— Zhre Majestät die Kaiserin⸗Königin empfing gestern Abend die anwesenden Mitglieder der Königlichen Familie und Fürstlichkeiten, die Botschafter, Generale und Minister, das diplomatische Corps, die Präsidien der beiden Häuser des Land⸗ tags, viele Personen der hiesigen Gesellschaft und vorzustellende Fremde, sowie die Vertreter der Stadt, der Wissenschaft und Runst im Königlichen Schlosse, wo im Elisabethsaale das große Konzert unter Leitung des Ober⸗Kapellmeisters Taubert und Mitwirkung der Sängerinnen Mallinger und Lehmann, sowie der Kammersänger Beß und Niemann stattfand.
— Der Bundes rath, sowie die vereinigten Ausschüsse für das Landheer und die Festungen und für Rechnungswesen hielten heute Sitzungen. 6
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— Bis zum 11. Januar d. J. waren in den Münz⸗ stätten des Deutschen Reichs in Zwanzigmarkstücken S818, 931,250 Mark und in Zehnmarkstücken 1986045810 Mark ausgeprägt worden. ö 2
Die Gesammt⸗Ausprägung in Reichs- Goldmünzen stellt sich daher bis zum 17. Januar 1874 auf 1,017, 935.610 Mark, wovon 818, 9315260 Mark in Zwanzigmarkstücken und 199 004,350 Mark in Zehnmarkstücken bestehen. In der Woche vom II. bis 17. Januar 1874 sind ferner geprägt in Zehn⸗ markstücken: in Berlin 350,450 Mark, in Frankfurt a. M. 49,080 Mark. 1 7 232
An Reichs-Silbermünzen und zwar in 1 Markstücken waren bis zum 11. Januar d. J. 2 818,934 Mark und in Zwanzigpfennig⸗ stücken 1,791,047 Mark 20 Pf. ausgeprägt worden. In der Woche vom 1I. bis 17. Januar 1874 sind ferner geprägt in 1 Mark⸗ stücken: in Berlin 1611286 Mark, in Hannover 90,203 Mark, in Frankfurt 868 Mark, in München 126590. Mark, in Stuttgart 45, 041 Mark, in Karlsruhe 54 000 Mark, in Zwanzig⸗ pfennigstücken: in Hannover 45,298 Mark, in München 4.4958 Mark 20 Pfennige, in Dresden 50, 000 Mark, in Stuttgart 31,509 Mark 20 Pfennige, in Karlsruhe 32000 Mark, in Darmstadt 13,200 Mark, mithin stellt sich die Gesammt⸗Aus⸗ prägung in Reichs⸗-Silbermünzen auf 4 609,981 Mark 20 Pfen⸗ nige und zwar in 1 Markstücken 2,818,934 Mark und in Zwanzigpfennigstücken 17915047 Mark 20 Pfennige.
An Reichs⸗Nickelmünzen und zwar in Zehn Pfennigstücken waren bis zum 11. Januar d. J. 421, 962 Mark 50 Pf. ausgeprägt worden.
In der Woche vom 11. bis zum 17. Januar 1874 sind ferner in solchen Stücken geprägt: in Berlin 38,545 Mark 10 Pf., in Frankfurt a. M. 13,225 Mark 590 Pf., in München 7480 Mark 30 Pfennige, in Stuttgart 15,947 Mark 80 Pfen⸗ nige, in Darmstadt 6875 Merk, mithin Gesammt⸗ Ausprägung in Reichs⸗Nickelmünzen 503,136 Mark 20 Pfennige.
An Reichs⸗Kupfermünzen waren bis zum 11. Januar d X. und zwar in 2 Pfennigstücken 42,978 Mark 10 Pfennige und in 1 Pfennigstücken 2794 Mark 30 Pf. ausgeprägt worden. In der Woche vom 11. bis 17. Januar 1874 sind an 2 Pfen⸗ nigstücken ferner geprägt: in Berlin 2647 Mark 30 Pfennige, in Hannover 3885 Mark 70 Pf., in München 2073 Mark 16 Pfennige, in Stuttgart 1393 Mark 39 Pfennige, in Karlsruhe 2968 Mark 22 Pfennige, in Darmstadt 450 Mark; an 1 Pfen⸗ nigstücken in Berlin 594 Mark W Pfennige, in München 517 Mark 66 Pfennige, mithin eine Gesammt-Ausprägung in Reichs⸗ Kupfermünzen von 60712 Mark 64 Pfennige, und zwar in 2 Pfennigstücken 56,805 Mark 78 Pfennige, in 1Pfennigstücken 3966 Mark 86 Pfennige.
