Die Summe von 80,000 Thlrn. im Extraordinarium für Erweiterung der statistischen Bureaus wurde gegen den Wider⸗ spruch des Abg. Rickert bewilligt. — Dagegen wurde die aus dem Etat der allgemeinen Finanzverwaltung noch rückständige Position von 150000 Thlr. (zur Erstattung von Vorschüssen der Reichs⸗Militärverwaltung zur Erbauung und Einrichtung der Artilleriewerkstatt in Spandau) nicht bewilligt. Schluß
K, Uhr.
— In der heutigen (868) Sitzung des Hauses der Ab⸗ eordneten, der am Ministertisch die Staats⸗Minister Dr. Leon= ardt und Dr. Falk mit mehreren Kommissarien beiwohnten, wurde der Gesetzentwurf, betr. die anderweite Regelung der Gebühren für die Vollstreckung der Exekutionen Seitens der Verwaltungsbehörden in den Hohenzollernschen Landen, in erster und zweiter Berathung, der Gesetzentwurf, betr. die Ablösung der den geistlichen und Schul⸗Instituten 2c. in der Provinz Han⸗ nover zustehenden Realberechtigungen, in zweiter Berathung, die Gesetzentwürfe, betr. den Beginn der Gesetzeskraft der durch die Gesetz⸗ Sammlung verkündigten Erlasse und betr. den Rezeß über die Regulirung der Grenz⸗ und Hoheitsdifferenzen auf einem in der Elbniederung bei Dornburg belegenen Distrikte und über den Austausch des Schwerdtfegerschen Kossäthengutes zu Görzig, in dritter Berathung erledigt; der Gesetzentwurf, betr. die Geschäftsfähigkeit Minderjähriger, wurde an die Kommission zur Berathung des Gesetzes über das Vormundschaftswesen ver⸗ wiesen. Jö Dann trat das Haus in die Berathung des Etats des Ministeriums der geistlichen u. s. w. Angelegenhei⸗ ten. (S. unter Landtagsangelegenheiten.)
Zu Kap. 54 der Einnahme stellte der Abg. Dr. Eberty den Antrag, die Königliche Staatsregierung aufzufordern, in den Stiftern Merseburg, Naumburg und Zeitz keine neue Anwart⸗ schaft zu ertheilen, sondern die Gelder für Kirchen- und Unter⸗ richtszwecke zu verwenden; der Antrag wurde vom Hause angenom⸗ men, gegen die Erklärung des Regierungs⸗Kommissars. — Beim Kap. 1I4a. (Gerichtshof für kirchliche Angelegenheiten) bemerkte der Abg. v. Mallinckrodt, daß er und seine Freunde gegen dieses Kapitel stimmen würden; das Haus bewilligte die Positionen. — Zum Kap. 115 (Evangelischer Ober⸗Kirchenrath) stellte der Abg. v. Saucken (Tarputschen) den Antrag, die Gelder nicht zu bewilligen; nach einer kurzen Erklärung des Ministers der geistlichen u. s. w. An⸗ gelegenheiten wurde das Kapitel bewilligt. — Zum Kapitel 116(Kon⸗ sistorien) hatte die Budget⸗Kommission beantragt, die Forderung für einen Direktor in Königsberg nicht zu bewilligen. Der Mi⸗ nister der geistlichen u. s. w. Angelegenheiten nr, daß die Kreirung einer solchen Stelle nothwendig gewesen sei, weil in dem Königsberger Konsistorium eine eigenthüͤmliche Auffassung über die neue Kirchen⸗ und Synodal⸗Ordnung geherrscht hätte. Die Position wurde bewilligt. — Zu Kap. 117 Tit. 1 u. 2. (Besoldungen und Zuschüsse an Geistliche und Kirchen) beantragte die Budget⸗ kommission folgende beiden Resolutionen.
die Königliche Staatsregierung aufzufordern: ö
a. die auf speziellen Gesetzen beruhenden Ausgaben nach Maß— gabe derselben zum Gegenstand besonderer Titel zu machen, sowie auch die übrigen auf diese Titel angewiesenen Ausgaben nach Zweck und Entstehungsgrund thunlichst zu sondern; b. in der nächsten Session ein Verzeichniß derjenigen Ausgabepositionen mitzutheilen, welche nach Emanation resp. Einführung der Verfassungsurkunde auf diese Titel neu angewiesen oder von andern Titeln übertragen sind.
Zu den: Kap. 120 Titel 2 (Zuschüsse für einen neuen salt⸗ katholischen Bischof 16,000 Thlr.) trug der Abg. Miquel in einem längeren Referate die verschiedenen Gründe vor, welche die Budgetkommission zur Bewilligung dieser Forderung veran⸗ laßten. Nach einigen berichtigenden Bemerkungen des Geheimen Regierungs⸗Raths Huebler ergriff der Abg. Reichensperger das Wort, um nachzuweisen, daß die Altkatholiken thatsächlich aus der römisch⸗katholischen Kirche ausgeschieden wären, die vorliegende Position also auf keiner rechtlichen Verpflichtung beruhe — n Tg des Vlattes harren e v, ee estt das Wort um den Stan dre * Ge, er itchor ken zu vertreten.
— Der General der Kavallerie a. D., Graf Bismarck⸗ Bohlen ist gestern früh aus Karlsburg hier eingetroffen und im Hotel Royal abgestiegen.
— Der General⸗Major von Blumenthal, bisher Com⸗ mandeur der 35. Infanterie⸗Brigade, welcher vor Kurzem mit Führung der 22. Division beauftragt worden, ist aus diesem Anlaß behufs Abstattung persönlicher Meldung von Flens⸗ . hier eingetroffen und im Hotel St. Petersburg ab⸗ gestiegen.
— Gestern Vormittag fand die Trauung der Prinzessin Euphemig Radziwill, Schwester des Fürsten Anton Rad⸗ ziwill, mit dem Grafen Rzyszezews ki in der Kapelle des katholischen Krankenhauses hierselbst statt.
Posen, 28. Januar. Heute fand hier unter dem Vorsitze des Ober ⸗Präsidenten der Provinz Posen behufs Berathung über den Friedenthalschen Kreisordnungs-Ent⸗ wurf eine Konferenz höherer Verwaltungsbeamten stait.
