸗ dürfniß, sondern nur dem Luxus und der Genußsucht dienen, der Sittenverderbniß Vorschub leisten und den sächsischen Staat dem Verfalle entgegenführen würden, wurde von einer Mehr⸗ zahl von Rednern Verwahrung eingelegt. Die Abgg. Oehmichen und Walter bekämpften ebenfalls die von dem Abg. Jordan betreffs der finanziellen Zukunft des Landes geäußerten Befürch⸗ tungen. Hierauf erledigte die Kammer Abtheilung E. des Aus⸗ gabebudgets, Finanzdepartement, über welches vom Abg. Beck Bericht erstattet ist. Die Bewilligungen wurden durchweg in der von der Deputation vorgeschlagenen Höhe ausgesprochen, dar⸗ über hinausgeyende Anträge abgelehnt.
Württemberg. Stuttgart, 20. Januar. Der König
hat heute früh die Meldung des aus Urlaub zurückgekehrten
kommandirenden Generals, Generals der Infanterie, von Schwartz koppen, entgegeugenommen.
ö 1 Ratlsrühe, 20. Januar. Die Großherzogliche General-Staatskasse hat, nach der „Karlsr. Ztg. mit der Ausgabe von Ein⸗Markstücken, die auf hiesiger Münz⸗ stätte geprägt sind, den Anfang gemacht.
— 21. Januar. (W. T. B.) Nach zweitägiger Verhandlung hat die Abgeordnetenkam mer heute das Ergänzungs⸗ gesetz zum Kirchengesetze angenommen. Dasselbe fordert für die Bekleidung eines kirchlichen Amtes und die Ausübung kirchlicher Funktionen die Ablegung einer Staatsprüfung und enthält ferner Bestimmungen über die Schließung der Konvikte für Knaben und Studirende, sowie über die Sicherung des Wahlrechts gegen kirchliche Beeinflussung. Dem Gesetze sind Strafbestimmungen beigefügt, welche die Ausführung desselben sicherstellen, und kann darnach gegen einen Geistlichen nach zwei⸗ maliger Berufung desselben, durch einen gemeinsamen Ausspruch des Staats⸗Ministeriums und eines aus drei Richtern bestehen⸗ den Kollegiums auf Entziehung des geistlichen Amtes erkannt werden.
Anhalt. Dessau, 19. Januar. Im Landtage wurde heute der Bericht der Kommission für Angelegenheiten der inne⸗ ren Verwaltung über den Antrag des Abg. von Basedow und Genossen, betreffend die Vorlegung einer neuen, resp. revidirten Gemeinde⸗Ordnung verlesen. Nach einigen Debatten und Moti⸗ virungen erklärte der Staats Minister von Larisch sich bereit, den Entwurf einer neuen Gemeinde⸗Ordnung mit einigen Aende⸗ rungen noch in dieser Diät einzubringen. Der Antrag wurde schließlich mit entschiedener Majorität angenommen.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 21. Januar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses wurden von der Regierung außer den konfessionellen Vorlagen das Kontingentgesetz für 1874 und ein Gefetz, betreffend die Auf⸗ hebung der Inseratensteuer, eingebracht. — Die neu eingetretenen czechischen Deputirten Mährens leisteten zwar das Handgelöbniß ab; der Deputirte Prazak gab indessen darauf Namens derselben die Erklärung ab, ihr Eintritt in den Reichsrath, dessen legale Grundlage von ihnen nicht anerkannt würde, erfolge nur zum Zwecke endlicher Verständigung, könne also, wenn eine solche nicht gelingen sollte, ihrer weiteren politischen Haltung nicht prä⸗ judiziren. Der Präsident Rechbauer sprach demgegenüber die Unzu⸗ lässigkeit einer Diskussion des Rechtsbestandes der Verfassung und der Legalität des Reichsraths aus. — Der Abg. Kopp beantragte sodann, einen Ausschuß zur Vorberathung der kirch⸗ lichen Gesetzesvorlagen niederzufetzen.
Pesth, 21. Januar. (W. T. B.) Der Einundzwan⸗ ziger Ausschuß hat auf Antrag von Gorove ein aus neun Mitgliedern bestehendes Subkomite eingesetzt und darauf seine Verhandlungen vertagt.
Schweiz. Bern, 21. Januar. (W. T. B.) Der päpst⸗ liche Nuntius hat im Namen seiner Regierung mittelst Note vom IT. d. M. gegen die Aufhebung der päpstlichen Nuntiatur in der Schweiz protestirt.
Basel, 21. Januar. (W. T. B.) Den „Baseler Nach⸗ richten“ zufolge sind fast sämmtliche abgesetzte Geistliche des Amtsbezirks Pruntrut im Berner Jura in die benachbarten französischen Ortschaften geflüchtet.
Großbritannien und Irland. London, 20. Januar. In Downingq⸗Street fand gestern die erste Kabinetsberathung in diesem Jahre statt, bei welcher mit Ausnahme des Premier— Ministers Gladstone, welcher leidend ist, sämmtliche Minister zu⸗ gegen waren.
