Der Sanitäts⸗Rath Dr. Sonntag zu Allenstein ist zum Kreis Wundarzt des Kreises Allenstein ernannt worden.
Akademie der Künste. Bekanntmachung.
Preisbewerbungen bei der Königlichen Akademie der Künste.
Bewerbung um den Michael Beerschen Preis J. Stiftung.
Die diesjährige Konkurrenz um den Preis der Michael Beerschen Stiftung für Maler und Bildhauer jüdischer Religion ist für Geschichtsmalerei bestimmt. Die Wahl des darzustellenden Gegenstandes bleibt dem eigenen Ermessen der Konkurrenten überlassen. Die Bilder müssen ganze Figuren enthalten, aus denen akademische Studien ersichtlich sind, in Oel ausgeführt sein und in der größeren Seite 1 Meter, in der kleineren 80 Centi⸗ meter betragen.
Der Termin für die kostenfreie Ablieferung der zu dieser Konkurrenz bestimmten Arbeiten ist auf den 15. Juli d. J. fest⸗ gesetzt, und haben nach den Bestimmungen des Statuts die Kon⸗ kurrenten gleichzeitig einzusenden:
I) Eine in Oelfarben ausgeführte Skizze, darstellend: eine Scene aus der Sündfluth.
2) Einige Studien nach der Natur.
Die eingesandten Arbeiten müssen von folgenden Attesten und Schriftstücken begleitet sein:
I) einem Attest, daß der namentlich zu bezeichnende Kon⸗ kurrent sich zur jüdischen Religion bekennt und ein Alter von 22 Jahren erreicht hat;
2) einem desgleichen, daß derselbe seine Studien auf einer deutschen Akademie gemacht hat;
3) einem kurzen Lebenslauf, aus welchem der Gang seiner Studien hervorgeht;
einer schriftlichen Versicherung an Eidesstatt, daß die eingereichten Arbeiten von ihm ohne fremde Beihülfe entworfen und ausgeführt sind.
Der Preis besteht in einem Stipendium von 750 Thlr. zu einer Studienreise nach Italien unter der Bedingung, daß der Prämiirte sich 8 Monate in Rom aufhalten und unter Beifügung einiger Arbeiten über seine Studien halbjährlich an die Königliche Akademie Bericht erstatten muß.
Die Zuerkennung des Preises erfolgt in der öffentlichen Sitzung der Akademie am 3. August d. J.
II. Bewerbung um den Michael⸗Beerschen Preis II. Stiftung.
Die diesjährige Konkurrenz um den Michael⸗Beerschen Preis, zweiter Stiftung, zu welcher Bewerber aller Konfessionen zuge⸗ lassen sind, ist für Musiker bestimmt.
Die unterzeichnete Akademie stellt folgende Aufgabe: Die Kom⸗ position des 130. Psalms (Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu Dir) deutsch nach Luthers Uebersetzung für Soli, Chor und kleines Orchester, und zwar Vers 1 und 2 fünfstimmiger Chor, V. 3 und 4 Terzett, V. 5 und 6 fünfstimmiger Chor a capella, V. 7 Solo für Baß, V. 8 fünfstimmige Fuge.
Der Termin für die kostenfreie Ablieferung der Konkurrenz⸗ Arbeiten an die Königliche Akademie ist auf den 1. Juni d. Is. festgesetzt. . ᷣ
Die eingesandten Arbeiten müssen mit folgenden Attesten und Schriftstücken begleitet sein:
I) mit einem Attest, daß der Konkurrent ein Alter von 22 Jahren erreicht hat;
Y mit einem kurzen Lebenslauf, aus welchem der Gang seiner Studien hervorgeht;
3) mit einer schriftlichen Versicherung an Eidesstatt, daß die eingereichte Arbeit ohne fremde Beihülfe von ihm ausgeführt ist.
Der Preis besteht in einem einjährigen Stipendium von 750 Thlr. zu einer Studienreise nach Italien, unter der Bedin⸗ gung, daß der Prämürte sich 8 Monate in Rom aufhalten und unter Beifügung einiger Arbeiten über seine Studien an die Königliche Akademie halbjährlichen Bericht erstatten muß.
Die Zuerkennung des Preises erfolgt in der öffentlichen Sitzung am 3. August d. Is.
Berlin, den 11. Februar 1874.
Das Direktorium der Königlichen Akademie der Künste.
Im Auftrag: Gd. Daege. O. F. Gruppe.
Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten.
Dem Maschinen⸗Fabrikanten H. Keßler zu Ober⸗Lahnstein ist unter dem 10. Februar 1874 ein Patent auf eine durch Zeichnung und Beschreibung nachgewiesene Gesteins⸗Handbohrmaschine, soweit dieselbe für neu und eigen⸗ thümlich erachtet worden ist, auf drei Jahre, von jenem Tage an gerechnet, und für den Umfang des preußischen Staats ertheilt worden.
Dem Uhrmacher Carl Hahlweg junior in Czarnikau ist unter dem 10. Februar 1874 ein Patent auf ein durch Beschreibung und Modell nachgewiesenes In⸗ ö zum Schneiden der Steinfassungen für Taschen⸗ uhren auf drei Jahre, von jenem Tage an gerechnet, und für den Um⸗ fang des preußischen Staats ertheilt worden.
Justiz⸗Ministerium.
Zu Kreisrichtern sind ernannt: der Rechtsanwalt Travers in Wiesbaden bei dem Kreisgericht in Altona, der Gerichts⸗ Assesso⸗ Lion bei dem Kreisgericht in Ratibor, der Gerichts⸗ Assessor Karl Erdmann Udo Schmidt bei dem Kreisgericht in Heiligenstadt, mit der Funktion als Gerichts-Kommiffarius in Dingelstedt, und der Gerichts⸗-Assessor Sauerteig bei dem Kreisgericht in Nordhausen, mit der Funktion als Gerichts⸗ Kommissarius in Ellrich.
