1874 / 47 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 24 Feb 1874 18:00:01 GMT) scan diff

Jahres wird als ein Festtag in den Annalen der Münchener Akademie der bildenden Küͤnste verzeichnet werden, da Sie mit demselben 26 Jahre Ihrer verdienstreichen Leitung dieser Hochschule der Kunst zu= rũcklegen. Die Zeichen der Hochschätzung, zu welcher das Fest der Erinnerung Anlaß giebt, sagen Ihnen, wie Künstler und Kunstfreunde es zu würdigen wissen, 2. an der Spitze der Münchener Akademie ein Mann steht, dessen großartige Werke der Stolz der Nation gewor- den sind. Daß auch Ich an der Freude der Jubelfeier, welche Sie in Mitte neuen Schaffens trifft, von ganzem Herzen theilnehme, mögen Sie aus der Verleihung des Großkreuzes des Verdienst⸗Ordens vom ,. Michael erkennen, von der Ich im durch gegenwärtige Zei⸗ en unter dem Ausdrucke Meiner wärmsten Glückwünsche, Mitteilung mache. Ich bin mit bekannter Gesinnung Ihr sehr geneigter Ludwig. München, den 21. Februar 1874.“

Der Universitäts-Professor und Direktor des Krankenhauses, Dr. von Lindwurm, ist am 21. Abends einer Lungenentzündung erlegen.

Dres den, 23. Februar. Rm, . Momm sen in Berlin ist, dem „Dr. J.“ zufolge, seiner erpflichtung, die übernommene Pro⸗ feffur in Leipzig anzutreten, vom Königlich sächsischen Kultus⸗-Ministe⸗ rium wieder entbunden worden. Professor Mommsen ist von der Aka⸗ demie der Wissenschaften in Berlin zum ständigen Sekretär an Stelle des verstorbenen Professors Haupt erwählt und vorgeschlagen worden.

Kopenhagen, 19. Februar. Die Königliche Kunstaka— demie erwartet in nächster Zeit eine ansehnliche Vergrößerung ihrer Sammlung von Giptabgüssen, indem die Fregatte ‚Själland. neun Kisten mit Abgüssen von Antiken aus Athen hierher führt, welche auf Veranlassung des Königs Georg von Griechenland hergestellt und der Akademie geschenkt worden sind. Bei derselben Gelegenheit hat der griechische General⸗Konsul in Piräus, L. F. Feraldi, der Akademie eine sehr werthvolle Gabe zugesandt, nämlich den Gipsabguß einer Metope, welche im Jahre 1872 bei Hissarlik, wo Dr. Schliemann feine bekannten trojanischen Ausgrabungen vornehmen ließ, gefunden worden ist. Dat Basrelief stammt aus der Zeit unmittelbar nach Alexander dem Großen und gehörte zu dem Apollotempel, welchen Lysimachos in der griechischen Stadt Ilion errichten ließ.

Düsseldorf, 22. Februar. Professor C. H. F. Peters, Direktor der Sternwarte des Hamilton⸗Kollege zu Clinton im Staate New-⸗Nork, entdeckte kürzlich den 135. der kleinen Planeten zwischen Mars und Jupiter im Sternbildes des Lopwen. Das Telegramm giebt den Ort des Planeten so an: 19. Februar Rectascension in Zeit 11 Uhr 19 Minuten, nördliche Abweichung 24 Grad 5 Minuten. Von obigen 135 Entdeckungen, die seit dem Anfange dieses Jahrhun- dert von 29 Astrenomen gemacht sind, kommen 4 auf Asien, 41 auf Nordamerika und 90 auf Eu opa.

Zürich, 21. Februar. Gestern Abend, 5 Minuten nach 7. Uhr, wurde in der Stadt Zürich ein ziemlich starker Erd stoß verspürt.

Gewerbe und HSandel.

Berlin, 26. Februar. Die DelegirtenVersammlung der deutschen Baugewerk⸗Vereine wurde gestern Vormittag im Saale des Architekten ⸗Vereins eröffnet. Den Vorsitz in der von etwa 69 Delegirten beschickten Versammlung führte der Ra hs⸗Zimmermeister Baltz von hier. Die von dem Bunde der Berliner Bau⸗, Maurer und Zimmermeister nachgesuchte Aufnahme in den Allgemeinen Ver⸗ band der deutschen Baugewerkvereine wurde einstimmig genehmigt. Der Kassenbericht wurde den Revisoren behufs Vervollständigung und Vorlage in der nächsten Sitzung zurückgegeben. Den Bericht über Die Vereinsthätigkeit leitete der Baumeister Felisch als Schri tführer des Fentralverbandeg ein. Herr Biebendt (Berlin) referirte über die Lehrlingsfrage, die er als den Ausgangspunkt zur Lösung der gegenwärtigen fozialen Wirren bezeichnete. Vor allen Dingen müßten kurz gefaßte, aber genau präzisirte Lehrkontrakte und Lehrbriefe vereinbart werden, welche für alle deutschen Bau⸗ gewerkvereine bindend sind. Zur Feststellung der Grundzũge für die Regelung des Lehrverhälinisses macht der Referent folgende Vorschläge: I) Für die theoretische Ausbildung der Lehrlinge sind aller Orten gewerbliche Fortbildungsschulen einzurichten, unter Aufsicht der Kommune resp. der ortsangehörigen Lehrherren. ) Die Lehrherren müssen in größerem Maße als bisher für die sach⸗ und fachgemãäße Ausbildung der Lehrlinge Sorge tragen. 3) Der Lohn der Lehrlinge ist den örtlichen und JZeitverhältnissen anzupassen. 4) Zwischen dem Lehrherrn und dem Lehrlinge resp. dessen Eltern oder Vormund ist stels ein bindender Lehrkontraft zu stipuliren. Die Lehrzeit wird auf 54 Jahre festgestellt. 5) Der Lehrherr verpflichtet sich, dem Lehr⸗ linge bei der Freisprechung einen Lehrbrief auszustellen, dessen Inhalt und äußere Ferm für alle Baugewerkvereine möglichst übereinstimmend sein foll. 6) Lehrlinge, welche vor Beendigung der Lehrzeit resp. por erfolgter Freisprechung der Lehre entlaufen, durfen von keinem Ver bandsmeister ohne Einwilligung des früheren Lehrherrn resp. ohne Genehmigung des Lokalvereins in Arbeit gestellt werden. Die Vereine sind berechtigt, die Namen der entlaufenen Lehrlinge durch das Vereinsblatt zu veröffentlichen. Diese Grundzüge wur— den von der Verfammlung mit großer Majorität angenommen, Nach der Mittheilung von der Konstituirung eins Steinhauer-Arbheit⸗ geberbundes der Rheinlande, der sich mit dem Centralverein in Ver⸗ bindung zu setzen wünscht, vertagte sich die Versammlung.

