bei dem Untersuchungsamte II. zu Cöln zur Untersuchung gezogen worden, und hiervon dem Hause Mittheilung zu machen.
Das Haus trat nach einem ausführlichen Referate des Abg. Thilo diesen Anträgen bei. — Dann erledigte das Haus in Be⸗ rathung den Entwurf eines Gesetzes, betreffend das Expro⸗ priationsverfahren in den durch das Gesetz vom 24. Dezember 1866 mit der preußischen Monarchie vereinigten vormals bayerischen Landestheilen.
Der Gesetzentwurf, betreffend die Ausführung des Vor⸗ behaltes bezüglich der Grafschaften Wernigerode und Stolberg im §. 181 der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872, wurde nach einigen Bemerkungen der Abgg. Dr. von Gerlach, Dr. Eberty und Dr. Windthorst (Meppen) in folgender Fassung ange⸗ nommen:
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ze. verordnen zur Ausführung des Vorbehalts in §. 181 der Kreisord⸗ nung vom 13. Dezember 1872 (Gesetz.Samml. 1872 S. 661) wegen der Grafschaften Wernigerode und Stolberg nebst Heringen und e,. m Zustimmung beider Häuser des Landtags der Monarchie, was folgt:
§. J. In der Grafschaft Wernigerode, sowie in den Grafschaften Stolberg-Stolberg mit dem vormaligen Amte Heringen und Stol— berg⸗Roßla mit dem ehemaligen Amte Kelbra tritt die Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 unter Fortfall des 8§. 181 derselben mit der in nachstehendem Paragraphen enthaltenen Maßgabe in Kraft.
§. 2. Zu 5§. 97 Nr. 5. Das Recht der Betheiligung durch Stellvertreter an der Wahl der von den Wahlverbänden der größeren Grundbesitzer zu wählenden Kreistags⸗Abgeordneten steht in derselben Weise, wie den Mitgliedern regierender Häuser, den Grafen zu Stol⸗ berg⸗Wernigerode, Stolberg⸗Stolberg und Stolberg⸗Roßla in denjeni⸗ gen Kreisen zu, welchen ihre Besitzungen (5. I) angehören.
Hierauf nahm das Haus folgenden Antrag der Geschäfts⸗ ordnungs⸗Kommission an:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: daß das Mandat des Abgeordneten Dr. Philippi durch seine Ernennung zum Geheimen Ober⸗Justiz⸗Rath nicht erloschen ist. .
Dann ging das Haus zu Wahlprüfungen über. Bei Schluß des Blattes war man bei den Hohenzollernschen Wahlen.
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— Am Schlusse seiner sechsten Plenarsitzung machte der Kommunal-Landtag der Kurmark das auf Errichtung eines Denkmals auf dem Marienberge bei Brandenburg zielende Unternehmen zu dem seinen, indem er den bereits vom 45. Kommunal⸗Landtage aus dem ständischen Dispositionsfonds der Hülfskasse bewilligten 100 Thaler ferner 7000 Thaler hinzu⸗ fügte und eine aus dem Wirklichen Geheimen Ober⸗Regierungs⸗ Rath und Domherrn des Domstiftes zu Brandenburg von Klützow zu Berlin, dem Stadtrath Köppen zu Potsdam und dem Lehn⸗ schulzen Schultze zu Götz hbestehende Kommission ernannte, welche im Verein mit dem bisherigen Vorstande das Denkmal zur Ausführung bringen ssoll. Dasselbe wird, nach einem Projekte des Baumeisters Hubert Stier, die Namen der in den letzten drei Kriegen gefallenen Kurmärker verzeichnen und in seinem reichen bildlichen Schmucke, auf der welthistorischen Stätte des Marienberges, die geschichtliche Entwicklung der Kurmark bis zur Gegenwart versinnbildlichen. Da der bisherige Vorstand eine gleich hohe Summe bereits gesammelt hat, und das noch feh⸗— lende Drittel der Baukosten aus ferneren Sammlungen, nament⸗ lich in den übrigen kurmärkischen Stadt⸗ und Landkreisen erhofft werden darf, soll mit dem Bau sofort begonnen werden.
Seine siebente, achte und neunte Plenarsitzung hielt der Landtag am 4., 7. und 9. d. Mts. In denselben wurde den günstig abschließenden Rechnungen der Städte⸗ und der Land⸗ Feuerfozietät und des Landarmenwesens für das Jahr 1872 die Decharge ertheilt und der Etat des letzteren für die nächsten drei Jahre festgestellt. Wie schon früher den hiesigen Beamten der ersten Kategorie, sind nunmehr auch denen der beiden letzteren Wohnungsgeldzuschüsse nach Maßgabe des Gesetzes vom 12. Mai 1873 bewilligt. Dessenungeachtet ist der Abschluß des Etats für das Landarmenwesen als ein günstiger zu bezeichnen. Das Letztere erfuhr endlich in seiner Fürsorge für die Geistes kranken durch zeitgemäße Erneuerung des Reglements für die Land⸗Irren⸗ Anstalt zu Neustadt-Eberswalde eine wesentliche Verbesserung. Die Anträge der Land⸗Feuersozietäts⸗Direktion auf Aenderung des Beitragsverhältnisses der einzelnen Versicherungsklassen und auf Gründung eines Fonds zu Bauhülfsgeldern für solche Ge⸗ bäude, welche durch Umbau zur Aufnahme in eine bessere Klasse fähig gemacht werden, wurden zur Beschlußfassung an den näch⸗ ften Kommunal⸗Landtag verwiesen, um dieselben inzwischen einer nochmaligen Prüfung und Vorbereitung zu unterwerfen.
In seiner letzten Sitzung theilte der Ober⸗Präsident dem Landtage die Urkunde mit, durch welche Se. Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Carl das auf dem Felde bei Dahms⸗ dorf im Lebuser Kreise zum Andenken an die Großthaten des dritten Armee⸗Corps in den letzten drei Kriegen errichtete Denk⸗ mal der Provinz Brandenburg geschenkt hat. Der Landtag, obwohl nicht die ganze Provinz vertreten, beschloß, sofort dem Hohen Geber seine freudige Bewegung und seinen ehrerbietigsten Dank durch eine Adresse auszudrücken.
— Der General-⸗Feldmarschall von Steinmetz ist zur Theilnahme an den Sitzungen des Herrenhauses hier eingetroffen.
— Der Courierzug VIII. der Königlichen Ostbahn traf
gestern um 8 Uhr 42 Minuten, also mit 2 Stunden und
7 Minuten Verspätung hier ein. Grund: starkes Schneetreiben bei Simonsdorf, Freimachung der Strecke und Reinigen der Maschine von Schnee und Eis.
