1874 / 20 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 23 Jan 1874 18:00:01 GMT) scan diff

Se. Majestät der Kagiser und König haben das Protektorat über das von dem Baron von Beaufort⸗Belforte zu Breslau mittelst letztwilliger Verfügungen begründete, zur Er⸗ ziehung, Unterstützung und dauernden Versorgung adeliger Per⸗ fonen bestimmte „Herrmanns⸗Stift“ zu übernehmen geruht.

Die nächste Sitzung des Herrenhauses findet am 27. d. M. Mittags 12 Uhr statt.

In der heutigen (33) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher am Ministertisch die Staats⸗Minister Camphausen, Graf zu Eulenburg, Hr. Falk und Dr. Achenbach mit zahlreichen Kommissarien beiwohnten, wurde zunächst das Resultat der Wahlen für die Kommissionen zur Vor⸗ berathung der Provinzial ⸗Ordnung (Abgg. Miquel und Haenel Vorsitzende; Wachs, Lux, Schlüter Schriftführer) und der Kreis⸗ Ordnung für Posen (Abgg. Roepell und v. Roy, Vorsitzende; Nolte und v. Worzewski, Schriftführer), sowie der Eingang einer Interpellation des Abg. v. Los über die Betheili⸗ gung an den Katholiken⸗Vereinen und die Auflösung der Ka⸗ tholiken⸗Versammlungen, mitgetheilt.

In namentlicher Abstimmung wurde darauf das Gesetz, be⸗ treffend die Beurkundung des Personenstandes und die Form der Eheschließung, mit 284 gegen 95 Stimmen definitiv angenommen.

Dann erledigte das Haus fast ohne Debatte die Etats des Staatsarchivs, der General-Ordenskommission, des Geheimen Civilkabinets, der Ober⸗Rechnungskammer, der Landesvermessung, des Disziplinarhofes, des Gerichtshofes zur Entscheidung der Kompetenzkonflikte und der Ober⸗Examinationskommission zur Prüfung für die höheren Verwaltungsämter (S. dieselben in Rr. 17 d. Bl.), zu welchem letzten folgender Antrag des Abg. v. Bonin angenommen wurde eee , .

„die Staatsregierung wiederholt und dringend aufzufordern: die

anderweite gefetzlich' Regelung der bestehenden, aber nicht mehr

ausführbaren Vorschriften über die Befähigung zu den höheren

Verwaltungsämtern nunmehr durch eine, dem Landtage noch im

Taufe der jetzigen Session zu machende Vorlage, herbeizuführen.“ Bei den noch restirenden Theilen des Etats des landwirthschaft⸗ lichen Ministeriums (S. Nr. 288 Jahrg. 1873 d. Bl.) knüpfte sich eine längere Debatte an die Sumine von 15900900 Thlr. zur Errichtung des landwirthschaftlichen Museums. Nach einem ein⸗

ehenden Referate des Abg. v. Benda machte der Abg. Dr. Vir⸗ . im Interesse der Universität, hauptsächlich der medizinischen Fakultät, Bedenken gegen die Verwendung des betreffenden Grundstückes geltend, die darauf von den Ministern für Handel ꝛc. Pr. Achenbach und der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Falk widerlegt wurden, worauf die Position bei Schluß des Blattes bewilligt wurde.

Der General der Kavallerie von Tümpling, komman⸗ dirender General des VI. Armee⸗Corps, hat sich nach Breslau zurückbegeben.

Da das neue Porto für Packete bis 5 Kilogramm in⸗ nerhalb 10 Meilen 25 Sgr., darüber hinaus 5 Sgr., und für Geldbriefe in gleicher Weise 2 und 4 Sgr., die Versicherungs⸗ gebühr aber ohne Unterschied der Entfernnng 3 Sgr. pro 100 Thaler mit einem Minimum von 1 Sgr. beträgt, so genügt es, außer diesen wenigen Grundtaxen die Namen der innerhalb 10 Meilen belegenen Postorte zu wissen, um danach für den größ⸗ ten Theil der Sendungen das Porto selbst bemessen und so die Freimarken auf die gelbe Adresse kleben zu können. Diese Ortsnamen sind bei allen Postanstalten in einem Spalter⸗ aushange verzeichnet. Außerdem kann von den Postanstal⸗ ten ein vollständiger Fahrposttarif, mit dessen Hülfe das Porto auch für mehr als 5 Kilogramm schwere Packete und für alle Orte mit Leichtigkeit sich berechnen läßt, bezogen werden. Zur Frankirung der Packete 2c. bis 10 Meilen besteht eine Frei⸗ marke zu 25 Sgr. Beim Frankiren wird der Portozuschlag von 1 Groschen erspart, und die Abfertigung an den Schaltern schneller bewirkt. Diese Vorzüge machen sich beim Privat⸗ verkehr bereits geltend, und wenn in der Geschäftswelt die Anschauung, daß auch beim Bezuge und Versandt von Waaren und bei Rimessen die Frankirung sehr wohl unter die Usancen aufgenommen werden könne, immer mehr zur Anerken⸗ nung gelangt, so wird dieselbe binnen Kurzem ebenso allge⸗ meine Regel werden, als sie es im Briefverkehre geworden ist, und das wäre ein sehr erheblicher Fortschritt, dessen Her⸗ beiführung das Publikum selbst in der Hand hat.

In neuerer Zeit sind wieder mehrfach Beschädigun⸗ gen an den Anlagen im Thiergarten verübt; so sind im Wintergarten, links vom Brandenburger Thor, sechs seltene Exemplare von Tarxus und Buxus um den Stamm abgeschält und in der Sieges⸗Allee sechs junge Allee⸗Bäume und Stämme abgeschält und aufgeschlitzt. Die Thiergarten⸗Verwaltung hat sich genöthigt gesehen, auf die Entdeckung der Thäter eine ange⸗ messene Belohnung auszusetzen.

Bei der Ausdehnung des Thiergartens ist die Ueberwachung der Anlagen eine sehr schwierige, und es gelingt dem Aufsichts⸗ personal im Ganzen selten, die Thäter bei der That zu ertappen; ein nachhaltiger Erfolg in dem Schutze der Anlagen, welche mit großen Kosten und oft jahrelanger Mühe geschaffen sind, wird vielmehr nur dann zu erreichen sein, wenn das Publikum sich für die Sache interessirt, und bei Wahrnehmung von Freyveln diese unnachsichtlich zur Bestrafung anzeigt Da Polizeibeamte sowie die Thiergartenmoächter in nicht zu weiten Entfernungen von einander stationirt sind, so wird die Feststellung der Per⸗ sönlichkeit der Thäter in der Regel mit großen Unbequemlich—⸗ keiten nicht verbunden sein.