— Das englische Kirchenparlament ist für Dienstag, den 10. Februar, einberufen worden.
— 21. Januar. (W. T. B.) Lord Russell erklärt in einem vom ihm veröffentlichten Schreiben an Sir John Murray vom 19. d, daß er sich außer Stande sehe, in dem prote stan⸗ tischen Meeting am 27. den Vorsitz zu übernehmen. Lord Russell nimmt in dem Schreiben Bezug darauf, daß er stets das Prinzip der Religionsfreiheit und der Gleichheit aller Konfessionen bekannt und vertreten habe und daher den in England durch den Erzbischof Manning vertretenen Be— strebungen des Katholizismus habe entgegentreten müssen, welche nur darauf abzielten, eine Unterordnung unter die ebenso despotische wie fehlbare Priesterschaft herbeizuführen und keineswegs die bürgerliche und religiöfe Freiheit zu fördern im Stande seien. In dem Schreiben heißt es dann wörtlich: „Die Grundsätze, welche mich verpflichteten, die Freiheit aller Religionen zu verfechten, verpflichten mich auch, gegen eine Ver⸗ schwörung zu protestiren, deren Ziel die Fessckung Deutschlands ist. Ich erkläre daher in Gemeinschaft mit allen Freunden der Freiheit und hoffentlich mit der überwiegenden Majorität der englischen Nation, daß ich mich nicht länger als Verfechter der bürgerlichen und religiösen Freiheit betrachten könnte, wenn ich
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ine Sympathien für den Deutschen Kaiser in dem edlen 3 6. gegen den Ultramontanismus unter⸗ nommen hat, ausdrücken wurde. Seine Sache ist die der Frei⸗
heit. Die Sache des Papstes ist die der Knechtung.“
ankreich. aris, 22. Januar. (W. T. B.) Der zffenlsf⸗ 22 3 „Opinion nationale“ und der Ver⸗ trieb derselben im Wege der Kolportage ist verboten worden. Versailles, 21. Januar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Rationalpersammlung interpellirte der Depu⸗ tirte Ricard (-von der Linken) die Regierung in Betreff ihres Verhaltens gegen die Presse in den Departements, in welchen der Belagerungszu stand herrscht, und beschuldigte sie eines willkürlichen Vorgehens. Nachdem Baragnon hierauf dargelegt, daß das Verfahren der Regierung vollständig dem Gesetze gemäß sei, ward die einfache Tagesordnung mit 393 gegen 292 Stimmen, also mit einer Majoritãt von 101 Stimmen, zu Gunsten der Regierung angenommen.
Spanien. Madrid, 22. Januar. (W. T. B.) Der Hafen von Cartagena ist für die Schiffahrt wieder geöffnet; die Douane und das Quarantäne⸗Bureau sind von Porman wieder nach Cartagena übergestedelt.
Rumänien. Bukarest, 21. Januar. (W. T. B.) Der Minister des öffentlichen Unterrichts und der Kulte, General Tell, hat, mit Rücksicht auf seinen Gesundheitszustand, seine Entlassung gegeben und der Minister der auswärtigen Ange⸗ legenheiten, Boeresco, interimistisch die Leitung des Kultug⸗ und Unterrichts⸗Ministeriums übernommen.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 19. Januar. Der Prinz von Wales, der Herzog von Edinburgh und Prinz Arthur von Großbritannien nahmen am 18. d. M. an der Ceremonie der Wasserweihe Theil.
— Das Eintreffen der Gesandtschaft, die von dem Emir von Buchara abgeschickt worden ist, um dem Kaiser zu der erfolgreichen Beendigung des Feldzuges nach Chiwa Glück zu wünschen und die Gefühle der Ergebenheit des Emirs von Buchara anläßlich des von dem General- Gouverneur von Turkestan mit ihm abgeschlossenen Ergänzungsvertrages auszu⸗ drücken, wurde am 18. Januar erwartet. An der Spitze der Gesandtschaft steht der Serkerde Abdu!⸗kade⸗bek⸗bij, dem Mirza Urak⸗Mir⸗Achmed als Sekretär beigegeben ist. Außerdem befin⸗ den sich im Gefolge Abdul⸗Kadyrs ein Kopist und fünf Diener.
— Die Adresse des Moskauer Adels anläßlich des Allerhöchsten Reskripts an den Minister der Volksaufklärung, welches den Ausdruck des Kaiserlichen Willens enthält, daß der Adel an dem Werke der Volksbildung Theil nehme, lautet wie folgt:
il n di ster Kaiser! Dem Rufe Eurer Kaiserlichen Majestät, Hüter der Volksschule zu sein, ist Ihr getreuer Adel bereit, mit der⸗ selben Begeisterung zu folgen, wie er unlängst nicht Anstand genommen hat, auf den denkwürdigen Aufruf zur allgemeinen Wehrpflicht zu antworten.
