Der bisherige Baumeister Paul Röhnisch zu Cassel ist zum Königlichen Kreis⸗Baumeister ernannt und demselben die neu kreirte Kreis⸗Baumeisterstelle dortselbst verliehen worden.
Der bisherige Baumeister Schattauer zu Königsberg i. Pr. ist als Königlicher Kreis⸗Baumeister in Neidenburg angestellt worden. ;
Das 7. Stück der Gesetz Sammlung, welches heute ausge⸗ geben wird, enthält unter .
Nr. S182 das Gesetz über die Beurkundung des Personen⸗ standeg- und die Form der Eheschließung. Vom 9. März 1874.
Berlin, den 16. März 1874. Königliches GesetzSammlungs⸗Debits⸗Comtoir.
Aichtamtliches.
Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 16. März. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen auch in den letztverflossenen Tagen die laufenden Vorträge sowie militärische Meldungen entgegen und machten Mittags die gewohnte Spazierfahrt, aree‚,··· . . , , . , m .
— Ihre Majestät die Kaiserin-Königin war vor—⸗ gestern in der 10. Vorlesung des Wissenschaftlichen Vereins an⸗ wesend und wohnte gestern dem Gottesdienst in der St. Nikolai⸗ kirche bei. Das Familiendiner fand bei den Kaiserlichen Maje⸗
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— Ihre Königlichen Hoheiten der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin von Sachsen kommen am 19. d. Mts. 9 Uhr 5 Minuten Abends auf dem Anhalter Bahn⸗ . . hier an und werden im Königlichen Schlosse Wohnung
nehmen.
— Se. Großherzogliche Hoheit der Prinz Wil⸗ elm von Baden ist aus Karlsruhe hier eingetroffen und im . Royal abgestiegen. .
— Zhre Durchlauchten der Fürst und die Fürstin, sowie die Prinzessin Pauline von Waldeck und Pyr⸗ mont treffen heute Abend 6 Uhr 11 Minuten Abends auf dem Potsdamer Bahnhofe hier ein und steigen im Königlichen Schlosse ab.
— Gestern hielt der Bundesrath unter Vorsitz des Staats⸗Ministers Pr. Delbrück die 17. Plenarsttzung.
Es wurde ein Ausschußbericht erstattet über den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die aus dem Amte entlassenen Kirchen⸗ diener, und hierauf eine Eingabe vorgelegt.
— Die Ausschüsse des Bundesraths für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr hielten heute Sitzungen.
— Im Verlaufe der Sitzung des Deutschen Reichs⸗ tages am 14. d. M. wurde die Spezialdiskussion des Impf⸗ gefetzes beendet. Die 8§. 1—–13 wurden fast ohne Debatte mit elner redaktionellen Aenderung im §. 7, wo für Vorstände der Lehranstalten „Vorsteher“ gesetzt wurde, angenommen. Zu
538. 14:
. d „Bei einem Ausbruche der Blatternkrankheit kann die zuständige Behörde anordnen, daß die Einwohnerschaft jedes von der Krankheit befallenen Ortes oder ein Theil derselben, ohne Rücksicht auf frühere Impfungen, binnen bestimmter Frist der Impfung sich zu unter⸗ ziehen habe. Wer diese Frist ohne gesetzlichen Grund versaͤumt und eine amtliche Aufforderung zur Nachholung der Impfung nicht be—⸗ folgt, wird mit Geldstrafe bis zu 150 Mark eder mit Haft bis zu 14 Tagen bestraft.“
beantragte der Abg. von Unruh (Magdeburg) hinter dem Worte Ein⸗ wohnerschaft einzuschalten: „bis zum Alter von 30 Jahren“,
Abg. Dr. Bamberger dagegen; „bis zum Alter von 20 Jahren.“
An der sehr lebhaften Diskussion betheiligten sich die Abgg. Dr. Reichensperger und von Mallinckrodt, die gegen den Paragraphen sprachen, die Abg. von Puttkamer (2yck, von Unruh (Bomst) und Dr. Löwe, die sich, wie auch der Präsident des Reichs⸗ kanzler⸗Amts Staats-Minister Delbrück (S. unter Reichstags⸗ Angelegenheiten) gegen die Amendements und für den Paragraph
aussprachen. In namentlicher Abstimmung wurde derselbe mit
141 gegen 140 Stimmen abgelehnt.
ö 19 lautet:
„Die Vorschriften dieses Gejetzes treten mit dem 1. Juli 1875 in Kraft. Die einzelnen Bundesstaaten werden die zur Ausführung erforderlichen Bestimmungen treffen.
. Der Abg. Dr. Löwe beantragte, statt des 1. Juli zu setzen den J. April, und außerdem folgenden Zusatz:
„Die in den einzelnen Bundesstaaten bestehenden Bestimmungen über Zwangsimpfungen bei, dem Ausbruch einer Peécken-Epidemie werden durch dieses Gesetz nicht berührt.“
Im Gegensatz dazu beantragte der Abg. Dr. Windthorst:
ö „Die in den einzelnen Staaten in Bezug auf das Impfwesen be⸗ stehenden Bestimmungen treten gleichzeitig mit Geltung dieses Gesetzes außer Kraft..
Nach einer längeren Diskussion, in welcher der Präsident des Reichskanzler⸗Amtes Staats⸗Minister Delbrück den ersten Theil des Amendement Löwe empfahl, wurde der Antrag des Abg. Löwe in namentlicher Abstimmung mit 160 gegen 122 Stimmen angenommen. Schluß 4 Uhr. t
— In der heutigen (18) Sitzung des Deutschen Reichstages, welcher der Präsident des Reichs kanzler⸗Amts Staats- Minister Delbrück und andere Bundes bevollmächtigte beiwohnten, wurde zunächst mitgetheilt, daß zur Kommission für die Vorbereitung zum Bau des Reichstags gebäudes Seitens des Bundesrathes der Ministerial⸗Direktor Weishaupt, der Staats⸗ rath Freiherr Pergler von Perglas, der Minister⸗ Resident Dr. Krüger und der Ministerial⸗Fath von Bülow delegirt wor— den find.
an wurde in definiter Abstimmung das gestern zu Ende berathene Impfgesetz endgültig angenommen.