— Im weiteren Verlaufe der gestrigen Sitzung des Hauses der Abgeordneten wandte sich die Berathung des Stats des Ministeriums der geistlichem ꝛe. Angelegen⸗ heiten zu dem Kapitel 124 (Etats für Gymnasien und Real⸗ schulen) und zwar hauptsächlich zu den beiden Titeln 4 und 5H, pon denen Titel 4 die Zuschüsse für die vom Staate zu unter⸗ stützenden Anstalten, Titel h die Position zur Erfüllung des
TLormaletats von 1872 bei Gymnasien und Realschulen 1 Ord⸗ nung und zu Besoldungsverbesserungen für technische Hülfs⸗ und Elementarlehrer an diesen Anstalten, sowie für die Dirigenten und Lehrer an allen höheren Unterrichts⸗ anstalten enthält. Zu Titel 4 beantragte der Abg. Schröder (Lippstadty, die Staatsregierung aufzufordern: Auf die Durchführung des Normal⸗-Besoldungs⸗Etats beim Gym⸗ nasium zu Brilon Bedacht zu nehmen und die dazu erforderlichen Mittel bei Aufstellung des Etats pro 1875 da⸗ durch bereit zu stellen, daß der Staatszuschuß für Brilon auf mindestens 3500 Thlr. gebracht wird. Zu Titel 5H beantragte die Budgetkommission folgenden Vermerk. hinzuzufügen: „Aus diesem Fonds können auch, insoweit sich hier ein Bedürfniß herausstellt, den nicht ausschließlich vom Staate unterhaltenen höheren Unterrichtsanstalten Behufs Bewilligung von Wohnungsgeldzuschüssen an die Dirigenten und Lehrer, Beihülfen ertheilt werden.“
Der Referent Abg. Miquel bedauerte, daß eine Durchfüh⸗ rung des Normaletats an allen höheren Lehranstalten noch nicht möglich gewesen wäre, hoffte aber, daß in diesem Jahre energisch daran gegangen würde. Er empfahl die Annahme des Vermer⸗ kes, um die Kommunen zu unterstützen. Der Abg. von Schor⸗ lemer⸗Alst machte darauf aufmerksam, daß eine von Gymna⸗ siasten herausgegebene Zeitschrist „Walhalla“ und die zur Redaktion und Unterhaltung derselben gebildete Verbin⸗ dung nicht wie seiner Zeit die katholischen Gymnasiasten⸗ Vereine aufgehoben wäre. Hierauf erwiderte der Mi—⸗ nister der geistlichen u. s. w. Angelegenheiten Dr. Falk, daß dieselbe wohl nächstens aufhören würde, da eine Bedin⸗ gung, die Mitwirkung der Lehrer, nicht erfüllt zu sein schiene. (S. unter Landtags⸗Angelegenheiten. — Der Abg. Kantak be⸗ schwerte sich über das Fehlen des Religions⸗-Unterrichts an den polnischen Gymnasien, da man auch den Privatunterricht unter⸗ fage; besonders vom Marien⸗Gymnasium in Posen würden alle polnischen Lehrer entfernt. Der Kultus⸗Minister Dr. Falk er⸗ widerte. (S. unter Landtags⸗Angelegenheiten — Hierauf folgte die Diskussion über den Antrag des Abg. Schröder (Lipp⸗ stadt). Nachdem der Antragsteller seinen Antrag begründet und der Geh. Ober⸗Regierungs⸗Rath Dahrenstedt Namens der Re⸗ gierung sich gegen denselben erklärt hatte, wurde auf Antrag des Abg. Lasker über denselben zur Tagesordnung übergegangen. — Eine längere Diskussion rief der Antrag der Budget⸗Kom⸗ mission hervor; es betheiligten sich an derselben die Abgg. Lucius, welcher gegen, Bethusy⸗Hue, Dr. Eberty und Dr. Techow, welche dafür sprachen. Nach einer Erklärung des Finanz⸗Ministers Camphausen (S. unter Landtags⸗Angelegenheiten) wurde die Po⸗ sttion auf dem Vermerke genehmigt. Schluß 44 Uhr.
— In der heutigen (10) Sitzung des Hauses der Ab⸗ eordneten, welcher am Ministertisch die Staats Minister Camp⸗ ö Dr. Falk und Dr. Achenbach mit mehreren Regierungs⸗
Kommissarien beiwohnten, wurde zunächst der Nachweis über die Verwendung des Fonds für das Jahr 1872 zu unvarherge⸗ sehenen außerordentlichen Ausgaben für die Staats⸗Eisenbahnen an die Budgetkommission verwiesen. Dann wurden die Gesetzentwürfe, betreffend die anderweite Regelung der Gebühren für die Voll⸗ streckung der Exekutionen Seltens der Verwaltungsbehörden in den Hohenzollernschen Landen, und betreffend die Ablösung der den geistlichen und Schulinstituten, sowie den frommen und mil⸗ den Stiftungen u. s. w. in der Provinz Hannover zustehenden Realberechtigungen, in dritter Berathung definitiv angenommen.
Hierauf setzte das Haus die zweite Berathung des Etats des Ministeriums der geistlichen u. s. w. Angelegen⸗ heiten fort. Zu Kap. 125 (Elementarunterricht) Tit. 1 und 2 Schullehrer⸗Seminarien und Präparanden⸗Anstalten) lagen die Anträge der Budget⸗Kommission vor, die Königliche Staats⸗ regierung aufzufordern, a. für das Jahr 1875 1) den Besoldungsfonds der Direktoren und Lehrer der Seminarien (Stellenzahl und Gehaltssätze); 2) die fonstigen persönlichen Ausgaben; 3) die sächlichen Ausgaben nach getrennten Titeln in den Etat aufzunehmen und in entsprechender Weise mit Tit. 2, Präparandenanstalten, zu verfahren; b. in dem Etat für 1875 die konfessionellen Bezeichnungen der Seminarien und Präparandenan⸗ stalten, soweit sie Staatsanstalten sind, sowie in dem bezüglichen Extraordinarium wegfallen zu lassen. Der Referent, Abg. Dr. Wehrenpfennig, rechtfertigte diefe Anträge; der Abg. Kiesel empfahl die Seminarlehrer der Regierung zur besonderen Be⸗ rücksichtigung bei dem zu erlassenden Unterrichtsgesetz; eine längere Diskussion knüpfte sich besonders an den letzten
Mallinckrodt, Dr. von Gerlach dagegen, die Abgg. Dr. Techow und Dr. Haenel sich für denselben erklärten. Nach einigen kur— zen Bemerkungen des Referenten wurden die Titel mit den An⸗ trägen der Budget⸗Kommission angenommen. — Die Diskussion wandte sich zunächst dem Extraordinarium zu und zwar den Positionen für den Bau von Seminargebäuden, wozu die Budget⸗Kommission den Antrag stellt:
Die Königliche Staatsregierung aufzufordern, die Errichtung von Seminar-Internaten fortan möglichst zu vermeiden, sowie bei der in Berent, Warendorf, Fulda, Usingen und Mettmann in Aus— sicht genommenen Einrichtung das Internat nur so weit auszu⸗ , die örtlichen Verhältnisse es unbedingt nothwendig machen.
Nachdem der Referent Abg. Dr. Wehrenpfennig diesen An⸗ trag begründet hatte, befürworteten die Abgg. Kiesel und Dr. Techow denselben aus praktischen Gründen. Der Regierungs⸗ kommissar, Geheimer Regierungs-⸗Rath Schneider, machte darauf aufmerksam, daß die Frage, ob Internat oder Externat, von pädagogischer Seite noch nicht entschieden sei; das Externat biete viele Gefahren, die im Inter⸗ nate nicht vorhanden wären. Im Uebrigen sei die Staatsregie⸗ rung mit der Resolution einverstanden. Nachdem noch der Abg. v. Mallinckrodt sich gegen, der Abg. Miquel sich für die Reso— lution erklärt, wurde dieselbe angenommen. 23
Bei Schluß des Blattes wandte sich die Berathung dem Titel Elementarschulen zu.
