1874 / 64 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 16 Mar 1874 18:00:01 GMT) scan diff

Theilen gegossen. Kern und Mantel der Form, aus welcher die un— tere Partie des Menuments mit dem Löwen gegossen werden, befinden sich bereits in der Grube neben dem Gußofen. Der Guß wird in Kurzem vorgenommen werden.

Karlsruhe, 13. März. Dr. Josef Hermann Kroenlein, Chefredakteur der „Karlsruher Zeitung, ist gestern in Folge eines Herzschlages gestorben.

An Daud Pascha

Konstantinopel, 1. März. (K. Ztg-) Capufsa Skala vor dem Thore links am Ufer des Marmorameeres hat ein Derwisch, Namens Huffcin, einen Marm gr bod ausgegraben, welcher ein Basrelief in dem Umfange eines Quadratmeter zeigt: fünf menschliche Figuren und Hintertheil eines Pferdes. Es ist dies offenbar ein Fragment der Arcadiussäule, deren Piedestal, obschon durch 1 kalzinirt, noch auf dem Avret Bazar sichibar ist, Diese

äuse, welche von unten bis zum Kapitäl mit. Basreliefs, die Kriegsthaten Theodosius des Großen darstellend, geschmückt gewesen war, hat auch, nachdem die Turken Konstantinopel erobert hatten, noch dritthalb Jahr⸗ hundert unversehrt dagestanden, und erst zu Ende des 17. Jahrhunderts wurde sie zerstört. Die 1763 von Menestrier auf 18 Doppelfolio⸗ tafeln veröffentlichten Abbildungen der Säulen-QOrnamente waren keine Kopien, sondern freie Phantasieschöpfungen. Das hat Dr, Dethier dahier in seinem im vorigen Jahre bei Hölder in Wien erschienenen Schriftchen „Der Bosphor und Konstantinopel“ aufgestellt. Das neu aufgefundene Basrelief scheint die Richtigkeit seiner Behauptung zu bestãtigen.

In St. Peters burg verftarb in der Nacht vom 10. zum 11. d. Mts. der Kalserlich russische Geheime Rath und Mitglied der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Professor Jacobi, bekannt als Erfinder der Galvanoplastik (1840). Der Verstorbene war 1801 ö Potsdam geboren und war Mitglied der Berliner Akademie der

issenschaften sowie fast sämmtlicher wissenschaftlichen Akademien Europas. Im Jahre 1872 vertrat er die Kaiserlich russische Regie⸗ rung auf der internationalen Meterkonferenz in Paris.

Gewerbe und Handel.

Brüssel, 14. März. (W. T. B.) Die Nationalbank hat den Siskont von 4 auf 5 Prozent erhöht. Die heutige Gengral⸗ versammlung der Aktionäre der Brüsseler Bank beschloß die Ver⸗ theilung einer Dividende von 1J0 Prozent. Die Reserven betragen SoM 00 Fregz. .

London, 13. März. In der gestern stattgefundenen General⸗ versammlung der Aktionaͤre der Bank von England theilte der Gouverneur mit, daß der. Reingewinn für das vom 28. ult. endende Halbjahr 733,258 Lstr. betrug. Nach Zahlung einer Dividende von 3 Prozent würde ein Rest von 3033044 Lstr. verbleiben. Der Gonverneur fügte hinzu, daß von den 7,099 Lstr., welche die Bank im vorigen Jahre durch den ven ihr verübten großartigen Betrug verloren hatte, 73,420 Lstr. wiedererlangt worden seien, aber die Wiedererlangung des Gelbes, sowie die Prozedur gegen die Fälscher habe 46,419 Lstr. gekostet.

14. März. (W. T. B. Das Kauffahrteischif Queen Elizabeth“, mit Reis, Weizen, Häuten, Thee und 3588 Kisten Indigo von Kalkutta unterwegs, ist in der Nähe von Tarifg ge⸗ scheitert. Nach aus Glasgow in London eingegangener Meldung

hätten einige Besitzer von Hochöfen die Absscht, die Feuer aug⸗ gehen zu lassen und den Betrieb vorläufig einzustellen.

15. März. (W. T. B.) Die zur Untersuchung der Guanolager im Süden von Iquique (Peru) niedergesetzte Kom mission hat ihren Bericht erstattet. Nach demselben beträgt der Be—= Guanolagers über 10 Millionen Tonnen von der besten

ualitãt.

St. Petersburg, 15. März. (W. T. B.) In der heutigen Generalversammlung der Aktionäre der russischen Central Bo- den Kreditbank wurde die Vertheilung einer Dividende von 12 genehmigt und beschlossen, ein Reserpekavital von 130,000 Rubel, so⸗ wie eine Extrareserve von 170 000 Rubel zurückzulegen.

Verkehrs⸗Anstalten.

Berlin, 16. März. Zu der am 14. d. M. abgehaltenen Generalver- sammlung der Berlin -Dresͤdener Eisenbahn-Gesellschaft hatten sich 42 Aktionäre eingefunden, auf welche sich, in Vertretung eines Aktienkapitals von 5,546,000 Thlrn., 5540 Stimmen vertheilten.

Die Versammlung wurde von dem Vorsitzenden der Direktion, Geheimen Ober⸗Regierungs⸗Rath a. D. Heise geleitet. .

Als Vertreter der Staatsregierung war der Vorsitzende des König⸗ lichen Eisenbahn⸗Kommissariata, Regierungs⸗Rath Jonas anwesend. Zunächst erstattete das technische Mitglied det Direktion, Regierungs⸗Rath Dulon einen eingehenden Bericht über den Fortgang und die gegenwär⸗ tige Lage des Baurs der Bahn. Es ergab sich daraus, daß sogleich nach Ertheilung der Baukoncession der Bau der Bahn in energischer Weise in Angriff genommen und durch zweckentsprechende Dispositionen dergestalt gefördert worden ist, daß die Betriebscröffnung auf der gesammten Bahn erhebliche Zeit vor Ablauf der der Gesellschaft bewilligten Bau⸗ zeit in sichere Aussicht genommen werden kann. Die Versammlung nahm von diesen Mittheilungen mit Befriedigung Kenntniß. ;