Zu jener bedeutungsvollen Zeit hatte der Moskauer Adel das Glück, vor Eurer Kaiserlichen Majestät das Gelübde abzulegen: „stets auf der Höhe der Pflichten zu bleiben, die ihm durch Ihre Weisheit, Kaiserlicher Herr, vorgezeichnet werden.“
Nunmehr zum werkthätigen Schutz der sittlichen Wohlthaten be⸗ rufen, welche die wahre Volksbildung schafft, findet der Adel in seiner Vergangenheit die Kraft zur Erfüllung der ihm übertragenen staat—= lichen Pflicht, für die Vermehrung und regelmäßige Entwickelung der
zolksschulen fördernd zu wirken. Die Geschicht. des russischen Adels
legt Zeugniß ab, daß der Adel nicht die materiell günstigen Standes⸗ vorrechte, die jetzt durch die großen Reformen Eurer Kaiserlichen Ma⸗ jestät aufgehoben werden, sondern die ihm durch die Urkunde der Kaiserin Kathariga II. verliehene Bedeutung über AÄlles stellt.
Durch die Berufung des russischen Adels zur Theilnahme an dem großen Werk, der Volksbildung durch den Willen Eurer Kaiserlichen Maj stät wird gleichzeitig auch der Grund zur Erneuerung der In— stitution über den Adel seibst durch die ihm von nun an übertragene neue Verpflichtung gelegt. Eurer Kaiserlichen Mafestät unbegrenzt ergeben, wie unsere Väter der Großen Organisatorin der Institution des Adels ergeben waren, legen wir wieder vor Ihrem Thron, Aller⸗ gnädigster Kaiser, den Ausdruck der Gefühle der unterthänigsten, tief sten Dankbarkeit des Moskauer Adels für den ihm zu Theil gewor⸗ denen neuen Ausdruck Ihres Monarchischen Vertrauens und Wohl-
wollen. ; Eurer Kaiserlichen Majestät
treuergebene Moskau, den 2. Januar 1874. (Folgen die Unterschriften des Gouvernements⸗Adelsmarschalls, der Kreis⸗Adelsinarschälle und der Adelsdeputirten eg Moskauer Gouvernements.)
— 20. Januar. (W. T. B.) Nach offizieller Ankündi⸗ gung ist die Feier der Vermählung des Herzogs von . nunmehr auf den 25. d. M. (11. a. St.) fest⸗ gesetzt.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 19. Januar. Die Thronrede, mit welcher der Reichstag heute vom Kö— nig eröffnet wurde, lautet in der Uebersetzung wie folgt:
Gute Herren und schwedische Männer!
Mit Freude begrüße ich Sie, da Sie aufs Neue zur Erfüllung des Gebots der Verfassung, über die Angelegenheiten dez geliebten Vaterlandes zu berathen, versammelt sind.
Unsere Verhältn sse zu den fremden Mächten sind von der zufrie⸗ denstellendsten Art. Einen neuen Beweis hierzu sehe ich in den vielen Besuchen, welche ich im vergangenen Sommer hier in ber Hauptstadt Schwedens von Fürstlich n Personen erhielt, worunter auch den des Kronprinzen von Deutschland. ;
Auf der Weltausstellung in Wien hat unser Land wieder auf eine ehrende Weise mit den gebildetsten und unternehmendsten Völkern der Welt gewetteifert. ;
Die Hand (ls und Schiffahrtsverhältnisse zwischen den Veceinigten Reichen zweckmäßig zu ordnen und auf diese Weise die Verbindungen zwischen denselben zu erleichtern, ist ein Gegenstand meiner einsten Erwägungen gewesen. In Der für die Behandlung der unionell n Geschaäͤfie vorgeschriebenen Ordnung ist auch ein Vorschlag hierzu entworfen, welcher Ihnen, sowie dem Storthinge Norwegenz vorgelegt werden soll. .
Eine Reihe glücklicher Jahre hat den Wohlstand im Lande zu früh r ungekannter Höhe gebracht, wovon die Wirkungen sich auch in den bedeutend vermehrten Stgatseinnahmen gezeigt haben. Mit den für den freien Arbeiter leichteren Gelegenheiten zu reichlichem Verdienst sind dagegen, unter einer ununterbrochen fortgehenden Steigerung der Preise der Lebensbedü fnisse, die für die Beamten und Bedientesten des Staates angewiesenen Gehaltseinnahmen immer unzureichender geworden. Ich will deshalb, in dem Maße, als eine nothwendige Gehaltserhöhung im ordentlichen Budget jetzt nicht in Frage gestellt werden kann, eine Theucrungezulage vorschlagen, welche bereits von Anfang dieses Jahres an gewährt werden soll.
Zu einer neuẽn Armeeorganisation, auf den Grundsätzen berubend, welche, in Ihiem bei der letzten Reichs versammlung abgesaandten Schreiben sich angedeutet finden, sind die Grundzüge ausgearbeitet, und habe ich die Prütung derselben einem Komite von fachkundigen Männern übergeben. Es ist meine Absicht, nachdem diese Arbert und
eine entsprechende für die Marine von mir geprüft worden ist, die⸗
2 vor dem Schlusse des Reichstages zu Ihrer Kenntniß kemmen zu lafssen.