— Die diesjährigen Frühjahrs-Besichtigungen des Garde⸗Corps werden nach Allerhöchster Bestimmung wie folgt stattfinden: 18. April. Eintreffen des Füsilier⸗Bataillons 3. Garde⸗Grenadier⸗Regiments, Königin Elisabeth, in Spandau. 28. April. Besichtigung des 4. Garde⸗Regiments zu Fuß und des 3. Garde Grenadier⸗Regiments, Königin Elisabeth, bei Spandau. 54 April Besichtigung des Kaiser Alexander Garde⸗ Grenadier⸗Regiments Nr. 1, des Kaiser Franz Garde⸗Grenadier⸗ Regiments Nr. 2 und des Garde⸗Schützen⸗Bataillons bei Berlin und Abmarsch des Füsilier⸗Bataillons des 3. Garde⸗Grenadier⸗ Regiments, Königin Elisabeth, nach Wrietzen a/ O. 1. Mai. Besichtigung des 2. Garde⸗Regiments zu Fuß, des Garde⸗-Füsi⸗ lier Regiments und des Garde⸗Pionier⸗Bataillons bei Berlin. 2. Mai. Besichtigung des 1. Garde⸗Regiments zu Fuß, des Garde⸗Jäger⸗Bataillons und der Unteroffizierschule bei Potsdam. 22. Mai. Große Parade bei Berlin. 23. Mai. Große Parade in Potsdam. 27. Mai. Zusammenziehung des Regiments der Gardes du Corps⸗ und des 3. Garde⸗Ulanen⸗Regiments bei Potsdam. 9. Juni. Besichtigung der Garde⸗Feld⸗Artillerie Brigade bei Berlin. 10. Juni. Besichtigung des Garde⸗Kürassier⸗Regiments und des 1. Harde⸗Dragoner⸗Regiments bei Berlin. 11. Juni. Besich⸗ tigung des 2. Garde⸗Dragoner⸗Regiments und des 2. Garde⸗ Ulanen⸗-Regiments bei Berlin. 12. Juni. Besichtigung des Garde⸗Husaren⸗Regiments und des 1. Garde⸗Ulanen⸗Regiments bei Potsdam. 13. Juni. Besichtigung des Regiments der Gardes du Corps und des 3. Garde⸗Ulanen⸗Regiments bei Potsdam. 15. Juni. Rückkehr der detachirten Escadrons des Regiments der Gardes du Corps und des 3. Garde⸗Ulanen⸗ Regiments in ihre Garnisonen.
Sämmtliche Besichtigungen bei Berlin beginnen um 9 Uhr Vormittags; diejenigen in und bei Potsdam, wenn sie im Lust⸗ garten abgehalten werden, um 9! Uhr, wenn sie dagegen auf dem Bornstaedter Felde abgehalten werden, um 9 / ühr Vor⸗ mittags; diejenigen in Spandau um 93½ Uhr Vormittags.
Die große Parade bei Berlin beginnt um 10 Uhr, die⸗ jenige in Potsdam um 11 Uhr Vormittags. 7
— Ein aus Berlin den 27. Januar datirter Artikel der „Rheinischen Zeitung“ beginnt wie folgt: „So lange die Klagen über allzustarke Steigerungen in den Einfchätzungen zur Ein— kommensteuer nur in Berlin laut wurden, konnte man glauben, daß es sich nur um die falsche Beurtheilung der Verhältnisse Seitens einer einzelnen Einschätzungs-Kommission handle, nach⸗ dem aber derartige Klagen in allen Theilen des Landes laut werden, darf man wohl der Mittheilung des „Börs.⸗Cour.“ Glauben schenken, welcher auf das Bestimmteste erfahren haben will, daß Herr Camphausen ausdrücklich verfügt hat, es solle nicht nur auf die bedenklichen wirthschaftlichen Verhältnisse des Vorjahres bei der Schätzung keinerlei Rücksicht genommen wer⸗ den, sondern es solle überall, wo das irgend thunlich, auf eine Erhöhung der Einkommenschätzung hingewirkt werden.“
Diese Mittheilung ist unrichtig; es existirt weder die erwähnte Verfügung, noch ist überhaupt Seitens des Finanz⸗Ministerii eine Aufforderung zur Erhöhung der Einkommenschätzung behufs der Steuerveranlagung erlassen worden.
*r Chef der Admiralitãt, General⸗Lieutenant Staats⸗ Minister von Stosch ist von seiner Dienstreise nach Kiel hier⸗ her zurückgekehrt.
— Der General⸗Major und Commandeur der 2. Infanterie⸗ Brigade Walther von Mon barmy ist von ö i. Pr. hier angekommen. .
— Am 26. d. M. verstarb zu Bückeburg im 88. Lebens⸗
Antrag, indem sich die Abgg. Dr. Windthorst (Meppen), von
Horst. Derselbe war geboren zu Charlottenburg am 19 Oktober 786 und der Letzte von den Offizieren, welche, bei Schills Husaren⸗Regiment stehend, mit diesem den Zug nach Stralsund ausführten. Der Verstorbene hat in den Feldzügen von 1806/7, 1812, 1813 —= 15 mit Auszeichnung gefochten und kommandirte viele Jahre hindurch das 3. jetzt Zietensche Husaren⸗Regiment und zuletzt die Kavallerie⸗Brigade in Trier. Nach einer lãnger als 50 jährigen Dienstzeit, einschließlich der Feldzugsjahre, erbat er im Jahre 1848 den Abschied. .
— Der Major im schweizerischen Generalstabe von Mechel ist zur Besichtigung der Militärschießschule in Spandau komman⸗ dirt worden und zur Abstattung persönlicher Meldungen hier eingetroffen.
— Auf Allerhöchsten Befehl haben die Hofprediger Hen m und D. Kögel unter dem Titel: Zum Gedächtniß an die verewigte Königin Elisabeth Luise von Preußen“, eine kleine Schrift herausgegeben, welche soeben im Verlage von Th. Chr. Fr. Enslin hierselbst erschienen ist. Dieselbe enthält einen Vorbericht des Hofpredigers Heym über den Heimgang der Hochseligen Königin, welcher einer zum Gedächtniß Ihrer Majestät am 4. Adventssonntage in der Friedenskirche gehaltenen Predigt entnommen ist; die Beschreibung des Leichenbegängnisses Ihrer Hochseligen Majestät in der Friedenskirche am 20. Dezember 18573, die Bekanntmachung durch den Ober⸗Kirchenrath über das Ableben der verwittweten Königin und die Predigt des D. Kögel am 4. Adventssonntage, 21. Dezember, gehalten im Dom hierselbst.