Bayern. München, 27. Januar. Heute hat unter dem Vorfitze des Prinzen Luitpold in der Königlichen Residenz Sitzung des Staatsraths stattgehabt, in welcher die noch an den Landtag zu bringenden Vorlagen festgestellt worden sind. Es befindet sich darunter außer den bereits angegebenen Gegenständen (Prov. Steuererhebung, Eisenbahn⸗Personen⸗Fahrtaxen und Theuerungszulagen) noch eine Vorlage, betreffend die Bewilli— ung der Mittel zur Vornahme einiger unverschieblicher Staats⸗ auten.
— In der heutigen Sitzung der Abgeordneten kammer antwortete der JustizMinister auf eine Interpellation des Abg. Jul. Müller wegen Maßnahmen gegen junge Leute unter 12 Jahren, die rechtswidrige Handlungen begehen, aber dafür nach Art. 55 des Reichs⸗Strafgesetzes nicht strafbar sind, er werde eine Abänderung des erwähnten Gefetzartikels anstreben, eventuell müßte man die überhand nehmenden Uebelstände durch einen Akt der Landesgesetzgebung zu beseitigen suchen. Hierauf wurde die Diskussion über das Staatsbauwesen fortgesetzt, für die Erweiterung der Angerstraße in Passau wurde ein Staatz⸗ zuschuß von 10090 Il, gewährt, der für Herstellung der einge⸗ stürzten Isarbrücke bei Bogenhausen erhetene Zuschuß von 151,690 Fl. aber abgelehnt. Morgen wird die Etatsberathung fortgesetzt. Der provisorische Gesetzentwurf ist bereits eingereicht, die letzte Sitzung findet wahrscheinlich übermorgen statt.
Der 2. Ausschuß der Kammer der Reichs räthe hat heute Mittag 12 Uhr ber den Entwurf eines Gesetzes: „Die Ver⸗ vollständigung der Einrichtungen der im Betriebe befindlichen bayerischen Staatseisenbahnen betreffend“ Berathung gepflogen und ist dem vom Referenten, Reichsrath von Nieth⸗ hammer, gestellten Antrag beigetreten. Derselbe geht dahin:
Dem Gesetzentwurf mit der Modifikation der Kammer der Ab⸗ geordneten (das Postulat in Ziff. 2 für Telegraphen⸗Einrichtungen von 562,009 Fl. auf 250, 000 Fl. herabzusetzen) beizustimmen und von der Königlichen Staatsregierung gleichzeitig eine bindende Erklärung zu erbitten, bei der Wahl des Platzes für die herzustellenden Arbeiter⸗ wohnungen in München darauf Bedacht zu nehmen, daß dieselben in geeigneter Nähe von Kirche und Schule erbaut werden.“
— Der Bericht des Finanz⸗Ausschusses der Kam⸗ mer der Abgeordneten über die den Centralfonds zuge⸗ wiesenen Staatseinnahmen und deren Verwendung im Ver⸗ waltungsjahre 1870 ist im Drucke erschienen. Der Ausschuß beantragt die Anerkennung der Rechnungsergebnisse für das Jahr 1870 in Bezug auf die Staats⸗Einnahmen und die Verwal⸗ tungsausgaben. Bezüglich der direkten Staatsauflagen ist zu bemerken: Die Brutto⸗Einnahme der direkten Steuern übersteigt den Budgetansatz um 97,782 Fl. 461 Kr. und zwar trifft auf die Haus⸗, Kapitalrenten-⸗ und Einkommensteuer ein Mehr von rund 140,525 Fl., während die Grund⸗ und Gewerbesteuer in runder Summe mit ea. 42,740 Fl. hinter dem Voranschlage zurück⸗ bleiben. Die Mehrung bei der Haussteuer ist begründet in den vie⸗ len Neubauten, bei der Kapitalrenten⸗ und Einkommensteuer hauptsächlich in der Neuregulirung dieser Steuergattungen. Be⸗ züglich der Mindereinnahme bei den Grund- und Gewerbesteuern kommt in Betracht, daß im Jahre 1870 an Grundsteuern ea. 20,520 Fl., an Gewerbesteuern ca. 20,135 Fl. im Rückstande verblieben. Diese Ausstände mit berechnet, verschwindet der Aus⸗ fall an Grundsteuern und ergäbe sich eine Brutto⸗Mehreinnahme von ea. 18,0090 Fl., während das Minus bei den Gewerbesteuern auf ca. 20,000 Fl. reduzirt wird. Der letztere Ausfall ist theils durch die in Folge des ausgebrochenen Krieges eingetretenen Gewerbstockungen, hauptsächlich aber dadurch veranlaßt, daß die Gewerbefreiheit den bei Aufstellung des Budgets für die g. Finanzperiode gehofften Zuwachs nicht ergeben hat.
— 28. Januar. (W. T. B.) Gutem Vernehmen nach wird in der Abgeordnetenkammer in nächster Zeit durch den Abg. v. Schloer ein Antrag, betreffend den Erlaß eines Gesetz⸗ entwurfs über den Ankauf der bayerischen Ostbahn durch den Staat, eingebracht werden.