Hannover, 22. Januar. Ihre Königliche Hoheit die Herzogin Wilhelm von Mecklenburg ist heute Nacht um 3 Uhr, von Berlin kommend, hier eingetroffen.

Bayern. München, 22. Januar. In der heutigen Sitzung der Kammer der Abgeordneten versprach der Minister⸗Präsident, die Interpellation des Abg. Stenglein, die Verzögerung der Fortsetzung der Kronacher Bahn betreffend, demnächst zu beantworten. Ueber die Anträge verschiedener Ge⸗ meinden auf Abänderung des Grundentlastungsgesetzes wurde zur Tagesordnung übergegangen; Ministerial⸗Präsident Pum⸗ merer sicherte zu, je nach der mißlichen Lage der Ablösungspflich⸗ tigen Stundung eintreten zu lassen. Die Bitte mehrerer Ge⸗ meinden um Zutheilung zu andern Bezirken wurde dem Mini—⸗ sterium zur Würdigung übergeben, nachdem der Antrag des Abg. Jörg auf Inkompetenzerklärung in Administrativangelegenheiten abgelehnt worden war.

Bei der Berathung der Zollgefälle im Finanzausschusse der Kammer der Abgeordneten wurde die Frage angeregt, ob es in der Absicht der Staatsregierung liege, die Malzaufschlags⸗

Zollbehörden zu überweisen, und welche Bewandtniß es mit der Einziehung der Hauptzollämter hahe. Der Finanz⸗Minister Berr antwortete auf die erste Frage, er hoffe, in diesem Jahre die in Rede stehende Organisation vollziehen zu können; bezüglich der zweiten Frage erwiderte er, daß sobald als möglich weitere Auf- hebungen von Haupt⸗3Zollämtern erfolgen würden.

Die „Hoffmannsche Korrespondenz“ schreibt: Von einer Ernennung des Grafen Seinsheim⸗Grünbach zum erblichen Reichsrathe ist bis jetzt dem Betheiligten nichts bekannt geworden. W. T. B.) Die Kammer der Reichsräthe hat heute der Modifikation zum Gesetze über die Ent⸗ lastung der Schwurgerichte ihre Zustimmung ertheilt. Der Antrag Voelks, die Regierung zu veranlassen, beim Bundes⸗ rathe auf Erhaltung der Schwurgerichte hinzuwirken, wurde wegen mangelnder Kompetenz mit 28 gegen 10 Stimmen ab⸗ gelehnt. Für den Antrag sprach nur Fürst Hohenlohe.

Sachsen. Leipzig, 22. Januar. (W. T. B.) In dem Schwurgerichtsprozefse gegen die 25 wegen des Tumultes in der Pleissengasse m August v. J.) Angeklagten wurde heute das Urtheil gefällt. Nach demselben sind 2 Angeklagte wegen schweren Landfriedensbruchs und Aufruhrs zu je 4 Jahren, 2 andere zu 2 resp. 26 Jahr Zuchthaus, 2 Angeklagte wegen Landfriedensbruchs zu je 2, einer zu 1 Jahr Zuchthaus ver⸗ urtheilt. Gegen die übrigen Angeklagten wurde wegen Land⸗ friedenbruchs oder Aufruhrs auf Gefängnißstrafen von 8 Mo⸗ naten bis zu 2 Jahren erkannt.

Wüͤrttemberg. TStüttgart, 70. Januar. In der gestrigen Sitzung der Ersten Kammer interpellirte Professor Pr. Kuhn aus Änlaß einer Verwilligung für die landständische Sustentationskasse: „warum zwischen dem Diätenbezug der Mit⸗ glieder der Ersten und der Zweiten Kammer ein Unterschied be⸗ stehe“. In der Ersten Kammer , . die in Stuttgart domizi⸗ lirten Mitglieder keine Diäten, während die der Zweiten, auch wenn sie in Stuttgart ständig wohnen, solche beziehen. Finanz⸗ Minister v. Renner berief sich auf frühere gesetzliche Bestimmun⸗ gen und erklärte sich im Uebrigen bereit, auf Gleichheit hinzu⸗ wirken, sowie die Gelegenheit dazu sich ergebe.

In der Zweiten Kammer wurden zuerst jährlich 2600 fl. für die israelitische Centralkirchenkasse verwilligt, behufs der Aufbesserung des Einkommens der Rabbiner, Vorsänger und israelitischen Konzessionsschullehrer um ein Sechstel, wie andere sie auch erhielten. Hierauf wurden 690,500 Fl. aus der französischen Kriegsentschädigung verwilligt zum Bau eines neuen Justizgebaudes in Stuttgart, worin das Ober⸗-Tribunal, der Kreisgerichtshof in Stuttgart und das mit demselben zu ver⸗ einigende Kreis⸗Strafgericht sammt Schwurgericht (eventuell Schöffengericht) in Eßlingen ihren Sitz haben sollten. Der Minister von Mittnacht begründete die Bedürfnißfrage als eine dringende und erläuterte ferner, daß durch dieselbe auch die neue, vom Reich zu erwartende Reichs⸗Justizgesetzgebung nicht alterirt werde. Die Kammer verwilligte die Exigenz fast einstimmig. Endlich wurden noch 165,000 Fl. für weitere Telegraphenanlagen verwilligt, woraus auch große Eiweiterungen des Stuttgarter Haupt⸗Tele⸗ graphenamts bestritten werden, und ein zweites Telegraphen⸗ aufgabebureau hier errichtet werden soll.

Braunschweig. Braunschweig, 22. Januar. Der großbritannische Botschafter Lord Russell und der Militär⸗ Bevollmächtigte General Walker trafen gestern Nachmittag von Berlin hier ein, wurden von dem Herzog in Audienz em⸗ pfangen und nahmen an der später stattfindenden Herzoglichen Galatafel Theil.