Es folgte die dritte ö der Strandungsordnung, welche beim Schluß des Blattes bis zum §. 30 gediehen war; dieser Paragraph ist von der Kommission eingeschaltet und rief eine längere Debatte hervor, an welcher sich die Abgg. Dr. Römer (Württemberg), Dr. Beseler und Dr. Bähr (Casseh betheiligten.
— Die Verhandlungen der durch Beschluß des Bundes⸗ raths vom 21. Dezember 1873 zur Vorberathung des Entwurfs einer deutschen Gemeinschuldordnug berufene Kommission wurde heute durch den Praͤsidenten des Reichskanzler⸗Amts Staats-Minister Delbrück eröffnet. Den Vorsitz in der Kom⸗ mission führte der Präsident des Königlich bayerischen obersten Gerichtshofes Dr. von Neumaynr, die übrigen Mitglieder sind: der Königlich preußische Geheime Ober ⸗Justiz⸗ Rath Hertz, der Königlich preußisch! Geheime Justiz⸗ Rath Harrassowitz, der Königlich preußische Geheime Kommerzien⸗Rath R. Warschauer, der Königlich preußische Rechtsanwalt Makower, der Königlich banerische Ministerial⸗ Rath Dr. Schmitt, der stellvertretende Vorsitzende der Handels⸗ kammer zu Leipzig P. Bassenge, der Königlich württember⸗ gische Ober⸗Tribunal⸗Rath von ö der Großherzoglich mecklenburgische Ober⸗Appellations⸗Rath von Ams berg, der Präses des Handelsgerichts zu Hamburg, Albrecht und das Mitglied der Handelskammer zu Bremen F. Schütte; als Schriftführer fungiren der Königlich preußische Stadtgerichts⸗ Rath R. Hagens und der Königlich preußische Landgerichts⸗ Rath Lingen. Zum Berichterstatter wurde der Geheime Ober⸗ Justiz⸗Rath Herz erwählt.
— Der General⸗Major und Commandeur der 3. Garde⸗ Kavallerie⸗Brigade, Freiherr von Los, hat sich in dienstlichen Angelegenheiten nach Magdeburg begeben.
— Der General⸗Major und Commandeur der 4. Kavallerie⸗ Brigade, Graf von Roedern, ist auf einige Tage mit Urlaub von Bromberg hier eingetroffen.
— Der 45. Kom munal-Landtag von Altpommern berieth in seiner 7. Sitzung am 11. d. M. zunächst den Bericht des Direktors für das Landarmenwesen in Altpommern vom 2. März 1874, nach welchem derselbe bittet, zu beschließen: daß die Kosten der öffentlichen Armenpflege welche die Fürsorge für heilbare Geisteskranke und gemeingefährliche Irre verursacht, Seitens des Landarmenverbandes zu übernehmen sind. Der Referent von Kleist⸗Retzow hatte Anträge formulirt, die vom Landtag in folgender Fassung angenommen wurden:
J. Der Landtag beschließt, die Landstube zu beauftragen, selbst⸗ ständig alle diejenigen Schritte zu thun, welche zur Einrichtung der neuen Anstalt erforderlich sind, um deren Eröffnung möglichst zum nächsten Frühjahr sicher zu stellen. Zu dem Zwecke beauftragt er Die—= selbe, die dezu erforderlichen Reglements, soweit nöthig, unter Auf⸗ hebung des Rügenwalder Reglement, zu entwerfen und mit den Ressort.Ministern Ii vereinbaren, den dirigirenden Arzt und das An⸗ stalts⸗Personal zu berufen, endlich den Etat für dieselbe aufzustellen und dem Kommunal-Landtage vorzulegen, ö
II. Dabei der Landstuße folgende Gesichtepznkte zu empfehlen: I) Die Anstalt zu Ueckermünde ist dabei zunächst zur Unterbringung heilbarer, die zu Rügenwalde zur Unterbringung unheilbarer, aber gemeingefährlicher Irren zu bestimmen; soweit es der Raum zuläßt, können letztere jedoch 26 in Ueckermünde aufgenommen werden. 2) Ueber die Heilbarkeit wie über die Gemeingefährlichkeit bestimmt vorläufig — nach Maßgabe der desfallsigen Festsetzungen des Reglements das Attest des betreffenden Kreisphysikus, die definitive Entscheidung steht demnächst dem Landarmen⸗Direktor auf Grundlage des Gutachtens des Anstalts⸗Arztes zu, ohne daß dagegen ein weiteres Verfahren zulässig ist. 3) Den nächsten Anspruch zur Aufnahme in beiden Anstalsen haben, soweit es der Raum zuläßt, die der öffentli chen Irrenkrankenpflege anheimfallenden Irren. Dazu gehören die Landarmen und die Ortsarmen des Kommunalverbandes von Altpommern und zu letzteren in diesem Sinne diejenigen, für welche aus eigenen Mit keln oder aus Mitteln der zu ihrer Fürsorge verpflichteten Angehörigen die Unter kringung in die Irrenanstglt nicht ausführbar sein würde. 4 Die in die letzte Klasse beider Anstalten Aufgenommenen vergüten nur die auf den Kopf fallenden Verpflegungs- und Unterhaltungsko⸗ sten, die in die vorhergehende Klasse Aufgenommenen vergüten auch die auf den Kopf fallenden Verwaltungskosten. Sollte der Raum es zu— lassen, so kann noch eine erste Klasse mit einem höheren Verpflegunggz⸗ satze gebildet werden. 5) Das Reglement bestimmt, unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen überhaupt eine Aufnahme stattfindet. Die Aufgenommenen müssen von den Verpflichteten sofort auf ihre Kosten zurückgenommen werden, sobald die Voraussetzungen der Auf nahme nicht mehr zutreffen. .
III. Für die landarmen Irren trägt der Landarmenfonds die vol⸗ len Kosten, für die heilbaren und für die gemeingeführlichen ortsarmen *r des Kommunalverbandes von Altpommern trägt letzterer die Rosten.
. 21 Landtag beschäftigte sich hierauf mit Rechnungen und ats.