Im Anschluß hieran theilte sodann der Vorsitzende mit, wie der Aufsichtsrath und die Direktion der Gesellschaft übereinstimmend der Ansicht seien, daß es für den ferneren Verlauf der Bauthätigkeit von vortheilhaftem Einfluß sein würde, wenn der mit der General Baubank abgeschlossene Bau⸗ Entreprise⸗Vertrag in der Weise modifizirt würde, daß der zur Zeit in Ausführung begriffene theilweise EntrepriseBau im Wesentlichen in einen Regie⸗Bau umgewandelt werde. Nachdem die daraus resultirenden Vortheile näher dargelegt und insbesondere her⸗ vorgehoben war, wie durch eine solchergestalt veränderte Bauausfüh— rung nicht nur eine Vereinfachung der Geschäfte, sondern in Folge dessen auch eine nicht unwesentliche Beschleunigung des Baues und eine noch sparsamere Verwendung der Baumittel erreich; und Garantie geboten werde, daß das Unternehmen mit Ausschluß jedes Bauunternehmergewinnes nur mit solchen Ausgaben belastet werde, welche wirklich auf das Unternehmen verwandt worden sind, gelangte ein Vertragsentwurf zur Verlesung, welcher zur Er— reichung dieses Zweckes zwischen der Direktion und dem Aufsichtsrathe der Gesellschaft, einerseits und der General Baubank andererseits, vorbehaltlich, der Zustimmung der General⸗ Versammlung abgeschlossen war. Die einzelnen Bestimmungen dieses Vertrages wurden näher erläutert und einige darauf bezügliche An⸗ fragen einzelner Aktionäre von den betreffenden Direktionsmitgliedern beantwortet, worauf einstimmig beschlossen wurde, dem Vertrage die beantragte Genehmigung zu ertheilen.

Bei der Wahl zweier Aufsichtsrathsmitalieder vereinigten sich sämmtliche Stimmen auf die Herren Kaufmann Julius Heese und Generaléagenten und Bankier von Viebahn, welche in der Ver⸗ sammlung anwesend, die Wahl annahmen. j

Triest, 15. März. (W. T. B.) Der Lloydd ampfer Saturn“ ist heute Nachmittag 55 Uhr mit der ostindischchinesischen Ueberland- post aus Alerandrien hier eingetroffen.

New York, 14. März. (W. T. B) Der Dampfer des nord⸗ ml. Lloyd „Ohio“ ist gestern Nachmittag 2 Uhr hier angze⸗ ommen.

Königliche Schauspiele.

Dienstag, 17. März. Opernhaus. (70. Vorstellung.) Die lustigen Weiber von Windsor. Komisch⸗phantastische Oper in 3 Akten. Musik von Nicolai. Frau Fluth: Ir. Mallinger. Frau Reich: Frl. Lammert. Falstaff: Hr. Fricke. Herr Fluth: Hr. Betz. Anfang 7 Uhr. Mittel⸗Preise.

Schauspielhaus. (75. Vorstellung.) Auf Begehren: Dorf und Stadt. Schauspiel in 2 Abtheilungen und 5 Akten von Ch. Birch⸗Pfeiffer. Lorle: Fr. Niemann⸗Raabe, als Gast. Anfang halb? Uhr. Mittel⸗Preise.

Dienstag, 18. März. Im Saal⸗Theater des Königlichen Schauspielhauses. Vierundyierzigste Vorstellung der französischen Schauspieler⸗Gesellschaft. Froisiòme représentation de: Christiane. Comédie en quatre actes, en prose (du théätre frangais), par Mr. Edmond Gondinet.

Mittwoch, 13. März. Opernhaus. (71. Vorstellung.) Zweites Gastspiel der italienischen Opern⸗Gesellschaft des Herrn Pollini, unter Mitwirkung der Sigra. Urban und des sigr. Marini, von der Kaiserlich italienischen Oper in St. Petersburg, sowie der Sigra. Derivis. Norma. Oper in 3 Akten. von Bellini. Anfang 7 Uhr. Hohe Preise.

Schauspielhaus. (76. Vorstellung.) Was ihr wollt! Lust⸗ spiel in 4 Akten von Shakespeare. Anfang 7 Uhr. Mittel⸗

Preise.

Es wird ersucht, die Meldekarten (sowohl zu den Opern⸗ haus⸗, wie zu den Schauspielhaus⸗-Vorstellungen) in den Brief⸗ kasten des Opernhauses, welcher sich am Anbau desselben, gegen⸗ über der Katholischen Kirche, befindet, zu legen.

Dieser Briefkasten ist täglich für die Vorstellungen des fol⸗ genden Tages nur von 10 bis 12 Uhr Vormittags geöffnet.

Die in den Königlichen Theatern gefundenen Gegenstände können von den Eigenthümern innerhalb 4 Wochen bei den Hauspolizei⸗Inspektoren Schewe (Opernhaus) und Hoff⸗ mei ster (Schauspielhaus) in Empfang genommen werden. Erfolgt die Zurückforderung der betreffenden Sachen in der angegebenen Frist nicht, so werden dieselben den Findern ohne Weiteres ausgehändigt.

Die Matinée im Königlichen Opernhause.

Die alljährlich gegen Ende der Saison stattfindende Matinse des engagirten Königlichen Theater⸗Chor ⸗Personals, an welcher sich wiederum die hervorragendsten Mitglieder der Königlichen Bühnen betheiligten, hatte gestern im Opernhause eine zahlreiche Zuhörerschaft, ver, fammelt. Das Konzert begann mit der Ouverture zu Ruy Blas von Mendelssohn, welche die Aecessistenklasse unter Lestung dez König— lichen Kapellmeisters Radecke ausführte. Dann folgten Gesangvor⸗ träge des Hrn. Krolop: Romanze aus „Nordstern“ von Meyer⸗ beer, des Frl. v. Bretfeld und Hrn. Diener: Duett aus „Romeo und Julie“ von Gounod. Der Konzertmeister de Ahna spielte das Adagio aus dem 9. Violinkonzert von Spohr, worauf zwei Liedervorträge des Frl. Lammert von AÄbt und Lassen felgten. Hr. Fricke im Verein mit den männlichen Mitgliedern des Chors sang die große Arie „O Isis und Osiris! aus Mozarts „Zauberflöte“. Den zweiten Theil leitete der Pianist Dr. Ed. Krause mit dem Vortrag einer

zaraphrase über den Hochzeitsmarsch und den Elfenreigen aus Mendel⸗ er Musik zum „Sommernachtstraum“ ein. Durch eine humoristische Plauderei im österreichischen Dialekt versetzte Fr. Frieb⸗Blumauer die uhßörer in die heiterste Stimmung. Frl. Lehmann jang unter Brchesterbegleitung eine Walzer-Arie von Ad. Mohr, Hr. Diener eine Arie aus „Iphigenie in Tauris“ von Gluck, Fr. Mallinger zwei Lieder: O, Sonnenschein!“ und „Guten Abend, gute Nacht!“ Hr. Niemann, der durch Heiserkeit verhindert war, wurde durch Fil, v. Bretfeld vertreten, welche mit einem Liede von Gumbert das Kon⸗ ert schloß. . ; CHleß maine wohnten Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz, Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Carl. und die Prinzessin Friedrich Carl nebst Prinzessinnen Töchtern, Marie und Elisabeth bei.

Das Schinkelfest.