Sachsen. Dresden, 10. Februar. Die Erste Kam⸗ mer unterzog in ihrer heutigen Sitzung den Vorbericht der zweiten Deputation über das ordentliche Budget ihrer Berathung. Der Be⸗ richt spricht die Uebereinstimmung der Deputation mit den von der Staatsregierung bezüglich der Erhöhung der Staatsdienergehalte befolgten Grundsätzen aus, findet die Gehaltserhöhungen selbst bei der günstigen Finanzlage unbedenklich und bedauert schließ⸗ lich, daß die Zweite Kammer in Bezug auf die Gehalte der hö⸗ heren Stellen verschiedene nach Ansicht der Deputation nicht wünschenswerthe Abstriche vorgenommen habe. Sämmtliche Red⸗ ner sprachen ihr Einverständniß mit diesen Anschauungen aus; außerdem legten Ober⸗Hofprediger Dr. Kohlschütter und Professor Dr. Fricke der Deputation die Fürsorge für die niedrig besoldeten Geistlichen ans Herz. Oberschenk v. Metzsch regte den Wegfall einiger indirekten Steuern, wie der Schlachtsteuer, Graf v. Ho⸗ henthal die Erwägung einer theilweisen Einführung des Servis⸗ zulagensystems, Advokat Deumer endlich die Gründung einer Vorschußkasse für ohne eigene Schuld in Schulden gerathene Beamte an, welcher letzteren Idee jedoch Staats⸗Minister Freiherr v. Friesen auf das Entschiedenste widersprach. Die Kammer autorisirte schließlich ihre Finanzdeputation, die von letzterer ent⸗ wickelten Grundsätze ihrer Berichterstattung, welche nach dem , der Kammern erfolgen soll, zu Grunde zu
gen.
Baden. Karlsruhe, 9. Februar. Heute Nachmittag ist die Fürstin von Leiningen, Prinzessin Marie von Ba⸗
den, aus Amorbach zum Besuche ihrer Hohen Verwandten in Karlsruhe eingetroffen; ebenso aus Straßburg der Erbgroß⸗ herzog von Oldenburg, um an dem heute Abend im Groß⸗ herzoglichen Residenzschlosse stattfindenden Hofballe Theil zu neh⸗ men, zu welchem gegen siebenhundert Einladungen ergangen waren.
— Das Gesetzes⸗ und Verordnungsblatt Nr. 4 enthält Bekanntmachungen: 1) des Ministeriums des Großherzog⸗ lichen Hauses, der Justiz und des Auswärtigen: den Vertrag mit der Schweiz wegen der Berbindung der beiderseitigen Eisen⸗ bahnen bei Singen und bei Konstanz betreffend. 2) Des Han⸗ dels⸗Ministeriums: den Bau einer Eisenbahn Winterthur-Sin⸗ gen⸗Kreuzlingen⸗Konstanz betreffend.
— J. Februar. In der Ersten Kammer erwiderte heute auf eine Anregung des Abg. Hummel, es möchten bald die Matrikularbeiträge aufhören und an deren Stelle eine direkte Reichssteuer treten, der Ministerial⸗Präsident Ellstätter, er gebe zu, daß die Matrikularbeiträge nur ein Nothbehelf seien; wenn es auch als ein lebhafter Wunsch der Regierung zu betrachten sei, daß eine allgemeine Reichssteuer eingeführt werde, so stünden doch sehr erhebliche Bedenken entgegen. Die Einführung einer direkten Reichssteuer setze eine ausgebildete Organisation von Reichsbeamten voraus, da die Erhebung einer direkten Steuer nicht, wie die einer indirekten, durch die Beamten der einzelnen Staaten bewerkstelligt werden könne. Ueberdies greife die Einfüh⸗ rung einer direkten Reichssteuer sehr bedeutend in die Steuersysteme der einzelnen Länder ein. Es sei daher eher zu erwarten, daß durch Einführung beziehungsw. Vermehrung von indirekten Steuern eine Verminderung der Matrikularbeiträge erzielt werde. — Im Ver⸗ lauf der Sitzung erklärte sich Graf Kageneck gegen den Staats⸗ beitrag zur Deckung des Aufwands für die kirchlichen Bedürf⸗ nisse der Altkatholiken. Gegen die Behauptung Kagenecks, daß allein der Papst zu entscheiden habe, ob die Altkatholiken inner⸗ halb oder außerhalb der katholischen Kirche stehen, erhob sich Staats⸗Minister Jolly, welcher behauptete, daß diese Frage allein nach den bestehenden Landesgesetzen und von den hierzu berufe⸗ nen Landesbehörden zu entscheiden sei. Es sei aber von letzteren bereits entschieden, daß die Altkatholiken rechtlich innerhalb der katholischen Kirche stehen und als Katholiken juristisch zu be⸗ handeln seien. Sodann wurde über die Beschlüsse der Zweiten Kammer, betreffend die Revision der Staatsverfassung, berathen und beschlossen:
1) „Eine umfassende Revision der bestehenden Staatsverfassung vom 22. August 1818 erscheint dermalen nicht als geboten; 2) da⸗ gegen erkennt die Erste Kammer an, daß eine größere oder geringere Zahl von Bestimmungen der Verfassung jetzt schon einer Revision unterzogen werden könnte; sie ist daher in diesem Sinne bereit, zu einer durch Großherzogliche Regierung zu berufenden Verfassungs⸗ Revisionskommission Vertrauensmänner abzuordnen.“
— In der Zweiten Kammer gab der Abg. Bär im Auftrage der Kommission für das Kirchengesetz, welcher der Ent⸗ wurf des Altkatholikengese es zugewiesen ist, die Erklärung, daß die Kommission die Vorberathung des Entwurfs so weit geför—⸗ dert habe, daß der Referent zur Erstattung des Berichts im Hause vorbereitet sei; wenn die Kommission trotzdem von einer Vorlage an das Haus vor der Vertagung des Landtags absehe, so geschehe dies in Folge einer von der Ersten Kammer erhal— tenen Mittheilung, daß dieselbe nicht mehr auf eine Berathung des Entwurfs einzugehen in der Lage sei. Die Kommission weist zur Beruhigung der Petenten auf die vom Staats Minister wiederholt abgegebene Etülärung, daß die Regierung die Alt⸗ katholiken als Angehörige der katholischen Kirche betrachte und auf die in das Budget aufgenommene Position für kirchliche Bedürfnisse der Altkatholiken hin.
Sessen. Darm stadt, 9. Februar. Zufolge Allerhöchster Entschließung des Großherzogs und mit Zustimmung der Stände wird die seitherige Abgabe von 30 Kr. für jedes Exemplar der im Großherzogthum gehaltenen auswärtigen politischen Zei⸗ a, von Anfang des laufenden Jahres an nicht mehr er⸗ oben.