Nach einer kurzen Pause nahm die Versammlung die Mitthei- lung des Baumeisters Felisch entgegen, daß bezüglich der Errichtung von Baugewerkenschulen eine Petition an den Handels-Minister ab⸗ gefendet worden ist. In Folge des günstigen Berichts über die in Chemnitz bestehende Unfallversicherung wurde eine Kommission mit dem Auftrage niedergesetzt, innerhalb vier Monaten ein Statut für eine allgemeine deutsche Unfallversicherung im Baugewerbe, vorzulegen. Der wichtigste Gegenstand der Tagesordnung, definitive Feststel⸗ lung des Statuts fur einen allgemeinen deutschen Arbeitgeberbund, wird heut verhandelt.

Verkehrs ⸗Anstalten.

Triest, 23. Februar. W. T. B.) Der Lloyddampfer Hun⸗ garia“ ist heute Nachmittag 25 Uhr mit der ostindisch · chinesischen Ueberlandpost von Alexandrien über Corfu hier eingetroffen.

Paris, 23. Februar. (B. T. B In dem Prozeß der Messagerien gegen die Suezkanal⸗Compagnie ist heufe das . des Kasfationshofes erfolgt, durch welches der von ersteren erhobene Rekurs verworfen und demngch das Urtheil des Apellhofes bestätigt und das Recht der Aktionäre definitiv anerkannt wird.

New⸗JYork, 23. . (W. T. B.) Der Postdampfer „Hum boldt“ vom bastischen Lloyd ist heute mit Passagieren und voller Ladung nach Stettin abgegangen.

Königliche Schauspiele.

Mittwoch, 25. Februar. Opernhaus. (53. Vorstellung.) Die Meistersinger von Nürnberg. Große Oper in 3 Akten von Richard Wagner. Eva: Fr. Mallinger. Hans Sachs: Hr. Betz. Walther von Stolzing: Hr. Niemann. David: Hr. Sachse. Anfang 6 Uhr. Hohe Preise.

Schauspielhaus. (55. Vorstellung) Der Spieler. Schau⸗ spiel in 5 Abtheilungen von A. W. Iffland. Anfang halb 7 Uhr. Mittel⸗Preise.

Donnerstag, 26. Februar. Im Saal⸗Theater des König⸗ lichen Schaufpielhauses. Dreiunddreißigste Vorstellung der fran⸗ zösischen Schauspieler⸗Gesellschaft. Quatrieme représentation de: Bianah. PTroisième reprösentation de: Les ressources de Jo- nathas. Troisième représentation de: La Veuve au Camelia.

Donnerstag, 26. Februar. Opernhaus. Keine Vorstellung. Sechste Symphonie⸗Soirée der Königlichen Kapelle.

Schauspielhaus. (56. Vorstellung. ) Was ihr wollt. Lust⸗ spiel in 4 Akten von Shakespeare. Anfang 7 Uhr. Mittel⸗ Preise. . ce an me, dann,, , / e, n Cs wird ersucht, die Meldekarten (sowohl zu den Qpern⸗ haus⸗, wie zu den Schauspielhaus⸗-Vorstellungen) in den Brief⸗ kasten des Spernhauses, welcher sich am Anbau desselben, gegen⸗ über der Katholischen Kirche, befindet, zu legen.

Dieser Briefkasten ist täglich für die Vorstellungen des fol⸗ genden Tages nur von 10 bis 17 Uhr Vormittags geöffnet.

Meldungen um Theater⸗Billets im Bureau der General⸗ Intendantur oder an anderen Orten werden als nicht eingegangen angesehen und finden keine Beantwortung.

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Französisches Theater im Saale des Königlichen Schauspielhauses.

Mit des jüngeren Dumas einst epochemuchender „Demi- monde“ hat die Gesellschaft des Herrn Luguet in vergangener Woche besonders günstige Erfolge erzielt. Sie besitzt nicht nur in Mme. de Severy eine vorzüglich geeignete Kraft für die schwierige Rolle der Suzanne d' Ange, sondern auch für den Olivier in Mr. Luguet selbst einen fein abwägenden Künstler, der den liebenswürdigen Kavalier treffend zeichnete. Für den aufbrausenden, leidenschaftlichen Raymond de Nanjac fand auch Mr. Hillairet meistens den richtigen Ton. An dem geschmack⸗ voll inscenirten, exakt ausgeführten Zusammenspiel hatten aber niht minder Mr. Gauthier als Hippolyte, Mlle. Roblot als 3 ö. Santis und Mlle. Dany als Marcelle gleichmäßig

ntheil.

Am Sonnabend wechselte die Gesellschaft wieder das Re⸗ pertoire, um drei kleinere Werke vorzuführen, in welchen den komischen Kräften der Gesellschaft Gelegenheit geboten wird, ihr Können zu zeigen. An der ersten kleinen Novität La veuve au Cam élia , scenes de la vie parisienne, haben drei Autoren gearbeitet: die Herren Siraudin, L. Thiboust und Delacour. Den k daran hat ohne Zweifel der zuerst angeführte, durch seine dramatischen Parodien bekannte Schriftsteller, während den Andern die feinere Ausarbeitung Überlaffen blieb. Wie sorgfältig die französischen Dramatsker in der sauberen Ausführung derartiger Genrebildchen sind, dafür ist dieses kleine Scherzspiel wiederum ein Beleg. Mr. Clément, der bisher selten zur Geltung gelangt war, erwies sich hier in der Rolle des Alfred Coq⸗Hséron als ein sehr gewandter Komiker und neben ihm Mlle. Britchell als eine flinke Soubrette. In der zweiaktigen Posse „Les locataires du troisième“ führte sich Mr. P. Schaub als proprisétaire Pommard sehr vortheilhaft ein und versetzte im Verein mit Mr. Cläment (Raoul Deschamps) und Mr. Lacombe (Gaetan Dupuis) das Publikum in anhaltende Heiterkeit. Mit der an ergötzlichen Verwechselungen reichen comédie- vaudeville „Les ressGurees de Jonathas“ von Varin und d'Ayricourt schloß der Abend. Auch in diesem Stücke waren es die komischen Leistungen der Mrs. Clément (Leopold peintre) und Lacombe (Jonathas), sowie der Mlle. Britchell (Lucienne), welche eine recht beifällige Aufnahme fanden und die Anwesenden in der heitersten Stimmung erhielten.

Die Bohrversuche für Rechnung des Staats im Jahr 1873.