9. Plenarsitzung des Herrenhauses. Sonnabend, den 14. Februar 1874, Vormittags 11 Uhr. Tagesordnung:
1) Bericht der Budget⸗Kommission über den Staatshaus⸗ halt für das Jahr 1874. 2) Mündlicher Bericht der Budget— Kommission über die Petitionen von Volksschullehrern wegen baldigen Erlasses eines Dotationsgesetzes für Volksschullehrer. 3) Mündlicher Bericht der Kommission für Cisenbahnangelegen⸗ heiten über die Petition von Spieß und Genossen, betreffend die Anlage einer Eisenbahn von Güldenboden nach Osterode auf Staatskosten. 4) Mündlicher Bericht derselben Kommission über die Petition wegen Baues einer Zweigbahn von Trarbach nach Reil.
Aichtamlliches. Dentsches Reich.
Prenßen. Berlin, 13. Februar. Se. M ajestãt der Kaiser und König empfingen gestern Nachmittag das Prä— sidium des Deutschen Reichstages in Audienz. ; .
Heute Vormittag hörten Allerhöchstdieselben die Vorträge des Polizei⸗Präsidenten von Madai, des General⸗Intendanten der Königlichen Schauspiele von Hülsen und des Oberst⸗Käm⸗ merer Grafen von Redern. . ;
Vor der Spazierfahrt nahmen Se. Majestät die Besuche Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen und Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Georg entgegen.
— Ihre Majestät die Kaiserin-Königin besuchte heute die J. Volksküche, wo der betreffende Vorstand des Ber⸗ liner Frauen⸗Vereins versammelt war.
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz ertheilte gestern Vormittag um 114 Uhr dem aus München hier eingetroffenen Legations⸗Sekretär von Thielau Audienz und begab Sich gegen 17 Uhr mit Ihrer Kaiser⸗ lichen und Königlichen Hoheit der Kronprinzessin zur Gratulation zum Prinzen Georg Königliche Hoheit. .
Nachmittags empfing Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit den Dr. Dohme und wohnte Abends der Vorstellung im Schau⸗ spielhause bei.
— Des Kaisers und Königs Majestät haben zu ge⸗ nehmigen geruht, daß die von dem verstorbenen Dr. Wolfgang Menzel in Stuttgart nachgelassene, aus etwa 18,400 Bänden bestehende Bibliothek aus einem bei der Reichs⸗Hauptkasse zur Disposition stehenden Fonds für die Universitäts⸗ und Landes⸗ Bibliothek in Straßburg angekauft werde.
—
— Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Eisenbahnen, Post und Telegraphen und für die Verfassung hielten heute eine Sitzung.
— Im weiteren Verlaufe der gestrigen Sitzung des Deutschen Reichstags äußerte der Abg. v. Saucken (Tarputschen) in der Diskussion über den Schulzeschen Antrag, die Bewilligung von Diäten und Reisekosten für die Mitglieder des Reichstags betref⸗ fend, seine Partei habe sich im konstituirenden Reichstag abweh⸗ rend gegen eine Verfassung verhalten, die auf Personen zuge⸗ schnitten sei, so sehr, daß man schon mit Bedauern an den Fall denke, wenn die Persönlichkeit, auf deren Leib die Versassung zugeschnitten sei, fehlen sollte. Der Abg. Dr, Lasker sprach dem entgegen sich dahin aus, daß, so sehr er auch den Reichskanzler verehre, seine Ueberzeugung doch die sei, daß das Gefüge des Reiches aus solcher Naturkraft geschaffen und mit ihr ausge⸗ stattet sei, daß es fortbestehen werde auch ohne die Person des jetzigen Kanzlers. Wäre er nicht die Verkörperung des deutschen Geistes gewesen, des Gedankens, der die Einheit Deutschlands suchte, so hätte er diese Verfaffung niemals zu schaffen vermocht.
Mit Bezug hierauf nahm der Reichskanzler Fürst v. Bis⸗ marck nach dem Abg. v. Schulte das Wort:
Es heißt im gewöhnlichen Sprüchworte: qui tacet, consentire vi- detur; ich hätte deshalb zu der Aeußerung des Herrn Aba. Lasker aus diesem Grunde schweigen können, da ich mit ihm vollständig ein⸗ verstanden bin; aber ich bin nicht ohne Sorge, daß in diesem Falle möglicherweise von der anderen Seite auch das Gegentheil gesagt und aus meinem Schweigen Noch vielleicht andere Folgerungen gezogen werden könnten. Ich erlaube mir deshalb zu konstatixen, daß ich voll⸗ kommen die Ueberzeugung des Herrn Abg. Lasker theile, daß ich die Art, wie die Verfassung zu Stande gekommen ist, die elementarischen Wirkungen, wie er es nannte, unter denen sie zu Stande gekommen ist, weit höher anschlage, als die Mitwirkung jedes einzelnen Mannes, und daß es ein schlechtes Kompliment wäre, was man unserer gemeinschaft⸗ lichen Arbeit, nämlich der bestehenden Verfassung, machen könnte, Henn man zugeben wollte, daß ein Kanzler mehr oder weniger bei dem Bestehen des Deutschen Reiches und seiner nationalen Fortbildung irgend welchen Unterschied machen könnte.
In der zweiten Berathung erklärte der Abg. Sonnemann, die Fahrkarten als mit der Verfassung nicht vereinbar. Darauf wurden die einzelnen Paragraphen des Gesetzentwurfs mit 229 gegen 79 Stimmen angenommen.
Der Antrag des Abg. Dr. Windthorst (Meppen):
„Den Reichskanzler aufzufordern, dahin zu wirken, daß die Königlich preußische Regierung die Berathungen des Landtags der preußischen Monarchie für die Dauer der Sitzungen des Deutschen Reichstags ohne Verzug zum Abschlusse bringe,“ ;
wurde vom Antragsteller mit Rücksicht auf die bereits erfolgte vorläufige Vertagung des Landtags für jetzt zurückgezogen.
Es folgte dann die Berathung des Antrages der Abgeord⸗ neten Bernards, Dr. Windthorst und Genossen:
„Den 5§. 44 der G schäftsordnung für den Deutschen Reichstag abzuändern wie folgt: „Die Anmeldung zum Worte erfolgt, nachdem die Berathung über den betreffenden Gegenstand eröffnet ist, schriftlich bei demjenigen Schriftführer, welcher die Rednerliste zu führen und die Reihenfolge zu überwachen hat und als solcher durch den Präsidenten verkündigt ist. In der Anmeldung wird bemerkt, ob für oder gegen den Antrag gesprochen werden soll. Wenn mehrere Redner beim Be— ginne der Diskussion sich gleichzeitig zum Worte melden, so wird für sie die Reihenfolge durch das Loos bestimmt. So lange es möglich ist, . mit den Rednern, welche für und wider sprechen wollen, gewechselt.“ ⸗ .
