1874 / 106 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 06 May 1874 18:00:01 GMT) scan diff

verbunden und mit preußischen und deutschen Fahnen beflaggt waren; zu beiden Seiten derselben waren die Mannschaften des Regiments in je 6 Kompagnien mit der Regiments⸗Mufik und den BalaillonsMufiken aufgestellt. Unter den Klängen der ruffischen Nationalhymne ging Se. Majestät der Kaiser die Fronten ab, sprach dann mit einem Feldwebel und mehreren Leuten und begab Sich in die Gesellschaftsrãume des Regiments. Im Vorder⸗ raume war in einem Gebüsch von Palmen eine Büste des Ersten Chefs des Regiments Kaiser Alexander J. aufgestellt; zu beiden Seiten stand ein Ehrenposten. Im Speisesaale war eine lange Frühstückstafel servirt, auf der einen Seite saßen der Kaiser, der Kronprinz, die Großfürsten, die Prinzen, die Generale, theils als direkte Vorgefetzte, theils als frühere Regimentsangehörige; auf der andern Selte die beiden Obersten, die Stabsoffiziere und Haupt⸗ leute des Regimentes und die Commandeure des Kürasster⸗ Regiments Nr. 6 und des Brandenburgischen Ulanen⸗Regiments Nr. 3. In einem zwelten Speisesaal war die Tafel der Offi⸗ ziere, vom Hauptmann ab, für frühere Regiments kameraden, die Aerzte und Zahlmeister gedeckt

Den ersten Toast brachte Se. Majeftãt der Kaiser Alexander auf Se. Majestät den Kaiser und König aus, einen zwei⸗ ten auf das Regiment selbst. In dem anderen Speisesaale wieder⸗ holte der General⸗Sntendant, Major von Hülsen, als ältester Regimentskamerad den Toast Sr. Majeflãt des Kaisers Alexander auf des Kaisers und Königs Majestät Die Toaste beant⸗ wortete der Commandeur des Regiments Oberst von Wussow mit einem Trinkspruch auf den Allerhöchsten Chef Kaiser Alexander II. Wahrend der Tafel spielte die Regimentsmuftk; nach Auf⸗ hebung derselben begab Sich Se. Majestät der Kaiser Alexander in den Speisesaal zu den jüngeren Offizieren begrũßte dieselben, und, in den fleinen wohlgepflegten Garten hinaustretend, besichtigte Allerhöchstderselbe das mit Blumen bekrãnzte Denkmal, auf dem die Namen der Gefallenen des Re⸗ gimentß vom Jahre 184849 an bis zu dem deutsch⸗ franzöfischen Kriege eingetragen stehen. ;

Unter den Hurrahrufen der Offiziere und Mannschaften verließ der Kaiser unter dem Ausdruck Allerhöchstseines Dankes mit der Begleitung die Kaserne und begab Sich nach dem russischen Bot⸗ schaftshotel, wo aus Anlaß der Verlobung Sr. Kaiserlichen He heit des Großfürsten Wladimir mit Ihrer Hoheit der Herzogin Marie von Mecklenburg ein feierliches Tedeum celebrirt wurde, dem der Faiser mit den Beiden Söhnen, die Großherzoglich mecklenburg⸗ schwerinsche Familie und der Botschafter mit den Herren und Damen der Botschaft beiwohnte.

Die Familientafel fand Nachmittags bei Ihren Kaiserlichen

und Königlichen Hoheiten dem Kronprinzen und der Kron⸗ prinzeffin stalt und war im blauen Saale zu 25 Couverts ervirt. ; Abends um 9 Uhr erfolgte die Abreise Sr. Majestät des Kaisers Alexander nach Stuttgart vom Anhalter Bahnhofe aus. In den Königs⸗Gemächern desselben hatten Sich zur Verabschie⸗ dung versammelt Ihre Majestät die Kaiserin⸗Königin, Ihre Kai⸗ serlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kron⸗ prinzessin, Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog, die Großherzogin und die Großherzogin⸗Mutter von Mecklenburg⸗ Schwerin, Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prin⸗ zessin Carl, der Prinz und die Prinzessin Friedrich Carl, die Prinzessinnen Marie und Elisabeth, der Prinz August von Württemberg und der Erbgroßherzog von Mecklenburg⸗ Schwerin, Ihre Hoheiten die Herzogin Marie von Mecklenburg, die Prinzessin Narie von Sachsen⸗Meiningen, der Herzog Paul von Mecklenburg, der Erbprinz von Sachsen⸗ Meiningen und Se. Durchlaucht der Prinz Friedrich von Hohen⸗ zollern, die General⸗Feldmarschälle, die General⸗ und Flügel⸗ Adjutanten, der Ehrendienst des Kaisers und der Großfürsten, der Ober⸗Stallmeister Graf Pückler, und der Vice⸗Ober⸗Stallmeister von Rauch, der Polizei⸗Präsident von Madai, der russische Bot⸗ schafter von Oubril mit dem gesammten Botschaftspersonal und den Damen desselben.