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Mecklenburg. Schwerin, 19. Februar. Sicherem Vernehmen der „M. Anz“ nach sind die Berathungen der Kom⸗ mission in der Verfassungs⸗Angelegenheit soweit vor⸗ geschritten, daß am Montag, den 16., mit der Plenarberathung wird begonnen werden können.
Schwarzburg⸗Sondershausen. Sondershausen, 10. Februar. Das heute ausgegebene 6. Landesgesetz⸗ Sammlungs⸗Stück enthält: Gesetz, die Erhöhung der Be⸗ soldung der Volksschullehrer betreffend — vom 24. Januar 1874; Gesetz, die Abänderung des §. 7 des Gesetzes vom 10. März 1852 über die gerichtliche Zuschreibung betreffend — vom 31. Januar er.; Gesetz, Abänderungen der Feldpolizei⸗Ordnung vom 1. April 1854 betreffend — vom 2. Februar er.
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Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 10. Februar. (W. T. B.) Der Kaiser wird auf seiner Reise nach St. Petersburg am Don⸗ nerstag, den 12. d.,, Morgens 6! Uhr, in Warschau eintreffen, wo derselbe einen zweistündigen Aufenthalt nehmen und während . das Grenadier⸗Regiment Kaiser Franz Josef besichtigen wird.
— Im Abgeordnetenhause brachte der Handels⸗ Minister Gesetzentwürfe, betreffend den sofortigen Ausbau der Bahnlinien Falkenau⸗Graslitz, Pilsen⸗Eisenstein und Rakonitz⸗ Protipin, ein und machte ferner Vorlagen, betreffend die Bedin⸗ gungen für die Sicherstellung von 5 weiteren Bahnlinien. Der Handels-Minister machte sodann die Mittheilung, daß zum Bau der Bahnstrecke Leluchow⸗Tarnow und der österreichischen Bahnen 15, 700, 000 Fl. erforderlich seien. Vom Finanz⸗Minister wurde ein Gesetzentwurf über die Herabsetzung der Gebühren im Falle der Fusionirung der Baugesellschaften vorgelegt.
— 11. Februar. (W. T. B.) Der Gesammtbetrag der Summen, die nach den von der Regierung gestern eingebrachten Vorlagen für Subventionirung von Cisenbahnbauten ö , genommen worden, beziffert sich auf 35 Millionen
ulden.
— Die „Neue Freie Presse“ meldet, die Regierung gedenke von der ihr im Hülfsgesetze eingeräumten Befugniß, eventuell eine Staats schuld von 80 Millionen zu kontrahiren, keinen Ge⸗ brauch zu machen, da für die nächsten Bedürfnisse vorläufig die Kassabestände ausreichen würden. Eventuell solle der weitere Be⸗ darf durch die im Budget nachgesuchte Erlaubniß zum Verkauf von Rententiteln gedeckt werden.
Pesth, 9. Februar. Im Abgeordnetenhause wurde heute der Bericht des Unterrichtsausschusses über den Gesetz⸗ entwurf in Betreff der Mittelschulen vorgelegt und das Ostbahn⸗ gesetz publizirt.
Schweiz. Bern, 10. Februar. (W. T. B.) Die Re⸗ gierung von Solothurn hat den aus dem Berner Jura ausgewiesenen Geistlichen den Aufenthalt im Kanton unter⸗
sagt und sie angewiesen, denselben innerhalb drei Tagen zu verlassen.
Niederlande. Haag, T. Februar. Der deutsche Gesandte am niederländischen Hofe, Graf von Perponcher, ist nach Ablauf eines längeren Urlaubes vorgestern aus Deutschland im Haag wieder eingetroffen. Gestern Abend wurde derselbe von der Königin empfangen.
— Der Bericht der Kommission der Zweiten Kammer der Generalstaaten über den Gesetzentwurf, betreffend Regelung des niederländischen Münzwesens (für Einführung der Goldwährung), ist nunmehr im Druck erschienen. An der Prü⸗ fung in den Sektionen (am 14. November) haben danach nur 48 Mitglieder theilgenommen. Der Uebergang der Goldwährung wurde kräftig vertheidigt. Die, welche sich für Goldwährung aussprachen, waren getheilter Meinung über das bei der Ein⸗ führung anzunehmende System; die Einen verlangten den An⸗ schluß an das Franken⸗System, Andere den Anschluß an die deutsche Mark, eine dritte Partei den Anschluß an das englische System, eine bedeutende Anzahl aber die Annahme eines selbst⸗ ständigen Systems. Die Regierung selbst erklärt, sie beharre bei ihrem für die Einführung der Goldwährung aufgestellten Systeme, und ist der Meinung, der Preis des Silbers werde noch mehr sinken; wenn die Niederlande mit ihrer Silberwährung allein stehen blieben zwischen großen Reichen, welche Goldwährung hätten, dann sei der niederländische Geldmarkt Gefahren nach⸗ theiliger Störung ausgesetzt. Die Regierung dringt auf baldigste Entscheidung und will deshalb selbst das Zustandekommen einer Vereinbarung mit Indien bezüglich der Frage des indischen Münzwesens nicht abwarten.
Großbritannien und Irland. London, 9. Februar. Wie das Hofjournal meldet, werden der Herzog und die Her⸗ zogin von Edinburgh am 27. d. M. St. Petersburg ver⸗ lassen und nach einem kurzen Aufenthalte in Berlin am 5. März in Windsor zu einem Besuche der Königin eintreffen.
— Die Königin hat den Erzdiakonus von Surrey, Dr. Utterton zum Weihbischof des Bischofs von Winchester mit dem Titel Bischof von Guildford ernannt.
— Der permanente Unterstaats⸗ Sekretär im Ministerium für Indien, Herman Merivale, ist gestern hier im 69. Jahre gestorben.
— Am Sonnabend fand unter dem Vorsitz des Marquis von Westminster ein Meeting von Freiwilligen⸗Com⸗ mandeuren statt, in welchem einstimmig beschlossen wurde, es sei im Interesse der Freiwilligen⸗ Corps wünschenswerth, daß am nächsten Ostermontag wie in früheren Jahren ein Feldtag abge⸗ halten werde.
— 11. Februar. (W. T. B.) Bis jetzt liegt das Ergebniß von 551 Parlamentswahlen vor, von denen 292 für die Konservativen, 259 für die Liberalen ausgefallen sind. Die Anzahl der von den Ersteren gewonnenen Sitze ist auf 81 ge— stiegen; Letztere haben bisher nur 29 Sitze gewonnen.