Sachsen. Dres den, 28. Januar. Die Er ste Kammer trat in ihrer heutigen Sitzung auf Anrathen ihrer Finanzdeputation den von der Zweiten Kammer bezüglich der Elbstromkorrektion und der Regulirung der Elbufer innerhalb Dresdens gefaßten Be⸗ schlüssen bei. Hierauf zeigte Freiherr von Ferber Namens der 3. Deputation an, daß das Vereinigungsverfahren über die An⸗ träge der Abgg. Körner, Krause und Richter, die Aufhebung des die freie Theilbarkeit des Grundeigenthums beschränkenden Gesetzes vom 36. November 1843 und der 5§5§. 207 bis 209 der Verordnung vom 9. Januar 1865 betreffend, ein Resultat nicht ergeben habe, die Kammer blieb bei ihrem früher gefaßten Be⸗ schlusse stehen. =
— Die Zweite Kammer erklärte nach kurzer Debatte durch Beitritt zu dem bezüglichen Beschlusse der Ersten Kammer ihr Einverständniß mit den in den Jahren 1871, 72 vorgenommenen Veränderungen am Staatsgute. Sie trat sodann ohne Debatte den im Vereinigungsverfahren über die Civilprozeßnovelle ver⸗ einbarten, von der Ersten Kammer bereits angenommenen Vor⸗ schlägen bei. Eine längere Debatte knüpfte sich an den vom Abg. Dr. Biedermann für die 3. Deputation erstatteten Vortrag über den ablehnenden Beschluß, welcher von der Ersten Kammer auf den Mannsfeld⸗Haberkornschen Antrag wegen Auf⸗ hebung der 55. 9 und 10669 der Verfassungs⸗ urkunde und Ermächtigung der Krone zur Ernennung einer beliebigen Anzahl von Mitgliedern der Ersten Kammer gefaßt worden ist. Die Redner, welche mit der Majoritat der Deputation die Aufrechterhaltung des Antrags befürworteten, der Referent, die Abgg. Haberkorn, Mannsfeld, Dr. Minckwitz, Vicepräsident Streit, Uunferzagen theils die von dem Berichte und den Rednern der Ersten Kammer gegen den Auntraßz wegebrachten Gründe von ihrem Standpunkte aus einer
Kritik, theils trugen sie nochmals die 6 in der ersten Berathung in der Zweiten Kammer gegen jene Verfassungs estimmungen geltend gemachten konstitutionellen Bedenken vor; dem gegenüber nahm sich der Abg. Günther der in der anderen Kammer geäußerten Ansichten zum Theil an, er drückte den Wunsch und die Hoffnung aus, daß bei gegenseitigem Entgegenkommen eine Verstaͤndigung noch gelingen werde. Gegen 8 Stimmen blieb die Kammer bei ihrem Beschlusse stehen. — Das Vereinigungsverfahren betreffs des auf Aufhebung des Gesetzes vom 30. November 1830 über die Theilbarkeit der Grundstuͤcke gerichteten, von der Zweiten Kammer angenommenen, von der Ersten abgelehnten Antrags ist, wie Namens der 3. Deputation vom Abg. Gebert angezeigt wurde, resultatlos geblieben; die Kammer hielt zum zweiten Male ihren Beschluß aufrecht.
— Beide Kammern werden, wie die „Konstitutionelle Zeitung“ meldet, der Eröffnung des Reichstags wegen ihre Sitzungen vom b. bis 8. 4. Mts. aussetzen, von da bis zum 14. Februar ihre Berathungen wieder aufnehmen, dann aber bis zum Schlusse des Reichstags vertagt werden.
— Bei dem Staats⸗Minister von Nostitz⸗Wallwitz fand gestern zu Ehren der Mitglieder der beiden Kammern eine sehr zahlreich besuchte Abendgesellschaft statt.
Leipzig, 28. Januar. Der König und die Königin sind heute Mittag 12 Uhr von Dresden hier angekommen und haben ihren festlichen Einzug in die Stadt gehalten.
Württemberg. Stuttgart, 28. Januar. (W. T. B.) Gestern hat hier die Verlobung des Herzogs Sugen von Württemberg, des Sohnes des Herzogs Eugen zu Karlsruhe in Schlesien, mit der am hiesigen Hofe lebenden Großfür stin Vera, der Tochter des Großfürsten Konstantin, stattgefunden.
— In der am 26. d. stattgehabten Sitzung der Zweiten Kammer wurde der Gtat für 1873 — 1875 vollends zum Ab⸗ schluß gebracht. Der Staatsbedarf ist für 1873174 24, 48ę3 814351. 42 Kr., für 1874/75 243 618,186 Fl. 37 Kr. Der Ertrag des Staats kammerguts 1873374 10 602, 8.765 Fl.ͥ, für 1874/75 10851 825 Fl., also noch zu decken 1873/74 13,845,939 Fl. 423 Kr., für 187475 13,766,861 Fl. 37 Kr. Die direkten und indirekten Steuern decken aber nur für beide Jahre erstere 11,268,600 Fl., letztere 113211899 Fl., wobei keine Steuererhöhung eingetreten ist. Das Deftzit, welches für beide Jahre zusammen zu decken ist, aber vollständig aus der Restverwaltung, d. h. aus den Ueber⸗ schüssen der letzten Jahre gedeckt werden kann, beträgt 5, 146,501 8. 19 Kr. Eine Steuererhöhung war demnach nicht nöthig.
, wird der Landtag am Sonnabend vertagt werden.
— (W. T. B.) Auf die Interpellation des Abgeordneten Pfeiffer, betreffend die Einführung der obligato—⸗ rischen Civilehe in Württemberg, antwortete der Kultus— Minister Dr. von Heßler in der heutigen Sitzung der 3weiten Kammer: Die Stellung der württembergischen Regierung zu
dieser Frage hänge von dem Ergebniß der preußischen Eesetz⸗ gebung ab, sowie von der künftigen Stellung der Reichsorgane zu dieser Angelegenheit. Uebrigens lägen die Verhältnisse in Württemberg anders als für Preußen. In Württemberg müßte die Einführung der Civilehe mit der Neuregelung des gesamm⸗ ten materiellen Eherechts und der Ueberweisung aller Ehesachen an die Civilgerichte verbunden sein, und diese Neuregelung würde in die Reichscivil⸗Prozeßordnung und die deutsche Gerichts⸗ organisation eingreifen. Deshalb erscheine es nicht angemessen, mit solcher durchgreifenden Aenderung im Wege der Landes⸗
gesetzgebung jetzt noch vorzugehen, zumal ein dringendes prak⸗
tisches Bedurfniß dafür nicht vorhanden sei.
Baden. Karlsruhe, 26. Januar. Die Beschlüsse der Abgeordneten kammer, betreffend den erzbischöflichen Tisch⸗ titel, lauten:
Für den katholischen Kultus für das Jahr 1874 70,463 Fl. 29 Kr., für das Jahr 1875 aber 57,063 Fl. 29 Kr. zu genehmigen, ferner auszusprechen, es wolle die Großherzogliche Regierung, falls im Jahre 1874 die Vorlage weiterer Vorschlagglisten behufs Be⸗ setzung des erzbischöflichen Stuhls Seitens des Domkapitels verwei⸗ gert werden sollte, sofort die Einstellung der Zahlung der für den erz⸗ bischöflichen Tisch bestimmten Summe von 13,400 Fl. verfügen; sowie: Es sei die Großherzogliche Regierung ermächtigt,
a. für den Fall, daß im Jahre 1874 eine vorschriftsgemäße Be⸗ setzung des erzbischöflichen Stuhls stattfinden sollte, die Dotation des erzbischöflichen Tisches auch für das Jahr 1875 auszahlen zu lassen,
b. für den Fall, daß erst im Laufe des Jahres 1875 diese Be⸗ setzung erfolgen sollte, die Zahlung der genannten Dotation von dem Tage an, an welchem die Besetzung erfolgt sein würde, zu verfügen.