Se. Majestãt der Kaiser und König hatten Se. Majestät den Kaiser Alexander vom russischen Botschaftshotel abgeholt. Nach den Beiden Kaisern traten die Beiden Großfürsten in die Versammlung, von der Sich Se. Majestät der Kaiser Alexander und Se. Kaiserliche Hoheit der Großfürst Alexis Alexandrowitsch in herzlichster Weise verabschiedeten.

Se. Majestãt der Kaiser und König und sämmtliche Prinzen, sowie die ganze Suite gaben Sr. Majestãt dem Kaiser Alegander und dem Großfürsten Alexis Alexandrowitsch das Geleit bis zu dem Kaiserlichen Salonwagen, worauf nach nochmaliger herzlicher . der Beiden Souveräne die Abreise der Hohen Gãäste

olgte.

Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute militärische Meldungen entgegen, empfingen den Besuch Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen, dem⸗ nãchst Allerhöchstihren General⸗Adjutanten, General der Infanterie v. Boyen und Flügel⸗Adjutanten Obersten Prinzen Reuß und verabschiedeten Allerhöchstsich auf dem Hamburger Bahnhof von den Großherzoz lich mecklenburgischen Herrschaften und dem Groß⸗ fürsten Wladimir.

Ihre Majestät die Kaiserin⸗Königin verab⸗ schiedete Sich gestern Abend von Sr. Majestãt dem Kaiser Alex⸗ ander auf der Eisenbahn. Allerhöchstdieselbe reist heute Abend zum Kurgebrauch nach Baden ab und wird daselbst bis zum 15. Juni verweilen.

Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin wohnten am Montag Vormittag dem auf dem Tempelhofer Felde vor Sr. Majestäͤt dem Kaiser von Rußland stattfindenden Exerciren bei. Nachmittags ertheilte Se. Kaiserliche Hoheit dem Ober⸗Prãäsi⸗ denten a. D. Ir von Senfft⸗Pilsach Audienz. Beide Höchste

chaften nahmen um 5 Uhr am Diner im Kaiserlichen

ais Theil und erschienen daselbst Abends zur Soirée, nach⸗

dem Se. Faiserliche Hoheit der Kronprinz noch vorher die Vor⸗ stellung im Friedrich ⸗Wilhelmftädtischen Theater besucht hatte.

Vormittag um 196 Uhr begab Sich Se. Kaiserliche

und Königliche heit der Kronprinz in der Begleitung Sr.

Majestãt des Raisers zu Pferde nach dem russischen Botschafts⸗

und von dort mit Sr. 2 dem Kaiser Alexander

zur Parade des Brandenburgischen Kürassier⸗Regiments nach

dem Königsplatz.

Nach der Rücklehr folgte Se. aiserliche Hoheit der Ein⸗ ladung des Offizier⸗Corps des Faiser Alexander Garde⸗Grenadier⸗

iments zum Dejeuner in der Kaserne dieses Regiments und

um 2 Uhr Nachmittags einem Gottesdienst in der Ka⸗

pelle des russischen Botschafts⸗ Hotels bei Um 5 Uhr RNach⸗ fand im Kronprinzlichen Palais Familien⸗Diner statt.

tijchen Bahnhofe, wohnte darauf dem Schluß der Vorstellung im Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Winter⸗Theater bei und kehrte mit dem 11 Uhr⸗Zuge nach Potsdam zurück. x

Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Kron⸗ prinzessin wohnte gestern Vormittags mit Ihrer Majestät der Faiserin⸗K’önigin der Parade auf dem Königsplatz bei. Nachmittags ? Uhr besuchte Höchstdieselbe die Wadczek⸗Anstalt, war Abends 9 Uhr mit Ihrer Hoheit der Prinzessin Marie von Sachsen⸗Meiningen bei der Abreise des Kaisers von Rußland auf dem Anhaltischen Bahnhofe anwesend und kehrte um 10 Uhr nach dem Neuen Palais bei Potsdam zurück.

Sr. Majestãt dem Kaiser und König sind von den Vertretern der Stãdte Treptow a. d. Toll., Strelitz, Neu⸗ Strelitz, Stargard i. Mecklenb. und Fürstenberg i. Mecklenb. Dankschreiben für die Absicht der preußischen Staatsregierung, als Hülfe zum Zustandekommen der Berliner Nordbahn eine Staatsgarantie für die von der Nordbahn⸗Gesellschaft aufzu⸗ nehmende Prioritãts⸗Anleihe durch den Landtag zu bringen,

unterbreitet worden.