Wie wir bereits gemeldet haben, feierte der Berliner Architekten⸗ verein am 13. . sein regelmäßig wiederkehrendes Schinkelfest, welches in diesem Jahre aber durch das damit verbundene Jubiläum des fünfzigjährigen Bestehens des Architektenvereins eine erhöhte Be—⸗ deutung erhielt. Diese zeigte sich auch äußerlich in der außerordent- sich lebhaften Betheiligung Seitens der wissenschaftlichen und künst: lerischen Kreise Berlins. Daß Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz der Feier beiwohnte, ist bereits von uns berichtet worden. Die höchsten Behörden waren in erster Linie durch die Staats⸗Minister Dr. Falk und Dr. Achenbach vertreten.

An die Worte, mit denen er die Versammlung begrüßte, schloß Baurath Hobrecht einen Ueberblick über die Geschichte des Vereins, der, aus kleinen, unscheinbaren Anfängen in einer regen, in ihren Mitteln beschränkten Zeit entstanden, gegenwärtig 1932 Mitglieder (gegen 971 im Jahre 1872) zählt, in seinen Listen überhaupt aber kaum Einen von allen Denen vermißt, die während der Zeit seines Bestehens als Meister Ruf und Ruhm erworben haben. Seine Ge—⸗ schichke datirt der Verein vom 3. April 1824, an welchem Tage 18 Berliner Architekten, oder, wie es in dem Berichte heißt, Conducteure“, zu wöchentlichen Donnerstatzs⸗Versammlungen zusammentraten. Von allen den bedeutenden Meistern, die ihm angehörten, sind Stüler und Knoblauch stets Leiter und Führer des Vereins geblieben, der sich schnell und gedeihlich entwickelte. Schon im Jahre 1826 wurde die Bibliothek und der Journalzirkel begründet und das Fremdenbuch für Gäste eingeführt. In der Geschichte des Vereins spiegelt sich die an Bewegungen reiche Zeit der letzten fünfzig Jahre wieder. Die Brücke, die Napoleon bei Mainz über den Rhein bauen wollte, dann wieder das Denkmal Blüchers und andere bedeutende Fakta erscheinen als Gegenstände der allwöchentlichen Vorträge. Ward auch in ihnen überwiegend alte und mittelalterliche Baukunst behandelt, so blieb doch auch keineswegs die gewaltige technische Entwickelung der Zeit unberücksichtigt. Es fehlen nicht Erörterungen über die Verwendung von Gas und Dampf und die dadurch bedingten technischen Fort— schritte; die Erfindung Daguerre's wird besprochen, dann 1836 zum ersten Male die Eisenbahn und später der elektrische Tele⸗ graph. 1863 wird von dem Transport der Truppen an die schleswig⸗holsteinische Grenze gehandelt und damit ein neueg, in den letzten Jahren der . Beachtung unterworfenes Gebiet der Technik zum ersten Male in die Verhandlungen hineingezogen. Daneben wuchsen die Mittel und die Zwecke des Vereing. Die Biblio⸗ thek repräsentirte 1533 schen einen Werth von 700 Thlr., heut ist sie, gewiß unter dem Werthe, mit 30000 Thlr. versichert. Wie sie die Studien der Mitglieder förderte, so thaten das auch die vom

Verein eingerichteten wissenschaftlichen Lehrkurse unter der Lei⸗ tung Hagens, Böttichers und Anderer. Immer mehr strebte der Verein dahin, eine Ergänzung der Bauakademie zu werden. Die erste seiner wissenschaftlichen Exkursionen wurde im Mai 1827 nach Freienwalde unternommen. In demselben Jahre entstanden die Monatskonkurrenzen. 1830 wurde der Fragekasten eingerichtet, 1832 begann die Herausgabe der „architektonischen Entwürfe“ und des „Notizblattes“, aus denen 1851 die „Zeiischrift für Bauwesen“ sich ent⸗ wickelte. Da dem Verein ein eigenes Domizil fehlte, so war er genöthigt, sein Versammlungslokal, das gegenwärtig in der Wilhelm⸗ straße 118 sich befindet, im Laufe der Zeit häufig zu wechseln. Am 9. August 1869 wurden dem Verein durch Allerhöchste Kabinetgordre Korporationsrechte verliehen. Der Etat, der 1834 nur 700 Thlr. betrug, hat sich gegenwärtig mehr als verzehnfacht. Aus den geselligen Festen des Vereins bildete sich allmählich das „Schinkelfest“ heraus, das am 13. März 1830 zum ersten Male gefeiert wurde; aber erst nach dem Tode Schinkels, und zwar seit 1845, wo Waagen die Festrede hielt, gewann es seinen heutigen Charakter. 1852 wurde mit ihm zum ersten Male die größere Schinkel⸗Konkurrenz verbunden, für welche 1855 Preise von 300 Thlr., 1856 solche von 190 Friedtichsd'or zum Zwecke einer Studienreise bewilligt wurden. Seinen Vortrag, aus dem wir nur die wesentlichsten der reichlich dargebotenen Daten mirzuthe:len ver⸗ mögen, schloß der Redner mit der Mahnung, festzuhalten an den Idealen, wie es der Verein stets gethan habe, wie in der Zeit, wo nur beschränkte Mittel der Kunst zu Gebote standen, so auch heut, u . n, Reichthum von Mitteln das Schaffen erweitert und erleichtert.

An diese letzten Worte knüpfte der Staats⸗Minister Dr. Achen⸗ bach an, als er den Siegern in der diesjährigen Konkurrenz die ihnen zuerkannten Preise überreichte, denen er einen um so höheren Werth 3 als sie, von anerkannten Meistern bewilligt, nur einer tüch—⸗ tigen Leistung zu Theil würden, deshalb aber auch mit desto größeren Nachdruck zu ernstem Weiterstreben aufforderten.

Hierauf hielt der Professor Dr. Grimm die Festrede über Schinkel als den Architekten der Stadt Berlin. Alle großen Männer, so führte der Redner aus, seien Organisatoren. Homer und Phidias hätten die Formen der alten Götter geschaffen, und so habe auch Michelangelo in seiner Stadt den Ausdruck seines Geistes hinterlassen. Er erfand die Architektur für das neue Rom, und durch seine Malerei und Plastik übte er einen Einfluß aus wie Keiner seit Phidias. Gleich ihm habe auch Schinkel auf die An— schauung zu wirken gestrebt; in den Bildern in der Säulenhalle des Museums habe er eine Philosophie der ersten Zeiten menschlicher Ent⸗ wickelung niedergelegt. Als aber der Fürst den Thron bestieg, unter welchem vielleicht seine Pläne in größerem Umfange zur That geworden wären, da sei Schinkel gestorben, und das Gewollte müsse deshalb bei ihm für das Vollendete genommen werden. Auch Atbrecht Dürer, der eine Stadt als Hauptstabt eines von ihm geträumten Königreichs entworfen, habe diese Stadt nicht ausgeführt, und doch reden wir von ihr, als ob sie existire. Das Rom, an das Michelangelo herangetreten, sei ein Gemisch aller architektonischen Formen gewesen.