I) In der Provinz Preußen. schofs werder im Regierungsbezirk Marienwerder, das in der Ab= sicht, die Mächtigkeit der Tertiaͤrformation und das Vorkommen

Das Bohrloch bei Bi⸗

älterer Formationen in der Provinz Preußen festzustellen, angesetzt war, ist im April des Jahres 1813 bei einer Gesammtteufe von 120 M ꝛeingestellt worden. Im Bohrloch fand man das Diluvium 10853 M. mächtig vor. Diesen folgten bis 120 M. zur Tertiärfor⸗ mation gehörige fandige Schichten mit Spuren von Braunkohle,

2) In der Provinz Brandenburg. Das bei dem Städtchen Dobxrilugk in der Niederlausitz in den dort anstehenden Tertiär schichten zur Erforschung der tieferen Schichten angesetzte Bohrloch hat am Schluß des Jahres 1873 die Teufe von 18705 M. erreicht. Das durchfahrene Gebirge war im Beginn des Jahres bei 943 M. Tiefe eine mit Sand und Thon vermischte Braunkohle. Bei 10632 M. Teufe stellte sich ein grauweißer, sehr fettiger und zäher Thon ein, der, nachdem bis zum Oktober noch Schichten feinen Sandes, sandigen Thones mit Schwefelkies und Braunkohle durchbohrt waren, seit diesem Monat allein die vor Ort anstehende Gebirgsart gebildet hat. Gegen den Schluß des Jahres ging das Gebirge in einen Thonstein mit etwas dunklerer Farhe über. Das Bohrloch hat die Weite von 109“.

3) In der Provinz, Sach sen. Das zur Aufsuchung des Steinkohlengebirges in der Nähe von Sudenburg bei Magdeburg angesetzte Bohrloch ist von 23, M. am Jahresanfeng auf 285,80 M. bei 16!“ 41,3 Cm. Durchmesser vertiest worden. Im Beginn des Jahres stand das Bohrloch in schiefrigen Letten der Buntsandsteinforma⸗ tlon an. Von 140 M. Teufe ab traten rothe Sandsteine mit Horn—⸗ kalk, denen sich von 155 M. an hier und da Gyps von rother Farbe beigesellte auf. Bei 191 M. wurde der Zechstein angefahren, unter dem das Weißliegende und dann bei 203 M. die Formation des Rothliegen⸗ den folgte. In letzterer, und zwar in theils thonigen, theils fein fan⸗ dien Schichten derselben, stand das Bohrloch bei Jahresschluß an,

c In der Provinz Schleswig⸗Holstein. Das zur Er—

forschung der Gebirgesverhältnisse an der untern Elbe bei Lieth in Holstein angesetzte Bohrloch ist im Jahr 1873 ven 107 M. auf 40, M. Gesammtteufe gebracht worden. Das durchfahrene Gebirge war bis gegen Jahresschluß ein rother sandiger Schieferthen mit Gypzeinlagerungen und Steinsalzknoten. Gegen Ende des Monats Dezember ging der Schieferthon in Sandstein von rothex Farbe über. Im Bohrloch wurden im Laufe des Jahres mehrmals Quellen ange⸗ Fohrt, welche rasch ausstiegen und ebenso schnell zurücksingen. Der Salzgehalt der Bohrlochswasser war ziemlich gleichmäßig 14 *.

s) In der Provinz Hannover. Das Bohiloch bei Stade, welches, wie das vorige, die Aufschließung der Gebirgsverhältnisse an der untern Elbe zum Zwack hat, ist von 101,2 M. am Jahresanfang, auf 378,65 M. am Jahresschluß vertieft worden. Bei 241,36 M. Teufe traf man unter dem Gypsstock, in dem sich, die Arbeiten bisher be— wegt hatten, eine 5a M. mächtige Kalksteinschicht. Dieser folgte rother Thon 7e M. mächtig und alsdann eine Reihe von Sand⸗ steinen, Thon und Kalksteinen wie folgt: ;

Mächtigkeit Gesammt⸗

der Schichten teufe des ö. . im Bohrloch. Bohrlochs. rother Sandstein mit kalkigen Einlagen 1,96 M. 256,1 M. rother kalklger Galzthhen 3,09. 259 7 , rother sandiger Thon mit viel Kalk.. 2 2615. rother sandiger Thon mit ziemlich viel Kal 0 . grauer Kalkstein mit weißem und grauem Gyps H, 266,74 k . 270. * kalkiger rother Thon, sandid . . 0 75, 0 hellrother, kalkiger Thon. k 284,7 kalkiger rother Thon, weniger sandig⸗. .. 5,0 280,1 hellrother Thon mit Kalk und Gypseinschlüssen 4,0 288, rother sandiger Thon mit Gypsbrocken = 5,3 294, 1 eisenschüssiger kalkiger und sandiger Thon. . 28,8 322, 9 eisenschüssiger Thon und Kalkmergel. ö. 339.0 other Sandstein, sehr fest und quarzreich. . G, 8e 345, 86 eisenschüssiger Thon und Kalkmergel !.. 350 1 eisenschüssiger Thon 27, 1 378,03,

Bei 352 M. Teufe zeigte sich der Thon mit viel Steinsalz durch' wachsen. Der Salzgehalt der Bohrlochswasser schwankte in den Ten⸗ fen, wo das Bohrloch im Gyps stand, zwischen 16x und 195. In größerer Teufe wär die Soole gesättigt.

6) In der Provinz Westfalen. Ein am Rothenberge bei Nersen in den Jahren 1855 bis 1858 zur Aufschließung des dortigen Steinkohlengebirges bis auf 1305, Fuß niedergebrachtes und bei die⸗ ser Teufe sistirtes Bohrloch ist im Jahr 1873 wieder aufgemacht und in Angriff genommen worden. Man war bis , . mit Auf⸗ räuinung des alten Bohrschachts und Aufstellung der Bohrmaschine.

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Wissenschaftlicher Kunstverein.

In. der Sitzung am 21. Januar trug der Vorsitzende, Herr von Dachröden, unter dem Titel „Sonst und Jetzt“ zwei Reise⸗ bilder aus der Campagna vor, die eine Episode aus seinem Auf⸗ enthalte daselbst in, den fünfziger Jahren ausmachten. Das erste die⸗ ser Bilder beschäftigt sich mit der alten Basilika des heiligen Alexander, deren Auffindung, und Ausgrabung Väsconti nach den im Vatican en . Piänen geglückt war. Die Basilika steht räumlich wie historisch in innigem Zusammenhange mit gewissen Theilen der Katakomben, über welche der Vortragende zunächst be⸗ richtete. Nachdem derselbe die an diese Lokalität sich ö . Tra⸗ ditionen betreffs des Apostels Petrus, des heiligen Alexander, der Severina (Tochter der Severa) nicht unerwähnt gelassen, ging er zu einer genauen Beschreibung der Basilika, nach ihrem jetzi⸗ gen Zustande, selkst über. Um der Versammlung Gelegenheit zu geben Punkt für Punkt seiner Beschreihung folgen zu können, hatte der Vortragende eine Anzahl genauer Kopien nach den in seinem Besitze befindlichen Plänen anfertigen lassen, welche er unter die Ver⸗ sammlung vertheilte. Bei der hierauf folgenden Erörterung der Ge— sammtanlage hob der Vortragende das Eigenthümliche des aus Mar— mor und Porphyr errichteten Altars gegen die Umfassungsmauern besonders hervor, betonte ferner den Umstand, daß die Apsis hier nicht gerundet sei, und schloß mit einer Vergleichung dieses bis zum Jahre 10900 bestandenen Werkes mit den darauf folgenden großartigeren Werken der Kirchenbaukunst. Nachdem der Vortragende auf einige aus der Versammlung an ihn gerichtete Fragen geantwortet hatte, ging er zu dem zweiten Theile seines Vortrages über, in welchem er sich einige Erlehnisse des 12. April 1855 zum Vorwurfe genommen hatte. An diesem Tage wurde die neu aufgefundene und nunmehr ausgegra⸗ bene Kirche durch den Papst Pius X, feierlich eingeweiht. Bekannt ist, daß an diesem Tage nach vollbrachter Ceremonie durch den Ein. sturz eines Saales, in welchem sich der Papst unter großer Versamm⸗ lung aufhielt, eine Katastrophe herbeigeführt. wurde, welche für die Hauptbethelllgten noch einigermaßen glücklich ablief. Der Vortra⸗ gende hatte hier Gelegenheit, einige drastische Scenen zu schildern,