Frankreich. Versailles, 10. Februar. (W. T. B.) Im Fortgange der Berathung über das neue Steuergesetz gelangten in der heutigen Sitzung der Nationalversammlung die Be⸗ stimmungen über die Zuschlagssteuer auf kaufmännische Anweisungen zur Diskussion. Mehrere Redner sprachen gegen die Annahme der Steuer. Finanz⸗Minister Magne vertheidigte dieselbe und hob besonders hervor, daß Industrie und Handel in Frankreich trotz der auf dieselben gelegten Lasten seit zwei Jahren beständig zugenommen hätten. Die Zuschlagssteuer auf kaufmännische Anweisungen wurde darauf angenommen. Im weiteren Ver⸗ laufe der Sitzung lehnte der Herzog v. Broglie die Beantwortung einer von einem Deputirten des linken Centrums über das Maires⸗ Gesetz gestellten Interpellation ab, da es seine Absicht sei, in die Interpellation Gambetta's über das von ihm betreffs des Maires⸗ Gesetzes an die Präfekten erlassene Rundschreiben einzutreten.
Spanien. Aus Durango wird dem Reuterschen Bureau unterm 4. d. M. gemeldet: „Andechaga, der Commandeur der Carlistentruppen, die Bilbao belagern, hat den Einwohnern eine achttägige Frist, während welcher ihnen gestattet ist, die Stadt unbehindert zu verlassen, bewilligt. Nach Ablauf dieser Frist wird er anfangen, den Platz zu bombardiren. In Folge dieser Anzeige verlassen viele Leute Bilbao.“
Numänien. Bukarest, 8. Februar. Nach dreitägigen heftigen Debatten beschloß die Kammer mit 68 gegen 40 Stimmen, das neue Gemeindegesetz in Erwägung zu ziehen.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 5. Februar. Die Zweite Kammer hat drei „zufällige“ Aus schüsse er⸗ wählt und dem ersten derselben verschiedene Vorschläge, betreffend das Unterrichtswesen, dem zwesten einige Fragen über Jagd, Fischerei, Forstwesen u. s. w., und dem dritten verschiedene Ge⸗ werbesachen zur Begutachtung vorgelegt. Es ist noch unent⸗ schieden, ob ein vierter Ausschuß zur Behandlung der Forst⸗ gesetzgebung niedergesetzt werden soll.
Christiania, 6. Februar. Der König und die Köni⸗— gin sind hier vorgestern eingetroffen und wurden am Bahnhofe von den Spitzen der Behörden empfangen. Eskortirt von der reitenden Bürgergarde, begaben sich Ihre Majestäten sofort in einem geschlossenen Wagen nach dem Schlosse, während die lange Strecke vom Bahnhofe dorthin auf beiden Seiten mit einer zahl⸗ reichen Menschenmenge besetzt war, welche die Allerhöchsten Herr⸗ schaften mit begeisterten Hochrufen empfing.
— Dem norwegischen „Aftonbladet“ zufolge ist der Bud⸗ getvorschlag in einer am Dienstage abgehaltenen Staatsraths⸗ sitzung definitiv mit einem Betrage von 6,1009090 Spezies an⸗ genommen worden. Die Summe, welche zu Gehaltserhöhungen für Beamte und Angestellte gefordert wird, beträgt 206,000 Spezies.
— 10. Februar. (W. T. B.) Heute ist das Storthing durch den König eröffnet worden. Der Eingang der vom König verlesenen Thronrede lautet mit der bei Eröffnung des schwe⸗ dischen Reichstags gehaltenen fast übereinstimmend. Als Vor⸗ lagen werden angelündigt: Ein Gesetz über Erhöhung der Be⸗ amtengehalte, ein Gesetz über die Theilnahme der Minister an den Verhandlungen des Storthing, eine Vorlage über Erweite⸗ rung des Eisenbahnnetzes, sowie mehrere Vorlagen, die mit den Vorarbeiten, betreffs Aenderung des Kriegsdienstgesetzes zusam⸗ menhängen.
Dänemark. Kopenhagen, 7. Februar. Das Fol ke⸗ thing begann gestern die erste Berathung des Gesetzvorschlages über eine veränderte Vertheilung der Folkethings⸗Wahlkreise. Mehrere Abgeordnete sprachen gegen den Gesetzvorschlag, nament⸗ lich soweit dieser die vorgeschlagene Errichtung von vier neuen Wahlkreisen betrifft, gleichwie auch die Mehrzahl der Genannten meinten, daß wenn eine Vertheilung der bestehenden Kreise vor⸗ genommen werden sollte, so müßte solches in so umfassender
Weise geschehen, daß keine Rücksicht auf Amtseintheilungen ge⸗ nommen würde, wobei hinzugefügt wurde, daß man die Ge⸗ legenheit benutzen müsse, die Wahlstätten nach den Mittelpunkten der verschiedenen Kreise zu verlegen, einerlei, ob eine Stadt oder ein Dorf der Wahlort werde. Die Diskussion wird morgen fortgesetzt werden.
Asien. Ueber die Hungersnoth in Bengalen wird den „Times“ aus Calcutta vom 8. d. M. gemeldet:
„Die Transportschwierigkeit ist höchst ernstlich. Es wurde ange—⸗ ordnet, Pferdebahnen nach Allahabad anzulegen. Die Regierung ladet zu Subinissionen ein, um wöchentlich 209 000 Maunds nach Tirhut zu befördern. Der Regen hat den Transitverkehr ven Reis beein⸗ trächtigt, aber viele Distrikte bevortheilt. In Tirhut ist der Noth— tand Rwoß. Sarun, Gumparun und. Dinaggepore leiden ebenfalls ehr. Die Bevölkerung wird gegen eine Pilgerfahrt nach Gyg, ge— warnt. In Theilen von Busti, Goruckvore, Ghazepore und Mirza— pore herrscht, amtlichen Meldungen zufolge, Nothstand. Die Hülfs⸗ Komites sind thätig und die Betheiligung an den Nothbauten ist sehr beträchtlich. In Nepaul herrscht Hungersnoth. Der Spec ialcensus enthält die Thatsache, daß es dort nur für sechs Wochen Lebensmittel giebt. Der Resident hat nach einer Berathung mit dem Vicekönig ein Drittel der Abgaben erlassen.“
— Einem vom 1. d. Mts. datirten, am Morgen des 6. in Penang aufgegebenen Telegramme des General⸗Lieutenants van Swieten, welches dem Kolonien⸗Ministerium zugekommen, sind nachstehende Mittheilungen entnommen: .