Rafael gabe sich um die planmäßige Durchführung der Ruinen be⸗

müht, Michelangelo aber ein neues Rom hingestellt. Das Kapitol und die Petersburg trügen die Stempel seines Geistes; daneben falle das Andere wenig ins Gewicht, Noch heut stehe dieses Rom da, wie er es wollte; wer vom Kapitol darüber hinblicke, der habe eine Schöpfung Buonarotti's vor Augen. Niemals habe ein Anderer das erreicht; wesenlos erscheine dagegen Dürer's Wunsch, dessen Geist ebenso wie der Michelangelo's zum Großen strebte. Dücer habe keine Paläste vorgefunden, seine Stadt hatte einen anderen Charakter erhalten, für sie habe er sein Buch über Befestigung geschrieben und die ganze Stadt organisirt, die, selber ein idealer Gedanke geblieben, von ihm

wohl als Residenzstadt seines Vaterlandes gedacht worden sei. Für

die Umgestaltung der Stadt, die eg heut geworden, entwarf dann Schlüter jenen Plan, der, vom Schloßplatz als Centrum Berlins aus⸗ gehend, eine Schöpfung im Style Michelangelo's darstellte, dessen letzter echter Nachfolger er war, Aber auch sein Plan scheitente, Berlin vergrößerte sich ohne solche Regel. Friedrich Wilhelm III. führte in Berlin zahlreiche Bauten in den dreiß ger Jahren aus, aber bei ihnen galt es nicht, rh Werke als prächtige Denkmäler für die Nachwelt hinzustellen. ei der äußersten Sparsamkeit, die in jener Zeit geboten war, überwog die Idee des Nützlichen. Das Abmühen über unausgeführten Plänen ist ein Theil vom Ruhme Schinkels. In diesen Plänen faßte er sein Berlin auf wie Michelangelo. Großartige Entwürfe vlante er für den Westen der Stadt, während er das, was östlich vom Flusse liegt, un—

berührt ließ. Am Potsdamer Thor wollte er seinen mäch— tigen Siegesdom in gothischer oder, wie er sich ausdrückt, in vater ländischer Bauweise errichten. Eingeschlessen von dem Grün der Gärten, sollte er dort in der stillen Gegend auf einem mit Baum reihen umgebenen, mit einem Springbrunnen geschmückten Platze sich erheben, während nach der anderen Richtung hin zwischen dem Dön⸗ hofsplatz und dem Spittelmarkt ein Thurm in die Mitte der Straße vorspringen sollte, in dessen zahlreichen Entwürfen immer wie— der die Reminiscenz an Giotto's Glockenthurm hindurchklingt. Auf der Spitze dieses Bauwerks sollte die Gestalt des Erzengels Michael, weithin sichtbar, ihren Platz finden. Auch für die Sieges kirche auf dieser Seite der Straße sind die verschiedensten Pläne ent- worfen. Weiter nach Osten hin geht Schinkel nicht; denn der Ent⸗ wurf für die Umgestaltung des Rathhauses ist mehr als ein Nütz⸗ lichkeilsbau aufzufassen. Wohl aber hätte der Gensd'armenmarkt nach Schinkels Ideen ein anderes Aussehen erhalten, und vor Allem würden die Anbauten der dortigen Kirchen keseitigt worden sein. Dann faßte Schinkel den Durchbruch der Rranzösischen Straße ins Auge, wobei die Landesbibliothek an der Stelle des jetzigen Tele= raphenamtes ihren Platz finden und vor der Werderschen Kirche, die in ihrem schönsten Entwurf als ein korinthischer Tempel mischer Bauart und mit einer Kuppel erscheint, ein freier Platz ent— stehen sollte. An der Sch'oßbrücke sollten zwei kleinere Kirchen und auf dem Schloßplatz ein mächtiger Sieges⸗ brunnen mit der Gestalt der Borussia errichtet werden. Auf den Platz ferner, der Schinkels schönstes Bauwerk, das gleich der Goethe schen Iphigenie in glücklicher Verbindung des griechischen und des deutschen Geistes erzeugte Museum, trägt, wollte er auch das Denkmal Friedrich IL erbauen, das als eine Halle von drei Etagen, oben den Sieges⸗ wagen tragend, zwischen dem Schloß und dem Dom vor einem korin⸗ thischen Tempelbau sich erheben sollte, von dem Baumwerk umgeben, das in Schinkels Entwürfen überall eine bedeutsame Rolle spielt, Neben den italienischen Renaissanestyl, des Schlosses stellt Schinkel dies griechischrrömische Werk, charakteristisch für ihn, der jede Kon- struktion in sich abgeschlossen sehen wollte und von j der verlangte, daß sie sich in ihrem eigenthümlichen Charakter herausstelle. Für den Lustgarten entwirft Schinkel! noch den großartig gedachten Dom, dann ferner links am Museum dicht an der Brücke ven Neuem das Friedrichsdenkmal, das in verschiedenster Gestalt immer wieder⸗ kehrt, einmal auch als Säule mit Umgang in der Mitte der 8 zwischen der Universität und dem Opernhause, dann beschäftigt den Künst- ler das Projekt eines Palais für den, Prinzen von Preußen, des jetzigen Kaisers Majestät, nach welchem die Bibliomhek fallen, und hinter der Uni⸗ versitéat in einem der Bauakademie ähnlichen Gebäude wiedererstehen sollte. In anderen Projekten bildet sich die Idee zu dem Schlosse Drianda allmählich immer deutlicher heraus; dann wieder wird eine Ecke des Pariser Platzes in Aussicht genommen, wobei als Hauptsache die Einrichtung der Gärten erscheint, die bis zur Spree hin durch- schneiden, und die ganze Umgebung dem entsprechend parkmäßig ge⸗ dacht ist. Außer allen diesen Plänen bergen endlich Schinkels Wappen noch Entwürfe für vorstädtische Kirchen, für Thore der Stadt und für Anlagen des Thiergartens. Auch das Denkmal auf dem Kreuzberg erscheint neben dem projektirten mächtigen Siegestempel wie ein Bäumchen neben einem Walde von bundertjährigen Stämmen. Das Berlin, das Schinkels Geist erdachte, ist überall ein anderes, als wie es heut geworden. Eine andere Entwickelung hat jene ideale Anlage veller Ruhe und Frieden verdrängt, die aus Schinkels Plänen uns entgegen⸗ tritt als eine entzückende Schöpfung für Menschen, die, fern von dem aufregenden Treiben der großen Stadt, ihr stilles, festliches Dasein führen dürfen.