zu welchen das erwähnte Unglück Veranlassung gegeben hatte. Zum Schluß schilderte derselbe die Eindrücke und Reflexionen, welche sich im Anschluß an das Erlebte und soeben Geschilderte durch Begegnung mit einem für die Landbevölkerung bestimmtzen fahrenden Altares! aufdrängen mußten. Darauf legte der Vorsitzende die in seinem Besitze befindlichen Entwürfe und Zeichnungen des Königs Fried⸗ rich Wilhelm IV. vor, welche der König in den Abendstunden beim Thee anzufertigen pflegte. Es hatte dieselben die Gemahlin des Hochfeligen Königs sammeln und vervielfältigen und dann an ein⸗ zelne dem Hofe nahestehende Persönlichkeiten vertheilen lassen, so daß fie im eigentlichen Sinne nicht in das Publikum gelangt und des⸗ wegen nur wenig bekannt sind. Der Vorsitzende ließ ein vollständiges Exemplar dieser Abdrücke in einzelnen Blattern in der Versammlung zirkullren. Die Versammlung verweilte lange und, mit größter Theilnahme bei dieser hochwichtigen Vorlage, welche in eindringlich⸗ ster Weife die hohe Begabung und den feinen künstlerischen Sinn des Königs vor die Augen führte. Diese feinen Architektu⸗ ren, die geheimnißvoll und wie verzaubert in einer Poesie⸗ vollen Landschaft stehen, erfüllen den Beschauer mit poetischer Stim⸗ mung, die nur gehoben wird durch die sich aufdrängende Ueberzeugung, daß alle diese Schönheiten in innigem Zufammenhange stehen mit dem künstlerischen Umgange, der seinen Hof auszeichnete. Wie er die Dichter und Musiker ehrte, so zog er auch, und diese besonders, die Ver⸗ freter der bildenden Künste, an seinen Hof; Thorwaldsen war auf seiner Durchreise sein Gast, mit Rauch, Schinkel, Rörll stand er in stetem Verkehr. Mit dem Geiste dieser Leute, namentlich mit dem Schinkels, zeigen sich seine Leistungen aufs Innigste verwandt, auch sie gehören in die Kunstgeschichte der damaligen Zeit.

Zum Schluß erfolgte die für diese Sitzung statutenmäßig vor= gesehene Neuwahl der Beamten. Hierbei wurde der bisherige Vor⸗ stand, beftehend aus den Herren Professor Bleibtreu (Stellvertreter 2 Lüderitz ) und Schloßhaupimann von Dachröden als

orsitzende, Dr. Scholz als Schriftführer und Hof⸗Buchhändler A. Duncker als Schatzmeister wiedergewählt.

Stade, 10. Februar. In der am 17. v. Mte. abgehaltenen Generalversammlung des hie sigen Vereins für Geschichte und Alterthümer wurde zunächst vom Schriftführer, Direkter Gude ein Jahresbericht erstattet. Demselben zufolge hat die letzte Publikation des Vereins eine erfreuliche Steigerung der Mitglieder⸗ zahl herbeigeführt, so daß die Mitgliederliste zur Zeit 208 Namen aufweist. Die im letzten Jahre vom Vereine entwickelte Thätigkeit hat zu großen Ausgaben Anlaß gegeben, doch ist der Stand der Ver⸗ einssinanzen noch immer ein befriedigender zu nennen,. Im Jare 1873 hat der Verein 6. der bekannten Allmersschen Schrift uber den Altenbrucher Altar chrein einen Bibliotheks-Katalog erscheinen laffen und zugleich den V. Band seiner Zeitschrift in Druck gegeben. Letzterer wird 30 Druckkogen umfassen und im Laufe des nächsten Jahres ausgegeben werden können. Von den mit ihm verhundenen Vereinen und gelehrten Körperschaften es sind das zur Zeit 75 sind dem hiesigen Vereine im letzten Jahre 53 Zusendungen von Publikationen dieser Körperschaften zugegangen. Umfangreiche Zu— sendungen sind dem Verein von auswärtigen Gesellschaften gemacht werden. Von den jetzt im Rathhause aufgestellten Sammlungen hat befonders die Sammlung der Alterthümer und der Münzen im letzten Jahre Zuwachs erhalten. .

Es wurde ein Schreiben des Apothekers Wattenberg zu Retenkburg verlesen, enthaltend Mittheilungen über alterthümliche Holzschuitzereien, welche sich an einer Orsel des im Jahre 1849 niedergelegten alten bischöflichen Schlosses zu Rotenhurg vorgefunden haben und jetzt in den Besitz des genannten Herrn Wattenberg übergegangen sind

Weilerhin wurde ein vom Dr. Wißkel zu Hamburg aufgestellter und eingesandter und im Korrespondenzblatt, der deutschen Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte abgedruckter Bericht über den vermeintlichen Pfählbau bei Niencop, im Alten Lende ver— lesen. Dr. Wibel ist nach eingehenden Untersuchungen mit dem Dr. Schetelig zu Hamburg zu der Ansicht gekommen, daß trotz mancher dafür redenden Anzeichen kein Pfahlbau vorliege. Er erklärt die über. raschend zegelmäßitze Pfahlsetzung aus Eichenstämmen als Wirkung eines Deichbruches, als Anschwemmung in Folge desselben. That⸗ fächlich soll ein Deichhruch an dieser Stelle 1412 und 1470 stett⸗ gefunden haben und in Folge dessen die früher vorhandenen Dörfer Nienhusen und Velthusen verschwunden sein.“ Schließlich wurde ein Bericht des Studien-Raths Dr. Müller zu Hannover über vorchrist⸗ liche Brunnengräber vorgelegt.

Redaktich und Rendantur: Schwieger. Berlin: Verlag der Expedilion (Kessel). Druck! W. Elsner.

Zwei Beilagen einschließzlich Bäörsen⸗Beilage.

Bei lage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

M M.

Landtags ⸗Angelegenheiten.