Bis jetzt wurde vämlich eine Rednerliste nicht festgestellt, sondern dem Redner das Wort ertheilt, welcher nach Eröffnung der Diskussion oder nach Beendigung der vorhergehenden Rede zuerst darum nachsuchte. .
Nachdem der Abg. Dr. Windthorst (Meppen) für, der Abg. Dr. Braun gegen den Antrag gesprochen, wurde die Diskussion um 35 Uhr bis auf heut vertagt.
— In der heutigen (5.) Sitzung des Deutschen Reichs⸗ tages, welcher die Bundesbevollmächtigten, Staats⸗Minister Delbrück, v. Mittnacht und Andere beiwohnten, wurde die gestern ver⸗ tagte Debatte über die Abänderung der Geschäftsordnung wieder aufgenommen. Der Abg. v. Taczanowski spruch für den Antrag, indem er hervorhob, daß derselbe mit Rücksicht auf die Minorität schon Anstands halber angenommen werden müßte. Der Abg. Bernards empfahl den Antrag zur Annahme, indem er besonders auf seine Erfahrungen im preußischen Abgeordnetenhause hin⸗ wies. Abg. Fürst Hohenlohe⸗Schillingsfürst erklärte, daß er zuweilen als Präsident die Uebelstände, welche der jetzige 8. 44 mit sich brächte, empfunden hätte, da besonders bei aufregenden Debatten gar zu leicht der Schein der Parteilichkeit hervorgerufen würde. Der Abg. v. Kardorff empfahl zwar, den Antrag an die Geschäftsordnungs⸗Kommission zu verweisen, hoffte aber, der Reichstag würde im Ganzen bei der bisherigen Praxis bleiben. Abg. Dr. Braun hielt eine kommissarische Prüfung nicht für noth⸗ wendig. Der Abg. v. Hoverbeck dagegen empfahl die Verweisung an die Geschäftsordnungs⸗Kommission. Das Haus trat diesem Antrage bei.
Entwurfe
Es folgte die zweite Berathung des Gesetzentwurfes, betref⸗ fend die Gewährung von nachträglichen Vergütungen für Kriegsleistungen der Gemeinden (S. Nr. 35 d. Bl), zu welchem die Abgg. Grumbrecht und Wulfshein eine Reihe von Amendements beantragt hatten. — 5. 1 wurde ohne Debatte in der Fassung der Regierungsvorlage angenommen:
Für die innerhalb des Gebietes des vormaligen Norddeutschen Bundes aus Anlaß des Krieges gegen Frankreich auf Grund des 5 3 des Gesetzes wegen der Kriegsleistungen und deren Vergütung vom 1I. Mai 1851 (Bundesgesetzblatt von 1857 S. 125) ohne geseßlichen Anspruch auf Entschädigung erfolgten Kriegsleistungen der Gemeinden ist den letzteren nach näherer Bestimmung des gegenwärtigen Gesetzes nachträglich Vergütung zu gewähren.
§. 2 wurde mit einem Amendement des Abg. Grumbrecht in folgender Fassung angenommen:
Die Vergütung erfolgt: I) für die Gewährung von Natural⸗ quartier nach dem Servistarife, welcher dem Bundesgesetze über die Quartierleistung für die bewaffnete Macht während des Friedenszustandes vom 25. Juni 1868 (Bundesgesetzbl. S. 523) beigefügt ist. Außerdem soll denienigen Gemeinden, welche für Quartierleistungen mehr als das Doppelte der einfachen Servisvergütung baar aufgewendet haben, der Aufwand, welcher das Doppelte des Servises übersteigt — höchstens jedoch bis zu dem Betrage der einfachen Servisvergütung — erstattet werden; 2) für geleisteten Vorspann nach den für Friedenszeiten gesetzlich bestehenden Vergütung⸗⸗ saͤtzen; 3) für die im 5. 3 Nr. 2 des Gesetzes vom 11. Mai 1851 neben dem Vorspanne bezeichneten Dienste c. nach den am Orte der Leistung in gewöhnlichen Zeitverhältnissen üblichen Preisen; ) für die Her gabe von Räumlichkeiten zu Wachen, Handwerksstätten und zur Unter⸗ bringung von Militäreffekten nach dem von den Gemeinden dafür nachweislich gemachten Baaraufwande, soweit, derselbe von der oberen Verwaltungsbehörde als angemessen bescheinigt wird.
Für die übrigen im 5. 3 Nr. 3 des Gesetzes vom 11 Mai 1851 bezeichneten Leistungen erfolgt keine Vergütung. ;
Bei Schluß des Blattes trat das Haus in die Berathung eines vom Abg. Grumbrecht beantragten Zusatz⸗Parapraphen ein.
— Die fällige englische Post aus London, den 11. d., Abends, ist ausgeblieben.
Bayern. München, 12. Februar. In der Sitzung des Gesundheitsraths-ÄAusschusses vom 5. d. M. wurde vom Regierungs⸗Rath Kopp mitgetheilt, daß die Cholera in Freysing, Schwabing ꝛc,, überhaupt in Oberbayern außerhalb München aufgehört habe. Ober⸗Medizinal-Rath Dr. Klinger fügte daran auch noch die Notiz, daß in ganz Bayern in den letzten Tagen außer München nur in Köslarn, Bezirksamt Griesbach in Niederbayern, Cholera⸗Erkrankungen, und zwar in diesem Orte 109 Fälle, worunter 8—9 mit tödtlichem Verlaufe, vorgekommen sind; in der Strafanstalt zu Rebdorf, woselbst 35 Cholera⸗Erkrankungen mit 22 Todesfällen vorgekommen sind, ist die Krankheit seit etwa 12 Tagen, in der Strafanstalt zu Lau⸗ fen seit 27. Dezember v. J. erloschen.