Bayern. München, 13. März. Bezüglich der Bera⸗ thungen der Kommission zur Begutachtung des Gesuches um Anerkennung des Bischofs Reinkens, melden bayerische Blätter, daß der Antrag des Referenten, Reichsraths Pro⸗ fessor v. Pözl, mit Einstimmigkeit zur Annahme gelangt ist. Das Gutachten der Kommission soll demnächst zur Veröffent⸗ lichung gelangen.
Tachsen. Dresden, 14. März. Die Hohen Gäste des Königlichen Hofes, der Graf und die Gräfin von Flan⸗ dern, werden Dresden heute Abend verlassen und sich auf der Rückreise nach Brüssel von hier zunächst nach Frankfurt a. M. begeben. Das Unwohlsein Ihrer Königlichen Hoheit ist vollständig wieder beseitigt.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 14. März. Der Herzog Friedrich von Holstein war heute zu einem kurzen Besuche am Großherzoglichen Hofe hier anwesend.
= Das Regierungsblatt veröffentlicht einen Nachtrag zur Geböührentaze für die Verhandlung in Strafsachen vom 20. Februar 1874, und einen zweiten Nachtrag vom 28. Februar
1874 zum Jagdgesetz vom 17. Mai 1853.
— In der nächsten Woche wird die Berathung des VolÜks⸗ schulgesetzes im Plenum des Landtags beginnen. Der Ausschuß hat den Entwurf sehr wesentlich modifizirt und ist
auch in Rücksicht auf die Besoldungen der Lehrer erheblich weiter gegangen, so daß ein Mehr von etwa 20,000 Thalern und dar⸗
über erfordert wird. Wenn das Schulgesetz verabschiedet und der Etat vereinbart ist, wird der Landtag geschlossen und dann im Herbst zu außerordentlicher Session wieder berufen, um hauptsächlich die neue Gemeinde⸗Ordnung und das Wahlgesetz zu berathen.
Braunschweig. Braunschweig, 14. März. Als vor einigen Wochen die Regentschaftsfrage in Folge eines Schreibens des Herzoglichen Staats⸗Ministeriums an den Landtag von Neuem angeregt wurde, trat letzterer zu einer geheimen Sitzung zusammen, in welcher das Schreiben einer zu diesem Zweck gewählten Kommission zur Prüfung überwiesen wurde. Nach der „Magdeb. Ztg.“ vom 13. März lautet der Bericht dieser Kommission folgendermaßen: ;
„Nach dem Schreiben des Herzoglichen Staats⸗Ministeriums vom 9. Februar d. J. hat Se. Masestaͤt der Deutsche Kaiser die erbetene Garantie des Regentschaftsgesetzes abgelehnt und folgeweise Se. König⸗ liche 8 der Großherzog von Oldenburg die event, ertheilte Zusage der Regentschaftsübernahme zurückgezogen. Der Gesetzentwurf hat dadurch seine Voraussetzung verloren und ist in sofern hinfällig ge⸗ worden. Das Herzogliche Staats⸗Ministerium glaubt indeß, daß ein Gesetz, welches die Anordnung einer interimistischen Regentschaft für den im Entwurfe bezeichneten Fall bezwecke, auch ohne Kaiserliche Garantie mit Zustimmung der Landesversammlung erlassen werden könne, und richtet demgemäß an die Landes versammlung die Frage, ob sie in weitere Verhandlungen über den Erlaß eines solchen Gesetzes einzutreten bereit sei, oder ob sie vorziehe, die Ausführung des vereinbarten Gesetzes für jetzt ruhen zu lassen? Wir können der Landesversammlung nur rathen, sich für die zweite Alternative zu entscheiden, in dem Sinne, daß der unternommene Versuch, für den Fall der Thronerledigung eine Regentschaft einzusetzen, als gescheitert angesehen werde. Der Äusweg, unbekümmert um Kaiserliche Garan— tie miftelst der Landesgesetzgebung das vorgesteckte Ziel weiter zu ver felgen, wärde unseres Dafürhaltens schon bei dem unmittelbar be— thelligten Faktoren auf nicht zu unterschätzende Schwierigkeiten stoßen, überdies aber mit den der Reichsgewalt gebührenden Rücksichten kaum vereinbar und im letzten Erfolge völlig unzuverlässig sein. Bei den über das Regentschaftsgesetz zwischen der Landesregierung und der Landesversammlung bisher gepflogenen Verhandlungen ist es nicht gelungen, über die in Betracht kommenden Rechtsfragen jede Mei⸗ nungsverschiedenheit auszugleichen, obgleich über den Zweck, den ruhigen Fortgang der Regierung zu sichern, vollständige Ueberein⸗ stimmung herrschle. Unbestritten war zwar: erstens, daß der Thron des Herzogthums im Falle der Erledigung von Personen nicht be— stiegen werden könne, welche der Deutschen Reichsverfassung vom 16. April 1871 und sonach der Grundlage alles öffentlichen Rechts, wie überhaupt in ganz Deutschland, so auch inshesondere in unserem . die Anerkennung verweigern, daß folglich der frühere
önig von Hannover, Georg V., und der frühere Kronprinz von Han— nover, Ernst August, so lange sie in solchem Verhältnisse verharren, schon aus diesem Grunde dem Throne fern bleiben müssen; zweitens, daß der Verlust des Augenlichts für den früheren König von Han— nober ein weiteres Hinderniß bilde, mithin alls die jüngere Linie des Braunschweig⸗Lüneburgischen Gefsammthauses zur Erbfolge ge— langen sollte, nicht den früheren König, sondern den früheren Kron— prinzen die Reihe treffen würde. Auseinaudergehend blieben die An— sichten aber insofern, als die Landesregierung mit Beziehung auf den §. 