Zu der bereits am Sonnabend von uns gegebenen Notiz über den Verlauf des zweiten Theils des Festes haben wir noch hinzuzufügen, daß der Minister Dr. Achenbach bei dem Souper den Toast auf den Verein ausbrachte, und daß die allseitige Theilnahme an der Feier sich auch in den Glückwunschstelegrammen äußerte, die aus Straß⸗ burg, Cassel, Danzig, Erfurt, Lübeck und Bromberg, sowie von dem „Ausschuß der Studlrenden der Bauakademie“ und von dem Vor- stande des Vereins „Motiv“ einliefen und von dem Baurath Hobrecht verlesen wurden.

Redaktion und Rendantur: Schwieger.

Berlin: Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner.

Vier Beilagen (einschließlich Börsen⸗ und Handelsregister⸗Beilage Nr. 32.)

Musik

MW A.

Königreich Preußen.

Gesetz über die Beurkundung des Personenstandes und die Form der Eheschließung.

Vom 9g. März 1874.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen zc. verordnen mit Zustimmung beider Häuser des Landtages für den Um— fang der Monarchie, mit Auznahme des Bezirks des Apellations⸗ gerichts hofes y . und des Gebietes der ehemaligen freien Stadt Frankfurt g. M. was folgt:

Erster Abschnitt. Allgemeine Bestim mungen. S. 1. Die Beurkundung der Geburten. Heirathen und Sterbe⸗ fälle erfolgt ausschließlich durch die vom Staate bestellten Standes⸗ beamten mittelst Eintragung in die dazu bestimmten Register.

. In den Stadtgemeinden sind die Geschäfte des Standes⸗ beamten von dem Bürgermeister wahrzunehmen. Der Bürgermeister ist jedoch befugt, diese Geschäfte widerruflich einem Beigeordneten oder einem sonstigen Mitgliede des Gemeindevorstandes zu übertragen.

Auch können die Gemeindebehörden die Anstellung eines besonderen Standesbeamten beschließen. Derselbe wird in diesem Falle auf den Vorschlag des Gemeindevorstandes von dem Qber-Präsidenten ernannt.

Für jeden mit Wahrnehmung der Geschäfte des Standesbeamten . ist in gleicher Weise wenigstens ein Stellvertreter zu

estellen. .

Auf Beschluß des Gemeindevorstandes nach Anhörung der Ge⸗ meindevertretung können größere Stadtgemeinden mit Genehmigung des Ober-Präsidenten in mehrere Standesamtsbezirke getheilt werden.

§. 3. In den Landgemeinden erfolgt die Abgrenzung der Standes amtsbezirke und die Bestellung der Standesbeamten auf Vorschlag des Kreisausschusses (6. 130 ꝛc. der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872), und wo ein Kreisausschuß nicht besteht, nach Anhörung der Gemeindehehörden durch den Ober-Präsidenten.

Die Abgrenzung der Standesamtsbezirke erfolgt dergestalt, daß sie einen oder mehrere Gemeindebezirke umfassen; größere Gemeinden können in mehrere Bezirke getheilt werden. e.

Unter Zustimmung der betreffenden Stadtgemeinde kann eine Land— gemeinde oder ein Theil derselben einem . Standes amtsbezirke zugetheilt werden.

Die Bestellung der Standesbeamten erfolgt in allen Fällen auf Widerruf. Für jeden Standesbeamten werden ein oder mehrere Stell— vertreter bestellt.

Jeder Gemeindebeamte, insbesondere jeder Gemeindevorsteher (Bürgermeister c ist verpflichtet, für denjenigen Bezirk, zu welchem der Bezirk seines Hauptamtes gehört, das Amt eines Standesbeamten oder Stellvertreters zu übernehmen. Dieselbe Verpflichtung haben die besoldeten Vorsteher der aus mehreren Gemeinden eines Kreises zu⸗ sammengesetzten Verwaltungsbezirke (kommissarische Amtsvorsteher, Amtmänner, Hardesvoigte, Kirchspielvoigte 2c), mit Ausnahme jedoch der Amtshauptleut! in, der Provinz Hannover und der Amtmänner im Regierungsbezirk Wiesbaden.. e n n .

5. 4. In Stgdt- und Landgemeinden erlischt für Gemeinde und Bezirksbeamke die Bestallung zum Standesbeamten zugleich mit dem Verluste des Gemeinde⸗Amtes. Auf Vorschlag des Kreisausschusses oder, wo ein solcher nicht besteht, nach Anhörung der Gemeindebe⸗ hörden darf im Falle eines besonderen Bedürfnisses das Amt eines Standesbeamten vom Ober⸗Präsidenten statt der in §§. 2 und 3 ge⸗ nannten Gemeinde⸗ und Bezirksbeamten auch anderen Personen, jedoch nur mit deren Einwilligung, Geistlichen aber überhaupt nicht, über— tragen werden. .

§. 5. Gemeinde⸗ und Bezirksbeamte sind berechtigt, für Wahr— nehmung der Geschäfte des Standesbeamten von den zu dem Bezirke ihres Hauptamtes nicht gehörigen Gemeinden eine in allen Fällen als Pauschquantum , Entschädigung zu beanspruchen.

Die Festsetzung erfolgt in den Stadtgemeinden durch die Ge— meindevertretung, für die Landgemeinden durch den Kreisausschuß und, wo ein solcher nicht besteht, durch die Bezirksregierung (Landdrostei).

Beschwerden über die Festsetzung unterliegen der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, beziehungsweise bis zur Einrichtung eines solchen, des Ober⸗Präsidenten. Diese Entscheidung ist endgültig.

Bestellt in den Stadt⸗ oder Landgemeinden der Ober⸗-Prästdent andere Personen, als die in 5§. 2 und 3 genannten Gemeinde⸗ und Bezirksbegmten, so fällt die etwa zu gewaͤhrende Entschädigung der ,,, zur Last.

Die sächlichen Kosten werden in allen Fällen von den Gemeinden getragen; die Register und Formulare zu allen Registerauszügen wer—⸗ den jedoch den Gemeinden vom Staate kostenfrei geliefert.

Die den Standesbeamten zu gewährende Entschädigung, bezie⸗ , der Betrag der sächlichen Kosten, sind auf die einzelnen : i nittn Gemeinden nach dem Maßstabe der Seelenzahl zu ver—

eilen.

5. 64 Den Gemeinden und Gemeindevorstehern werden rücksicht⸗ lich der Bestimmungen ige Gesetzes die selbständigen Gutsbezirke und die Gutsvorsteher gleich geachtet.