Am 29. Januar wurde eine Rekognoscirung nach dem südlich vom Kraton gelegenen Gebiete der 2 Moekim ausgeführt, um den Schlüssel der Verbindung zwischen den 22 und den 25 Moekim zu suchen. Bei dieser Gelegenheit wurden von der Veste der 22 Moekim aus die niederländischen Truppen lebhaft beschossen, wobei ihnen 3 Mann ge—⸗ tödtet und 18 Mann verwundet wurden. Die 25 und 26 Moekim gaben Unterwerfungs-Anzeichen und die 22 Moekim würden diesem Beispiele, wie man versicherte, jetzt in Felge des Todes ihres Färsten Panglima Polim an der Cholera wohl folgen. Mit dem Volks— charakter bekannte Personen sagten, daß die Unterwerfung aller Be⸗ zirke des Sultanates Atchin mit Gewißheit erwartet werden könne. Proklamationen an, die Bevölkerungen sämmtlicher Bezirke, worin ihnen freie Ausübung ihres Kultus und Wahrung ihrer Sitten und nationalen Einrichtungen zugesichert wird waren bereits in Umlauf gebracht, und gleiche Kundmachungen an die . untergebenen Staaten wurden vorbereitet. Die Cholera raffte wieder viele Opfer hin, trat jedoch zur Zeit der Absendung dieses Telegramms aus Atchin minder heftig auf. Verstärkungen an Marinemannschaften oder anderen Streitkräften wurden nicht für nöthig erachtet. Durch diese letztere Erörterung wird eine Anfrage beantwortet, welche der Kolonien⸗Minister vor dem Falle des Kratons gestellt, nachdem zu seiner Kenntniß gekommen war, daß van Swieten auch die zweite Hälfte der Reserve⸗Brigade von Padang nach Atchin beordert hatte. — Mit den in obigem Telegramme erwähnten Groß— atchin untergebenen Staaten sind die Lande an der West⸗ und der Oftküste von Sumatra gemeint, die nicht zu dem eigentlichen atchine⸗ sischen Stammlande, den Gebieren der 22, 25 und 26 Moekim, ge⸗ hören und die, wie z. B. Pedir, Edi ꝛc, unter eigenen Fürsten stehen, aber dem Sultane von Atchin tributpflichtig sind. Einige dieser Färsten haben bereits Geneigtheit, sich dem Protektorate der Nieder- lande zu unterwerfen, an den Tag gelegt.
— Die japanische Post bringt bis zum 20. November reichende Nachrichten. Am 3. November wurde der 23. Geburts⸗ tag des Mikado festlich begangen. Die Gesandten der fremden Mächte wurden in Jeddo, die Konsuln in Jokuhama von dem Gouverneur von Kanagawa zu Festlichkeiten geladen. — Die Zei⸗ tungen von Nangasaki melden den Tod des Herrn Kenneth Ross Mackenzie, welcher für den ausländischen Handel in Japan ener⸗ gisch Bahn gebrochen hat. — Ueber die Ursachen der jüngsten sozialen und politischen Veränderungen in Japan hat der stell⸗ vertretende Premier⸗Minister Kido Takayoshi eine Schrift ver⸗ öffentlicht. —ͤ
Afrika. Aus Eibraltar wird dem „Reuterschen Bureau“ unterm 4. d. M. gemeldet:
Der Sultan von Marocco hat dem Bey von Tangier ein relchgeschirrtes Pferd zum Geschenk gemacht. Derselbe wird sich in Kurzem an den maurischen Hof begehen, um dem Sultan seine Ach⸗ tung zu bezeugen Sämmtliche Provinzial⸗Gouperneure sind zu einem großen Durbar an den Hof befohlen worden. Die Nachricht von der Aufhebung der Chausseezölle in Marocco war verfrüht. Man er—⸗ wartet indeß, daß diese Steuer nach der Ankunft des Sultans in Fez abgeschafft werden wird. Das deutsche Geschwader ist in Tangier angekommen.
Kairo, 10. Februar. (W. T. B.) Ein aus ca. 109000.
Mann mit 3 Kanonen bestehendes Hülfscorps des Beherr— schers von Darfur, das den längs des Gazaleflusses woh⸗— nenden Negerstämmen zur Unterstützung dienen sollte, ist von einer ägyptischen Truppenabtheilung total geschlagen worden. Der Oberbefehlshaber der Truppen von Darfur wurde getödtet und die drei Geschütze der letzteren erbeutet. Die ägyptischen Truppen sind in Darfur eingeruͤckt und setzen die Weiterverfol⸗ gung der Negerstämme fort.
Reichstags⸗Angelegenheiten.
Berlin, 11. Februar. In der gestrigen Sitzung des Reichstags leitete der Bundesbevollmächtigte General-Postdirektor Stephan die Berathung des Postvertrags zwischen Deutschland und Brasilien wie folgt ein:
Meine Herren! Als ich die Ehre hatte, Namens der verhündeten
Regierungen in der 30. Sitzung der Frühtjahrssession von 1872 den mit dem Königreich Portugal abgeschlossenen Vertrag bei diesem Hohen Hanse mit einigen Worten einzuführen, da durfte ich jenen Vertrag als den letzten Pfeiler der Brücke für den direkten postalischen Verkehr mit Brasilien bezeichnen. Diese Brücke ist heute fertig Die direkten deutschen Verbindungen, welche von Hamburg aus mit Bra⸗ silien ftattfinden, so großen Nutzen sie auch dem Verkehr gewähren, konnten doch nicht für ausreichend erachtet werden, um einen den heu— tigen Anforderungen entsprechenden Postverkehr mit Brasilien herzu⸗ stellen. Es war zu dem Ende nöthig, daß das Deutsche Reich die Befugniß der Benutzung der übrigen mit Vrasilien bestehenden Post⸗ verbindungen erlangte. Diese direkten Dampfschiff⸗Verbindungen gehen aus von Southampton, von Antwerpen, von Bor⸗ deaux und von Lissaben. Es bedurfte deshalb der vorherigen Verhandlungen mit den betreffenden Staaten, sowie mit den Regierungen derjenigen Länder, deren Gebiet, im Landtransit mit den Briefpacketen aus Deutschland uach Brasilien passirt werden muß; dies sind beispiclsweise für die über Lissabon beförderten Brief⸗ Packete Belgien, Frankreich und Spanien. . Die Verhandlungen mußten der Natur der Sache nach mehrere Jahre in Anspruch nehmen, da geeignete Gelegenheiten abzuwarten waren, um mit den fremden Regierungen über diesen Gegenstand zu verhandeln, und es namentlich auch darauf ankam, alle diese Verträge möglichst gleichmäßig zu gestaiten. Denn wenn wir auch die Transit. und Seepostrechte erworben gehabt 16 zu verschiedenen Bedingungen, so wären wir genöthigk gewesen, einen mehrgliederigen Differential Tarif einzuführen, was nach keiner Weise hin als zweckmäßig erkannt werden konnte. ö .