Bayern. München, 29. Januar. Die Kammer der Abgeordneten beschloß heute bezüglich der provisorischen Steuererhebung: Die Regierung ist ermächtigt, die Steuern nach den bestehenden Normen bis zum 30. Juni 1874 zu erhe⸗ ben; den Tarif für den Personentransport auf den Staats⸗ eisenbahnen in erster Klasse um 154, in zweiter um 15, in drit⸗ ter um 10) Prozent zu erhöhen; den Beamten, dem Bediensteten⸗ Personal, den Pensionirten, den Beamtenwittwen und den Waisen für die erte Hälfte des Jahres 1874 eine provisorische Zulage von 20, 15 und 10 Prozent zu gewähren; endlich für Erhöhung der Bezüge der Gensd'armen ein Mehr von 119,036 Gulden zu verwenden.
Die Kammer der Reichsräthe stimmte dem Gesetzent⸗
den Beschlüssen der Kammer der Abgeordneten bei und nahm den Gesetzentwurf über die provisorische Steuererhebung an. Mor⸗ gen Vormittags 10 Uhr wird in der Kammer der Abgeordneten und in der Kammer der Reichsräthe das Allerhöchste Dekret der Vertagung des Landtags publizirt werden. Im Verlauf des heutigen Nachmittags hat sich bereits ein Theil der Abgeordneten in die Heimath begeben.
— Der telegraphischen Mittheilung bezüglich des in Anre⸗ gung gebrachten Projekts des Ankaufs der bayerischen Ostbahnen durch den Staat fügt die „Allg. Ztg. vorerst noch bel, daß Herr von Schlör einen diesfälligen Initiativ⸗Gesetz⸗ entwurf, aus fünf Artikeln, mit eingehenden Motiven, e , der Kammer der Abgeordneten in Vorlage bringen wird. Gs soll dies aus dem Grunde noch vor der Vertagung des Land⸗ tags geschehen, damit in der Zeit bis zum Wiederzusammentritt der Kammer der allerdings sehr wichtige Gegenstand in einge⸗ hender Weise und nach allen Seiten hin erörtert werden kann.
— 30. Januar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung Zweiten Kammer gelangte die Interpellation des Abg. Ap⸗ pellationsgerichts Raths Dürrschmidt zur Berathung, ob dem Kultus-Minister die aus Anlaß der Reichstagswahl von den katholischen Bischöfen und zwar mit Umgehung des Königlichen Placet erlassenen Hirtenbriefe bekannt seien und ob hierin nicht eine gesetzwidrige, die Verfassung verletzende Handlung ge⸗ funden werden müsse, gegen welche Seitens der Staatsregierung einzuschreiten sei Kultus⸗Minister v. Sutz verneinte die ge⸗ stellten Fragen und erklärte, daß keine gesetzlichen Bestimmungen vorhanden seien, aus denen die Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Bischöfe, so erhebliche Bedenken dasselbe auch zu erregen geeignet sei, nachgewiesen werden könne. Eine Verpflichtung zur Einholung des Königlichen Placet bestehe nur für die Ver⸗ öff ntlichung von kirchlichen Gesetzen, Verordnungen und Anord⸗ nungen. In den gedachten Hirtenbriefen könnten aber nur religiöse Mahnungen gefunden werden, wie dergleichen häufig von der Kanzel erlassen würden und niemals beanstandet wor⸗ den seien.
Am Schlusse der Sitzung verlas der Minister des Innern, v. Pfeufer, ein Königliches Dekret, durch welches die Kammer bis auf Weiteres vertagt wurde.
Sachsen. Dresden, 30. Januar. In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer interpellirte der Abg. Philipp die Regierung wegen der für die in der Nähe von Militäͤr⸗ Schießstätten belegenen Gemeinden bei der jetzigen Tragweite der Feuerwaffen sich ergebenden Uebelstände und Gefahren. Der Kriegs⸗Minister General der Kavallerie von Fabrice antwortete, daß das Kriegs-Ministerium das Vorhandensein dieser Uebel⸗ stãnde vollständig anerkenne und ihrer Beseitigung fortgesetzt seine Aufmerksamkeit widme. Nach kurzer Diskussion bewilligte die Kammer 259,000 Thlr. zur Vollendung des Rothschönberger Stollns. Die Forderung von 900 900 Thlr. zum Neubaue eines Zeughauses, sowie einer Kaserne für ein Infanterie⸗Bataillon und von 1,520 009 Thlr. zur Errichtung anderer neuer Militär⸗ Etablissements in Dresden, mit welcher im Laufe der jetzigen Finanzperiode vorgegangen werden soll, wurde nach längerer Debatte mit 65 gegen 7 Stimmen bewilligt.
Leipzig, 36. Januar. Bevor der König sich gestern Morgen in Begleitung des Prinzen Georg nebst Gefolge zur Jagd auf Ehrenberger Revier begab, statteten die Hohen Herr⸗ schaften dem Neuen Schützenhause einen kurzen Besuch ab. Das Ergebniß der Jagd waren 20 Rehe, 60 Hasen und einige Ka⸗ ninchen. Die Königin besuchte mit Gefolge Nachmittags mehrere Geschäfte und kehrte in der vierten Nachmittagsstunde in das Königliche Palais zurück. Am Abend beehrten beide Majestäten und der Prinz Georg das Gewandhauskonzert mit ihrem Be⸗ suche, nach dessen Beendigung Prinz Georg 9 Uhr 50 Minuten nach Dresden sich zurückbegab. Bei ihrem Erscheinen wurden die Majestäten von dem Publikum durch Erhebung und Hoch⸗ rufe ehrfurchtsvoll begrüßt. Die den Beginn des Konzerts bil⸗ dende Sachsenhymne hörte das Publikum gleichfalls stehend an, wie dasselbe sich auch von den Sitzen erhob, als Ihre Majestä⸗ ten nach Beendigung des Konzerts den Saal verließen.