Der Landtag hat in seinen letzten Sitzungen u. A. ein Gesetz, betreffend das Feuerlöschwesen, berathen und geneh⸗ migt. In der gestrigen Sihung wurde der Exekutions-Etat der Haupt⸗Finanzkasse fur 1870/7 ee m igt und der Antrag der Finanz⸗Kommissihn: an das Herzogllche Stagts⸗Ministerium das Ersuchen zu richten, von den aus der französischen Kriegskontribution eingegangenen Geldern 500900 Thlr. den Kreisfonds zu überweisen, nach längerer Debatte an⸗ genommen. Abg. Koch stellte den, von fast sämmtlichen, dem ,, nicht angehörenden Abgeordneten unterstützten

ntrag:

Die Landesversammlung wolle beschließen, Herzogliches Staats- Ministerium dringend zu ersuchen, die Lage der Staatsdiener erster und zweiter 6 bis zu der in Aussicht gestellten Regelung des Nor- malgehalts durch einen prozentweisen Zuschlag zu ihrem jetzigen Diensteinkommen, etwa in folgender Weise zu verbessern: bis inkl. 500 Thlr. 15 Prozent Zuschlag, zwischen 501 Thlr. und 900 Thlr. inkl. 10 Prozent, zwischen 901 bis 1400 Thlr. 74 Prozent.

Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 21. Januar. Der Herzog hat sich heute zum Besuch des Großherzoglichen Hofes nach Schwerin begeben.

Sach sen⸗Coburg⸗Gotha. Gotha, 21. Januar. Heute ist der Sonderlandtag durch den Staats⸗Minister von Seebach vertagt worden, nachdem er dem Beschlusse des gemeinschaft⸗ lichen Landtags wegen Abänderung des Etats pro 1874 und wegen Modifikation einiger Bestimmungen der Verfassung bei⸗ getreten war. Bekannt ist bereits, daß diese Modifikationen sich auf eine Erweiterung der Union beider Landestheile im Gebiete der Justizverwaltung beziehen. Der Abgeordnete Staatsanwalt Morchutt hatte einen Antrag gestellt, der dahin ging, die Re⸗ gierung um einen Gesetzentwurf zu ersuchen, durch den das Vereins⸗ und Versammlungsrecht in der Weise geregelt würde, daß nicht nur die Befugnisse der polizeilichen Behörden in Bezug auf die Beaufsichtigung der Vereine und Versammlungen fest⸗ gestellt, sondern auch die Freiheit des Vereins⸗ und Versamm⸗ lungsrechtes gegen terroristische Ruhestörungen geschützt werde. Der betreffende Antrag wurde einstimmig angenommen.

Coburg, 21. Januar. Der seit dem 12. d. M. hier tagende Sonderlandtag des Herzogthums Coburg hat zu den beiden Anträgen des Staats⸗Ministeriums, welche von dem gemeinschastlichen Landtage beider Herzogthümer Coburg und Gotha bereits genehmigt worden waren, zu welchen aber die beiden Sonderlandtage ihre Zustimmung zu ertheilen haben, seine Zustimmung gegeben. Diese Anträge gingen dahin, daß der Voranschlag für die gemeinschaftlichen Etatspositionen auf die Jahre 187437 und ferner, daß die Abänderungen des Staasgrundgesetzes vom 3. Mai 1852, wonach künftig der ge⸗ meinschaftliche Landtag aus den sämmtlichen Abgeordneten der beiden Landestheile bestehe und für manche Gegenstände nicht mehr die Zustimmung der Sonderlandtage nöthig sei, genehmigt werden. Nachdem noch den sämmtlichen Volksschullehrern an den Land⸗ und Landstadtschulen eine Remuneration von je 26 fl. auf Antrag des Staats⸗Ministeriums bewilligt worden war, wurde der Landtag wieder vertagt, worauf der Ausschuß des Speziallandtages zur Prüfung mehrerer Staatskassen⸗Rechnungen

Schwarzburg⸗Sondershausen. Sonders hausen, 21. Januar. Der Landtag ne, gestern die mit dem Königreich Preußen neu abgeschlossene Militär⸗Keonvention.

Gamburg, 22. Januar. In der gestrigen Sitzung der Bürgerschaft wurde auf Antrag von Dr. Hachmann und 82 Genossen Holgender Beschluß gefaßt:

„Die Buͤrgerschaft beauftragt ihren Präsidenten, am 27. d. M. das nachfolgende Telegramm an den Präsidenten der in London statt⸗ findenden Versammlung abzusenden: „Die Bürgerschaft der freien und Hansestadt Hamburg spricht der zu Exeter⸗Hall tagenden Ver⸗ sammlung von Vertretern sämmtlicher englischer Städte und Graf⸗ schaften ihren warmen Dank aus für die vom englischen Volke be⸗ zeugte ermuthigende Theilnahme an dem Kampfe Deutschlands gegen die freiheitsfeindlichen Bestrebungen des Ultramontanismus.“

. Ein Antrag des Hrn. J. F. Martens, betreffend Tagegelder für die hamburgischen Abgeordneten zum Deutschen Reichstage, wurde dem Berichte des Bürger⸗Ausschusses gemäß in Betracht gezogen, der Antrag selbst jedoch abgelehnt. .

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 22. Januar. Das Reichs⸗ gesetzblatt veröffentlicht das Gesetz, womit der Stadt Wien die Bewilligung zur Aufnahme eines Darlehens von zwanzig Millionen Gulden in Silber oder Gold ertheilt wird.

Pesth, 20. Januar. Die Kaiserin ist gestern Abend hier wieder eingetroffen.

Den Vorlagen, welche die Regierung hinsichtlich des Staatshaushaltes in den Jahren 1875 bis 1877 dem Einundzwanziger⸗Ausschusse geinacht, entnimmt die „Wien. 3. folgende Daten: Summarium der jährlichen ordent⸗ lichen Ausgaben in den Jahren 187565, 1876 und 1877: Allerh. Hofhalt 4, 650000 fl., Kabinetskanzlei 74,691 fl., Reichtstag 700,000 fl., gemeinfame Ausgaben 25, 863, 677 fl., gemeinsame Pensionen 246 000 fl., Pensionen 2,608,742 fl., Staatsschulden 65, 964, 241 fl., kroatisch⸗ slavonisches Erforderniß 4842000 fl. Fiume 88,439 fl, Staats⸗Rechnungshof 150000 fl. Minister⸗ präsidium 329, 800 fl., Minister am Hoflager 60 000 fl., kroatisch⸗ slavonisches Ministerium 46,550 fl., Ministerium des Innern 3 445.006 fl., Finanz⸗Ministerium 51,373, 361 fl., Kommunika⸗ tions⸗Ministerium 14,665,934 fl. Handels⸗Ministerium 11, 736, 4901 fl, Kultus- und Unterrichts-Ministerium 4 396,740 fl., Justiz⸗ Ministerium 113031,836 fl., Landesvertheidigungs⸗Ministerium 7,038,978 fl. In Summa 214,306,387 fl.