Sachsen. Dresden, 12. Februar. Die Er ste Kamm er trat in ihrer heutigen Sitzung den von der Zweiten Kammer bereits genehmigten Vereinigungsvorschlägen bezüglich des Ent⸗ wurfs einer neuen Landtagsordnung auch ihrerseits bei, lehnte dagegen die von der Zweiten Kammer bezüglich des mit jenem zusammenhängenden, die Abänderungen einiger Benimmungen der Verfassungsurkunde bezweckenden Gesetz⸗ entwurfs abweichend gefaßten Beschlüsse ab, so daß also noch ein Vereinigungsverfahren einzutreten hat. Auf die Bemerkung des Referenten, Bürgermeister Müller, daß die Staatsregierung der Gewährung von freier Fahrt auf den Eisenbahnen noch an
die Abgeordneten während des Landtags nicht zugestimmt habe,
erklärte Staats⸗Minister von Nostitz⸗Wallwitz, daß er trotzdem der Kammer rathe, den darauf bezüglichen Vereinigungsvorschlag anzunehmen, weil der Regierung, wenn ihr die Beseitigung jener Bestimmung in dem Grade wünschenswerth sein sollte, nach . 94 der Verfassungsurkunde freistehe, den Gesetzentwurf in abge⸗ änderter Fassung dem Landtage wieder vorzulegen, während anderenfalls die Landtagsordnung definitiv gescheitert sein würde. Die Kammer bewilligte sodann zum Bau der Gewerbeschule in Chemnitz 320,000 Thaler. Nach Erledigung einiger Petitionen verlas schließlich der Staats⸗Minister Freiherr von Friesen das Allerhöchste Dekret, durch welches der Landtag bis auf Weiteres vertagt wird. .
— Die Zweite Kammer kam in ihrer gestrigen Abend⸗ sitzung, die bis gegen 103 Uhr dauerte, mit dem Budget des Ministeriums des Innern noch nicht zu Ende. Der größte Theil der Sitzung wurde mit der Diskussion über die Etats des Gensd'armerieanstalt und der Polizei⸗Direktion zu Dresden aus⸗ gefüllt. Es wurden schließlich die von der Regierung verlangten 100 neuen Landgensd'armen mit 34 gegen 33 Stimmen bewilligt; dagegen wurden für Dresden statt der im Budget eingestellten 50 neuen Stadtgensd'armen deren nur 25 genehmigt. Ein An⸗ trag des Vice-Präsidenten Streit: die Regierung um Vorlegung eines Gesetzentwurfs über die Verwaltung der Ortspolizei in Dresden und über die Verpflichtung zur Aufbringung der Kosten dieser Verwaltung an den nächsten Landtag zu ersuchen, wurde ebenso abgelehnt, wie ein Antrag des Abg. Fahnauer; die Re⸗ gierung zu sofortiger Lösung des vom Staate mit der Stadt Dresden wegen der Verwaltung der Sicherheitspolizei ge⸗ schlossenen Vertrages, nöthigenfalls gegen Entschädigung der Stadtgemeinde, aufzufordern. Das Erforderniß für Kunstakademien und Kunstzwecke bot dem Abgeordneten Dr. Leistner Anlaß, die gegenwärtige, an der hiesigen Kunstakademie herrschende Richtung einer Kritik zu unterziehen. Staats⸗-Minister v. Nostitz⸗Wallwitz erwiderte, daß die Regierung die Bemerkungen Dr. Leistners, die er zwar nicht ohne Ein⸗ schränkung gelten lassen könne, denen er aber auch nicht alle Berechtigung absprechen wolle, in den Kreis ihrer Erwägung ziehen werde.
In der heutigen Sitzung wurde, als letzter Theil des Budgets des Innern, der Etat der Landes⸗Heil⸗, Straf⸗ und Versorgungsanstalten erledigt. Zu dem Antrag der Deputation: die Regierung zu ersuchen, eine Repision der Verträge vorzu⸗ nehmen, welche mit denjenigen Fabrikanten abgeschlossen worden sind, die zur Zeit in den Strafanstalten arbeiten lassen, und hiernach die vereinbarten Arbeitslöhne denjenigen Löhnen, welche für die betreffenden Branchen bei freier Arbeit bezahlt werden, möglichst zu nähern, erklärte der Minister des Innern, daß die Regierung den in dem Antrage der Deputation niedergelegten Wunsche schon bisher nach Möglichkeit Rechnung getragen habe und es unausgesetzt thun werde, glaube aber nicht, sich davon große finanzielle Resultate versprechen zu können. Darauf erklärte u. A. die Kammer zunächst nach kurzer Debatte ihr Einverständniß sowohl mit der Art der Verwendung des Kasernenbau⸗Vorschußfonds, als auch mit der von der Regie⸗ rung vorgeschlagenen Rückzahlungsweise und ging sodann zu dem Eisenbahnbericht über. Nach langen Debatten, welche sich lediglich um die berührten lokalen Verhältnisse und Interesses
bewegten, wurden die Deputationsanträͤge angenommen: die
Regierung zu ermächtigen, die im außerordentlichen Budget für Fortführung und Vollendung des Baues der ersten Abtheilung der südlausitzer Bahn, sowie der Plauen⸗Oelsnitzer Bahn, in⸗ gleichen für den Bau der zweiten Abtheilung der südlausitzer Bahn Sohland⸗Dürrröhrsdorf postulirten 6,500 900 Thlr. aus den Beständen des mobilen Staatsvermögens zu ent⸗ nehmen, und: die im außerordentlichen Budget geforderten 3 833,409 Thlr. zur Erweiterung und dem Umbau von Bahn⸗ höfen und Haltestellen, Herstellung von Betriebseinrichtungen und Vermehrung der Weichen⸗ und Gleisanlagen zu bewilligen und die Regierung zu ermächtigen, auch diesen Betrag aus den Be⸗ ständen des mobilen Staatsvermögens zu entnehmen. Der Gesetz⸗ entwurf wegen Pensions und Wartegelder-Erhöhungen, wurde auf Antrag der Abgg. Beck und Genossen, welcher nach kurzer Debatte angenommen wurde, an die 2. Deputation zur ander⸗ weiten Berichterstattung verwiesen und derselben dabei zur Er⸗ wägung gegeben, ob dieselben Vortheile, wie den Hinterlassenen der nach dem 1. Januar 1874 verstorbenen Staatsdiener, nicht auch den Hinterlassenen der vor diesem Zeitpunkte verstorbenen Staatsdiener zugewendet werden könnten. Nachdem dieser letzte Gegenstand der Tagesordnung erledigt worden war, erhob sich der Staats⸗-Minister Frhr. v. Friesen, um das Allerhöchste Ver⸗ tagungsdekret zur Kenntniß der Kammer zu bringen; der Prä⸗ sident erklärte durch dieses Dekret die Sitzung für geschlossen.