— Am 23. d. M. brachte Ministerial⸗Präsident Ellstätter eine Vorlage ein, betreffend die Ermächtigung der Eisenbahn⸗ Schuldentilgungskasse zur Aufnahme weiterer Anlehen. Es wird durch diese Vorlage eine Vermehrung der Eisenbahn⸗ schuld um 30 Millionen Gulden in Aussicht genommen. ;
Hessen. Darm stadt, 27. Januar. Der Großherzo hat heute den seither am hiesigen Hofe beglaubigten he b bayerischen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister, Freiherrn von Gasser, behufs Entgegennahme seines Abberufungsschreibens in besonderer Audienz empfangen.
— Im „Reg.⸗Bl.“ wird das Edikt, die Verfassung der evangelischen Kirche betreffend, veröffentlicht. Der erste Abschnittt, welcher von der Kirche und den Kirchengemein⸗ den im Allgemeinen handelt, lautet:
§. 1. Die evangelische Kirche des Großherzogthums, welche sich als ein Glied der gesammten evangelischen Kirche erkennt, umfaßt sämmtliche evangelische (lutherische, reformirte, unirte) Gemeinden des Landes, unbeschadet des Bekenntnißstandes der einzelnen Gemeinden 53. 3, 9. 26, 27, 107, 10s, I15.
§. 2. Sie ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten nach Maß— gabe dieser Verfassung und der zu ihrer Ausführung zu erlassenden Verordnungen selbständig durch ihre eigenen Organe, unbeschadet des dem Staate zustehenden Oberaufsichtsrechts.
S3. Die evangelischen Gemeinden und die einzelnen Glieder derselben sind der gegenwärtigen Verfassung und den auf verfassungs— 6 Wege erfolgenden kirchlichen Verfügungen unterworfen, doch darf in Sachen des Kultus und der Lehre einer Gemeinde wider ihren Willen nichts aufgedrungen werden, wogegen sie aber auch ohne Zu⸗ stimmung der Landessynode (5. 27, 107 p. 1.) in Kultus und Lehre keine Veränderung vornehmen darf.
S. 4. Der evangelische Landesherr übt das ihm herkömmlich zu⸗ stehende Kirchenregiment nach den Bestimmungen dieser Verfassung aus.
Sach sen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 26. Januar. In der heutigen 3. Sitzung des Landtages wurde der Bericht des Finanzausschusses über das Ministerialdekret vom 22. Nöo⸗ vember 1873, die Anlegung der dem Großherzog überwiesenen Gelder aus der französischen Kriegskostenentschädi⸗ gung betreffend, verlesen, und der Antrag des Ausschusses: der Landtag wolle zu dem nach dem Ministerialdekrete vom 22. Nonemher 1873 von Großherzoglicher Staatsregierung bis⸗ her eingehaltenen bezüglich pe fr en Verfahren sein Einver⸗ ständniß erkären!“ einstimmig angenommen. — In derselben Sitzung theilte der Präsident mit, daß ein Gesetzentwurf über die Bildung von Bezirksverbänden und deren Vertretung eingegangen sei, welcher dem Verfassungsausschuß überwiesen wurde. Ferner ist dem Landtag ein die Erhöhung der Do mä—⸗ nenrente des Großherzoglichen Hauses beantragendes Ministe⸗ rial⸗Reskript zugegangen.
Braunschweig. Braunschweig, 28. Januar. (W. T. B.) Heute hat die Landesversammlung die Berathung des Wahlgesetzes begonnen ünd beschlossen, zwei Lesungen desselben vorzunehmen. Bei der Debatte machten sich über die Einführung des allgemeinen Wahlrechts und die Beibehaltung
der Interessenvertretung noch s hr weit auseinandergehende An⸗
sichten geltend. Morgen soll die Berathung fortgesetzt werden.
Anhalt. Dessau, 28. Januar. Die Nr. 339 der Gesetz⸗ Sammlung veröffentlicht die Verordnung, den Haupt⸗Finanz⸗ Etat des Herzogthums Anhalt für das Jahr 1874 be⸗ treffend. Derselbe wird danach in Einnahme auf 2,255,000 Thlr., in Aus gabe auf 2,276,500 Thlr. festgestellt.
Waldeck. Arolsen, 17. Januar. Der Landes⸗ Direktor von Sommerfeld macht im Regierungsblatt bekannt, daß der Eintritt der Immobiliar-Feuer⸗-Versicherungsanstalt der Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont in den Feuer⸗Versiche⸗ rungsverband in Mittel deutschland am 1. Januar dieses Jahres erfolgt ist. ̃
Desterreich⸗ Ungarn. Wien, 29. Januar. Feldmarschall⸗ Lieutenant Baron Gablenz ist, wie der „Neuen Freien Presse“ . gemeldet wird, in Zürich an einem Schlagflusse ver⸗
ieden.
Schweiz. Bern, 28. Januar. Spezialbericht des Berner Regierungs-Kommissars Kuhn werden dem Vernehmen nach die noch im Jura anwesenden reniten⸗ ern Geistlichen unter Anwendung eines je nach dem Maßstabe ihrer Verschuldung verschiedenen Exekutionsverfahrens im prote⸗ stantischen Theile des Kantons Bern internirt werden.
Großbritannien und Irland. London, 2. Januar. Die „London Gazette“ enthält, wie schon telegraphisch gemeldet wurde, das Königliche Dekret, welches das Parlament auf⸗ löst und die neuen Wahlen anordnet. Das neue Parlament soll am 5. März zusammentreten. Ein weiteres Dekret verfügt die Wahl und Einberufung von 16 schottischen Repräsentativ⸗ Pairs. Das nunmehr aufgelöste Parlament, das achte während
der Regierung der Königin Victoria, trat am 10. Dezember i868
zusammen, hatte somit eine Dauer von 5 Jahren und 47 Ta— gen. — In diesem Augenblicke sind sämmtliche Wahlbezirke des Vereinigten Königreichs mit den Vorkehrungen für die Abhal⸗ tung der Neuwahlen, die am 5. Februar beginnen und späte⸗ stens am 14. desselben Monats enden werden, beschäftigt.
Art. 5. Es die Individuen,
(W. T. B.) Auf den
genöthigt.
— Der Sprecher des ist in Begleitung seiner zurückgekehrt.