. Als Stadtgemeinden im Sinne dieses Gesetzes sind im ehema— ligen Herzogthum Nassau, in den ehemals Großherzoglich und Land⸗ gräflich hessischen Landestheilen, sowie im ehemaligen ,, . he enzollern⸗ Sigmaringen bis zur erfolgten anderweiten Regelung der

emeindeverfassung alle Gemeinden mit 1500 und mehr Einwohnern zu betrachten. .

5. J. Die Aufsicht über die Amtsführung der Standesbeamten wird in den Landgemeinden des Geltungebereichs der Kreisordnung vom 13. Dezemher 1872 von dem Kreisausschuß und in höherer In⸗ stanz von dem Verwaltungsgericht geübt.

Außerhalb des Geltungsbereichs der Kreisordnung, sowie in den Stadtgemeinden treten an die Stelle des Kreisausschufses und Ver— waltungsgerichts die für die Aufsicht in Gemeindeangelegenheiten zu ständigen Behörden.

Lehnt der Standesbeamte die Vornahme einer Amtshandlung ab, so kann er dazu guf Antrag der Betheiligten durch das Gericht ange⸗ wiesen werden. Zuständig ist das Kollegialgericht erster Instanz, in der Provinz Hannover der kleine Sengt des Obergerichts, in dessen Bezirk der Standesbeamte seinen Amtssitz hat.

Das Verfahren und die Beschwerdeführung gegen die Verfügung des Gerichts regelt sich nach den Vorschriften, welche in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit gelten.

5. . Von j dem Standesbeamten sind drei Standesregister unter . ezeichnung Geburtsregister, Heirathsregister, Sterberegister zu ähren.

§. 9. Die Eintragungen in die Standesregister erfolgen unter fortlaufenden Nummern und ohne Abkürzungen. Unvermeidliche Zwischenräume sind durch Striche auszufüllen, die wesentlichen Zahlen⸗ angaben mit Buchstaben zu schreiben.

Die guf mündliche Anzeige oder Erklärung erfolgenden Eintra— gungen sollen enthalten: 1) den Ort und Tag der Eintragungen; ) die Aufführung der , , . 3) den Vermerk des Standesbeamten, daß und auf welche Weise er sich die Ueherzeugung von der Identität der Erschienenen verschafft hat; den Vermerk, daß die Eintragung den Erschienenen vorgelesen und von denselben genehmigt ist; 5) die Unterschrift der Erschienenen und falls sie schreibensunkundig oder zu schreiben verhindert sind, ihr in oder die Angabe des Grun⸗ des, us welchem sie dieses nicht beifügen konnten; 6) die Unterschrift des Standesbeamten. .

Die auf schriftliche Anzeige erfolgenden Eintragungen sind unter Angahe von Ort und Tag der Eintragung zu bewirken und durch die Unterschrift des Standesbeamten zu vollziehen.

Beilage

Montag, den 16. März

Zusätze, Löschungen oder Abänderungen sind am Rande zu ver⸗ merken und, gleich der Eintragung selbst, besonders zu vollziehen.

§. 10. Von jeder Eintragung in das Register ist von dem Standeg⸗ beamten an demselben Tage eine von ihm zu beglaubigende Abschrift in ein Nebenregister einzutragen.

Nach Ablauf des Kalenderjahres hat der Standesbeamte jedes Register unter Vermerkung der Zahl der darin enthaltenen Eintragun⸗ gen im Haupt⸗ und Nebenregister abzuschließen und das Nebenregister der Aufsichtsbehörde einzureichen; die letztere hat dasselbe nach erfolgter Prüfung dem Gericht zur Aufbewahrung zuzustellen.

Eintragungen, welche nach Einreichung des Nebenregisters in dem Hauptregister gemacht werden, sind gleichzeitig der Aufsichtsbehörde in beglaubigter Abschrift mitzutheilen. Die letztere hat zu veranlassen, daß diese Eintragungen dem Nebenregister beigeschrieben werden.

§. 115. Die ordnungsmäßig geführten Standesregister (88. 83 10) beweisen diejenigen Thatsachen, zu deren Beurkundung sie bestimmt und welche in ihnen eingetragen sind, bis der Nachweis der Fäl⸗ schung oder der Unrichtigkeit der Anzeigen und Feststellungen, auf Grund deren die Eintragung stattgefunden hat, erbracht ist.

Dieselbe Beweiskraft haben die Auszüge, welche als gleichlautend mit dem Haupt, oder Nebenregister bestätigt und mit der Unkerschrift und dem Dienstsiegel des Standesbeamten oder des zuständigen Gerichts beamten versehen sind.

Inwiefern durch Verstöße gegen die Vorschriften dieses Gesetzes über Art und Form der Eintragungen die Beweiskraft aufgehoben oder geschwächt wird, ist nach freiem richterlichen Ermessen zu beurtheilen.

.S. 12. Die Führung der Standesregister und die darauf bezüg—2 lichen Verhandlungen erfolgen kosten⸗ und stempelfrei.

Gegen Zahlung der nach dem angehängten Tarife zulässigen, von den Standesbeamten festzusetzenden und für die Kasse der betreffenden Gemeinden zu vereinnahmenden Gebühren müssen die Standesxegister Jedermann zur Einsicht vorgelegt, sowie beglaubigte Auszüge (8. 11) aus denselben ertheilt werden. In amtlichem Interesse und bei Un— vermögen der Betheiligten ist die Einsicht der Register und die Er— theilung der Auszüge gebührenfrei zu gewähren. = Jeder Auszug einer Eintragung muß auch die zu derselben ge— hörigen Ergänzungen und Berichtigungen enthalten.

Zweiter Abschnitt. Von den Geburtsregistern.

§. 13. Jede Geburt eines Kindes ist innerhalb einer Woche dem Standesbeamten des Bezirks, in welchem die Niederkunft stattgefunden hat, anzuzeigen. ; . .

§. 14. Zur Anzeige sind verpflichtet: I) der eheliche Vater; 2 die bei der Niederkunft zugegen gewesene Hebamme; 3) der dabei zugegen gewesene Arzt; 4) jede andere dabei zugegen gewesene Person; 5) derjenige, in dessen Wohnung oder Behausung die Niederkuͤnft er⸗ folgt ist; 6) die Mutter, sobald sie dazu im Stande ist.

Jedoch tritt die Verpflichtung der in der vorstehenden Reihen folge später genannten Personen nur dann ein, wenn ein früher ge— nannter Verpflichteter nicht vorhanden oder derselbe an der Erstattung der Anzeige behindert ist.

5§. 15. Die Anzeize ist mündlich, von dem Verpflichteten selbhst, oder 4. eine andere aus eigener Wissenschaft unterrichtete Person zu machen. ö

§. 16. Bei Geburten, welche sich in öffentlichen Anstalten (Ent— bindungs⸗, Hehammen⸗, Kranken⸗ Gefangenanstalten u. s. w.) ereig nen, trifft die Verpflichtung zur Anzeige ausschließlich den Vorsteher der Anstalt. Es genügt eine schriftliche Anzeige in amtlicher Form.