Außerordentliches Erforderniß in den Jahren 1875 1876

f. f 3, 353 8326 3,353, 826 39 064 39 064 15,609,318 12,783,278 8, 143, 250 4,740, 000 466,000 419, 000 243000 1530090

1877

fl. 3,353, 826 39 064 11,251,288 3, 940, 000 129.0900 148.0900 340 000

Gemeinsame Angelegen⸗ ö, Ministerium des Innern. Finanz⸗Ministerium Kommunikationen. K Kultus und Unterricht k 340 000 340, 0090 Landesvertheidigung 1,394,648 1,394,648 1,394,648 In Summe. 29 589, 106 23,222,816 20,595, 826 Ordentliche Einnahmen in den genannten drei Jahren: Schwebende Schulden 144 600 fl., Fiume 5570 fl., Ministerium des Innern 687,610 fl., Finanz-Ministerium 185,021,676 fl., Kommunikation 7 616,600 fl., Handel 10,374,344 fl., Kultus und Unterricht 391,457 fl., Justiz 251,886 fl., Landesvertheidi⸗ gung 3,593 fl., in Summa 204532, 536 fl. Außerordentliche Einnahmen in den Jahren 1875 1876 1877

fl. fl. fl. 10764 10.764 105764 - 5, 55l, 865 4,950, 817 4,954, 817 Kommunikationen. 150,000 1500900 150000 Kultus und Unterricht 10,500 10,500 . In Summe . 5723, 129 5, 122.081 5, 115,581 Ausgaen für die Kreditoperationen 9, 354 872 fl.; Einnah⸗ men ebenfsoviel, daher nur eine durchlaufende Post. Gesammtes Defizit in den Jahren 1875 1876 1877

fl. fl. fl. 33,639, 108 27, 373, 866 25,257, 376 Hiervon ist in Abzug zu bringen in Folge der Steuer⸗ reform und Ersparungen im Staatshaus halte 12,608,906 12,608,906 12, 608906

Bleibt unbedecktes Defizit 21, 030, 202 14,764,960 12. 618476

Schweiz. Bern, 20. Januar. Die heutige Sitzung des Nationalraths füllte die Berathung des gestern verschobenen Art. 25 der Bundesverfassung, welcher das Unterrichts⸗ wesen zum Gegenstand hat, aus, ohne daß die vollständige Ueber⸗ einstimmung mit dem Ständerath in einigen Fragen des höheren Schulwesens über diesen Hauptrevisionspunkt erzielt werden konnte. Was den Primärunterricht betrifft, so schloß sich der National⸗ rath der ständeräthlichen Redaktion an, welche, wie folgt, lauset: „Die Kantone sorgen für genügenden Primärunterricht, welcher ausschließlich unter staatlicher Leitung stehen soll. Derselle, ist obli= gatorisch und in den öffentlichen Schulen unentgeltlich. Die öffent⸗ sichen Schulen sollen von den Angehörigen aller Bekenntnisse ohne Beeinträchtigung ihrer Glaubens und Gewissensfreiheit besucht werden können. Gegen Kantone, welche diesen Verpflichtungen nicht nach—⸗ kommen, wird der Bund die nöthigen Verfügungen treffen.“

22. Januar. (W. T. B.) In Folge der Gewalt⸗ thätigkeiten, die bei Gelegenheit der Volksabstimmung über das liberale Kirchengesetz und an den darauf folgenden Tagen im Jura, namentlich in den 3 Gemeinden Saulcy, Courfaivre und Cerneux gegen Personen verübt worden sind, wurden vom Regierungsrathe heute weitere 3 Schützen⸗Compagnien aufge⸗ boten, um nach dem Jura abzugehen.

Ministerium des Innern. Finanzen.

Großbritannien und Irland. London, 21. Januar. Nach einer Meldung der „A. A. C.“ aus Chichester sind Unter⸗ handlungen für den Ankauf des Gutes West⸗-Dean als Landsitz für den Herzag von Edinburgh im Gange.

Der Königliche Rath Amphlett hat die durch den Rück⸗ tritt des Baron Martin erledigte Richterstelle am Schatzkammer⸗ gerichishofe angenommen.

Die Admiralität hat Instruktionen für die Feier der Hochzeit des Herzogs von Edinburgh in den ver= schiedenen Marinehäfen erlassen. Um 9 Uhr Morgens am 23. d. M. wird jedes britische Kriegsschiff an der Küste Großbritan⸗ niens einen Flaggenschmuck anlegen, Um 1 Uhr soll von jedem im Dienst befindlichen Schiffe ein Königlicher Salut (21 Kano⸗ nenschüsse) abgefeuert werden, und die russische und englische Flagge zu gleicher Zeit aufgehißt werden. Um 8 Uhr Abends sollen bei bengalischer Beleuchtung wiederum 21 Kanonenschüsse

ämter aufzuheben und die Erhebung des Malzaufschlages den

und Erledigung einiger anderer finanziellen Angelegenheiten zu⸗ sammentrat. .

abgefeuert werden. In den Garnlsonsstädten sollen die Trun⸗ pen paradiren und eine Freudensalve abfeuern.

ber Republik war durch einen seiner Adjutanten vertreten.

Frankreich. Paris, 21. Januar, Dem Trauer⸗ gottes dien ste am Jahrestage der Hinrichtung Ludwig XVI. wohnten die in Paris anwesenden Prinzen von Orleans, mit Ausnahme des Herzogs von Aumale und des Grafen von Paris, welche sich vertreten ließen, der ehemalige König und die Königin von Neapel, die Königin Isabella, fast sämmtliche De⸗ putirte der Rechten und mehrere Minister bei. Der Präsident