— 28. Januar. (W. T. B.) Gladstone hat in Green⸗ wich eine Ansprache an seine Wähler gehalten. Der Minister führte in derselben aus, daß ihm, nachdem Disraeli abgelehnt habe, die Regierung zu übernehmen, keine andere Wahl geblieben sei, als das Parlament aufzulösen, in welchem das Ministerium nur noch eine geringe Majorität besessen habe. Gladstone suchte darauf die ihm von Disraeli gemachten Vor⸗ würfe über seine Haltung in der äußeren und inneren Politik zu widerlegen und hob in dieser Beziehung hervor, daß der inneren Gesetzgebung eine größere Aufmerksamkeit als der aus⸗ wärtigen Politik zugewendet werden müsse. Er er⸗ innerte ferner daran, daß Disraeli in der Sitzung des Unterhauses vom 1. August 1870 unter Bezugnahme auf die gemeinsam mit Rußland von Großbritannien in der Wiener Kongreßakte übernommene Garantie für die preußische
auses der Gemeinen, Hr. Brand, emahlin von Italien nach London
Rheinprovinz beantragt habe, eine bewaffnete Neutralität zu
beobachten. Diese Haltung, welche voller Gefahr gewesen, würde jedenfalls nicht die Billigung des Landes gefunden haben. Gladstone wies endlich darauf hin, daß die wirkliche Frage, um welche es sich vor dem Lande handle, die Finanzfrage sei, er versicherte nochmals, daß er alle in seiner letzten Zuschrift an seine Wähler verheißenen Finanzreformen zur Ausführung bringen werde, und schloß mit einer Ermahnung an die liberale Partei zur Einigkeit, deren Führerschaft er niederlegen werde, wenn etwa eine Spaltung der Partei eintreten sollte.
Frankreich. Paris, 27. Januar. Die Münz—⸗ konferenz hat ihre Sitzungen bis Anfang Februar vertagt, um den Mitgliedern Gelegenheit zu geben, neue Instruktionen von ihren betreffenden Regierungen einzuholen.
— Das „Journal officiel“ veröffentlicht einen an den Marine⸗ Minister gerichteten Bericht des Marine⸗Arztes erster Klasse und Regierungs⸗Kommissars an Bord des Fenélon, Desgranges, der eine gewisse Anzahl von Familien Deportirter und Transportirter nach Neu⸗Caledonien gebracht hat. Dieses Schiff verließ am 27. Juli 1873 Havre und setzte seine Passagiere am 23. Oktober in Numeaans Land. Gleich nach der Landung wurden Maßregeln er⸗ griffen, um die Deportirten mit ihren Familien zu vereinigen. Die Deportirten, welche schon die Ermächtigung erhalten haben, in Numea zu wohnen, kamen noch am nämlichen Tage mit ihren Angehörigen, 103 Personen im Ganzen, zusammen. 35 der Ankömmlinge wurden nach der Halbinsel Ducos und 62 nach der Ile de Pins gebracht. Der Fenélon hatte im Ganzen 1440 Passagiere an Bord, nämlich 80 Männer, 118 Frauen und 242 Kinder, unter welchen sich 50 befanden, die nicht drei Jahre alt waren. Während der Ueberfahrt starben nur neun kleine Kinder; zwei wurden auf dem Schiff geboren. Eine gewisse Anzahl junger Mädchen, welche aus mehreren öffentlichen Wohlthätigkeits⸗-Anstalten stamm⸗ ten, waren in Begleitung von vier Nonnen mit dem Fenelon nach Numea gefahren und wurden in dem dortigen Frauenkloster des h. Joseph von Cluny untergebracht. Bereits am 6. No⸗ vember hatten fünf derselben Heirathsanträge von in Numea an⸗ sässigen Kolonisten erhalten. Wie der offizielle Bericht ferner meldet, war die Lage der Kolonie befriedigend. Der Anbau von Zuckerrohr, Kaffee und Reiß machte Fortschritte. Zwei Gold⸗ und Kupferminen wurden ausgebeutet. Man wollte sicher sein, daß es in dem Bezirk Ourail Steinkohlenlager gäbe.
Spanien. Madrid, 24. Januar. Die amtliche Zeitung bestätigt heute den Fall von Portugalete. Es war am 22. d., Morgens um 9 Uhr, als die hedingungslose Uebergabe geschah, in Folge deren die Stadt in die Gewalt der Carlisten überging, mitsammt einem Bataillon des Regiments Segorbe, einer Abtheilung Artillerie und Ingenieure, und den Freiwilligen, sowie 1260 Remingtonbüchsen, 400 Miniegewehren und zwei
Kanonen. . — Die Kapitulations⸗Bedingungen von Carta⸗ gena lauten nach den H. N.“: „Operationsheer vor Cartagena. Der Obergeneral des Operations⸗ heeres vor Cartagena, in Anbetracht der von dem Platze geleisteten Vertheidigung und der an ihn im Namen der Menschlichkeit gerich⸗ teten Büte dem Blutvergießen ein Ende zu machen, gewährt, sobald genannter Platz mit seinen Kastellen, Arsenal, Schiffen und allen Vertheidigungsmitteln die er einschließt, übergeben ist, Folgendes: Art. 1. Es sollen begnadigt sein die, welche die Waffen innerhalb des Platzes abliefern, sowohl Anführer als Offi⸗ ziere, Beamte und Individuen der Land und Sectrupven der bewaff⸗ neten freiwilligen oder mobilisirten Carps. Art. 2. Die Angehörigen des Land⸗ und Sechceres werden der Regierung zur Verfügung gestellt werden, um sie in die verschieden n Abtheilungen des Heeres und der Marine zu vertheilen. Art. 3. Die, welche zu anderen bewaffneten Abtheilungen gehört hatten, werden frei von jeder Stiafe für die That der Rebellion nach Hause gehen. Art. 4 Die, welche vom Zuchthaus oder der Galeere, wegen anderer Vergehen herkommen, sollen allein w gen der Rebellion als begnadigt angesehen werden, die ihren Anfang und Ursprung in der kantonalen Erhebung hatte. Es find ausgenommen von vorstehendem Pardon (eindulto“) welche die revolutionäre Junta bilden oder an ihr theilgenemmen haben, und, falls sig ergriffen werden, wird die Regierung über sie verfügen. Art. 6 Alles, Kriegs- und Marinema⸗ terial, Schiffe, Ansrüstungen und alles Geräthe, das der Kriegsver— waltung in genanntem Platz angehört, wird einer zu diesem Zweck er= nannten Kommission von Kommandanten und Offizieren dieses Heeres Übergeben werden. Art. 7. Für die Annahme der vorstehenden Be= dingungen wird die unverrückbare Frist bis 8 Uhr Morgens des 13. Januar gewährt, ohne daß irgend welche Bedingung oder Aenderung am Worklaute dieser Bedingungen zugelassen würde, in dem Sinne, daß nach Ablauf derselben die Operationen mit dem größten Nach⸗ druck werden fortgesetzt werden, ohne daß noch einmal irgend ein Vor—
schlag für die Einstellung der Feindseligkeiten zugelgssen würde.