Eine Lösung der mit einer veränderten Vertheidigugserganisation in nahem Zusammenhange stchenden Frage wegen Aufhebung der Grundsteuern ist ebenfalls in Arbeit.
Dem Antrage des Reichstags gemäß ist ein Vorschlag wegen Uebertragung gewisser Sachen an die öffentlichen Gerichte, welche bis⸗ her von den adminiftrativen Behörden erledigt wurden. entworfen wor⸗ den. Dieser Vorschlag, welcher im Höchsten Gerichte berathen wor— den ist, wird zu Ihrer Prüfung übergeben werden. Auch in anderen Theilen der Gesetzgebung und Verwaltung bin ich darauf bedacht, Ihnen Veränderungen vorzuschlagen, fowie ich Ihnen einen Plan zur Fort⸗ setzung und Vollendung derjenigen Eisenbahnen vorlegen will, welche, zufelge bereits gefaßter Beschlüsse, für Rechnung des Staates gebaut werden sollen.
Indem ich Gettes Segen über Ihre Arbeiten erflehe, erkläre ich hiermit diese Nei cheversammlung für eröffnet und verbleibe Ihnen, gute Herren und schwedische Männer, mit aller Königlichen Gnade und Huld stets wohlgewegen.
— Wie aus Christia nia berichtet wird, wird der König das norwegische Storthing in Person eröffnen und in Folge dessen am 2. Februar, wie es heißt, in Begleitung der Königin, in Ehristianig eintreffen. Der Aufenthalt Ihrer Majestäten daselbst würde zehn Tage dauern.
Dänentark. Kopenhagen, 19. Januar. In den ver— flossenen 9 Monaten des Finanzjahres 1873 74 beliefen sich die gewöhnlichen Zolleinnahmen auf 6,748,702 Rdl. oder 48033 Rdlr. mehr als in den entsprechenden Monaten des vorigen Finanzjahres. Die Kriegssteuer betrug in demselben Zeitraume 1,111,591 Rdl. oder 58,201 Rdl. mehr als im vori⸗ gen Jahre.
Amerika. Washington 21. Januar. (W. T. V.) Die Ernennung von Morrison R. Waite zum Oberrichter ist vom Senat genehmigt worden.
Asien. Mit Bezug auf die bengalische Hungersnoth wird den „Times“ aus Calcutta vom 19. 5. M' gemeldet: „Beide Regierungen haben entschieden, daß die Zeit gekommen sei, um Operationen für die systematifche Unterstützung der noth⸗ leidenden Distrikte zu beginnen. Die Beamten sind ermächtigt worden, Komites zu organisiren. Die Regierung wird die Pri⸗ vatsubskriptionen verdoppeln. In Behar wie in Theilen von Chumpaum, halb Barun, Nord ⸗Trihut, Monghir, Ost⸗Gyal, Ost⸗Purnea, Nord⸗Maldah und halb Duragepore steht der Nothstand vor der Thür. Arbeiter und Kulis strömen zu den Nothbauten in Nord⸗Patna. Pflanzern werden für Brunnen und Verbesserungen zahlreiche Vorschüsse geleistet. In Burd— man, Ehota, Nagpore und Behar sind die Preise höher als im Jahre 1866.“
Afrika. (A. A. C.) Von der Westküste Afrikas bringt der am 19. ds. in Liverpool angekommene Dampfer Volta“ folgende Nachrichten: In Tellah befindet sich das Kaffee⸗ geschäft in einer sehr ungeregelten Lage, und die wenigen Euro⸗ äer, die Faktoreien besitzen, haben sich alle nach Lagos oder cera begeben, da man täglich erwartete, daß die Stadt von dem britischen Kriegsschiffe Decoy“ bombardirt werden würde, weil sie den Aschantis Waffen und Munition geliefert hatte. Am 25. Dezember, als der Volta“ auf der Höhe von Addah lag, 6 es, daß Kapitän Glover den Feind wahrscheinlich diesen orgen in Accra angreifen würde. Alle Männer der Stadt hatten sich nach dem Kriegsschauplatz begeben, und das Geschãft lag deshalb darnieder. In Old Calabar war der Gesundheits⸗ Zzustand nicht allgemein gut und das Geschäft mittelmäßig. Der . wurde, als der „Volta“ absegelte, für ungesund er⸗ achtet. — Aus Cape Coast Castle wird der „Times“ unterm 27. Dezember geschrieben: „General Sir Garnet Wolseley und die Offiziere seines Stabes marschirten heute mit der Marine— brigade nach dem Prah ab. Das erste halbe Bataillon euro— päischer Truppen (wahrscheinlich die Schützen⸗Brigade) wird am 1. Januar, das letzte am 6. abmarschiren. Die Marine⸗Brigade unter Commodore Hewett wird den Prah etwa am 7. Januar überschreiten. Die Masseninvasion wird am 15. Januar statt⸗ finden, und Kapitän Glover hat Instruktionen erhalten, den Prah in den östlichen Distrikten am nämlichen Tage zu über⸗
schreiten. Die letzte Neuigkeit ist, daß Lieutenant Grant vom 6. Regiment und eine Äbtheilung Assin⸗Plänkler das Dorf Kikfiwherri auf Aschantischem Gebiete, drei Meilen jenseits des Prah erreicht haben. Keine Zeichen des Feindes. Viele Leichen. Seine Armee hat wahrscheinlich um diese Zeit Kumassi erreicht.