Baden. Karlsruhe, 9. Februar. In der Zweiten Kam mer erfolgte heute die zusäs liche Bewilligung von 36000 Fl. zu Gehaltserhöhungen für die Bediensteten der Großherzog— lichen Hofverwaltung. Bis Sonnabend finden jeden Tag Sitzungen statt, so daß die Erledigung des Finanzgesetzes am Sonnabend Abend in Aussicht steht.
— Die Hauptbestimmungen des Entwurfes eines Gesetzes, den Fortbildungsunterricht betreffend, welche in der Sitzung der Zweiten Kammer vom 5. d. M. angenommen wur— den, lauten:
5. 1. Der Elementarunterricht der Kinder nach Maßgabe des Gesetzes vom 8. März 1868 wird dahin ausgedehnt, daß Knaben noch zwei Jahre und Mädchen ein Jahr zach Zurücklegung des schul⸗ pflichtigen Alters (§§. 1 und 2 des angeführten Gesetzes) verpflichtet sind, in der Gemeinde, in welcher sie sich aufhalten, zur Befestigung und Erweiterung der in der Volksschule erworbenen Kenntnisse wöchent⸗ lich einige Unterrichtsstunden (die Fortbildungsschule) zu besuchen. Der Besuch einer Gewerbeschule, einer höheren öffentlichen Bildungsanstalt oder einer anderen, den gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden Lehr— anstalt, sowie der Fortbesuch der Volksschule befreit von der Pflicht zur Theilnahme an dem Fortbildungsunterricht. Kinder, welche nachweis— bar entsprechenden Privatunterricht genießen, ebenso diejenigen, welche sich durch genossenen höheren Unterricht die in der Fortbildungsschule zu erwerbenden Kenntnisse in genügender Weise angeeignet haben, werden durch die Schulbehörden vom Besuch des Fortbisdungsunter— richts entbunden. Aus besonderen dringenden Gründen können Einzelne durch die Schulbehörden vom Besuch dieses Unterrichts entbunden oder ausgeschlossen werden.
§. 2. Eltern oder deren Stellvertreter, Arbeits⸗ und Lehrherren sind verbunden, die unter ihrer Obhut oder in ihrem Dienst oder Brodt stehenden Kinder, sofern sie nach §. 1 zum Besuch des Fort— bildungsunterrichts verpflichtet sind, zur Theilnahme an demselben an— zumelden und ihnen die zum Besuch derselben erforderliche Zeit zu gewähren. Zuw derhandlungen werden an Geld bis zu fünfzig Mark bestraft. Die Eltern und deren Stellvertreter haben dafür zu sorgen, daß die Kinder, welche die Fortbildungsschule besuchen, die erforder⸗ lichen Bücher und sonstigen Materiglien besitzen.
5§. 3. Jede Gemeinde ist verpflichtet, einen Fortbildungsunterricht zu veranstalten. Die Ober ⸗Schulbehörde kann im Benehmen mit der Staats verwaltungsbehörde von dieser Verpflichtung aus erbeblichen Giünden und namentlich dann enthinden, wenn die zerstreute Lage der Wohnungen die Abhaltung der Fortbildungssichule unthunlich macht.
5§. 4. Die, Gemeinde ist verbunden, die für die Fortbildungg⸗ schule erforderlichen Lehrräume zu stellen und jür die erforderlichen Schulbedürfnisse zu sorgen.
Der Fortbildungéunterricht soll die in der Volksschule erworbenen Kenntaisse in der Art und Richtung befestigen und erwei⸗ tern, daß dieselben dem Schüler stets in ihrer unmittelbaren Bezie⸗ hung auf die Bedürfnisse des Lebens erscheinen, und daß er sich ihrer in seiner beruflichen Thätigkeit als Werkzeug zu bedienen lernt. In diesem Sinne soll sich der Unterricht einerseits auf Lesen, Uebungen im mündlichen und schriftlichen Ausdruck und Rechnen beschränken, andererseits von diesen Mittelpunkten aus je nach den örtlichen Be— dürfnissen die übrigen in der Volksschule behandelten Wissensgebiete in seinen Bereich ziehen.
; Der Unterricht muß wenigstens zwei Stunden wöchenilich umfassen und soll in der Regel das ganze Jahr hindurch dauern. Aus besenderen Gründen kann die Oberschulbehörde auf den Antrag der Gemeinde im Benehmen mit der Staats⸗Verwaltungsbehörde gestatten, daß der Unterricht auf das Winterhalbjahr beschränkt werde. In diesem Fall muß er aber mindestens drei Stunden wöchentlich umfassen.
Hessen. Darmstadt, 11. Februar. Nach der Zusam⸗ menstellung der ständischen Beschlüsse zum Haupt⸗Voranschlag der Staats-Einnahmen für die Jahre 1873 — 75 hatte die Regierung die Gesammt⸗Einnahme veranschlagt zu 10 817,796 Fl. Obgleich durch die Beschlüsse der Zweiten Kammer bezüalich der Tranksteuer von Wein und Obstwein von den Einnahmen 124 667 Fl. in Wegfall kommen, so ergiebt sich trotzdem in Ge— mäßheit der von der Regierung als richtig anerkannten Veran⸗ schlagung der Zweiten Kammer eine Gesammt-Einnahme von 12,280, 0924 Fl., also ein Mehr von 13462, 228 Fl. gegenüber dem ursprünglichen Voranschlag. Es sind dabei im Einzelnen mehr in Einnahme gesetzt: an Einkommen-, Grund⸗ und Ge⸗ werbesteuer 10666 Fl., an Brücken-! und Ueberfahrtsgeld 7000 Fl., an Sporteln 16.000 Fl., an Stempeln 40 000 Fl., an Ueberschuß aus Feldstrafen (welche besondere Verwendung findet) 14.229 Fl., an Zinsen von nutzbar angelegten Aktiven der Haupt⸗Staatskasse 100,900 Fl., aus den Ueberschüssen der Haupt⸗Staatskasse 143399 000 Fl. — zusammen 1,586, 895 Fl., welche Summe nah Abzug obiger 124,667 Fl. das Mehr von 1,462,228 ergiebt.