Heute Vormittag 8 Uhr hörte die Königin in der katholi⸗ schen Kirche die Messe, während sich Se. Majestät um 9 Uhr zu Fuße nach dem Augustusplatze begab, woselbst das hier gar⸗ nisonirende 8. Infanterie Regiment Prinz Johann Georg Nr. 107 in Parade aufgestellt war. Nach Beendigung der Revue
jahre der General⸗Lieutenant a. D. Freiherr Wilhelm von der
attete der König dem städtischen Museum einen Besuch ab. . 10 Uhr ab gedenkt Ihre Majestãt mehrere Wohlthätigkeits⸗
1874
wurfe über Vervollständigung der Eisenbahneinrichtungen nach.
schuldigen Rücksichten entsptechen würde,
Instituten in Augenschein zu nehmen. Nachmittags 4 Uhr fin⸗ det durch Se. Majestaͤt Empfang des Kaiserlichen Reichs⸗Ober⸗ Handels gerichts in corpore statt. Um 5 Uhr findet große Kö⸗ nigliche Tafel im Palais statt. Am Abend wird zu Ehren Ihrer Königlichen Majestäten eine allgemeine Illumination der offentlichen und Pri atgebäude und Seiten der gesammten Stu— dentenschaft ein großer Fackelzug veranstaltet.
Württemberg. Stuttgart, 29. Januar. Das Regie⸗ rungsblatt Nr. 3 prõmulgirt folgende Gesetze: Gesetz, betreffend die Abänderung des Gesetzes vom 8. September 18352 über die Abgabe von Hunden, vom 16. Januar 1874; Gesetz, betreffend die Verwendung des württembergischen Antheils an dem Ueber⸗ chusse aus der Verwaltung der französischen Landesposten durch bie deutsche Reichspostverwaltung während des Krieges gegen Frankreich in den Jahren 1850 und 1871, vom 16. Januar Gesetz, betreffend die Erhöhung der Gehalte der Lehrer an Volksschulen, vom 22. Januar 1874.
— 30 Januar. (W. T. B.) Die Zweite Kammer hat eute mit 80 gegen 2 Stimmen 79 Millionen Gulden zur An⸗ rn, neuer Gewehre und Geschütze bewilligt.
Hessen. Darm stadt, 29. Januar. In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer der Stände wurde bei Be⸗ 33 der Anträge der Abgeordneten Möllinger und Ullmann wegen Aufhebung des Gesetzes vom 14. August 1867, die Auf⸗ bringung der Kosten für das zur Erbauung von Eisenbahnen erforderliche Gelände betreffend, u. s. w. die Regierung ersucht, auf gütliche Festsetzung der den Gemeinden auf Grund des er⸗ wähnten Gesetzes zur Last fallenden Beträge möglichst hinzu⸗ wirken und demnächst die Frage, ob die den Gemeinden zur Last fallenden Beträge definitiv auf die Staatskasse übernommen werden sollen, in Erwägung zu ziehen und eventuell den Stän⸗ den desfallsige Vorlage zu machen. Weiter wurde gelegentlich der Berathung einer Petition versch edener Lehrer an die Regie⸗ rung das Ersuchen gerichtet, die Pensionen der vom 1. Januar bis 26. November 1872 pensionirten Lehrer nach Maßgabe der hiernächst nachträglich erfolgten Besoldungserhöhungen zu nor⸗ miren. Endlich erhielt der Gesetzentwurf über die Abgrenzung der Landtags-Wahlbezirke die Genehmigung der Kammer.
Nach Erledigung der Tagesordnung nahm anläßlich einer Anfrage des Abg. Schröder, bezüglich der Rachtrag-etats und Befoldungserhöhungen, der Abg. Metz das Wort, um als Vor⸗ sitzender des Finanzausschusses zu konstatiren, daß die Gerüchte über Konflikte zwischen dem Finanzausschuß und der Regierung, ein Ultimatum des Ersteren u. s. w total unrichtig seien, sowie um weiter zu bemerken, daß Seitens des Finanzausschusses diese Frage als die dringlichste betrachtet werde. Der Abg. Metz kam zum Schluß noch auf die Opportunität provisorischer Be⸗ willigungen zu sprechen und erklärte, daß der Finanzausschuß, falls die Regierung jetzt schon definitive Entschließungen zu fassen in der Lage sei, folchen nicht widerstrebe. Der Minister⸗ Präsident Hofmann glaubt, daß die allerneuesten Dispofitionen der Regierung wohl die Frage der provisorischen Verwilligung einer Lösung entgegenführen würden.
390 Januar. (W. T. B.) Die Zweite Kammer macht das Zustandekommen des Volksschulgesetz es von der Ge⸗ nehmigung des Beschlusses abhängig, daß in den öffentlichen Schulen Mitglieder eines geistlichen Srdens als Lehrer nicht zu⸗ gelassen werden dürfen.
Mecklenburg. Schwerin, 30. Januar. Die Er⸗ 5ffnung des außerordentlichen Landtags wird am Sonntag, den 1. Februar, Mittags 1 Uhr, im Großherzoglichen Schlosse stattfinden. Zu Landtags⸗Kommissarien sind der Mi⸗ nister⸗Präsident Graf v. Bassewitz und der Staatsrath Wetzell bestimmt. Man wird nicht in Uniform erscheinen. Auch bei den in den nächsten Wochen bevorstehenden Hoffesten wird nach der früher bereits veröffentlichten Bekanntmachung des Hof— marschallamtes vom 17. d. M. keine Gala angelegt werden.
Rostock, 29. Januar. Auf die von hier abgegangene Petition, betr. Veröffentlichung der für den außerordentlichen Landtag bestimmten Vorlage und Gestattung von Versamm⸗ lungen zur Besprechung der Verfassungs-Angelegenheit im ganzen Lande, event. einer Verfammlung in Rostock, ist, wie die „R. Ztg.“ mittheilt, das nachstehende Reskript ein⸗ gegangen: .
„Auf das Gesuch vom 19. 20. d. M. wird Ihnen hiermit er⸗ widert, daß, da die von Ihnen gewünschte schleunige amtliche Veröf⸗ fentlichung der dem bevorstehenden außerordentlichen Landtage zu machenden Vorlagen weder der im hiesigen Lande wie in anderen Staaten bestehenden Ueblichkeit noch den der Landtags Versammlung Ihrem desfallsigen Antrage uscht zu willfahren ist und damit Ihre welteren Anträge gegenstands⸗ los geworden sind.
Schwerin, den 26. Januar 1874.