Von der Münzkonferenz bringt die „Opinione“ die Mittheilung, die Konferenz habe, trotz der Bemühungen von Herrn Feer⸗Herzog, den Uebergang zur reinen Goldwährung ab⸗ gelehnt. Das Maximum der zulässigen Ausprägung von silber⸗ nen Fünffrankenthalern wolle die Konferenz auf im Ganzen 60 Millionen bestimmen, welcher Betrag sodann unter die in der Münzkonvention stehenden Staaten nach Maßgabe ihrer Bevöl⸗ serungszahl repartirt würde. Indessen solle dieser Zusatz zur Münzkonvention nur auf ein Jahr in Kraft erwachsen und nach Ablauf desselben wiederum eine Konferenz zusammentreten, um Über allfällige definitive Abänderungen der Konvention zu

berathen.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 29. Januar. Heute Morgen 16 Uhr fand in der Petrikirche in Gegenwart Bes Kaisers, der Großfürsten, der fremden Fürstlichkeiten und ihres Gefolges, der Generalität, der Angehörigen des Verstor⸗ benen und eines zahlreichen Publikums die Einsegnung der Leiche des Statthalters von Polen, Grafen Berg, statt. Rach beendigtem Gottesdienst wurde unter dem Klang aller Glocken des Gotteshauses der Sarg aus der Kirche heraus⸗ getragen und nach dem Warschauer Bahnhofe gebracht. Zu⸗ nächst dem Leichenwagen folgten in tiefer Trauer die Angehö⸗ rigen und Verwandten, hierauf zu Pferde der Kaiser, der Prinz von Wales, der Herzog von Edingburgh, die Großfürsten, die Prinzen von Oldenburg und die fremden Gäste. Um j? Ühr langte der Zug am Warschauer Bahnhof an, wo eine Abtheilung des Pawlowschen Garde-Regiments nebst Artil⸗ lerie aufgestellt war. Infanterie und Artillerie gaben nun drei Salpen und wurde der Sarg in den Leichenwaggon getragen, der um 1 Uhr mit zwei Personenwaggons als Extrazug den Bahnhof verließ, um die Leiche zunächst nach Pskow zu bringen.

Die Ankunft Ihrer Kaiserlichen und Königli⸗ chen Hoheit des Kronprinzen und der Kronprinzese—⸗ sin des Deutschen Reichs und von Preußen, sowie Sr. Hoheit des regierenden Herzogs von Caburg⸗-⸗Gothag erfolgte am 20. d. M. pünktlich um 2 Uhr 30 Minuten auf dem Warschauer Bahnhof. Se. Majestät der Kais er, Ihre Königlichen Hoheiten die Großfürsten, Ihre Königlichen Ho⸗ heiten der Herzog von GEdinghburgh und die Kaiserliche Braut, Großfürstin Marig Alexandrowna, der Prinz und die Prinzefsin von Wales und Prinz Arthur von Großbritannien empfingen die Hohen Gäste. Die Ehrenwache bildete eine Abtheilung des Preobrashenskischen Regiments, unter dem Kommando Sr. Kaiserlichen Hoheit des Großfürsten Nikolai Nikolajewitsch d. A3. Beim Ankommen des Zuges und bis zur Ahfahrt spielte das Musikeorps die preußische Nationalhymne. Se. Majestãät der Kaiser sowie die anwesenden Großfürsten tru⸗ gen die preußische Uniform. Se. Kaiserliche und Königliche Ho⸗ heit der Kronprinz des Deutschen Reichs und von Preußen die russische Feldmarschallsuniform mit dem Andreasbande. Nach den üblichen militarischen Ehrenbezeigungen, begaben sich die Höch⸗ sten Herrschaften in das Winterpalais und zwar in folgender Ordnung: Se. Majestät der Kaiser mit Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen des Deutschen Reichs und von Preußen in offener Equipage, hierauf in geschlossenem Wa⸗ gen Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten die Kron⸗ prinzessin des Deutschen Reichs und von Preußen, die Prinzessin von Wales, die Hohe Braut, Großfürstin Maria Alexandrowna und die Großfürstin Cesarewng. Dann folgte Se. Kaiserliche Hoheit der Großfürst Thronfolger Cesarewitsch mit Se. Hoheit dem Herzog von Coburg und nach ihnen die übrigen Groß⸗ fürsten und Peinzen. Ein nicht endenwollendes Hurrah der versammelten 1 . die Abfahrt der Kaiserlichen

milie und ihrer Hohen Gäste. ;

Am 20. 6 um 8 Uhr traf Se. Königliche Hoheit der Kronprinz von Dänemark auf dem Warschauer Bahn⸗ hof ein. Die Ehrenwache, vom Ssemenowschen Regiment ge⸗ stellt, wurde von dem General-Adjutanten von Güldenstubbe, Ober⸗-Befehlshaber der Truppen des Moskauer Militär⸗ bezirks, kommandirt. Beim Einfahren des Zuges in die Bahnhofshalle intonirte die Militärmusik die dänische Nationalhymne. Zum Empfange, des Hohen, Gastes war Se. Majestät der Kaiser, Ihre Kaiserlichen Königlichen Hoheiten die Großfürsten und sämmtliche anwesende fremde Prinzen erschienen. Auch Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz des Deutschen Reiches und von Preußen hatte sich gleichfalls ein⸗ gefunden, um den dänischen Thronerben zu begrüßen. Der Letztere trug bei seiner Ankunft die russische Uniform mit dem Bande des Andreasordens.

Wie die „Börse“ meldet, verhandelt man über die Tarife zur Herstellung einer direkten indisch⸗russisch⸗ssterreichi⸗ schen Handelskommunikation, welche von Bombay nach Ddessa mittelst Dampfer der russischen Gefellschaft für Dampf⸗ schiffahrt und Handel und dann auf den russischen Bahnen bis zur österreichischen Grenze, von dort aber auf der Karl⸗Lud⸗ wigsbahn ins Innere des österreichischen Kaiserreichs gehen soll.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 18. Januar. Das in nächster Zeit zur Ausmünzung kommende Bronze⸗ geld wird etwas kleiner als das jetzt vorhandene, nw gegen die silbernen 10 Derestücke bedeutend größer werden 6 die jetzigen, so daß 1 Oerestück in Bronze kleiner wird 9 die neuen silbernen 10 Oerestücken.

In einer Bekanntmachung für Seefahrende zeigt die Königliche schwedische Loosen⸗Direktion an, daß in diesem Jahre ein besonderes Lootsenwesen mit zwei Stationen im Sunde errichtet werden soll, die eine Station im nördlichen und die andere im südlichen Theile des Sundes. Die bei diesem Lootsen⸗ wesen angestellten Personen sollen die Berechtigung zum Lootsen in dem Fahr wasser haben, welches in der Bekanntmachung näher bezeichnet ist. .

Christiania, 18. Januar. Die Storthingsprope⸗ sition der norwegischen Regierung wegen Gehaltserhöhung für ben Beamtenstand ist nach Mittheilung des norwegischen „Aften⸗ blad' dem in Stockholm gestern vor acht Tagen stattgehabten Staatsrath vorgelegt worden, ohne jedoch eine Königliche Resolution erzielt zu haben, welche dem Vernehmen nach auf eine spätere Staatsraths⸗Verfammlung aufgeschoben ist.

Amerika. Im Staatssenat von Californien wurde eine Resolution eingebracht, der Kongreß möge ersucht werden, die Ver⸗

wanderung von Chinesen nach den Vereinigten Staaten verhindert werde. Eine gleiche Resolution wurde im Unterhaus der Staats⸗

Legislatur vorgelegt.