Berlin, 24. Februar. Dem Herrenhause ist folgender Gesetzentwurf, betreffend die Erhaltung und Be⸗ gründung von Schutz-Waldungen zm, sowie die Bil⸗ dung von Waldgenossenschaften vorgelegt worden:

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ze, verordnen, mit Zestimmung beider Häuser des Landtages Unserer Mon⸗ archie, für den ganzen Umfang derselben, was folgt:

JI. Allgemeine Bestimmung.

§. 1. Die Benutzung und Bewirthschaftung von Waldgrundstücken unterliegt, soweit nicht Lokalstatuten oder sonstige, spezielle Rechtstitel eine Ausnahme begründen, nur denjenigen Beschränkungen, welche das gegenwärtige Gesetz vorschreibt= Die über die Beaufsichtigung, Benutzung und Bewirthschaftung der Staats, Gemeinder, Korporgtions, Genossenschafts⸗ und Instituten⸗ Forsten bestehenden besonderen Vorschriften bleiben jedoch in Kraft. II. Best im mungen zur Erhattung und Begründung von

Schutzwaldungen und sonstigen Schutzanlagen.

5. 2. In Fällen, wo a. durch die Beschaffenheit von Sandlän—= dereien benachbarte Grundstücke der Gefahr der Versandung; h. durch das Abschwemmen des Bodens oder durch die Bildung von Wasser⸗ stürzen in hohen Freilagen auf Bergrücken, Bergkuppen und auf Berg⸗ hängen die unterhalb gelegenen nutzbaren Grundstücke, Straßen oder Gebäude der Gefahr einer Ueberschüttung mit Erde oder Steingeröll oder der Ueberfluthung; e. durch die Zerstörung eines Wald bestandes in dem Quellgebiet und an den Ufern natürlicher . sowie an den fern von Kanälen, der Stand der Wasserläufe der Gefahr einer Verminderung, die Grundstücke der Gefahr des Abbruches und die im Schutze der Waldungen gelegenen Gebäude ze. der Gefahr, des Eisganges; d. durch die Zerstörung eines Waldbestandes in Freilagen und in der Seenähe benachbarte Feldfluren und Ortschaften den nachtheiligen Einwirkungen der Winde in erheblichem Grade a el sind, kann behufs Abwendung dieser Gefahren sowohl die Art der Benutzung der gefahrbringenden Grundstücke, als auch die Ausführung von Waldkulturen oder sonstigen Schutzanlagen auf Antrag (8. ö angeordnet werden. Hierbei sind die beiderseitigen Interessen möglichst zu vereinigen. .

§. 3. Der Antrag auf Erlaß dieser Anordnungen kann gestellt werden: a. von sedem gefährdeten Interessenten; b. von Gemeinde⸗ und Kommunalverbänden in allen innerhalb ihrer Bezirke vorkommen den Fällen (8. 2) 6. von der Landespolizeibehörde.

5. 4. Bie Eigenthümer, Servituté⸗- und sonstigen Nutzungsbe⸗ rechtigten der gefahrdrohenden Grundstücke, sind verpflichtet, sich allen Beschränkungen in der Benutzung der letzteren zu unterwerfen, welche in Gemäßheit des S. Z dieses Gesetzes angeordnet werden und die Ausführung der auf Grund dieser Vorschrift angeordneten Wald⸗ kulturen oder Schutzmaßregeln zu gestatten. 3

Eine Eatschädigung dafür ist ihnen rur in soweit zu gewähren, als sie durch die Nutzungsbeschränkung an dem bisher bezogenen Rein⸗ ertrage eine Einhuße erleiden. ̃ ;

Die zu gewährende Entschädigung ist von den gefährdeten Inter⸗ essenten nach den im §. 5 ertheilten Vorschriften aufzubringen.

§. 5. Die Kosten der enn und Unterhaltung der ange—⸗ ordneten Waldkulturen oder sonstigen Schutzanlagen haben die Eigen⸗ thümer der gefahrbringenden Grundstücke , mit den Interessenten, welche den Antrag gestellt haben, nach Perhältniß und dis zur Höhe des Vortheils zu fragen, welcher sedem daraus erwächst, Auch , gefährdeten Interessenten, welche dem Antrage nicht beigetreten sind, haben nach demselhen Verhältnisse zu den Kosten beizutragen, wenn: I) die ntragfteller mindestens den vierten Theil der gefährdeten Grundstücke besitzen, oder 2) der Antrag von Leiner Gemeinde, einem Kommunal-Verbande oder ven der Landes-Polizei⸗ behörde gestellt ist. . S. 6. Der Kostenbeitrag (8. 5) kann durch Naturaldienste und Lieferungen geleistet werden, soweit dies ohne Beeinträchtigung des Zweckes angeht. .

5. JT. Die Entscheidung darüber, ob und welche Maßregeln in . einzelnen Falle anzuordnen sind, wird von dem Waldschutzegericht getroffen. z ; ö .

3. 8. Als Waldschutzgexicht fungirt in den Landestheilen, in welchen die Kreisordnung vom 153. , 1872 (G. S. S. 66 gilt, der Kreisausschuß, in den Hohenzollernschen Landestheilen der nac Votschrift der Hohenzollernschen Amts- und Landesordnung vom 2. April 1873 (Ges. S. S. 145). bestellte Amtsausschuß..! ; §. 9. In den übrigen Landestheilen wird für jeden Kreis, mit Ausschluß der selbstandigen Stadtkreise, das Waldschutzgericht aus dem

Landrathe (Kreishauptmann) als Versitzenden und 6 Mitgliedern ge⸗

Fildet, welche von der Krelspersammlung nach absoluter Stimmen⸗ mehrheit gewählt werden. Wählbar als Mitglied ist jeder sebstän⸗ dige Angehörige des Deutschen Reiches, mit Ausnahme der nicht an⸗ gesessenen servisberechtigten Milltärpersonen, welcher a. in dem Kreise in Wohnfitz hat, b. sich im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte be⸗ indet. . Als selbständig wird Derjenige gngesehen, welcher das 21. Tebens⸗ jahr vollendet hat, sofern ihm das Recht über sein. Vermögen zu ver= fügen ö dasselbe zu verwalten nicht durch gerichtliche Anordnung. ent⸗ zogen ist. ;

Geistliche, Kirchendiener und Elementarlehrer können nicht Mit⸗ glieder des Waldschutzgerichts sein; richterliche Beamte, zu denen je⸗ koch die technischen Mitglieder der Handels. oder Gewerbe- und ãhn⸗ liche Gerichte nicht zu zählen sind, nur mit Genehmigung des vorge⸗ setzten Ministers. ̃ ; .

Die Wahl der Mitglieder erfolgt guf 6 Jahre mit der Maßgabe, daß kei Ablauf der Wahlperiode die Mitglied schaft bis zur Wahl des Nachfolgers fortdauert. Alle zwei Jahre scheidet ein Drittel der Mitglieder aus. Die das erste und zweite Mal Ausscheidenden wer⸗ den durch das Loos bestimmt. Die Ausgeschiedenen können wieder gewählt werden. ; .