Hauptquartier vor Cartagend, 12. Januar 1574. José Lopez Dominguez.“ — Der Marine⸗Minister Topete ist von Cartagena zurück⸗ gekehrt. Die Gerichte daselbst haben den Eigenthümern von Gütern, welche die Rebellen von Valencia von den Dampfern Darro“, „Bilbao“, „Estremadura“ und „Victoria“ weggenom⸗ men haben, eine vierzehntägige Frist gestattet, um ihre Ansprüche auf ihre in Cartagena etwa vorgefundenen Waaren geltend zu machen. — Das föderalistische Blatt „Igualdad“, von der Partei Salmerons, ist auf einen Monat suspendirt worden. Barcelona, 27. Januar. (W. T. B.) Ein Angriff, welchen der Karlistenführer Sa balls auf die Stadt Coloma de Farmes unternommen hat, jist zurückgewiesen worden. Saballs gelang es vermittelst der Artillerie, welche er mit sich führte, Bresche zu legen und versuchte einen Sturm. Derselbe wurde aber von den Vertheidigern, welche Barrikaden zu ihrem Schutze errichtet hatten, abgeschlagen und Saballs zum Rückzuge
Rom, 24. Januar. Wegen des Ablebens der Gräfin von Syrakus, geborenen Prinzessin Maria Viktoria
Italien.
von Savoyen-Carignan, legt der Königliche Hof auf 14 Tage Trauer an.
— Der Zustand der Herzogin von Aosta hat sich in der letzten Zeit verschlimmert.
— In der Deputirtenkammer ward gestern der Gesetz⸗ Entwurf, welcher die Aufbesserung der Beamtengehalte bezweckt, vertheilt. Nach demselben sollen 45 Millionen Franes den Beamten zugelegt werden, welche weniger als 3500 Francs Gehalt haben. Die Beamten, welche in Rom ansässig sind, er⸗ halten 15 Prozent Zulage, und 1B 700 0900 Franes sollen unter dem Titel „Entschädigungen“ an die Beamten vertheilt werden, welche in anderen Städten ansässig sind, wo der Aufenthalt ebenfalls notorisch theuer ist. Die Zulagen sollen vom 1. Januar 1875, die Entschädigungen hingegen schon vom 1. Juli des laufenden Jahres an ausgezahlt werden.
Türkei. Das „Journal de Rome“ hat Nachrichten aus Konstantinopel erhalten, wonach die ottomanische Regierung, nachdem sie alles gethan, was in ihren Kräften stand, um die orthodoxen und dissentirenden Armenier mit einander zu ver⸗ söhnen, und nachdem sich dieses als unmöglich herausgestellt hat, eine andere Lösung der armenischen Frage versuchen will. Sie verlangt von den Hassunisten, daß sie auf die Bulle Re⸗ versurus verzichten, weil sie dem Kaimakan (Oberpriester) poli⸗ tische Rechte zuspricht, welche die Hohe Pforte nicht anerkennen zu dürfen glaubt. Die Lösung der Frage liegt also jetzt ganz in den Händen der Hassunisten.
Nußland und Polen. St. Petersburg, 26. Januar. Bei dem gestrigen Diner in der deutschen Botschaft erschien, wie die „St. Pet. Ztg.“ meldet, Se. Kaiserliche und König⸗ liche Hoheit der Kronprinz des Deutschen Reichs und von Preußen allein, da die Kronprinzessin durch ein Unwohlsein am Erscheinen verhindert war. Abends wohnte der Kronprinz in Begleitung des preußischen Militärbevollmächtigten, General von Werder, der Vorstellung im Michaeltheater bei. Später besuchte Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit eine Soirse im Palais der Großfürstin Maria Nikolajewna.
— Heute fand zu Ehren der erlauchten Gäste eine Parade statt. Die Aufstellung der Truppen dehnte sich vom Winter⸗ palais, den Schloßplatz und den Isaaksplatz entlang bis zum Palais Ihrer . Hoheit der Großfürstin Maria Nikola⸗ jewna, durch die große Morskaja, über einen Theil des Newski⸗ Prospekts, unter dem Bogen des Generalstabs durch auf den Schloßplatz zurück. Schlag 12 Uhr verließ Se. Majestät der Kaiser mit den Fürstlichen Gästen das Winterpalais, stieg zu Pferde und ritt im Schritt die ganze Front der Truppenaufstel⸗ lung ab, zur Seite der Prinz von Wales in englischer Gene⸗ ralsuniform, der Kronprinz des Deutschen Reichs, in russi⸗ scher, und der dänische Thronfolger gleichfalls in Generals⸗ Uniform. In nächster Reihe ritten Se. Kaiserliche Hoheit der Thronfolger Cesarewitsch, der Großfürst Nikolai Nikolajewitsch der Aeltere, der Herzog von Sachsen— Coburg⸗Gotha, hierauf die übrigen Großfürsten und Fürstlichen Gäste, die Botschafter und Gesandten, welche einen militärischen Rang bekleiden, die Militärbevollmächtigten, endlich die Suite Sr. Majestät des Kaisers, Ihrer Kaiserlichen Hoheiten und aller fremden Fürstlichkeiten, während Se. Kaiserliche Hoheit der Groß⸗ fürst Alexei Alexandrowitsch bei der Garde⸗Equipage zu Pferde hielt. Die Truppen präsentirten, und die Musikchöre spielten die Melodie der preußischen und englischen Nationalhymne. Nach vollendetem Umritt nahm Se. Majestät mit den fremden Fürst⸗ lichkeiten und der Suite Aufstellung vor dem Winterpalais, mit der Front gegen die Alexandersäule, um welche herum die Trup⸗ pen defilirten und den Vorbeimarsch vor Sr. Majestät aus⸗ führten. ;
Schweden und Norwegen. Stockholm, 25. Januar. Der frühere Marine⸗Minister, Contre⸗Admiral C. M. Eker⸗ mark, ist in der vorigen Woche, 71 Jahre alt, in Stockholm gestorben. Der Verstorbene, welcher auch in der britischen und französischen Marine gedient hat, wurde 1857 als Minister an die Spitze der schwedischen Marine gestellt, und unter seiner Leitung blieb dieselbe bis 1862. In 1866 wurde er zum Chef der Flotte ernannt, aber nahm zwei Jahre nachher seinen Abschied.