14 der erneuerten Landschaftsordnung vom 12. Oktober 1832 die unmittelbare Nachfolge der jüngeren Linie des Fürstlichen Gesammt⸗ hauses im Falle der Thronerledigung für unzweifelhaft erklärte, die Kommission der Landesversammlung dagegen durch jene Verfassungs—⸗ bestimmung nicht für ausgeschlossen erachtete, daß theils der etwaigen Nachkommenschaft des ö der damaligen Verhandlungen noch lebenden Herzogs Karl, theils dem Könige von Preußen als z** kanntem Herrscher der größeren Hälfte desjenigen Gesammtgehietes, welches bis zum Jahre 186tz unter dem Füͤrstlichen Gesammthause Braunschweig-Länchurg zu einer gewissen Einheit verbunden gewesen und bei früheren Theilungen unter mehrere Linien nur vorübergehend mit der steten Hoffnung dereinstiger, dem allseitigen Bedürfniß sachlich allein entsprechender Wiedervereiniung getrennt worden war, vor— gehende Ansprüche zuständen. Der Nachkommenschaft des Herzogs Carl hatte ja derselbe Bundesbeschluß, welcher den letzteren für regie= rungsunfähig erklärte, die Successionsrechte ausdrücklich vorbehalten, und die etwa durch die Zusammengehörigkeit aller Terrainstücke des braunschweig lüneburgischen Gesammtlandes für den anerkannten In⸗ haber der hannoverschen Landestheile begründete Anwartschaft auf den Anfall des Herzogthums würde jedenfalls einen Rechtsanspruch ent⸗ halten, der nach seinem Ursprunge und Wesen durch ein einseitig für das Herzogthum erlassenes Verfassungsgesetz — die Landschaftsordnung vom Jahre 1332 — weder aufgehoben werden sollte, noch konnte. Wenn gleichwohl in Folge des beharrlichen Strebens der Herzoglichen Landes- regierung, auch den Schein fern zu halten, daß durch den in Verhand⸗ lung n Akt das Recht der jüngeren Linie des Hauses Braun schweig zur Succession in der Regierung des Herzogthums in Frage ge⸗ stellt sei, der Gesetzentwurf eine durch den Zweck des Gesetzes nicht mo⸗ tivirte, den Agnaten des regierenden Landesfürsten günstige Färbung unter Zustimmung der Landesversammlung behielt, so erläutert sich die= ses, abgefehen davon, daß von der Landesvertretung ein Werth darauf gelegt wurde, nach langen Verhandlungen zu einem Abschlusse zu ge⸗ langen, einfach dadurch, daß durch die in Aussicht genommene Garan⸗ tie des Deutschen Kaisers, in welcher zugleich die der Reichsgewalt erblickt wurde, sichere Gewähr für eine dem Rechte und den Interessen des Landes zusagende Erledigung der Frage über die Thronfrage ge⸗ geben war. Durch das in der Zwischenzeit erfolgte Ableben des Her= zogs Karl und befonders durch die Versagung der erbetenen Kagiserli= chen Garantie ist die Lage der Angelegenheit wesentlich verändert worden. Dem Lande, auch wenn Regierung und Landesvertretung in voller Nebereinstimmung handeln, steht nicht die Macht zu, über seine Geschicke, so weit diese über rein innere Angeleg heiten hin—⸗ ausreichen, selbständig zu gebieten. Welcher Erfolg würde also von einem unter diesen beiden Faktoren vereinbarten neuen Regentschaftsgesetze, dem Änerkennung und Schutz der Reichs⸗ gewalt nicht im boraus gesichert sind, zu erhoffen sein? Wir sehen davon ab, die schon im Vorstehenden angeregte Frage, welche Beur⸗ theilung ein solches Vorgehen in dieser Angelegenheit, die der pyliti⸗ schen Tagespresse den Skoff zu mannigfacher meist nicht güůnstiger Kritik gegeben hat, in der öffentlichen Meinung sinden würde, des Weiteren zu erörtern, können jedoch die Besorgniß nicht unterdrücken, daß dasselbe dem Vorwurfe einer in ihm liegenden Mißachtusg der höchsten Autorität im Reiche verfallen und als eine, durch die Erklä—= rung Sr. Majestät des Kaisers beanstandete Maßregel mehr geeignet sein würde, den ruhigen Gang der Regierung des Landes bis zum , des berechtigen Thronfolgers zu gefährden, als zu sichern. Aus ähnlichen Gründen halten wir für zwecklos, in eine Erörterung der Frage uns zu vertiefen, ob die ducch die Reichsver—= saffung verbürgte Selbständigkeit des Landes das Recht in sich schließe, für einen bei der jetzigen Lage der Thronfolgefrage deminnächst unzweifelhaft eintretenden Helden ffn einseitig eine Regentschaft einzusetzen und mit denjenigen Attributen auszustatten, deren sie zu 66 P Vertretung des Herzogthums im Deutschen Reiche
edarf.“ e
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 14. März. Im Ab⸗ geordnetenhause legte die Regierung heut einen Gesetz⸗ entwurf vor betreffs Forterhebung der Steuern im Monat A1mpril. Sodann wurde die Debatte über das Gesetz betreffs der äußeren Rechtsverhältnisse der katholischen Kirche fortgesezt. Die S5. 41 bis 59 wurden in der Ausschußfassung angenommen, Und die einzelnen hierzu gestellten Amendements abgelehnt. Bezüglich des 58. 66 enispann sich eine längere Debatte. Krzeczunowitz
er gegen denselben. Kowalski beantragte eine Resolution, welche
le Regierung auffordert, das Entsprechende zu veranlassen, daß die
Minister des Innern, neue Instruktionen ertheilt.
in dem vorliegenden Gesetze geregelten Angelegenheiten in den Wir⸗
kungsk reis des Verwaltungsgerichtshofes einbezogen werden. Gegen den Antrag des Ausschusses sprachen noch Kaezala und Czar⸗
toryski, worauf §. 60 in der Ausschußfassung unter der vom Unterrichts⸗Minister befürworteten Auslassung der Worte „und Strafen“ nebst der Resolution Kowalski's angenommen ward. Hierauf folgte die Debatte des Einführungsgesetzes. Hierüber sprachen Hormuzaki (für), Monti und Grocholski (gegen). Fux be⸗ antragte einen Zusatz zu Artikel II. lautend: „die rechtlichen Ver⸗ hältnisse der Altkatholiken, ihre etwaigen Ansprüche an katholische Kirchen, Pfründen und Stiftungen werden durch dieses Gesetz nicht berührt. Eine vom Abg. Heinz beantragte Reso⸗ lution, womit die Regierung aufgefordert wird, die behufs Ausscheidung des österreichischen Theiles aus der Breslauer Diözese nöthigen Verhandlungen durchzuführen, wurde vom Be⸗ richterstatter befürwortet und vom Abgeordnetenhause angenom⸗ men. Petrino sprach gegen und Kopp für diesen Antrag. Hier⸗ auf wurden alle Artikel, sowie Titel und Eingang des Ein⸗ führungsgesetzes in der Ausschußfassung angenommen und der Antrag Fux, sowie der weitere Antrag Kopps auf Zuweisung des Fuxschen Antrags an den konfessionellen Ausschuß abge⸗ lehnt. Hiermit war die zweite Lesung des Gesetzes beendigt. Nächste Sitzung am Montag. Tagesordnung: dritte Lesung des heute beschlossenen Gesetzes und zweite Lesung des Gesetzes be⸗ freffs Regelung der Beiträge zum Religionsfonds.