§. 17. Dem Standesbeamten bleibt überlassen, sich von der

Richtigkeit der Anzeige (5§. 13 16), wenn er dieselbe zu bezweifeln

Anlaß hat, in geeigneter Weise Ueberzeu ung zu verschaffen.

8 18. Die Eintragung des Geburtsfalles soll enthalten: 1) Vor— und Familiennamen, Stand oder Gewerbe und Wohnort des Anzei⸗ genden; 2) Ort, Tag und Stunde der Geburt; 3) das Geschlecht des Kindes; 4) die Vornamen des Kindes; 5) Vor- und Familiennamen, Religion, Stand oder Gewerbe und Wohnort der Eltern.

Bei Zwillings⸗ oder Mehrgehurten ist die Eintragung für jedes Kind besonders und so genau zu bewirken, daß die Zeitfolge der ver— schiedenen Geburten ersichtlich ist.

Standen die Vorngmen des Kindes zur Zeit der Anzeige noch nicht fest, so sind dieselben nachträglich und längstens binnen zwei Monaten nach der Geburt anzuzeigen. Ihre Eintragung erfolgt am Rande der ersten Eintragung. .

§. 19. Wenn ein Kind todt geboren oder in der Geburt ver— storben ist, so muß die Anzeige spätestens am nächstfolgenden Tage geschehen. Die Eintragung ist alsdann mit dem im 5§. 18 unter 6 i—3 und 5 angegebenen Inhalte nur im Sterberegister zu machen.

. 20. Wer ein neugeborenes Kind findet, f verpflichtet, hiervon spätestens am nächstfolgenden Tage Anzeige bei der Ortspolizeibehörde zu machen. Die letztere hat die erforderlichen Ermittelungen vorzu— nehmen und dem Standesbeamten des Bezirks von deren Ergebniß behufs Eintragung in das Geburtsregister Anzeige zu machen. z

Die Eintragung soll enthalten die Zeit, den Ort und die Um— stände des Auffindens, die Beschaffenheit und die Kennzeichen der hei dem Kinde vorgefundenen Kleider und sonstigen Gegenstaͤnde, die kör— perlichen Merkmale des Kindes, sein vermuthliches Alter, sein Ge⸗ schlecht, die Behörde oder die Person, bei welcher das Kind unter— gebracht worden, und die Namen, welche ihm beigelegt werden.

§. 21. Das Anerkenntniß der Vaterschaft zu einem unehelichen Kinde darf in das Geburtsregister nur dann eingetragen werden, wenn der Anerkennende 2 vor dem Standesbeamten oder in einer ge— richtlich oder notariell aufgenommenen Urkunde abgegeben hat.

§. 2. Veränderungen, welche sich nach Eintragung der Geburt in den Standesrechten eines Kindes ereignen (Feststellung der Vater⸗ schaft zu einem unehelichen Kinde, Legitimation, Adoption u. s. w.), sind auf den Antrag eines Betheiligten am Rande der über den Ge— burtsfall vorgenommenen Eintragung zu vermerken, wenn der rechtliche Vorgang, welcher der Veränderung zum Grunde liegt, durch of : Urkunden nachgewiesen wird.

§. 23., Wenn die Anzeige eines Geburtsfalles über drei Monate verzögert wird, so darf die Eintragung nur mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde nach Ermittelung dez Sachverhalts erfolgen.)

Die Kosten dieser Ermittelung sind von demfenigen einzuziehen, welcher die rechtzeitige Anzeige versäumt hat Dritter Abschnitt. Von der Form der Gheschlüeßung

und den Heirathsregistern.

5§. 24. Innerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes rann eine bürgerlich gültige Ehe nur in der durch dieses Gesetz vorgeschriebenen Form geschlossen werden. .

Die religiösen Feierlichkeiten einer Eheschließung dürfen erst nach Schließung der Ehe vor dem Standesbeamten stattfinden (85. 337 des

Strafgesetzbuchs). 83

25. Für den Abschluß der Ehe ist der Standesbegmte zu⸗ ständig, in dessen Bezirk einer der Verlobten seinen Wohnsitz hat oder sich gewöhnlich aufhält. Unter mehreren zuständigen Standesbeamten haben die Verlobten die Wahl.

Eine nach den Vorschriften dieses Gesetzes geschlofsene Ehe kann nicht aus dem Grunde angefochten werden, weil der Standesbeamte, welcher zu deren Abschlusse mitgewirkt, nicht der zuständige gewesen ist.

26. Auf schriftliche Ermächtigung des zuständigen Standes. beamten darf die Eheschließung auch vor dem Standesbeamten eines anderen Orts stattfinden.

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

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Für die Anordnung desselben ist jeder Standesbeamte zuständig, vor welchem nach 5. 25 Abs. 1 die Ehe geschlossen werden kann.

8 28. Vor Anordnung des Aufgebots sind dem Standesbeamten (5. 27) die zur Eheschließung gesetzlich nothwendigen Erfordernisse als vorhanden nachzuweisen. .

Inibesondere haben die Verlobten in beglaubigter Form beizu⸗ bringen: 1) ihre Geburtsurkunden; 2) die zustimmende Erklärung der⸗ jenigen Personen, deren Einwilligung nach dem Gesetze erforderlich ist. Der Beamte kann die Beibringung dieser Urkunden erlassen, wenn ihm die Thatsachen, welche durch n felbie festgestellt werden sollen, persönlich bekannt oder jonst glaubhaft nachgewiesen sind. Auch kann er von unbedeutenden Abweichungen in den Urkunden, beispielsweise von einer verschiedenen Schreibart der Namen, oder einer Verschieden—⸗ heit der Vornamen absehen, wenn in anderer Weise die Identität der Beth ilizten festgestellt wird.

Der Bearüte ist berechtigt, den Verlobten die eidesstattliche Ver⸗ sicherung über die Richtigkeit der Thatsachen abzunehmen, welche durch die vorliegenden Urkunden oder die sonst beizebrachten Beweismittel ihm nicht als hinreichend festgestellt erscheinen.

§. 29. Das Aufgebot muß bekannt gemacht werden; I) in der Gemeinde, oder in den Gemeinden, woselbst die Verlobten ihren Wohnsitz haben; 2) wenn einer der Verlobten seinen gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb seines gegenwärtigen Wohnsitzes hat, . in der Gemeinde seines jetzigen Aufenthalts und, wenn er seinen Wohnsitz innerhalb der letzten 3 Monate gewechselt hat, auch in der Ge— meinde seines früheren Wohnsitzes.

Die Bekanntmachung muß die Vor⸗ und Familiennamen, den Stand oder das Gewerbe und den Wohnort der Verlobten und ihrer Eltern enthalten.