Die Mitglieder des Waldschutzgerichts werden von dem Vorsitzen den vereidigt. Sie können durch Beschluß des Verwaltungsgerichts ihrer Stellung enthoben werden. ö.

Dleselben erhalten eine ihren Auslagen entsprechende Entschädigung aus Kreis⸗Kommunalmitteln. der Kreistag. ; ö. f .

§. 10. Das Verfahren vor den Waldschutzgerichten richtet sich in allen Landestheilen nach den Vorschriften dieses Gesezes

§. 11. Den Antrag auf Abwendung einer . im Sinne des 5. 2 ist bei dem Waldschutzgericht, des jenigen Bezirks Greises, Amté verbandes in Hohenzollern) zu Häuden seines Vorsitzenden zu stellen, in welchem das n e ruh lade Grundstück gelegen ist.

Liegt . in zwei Bezirken, so ist das Waldschutzgericht dez jenigen Bezirkes zuständig, welchem der ., Theil des Grundstücks angehört. Geht der Antrag von dem ezirke selbst aus, oder t er gegen diesen gerichtet, so t bn das Verwaltungsgericht das zustän⸗ dige Waldschutzgericht. Daffelbe gilt, wenn die gefährdrohenden rund⸗ stücke innerhalb eines selbstständigen Stadtkreises liegen. 44

17. Das Waldschutzgericht ist beschlußfähig, wenn 3. Mitglieder mit Einschluß des Vorsitzenden anwesend sind. Die Beschlüsse werden nach Stimmenmehrheit gefaßt. .

Ist eine gerade Zahl von Mitgliedern anwesend, so nimmt das dem Lehensalter nach jüngste gewählte Mitglied an der Abstimmung nicht Theil. Betrifft der Gegenstand der Verhandlung einzelne Mit⸗

lieder des Waldschutzgerichts, oder, deren Verwandte und Ver⸗ e fer in auf⸗ ober abstelgender Linie, oder bis zu dem 3. Grade der

Ueber die Höhe derselben beschließt.

187.

Berlin, Dienstag, den 24. Februar

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Seitenlinie, so dürfen dieselben an der Berathung nicht Theil nehmen. Wird dadurch das Waldschutzgericht beschlußunfähie, so tritt nach der Vestimmung des Verwaltungsgerichts das Waldschutzgericht eines Fenachbarten Bezirkes an seine Stelle, . ;

§. 13. Sas Walzschutzgericht hat die Thatsachen, welche für seine Entscheixung erheblich sind, von Amtswegen zu erforschen und festzustellen, sowie den Beweis in vollem Umfange zu erheben. Es hat zu diesem Behufe den bei ihm gestellten Antrag durch einen Kom— missar örtlich untersuchen und prüfen zu lassen, ist auch befugt, Sach⸗ verstandige zu laden und eidlich selbst zu vernehmen oder vernehmen zu lassen. Hinsichtlich der Verpflichtung, sich als Zeuge oder Sach⸗ verständiger vernehmen zu lassen, kommen die entsprechenden Bestim⸗ mungen der bürgerlichen Prozeßgejetze mit der Maßgabe zur Anwen⸗ dung, daß im Falle des Ungehorsams dat Waldschutzgericht auf eine Geldbuße bis zu 150 Mark erkennen kann. Gegen diesen Straf— bescheid ist innerhalb 14 Tagen die Berufung an das Verwaltungs⸗ gericht zulässig. ö ( .

Zum Kommissar kann das, Waldschutzgericht ebensowohl seinen Vorsttzenden oder eines seiner Mitglieder, als auch einen anderen ge—⸗ eigneten Sachverständigen ernennen. ö

§. 14. Der Kommissar hat die gefahrbringenden Grundstücke und den ümkreis festzustellen, innerhalb dessen Beschãdigungen anderer Grundftücke zu befürchten sind. Er hat di⸗ Eigenthümer, Serpituts⸗ und sonstigen Nutzungsberechtigten jener Grundstücke, sowie die zur Sache betheiligten gefährdeten Interessenten zu ermitteln. Nach An⸗ Förung derfelben hat er ein schriftliches Gutachten abzufassen, welches sich über folgende Punkie äußern muß: ;

1) ob eine Gefahr im Sinne des §. 2 obwaltet,

2) ob und welche Einschränkungen in der Benutzung der gefahr⸗ Grundftücke nothwendig und welche Entschädigungen dafür zu zahlen, . ;

3) ob und welche Waldkulturen und sonstige Schutz⸗Anlagen erfor⸗ derlich, und ,,

4) von wem und nach welchem Verhältniß die Kosten der An⸗ lagen (ad 3) und der Entschädigung (ad 2) aufzubringen sind.

5§. 15. Wenn der Kommissar die Gefährdung als vorhanden er achter, so hat derselbe ein Regulativ zu entwerf n, welches alle erfor⸗ derlichen Fsstsetzungen, insbesondere auch über die künftige Nutzung, Untechaltung Und Beaufsichtigung der Schutzanlagen enthalten muß..

§. 15. Der Kommissar hat das Gutachten und das Regulativ zur Einsichtnahme der Eigenthümer, Servituts⸗ und sonstige Nutzungs⸗ berechtigten der gefahrbringenden Grundstücke, sowie die gefährdeten Intereffenten 14 Tage lang in den Gemeinden, in welchen der hethei⸗ gte Grundbesitz belegen ist, bei dem Gemeinde · Vosteher 3 legen und daß dies geschehen, zur Kenntnißnahme der Interessenten zu bringen. Demnächst hat er die letzteren mit ihren Erklärungen zu hören, die etwa erhobenen Widersprüche zu erörtern, und sodann die Verhandlungen dem Wandschutzgericht vorzulegen. :

§5. 17. Das Waldschutzgericht hat nach seiner freien und aus dem ganzen Inbegriff der erhandlunzen geschöpften Ueberzeugung zu . .

§. 18 Ergiebt sich aus dem Inhalte des ,, Gut⸗ achtens, daß eine Gefährdung im Sinne des 8 2 nicht zu besorgen ist, so kann das Waldschutzgericht ohne weiteres Verfahren durch einen mit Gründen verfehenen Bescheid den gestellten Antrag zurückweisen. Gegen einen folchen Bescheid ist binnen 19 Tagen nach dessen Zu⸗ stellunz der Antrag auf mündliche Verhandlung vor dem Waldschutz⸗ gerichte gestattet. Wird der Antrag nicht gestellt, o gilt auch in Ansehung der Zulassigkeit der Berufung der Bescheid als Entschei⸗ dung. G. 227 ; ; .