— Dem vom oberösterreichischen Landtage beschlossenen Ge⸗ setzentwurfe über die Schonzeit des Wildes ist die Aller— höchste Sanktion ertheilt worden.
— (W. T. B.) Die von der „Presse“ gebrachte Meldung, der österreichische Botschafter bei der päpstlichen Kurie sei beauf⸗ tragt worden, die Meinung des Kardinals Antonelli über die österreichischen konfessionellen Gesetzvorlagen einzuholen, entbehrt, glaubwürdigem Vernehmen nach, jeder Begründung.
— Graf Andrassy ist heute Nachmittag von Pesth wieder hierher zurückgekehrt.
Pesth, 14. März. Die aus Anlaß der Weltausstellung dekorirten ungarischen Aussteller, Jurors und Kommissäre wurden unter Führung des Handels⸗Ministers Grafen Zichy heute Vormittags von Sr. Majestät empfangen. Zichy hielt
eine ungarische Ansprache, in welcher er im Namen der dekorir⸗
ten Aussteller Sr. Majestät für die denselben gewährte Aus⸗ zeichnung den Dank ausdrückte und die Versicherung hinzufügte, daß dieselben bestrebt sein würden, die ungarische Industrie aus allen Kräften zu fördern. Se. Majestät erwiderte hierauf eben⸗ falls in vungarischer Sprache, daß inn die Leistungen der unga— rischen Industriellen freudigst überrascht hätten, daß es ihm wohl⸗ gethan habe, einem Theil der Aussteller einen Beweis seiner Anerkennung geben zu können, und daß er die Hoffnung hege, daß die ungarische Industrie stätig fortschreiten werde. Die Ant—⸗
wort Sr. Majestät wurde mit begeisterten Eljen ,,,, ),
— Die „Pesther Korrespondenz“ schreibt in ihrer Abend⸗ ausgabe: Die Ministerkrisis geht sehr langsam ihrer Lösung entgegen. Der Minister⸗Präsident forderte in den letzten Tagen Coloman Tisza auf, die Bedingungen bekannt zu geben, unter welchen er geneigt wäre, in das Ministerium einzutreten, und
erklärte, daß ihm der Eintritt in die Regierung so weit als
möglich erleichtert werden solle. Tisza formulirte hierauf seine Anträge, denen öftere und längere Verhandlungen folgten, die aber bisher noch zu keinem Resultate führten, da Szlavy keines⸗ falls Bedingungen annehmen kann, welche bezüglich der gemein⸗ samen Angelegenheiten prinzipielle Konzessionen invol viren.
Die Verhandlungen werden deshalb noch immer fortgesetzt, und ist daher die für heute Abends anberaumte Konferenz des linken Centrums, welche in der Voraussetzung, daß die Ver⸗ handlungen heute zum Abschluß gelangen werden, einberufen
wurde, nach einer kurzen Erklärung Coloman Tiszas, daß
die Verhandlungen noch im Zuge seien, vertagt worden. Unterdessen wurden auch mit Ghyeczy und Sennyey Ver—
handlungen gepflogen.
Bezüglich der Verhandlungen mit Baron Sennyey können wir — schreibt die erwähnte Korrespondenz — gegenüber den Nachrichten einiger Blätter versichern, daß dieselben noch keines— falls als abgebrochen zu betrachten sind.
Die Verhandlungen mit den oben genannten Herren werden morgen fortgesetzt, und ist vor Montag kein Refultat zu er⸗ warten. Auch in dem Falle, daß Tisza sich bereit erklärt, in das Ministerium einzutreten, werden die Vereinbarungen der einzelnen Modalitäten eine längere Zeit in Anspruch nehmen.
Großbritannien nud Irland. London, 16. März. (W. T. B.) Gestern hat im Hyde Park zu Gunsten der Amnesti⸗ rung der gefangenen Fenier eine Kundgebung stattgefunden, an welcher sich 2060 Irländer betheiligten, die in feierlicher Pro⸗ zession aufzogen. Trotzdem nach und nach eine sehr große
Volksmenge herbeiströmte, verlief die Kundgebung doch ohne
jede Ruhestörung.
Frankreich. Paris, 13. März. Die gesetzliche Frist von sechs Monaten zur Wahl eines Nachfolgers für Herrn Rane im Rhone⸗-Departem ent endigt am 13. April, da der Rane
zum Tode verurtheilende Gerichtsspruch vom 13. Oktober datirt.
Die Wahlperiode muß demnach am 25. März eröffnet werden,
und man erwartet deshalb täglich das Wahlausschreiben. Im ; e n n, beschäftigen sich die Republikaner schon ernst⸗ i
mit der Wahl eines Kandidaten.
— Im Lager von Chalons werden gegenwärtig unter der Oberleitung des Generals Douai zwei Gewehre probirt. Das eine, das Gewehr Beaumont, ist von einem belgischen Ingenieur, das andere, das Gewehr Gras, von einem französischen Artillerie⸗ Kapitän. Sobald die Kommission sich ausgesprochen hat, wird die Fabrikation des einen oder des anderen beginnen.