Sie ist während zweier Wochen an dem Raths⸗ oder Gemeinde—⸗ hause, oder an der sonstigen, zu Bekanntmachungen der Gemeinde⸗ behörde bestimmten Stelle auszuhängen.

§. 30. Ist eine der Orte, an welchem nach §. 29 das Aufgebot bekannt zu machen ist, außerhalb Preußens belegen, so ist an Stelle des an diesem Orte zu bewirkenden Aushanges die Bekanntmachung auf Kosten des Kutranstellers einmal in ein Blatt einzurücken, welch es an dem ausländischen Orte erscheint oder verbreitet ist. Die Ehe—⸗ lichtes ist nicht vor Ablauf zweier Wochen nach dem Tage der

1usgabe der betreffenden Nummer des Blattes zulässig.

Es bedarf dieser Einrückung nicht, wenn eine Bescheinigung der betreffenden ausländischen Ortsbehörde dahin beigebracht wird, daß ihr von dem Bestehen eines Ehehindernisses nichts bekannt sei.

§. 31. Kommen Ehehindernisse zur Kenntniß des Standes beamten, so hat er die Schließung der Ehe abzulehnen.

Einsprachen, welche sich auf andere Gründe stützen, hemmen die Schließung der Ehe nicht.

§. 32. Soll die Ehe vor einem anderen Standesbeamten als demjenigen geschlossen werden, welcher das Aufgebot angeordnet hat, so hat der letztere eine Bescheinigung dahin auszustellen, daß und wann das Aufgebot vorschriftsmäßig erfolgt ist, und daß Ehehinder⸗ nisse nicht zu seiner Kenniniß gekommen sind.

§. 33. Eine Befreiung vom Aufgebot kann in allen Fällen durch Königliche Dispensation erfolgen; in dringenden Fällen kann der Vorsttzende der Aufsichtsbehörde eine Abkürzung der für die Be⸗ kanntmachung bestimmten Fristen (88. 29, 30) gestatten und bei vor⸗ handener Lebensgefahr von dem Aufgebote ganz entbinden.

Wird eine lebensgefährliche Krankheit, welche einen Aufschub der 4 nicht gestattet, ärztlich bescheinigt, so kann der Standes⸗ . (G. 25, Abs. I) auch ohne Aufgebot die Eheschließung vor⸗ nehmen.

§. 34. Das Aufgebot verliert seine Kraft und muß wiederholt werden, wenn seit dessen Vollziehung sechs Monate verstrichen sind, ohne daß die Ehe geschlossen worden ist,

§. 35. Die Ehe wird dadurch geschlossen, daß die Verlobten in Gegenwart von zwei Zeugen vor dem Standesbeamten persönlich ihren Willen erklären, die Ehe mit einander eingehen zu wollen, daß diese Erklärung vom Standesbeamten in das Heirathsregister eingetragen und daß die Eintragung von den Verlobten und von dem Standes⸗ beamten vollzogen wird.

§. 36. Als Zeugen sollen nur großjährige Personen zugezogen werden. Verwandtschaft und Schwägerschaft zwischen den Betheiligken und den Zeugen, oder zwischen den Zeugen unter einander steht deren Zuziehung nicht entgegen.

§. 37. Die Eintragung in das Heirathsregister (Heirathsurkunde) soll enthalten: 1) Vor⸗ und Familiennamen, Religion, Alter, Stand oder Gewerbe, Geburts⸗ und Wohnort der die Ehe eingehenden . 2) Vor⸗ und Familiennamen, Stand oder Gewerbe und

ohnort ihrer Eltern; 3) Vor⸗ und Familiennamen, Alter, Stand oder Gewerbe und Wohnort der zugezogenen Zeugen; I die Erklärung der Verlobten. .

Ueber die erfolgte Eheschließung ist den Eheleuten sofort eine Be⸗ scheinigung auszustellen.

8. 38. Ist eine Ehe getrennt, für ungültig oder für nichtig er— klärt worden, so hat das Ehegericht zu veranlassen, daß dies auf Grund einer mit der Bescheinigung der Rechtskraft versehenen Aus⸗ fertigung des Urtheils am Rande der Heirathsurkunde vermerkt werde.

ViertersAbschnitt. Von den Sterberegistern.

§. 39. Jeder Sterbefall ist spätestens am nächstfolgenden Tage dem Standesbeamten des Bezirks, in welchem der Tod erfolgt ist, an⸗ zuzeigen.

F. 40. Zu der Anzeige verpflichtet ist das Familienhaupt, be⸗ ziehungsweise die Wittwe, und wenn ein solcher Verpflichteter nicht vorhanden oder an der Anzeige behindert ist, derjenige, in dessen Woh⸗ nung oder Behausung der Sterbefall sich ereignet hat.

. 41. Die S5. 15 —17 kommen auch in Beziehung auf die Anzeige der Sterbefälle zur Anwendung.

Findet eine amtliche Ermittelung über den Todegfall statt, so erfolgt die Eintragung auf Grund der schriftlichen Mittheilung der zuständigen Behörde.

. 42. Die Eintragung des Sterbefalles soll enthalten: 1) Vor⸗ und Familiennamen, Stand oder Gewerbe und Wohnort des An— zeigenden; 2 Ort, Tag, und Stunde des erfolgten Todes; 3) Vor⸗ und Familiennamen, Religion, Alter, Stand oder Gewerbe, Wohnort und Geburtsort des Verstorbenen; 4 Vor⸗ und Familiennamen seines Ehegatten, oder Vermerk, daß der Verstorbene ledig gewesen sei; 5 Vor und Familiennamen, Stand oder Gewerbe und Wohnort der Eltern des ö ;

8. 43. Ohne Genehmigung der Ortspolizeibehörde darf keine Beerdigung vor der Eintragung des Sterbefalles in das Sterberegister stattfinden. Ist die Beerdigung dieser Vorschrift entgegen geschehen, so darf die Eintragung des Sterbefalles nur mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde nach Ermittelung des Sachverhalts .

Fünfter Abschnitt. Von der Beurkundung des Personen⸗ standes der auf der See befindlichen Personen.

S. 44 TL-Geburten, und Sterbefälle, welche sich auf Seeschiffen während der Reise ereignen, sind nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens am nächstfolgenden Tage nach der Geburt oder dem Todes- falle von dem Schiffer, unter Zuziehung von zwei Schiffsofftzieren oder anderen laubhaften Personen, in dem Tagebuche zu beurkunden. Bei Sterbefällen ist zugleich die muthmaßliche Ursache des Todes zu vermerken.

§. 45. Der Schiffer hat zwei von ihm beglaubigte Abschriflen

§. 27. Der Schließung der Ehe soll ein Aufgebot vorhergehen. ver Urkunden demjenigen Seemannsamte, bei dem es zuerst geschehen