Großherzoglich mecklenburgisches Ministerium des Innern. Wetzell.“
Braunschweig. Braunschweig, 30. Januar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Landesversamm⸗ lung fand die erste Lesung des Gesetzentwurfs, über die künftigen Wahlen zum Landtage statt. Der §. 2 destelben, welcher die Einführung der direkten ge⸗ heimen Abstimmung vorschlägt, wurde bei namentlicher Ab⸗ stimmung mit 29 gegen 16 Stimmen abgelehnt. lehnung stimmten saͤmmtliche ländliche Abgeordnete.
Anhalt. Dessau, 28. Januar. Von der Kommission für innere Verwaltungssachen war der dringende Antrag gestellt worden, der Hohe Landtag wolle die Herzogliche Staatsregie⸗ rung ersuchen, von dem Entwurfe einer neuen Gemeinde ⸗Ord⸗ nung für jetzt abzusehen und der Landtag selbst wolle über den berelis vorliegenden Entwurf in pleno nicht weiter berathen. Staats-Minister Dr. v. Larisch beleuchtete in der heutigen De⸗ Patte den Standpunkt, welchen die Staatsregierung dieser Ge⸗ meinde⸗Ordnungsfrage gegenüber eingenommen und zeigte, in⸗ wiefern dieselbe ein dringendes Bedürfniß sei und die Grund⸗ lage bilde, an die sich andere Gesetze — das Schullasten⸗ Pa⸗ rochial⸗ Unterstützungswohnsitz, Wegegesetz ꝛ. organisch an⸗ fügen könnten. Daß nicht gleich damals (im ersten Stadium) eine Vereinbarung stattgefunden habe, sei bedauerrich. Uebrigens sei man über die Verhältnisse erst nach den Reichstagswahlen recht klar geworden. Die Stadtgemeinden seien dadurch in eine gewisse Aufregung versetzt. Das Klassensystem erscheine an sich als das richtige. Die Staatsregierung könne in Bezug anf diese Sache kein Vorwurf treffen, die⸗ selbe sei auch jetzt noch bereit, auf ein Provisorium einzugehen. Ein Interim sei bedenklich. Da ferner die Steuereinschätzung sehr niedrig sei, so würde der Census von 300 Thlrn. viele von der Wahl ausschließen, die bei Durchführung des Klassen⸗ systems berechtigt blieben. Man müsse auch die Regelung dieser Verhältniffe im Auslande, z. B. in Frankreich mit seinem Cenfus, im Auge behalten. Der Landtag beschloß, von der
Für die Ab⸗
weiteren Erwägung des vorgelegten Entwurfs der Gemeinde⸗ ordnung ganz abzustehen. Darauf folgte der Bericht der Kommission für Finanzangelegenheiten über den Abschluß der Herzoglichen Staatsschulden⸗ Verwaltungs kasse für das Jahr 1872. Die Aktiva stellen sich auf 2879, 087 Thlr., die Passiva auf 5,213,830 Thlr. Der Antrag, daß der hohe Landtag Decharge ertheilen wolle, ward einstimmig angenommen und darauf durch Schlußabstimmung der die Abänderung des 5. 26 der Land⸗ schaftsordnung betreffende Gesetzentwurf genehmigt. Ueber den die Erbschaftssteuer betreffenden Gesetzentwurf berichtet darauf der Abg. Pötsch. Die Vorlage, die sich mit Ausnahme von zwei Paragraphen an das preußis che Erbschaftssteuergesetz ans chließt, hat in der Kommission allgemeinen Beifall gefunden. Der Ent⸗ wurf wurde genehmigt und danach auch der Antrag der Kom⸗ mission, daß das Gesetz erst mit dem 1. März 1874 in Kraft treten solle.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 29. Januar. Das Haus der Abgeordneten wählte heut die Mitglieder der Staats⸗ schulden Kontrolkommission sowie des konfessionellen Ausschusses. Harrant interpellirte betreffs der Verzögerung der Wahl an Stelle Jungbauers, dessen Wahl annulirt worden. Steudel be⸗ antragte die Einsetzung eines Ausschusses zur Untersuchung der Gründe der Kohlentheuerung. Die Regierungsvorlage über die Aktiengesellschaften wurde einem aus dem ganzen Hause zu wählenden Achtzehnerausschusse zugewiesen. Die letzthin ge⸗ wählten Ausschüsse konstituirten sich.
Pe sth, 29. Januar. Der Gesetzentwurf über die schwebende Schuld der Ostbahn wurde von 8 Sektionen angenommen und in der neunten mit Einer Stimme Majorität abgelehnt. Referent des Centralausschusses ist Karl Oetvös.
In der Abendsitzung des Abgeordnetenhauses wurde von der Rechtskommisston der Rotariatsgesetzentwurf und vom Centralausschusse der Bericht über den Ostbahn⸗Gesetzentwurf vorgelegt; letzterer wurde auf die Tagesordnung der Sonnabend abzuhaltenden Sitzung gesetzt.
Großbritannien und FIriand. London, 28. Januar. Auf Osborne fand gestern unter dem Vorsitz der Königin wieder eine Kabinetsberathung statt, bei welcher der Lord Präsident des Geheimen Raths, der Premier Gladstone und der Earl von Kimberley zugegen waren. Nach der Berathung ertheilte Ihre Majestät Srn. Richard Amphlett, dem neuen Richter des Schatzkammergerichtshofes, die Ritterwürde.
— Der französische Botschafter am hiesigen Hofe, Herzog de la Rochefoucauld-⸗Bisaccia, ist von Paris auf seinen Posten hierher zurückgekehrt. Graf Kavier de Florian, Attach? bei der französischen Botschaft in Berlin, ist zur Botschaft in London versetzt worden.
Frankreich. Paris, 28. Januar. Der gestrige Ball im Ekysée war eben so glänzend und noch stärker besucht, als der erste; es waren dazu 8500 Einladungen erlassen worden. Das Fest ging erst um 6 Uhr Morgeng zu Ende. ,
Der Oberste Unterrichtsrath hat in seiner letzten Sitzung beschlossen, daß das Examen für das Bacealaureat es lettres von jetzt ab in zwei Stationen abgelegt werden soll. Bisher machte das Examen den Schluß der gesammten Schul⸗ bildung; jetzt soll es in zwei Theile zerlegt werden; der erste umfaßt die Üünterrichtsgegenstände bis zur Rhetorique“ (Unter⸗ prima), der zweite, mit mindestens einer Zwischenzeit von einem Jahre, repetirt und nimmt den Spezial-Unterricht des letzten Jahres, der Philosophie (Oberprima) in seinen Bereich auf.