— In Folge des Beschlusses des Kassationshofes, welcher
den Blättern das Recht zuspricht, ihre Exemplare durch spe⸗
zielle Träger vertheilen zu lassen, hat der Herzog von Broglie, Der Minister gestatte! zwar, daß die Blätter spezielle Träger haben, jedoch unter der Bedingung, daß die Träger nur wirkliche Abonnenten bedienen und daß die Adressen der Schleifen gedruckt sind. Die Blätter dürfen also sich nicht ihrer Träger zum Umtragen von Probesendungen bedienen. Ter Minister stellt diese Bedingung, um zu verhindern, daß die Blätter bei Gelegenheit von Wahlen u. dergl. in größerer Anzahl vertheilt werden können. Versailles, 14. März.
tigen. ̃ . Die Bureaus haben zur Prüfung des in der Donnerstags⸗
Sitzung von dem Herzog von Broöglie vorgelegten Gesetzent⸗ wurfes, ugch welchem die Amts dauer der dermalen funktio⸗ nirenden Munizipal-Räthe provisorisch bis zum Erlaß des
neuen Munizipalgesetzes verlängert werden soll, eine Kommission
(W. T. B.) Die National ⸗ versamm lung setzte heute die Berathung über die Salzsteuer . ort und wird sich auch am Montag noch mit derselben beschäf⸗ — daß doch für, einen Theil des Vändesge biets und ingbelondere kur f sich ; z 4 denjenigen Theil, in welchem der Herr Abg. für Erefeld wahnt, die WVorschrift, um die es sich hier handelt, etwas Neues nicht ist.
neiedergesetzt; von derselben sind 8 Mitglieder Gegner der Vor⸗ lage, 7 günstig für dieselbe gestimmt.
Spanien. Marschall Serrano hat, wie ein Telegramm aus Bayonne, 15. März Abends, meldet, jetzt 34 000 Mann und 90 Geschütze zu seiner Verfügung, die Streitkräfte der Earlisten bei Bilbao sollen 35,007 Mann betragen, die Stärke ihrer Artillerie ist nicht bekannt. General Loma hat ein Corps von etwa 8000 Mann bei Miranda konzentrirt und steht, wie es heißt, im Begriff, von der Rückseite aus einen Angriff auf die Carlisten auszuführen.
— Der „Agence Havas“ vom 16. März wird gemeldet, daß der General Rouvilas und seine ganze Truppenabthei⸗ lung auf dem Marsche nach Olot von dem Carlistenanführer Saballs überfallen worden und von ihm gefangen genom⸗ men sind.
Italien. Rom, 11. März. St. N.) Wie bereits mit⸗ getheilt, gedenken viele Städte das 25jährige Regierungs⸗ Jubiläum des Königs am 23. März festlich zu begehen. In Rom werden der Bürgermeister und die Stadt- und Ge⸗ meinderäthe in den alten Staatskarossen in großer Gala vom Kapitol nach dem Quirinal fahren und dem Könige zum Andenken an das glückliche Ereigniß eine vergoldete Pergamentsrolle über⸗ reichen. Die Nationalgarde und alle vom Munizipium abhän⸗ genden Körperschaften werden vom Kapitol bis zum Quirinal Spalier bilden. Am Abend werden der Korso, das Kapitol und alle öffentlichen Gebäude auf Kosten der Stadt brillant erleuchtet werden. In jedem Stadtviertel wird eine aus je zwei Aristo⸗ katen, Bürgern und Volksmännern zusammengesetzte Kommission gebildet, welche freiwillige Gaben zu einem Geschenk für den König sammeln soll.
Amerika. Aus Buenos-Ayres wird der „A A. C.“ umterm 9. Februar gemeldet:
Die hier am 1. d. M. stattgefundenen Präsidentenwahlen wur— den von Unruhen begleitet, bei denen vier Personen getödtet und zwölf verwundet wurden. In den ländlichea Kreisen war die Unordnug und der Lebensverlust größer. In Saladillo wurden sieben Per— sonen getödtet und eine große Anzahl schwer verwundet. Ge⸗ neral Mitre und Dr. Alsina stehen hier in gleicher Gunst, aber in den Provinzen ist. Dr. Awellanedo's Einfluß am größten. Die Cholera ist fast gänzlich aus Buenos Ayres verschwunden und einige der Flußhäfen sind den Einwohnern wieder eröff net. Montevideo wird, wie man erwartet, in Kurzem ehenfalls seine gesundheitlichen Beschränkungen aufheben. Die argentinische Regierung hat Dr. Uribune als außerordentlichen Gesandten bei Bolivia zur Regelung der Chaco— Grenzfrage akkreditirt.
— Durch den Dampfer „Moselle“ ist die Nachricht hier ein— getroffen, daß die Stadt Panama am 19. v. M. von einer großen Feuers brun st heimgesucht worden ist. Der dadurch verur⸗ sachte Schaden wird auf eine Million Dollars angeschlagen.
— Nach in Lissabon eingegangenen Nachrichten aus Rio de Janeiro vom 22. v. M. ist der Bischof von Perna m⸗ buke wegen Ungehorsams gegen die Staatsgewalt vom höchsten Gerichtshof zu 4 Jahren Gefängniß verurtheilt worden.
Asien. Ein Telegramm aus Nagasaki meldet, daß die Regierungs⸗Telegraphenleitungen, die während der jüngsten Unruhen zerstört wurden, wieder hergestellt und im Betriebe sind.
— Dem ‚„Reuterschen Büreau“ wird über Penang aus Atchin unter dem 14. März gemeldet, daß der Oberbefehls⸗ haber der niederländischen Truppen, General van Swieten, unter den kleinen Rajahs an der Küste von Sumatra habe Proklamationen vertheilen lassen, in welchen er denselben die Unterwerfung der Atchinesen mittheilt, sie auffordert, sich gleichfalls zu unterwerfen und ihnen ungehin⸗ derte Ausübung ihrer Religion zusichert. Die Ra⸗ jahs haben fast sämmtlich diese Aufforderung zür, Unter⸗ werfung zurückgewiesen und setzen den bewaffneten Widerstand gegen die niederländischen Truppen fort. Das Gerücht von dem Tode des atchinesischen Führers Panglimapolum ist erfunden; derselbe errichtet in der Nähe des Kratons starke Befestigungen. Wie man versichert, sind die Atchinesen damit beschäftigt, ihre Streitkräfte zu konzentriren, um einen großen Angriff auf die Position der Niederländer zu machen. ;
Afrika. Nach einem Telegramm aus Cape⸗Coast⸗Castle vom 22. v. M. waren fast alle Truppen des britischen Expe⸗ ditionscorps bereits nach England eingeschifft. General Wolseley sollte sich am J. d. M. an Bord begeben, um die Rückfahrt an⸗ zutreten. Er erwartete das Eintreffen des neuen Gouverneurs Berceley. Die Truppen hatten auf dem Rückmarsche von Ku⸗ massi mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen, welche ihnen die in Folge der starken Regengüsse sehr angeschwollenen IBlüsse bereiteten.