Asien. Ueber die bengalische Hungersnoth wird den ‚Times“ aus Calcutta unterm 20. d. M. noch Folgendes gemeldet: .

„Die Aussichten in Theilen von Tirhut, Sarun und Chumparun verschlimmern sich täglich. Angebliche Hungertodfälle in Sarun sind amtlich als gewöhnliche Sterbefälle erwiesen worden. Der Vice · Cönig hat versprochen, den unter Anstrengungen für das öffentliche Wohl leidenden Zemindars die Zahlung einer halbjährlichen Vodensteuer zu stunden. Dem „Reuterschen Bureau“ wird aus Calcutta vom 21. Ds. gemeldet, daß es der Vice ⸗König auf Grund der über die gegenwär⸗ tige Lage der Bepölkerung in Theilen von Behar eingegangenen Be— richte für nothwendig erachtet, daß ein höherer Beamter in dieser Pro= vinz stationirt werden sollte, mit Vollmachten, die Operationen in Verbindung mit der Linderung des vorherrschenden Elendt zu leiten und zu kontroliren. Se. Excellenz hat mit diesem Amte Sir Richard Temple betraut, und derselbe wird der bengalischen Regierung unter- gestellt werden. Sir Richard wird nach einem Besuche von Behar sich nach den anderen nothleidenden Distrikten begeben.“

Nach offiziellen Nachrichten aus Penang vom 21. Ja- nuar hatten die Ätchinesen die Hauptposition der Niederländer angegriffen, waren aber mit einem Verluste von 44 Todten zurückgewiesen worden. Die Niederländer hatten bei diesem Ge⸗ fechte 6 Todte gehabt. Die Letzteren hatten sodann ihre Haupt⸗ pofition verstärkt und während dessen dem Feinde Ruhe gelassen. Zur Wegnahme des Kraton ist eine vollständige Einschließung desselben für nothwendig erachtet und deshalb die andere Hälfte der in Padang stationirten Reserve herbeibeordert worden. Die einheimifche Bevölkerung besteht auf Fortsetzung des Kampfes; der Sultan hat keine Macht mehr über dieselbe.

Australien. Sydney, 17. Januar (per Kabel), Die öffentlichen Einkünfte von Neu⸗Süd⸗Wales beliefen sich während des abgelaufenen Jahres auf 3. 330, 913 Lstr., d. i. 58 1 000 Lstr. mehr als im vorhergehenden Jahre. Die Aus gab en be⸗ trugen 2,609,366 Lstr.; es verbleibt somit ein Ueberschuß von 721,547 Lstr.

Die Nr. 6 des „Amtsblatts der Deutscheu Reichs⸗ Postverwaltung“ hat folgenden Inhalt: Generalverfügnngen: Vom 16. Januar 1874. Beschränkung der Garantie für rekomman— dirte Gegenstände nach Spanien. Vom 18. Januar 1874. Er⸗ leichterte Einlieferung der Packete. Vom 19. Januar 1874. Be— handlung der von dem Kaiserlichen Post⸗Zeitungs amte hierselbst an die Postanstalten zu versendenden Nummern des Reichsgesetzblatts, der preußischen Gesetz Sammlung und des Gesetzblatts für Elsaß⸗ Lothringen.

Nr. 1 des „Deutschen Postarchivs“, Beiheft zum Amtsblatt der Deutschen Reichs- Post verwaltung, hat folgenden Inhalt: J. Aktenstücke und Aufsätze: 1) Aus den An— . der Preußischen Landespost. 2) Beförderung von Briefpost⸗ Gegenständen durch Vermittelung der Landbriefträger. 3) Das Post— Kontraventions- und Defraudatienswesen früherer Zeit. 4) Die Nord⸗ friesischen 33 vormals und jetzt. II. Kleine Mittheilungen: Der Welhnachfs-Postverkehr in Berlin. Der Desterreichisch⸗Ungarische Lloyd. Fortbewegen der Eisenbahnschienen. Aafhebung der Briefporto⸗ freiheit in Italien. Kriegssteuer auf Briefe in Spanien. Eine Be— steigund des Cotopaxi. Jil. Literatur des Verkehrswesens. IV. Zeit⸗ schriften · Ueberschau. e r ne nn,,

Nr. 4 des Just iz⸗Ministerial⸗Blatts für die preu⸗ ßische Gesetzgebung und Rechtspflege, herausgegeben im Bureau des Justiz⸗Ministeriums enthält: Allgemeine Verfügung vom 19. Januar 1874, betreffend die Gewährung der Wohnungsgeldzuschüsse an suspendirte Beamte.

Neichstags⸗Angelegenheiten.

Elberfeld, 22. Januar. Bei der heute hier stattgehabten engeren Reichstagswahl im 2. Wahlbezirk Düsseldorf erhielt Redacteur W. Hasselmann in Berlin 12,946, Justiz-Rath 4. D. Dr. Stader 12,567 Stimmen. Der . ist somit gewählt.

Solingen, 23. Januar. (W. T. B.) Bei der gestern statt= gebablen engeren Reichstagswahl fielen nach der vorläufigen amtlichen Feststellung des Wahlresultats auf Klöppel 9525, auf v. Scholemer⸗ Alst 6065 Stimmen. Sonach ist der Erstere gewählt.

Landtags Angelegenheiten.

Berlin, 22. Januar. Die Motive zu dem in Nr. 17 d. Bl. abgedruckten Entwurf eines Gesetzes über die Verwaltung erledigter katholischer Bisthümer lauten:

Nachdem die feindliche Haltung, welche die römisch katholischen Bischöfe und der von ihnen abhängige Klerus der Ausführung der Gesetze vom 11. und 12 Mai 1873 gegenüber bis jetzt eingenommen haben, bereits in einem Falle bis zur Anwendung des äußersten Mit⸗ tels, der Einleitung des Verfahrens auf Amtsentlassung, gegen einen Prälaten geführt hat, ist es erforderlich, die Fälle näher in das Auge zu fassen, in denen eine solche Amtsentlassung wirklich erfolgt. Mit diesem Moment tritt der dem Staate aufgezwungene Kampf in ein Stadium, welches dem Letzteren die Pflicht auferlegt, sowehl sich selbst neue, der Lage der Verhältnisse entsprechende Abwehrmittel zu schaffen, als auch der durch eine weitere Auflehnung gegen die Staats- gesetze entstehenden Verwirrung in der Verwaltung der Diözesen, soweit dies in seiner Macht liegt, vorzubeugen. ;

Bei der Stellung, welche der römische Episkopat und seine An hänger zu den bezeichneten Gesetzen genommen haben, ist zu besorgen, daß man in der Opposition gegen die Staatsgesetze so weit gehen werde, einem Erkenntniß des Königlichen Gerichtshofes für kirchliche Angelegenheiten, welches bie Amtsentlassung eines Kircheudieners, ine⸗ besondere eines Bischofs, aussprechen möchte, die Anerkennung zu ver= fagen und die Folgeleistung abzulehnen. Daß es, wenn die Rechts— ordnung nicht in ihren Grundlagen erschüttert werden soll, unabweisliche Pflicht des Staates ist, ein solches gerichtliches Urtheil, nöthigenfalls durch Anwendung der strengsten Straf⸗ und Zwangsmittel zum Vollzug zu bringen, bedarf der Darlegung nicht.