Es gelang nun unter Verwerthung geeigneter Anlässe und auch unter Darbringung von Opfern, diese Verträge sämmtlich dem obigen Plane gemäß zu Stande zu bringen, und als der letze derselben — eben der mit Portugal — abgeschlossen wurde, erging noch an demselben Tage von dem Herrn Reichskanzler die Ordre und Instruktien an unsern Vertreter in Rio Janeiro, um die Unterhandlungen mit der Kaiserlich
brasilianischen Regierung zu eröffnen. Diese Eröffnungen fanden bei der Regierung Brasiliens nicht allein volles Verständniß, sondern auch das bereitwilligfle Entgegenkommen; und wenn die Verhandlungen, ungeachtet des großen Eifers und Geschickes, mit welchen sie von un⸗ serem dortigen Vertreter geführt worden sind, doch noch Jahr und Tag in Anspruch nahmen, so lag das lediglich an der weiten Ent⸗ fernung, die für die Instruktiong⸗Einholung und Ertheilung eine ge— wisse Schwierigkeit im Gefolge hatte, sowie in zufälligen Umständen, wie sie im Laufe jeder größeren Verhandlung eintreten.
Der Vertrag ist nun am 30. September v. J. in Rio unter⸗ zeichnet worden und damit zugleich einem Wunsche entsprochen, der mehrfach auch aus den Reihen des Hohen Hauses zur Sprache ge⸗
acht worden war. Die Erleichterungen, welche der Vertrag für den
Briefverkehr, für die Versendung von Drucksachen und Zeitungen, von Handels- und Geschäftspapieren bringt, sind sehr erhebliche. Sie wer⸗ Den den Verkehrsbeziehungen zwischen beiden Reichen in mehr als einer Hinsicht zu statten kommen: dem Handel, der Schiffahrt, ia selbst gewiffen Spezialitäten der deutschen Induftrie, in welcher Be= ziehung ich mir nur erlaube, an die Achat-Industrie und den Kiystall⸗ Handel auf dem Hundsrück in Idar und Oberstein zu erinnern, von wo ausgebrestete Verbindungen und ein reger Korrespondenzverkehr mit Brasilien bestehen. . ;
Höher als dieser Nutzen möchte vielleicht nech ein anderer Um— stand anzuschlagen sein. Es ist gewiß mehreren der geehrten Herren, zum Theil aus näherem Studium, zum Theil auch aus eigener An— schauung bekannt, wie schmerzlich von den Tausenden unserer Lands leute, die in Brasilien wohnen, die bisherige Erschwerniß des Verkehrs mit dem Mutterlande, dem ja jeder Deutsche eire innige Anhänglich⸗ keit bewahrt, unter welcher Zone er auch seinen Wohnsitz aufgeschlagen haben mag — wie schmerzlich diese Erschwerniß empfunden worden ist; und ich darf der Hoffnung Raum geben, daß der vorliegende Ver— trag, welcher eine so wesentliche Erleichterung für den intellektuellen Verkehr mit der Heimath bringt, freudig willkommen geheißen wird von den vielen Tausenden unserer deutschen Landsleute, die jenseits des Aequators, ja jenseits des Wendekreises des Steinbocks wohnen.
Ich erlaube mir, in Lieser Beziehung nur an die Petitionen zu erinnern, welche von den deutschen Kolonien in Brasilien an das Haus gelangt sind. Zum Schluß darf ich der Ueberzeugung Ausdruck geben, daß der vorliegende internationale Akt einen Kiystallisationskern bilden wird, an welchen sich noch ähnliche Verträge ansetzen werden, die wir mit verschiedenen anderen südamerikanischen Staaten abzuschließen im Begriffe stehen.
Auf die Frage des Abg. von Behr, ob die vom Reichstage in der vorigen Session beschlossene Resolution in Betreff der Herabsetzung des Geldportos schon in Erwägung gezogen sei, antwortete der General⸗Postdirektor:
Ja, meine Herren, ich weiß nicht, ob überhaupt die Geneigtheit des Hohen Hanses besteht, auf diese Sache näher einzugehen. Ich zweifle ja gar nicht, daß ungeachtet aller Bestrebungen noch sehr viele Wünsche auf postalischem Gebiete zu erfüllen sind, und daß die Anzahl derselben vielleicht ein großes X betragt. Ich bin aber über⸗ zeugt, daß, wenn alle diese Wünsche bei Gelegenhe t des Postvertrags mit Brafilisen zum Austrag gebracht werden sollten, die Verhand= lungen über diesen Vertrag sich doch wohl sehr in die Länge ziehen möchten.
Ich kann den geehrten Herrn Abgeordneten indeß mit ein paar Worten beruhigen, indem ich ihm versichere, daß die Resolution, die im vorigen Fahre vom Reichstage gefaßt worden ist, vom Reichs kanzler⸗Amte im vollsten Maße in Erwägung genommen ist. Wenn bis jetzt bezügliche Bestimmungen noch nicht erlassen worden sind, so liegt das lediglich darin, daß das neue Münzgesetz in seinen Details noch nicht ausgeführt und die Markrechnung noch nicht eingeführt ist.
— Dem Reichstag ist der Entwurf eines Gesetzes, betref⸗ fend die Feststellung eines Nachtrags zum Haushalts⸗ Etat des Deutschen Reichs für das Jahr 1874, vorgelegt worden. Dasselbe betrifft 14000 Thaler Ausgabe, Entschädigung der Eisenbahnen für die unentgeltliche Beförderung der Abgeordneten zum Reichstag auf die Dauer der Sitzungsperiode.
— Die Motive zu dem in Nr. 35 d. Bl. abgedruckten Gesetzentwurf, betreffend die Verwaltung der Sin⸗ nahmen und Ausgaben des Reichs, lauten:
Ueber den in der Session von 1872 dem Reichstage vorgelegten Gesetzentwurf, betreffend die Einrichtung und die Befugnisse des Rechnungshofes, ist eine Verständigung nicht erzielt worden.
Die Ausgleichung der damals obwaltenden Meinungeverschieden⸗ heiten wurde namentlich dadurch erschwert, daß es an einem Gesetz über die Verwaltung der Einnahmen und Ausgaben des Reichs, welches die Grundlage für die gesammte Thätigkeit des Rechnungs⸗ hofes zu bilden geeignet wäre, noch fehlte, und die bezüg. lichen für die Preußische Ober- Rechnungskammer bei ihrer Kontrole des Staakehaushalts geltenden Vorschriften, durch welche jene Grundlage vorläufig ersetzt werden sollte, über die Ab— grenzung desjenigen Materials, welches den Gegenstand der dem
Bundesrathe und dem Reichstage mit den Rechnungen vorzulegen⸗—
den Bemerkungen des Rechnungshofes zu bilden hat, zu mann gfachen Zweifela Veranlassung gab. Die verbündeten Regierungen halten es daher für richtig, dem Reichstage, gleichzeitig mit einem neuen Eat— wuife eines Gesetzes über den Rechnungshof, den Eatwurf eines Ge— setzes vorzulegen, welcher die Verwaltung der Einnahmen und Aus— gaben des Reiches zu regeln bestimmt ist. .