Neichstags⸗Angelegenheiten.
Berlin, 16. März. In der Sitzung des Reichstags am 14. d. M. erklärte der Präsident des Reichskanzler⸗Amts, Staats ⸗Minister Del brück, über das Amendement des Abg. Grumbrecht zu 5. 7 des Impfgesetzes: ;
Meine Herren! Ich glaube in der That, daß die von dem Herrn Abgerrdneten für Harburg vorgeschlagene Wortänderung eine Ver— befferung und eine Richtigstellung des Gedankens ist. Unter „Vor— ständen“ von Lehrauffalten sind vielfach zu verstehen Behörden, die aus mehreren Personen zusammengesetzt sind. Die Verantwortlichkeit, welche hier und durch die späteren Strafbestimmungen den Leitern der Schulen aufgelegt werden soll, ist eine, welche die leitenden Per— sonen, also die Vorsteher“ treffen soll. Ich glaube, daß des— halb die von dem Herrn AÄAbg ordneten vorgeschlagene Aenderung richtig ist. ;
— Ueber die Amendements zu 5§. 14 a. a. O. äußerte der Staats⸗Minister Delbrück:
Meine Herren! Was die beiden zu dem vorliegenden Para— graphen gestellten Amendements betrifft, io bin ich nur in der Lage, Sie zu bitten, sie abzulehnen. Ob ich in dieser Late sein würde, wenn es den Herren Antragstellern beliebt Amendements entweder schen bei der zweiten Berathunz einzubringen oder für die dritte Lesung so zu stellen, daß es faktisch möglich war, die wichtigen, darin berührten Fragen auch nur zu erwägen, — das weiß ich nicht. 2 Am zwölften Stunde zu stellen, eine jede technische Erwägung von Seiten der verbündeten Regierungen auszuschließen, und lediglich schon aus diesem formellen Grunde muß ich Sie bitien, die Amendements ab
zulehnen. . ö Ich inß aber zugleich dabei darauf aufmerksaim machen, — und
das bezieht sich mit auf die Ausführungen des letzten Herrn Redners
Im Jahre 1835, aiso vor beinahe 40 Jahren, ist in Preußen eine Medizinal-Polizeivererdnung ergangen, welche durch eine Königlich Kabinetsordre vom 8. angust 1835 genchmigt ift und zwar, wie es in der Kabineisordre Heißt, „mit dem Befehl, daß dies s Regulativ von
Jedermann im tzanzen Umfange Meiner Monarchie — also auch in] scher
hätte, e,, ? . ; welches der Bildhauer Gatalini in Rom modellirt hat, in einer nicht
Sie haben es vorgezogen, diese Amendements in der ĩ 1 ö. ? n . ; s . S welches bereits gegossen ist und eben eiselirt und polirt wird, ist
widmet und wird in Massachusets zur Aufstellung kemmen. Modell zu diesem Denkmal ist von dem amerikanijchen Bildhauer
der Rheinpeovinz — kei Vermeidung der angedrohten Freiheits- und Geldstrafen befolgt und von sämmtlichen dabei betheiligten Behörden danach verfahren werde.‘ Diese Königliche Ordre und das Regulativ stehen in der preußischen Gesetzsammlung. In diesem Regulgtiv, welches sich auch des Breiteren init der Schutzpecenimpfung beschäf⸗ tigt, befindet sich in 5. 55, welcher lautet:
„Brechen in einem Hause die Pocken aus, so ist genan zu unter⸗
suchen, ob in demselben noch ansteckungsfähige Individuen vorhan⸗ den sind, deren Vaccination alsdann in der kürzesten Zeit vorgenom— men werden muß. Bei weiterer Verbreitung der Krankheit sind zugleich sämmtliche übrige Einwohner auf die drohende Gefahr aufmerksam zu machen und aufzufordern, ihre noch ansteckungsfähigen Angehörigen schleu⸗ nigst vacciniren zu lasfen, zu welchem Ende von Seiten der Medi- zinalpolizei die nöthigen Veranstaltungen getroffen und erforderlichen Falls Zwangsimpfungen bewirkt werden müssen,“
Diefe Vorschrift deckt sich nicht vollständig mit dem §. 14. Im §. 14 ist für den Fall, daß die Epidemie in einem Hause nur aus⸗ bricht, nichts gesagt, der Fall ist nicht vorgesehen. Soweit es sich wirklich um eine Epidemie handelt, unterscheidet sich der 8. 14 von der in Preußen bestehenden Vorschrift dadurch, daß die in Preußen bestehende Vorschrift sich auf alle Einwohner des Orts erstreckt, während hier der Behörde üherlassen bleibt, das, was sie anzuordnen für gut findet, auf einen Theil der Einwohner zu beschränken. Die Bestimmung unterscheidet sich ferner dadurch, daß sie in dem preußischen Regulativ beschränkt ist auf ansteckungs fähige Angehörige, während der §. 14 eine Unterscheidung zwischen ansteckungsfähigen und nicht ansteckunge fähigen Personen nicht trifft. Ob dieser Unterschied der beiden Bestimmungen zum Nachtheil des vorliegenden Gesetzent⸗ wurfs gereicht, möchte ich bezweifeln. Der vorliegende Gesetzentwurf spricht ganz allgemein, das preußische Regulagtiv stellt einen Begriff auf, der nirgends definirt ist, auch nicht zu definiren ist, der also mit andern Worten sagt: der Medizinalbeamte hat nach seinem Gutdünken zu befinden, wer nöthigenfalls zwangsweise geimpft werden soll, und wer nicht, Ich glaube, daß die Vorschrift, wie sie Ihnen hier vorgeschla⸗ gen ist, den Vorzug verdient. Die zwangsweise Impfung, die in dem 3. 55 des preußischen Regulasiv steht, haben Sie ersetzt durch eine Polizeistrafe.