— Die „Western Morning News“ enthält aus der Feder ihres Korrespondenten an der Goldküste einen telegraphi⸗ schen Bericht über die Zerstörung der Küstenstadt Ehamah durch die britischen Kriegsschiffe ‚Sncounter⸗ und „Marlin“ Die Stadt war zwei Tage vorher von den Fantis, den Allürten der Engländer, besetzt worden, vor denen, da sie von den Bor⸗ den des Encounter unterstützt wurden, die Bevölkerung von Ehamah fluchtete. Als die Fantis aber allein gelassen wurden, kehrten die Eingeborenen zurück und vertrieben sie. Als Strafe 6 zerstörten die beiden Kriegsschiffe die Stadt am 27. De⸗ zember.
Die Nr. 1 des Armee-Vexordn ungs ⸗Blatts“ hat fol genden Inhalt; Verfahren beim Aufenthaltswechfel der Landwehr— Offiziere. — Abänderungen zu den Allerhöchsten Verordnungen über die Ausbildung der Truppen für den Feldeienst c. vom 17. Juni 1370. —= Geschäfts Vereinfachung bei Zahlung des Schulgeldes an Militärkinder. — Lehr⸗Infanterie Bataillon. Zusammensetzung und Zusammentritt desselben pro 1574 — Verräthighaltung von Reis, Salz- und Kaffeebeuteln, sowie Verbindezengen für die den Feldtrup' pen nachzusendenden Ersatztransporte. — Bekleidungs⸗Entschãdigung für Vice Feldwebel, resp. Vice-Wachtmeister. — Zahlung des Ser' vises und Wohnungegeldzuschusses für den Monat, in welchem Tine Dienstwohnung bezegen werden muß. — Eingaben des Bedarfs an Dienstauszeichnungs kreuzen und Dienstauszeichnungen für die tech— nischen Institute der Artillerie. — Verwendung eines Fleisch-⸗Mehl— Präparats zu Menage ⸗Zweck'n. — Wohlthätigkeit. — Nachiaßsachen, welche wegen Ungenauigkeit der Angaben über die Erblafser nicht aus⸗ gehändigt werden können.
Statistische Nachrichten.
Das Königlich Statistische Bureau hat jetzt die Hauptergeb— nisse der Viehzählung im preußischen Staate und in' den Fürstenthümern Waldeck und Pyrmont am 16. Januar 1873 zusammengestellt. Danach ergaben sich für P⸗neußen: 770 496 viehbesitzende Haushaltungen; 2 275,724 Pferde, davon 1,948, 417 über- dreijährige und zwar 8855 Zuchthengste, 1,577,957 landwirthschaftliche, 216,641 gewerbliche Arbeitspferde, „6535 Mllitärpferte, 68,429 son⸗ stige Reit und Wagenpferde; 934 Mauleiel und Maulthiere; 8774 Esel; 862,150 Stück Rindvieh, davon 742221 Kälber unter 4 Jahr alt, 1987494 Stück Jungvieh, 582435 Stück überzweijähriges Rindvieh (60,967 Bullen, 764, 028 Ochsen, 557,440 Kühe); 19,324,755 Schafe, davon 8, 169, 189 feine Woll, 1,837,919 veredelte Fleischschafe Wözb, 650 gewöhnliche Schafe (incl. 7Jo7, 895 Haidschnucken); 4278.55 Schweine; 1477335 Ziegen; 1,453,764 Bienenstöcke, wovon 145226 mit beweglichen Waben. An Cocons wurden im Jahre 1872 5306, Pfund produzirt.
Es trafen mithin auf 1 Quadratmeile 361 Pferde, 1366 Stück Rindvieh, davon 80 Kühe, 3113 Schafe, 679 Schweine; auf ca. 18 Einw. J Pferd, auf ca. 3 Einw. 1 Stück Rindvieh, auf ca. 5 Einw, 1. Kuh, auf ca. 13 Einw. 10 Schafe, auf ca. 6 Einw. 1 Schwein.
In den Fürstenthümern Waldeck und Pyrmont wurden gezählt: viehbesitzende Haushaltungen 9439; Pferde 5725, darunter über 3 Jahre alt 4887, und zwar Zuchthengste 19, vorzugsweise be⸗ nutzt zu landwirthschaftlicher Arbeit 4445, zu gewerblichen oder Ver⸗ kehrszwecken 291, Militärpferde 9, sonstige Reit⸗ und Wagenpferde 113; Esel 71; Rindvieh: Gesammtzahl 19,749, darunter Kälber unter z Jahr 1756, Jungvieh überhaupt 4955, Rindoieh über zwei Jahre überhaupt 13638, davon Bullen 158, andere Stiere und Ochsen 1632, Kühe 11248; Schafe 59. 860, darunter feine Woll—⸗ schafe 550. veredelte Fleischschafe 4211, andere Schafe aller Art 55,099; Schweine 15,320; Ziegen 7722; Bienenstöcke 3118, darunter mit beweglichen Waben 180.