Der Bundesrath, der Ausschuß für Zoll⸗ und Steuerwesen und die vereinigten Ausschüsse für das Landheer und die Festungen und für Seewesen hielten heute Sitzungen.

Im ferneren Verlaufe der gestrigen Sitzung des Hau ses der Abgeordneten, welcher noch die Staats⸗Minister Graf zu Eulenburg und Dr. Achenbach beiwohnten, wurde die zweite Berathung des Gesetzes, betreffend die Verwaltung erledigter katholischer Bisthümer, fortgesetzt und zwar zunächst 5. 4 angenommen.

§. 5 lautet:

Kirchendiener, welche auf Anordnung oder im Auftrage eines staatlich nicht anerkannten oder in Folge gerichtlichen Erkenntnisses aus seinem Amte entlassenen Bischofs, oder einer Persen, welche bischöfliche Rechte oder Verrichtungen den Vorschriften dieses Gesetzes zuwider ausübt, oder eines von diesen Personen ernannten Vertreters Amis - handlungen vornehmen, werden mit Geldstrafe bis zu 100 Thlr. oder mit Haft oder mit Gefängniß bis zu einem Jahre, und wenn auf Grund eines solchen Auftrages bischöfliche Rechte oder Verrichtungen aus- geübt sind, mit Gefängniß von sechs Monaten bis zwei Jahren bestraft.“

Derselbe wurde nach einigen kurzen Bemerkungen der Abgg. Biesenbach, Kalle und Dr. Röckerath und des Referenten Abg. Dr. Gneist angenommen.

§. 6. Wenn die Stelle eines Bischofs in Folge Erichtlichen Urtheils erledigt worden ist, hat der Ober- Präsident das Dom kapitel zur sofortigen * eines Bisthumsverwesers (Kapitelsvikare) aufzufordern. Erhält der Ober ⸗Präsident nicht innerhalb zehn Tagen Nachricht von der zu Stande gekommenen Wahl, oder erfolgt nicht binnen weiteren vierzehn Tagen die eidliche Verpflichtung des Gewählten, so ernennt der Minister der geistlichen Angelegen⸗ heiten einen Kommissarius, welcher das dem bischöflichen Stuhle gehörige und das der Verwaltung desselben oder des jeweiligen Bischofs unterliegende bewegliche und unbewegliche Vermögen in Verwahrung und Verwaltung nimmt. Zwangsmaßregeln, welche erforderlich werden, um das Vermögen der Verfügung des Kom- missars zu unterwerfen, trifft der Ober. Präsident. Derselbe ist befugt, schon vor Ernennung des Kommissars und selbst schon bei Erlaß der Aufforderung an das Domkapitel das im Vorstehenden bezeichnete Vermögen in Verwahrung zu nehmen und die hierzu er= forderlichen Maßregeln nöthigenfalls zwangsweise zu treffen,“

wurde, nachdem sich der Abg. Sarrazin dagegen erklärt hatte, in namentlicher Abstimmung mit 266 gegen 92 Stimmen an⸗ genommen. . .

§S. 7. -Die Bestimmungen des §. 6 finden gleichfalls Anwen- dung I) wenn in einem Falle, in welchem die Stelle eines Bischofs in Folge gerichtlichen Urteils erledigt ist, der Bisthumsverweser aus seinem Amte ausscheidet, ohne daß die Einsetzung eines neun staatlich anerkannten Bischofs stattgefunden hat, und 2) wenn in anderen Fällen der Erledig ng eines bischöflichen Stuhls bischöfliche Rechte oder Verrichtungen von Persenen ausgeübt werden, wel den Exfordernissen der 55. 2 und 3 nicht entsprechen;“

wurde nach einer kurzen Bemerkung des Abg. v. Mallinckrodt und einer Gegenbemerkung des Abg. Dr. Gneist angenommen.