Ich habe auf eine Diskussion der Materie eigentlich nicht ein— gehen wollen, indessen habe ich mich doch für verpflichtet gehalten, darauf aufmerksam zu machen, daß ein recht erheblicher Theil der Herren, die in diesem Hause sitzen, jeit dem Jahre 1835 unter der Herrschaft wenigstens ganz ähnlicher Bestimmungen leben wie diejeni⸗ gen, welche hier ins Leben treten sollen.
— Zu 5. 19 des Gesetzes bemerkte derselbe Bundesbevoll⸗ mächtigte:
Meine Herren! Was die zu diesem Paragraphen gestellten Amendements anbelangt, so darf ich annehmen, daß das Amendement, welches sich auf den Einführungstermin des Gesetzes bezieht, bei den verbündeten Regierungen kein Bedenken finden wird. Ueber das Amendement des Herrn Abgeordneten für Bochum, das auf Aufrecht⸗ erhaltung der bestehenden Vorschriften sich bezieht, welche die Schutzmaßregeln bei Ausbruch von Pockenepidemien Hetreffen, bin ich nicht in der Lage, mich im Namen der verbündeten Regierun— gen aussprechen zu können Dagegen glaube ich ganz benimmt mich gegen das Amendement des Hin. Abgeordneten für Meppen aussprechen zu müssen; nicht weil ich den darin ausgedrückten Gedanken für us richtig hielte — der Gedanke ist vollständig richtig — aber weil ich es für unrichtig halte, einen sich von selbst verstehenden Gedanken aus— zusprechen. Ich habe darüber meinerseits gar keinen Zweifel, daß, wenn das Gesetz, wie es aus der heutigen Berathung hervorgegangen ist, demnächst emanirt, die gesammte auf das Pocken⸗Impf— wesen sich beziehende Gesetzgebung der einzelnen Bundesstaaten ipso jure beseitigt ist. Ein Gesetz, welches die Ueberschrift hat „Impfgesetz“, welches feinem ganzen Inhalte nach die bestimmte Aufgabe hat, die ganze Materie, um die es sich handelt, zu regeln, ein solches Gesetz hebt nach Maßgabe der Reichsverfassung alle, die⸗ selbe Materie regeluden Landesgesetze von selbst auf. Ich würde es für durchaus unrichtig halten, diesem Gesetz einen solchen Zusatz anzu⸗ hängen, den wir bei einer großen Reihe anderer ganz analoger Gesetze nicht für nöthig gehalten haben.
Landtags⸗Angelegenheiten.
Magdeburg, 16. März. (W. T. B.) In der heutigen Ersatz⸗ wahl zum Abgeordneten hause an Stelle des verstorbenen Abgeordneten Kaufmann Zucschwerdt ist, nach dem vorliegenden offiziellen Wahl ergebnisse, Frofessor Heinrich von Sybel in Bonn einstimmig ge— wählt worden.
Statistische Nachrichten.
München, 13. März. Der Stand der Cholerakranken im hiesigen Militärlazareth vom J. bis 10. d. Mö. war: Verblieben waren 11 Kranke, hinzugekommen 4, mithin der Stand 15. Von diesen wurden 2 geheilt, 1 ist gestorben und 12 blieben in Behandlung, wo— von 5 in Rekonvaleszenz.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Wie die „N. H. Zig“ mirtheilt, ist am 14. d. M. der Astro⸗ nom Joh. Heinr. von Mädler in Hannover verstorben. ;
München, 14. März. An Stelle des verstorbenen Universitäts= Professors Dr Reisichl wurde der Professor an der Würzburger Uni⸗ versität, Dr. Wir thmüller, zum ordentlichen Professor der Moral hierselbst ernannt. ĩ k
— In der bekannten v. Millerschen Erzgießerei sind gegenwärfig vier bedeutende Monumente im Werke. Von dem Den k= mal des Königs Maximilian, dessen von Zumbusch hergestell— tes Modell auf der Wiener Weltausst (lung große Bewunderung er⸗ regte, ist die Hauptfigur zegossen. Der Kopf mit den Schultern, der in den Kriegsmantel gehüllte Leib, die Beine und die Arme sind befondere Gußftücke, aus welchen die Figur fpäter zusammengesetzt wird. Das Cifeliren und Poliren dieser Monumenttheile wird eben vorgenommen. Von den 4 Figuren, welche in sitzen der Haltung an.
die Ecken des Piedestals kominen, sind die Gestalten des Friedens,
der Weisheit und der Gerechtigkeit vollständia fertig; die Figur der Stärke wird demnächst gegossen werden. Das Denkmal, welches hier am Ende der Maximilianseraße zur Aufsteltung kommen und eine Höhe von 45 Fuß erreichen wird,, kann erst bis nächstes Jahr vollendet werden. Ven der NReiterstare des Generals Belivar, welche die Stadt Carracas herstesken läßt; sinR einzelne Theile Pereits gegoffen, von anderen ist der Guß vorbereitet. Wegen der Schwierigkeit des Transportes wird dieses 155. Fuß hohe Monument,
gewöhnlichen Anzahl von Theilen gegossen, welche am Orte der Auf⸗ stellung, dem Gipfel eines Berges bei der Stadt Carracas, nur zu- jammengeschraubt zu werden brauchen. — Ein weiteres Monument,
dem Autcenken der Gefallenen im setzlen amerikanischen Kriege ge⸗ Ye Das
Rogers verfertigt. Die Hauptfigur ist ein geflügelter Genius des Friedens, welcher einen Palmenzweig in der Hand trägt. An die vier Ecken des Piedestais, auf welchem er emporragen wird, kommen die elwa 12 Fuß hohen Figuren eines Infanteristen Kavalleristen, Artille= risten und Marinesoldaten zu stehen. Währezd rer Genius in schwe⸗ bender Haltung dargestellt ist und einen idenl verklärten Gesichlsaus⸗ druck tragt, sind die Fiauren der Soldaten äußerst charakteristisch und lebendig durchgeführt? — Enn viertes Monument ist nach Venedig be stint at und fte den Präfldenten Manin dar, welcher, den venet iani= fen Lewen zur Seite hat. Auch diesegs Denkmal wird in ein zemen