Versailles, 36. Januar. (W. T. B.) Die National⸗ vemrsammlung begann heute die Generaldebatte über die nenen Steuern. Der Finanz⸗-Minister Magne hob hervor, die Regierung und die mit der Berathung der Vorlage betraute Kommission seien über die Nothwendigkeit dreier Punkte einig, einmal darüber, daß das Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben sichergestellt werde, sodann darüber, daß die dauern⸗ den und wiederkehrenden Ausgaben aus dauernden und leicht zu ersetzenden Hülfsquellen beschafft würden, endlich darüber, daß die künstlichen Hülfsmittel, namentlich weitere Anleihen, fern zu halten feien. Er könne es nur bedauern, daß die Kommission auf die Abgaben, die er vorgeschlagen, nicht eingegangen sei. Lon Say empfahl wiederholt seinen Antrag, daß die Jahres⸗ quote der Schuldamortisation bei der Bank herabgesetzt werde. Die Berathung wird morgen fortgesetzt. *
Spanien. (W. T. B.) Nach einer aus Estella vom 25. d. M. datirten Nachricht über Bayonne hat sich das zwischen Bilbao und Portugaleie gelegene Fort Srichame mit seiner aus 115 Mann bestehenden Besatzung und der gesammten Aus⸗ rüstung an die Catlisten ergeben.
Italien. Rom, 30. Januar. (W. T. B.) Gestern fand ein größerer Empfang beim deutschen Gesandten von Keudell statt, dem viele der höheren Staatswürdenträger, sowie eine große Anzahl von Deputirten von allen Parteien, auch der französische Geschäftsträger beiwohnten.
Der baherische Gesandte bei der päpstlichen Kurie, v. Paumgarten, ist hier eingetroffen.
Die Deputirtenkammer setzt ihre Berathungen über den obligatorischen Volksschulunterricht fort.
Türkei. Wie der ‚Times! aus Konstantinopel gemeldet wird, hat die Pforte in Erwiderung auf eine dem Bey von Tunis gemachte förmliche Vorstellung die befriedigende Zusiche⸗ rung erhalten, daß die tunesische Regierung den Sultan stets als ihren Kalifen und Suzerain ansehen werde.
Kragujevacz, 29. Januar. Der Untersuchungs⸗ ausschuß übergab der Skuptsching seinen Bericht, der auf gerichtliche Verfolgung des gemesenen Kriegs ⸗Ministers Beli Markovits lautet. Die Skuptschina lud laut dem bestehen⸗ den Gesetze den Angeklagzen ein, die Akten des Ausschusses zu studiren und sich auf die Vertheidigung vorzubereiten. Bis dahin wurde die Skuptschina vertagt.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 28. Januar. Heute Morgen besichtigte der Kronprinz des Deutschen Reiches das Festungsarsenal. Hierauf besuchten die Kron⸗ prinzlichen Herrschaften die Isaaks⸗ und Kasansche Kathedrale und einige Magazine. ; .
Ueber die Festlichkeiten am Kaiserlichen Hofe meldet die „St. Pet. Ztg.“ noch Folgendes; ;
Gegen halb acht Uhr kleidete sich die Stadt in den hellsten Glanz brillanter Illuminatien und besonders war der Weg vom Winterpalais bis zum großen Theater und dessen Umgebung in glänzendster Weise erleuchtet, um die Neuvermählten, das Hohe Kaiserhaus und seine Gäste auf der Fahrt zur Gala⸗Vorftellung zu ehren Die große Morskaja und die Nikolskaja hatten ein ganz besonders festliches Ge⸗
wand angelegt. Gegen halb neun Uhr fuhren die prächtigen Gala—
wagen der Hohen Mitglieder des Kaiserlichen Hauses und seiner Fürst⸗ lichen Gäste bei dem Theater vor, die Equipagen der Neuvermãählten mit den bekannten herrlichen Grauschimmeln bespannt.
Im Theater hatten sich indessen alle Räume mit dem glänzendften in Uniformen, Sternen, reichen Toiletten und Edelsteinen strahlenden Publikum gefüllt. Als die Hohen Herrschaften in die große Kaiser- siche Mittelloge eingetreten waren, sntonirte das Orchester z ierst die englisch-preußische Nationalhymne und darauf, die russische, wãhrend Se. Majestät der Kaifer die Hohen Neuvermählten auf ihre Plätze in die Mitte der ersten Reihe führte. Nach Beendigung der Hymne begrüßte das Publikum die Hohen Neuvermählten, das Kaiserliche Haus und seine Gäste mit donnerndem Hurrah.
In der ersten Neihe der großen Kaiserlichen Loge hatten Platz genommen: In der Mitte die Hohen Neuvermählten. Neben Ihrer Kaiserlichen Hoheit der Großfürstin Maria Alexandrowna saß Se. Majestät der Kaiser, dann folgte Ihre Königliche Hoheit die 6 zefsin von Wales, Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kren⸗ prinz des Deutschen Reichs und von Preußen, Ihre Kaiserliche Hoheit bie Großfüärstin Alexandra Josephowna und Se. Kaiserliche Hoheit der Großfürst Thronfolger. Auf der anderen Seite neben Sr. König⸗ lichen Hoheit dem Herzog von Edinburgh folgte Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Kronprinzessin des Deutschen Reichs und von Preußen, der Prinz von Wales, Ihre Kaiserliche Hoheit die Groß- fürstin Cesarewna, der Kronprinz von Dänemark und Ihre Kaiser= liche Hoheit die Großfürstin Alexandra Petrowng. In der zweiten Reihe hatte die Prinzessin Marie von Baden, die Prin- zessin Eugenie von Oldenburg, Se. Hoheit der Herzog don Sachsen-Cobura⸗Gotha, Prinz Arthur von England, Prinz Alexan—⸗ der von Hessen, Ihre KE. Hoheiten die Großfürsten, die Prin—⸗ zen von Oldenburg und Mecklenburg, in dritter Reihe eine zahlreiche glänzende Suite Platz genommen. In den Kaijerlichen Seitenlogen befanden sich die unerwachsenen Mitglieder der Kaiserlichen Familie. Se. Majestät der Kaiser trug die Üniferm des Leibgarde Kofaken⸗ Regiments und — wenn wir nicht irren — die Schärpe des englischen Hofenband⸗ Ordens, Se. Kaiserliche Heheit der Thronfolger Gefarewitsch die Uniform des Leibgarde⸗Ataman⸗Regiments und das Band des Schwarzen Adler⸗Ordens. Die russischen Herren trugen die preußischen Groß-Cordons, die fremden Fürstlichkeiten das Band des Andreas⸗Ordens. Se. Kaiserliche Hoheit der Deutsche Kron—= prinz erschien in der Uniform des russischen Regiments „Friedrich Wilhelm III. König von Preußen“, der Herzog von Edinburgh trug die russische Marineuniform.