3. J9. Ebenso kann das Walosschutzgericht ohne weiteres Ver⸗ fahren das entworfene Regulativ festsetzen, und vollstreckbar erklären, wenn sämmtliche Vetheiligten denselben zuzestimmt haben, und sich im öffentlichen Interesse nichts dagegen zu erinnern findet

5§. 20. Ist ein Antrag auf mündliche Verhandlung (85. 18) ge⸗ stellt, oder ist gegen das Regulativ Widerspruch erhoben worden, oder hält das Waldschutzgericht die mündliche Verhandlung sonst für erfor⸗ derlich, so ist das mündliche Verfahren einzuleiten.

5§. 21. Erfolgt die Ginleitung der mündlichen Verhandlung, so sind die Eigenthümer, Servituts⸗ und sonstige Nutzungsberechtigten der gefahrbringenden Grundstücke, die Antragsteller und die, außer den selben eintretenden Falls zur Tragung der Kosten verpflichteten In⸗ tereffenten (58. 4, 5 und 14, Nr. 4) Lurch besondere Vorladungen,

Alle, die sonst ein Interesse zuꝛt Sache zu hdaben vermeinen, durch einmalige öffentliche Bekanntmachung im Amts⸗ und Kreisblatte unter der Verwarnung vorzuladen, daß der nicht Erscheinende nicht weiter werde gehört werden.

Den Betheiligten steht es frei, ihre Erklärungen vor dem Ter⸗ mine schriftlich abzugeben; die mündliche Verhandlung, bei welcher die Betheiligten mit . Einwendungen gegen das kommissaxische Gut⸗ achten oder gegen das Regulativ zu hören sind, und das Waldschutz⸗ gericht über diese Einwendungen zu entscheiden, beziehungsweise das Regulativ festzusetzen hat, erfolgt, ebenso wie die Verkündigung der Enkscheid ung in öffentlicher Sitzung. Das Waldschutzgericht kann auf Grund der mündlichen Verhandlung eine nochmalige Untersuchung durch einen anderen Kommissar oder Sachverständigen vor der Ent⸗ scheidung zur Sache anordnen, ͤ .

Der gerichtlichen Entscheidung verbleiben alle Streitigkeiten üher die Eristenz und den Umfang von Privatrechten, welche auf speziellen Rechtstiteln beruhen. ; w

§ 22. Die Entscheidung des Waldschutzgerichts, ist mit Gründen versehen, den Betheiligten zuzustellen. . .

Diese Zuftellung allein genügt, wenn die Verkündigung der Ent⸗ scheidung nicht sofort hat erfolgen können.

. Ueber die öffentliche Sitzung wird durch einen vereideten Protokollführer eine Verhandlung aufgenommen, welche die wesentlichen Hergänge enthalten muß und von den Mitgliedern des Waldschutz⸗ gerichts und dem Protokollführer zu unterzeichnen ist.

Die Vereidigung des Pretekollführers erfolgt von dem Vorsitzenden des Waldschutzgerichts im Namen desselben. .

§. 24. Särmmtliche Verhandlungen vor dem Waldschutzgerichte sind gebühren⸗ und stempelfrei; es werden nur die baaren Auslagen des Verfahrens in Ansatz gebracht. .

Die Kommissare und sonst zugezogene Sachverständige haben Anspruch auf Erfatz ihrer baaren Auslagen, sowie auf Reise⸗ und Zehrungskosten nach Maßgabe des §. 3 des Kostenregulativs vom 25. April 1836 und den später dazu ergangenen Vorschriften. .

§ 25. Die Kesten des Verfahrens, welche erforderlich en Falls aus Kreig⸗ Kommunäasmitteln vorgeschefsen werden müssen, haben der oder die Antragsteller allein zu tragen, wenn der Antrag zurückgewiesen worden ist; andernfalls finden auf diese Kosten diejenigen Vorschriften Anwen⸗ dung, uff in den 5§. 4 und 5. dieses Gesetzes über die Aufbringung der zu leistenden Entschädigung, beziehungsweise über die Bestreitung der auf die angeordneten Anlagen zu verwendenden Kosten, er⸗ theilt sind. ö

§. 26. Gegen die Entscheidung des Waldsckutzgerichts steht den Betheiligten, sowie aus Gründen des öffentlichen Interesses dem Vor= sitzenden derfelben, das Recht der Berufung zu. .

Ucher die Berufung (ntscheidet das Verwasltungsgericht.

Die Berufung muß bei Verlust des Rechtsmittels innerhalb 21 Tagen, angerechnet don dem auf die Zustellung der Entscheidung folgenden Tage, bei dem Waldfchutzgerichte schriftlich angemeldet und gerechtfertigt werden. . . .

Zur Rechtfertigung der Berufung kann in nicht schleunigen Sachen

von Tem Vorsitzenden des Waldschutzgerichts eine angemessene, der

Regel nach nicht über 141 Tage zu erstreckerde Nachfrist gewäyrt werden.

Im Nebrigen finden auf das Verfahren in der Berufungs⸗Instanz und hauf die Kosten desselben die Vorschriften des Gesetzes vom

betreffend die Einsetzung von Verwaltungsgerichten und eines obersten Gerichtshofes für streitige Verwaltungssachen, An⸗ wendung. ;

y 37. Die Ausführung des Regulativs erfolgt durch den Vor⸗ sitzenden des Waldschutzgerichts von Amtswegen; übersteigen jedoch die Kosten den Werthbetrag der Vortheile sämmtlicher Belheiligten, so findet die Ausführung nur statt, wenn der überschießende Theil ander⸗ weit gedeckt ist. . ;

8. 28. In Fällen, wo Gefahr im Verzuge ist, kann der Vor⸗ sitzende des Waloschutzgerichts schon vor rechtskräftiger Entscheidung propisorische Anordnungen treffen, zur Verhinderung solcher Unterneh⸗ mungen, welche eine die Gefahr vergrößernde oder begünstigende Ver⸗ änderung in der Bewirthschaftung des Grundstücks vorbereiten.

Er ist befugt, diese Anordnungen durch Exekutivmaßregeln zur Ausführung zu bringen. .

5§. 29. Die Eigenthümer, Servituts- und sonstige Nutzunga⸗ berechligten sind, wenn sse den Bestimmungen des Regulativs zuwider Holz einschlagen, mit einer Geldstrafe zu belegen, welche dem doppel⸗ fen Werthbetrage des gefällten Holzes gleichkommt.

Wenn sie die sonstigen Festsetzungen des Regulativs, durch welche eine bestimmte Art der . vorgeschrieben, oder verboten wird, übertreten, sind sie mit einer Geldbuße bis zu 100 Mark zu bestrafen.

§. 36. Wenn im Laufe der Zeit eine Abänderung der Bestim mungen des rechtsverbindlich festgeftellten Regulativs nothwendig wird, so ist diese Abänderung in demselben Verfahren, wie die urspruůͤngliche Festsetzung zu bewirken. ; .

§z. 31. Die Deckung und Aufforstung der Meeresdünen kann auf Grund der Vorschriften dieses Gesetzes nicht gefordert werden.