München, 20. Januar. Von gestern bis heute Abend sind hier an Cholera 28 Erkrankungen und 9 Todesfälle vorgekommen.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
München, 17. Januar. Dem ordentlichen Professor an der Universität Erlangen Dr. E. Elters ist die wegen Annahme eines Rufes nach Göttingen erbetene Enthebung von der Professur unier
Anerkennung seiner ausgezeichneten Leistungen bewilligt, der Professor
an der Thierarzneischule in Zürich Dr. D. Bollinger zum Professor
an der Central⸗Thierarzueischule und zum außerordentlichen Professor für vergleichende Pathologie an der Universität München und der außcrordentsiche Professer an der Universität Leipig. Dr. K Lüder, zum ordentlichen Prof ssor des Strafrechts, des Strafprozesses, der Eneyclopädie und Methodologie der Rechtswissenschaften an der Uni= versität Erlangen ernannt worden.
— Die Nr. 7 der Wissenschaftlichen Beilage der Leipzi⸗ ger Zeitung vem 22. Januar hat folgenden Inhalt: Zweck und Bestrebungen des Vereins für Sozialpolitik. — Rezensionen und Be⸗ sprechungen.
Gotha, 22. Januar. (BW. T. B) Dem Dr. Petermann hierselbst ist ein ausführlicher, vom 1. Fannar datirter Rericht von Gerhard Rohlfs zugegangen. Nach demfselben ist Rohlfs mit fei⸗ ner Expedition (30 Mann und 100 Kamele) in der Dase Farafeb, in, der Mitte der Lybischen Wüste, 35 Meilen westlich vom Nil, glücklich angekommen.
Paris, 18. Januar. Einer der vortrefflichsten Schauspieler der gegenwärtigen Epeche in jugendlichen Liebhaberrollen, Eh artes Ber⸗= ton, Schüler Samsons vom Theatre frangais, ist geftern im Alter von 53 Jahren gestorben.
Gewerbe und Handel.
Nr. 4 des Deutschen Handelsblatts, Wochenblatt für Handelspolitik und Volkswirthschaft, zugleich Organ für die amtlichen Mittheilungen des Deutschen Handelstages, heraus⸗ gegeben von Dr. Alexander Meyer, General⸗Sefretär des Deutschen Qandelstages, hat folgenden Inhalt: Zur Tariffrage der Eisenbahnen. Die neue österreichische Silberanleihe von 86 Mill. Gulden. IV. Arbeitskontraktbruch und Einigungsämter. Die Branntweinsieuer— reform in Italien. Handelsrechtliche Enischeidungen. Jahresbericht der Handels kammer für Agchen und Burtscheid fuͤr is77 Softemä— tische Uebersicht 3c. III. (Fortsetzung.) Volkswirthschaftliche Vereine und Versammlungen. Wechen - Uebersicht. Vermischces. Anzeigen.
Leipzig, 21. Januar. (W. T. B. Der Aufsichtsralh des Leipzizer Kassenvereins hat, dem Vernehmen nach, die Ver⸗ theilung einer Dividende von 79x pro 1873 beschlossen.
Berkehrs⸗Anstalten.
Lon don, 20. Januar. Dem London & China Telegraph“ zu⸗
folge ist der 14 tägige Dienst der Pacific Po st da mpfer zwischen
China, Japan und San Francisco aufgehoben worden, und in Zukunft
, nur ein Dampfer monatlich auswärts und heimwärts expedirt erden.
Aus dem Wolff'schen Telegraphen⸗Bureau.
London, Donnerstag, 22. Januar, Mittags. Gladstone hat gestern eine Deputation empfangen, welche die Ausdehnung des Grafschafts⸗Stimmrechts befürwortete. Der Minister er⸗ widerte der Deputation, daß seine Ansichten über diese Frage keine Aenderung erlitten hatten, er halte indessen den Zeitpunkt nicht für geeignet, dieselbe in Anregung zu bringen. — Von Seiten des hiesigen dominikanischen Könsuls wird Die Nachricht ö ö. Vertreibung des Präsidenten Baez für unbegründet erklärt.
Königliche Schauspiele.
Freitag, 23. Januar. Opernhaus. (22. Vorstellung.) Auf Begehren: Militaria. Ballet in 4 Bildern und seenischem Epilog von P. Taglioni. Musik von Hertel. Anfang 7 Uhr. Mittel⸗Preise.
Schauspielhaus. (22. Vorstellung.) Neu einstudirt: Gegen⸗ über. Lustspiel in 3 Akten von Benedix. In Scene gesetzt vom Direktor Hein. Vorher: Ein Afrikareisender. Plauderei in 1 Akt von Emile Najae, deutsch von Winter. Anfang 7 Uhr. Mittel⸗Preise.