Der vorliegende Entwurf stellt sich die Aufgabe, den legislativen
Inhalt der Instruktion für die preußische Ober-Rec nungskammer vom I8. Dezember 1824 mit den durch die Verhältnisse der Reichs-Finanz-= verwaltung bedingten Modifikationen zum Reichsgesetz zu erheben und auf diesem Wege die Verwaltung der E nnahäen und Ausgaben des Reichs auf der Grundlage von Bestimmungen gesetzlich zu regeln, welche sich durch die seitherige Erfahrung bewährt und durch lang— jährige Anwendung zu einem konsequenten Systeme durch gebildet haben. . Die §§. 1 und 2 enthalten über die Verwaltung der Einnahmen des Reichs im Wesentlichen im Anschluß an die Vorschriften der §§. 5 bis 8 der Ober⸗Rechnungskammer Instruktien diejenigen Be— stimmungen, deren gesetzliche Feststellung im Bedürfniß liegt. Ihre Ergänzung finden diese Bestimmungen in dem 5§. 13 des soeben er— erwahnten Gesetzentwurfs, betreffend die Einrichtung und die Besug— nisse des Rechnungshofes, nach welchem der Rechnungshof darauf zu halten hat, daß bei der Erhebung von Reichs einnahmen, soweit selche durch Reichsbehörden erfolgt, nach den bestehenden Gesetzen und Vor— schriften unter genauer Beachtung der maßgebenden Verwaltungsgrund— sätze verfahren wird. Die Bestimmungen der S8. 5 und 8 der Ober⸗ Rechnungskammer-⸗Instruktion, welche von einer prompten und unver⸗ kurzen Einziehung der Reichseinnahmen handeln, finden hierdurch, sowie durch die Voörschrift in den beiden letzten Absätzen des §. 13 des vorliegenden Entwurfs, ihre Erledigung. ;
Die Frage, wie weit die Einnahmen aus dem Verkaufe unbrauch⸗ barer Materialien und Utensilien durch Rückvereinnahmung den be⸗ treffenden Ausgabefonds zufließen, und wie weit dieselben unter den „ver⸗ schiedenen Einnahmen“ nachzuweisen sind, wird auch ferner durch den Etat geregelt werden. ; .
Als S§. Bund 3 sind die 5§. I1 und 12 des Gesetzes über die Rechtsverhaäͤltnisse der zum dienstlichen Gebrauch einer Reichs verwaltung bestimmten Gegenstände vom 25. Mai 1873 (R-⸗GeBl. Seite 1137 in den Entwurf aufgenommen. In einem Gesetze, welches die Ver. schriften über die Verwaltung der Einnahmen und Ausgaben des Reichs systematisch zusammenfaßt, durften die Bestimmungen, welche die etatsmäßige Behandlung der Erlöse für veräußertes Reichseigen⸗ thum regeln, nicht fehlen. Es erschien daher angemessen, diesel ben in derfelben Fassung hier zu wiederholen, wie sie in dem Texte eines an⸗ deren Gesetzes festgestellt sind. . .
Zu 8. 4 ist im Allgemeinen zu bemerken, daß nach dem in der Reichsgesetzgebung r cipirten, und namentlich in dem Gesetze, be⸗ treffend die Rechtsverhältnisse der zum dienstlichen Gebrauch einer Reichs verwaltung kestimmten Gegenstände, in Anwendung ge⸗
brachten Sprachgebrauch, welcher mit dem Ausdrucke „eine Reichs verwaltung“ nicht die Gesammtverwaltung der Reichsangelegen⸗ heiten, sondern nur ein einzelnes Verwaltungsressort bezeichnet, unter dem Aufdruck ‚oberste Verwaltungsbehörde“ jedesmal die Spitze der betreffenden Reffort⸗ bezw. Kontingentsverwaltung zu verstehen ist. In diesem Sinne ist der Ausdruck oberste Verwaltungsbehörde“ so⸗ wehl im 8. 4, als auch an den übrigen Stellen des Entwurfs, wo er Anwendung gefunden hat, zu verstehen. ö ⸗
Zu dem ersten Abfatz des 5 4 ist zu bemerken, daß es nicht räthlich erschienen ist, die mit Genehmigung der obersten Verwaltungs. behörde zulässige Ausnahme von der Regel der offentlichen Licitation, wie es der 5. 5 der Ober⸗Rechnungskammer-Instruktion thut, an die Bedingung des finanziellen Vortheils zu knüpfen, da auch das Ver⸗ waltungsinteresse häufig eine Abweichung erfordert, wie namentlich dann, wenn in erster Linie eine besondere Vertrauenswürdigkeit des Käufers vorausgesetzt werden muß. Die im 5. 6 der Ober⸗-Nechnungs. kammer⸗Instruktion außerdem enthaltene Vorschrift, daß der Verkauf aus freier Hand nach bestehenden Taxen oder im Privat verkehr üblichen Preifen zu erfolgen hat, dürfte der Verwaltungsinstruktion zu überlassen sein.
Die §§. 5 — 15 stellen die Grundsäͤtze für die Verwaltung der Ausgaben des Reichs fest. Unter den allgemeinen Vorschriften über die Buchung der Ausgaben hat auch die, nach einer Vereinbarung mit dem Reichstage bestehende Praxis, der zufolge Ausgaben, welche unter keinen Titel des Etats fallen, und zu deren Deckung der zur Be streitung unvorhergesehener Ausgaben ausgesetzte Dispositionsfonds nicht ausreicht, als außeretatsmäßige nachzuweisen sind (vergl. stenogr. Be richte über die JL. Session des Reichstages von 1871, S. 424), in dem . Absatze des 5. 10 entsprechende legislative Anerkennung ge⸗ unden
Ebenso entsprechen die Bestimmungen des §. 6 über die formelle Behandlung der Etatsüberschreitungen der durch Verftändigung mit dem Reichstage im Laufe der Jahre herbeigeführten Praxis.
Der 5. reproducirt die vom Reichstage im Jahre 1872 bei Be⸗ rathung des Gesetzentwurfs über den Rechnungshof genehmigte Defini⸗ tion der Etatsüberschreitungen, welche an dieser Stelle geeigneter ihren Platz findet, als in jenem Gesetze.
Die Bestimmungen im 5§. 8 entsprechen dem Inhalte der vom Reichstage zum Bundeshaushalts-Etat für 1868 gefaßten Resolution. Die im 5. 12 der Ober⸗Rechnungskammer-⸗Instruktion enthaltenen Bestimmungen über Tantismen finden sowꝛit, als Tantièmen den Charakter ständiger Dienstemolumente an sich tragen sollten, in dem 5. 8 des Entwurfs ihre Erledigung. Solche Tantismen dagegen, welche für extraordinäre Geschäfte bewilligt werden, haben den Charakter der außerordentlichen Remunerationen; besonderer gesetz⸗ licher Bestimmungen Über dieselben bedarf es daher nicht.