Die Vorstellung wurde mit der Balkonscene aus Verdi's ‚Romes und Giulietta“ eröffnet. In der Pause wurden Erfrischungen prä— sentirk. Dann folgte ein Akt des Ballets „Der Schmetterling“. Die Vorstellung war der glänzenden Feier würdig.
— Das ‚J. de St. P.“ ist in der Lage, die Namen der Personen anzugeben, welche den Kaiser Franz Joseph hier⸗ her begleiten werden.
Die Suite Sr. Kaiserlichen und Königlichen apostolischen Ma— jestãt wird bestehen aus dem General Adjutanten Feldmarschall Lien⸗ tenant Graf von Bellegarde, dem General⸗Adjutanten General⸗Major Graf Pejacsevich, den Majoren Fürst Lobkowitz, Graf v. Grünne, Freiherr v. Löhneysen. Nömethy und Freiherr v. Salis, Adjutanten Sr. Majestät, den Rittmeistern Baron Wersebe und v. Keönczeöll, Professor De Löbl. Leibarzt Sr. Majestãät. Die Militär⸗Kanzlei Sr. Majestät besteht aus deren Chef General-Major Ritter von Beck, Oberst Kraus, Hauptmann Bakalowitsch und zwei Beamten Tefarz und Halkuwicz. Das Kaäbinet Sr. Majestät wird vertreten sein durch den Kabinetschef Staatsrath Baron Braun, den Gouvernementsrath von Hofmann, Hof⸗Sekretär Sawiezki und noch einen weiteren Beamten. Als Vertreter des Oberstallmeisters der Oberst⸗-Lieutenant Ritter von Brecska. Endlich vom Ministerium des Veußern werden anwesend sein: der Graf Andrassy, Minister des Anßern und des Kaiserlichen Hauses. S. E. der Scktionechef Baron v. Hofmann, der Sektionsrath von Wawrik, von Okolicsanyi und der Ministerial⸗Rath Hofrath Ritter von Schwegel,
Das Dienstpersonal Sr. Kasserliche und Königliche Majestät und seiner Umgebung wird 36 Personen umfassen.
— Das Gouvernement Au gu stowo soll wie die „R. W.“ aus zuverlässiger Quelle erfährt, mit dem General⸗ Gouvernement von Wilna vereinigt und aus den Kreisen des Gouvernements Ljubän, die von Russen bewohnt sind, nebft zwei Kreisen des Gouvernements Wolhynien ein neues Gouver⸗ nement gebildet werden.
— Der Posten des General-Gouverneurs von Neu— rußland und Bessarabien wird dem „Grashdanin“ zufolge nicht wieder besetzt werden, sondern ganz eingehen.
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Schweden und Norwegen. Sto ckh ol m. 27. Januar Der König ist gestern Mittag um 12 Uhr in UpsalK ange⸗ kommen und am Bahnhofe vom Erzbischof und vom Amtmann empfangen worden, worauf Se. Majestät sich im Wagen des Erzbischofs nach dem Hause desselben begab, um dort während seines Besuches in der Stadt zu logiren. Später besuchte der König die Versammlung des landwirthschaftlichen Vereins, sowie die Ausstellung, dinirte um 4 Uhr beim Erzbischof und kehrte 7 Uhr Abends nach der Hauptstadt zurück.
— Unter den beim Reichstage eingegangenen Vorschlä⸗ gen befinden sich zwei von V. Bosson Olsson: der eine geht darauf aus, daß verschiedene Kassen, welche unter Verwaltung des Kriegs-Ministeriums stehen, der Staatskasse zugetheilt wer⸗ den sollen, weil der König über jene Kassen verfügt, aus welchen im Jahre 1810 ca. 1,BI600,000 Rdl. zu Kriegsunkosten ausge⸗ geben worden sind; der andere geht darauf aus, daß nur solche öffentliche Arbeiten in Angriff genommen werden, welche mittelst der vom Reichstage bewilligten Summen vollführt werden können.
Amerika. (A. A. C. Aus Matamoras, 11. Januar, wird gemeldet: Die Streitmacht des Generals Zapeda, des ab⸗ gesetzten Gouverneurs von Coahulla, ist abermals von den Truppen der Staats⸗-Legislatur geschlagen worden, und Dr. Silas wurde von letzterer zum Gouverneur erwählt. Das Treffen war zwar scharf, aber nicht entscheidend, da beide Par⸗ teien sich noch im Felde befinden. Die Bundesregierung von Mexico hat einen provisorischen Staats⸗Gouverneur ernannt, bis eine ordentliche Volkswahl stattfinden kann. General Flemmy, der 1000 Mann Bundestruppen und 20090 National⸗Gardisten unter seinem Befehl hat, wird wahrscheinlich weitere Feindselig⸗ keiten zu verhindern im Stande sein.
Asien. Ueber die bengalische Hungers noth wird den „Times“ aus Caleutta vom 28. d. Mts. gemeldet: „Bei dem Diner des Gewerbevereins erilärte Herr Bayley, der Kollege des Vice⸗Königs, die Hungersnoth für sehr ernst. Auf dem Reismarkt wurden große Einkäufe für die Kolonien ge nacht. Die Ausfuhr vergrößert sich, und die Einfuhr für Rechnung der Regierung ist klein. In Calcutta wie im Innern steigen die Preise. Der Nothstand ist ernstlich in Nord⸗Behar. Die Nothbauten sind ungemein stark in Anspruch genommen. Es sind Komites organifirt worden und Vorschüsse werden nachge⸗ jucht. In Patna hat ein Hülfs⸗Meeting stattgefunden. Der Frost hat die Saaten ernstlich beschädigt. Der Wasserverkehr ist schwierig und die Brunnen trocknen aus. In Singhbhun herrschte die Viehseuche.“