Sonnabend, 24. Januar. Opernhaus. (23. Vorstellung.) Lohengrin. Romantische Oper in 3 Akten von Richard Wagner.. Elsa: Fr. Mallinger. Ortrud: Frl. Lammert. König Heinrich: Hr. Krolop. Lohengrin: Hr. Niemann. Telramund: Hr. Betz. Anfang halb 7 Uhr. Hohe Preise.
Schauspielhaus. (23. Vorstellung) In Charlottenburg. Historisches Schauspiel in 4 Akten von Max Ring. Anfang halb 7 Uhr. Mittel⸗-Preise.
Sonnabend, 24 Januar. Im Saal⸗Theater des Königlichen Schauspielhauses. Vierzehnte Vorstellung der französischen Schauspieler⸗Gesellschaft. Première représentation de: Iser- cadet. Comédie en trois actes et en prose par Mr. H. de Balzac. Première représentation de: L'homme à la mode de Caen. Comèédie-vaudeville en un acte par Mr. Jules Moinaux.
Berliner Kunstausstellungen.
Die glorreichen Ereignisse der letzten Kriege, und zwar ebenso wie die Resultate, welche in denselben für das Va⸗ terland ertämpft, auch die schmerzlichen ruhmvollen Opfer, welche dafür gebracht worden sind, haben den Anlaß zu zahl reichen Denkmalen gegeben, die an allen Stellen Deutfchlands, in den Städten und inmitten der Landschaft, sich erheben und noch erheben sollen. Ihre Zahl ist durch die bereits errichteten und enthüllten noch lange nicht abgeschlossen. Bei einigen der⸗ selben überwiegt mehr das plastische, statuarische Element, bei andern das architektonische. Die einen find vorzugsweise den großen Heldenführern der Nation, andre den treuen Todten, zumal folchen aus bestimmten Truppenkörpern, Provinzen. Städten der Berufs⸗ klassen, wieder andre der neu errungenen Einheit und der Aufrichtung des Deutschen Kaiserthums zum Gedächtniß errichtet. Das groß= artigste dieser Monumente, bei dessen Anlage und Dekoration alle diese Gesichtspunkte gleichzeitig ihre Berüͤcksichtigung fanden, wird immer das Siegesdenkmal auf dem Königsplatze zu Berlin sein. Durch kühne und originelle Komposition, durch Größe und künstlerische Gestaltung aber zeichnet sich neben diesem besonders dassenige Monument aus, welches zum Andenken jener gewal⸗ tigen Ereignisse den märkischen Kriegern, welche so mächtig zur Hinausführung des Sieges mitgewirkt haben, Und dem Ver⸗ dienst des Hohenzollernschen Herrschergeschlechts im Allgemeinen wie der Entwicklung dieser Stammprovinz geweiht, demnächst auf dem Marienberge bei Brandenburg gethürmt werden soll.
Der, unter den konkurrirenden zur Ausführung gewählte Entwurf ist ein Werk des Baumeisters Hubert Stier. Von dem Bildhauer Thomas ist ein kleineres Gipsmodell von etwa 1 Meter Höhe davon angefertigt worden, welches gegenwärtig im Lokal des Berliner Künstlervereins, Kommandantenstraße 77 — 79, ausgestellt ist und das Werk in seiner Gesammtheit wie in den größern Theilen klar zur plasti⸗ schen Anschauung bringt.
Es ist als ein thurmartiger mächtiger Bau aus Backstein und Sandstein gedacht, der sich bis zu einer Höhe von einigen 90 Fuß erhebt. Die Formen erinnern wohl an die des Ueber⸗ gangsstils vom Romanischen zum Gothischen, aber sie kopiren denselben nicht, sondern behandeln ihn mit phantasievoller Freiheit.
Der gewaltige Unterbau erhebt sich von einem künstlichen erhöhten Plateau, zu welchem an den vier Seiten Stufen hinauf⸗
führen. Ihnen gerade gegenüber zeigen sich in diesen Unterbau
an den vier Seiten de Grundrißquadrates vier Thore mit breitem
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Spitzbogen überwölbt, welchen wieder ein Giebel überhöht. Die Thorpfeiler, auf welchen derselbe ruht, steigen von breiterer Basis, schmaler nach oben zu an. Zwischen je zweien dieser Thore wieder tritt quf ebenfalls pylonengleich ansteigendem Sockel ein Baldachin mit reich verziertem Dachfirst an der Thurmwand heraus. An der Vorderseite eines jeden erhebt sich über jenem Sockel die Statue eines für die Mark Brandenburg besonders wichtig gewordenen Fürsten: Kaiser Heinrich der Städteerbauer, Kurfürst Albrecht von Brandenburg, Kurfürst Friedrich J. und Kaiser Wilhelm J. Die oberen Felder jener Wand im Hinter— grund jedes der vier Thore, zu welchen einige Stufen von dem Plateau aus hinanführen, sind für je eine bildliche Dar⸗ stellung, Relief in Sandstein, bestimmt, die großen unteren Flä⸗ chen der Wände für die Namen der gefallenen Brandenburger auf Bronzetafeln. Als Gegenstände jener Bilder sind: die erste Kolonisation der Mark, die Verbreitung des Christenthums in dieser, die Besitzergreifung der Mark durch Friedrich J. und die ,,, des Deutschen Kaiserthums zu Versailles gewählt worden.