Zur Vollstreckung eines auf Amtsentlafsung lautenden Erkennt nisses gehört aber . ;

1) daß der abgesetzte Bischof aus seinem Amte, und zwar sowohl dem offieium, als auch dem baneficium entfernt, und

2) daß den bischöflichen Behörden und Beamten, sowie dem ge⸗ sammten Diözesan-Klerus gegenüber zur Anerkennung gebracht werde, daß durch die Amtsentlassung des Bischofs Sedisvakanz eingetreten ist.

Was den ersten Punkt betrifft, so hat zunäckst nach der Bestim⸗ mung des Alinea 3 8. 21 des Gefetzes vom 12. Mai 1873 die Ent⸗ lassung aus dem Amte den Verlust des Amtseinkommens zur, Folge, und da nach der Vorschrift des 8. 36 4, a. O. die Entscheidungen des Gerichtshofes im Verwaltungswege vollstreckbar sind, so wird ein⸗ tretenden Falls der Staat in der Lage sein, einen aus seinem Amte entlossenen Bischof aus dem Genuß seines gesammten Amts einkom⸗ mens, einschließlich saͤmmtlicher Nutzungen, Hebungen und Leistungen

zu setzen. ; . Wag hingegen die für das öffentliche Interesse weit wich⸗ tigere Frage anlangt, in welcher Weise einer Fortsetzung der Amtsthaͤtigkeit entgegenzutreten sein wird, so gewährt das bestehende Riecht nicht die genügenden Mittel, um dem die öffentliche Orznung

gefährdenden Treiben eines aus seinem Amte entlassenen Bischofs ein

träge mit China derartig zu amendiren, daß die fernere Ein⸗

bestimmtes Ziel zu setzen.

Zwar bedroht der 8. 31 des Gesetzes vom 31. Mai v J. die enigen Kirchendiener, welche Amtshandlungen vornehmen, nach dem sie in Gemäß eit des §. 30 aus ihrem Amte entlassen werden sind, mit Geldbuße bis zu 1060 Thlrn. und im Wiederholungsfalle bis zu 1000 Thlrn. Indessen dießbieherige Erfahrung bei Ausführung der Gesetze vom 11. und 12. Mai v. J. hat leider gelehrt, daß bloße Geldbußen unzureichend sinde, um das Ansehn des Gesetzes aufrecht zu erhalten, den Ungehorsam der Bischöfe auch nur bei solchen Pankten zu brechen, bei denen in anderen Staaten den staatlichen Angi dnungen wesentlich ähnlicher Art von der katholischen Geistlichkeit Folge geleistet wird. Es wird daher wirksamerer Mittel bedürfen, um den Vollzug eines Ürtheils des Gerichtshofes für kirchliche Angelegenheiten nach der be⸗ zeichneten Richtung hin sicher zu stellen. . In dieser Beziehung kann zunächst in Frage kommen, ob die Strafbestimmung des §. 31 a. a. O. nicht angemessen zu verschãrfen und ob insbesondere nicht von vornherein eine Gefängnißstrafe für ein Vergehen anzudrohen sein möchte, welches sich als eine Schädi= gung der öffentlichen Ordnung der allerschwerwiegendsten Art dar stellt. Wenn indessen die Staatsregierung von einem solchen Vor⸗ schlage, wenigstens für jetzt, Abstand nehmen zu sollen geglaubt hat, so beruht dies in dem Umstande, daß sie selbst noch in der Erwägung darüber begriffen ist, ob es nicht gegenüber der feindlichen Haltung des Episkopats, welche die Grundlagen jeder staatlichen Ordnung, nicht minder die der einzelnen Staaten. als die des Reichs in Frage stellt, an der Zeit sei, zur Bekämpfung dieser staatsfeindlichen Ele⸗ mente die Mitwirkung der Reichsgesetzgebung in Anspruch zu nehmen, zumal anzuerkennen sein wird daß in der weitergehenden Kompetenz der Reichsgesetzgebung die Möglichkeit geboten ist, zum Schutze der bedrohten Rechtsordnung des Staates Sicherungsmittel aufzurichten, die in ebenso wirksamer, als der Lage der Verhältnisse entsprechender Weise vollkommenern Erfolg hoffen lassen, als eine im Wege der Lan desgesetzgebung herbeizuführende Strafverschärfung. . . Demgemäß behandelt der vorliegende Gesetzentwurf nur die zweite der oben aufgeworfenen Fragen, nämlich diejenige, ; 9 wie, abgesehen von der Person des seines Amtes entsetzten Bischofs, der Diözefe gegenüber der Eintritt der Vakanz des Bischofsstuhles zur Anerkennung zu bringen sein wird. ö

Wenn die Kapitel und der Diözesanklerus anerkennen, daß durch die Äbsetzung eines Bischofs in Folge gerichtlichen Urtheils Sedis= vakanz eingetreten sei, so wird sich die Angelegenheit in dem geordne⸗ ten Wege weiter entwickeln. Das Gesetz muß aber auch nach Lage der Verhällnisse den anderen Fall voraussehen, daß die Kapitel einem folchen Ürtheil keine Wirksamkeit beilegen, und dem gemäß auch nicht mnerkennen werden, daß die Vakanz des Bischofesitzes eingetreten sei. Sie fowohl, wie der General-Vikar, werden alsdann den abgesetzten Bischof als noch in Amtswirksamkeit stehend betrachten und nicht nur demgemäß fortfahren, zu handeln wie bei besetztem Siuhle, sondern auch ablehnen, eine einstweilige Berwaltung der Diözese durch Be⸗ flellung eines. Kapitels, Vikars einzurichten und demnaächst zur Wahl bes nenen Bischofs zu schreiten. Es ist zu erwarten, daß einer solchen Auff assung der Kapitel zunächst auch die Geistlichkeit, wenigstens zum größeren Theile, folgen we de.