Sach sen⸗Weimar⸗CEisenach. Weimar, 8. Februar. Dem Landtag ist eine Regierungsvorlage zugegangen, in wel— cher u. A. für Alterszulagen der Geistlichen 8060 Thlr. verlangt werden. Für jetzt wurden auf Theuerun gszulagen für die Jahre 1873 und 74 je 7500 Thlr. den Geistlichen zugewendet. Ueber die allgemeine Besserstellung der gering dotirten Geistlichkeit wird die künftige Landessynode, welche nach dem Schluß der Land— tags⸗Session berufen wird, zu entscheiden haben. — Ferner hat die Regierung eine Vorlage eingebracht, wonach die Tagegelder der Abgeordneten von 26 auf 3 Thlr., die des Präsidenten von 4 auf 5 und die der Vice⸗Präsidenten von 35 auf 4 Thlr. er⸗ höht werden sollen. — Der Entwurf eines Vol ksschul⸗Ge⸗ setzes adoptirt die Kommunal⸗ oder Ortsschulen, ohne die be⸗ stehenden Konfessionsschulen aufzuheben. Es bleibt jedoch in den Orten, wo neben der allgemeinen Volks⸗ auch noch Kon⸗ fessionsschulen bestehen, den Eltern die Freiheit gewahrt, ihre Kinder in die Ortsschule oder in die Schule ihrer Konfession
zu schicken.
Schwarzburg⸗Sondershausen. Sondershausen, 12. Februar. Das heute ausgegebene Landesgesetzsamm⸗ lungs⸗Stück enthält: Nr. 15. Gesetz über die Schonzeiten des Wildes, vom 3. Februar 1874.
Lübeck, 11. Februar. Der Bürgerausschuß beendigte heute seine gutachtliche Berathung des Senatsantrages, betreffend Erbauung eines öffentlichen Schlachthauses, und beschloß dabei dem Antrage seiner FKommission gemäß, die Ausschreibung einer Konkurrenz zu empfehlen, stellte aber die von der Kommission auf 200,000 Mark beschränkte Bausumme auf die vom Senat proponirte Höhe von 250,000 Mark wieder her; auch einen Antrag dahin, daß diese Summe nicht aus Staatsmitteln, sondern aus der Gemeindekasse der Stadt Lübeck entnommen werde, empfahl der Bürgerausschuß.
Desterreich⸗ Ungarn. Wien, 12. Februar. (W. T. B.) Die Gesetzentwürfe über die Gebäudesteuer, die Erwerbs⸗ steuer, die Rentensteuer und die Personal-Einkommensteuer wer⸗ den vom Finanz⸗Minister in der morgenden Sitzung des Abge⸗ ordnetenhauses vorgelegt werden. , .
— 13. Februar. (W. T. B.) Dem Vernehmen der „Neuen freien Presse“ zufolge hat der Finanz⸗Minister beschlossen, die Ausführung der Exekution gegen liquidirende oder andere Gesellschaften, welche mit Steuerbeträgen rückständig sind, noch so lange zu sistiren, bis der Ministerrath über diese Frage schlüssig geworden ist.
Pesth, 11. Februar. Das Amtsblatt dementirt in offizieller Weise das Gerücht, wonach der Minister des Innern im Neuner— Ausschusse erklärt hätte, er wolle die Arrondirungsvor⸗ lage zurückziehen und sich vorläufig mit der Arrondirung der siebenbürgischen Komitate und des jazygisch kumanischen Distriktes begnügen. Der Minister wiederholte im Ausschusse blos jene früher abgegebene Erklärung, daß er die Detailbestimmungen der Vorlage einer Abänderung fähig und geeignet betrachte, den Gegenstand einer freien Diskussion zu bilden, daß er aber an den Grundprinzipien des Gesetzentwurfes festhalten müsse.
Der Gesetzentwurf über die Erhöhung der Pensionen der Areierengarden wurde von den meisten Sektionen abgelehnt, nachdem über die Bedeckungsfrage abweichende Ansichten herrschen. Nach einigen Sektionen gehört diese Angelegenheit in das ge— meinsame Budget, nach anderen in die Civilliste oder in das österreichische Budget.
Niederlande. Haag, 8. Februar. Auf den wieder er⸗ richteten Posten eines diplomatischen Vertreters der Niederlande bei der portugiesischen Regierung ist der bisher der Gesandtschaft in Paris beigegebene Legations⸗Rath Ever wyn als Geschäfts⸗ träger berufen worden.
Grwftbritamnien und Irland. London, 13. Februar. (W. T. B.) Es sind nunmehr 604 Parlamentswahlen bekannt. Von den Gewählten gehören 326 der konservativen, 278 der liberalen Partei an. Die Konservativen haben 92, die Liberalen nur 32 Sitze gewonnen. Der Unterstaatssekretär im Ministerium des Auswärtigen, Viscount Enfield, ist bei der Wahl in Middlesex einem Konservativen gegenüber unterlegen.
Italien. Rom, 7. Februar. Der König reist morgen nach einem Galadiner im Quirinal wieder nach Reapel zurück.
— Tas italienische Heer war am 30. September v. J. nach dem vom General Torre kürzlich veröffentlichten offiziellen Berichte 751,007 Mann stark, darunter 200,240 Mann Linien⸗ Infanterie, 173,333 Mann in den Militärdistrikten, 32,641 Mann Bersaglieri, 27,277 Mann Kavallerie, 26,531 Mann Carabinieri, 3170 Mann in den Militärschulen, 1270 Mann einjährige Frei⸗ willige, 7934 Mann in den Alpenjäger⸗Compagnien, 3165 Mann in den Krankenwärter⸗Compagnien, 2853 Mann in den Straf⸗ Compagnien. 398 Mann Musketiere, 1742 Invaliden und Vete⸗ ranen, 207 Mann in den Gestüten, 1693 Mann in den Militär⸗ gefängnissen, 10,561 Offiziere in aktivem Dienste, 236 Mann in Aspettative oder Disponibilität. Dazu kommt als mobile Miliz 196,494 Mann Linieninfanterie und Bersaglieri, 1562 Mann Gen iecorps, 2596 Offiziere. Total 751,007 Mann.