Aus diesem Unlerbau steigt ein Thurm von leicht kegel— förmig nach oben hin verjüngter Form auf. Ueber seinem obern, durch 8 Städte⸗Wappen⸗Schilder gezierten, Halsringe tritt eine achtseitige Krönung mit acht niedern spitzbogigen Fenster⸗ öffnungen heraus, mit 16 zackenähnlichen Zinnen auf dem Gestims. Ein kurzes Kegeldach, dessen Spitze das Kreuz, vont Kranze umgeben, ziert, schließt oben das Monument ab. Dies mit größter Sorgfalt gearbeitete Modell ist bestimmt, dem⸗ nächst dem Brandenburgischen Provinzial -Landtage vorgestellt zu werden.
Die Ausstellung in demselben Salon ist augenblicklich un— gemein reich mit neuen interessanten Werken der Malerei und Plastik beschickt. Wir heben die hervorragendsten darunter in Folgendem hervor: Ein größeres Bild von Tsch autsch, jenem jungen Berliner Künstler, welcher auf der letzten großen aka— demischen Ausstellung so vielen Beifall durch sein Gemälde vom Dornröschen gewann, ebenfalls märchenhaften Genres wie dieses. Es stellt Schneewittchen auf dem gläsernen Katafalk, von den betrübten Zwergen bewacht, in der Lichtung der Waldbergkuppe dar, und den Prinzen, welcher sich froh erstaunt uber die holde Schlafende beugt. Das Bild ist mit liebenswürdigem poetischen Sinn konzipirt, das märchenhaft Phantastische in anmuthiger Realität zur Erscheinung gebracht. — Ein Gemälde von Seifferth, „das Dorforakel“, zeigt in lebensgroßen Halbfiguren eine Gruppe von drei jungen Landmädchen, denen ein bärtiger Alter, — man er—
sieht nicht recht, ob Schäfer oder Landstreicher, — aus den Karten wahriagt. Die Malerei ist von großer Energie und bringt die Köpfe und Figuren in frappanter plastischer Körper— lichkeit heraus. Der Ausdruck des Seelenlebens und Empfin⸗ dens ist bei den ganz verschiedengearteten Dorfschönen sehr wohl getroffen, die Gestalten scheinen leider im Verhältniß zu den Köpfen meist zu kurz und kümmerlich gerathen. L. v. Hagn malte ein Duell von Kavalieren des 17. Jahrhunderts mit guter geschichtlicher Charakteristikt und im fein durchgeführten Ton der Abenddämmerung in seiner gewohnten freien und geist⸗ reichen Weise. Lüben in Berlin fügte der Reihe seiner sehr erheiternden Bilder ein neues von bester humoristischer Wirkung hinzu: Aschermittwoch⸗Morgen. Ein in des Kostüm eines fran— zösischen Kavaliers von 1570 maskirter Fastnachtschwärmer steht in schwankendster Haltung in heller Morgenstunde an seiner Hausthüre, deren Schlüsselloch er vergebens mit dem Schlüssel zu finden bemüht ist. Eine Dame, die, von ihrem Diener gefolgt, bereits zur Frühmesse geht, Mägde, Arbeiter und Burschen, die Dienst und Arbeit auf die Gasse geführt hat, sehen belustigt und erstaunt auf die hochkomische Gestalt in rothen Tricots, spanischem Wamms und Mantel. — Burmeisters Bild: Frauen und Mädchen, welche sich, bei der Erstürmung eines Schlosses durch plündernde Schaaren im Bauernkriege, in die Kapelle geflüchtet haben und dort von den Altarstufen aus gegen die Andringenden vertheidigen, sieht in der Komposition und Bewegung etwas theatralisch aus, verräth indeß viel Talent für die Darstellung derartiger leidenschaftlich erregter Scenen. — Brausewetter malte die junge stattliche Herrin eines reichen Patrizierhauses im 16. Jahrhundert, in rothem, goldgezierten Sammetkleide, welche, in der festlich umkränzten Thür des Banketsaals stehend, nahende
Gäste mit freundlicher Geberde zum Eintreten einzuladen scheint; Frl. Ulrike Laar Bruder und Schwester, zwei hübsche Kinder, die in Abwesenheit der Eltern die beliebte Maskerade oder Komödie: WVäterchen und Mütterchen⸗ mit komischem Ernst spielen. Q. Becker, Breitbach, Duyffke, Zimmer haben verschie⸗ dene Bilder ländlichen Lebens ausgestellt, der Srstgenannte vor⸗ wiegend humoristische Scenen. Bei Breitbach ist fast noch mehr Nachdruck, als auf das Figürliche, auf die dargestellte Lokalität verwendet: hier ein pittores ker dörflicher Hausflur, dort ein sommergrüner westfälischer Buchenwald mit breitem, offe en Wege, auf welchem Bauern sonntäglich geputzt zur Kirche gehen. Ehrentraut malte in Flleinstem Maßstabe die Figur eines Fahnenträgers des 16. Jahthunderts mit einer an