Die im Absatz 1 des 5. 9 ausgesprochene allgemeine Regel, daß außerordentliche Remunerationen für Beamte nur aus den im Etat ausdrücklich dazu bestimmten Fonds angewiesen werden dürfen, bedarf für den Fall der Stellvertretung eines Beamten eine Ausnahme, da es unbillig wäre, an die bei der Stellvertretung betheiligten Beamten eine über ihr gewöhnliches Arbeitspensum hinaus gehende Mehrforde— rung zu stellen, ohne ihnen einen entsprechenden Entgelt dafür zu ge⸗ währen; die Etats für dergleichen Ausgaben aber in der Regel Fonds nicht auswerfen. Es erschien angemessen, hierzu der Verwaltung die Ersparnisse an den Besoldungsfonds zur Verfügung zu stellen, welche dadurch entstehen, daß Stellen zeitweise unbesetzt sind, oder von ihren Inhabern nicht versehen werden können. Eine Verwendung dieser Ersparnisse wird aber nicht nur zur Deckung der eigentlichen Stellvertretungskosten erforderlich, sondern auch zur Gewährung von Remunerationen an Beamte derjenigen Kategorie, innerhalb welcher die Uebertragung der Geshäfte des zu vertretenden Beamten stattzefunden hat, da einerseits Stelloertretungen häufig auch in Fällen nöthig werden, in welchen Besoldungsersparnisse nicht ein⸗ treten, — z. B. in Urlaubs⸗ und Krankheitsfällen (5. 14 des Gesetzes, betr. die Rechts verhältnisse der Reichsbeamten vom 31. März 1873, R. G. Bl. S. 61), während des den Hinterbliebenen eines verstorbenen Beamten zustehenden Gnadenquartals (88.7 und 8 a. 4. O.), — andererseits aber eine Feststellung, welche Personen an der Ueber— tragung der Geschäfte des zu Vertretenden betheiligt gewesen sind, nicht in allen Fällen mit Sicherheit erfolgen kann, jedenfalls eine ge⸗ naue Kontrole hierüber mit Weiterungen verknüpft sein würde, welche mit dem beabsichtigten Zwecke außer Verhältniß st hen würden. Der Abschnitt 2 des Paragraphen ist dazu bestimmt, diesem berechtigten Bedürfniß der Verwaltung zu genügen.
Obgleich der §5. 9 in seinen beiden Absätzen, nur von „Beamten“ spricht, so wird es nicht in Zweifel gezogen werden können, daß zu den Beamten im Sinne dieses Paragraphen auch Milstärpersonen zu rech nen sind, welche in Beamtenstellungen, — z. B. als vortragende Räthe in der Admiralität bezw. dem Kriegs⸗Ministerium — verwen⸗ det oder im Falle von Vakanjen zur Thätigkeit als Beamte herange— zogen werden.
Im 5. 13 ist es zweckmäßig erschienen, den Bundesrath zu ermäch— tigen, gewisse Beamtenkategorien von der Regel, daß mit Beamten, welche die Verwaltung selbst führen oder an derselben betheiligt sind, nicht kontrahirt werden darf, auszunehmen. Es hat sich das Bedürf⸗— niß hierzu im Bereiche der Postverwaltung herausgestellt, indem die⸗ selbe haufig in die Lage kommt, mit Beamten der Betriebs verwaltung namentlich mit Vorstehern von Postexpeditionen, wegen Ueber- nahme kleinerer . der Beförderung von Boten⸗ poften, der Herstellung bezw. Hergabe von Postdienstlokalien 2c, kon⸗ frahiren zu müssen, weil sich zur anderweiten Verdingung der bezüg⸗ lichen Leiftungen eatweder gar keine oder doch nicht eine gleich geeignete und günstige Gelegenheit darbietet.
In Betreff der Defekte (5. 15) unterscheidet der 5. 30 der Ober⸗ Rechnungskammer⸗Instruktion zwischen Kassendefekten (d. h. den an den Sollbeständen des Staatseigenthums in Folge von Untreue, Irr- thum oder Dienstvernachlässigung ꝛc. fehlenden Beträgen) und Rech⸗ nungs defekten (8. h. Zuviel⸗Perausgabungen, sei es in Folge un⸗ richtigen Kalküls, sei es in Folge ven Zahlungen gegen gesetzliche und sonstige Vorschriften, welche von der Ober-Rechnungskammer im Wege der Monitur festgestellt und zur Wiedervereinnahmung bestimmt werden In Betreff der letzteren gilt die besondere Bestimmung, daß „kein Verwaltungschef dieseiben ohne Zustimmung der Ober⸗ Rechnungskammer niederschlagen darf“, wonach also mit Zustimmung des Rechnungshofs die Niederschlagung solchen Defekts zurch den Verwallungschef erfolgen kann; ferner ist es verboten, den Betrag der Rechnungsdefekle den Rendanten und anderen Beamten, welchen ein solcher Rechnungsdefekt zur Last fällt, aus irgend einem Dispositiens— fonds, sei es unter welcher Benennung es wolle, zu vergüten. Die Aufnahme des letztgedachten Verbotes in den vorliegenden Entwurf empfiehlt sich nicht, da es eine Bewilligung von außerordentlichen Re— munerationen eder Unterstützungen an solche Beamte, welche jemals eilen Rechnungsdefekt aus ihren Mitteln gedeckt haben, für alle Zeiten ausschließen, also weit über den beabsichtigten Zweck hinausgehen würde, Die Feststellung der Befugnisse des Rechnungshofes in Bezug auf solche Nechnungsdefekte, welche auf einer nicht in Folge des Schrift⸗ wechfels mit der Verwaltung fallen gelassenen Monitur beruhen, bildet Gegenstand des Gesetzes über den Rechnungshof. Die Bestimmung der Ober⸗Rechnungskammer⸗Instruktion, daß die Zustimmung der oberften Rechnungsbehörde zur Niederschlagung eines Rechnuagsdefekts genüge, findet darin ihre Erledigung, daß, sobald derselbe in Folge der Korrespondenz mit der Verwaltungsbehörde ihre Monitur fallen läßt, ein Rechnungsdefekt überhaupt nicht mehr besteht. Da hiernach jeder Grund fehlte, an dieser Stelle der sogenannten Rechnungsdefekte be⸗ sonders zu erwähnen, so ist dem Paragraphen eine Fassung gegeben worden, nach welcher er auf Defekte beider Gattungen Anwendung findet. (Schluß folgt.)
Landtags ⸗ Angelegenheiten.
Berlin, 11. Februar. In der gestrigen Sitzung des Hanses der Abgeordneten sprach in der Diskussion über