— Der Finanz⸗Minister und der Kriegs⸗Minister wohnten gestern der Sitzung der Kommission bei, welche zur Prüfung und Berathung des Gesetzentwurfs niedergesetzt worden ist, der einen Kredit von 31“ Mill. Lire zum Ankauf von neuem Artillerie Material für die Feld-Artillerie verlangt. Als der Finanz⸗Minister befragt wurde, ob diese 3 Millionen, wovon L Millionen auf das Budget von 1874 kommen sollen, durch die 20 Millionen mitgedeckt werden, die dem Kriegs⸗Minister für außerordentliche Ausgaben bewilligt worden sind, bejahte er die Frage und bestätigte das nämliche von den 3,200,000 Franken, welche auf das Budget von 1874 eingetragen werden sollen, wenn der auf die Bekleidung der Armee gerichtete Vorschlag des Kriegs⸗Ministers angenommen wird. Damit dieser den ihm be⸗ willigten Kredit auf keinen Fall zu überschreiten braucht, behält sich die Regierung vor, bei der Berathung des Definitiv⸗Budgets des Kriegs⸗Ministeriums Absetzungen in verschiedenen Kapiteln des außerordentlichen Budgets vorzuschlagen. Zuletzt erklärte der Finanz⸗Minister, daß, wenn die Kammer mehr als 20 Millionen außerordentliche Ausgaben für Militärzwecke votiren sollte, sowohl er wie der Kriegs-Minister abtreten würde, was der Letztere bestätigte.
Nußland und Polen. St. Petersburg, 10. Februar. Der Kaiser hat unter dem 17.29. Januar befohlen, daß alle Gehülfen der Minister an den Sitzungen des dirigirenden Senats und den Plenarversammlungen desselben theil nehmen sollen, wenn sie zeitweilig die Funktionen der Minister ausüben oder wenn die Minister durch andere Geschäfte oder Obliegen⸗ heiten verhindert sind, persönlich den Sitzungen beizuwohnen; desgleichen sollen die Gehülfen der Minister befugt sein, in obi⸗ gen Fällen die Entscheidungen des dirigirenden Senats zu unter⸗ zeichnen.
— Der Gesandte beim österreichischen Hofe, Geheimrath Nowikow und der Quartiermeister des Kaisers von Oesterreich, Wuko⸗Brankowiez, sind gestern hier eingetroffen.
— Wie die „R. 3.“ aus St. Petersburg meldet, hat der heilige Synod in letzter Zeit eine Mittheilung des neuen öku⸗ menischen Patriarchen von Konstantinopel, Joachim. erhalten, durch welche derselbe seine Erhebung auf den aller⸗ höchsten ökumenischen und apostolischen Stuhl des Patriarchates Konstantinopel meldet. Diese Botschaft ward im Synod in Gegenwart sämmtlicher Mitglieder verlesen. Der heilige Synod beschloß hierauf, im Namen der russischen Kirche die Mittheilung des Patriarchen zu beantworten und denselben zu seiner Wahl zu beglückwünschen.
Schweden und Norwegen. Christ iania, 10. Februar. Nach der heute stattgehabten feierlichen Eröffnung des Stor⸗ things wurde Sperdrup zum Präsidenten und Pastor Essen⸗
drop zum Vice⸗Präsidenten des Storthings erwählt. Zum Praͤsidenten des Odelthings wurde Richter und zum Vice⸗Präsidenten desselben Cand. jur. A. Sorensen erwählt; zum Präsidenten im Lagthing Essendrop und zum Vice⸗ Präsidenten der Stadthauptmann J. Schwartz.
Dänemark. Kopenhagen, 9. Februar. Der von der Regierung vorgelegte Gesetzentwurf, betreffend die Verände⸗ rung einiger Folkethingswahlkreise, resp. die Errich⸗ tung neuer Kreise, nach Maßgabe der gestiegenen Volkszahl, kam in 2 Sitzungen zur Verhandlung und wurde, nachdem der Uebergang zur zweiten Berathung einstimmig beschlossen war, einem Ausschuß von 15 Mitgliedern überwiesen.
Asien. Ein vom 4. d. datirtes Telegramm des General⸗ Lieutenants van Swieten aus Atchin, welches am 7. Februar dem Kolonien ⸗Ministerium zugekommen, enthält nachstehende Meldungen:
Seit der am 29. Januar vorgenommenen Rekognoszirung im Gebiete der 22 Mockim ist nichts von Belang vorgefallen und auch die Annäherung zur Unterwerfung ist nicht weiter vorgeschritten. Der Umstand, daß im Innern des Landes Verschanzungen angelegt werden, zeugt von fortdanernder feindlicher Haltung von Häuptlingen; es flößen aber diese Anlagen keine Besorgniß ein, da es blos lokale Widerstandsmittel sind, welche mit Leichtigkeit unschädlich gemacht werden können. Durch die Eroberung des Kratons ist die Kraft. der. Vertheidigung gebrochen, und was weiter geschieht, ist lediglich partiell. Die Leute aus den unteren Ständen scheinen weniger gestimmt für die Fortsetzung der Feindselig⸗ keiten. Das Lager der Expeditionstruppen wurde nicht mehr (urch Scheinangriffe) alarmirt. In mehrere in der Nähe gelegene Kam⸗ pongs sind die Weiber wieder zurückgekehrt, auch werden nun von den Umwohnern Baumfrüchte und andere Kleinigkeiten zum Kauf gebracht, und die Umwohner bewegen sich etzt, was sie vordem nicht gethan, unbewaffnet in ihren Gauen. Dies ließ es dem Oberbefehlshaber van Spieten räthlich erscheinen, den Einwohnern, bevor er zu wei— teren Aktionen schritte, einige Zeit zur Besinnung zu geben und abzu⸗ warten, was die zum Frieden Geneigten nun thun würden. Der Tod des Sultans wird bestätigt. In dem niedecländischen Lager hat in—⸗ folge der den Mannschaften vergönnten Erholung die Cholera bedeu⸗ tend abgenommen.