Es muß daher im Wege der Gesetzgebung

J Vorsorge getroffen werden, daß die Anerkennung der eingetre= tenen Vakanz und damst die Einstellung jedes amtlichen Verkehrg mit dem entlassenen Bischof, sowie die daran sich knüpfenden Maßnahmen wegen Bestellung eines einftweiligen Bisthumsverwesers und Wieder- wahl eines Bischefs erforderlichen Falles erzwungen werden können.

Hieran knüpft sich sodann . .

Ti. die fernere Frage, welche Mitwirkung vom Staate bei der Einrichtung einer einstweiligen Verwaltung der Diözese in Anspruch zu nehmen ist, um eine Garantie dafür zu gewinnen, daß diese Ver= waltung in Üebereinstimmung mit den Staatsgesetzen und nicht zum Rachtheil der wichtigsten Inkeressen des Staates und seiner Angehöri⸗ gen geführt werde. In dieser Beziehung, kommt in. Betracht, daß zur Jet in Preußen staatlicher Seits bestimmte Erfordemnisse an die Person des Seitens des Kapitels zu bestellenden Vikars nicht gestellt werden. Der Grund hiervon mag darin zu suchen jein, daß nach den wegen Wiederbesetzung der Bischofestühle in Preußen für die einzelnen Düiözesen geltenden Bestimmungen die Wahl des neuen Bischofs inner- halb drei Monaten erfolgen soll, die Verwaltung des Kapitels Vikars daher nur als eine kurze, vorübergehende gedacht war. Die Erfahrung, insbesondere auch in anderen, deutschen Ländern, hat aber gelehrt, wie die Wiederbesetzung der Bischofsitze sich oft Fahre lang verzögert, und wie es die Römische Kurie in der Hand hat, durch außerordent- siche Vollmachten, welche dem Kapitelsvikar ertheilt werden, oder durch Entsendung eines apostolischen Vikars, der alle Rechte eines , unbeschränkt zu üben hat, die Wiederbesetzung der Bischofs⸗ stühle bis in eine ungemessene Zeit auszudebnen und damit alle die Garantien, welche dem Staate durch die ihm zustehende Mitwirkung bei Besetzung der bischöflichen Stühle gegeben werden sollen, illusorisch zu machen. Erwägt man ferner die eingangserwähnte offene Kuflehnung gegen die Staatsgesetze, so muß es als Pflicht der Selbfsterhaltung für den Staat anerkannt. werden, hinfort Niemanden als einstweiligen Verwalter eines Bisthums zu dulden, der ihm nicht die volle Garantie giebt, daß die in dem bischöflichen Amte beruhende Macht nicht zum Nachtheil des Staates gemih— praucht werde. Diese Garantien werden, da eine positive Mit; wirkung bei Bestellung eines solchen Bisthumsverwalters nach Art 18 der Verfaffungs Urkunde, auch nach seiner neuen, durch das Gesetz vom 5. Aprit 1873 festgestellten Redaktion, nicht in Anspruch zu nehmen ist, darin zu suchen sein, daß einmal die Vorschrifien des Ge⸗ setzes vom 11. Mai pr. über die Vorbildung und Anstellung der Geiftlichen auf den Bisthumsverwalter zur Anwendung gebracht wer⸗ den und' außerdem von ibin das eidliche Gelöbniß, daß er Sr. Majestät dem Könige treu und gehorsam sein und die Gesetze des Staates be⸗ folgen werde, verlangt wird.

Da diese Erwägungen übrigens nicht, nur auf den Fall der Er⸗

ledigung eines Bisthums in Folge gerichtlichen Uitheils, jondern all⸗ gemein für jeden Erledigungsfall, gleichviel auf welchen Gründen er beruht, zutreffen, so werden diese Anforderungen für die einstweilige Wahrnehmung bischöflicher Rechte während der Vakanz des Siuhles generell gestellt werden müssen.

Das Gesetz darf endlich ; ; ö . III. die Eee n fn, nicht außer Acht lassen, daß die vorzuschrei-⸗

benden Zwangsmittel sich als nicht genügend erweisen, einen etwaigen Widerstand der Domkapitel gegen die Staatsgesetze zu beugen, so daß sie in dem Falle einer Sedisvakanz in Folge gerichtlichen Urtheils die Bestellung eines Biethumsverwesers beharrlich verweigern oder in Fällen einer auch von ihnen anerkannten Sedisvakanz einen dem Ge— setze nicht entsprechenden Verweser bestellen. In allen diesen Fällen iritt eine völlige Siörung in der Diözesanverwoltung ein, indem eine rechtmäßig bestellte Verwaltung alsdann überhaupt nicht vorhanden ist. Die Folgen eines solchen Zustandes für das gesammte kirchliche Leben in der Diszese, für die kirchlichen Institute, die Kirchengemein- den und die einzelnen Diözesanen sind die allerschwerwiegendsten und es erscheint als eine dringende Pflicht des. Staates, soweit es an ihm ist, hier Vorkehrungen zu treffen, um wenigstens die ärgsten Schä⸗ den, namentlich im Leben der Einzelgemeinden, fern zu halten. Dies werd geschehen, indem einerseits Fürsorge getreffen wird, um die kirch-· liche Vermögensverwaltung, sowohl des bischöflichen Stuhles selbst, als auch der der Aufsicht des Bischofs unterstellten kirchlichen Institute und Stiftungen, sowie der einzelnen Kirchengememzen in regelmäßigem Betriebe zu erhalten und indem andererseits den Gemeinden die õg⸗ sichkeit eröffnet wird, bei eintretenden Vakanzen wiederum einen Seel sorger zu gewinnen.

Auͤf diesen allgemeinen Gesichtspunkten beruht der, Entwurf des Gesetzes über die Verwaltung erledigter katholischer Biethümer, zu dessen Erläuterung im Einzelnen noch Folgendes zu bemerken ist.

In den §5§. 1— 3 sind, den obigen . entsprechend, all gemein die Erkordernisse gere g, welche derjenige zu erfüllen hat, der während der Vakanz eines Bischofesitzes die mit dem bischöflichen Amte verbundenen Rechie und geistlichen Verrichtungen ausüben will,

Diese Bestimmungen treffen mithin jeden Fall einer Erledigung, sei es, daß dieselbe durch gerichtliches Uctheil, also sowohl auf Grund der