— Es soll in diesen Tagen auf der Münze zu Kongs⸗ berg mit der Ausprägung von norwegischen Gold— münzen begonnen werden, nachdem einige Probe⸗Exemplare
der 26⸗Kronenstücke dem Finanzdepartement zur Begutachtung“
vorgelegt gewesen sind. Vorläufig sollen 100,000 Zwanzig⸗ Kronenstücke gemünzt werden, womit man in vier Wochen fertig zu sein gedenkt; aber dem Vernehmen nach hat die Münz⸗Direk⸗ tion am geeigneten Orte beantragt, Gold für noch 1 Million Spezies einzusenden, damit in nächster Zeit mit der Prägung von 20⸗Kronen zum Betrage von 600,900 Spezies und 10⸗Kro⸗ nen zum Betrage von 400, 000 Spezies fortgefahren werden kann.
Dänemark. Kopenhagen, 28. Januar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Folkethings wurde nach mehr⸗ tägiger Diskussion die motivirte Tagesordnung, welche die vom Ministerium veranlaßte Veröffentlichung des Königlichen Handschreibens vom 2. Januar (Erwiderung des Königs auf die vom Folkething am 18. Dezember v. J. an denselben gerichtete Adresse) mißbilligt und dagegen protestirt, daß der König dadurch in den Parteistreit hineingezogen werde, mit 57 gegen 31 Stimmen angenommen. Von Seiten des Ministeriums war im Verlaufe der Diskussion erklärt worden, daß die An⸗ nahme dieser Tagesordnung ohne praktische Folgen sei.
Amerika. (A. A. C.) Den Nachrichten einer neuen westindischen Post zufolge, haben sich die Städte Porto Plata, Santiago und Cibao in San Domingo zu Gunsten der Re⸗ volution des 25. November gegen Baez erklärt.
— Aus Havanna wird unterm 26. d. M. gemeldet: Der Direktor der Havanna⸗Lotterie ist auf Befehl des General⸗Kapi⸗ täns Jowellar verhaftet worden. .
— Nach New⸗Jmorker Meldungen vom 28 d. M. ist der Ontario⸗See an mehreren Stellen über seine Ufer getreten und ist dadurch ein erheblicher Schaden angerichtet.
Asien. Aus Calcutta wird den „Times“ unterm 26. d. M. gemeldet, daß Hrn. Forsyths Gesandtschaft am 27. November Jarkund verließ, um nach Kaschgar zu reisen. Sie wurde allenthalben freundlich bewillkommnet.
— Aus Feddo wird vom 14. d. M. gemeldet, daß dort ein Mordversuch auf den zweiten Präsidenten des Staatsraths Twaku ra statigefunden hat. Letzterer ist leicht verwundet.
Afrika. Vom Kriegsschaupkatz an der Goldküste liegen neue Nachrichten vor, die bis zum 11. d. Mts. reichen. Das Truppenschiff „Manitoban“ war am 28. Dezember mit dem 600 Mann starken 1. westindischen Regiment angekommen, das unverzüglich gelandet wurde. Die Ausschiffung der anderen Truppen ging ebenfalls regelmäßig von Statten und Alle wurden
gelandet und nach dem Kriegsschauplatze gesandt, mit Ausnahme des 23. Regiments, das wegen der Schwierigkeit, Trãger zur Fortschaffung der Munition und Vorräthe zu finden, sich wieder einschiffen mußte. Sir Garnet Wolselen war mit seinent Stabe
am Prah angekommen, wo er 17,000 irreguläre Truppen ver⸗
sammelt fand. Kapitän Glover war mit 1500 auserlesenen eingeborenen Truppen auf dem Marsche, um sich mit ihm zu vereinigen. Am Weihnachtstage hatte Letztgenannter einen harten Kampf mit dem Feinde am östlichen Voltaufer zu bestehen. Er landete eine Anzahl Truppen unter dem Schutze von Gatling⸗ kanonen und nach einem scharfen Gefecht mit den Awunahs warf er sie zurück. Die Nachrichten von der Marschlinie lauten günftig und man hat auch gefunden, daß das Innere bei Weitem gesunder als die Küste ist.
Die Nr. 8 des „Amtsblatts der Deutscheu Reichs⸗ Postverwaltung“ hat folgenden Inhalt: Generalverfügung vom 26. Januar 1874. Vereinfachtes Expeditionsverfahren bezüglich der Fahrpostsendungen ohne Werthangabe und der Postvorschüsse im Ver⸗ kehr mit Bayern und Württemberg. Generalverfügung vom 26. Januar 1874. Behandlung des Deutschen Portos bei der Nach⸗ oder Rücksendung von Fahrpostgegenständen nach fremden Postbezirken.
Reichstagsangelegenheiten.
In engeren Wahlen sind gewählt worden:
Im 8. Marienwerderschen Wahlbezirk (Deutsch⸗Crone) der Rittergutsbesitzer Lehr zu Kl. Nakel mit 5956 Stimmen. Der Gegner Gutsbesitzer Bredow⸗Zippnow erhielt 3631 Stimmen.
— Im 9. Frankfurter Wahlbezirk (Cottbus⸗Spremberg) Dr. Schacht in Lieskau mit 6216 Stimmen. Sein Gegner Dr. Köster in Schliechow erhielt 5382 Stimmen. .
— Im 2. Stettiner Wahlbezirk (Ueckermünde, Usedom⸗ Wollin) der Stadtrath Dr. Dohrn in Stettin mit 4725 Stimmen. Sein Gegner Kreisrichter Zachariae in Pasewalk erhielt 2837 Stimmen.
— Im 1. Bromberger Wahlbezirk (Czarnikau, Chodzie⸗ sen) der Rittergutsbesitzer von Klitzing-Dziembowo mit 11.088 Stimmen. Sein Gegner Propst Kwiatkowski erhielt 5901 Stimmen.