Neichstags⸗ Angelegenheiten.
Berlin, 13. Februar. Dem Reichs tage ist der folgende Entwurf eines Gesetzes über die Presse vorgelegt worden: Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaͤiser, König von Preußen ꝛc. verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:
J. Einleitende Bestimmungen.
§. 1. Die rechtliche Stellung der Presse wird durch das gegen⸗ wärtige Gesetz geregelt und unterliegt nur denjenigen Beschränkungen, welche durch dasselbe vorgeschrieben oder zugelassen sind.
§. 2. Das gegenwärtige Gesetz findet Anwendung auf alle Erzeugnisse der Buchdruckerpresse, sowie auf alle anderen, durch mechanische oder chemische Mittel bewirkten, zur Verbreitung be stimmten Vervielfältigungen von Schriften und bildlichen Darstellungen mit oder ohne Schrift, und von Musikalien mit Text oder Erläute— rungen.
Was im Folgenden von „Druckschriften“ verordnet ist, gilt für alle vorstehend bezeichneten Erzeugniffe.
§. 3. Für den Betrieb der Preßgewerbe sind die Bestimmungen der Gewerbe⸗Ordnung maßgebend.
Von anderen als den hiernach berechtigten Personen dürfen Druck- schriften auch dann, wenn ein Gewerbebetrieb nicht beabsichtigt ist, ohne besondere polizeiliche Erlaubniß weder auf Straßen, öffentlichen Plätzen und anderen öffentlichen Orten verkauft, vertheilt oder ausge⸗ streut, noch im Herumziehen verbreitet werden.
Vorstehende Bestimmung findet auf Stimmzettel für öffentliche Wahlen, sofern sie nichts als Zweck, Zeit und Ort der Wahl und Namen der zu wählenden Personen enthalten, keine Anwendung.
Die im dritten Absatze des §5. 143 der Gewerbe -Ordnung er⸗ wähnten Vorschriften der Landesgesetze treten außer Kraft.
§. 4. Als Verbreitung einer Druckschrift im Sinne dieses Ge⸗ setzes gilt auch das Anschlagen, Ausstellen oder Auslegen derfelben an Orten, wo sie der Kenntnißnahme durch das Publikum zugänglich ist.
II. Ordnung der Presse.
§. 5. Auf jeder im Geltungsbereich dieses Gesetzes erscheinenden Druckschrift muß der Name und Wohnort des Druckers und, wenn sie für den Buchhandel, oder sonst zur Verbreitung bestimmt ist, der Name und Wohnort des Verlegers beziehungsweise Kommissionsverlegers, oder — beim Selbstvertriebe der Druckschrift — des Verfassers oder Her— ausgebers genannt sein. An Stelle des Namens des Diuckers oder Verlegerẽ genügt die Angabe der in das Handelsregister eingetragenen
irma. ., Ausgenommen von dieser Vorschrift sind die nur zu den Zwecken des Gewerbes und Verkehrs, des häuslichen und geselligen Lebens dienenden Druckschriften, als: Formulare, Preiszettel, Visitenkarten und dergleichen, sowie Stimmzettel für öffentliche Wahlen, sofern sie nichts weiter als Zweck, Zeit und Ort der Wahl und den Namen der zu wählenden Personen enthalten.
§. 6. Zeitungen und Zeitschriften, welche in monatlichen oder kürzeren, wenn auch unregelmäßigen Fristen erscheinen (periodische Druckschriften im Sinne dieses Gesetzes), müssen außerdem auf jeder Nummer, jedem Stücke oder Hefte den Namen und Wohaort des verantwortlichen Redacteurs enthalten.
Die Benennung mehrerer Personen als verantwortliche Redac⸗ teure ist nur dann zulässig, wenn dieselbe in einer Form bewirkt wird, aus welcher mit Bestimmtheit zu ersehen ist, für welchen Theil der Druckschrift jede der benannten Personen die Redaktion besorgt.
§. 7. Die Verbreitung von Druckschriften, welche vor dem In⸗ krafttreten dieses Gesetzes in einem deutschen Bundesstaate erschienen sind, ist gestattet, wenn sie den Vorschriften entsprechen, welche daselbst zur Zeit ihres Erscheinens bestanden.
Verantwortliche Redacteure periodischer Druckschriften dür⸗ fen nur Personen sein, welche verfügungsfähig, im Besitze der bürger⸗ lichen Ehrenrechte sind und im Deutschen Reich ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.
§. 9. Von jeder Nummer (Heft. Stück) einer periodischen Druck⸗ schrift muß der Verleger, sobald die Austheilung oder Versendung be⸗ ginnt, ein Exemplar gegen eine ihm zu ertheilende Bescheinigung an die Polizeibehörde des Ausgabeorts unentgeltlich abliefern.
Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf Druckschriften, welche ausschlleßlich Zwecken der Wissenschaft, der Kunst, des Gewer- bes oder der Industrie dienen.
5§. 10. Der verantwortliche Redacteur einer periodischen Druck schrift, welche Anzeigen aufnimmt, ist verpflichtet, die ihm von öffent- lichen Behörden mitgetheilten amtlichen Bekanntmachungen auf deren Verlangen gegen Zahlung der üblichen Einrückungsgebühren in eines der beiden nächten Stücke des Blattes aufzunehmen.
SF. .I. Der verantwortliche Redacteur einer periodischen Druck schrift ist verpflichtet, eine Berichtigung der in letzterer mitgetheilten Thatsachen auf Verlangen einer betheiligten öffentlichen Behörde oder Privatperson ohne Einschaltungen oder Weglassungen aufzunehmen, sofern die Berichtigung ven dem Einsender unterzeichnet ist und keinen strafbaren Inhalt hat. Der Abdruck mutz in der nächstfolgenden, für den Druck nicht bereits abgeschlossenen Nummer und zwar in dem⸗ selben Theile der Druckschrift und mit derselben Schrift, wie der Ab⸗ druck des zu berichtigenden Artikels, geschehen.