III. Bestimmungen, betreffend die Bildung von

Waldgenossenschaften.

§. 32. Wo die wirthschaftliche Benutzung einzelner neben⸗ und untereinander gelegener, aus Waldgrundstücken oder öden Flächen be⸗

kehen den Besitzungen nur durch gemeinschaftliche Bewirthschaftung oder

zeschützung zu erreichen ist, können auf Antrag: a. jedes einzelnen Befitzers, b. der Gemeinde, beziehungsweise des Kommunalverbandes, in deren Bezirke die Grundstücke liegen, 6. der Landes Polizeihehörde die Eigenthuͤmer dieser . zu einer, Waldgenossenschaft nach Maßgabe der nachfolgenden Vorschriften vereinigt werden

§. 33. Die Rechtsverhältnisse der Genossenschaft und deren Mit⸗ glieder werden durch ein Statut geregelt. Für diese Regelung ist der Grundsatz maßgebend, daß in den Eigenthums⸗ oder Be sitz verhält⸗ nissen ber einzeln Betheiligten keine Aenderung eintritt, die Benutzung defselben aber nach einem einheitlichen, für die ganze Genossenschafts⸗ fläche festgestellten Plane gemeinschaftlich betrieben wird.

5§. 354. Das Theilnahmemaß jedes Waldgenossen an den. Nutzun⸗ gen, den Kosten und Lasten dieser geweinschaftlichen Bewirthschaftung ist zu bemessen: 1) Nach dem Verhältniß des Katastral, Reinertrages, oder wenn dadurch eine erhebliche Verletzung entstehen sollte, nach dem Verhältniß des wirthschaftlichen Reinertrages der einzelnen Grund⸗ stücke und? 2) zugleich nach Verhältniß des auf denselben vorhandenen Holzbestandes. Dieses Verhältniß ist in dem Statut für die Dauer der Genossenschaft festzustellen.

5§. 35. Die Beitragspflicht haftet als Reallast untrennbar. auf den zur Genossenschaft gehörigen Grundstücken und ist den öffentlichen Lasten gleichzuachten. .

Bei Parzellirungen müssen die , auf alle Trennstuͤcke verhältnißmäßig vertheilt werden. Rückständige Beträge können auch von den Pächtern und sonstigen Nutznießern der verpflich= teten Grundstücke, vorbehaltlich ihres Regresses an die eigentlich Ver⸗ pflichteten, im Wege der administrativen Exekution beigetrieben werden.

§. 35. Sind Genossenschaftsgrundstücke mit Servituten belastet, so müssen die Berechtigten sich diefenigen Einschränkungen gefallen lassen, welche im Interesse der Genossenschaft erforderlich sind. Für diefe Einschränkung muß den Berechtigten eine Entschädigung gewährt werden, nach dem Verhältniß der Einbuße, welche sie an dem bisher bezogenen Reinertrage erleiden. . ö

§. 37. Der Antrag auf Bildung einer Waldgenossenschaft ist bei dem Waldschutzgericht des Bezirkes zu Händen ihres Vorsitzenden zu stellen, in welchem die zu vereinigenden Grundstücke, sämmtlich oder der Fläche nach zum gröͤß ren Theile gelegen sind. Liegen sie in einem

selbständigen Stadtkrelse, oder geht der Antrag von dem Kreise (Amts⸗

verbände in Hohenzollern) selhst aus, so bezeichnet das Verwaltungs⸗ gericht das zuständige Waldschutzgericht. In dem Antrage sind die zu vereinigenden Grundstücke, deren Besitzer und Katasterbezeichnung einzeln aufzuführen.

5§. 35. Das Waldschutzgericht hat nach Maßgabe der ,. im 8. 13 den Antrag durch einen Kommissar örtlich untersuchen zu lassen. 33.

Der Kommissar hat nach Feststellung der zu vereinigenden Flächen die betheiligten Grundbesitzer über den Antrag zu vernehmen.

Die Verladung zu dem desfallsigen Termine erfolgt schriftlich unter der Verwarnung, daß die Nichterscheinenden dem Mehrheits⸗ beschlusse der Erscheinenden für zustimmenz erachtet werden sollen.

. Wenn die Mehrzahl aller Betheiligten, nach dem Ka⸗ tastralreinertrage der . berechnet, sich dem Antrage nicht anschließt, reicht der Kommi r die Terminsberhandlung mit seinem Gulachken über die Bedürfnißfrage und den Vorladungsbescheinigungen dem Waldschutzgericht ein, welches solchen Falls einen Abweisungs⸗ bescheid zu ertheilen hat.

3. 40. Im anderen Falle hat, der Kommissar nach Maßgabe der Vorschriflen des gegenwärtigen Gesetzes und unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse der zu bildenden n, , unter Zuziehung der Betheiligten oder eines von ihnen gewählten Ausschusses, Fas Genwssenschaftsstatut zu entwerfen, auch die erforderlichen Ein⸗ schränkungen der Sevitutberechtigungen—— insoforn nicht deren gänz⸗ liche Ablösung nach den daruber geltenden Gesetzen el eg, wird, sowie die für diese Einschränkungen zu gewährenden Entschädigungen gutachtlich festzustellen. ;

5§. 44. Das Stgtut muß enthalten:

I) eine spezielle Angabe des Umfangs des. genossenschaftlichen Be⸗ zirkes und der gengssenschaftlichen Zwecke, 2) die Wirthichaftsart und den Betriebsplan, sowie die Formen, in welchen eine Abänderung der⸗ selben beschlossen oder bewirkt werden kann, 3) die den Waldgenossen gufzuerlegenden Beschränkungen und Verpflichtungen, 4 das Verhältniß der Waldgenossen zu den Seivitutberechtigten, 5) das Verhältniß der Theilnahme an den Nutzungen und Lasten (8. 34), 6) die Formen und Fristen, in denen die Vertheilungsrollen offen zu legen und etwaige Reklamationen anzubringen und zu prüfen sind, 7) die innere Organi=

sation 6. Genossenschaft und ihre Vertretung nach außen.

. 42. Der Kommissar hat das entworfene Statut, sowie sein Gutachten über die nothwendigen Einschränkungen der Servitutberech tigten und über die dafür zu gewährenden Entschädigungen allen Be⸗ theilizten vorzulegen, etwaige Widersprüche zu erörtern und sodann saͤmmtliche Verhandlungen nebst, seinem Gutachten über die Bedürf⸗ nißfrage dem Waldschutzgeriäht einzureichen. ö ; .

5. 43. Das Waldschutzgericht entscheidet über die Bedürfniß⸗ frage und prüft, ob das Stälut den Vorschriften entspricht und kein , Interesse verletzt. Waltet in allen di sen Beziehungen ein Vedenken nicht ob, und haben saͤnimtliche Betheiligten oder die Mehr⸗ zahl derselben, nach dem Katastralreinertrage der Grundstücke berechnet. dem Statute zugestimmt, so setzt das Waldschutzgericht das Statut