— Im 5. Coesliner Wahlbezirk (Neustettin) der Ritter⸗ gutsbesitzer von Arnim -⸗-Heinrichsdorf mit 4480 Stimmen. Sein Gegner Professor Dr. Dieterici in Charlottenburg erhielt 3730 Stimmen.
— Im 1I. Breslauer Wahlbezirk (Reichenbach-⸗Neurode) der Fabrikbesitzer Dr. Websky in Wüstewaltersdorf mit 9628 Stim⸗ men. Sein Gegner Graf zu Stolberg zu Peterswaldau erhielt 5858 Stimmen. .
— Im 3. Liegnitzer Wahlbezirk (Glogau): der Justiz-⸗Rath Dr. Braun in Berlin mit 5262 Stimmen. Sein Gegner Präsident Graf von Rittberg in Glogau erhielt 3508 Stimmeu.
— Im 2. schleswig⸗holsteinschen Wahlbezirk (Apenrade⸗ Flensburg): der Professor Dr. Hinschius in Berlin mit 7249 Stim- men. Sein Gegner, Hofbesitzer Krüger Beftoft erhielt 93 Stimmen.
— Im 8. Hannoverschen Wahlbezirk der Prof. Dr. Ewald zu Göttingen mit 13,216 Stimmen. Sein Gegner, Ober⸗-Gerichts— Anwalt Laporte, erhielt 8054 Stimmen.
— Im 5. Trierschen Wahlbezirk (Saarbrücken) der Ober⸗ Bergrath Bluhme in Bonn mit 9743 Stimmen. Sein Gegner, Advokat Dr. Muth in St. Johann, erhielt 5881 Stimmen.
— Im 9. Wahlkreise des Großherzogthums Hessen (Mainz): Domkapitular De. Mou fang mit 9281 Stimmen, Obergerichts⸗Rath Görtz erhielt 8424 Stimmen.
— Im Fürstenthum Reuß ältere Linie: Dr. H. B. Oppenh eimin Berlin mit 4151 Stimmen, Franz Kamigan in Cöthen erhielt 3257 Stimmen.
Landtags⸗Angelegenheiten.
Berlin, 29. Januar. In der Vormittagssitzung des Hauses der Abgeordneten am 27. d. M. nahm der Mi⸗ nister des Innern Graf zu Eulenburg über den Antrag des Abg. Kieschke, die Vorlegung einer neuen Städteordnung be— treffend nach dem Abg. Miquel das Wort:
Einen Theil desenigen, was ich dem Herrn Abg. Kieschke erwi⸗ dern wollte, hat der Herr Abg. Miquel übernommen; hinzufügen aber muß ich, daß ich einen solchen Antrag, wenn Sie ihn auch annehmen, nicht erfüllen kann — das sage ich Ihnen im Voraus. — Beim Be⸗ ginne der nächsten Session eine Städteordnung vorzulegen für die ganze Monarchie, das bin ich gar nicht im Stande. Vergegen wärtigen Sie sich doch gefälligst, was wir noch zu bewältigen haben. Wir sind heute in der Hälfte der Budget⸗Berathung, es liegen noch mehrere bedeutende Ge⸗ setze vor, und dennoch ertönt jetzt schon fortwäbrend die Klage: warum sind nicht schon wieder neue Vorlagen da!
Es ist ja ganz unmöglich, meine Herren, Gesetzentwürfe mit dieser Eile auszuarbeiten, unmöglich, sie hier zu berathen; die Gesetzgebung würde auf diese Weise sicherlich nicht gefördert werden. Lassen Sie uns zunächst die Kreisordnung und Provinzial-Ordnung für die Kreise und Provinzen erledigen, die der Reform am meisten be— dürftig sind. Um Ihnen eine Kreis- und Provinzial-Ordnung für die Rheinprovinz vorzulegen, wird es nothwendig sein, die Ge— meindeordnung in der Rheinprovinz und in Nassau zu repidiren. Das wird nach Schluß dieser Sesston meine erste Arbeit sein, und ich hoffe, Ihnen in der nächsten Session mit dieser Vorlage entgegen—⸗ kommen zu können. Aber an eine Städteordnung für die ganze Monarchie kann zur Zeit ich meine Hand nicht legen, das sage ich Ihnen im Voraus. Es wäre ja unaufrichtig von mir, wenn ich Ihnen etwas versprechen wollte, von dem ich im Voraus weiß, daß ich es nicht erfüllen kann.
— In der Abendsitzung des Hauses der Abgeordneten am 27. d. M. erklärte der Minister des Innern Graf zu Eulenburg in der Diskussion über den Etat des Ministeriums des Innern in Betreff der von dem Abg. Freiherrn von der Goltz beantragten Absetzung der Mehrkosten der Gensd'armerie, anknüpfend an die Earn gw? der Rede des Abg. Richter, welcher meinte, das Schweigen des Ministers sei beredter als die Sprache des militärischen Kommissars:
Ich möchte das Schweigen brechen. Von denselben Bänken, von denen zwar nicht durchschlagende, aber häufige Angriffe gegen die Schutzmannschaft gemacht worden sind, erhebt man heute den Anspruch, das Institut der Gensd'armerie, was allseitig verdiente Anerkennung findet, in die Kategorie der Schutzmannschaft uz stellen. Ich muß sagen, das ist mindestens nicht konsequent. Ich kann gar keine Garantie dafür übernehmen, daß das vorzügliche Institut der Gend'armerie, welches die ihm gezollte Anerkennung voll⸗ ständig rechtfertigt, und in welchem auch Sie die gründlichste Garantie für die Abwehr der Uebelstände finden, mit denen wir auf polizeilichem Boden zu kämpfen haben — so daß Sie keinen Anstand nehmen, die Vermehrung der Gensd'armerie gut zu heißen, — ich kann keine Ga— rantie dafür übernehmen, daß dieses Institut seine bisherige Voll—= kommenheit — natürlich meine ich nur seine relative Vollkommen heit — auch bewahrt, wenn es der militärischen Disziplin und der militärischen Aufsicht entzogen wird. .
Ich bestreite, daß die Aeußerung des Herrn Abgeordneten Richter begründet sei, daß die Mehrzahl der Leute, welche das Institut unter ihren Augen funkticniren sehen, der Ansicht des Herrn Referenten in dieser Frage sind und die militärische Aufsicht des Instituts beseitigt wünschen. Ich weiß, wo diese Konflikte liegen; sie liegen in einzelnen eigen= sinnigen Landräthen und kleinigkeitskramenden Distriktsoffizieren. Beide