Ohne Diskussion wurde angenommen §. 8. -Die Bestimmungen des §. 6 über die Bestellung eines Kom-

missarius zur Verwaltung des dort bezeichneten Vermögens, sowie

über die Beschlagnahme dieses Vermögens finden ferner in allen

Fällen Anwendung, wenn ein erledigter bischöflicher Stuhl nicht

innerhalb eines Jahres nach der Erledigung mit einem staatlich

anerkannten Bischefe wiederbesetzt ist. Der Minister der geistlichen

Angelegenheiten ist ermächtigt, die Frist zu verlängern.“ ;

Fg Wlautet nach den Beschlüssen der Kommission:

Die Verwaltungsbefugnisse des Bischofs gehen auf den Kommissarius

über. Die Kosten der Verwaltung werden aus dem Vermögen

vorweg entnommen. Der Kommissarius vertritt den bischösflichen

Stuhl oder den Bischof als solchen in allen vermögengrechtlichen

Beziehungen nach . Er führt die dem Bischof zustehende obere

Verwaltung und Aufsicht über das kirchliche Vermögen in dem bischõflichen Sprengel. einschließlich des Pfarr, Vikarie⸗ Kaplanei- und Stiftungsvermögens, jowie über das zu kirchlichen Zwecken be⸗ stinmte Vermögen aller Art. Der Kommissarius wird Dritten gegenüber durch die mit Siegel und Unterschrift versehene Ernen⸗ nungs- Urkunde auch in den Fällen legitimirt, in welchen die Gesetze eine Spezial- Vollmacht oder eine gerichtliche, notarielle oder ander weit beglaubigte Vollmacht erfordern.“

An der Diskussion über denselben betheiligten sich die Abgg. Dr. Windthorst (Meppen) und Dr. Gneist und der Regiernngs⸗ Kommissar Ministerial⸗Direktor Dr. Joerster. Der 5. 5 wurde angenommen.

S. 10 lautet:

Die Verwaltung des Kommissars endet, sobald ein in Gemäß heit der Vorschriften dieses Gesetzes gültig bestellter Bisthums verweser (Kapitelsvikar) die Bisthume verwaltung übernimmt, oder sobald die Einsetzung eines staatlich anerkannten Bischofs stattgehabt hat. Der Komm ssarius ist für seine Verwaltung nur der vorge⸗ setzten Behörde verantwortlich, und die von ihm zu legende Rech- nung unterliegt der Revifion der Königlichen Ober⸗Rechnunge kammer in Gemäßheit der Vorschrift des *. 10 Nr. 2 des Gesetzes vom 27. Mãrz 1872. Eine anderweite Verantwortung oder Rechnungs⸗ legung findet nicht statt.⸗

Nachdem sich die Abgg. v. Mallinckrodt und Dr. Dindthorst (Meppen) gegen, die Abgg. Dr. Virchow und Dr. Gneist für den Paragraphen erklärt und der Ministerial⸗Direktor Dr. Foerster sich gegen ein Amendement des Abg. Dr. Virchow erklärt hatte, wurde der Paragraph angenommen. Desgleichen ohne Diskussion 5. 11:

Der Ober Präsident bringt die nach den Vorschriften dieses Gesetzes erfolgte Bestellung des Bisthumsverwesers, sowie die Er⸗ nennung des Kommissars unter Angabe des Tages, an welchem ihre Amtsthätigkeit begonnen hat, ingleichen das Erlöschen der Amts- thätigkeit und den Tag desseiben durch den Staats- Anzeiger, sowie durch sämmtliche Amté⸗ und Kreisblätter, welche in dem bischöf⸗ 36 9 erscheinen, zur öffentlichen Kenntniß.“ un . 3

Die Anwendung der §5§. 6— 11 wird dadurch nicht augge⸗ schloffen, daß das Domkapitel für die Dauer der eli en. 8 bischõflichen Stuhles einen besonderen Vermögeneverwalter (Deko- nomen) bestellt oder selbst die Verwaltung übernommen hat, oder daß eine besondere bischöfliche Behörde fur dieselbe besteht.“

In der heutigen (60) Sitzung des Abgeordneten- hauses, welcher am Ministertisch der Staats⸗Minister Dr. Falk mit mehreren Kommissarien beiwohnte, wurde zunächst der Ein- gang zweier Vorlagen mitgetheilt: ein Gesetzentwurf, betreffend die im Jahre 1375 vor Feststellung des Staatshaushalts⸗Etats zu leistenden Staats ausgaben, und ein Staatsvertrag mit Med⸗ lenburg⸗Schwerin. Dann setzte das Haus die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Verwaltung erledigter katholischer Bisthümer, fort.

13 (nach der Fassung der Regierungsvorlage):

546 in den Fällen der 85. 6 und 7 3 n mn der ge⸗

setzten Frist die Wahl eines Bisthumgsverwesers zu Stande, oder erfolgt nicht binnen weiterer vierzehn Tage die eldliche Verpflich- tung des Gewählten, so verfügt der Minister der geistlichen Ange⸗ legenheiten die Einbehaltung der zum Unterhalt der Mitglieder des wahlberechtigten Domkapitels bestimmten Staatemittel, bis ein Bisthumsverweser nach den Vorschriften dieses Gesetzes gültig be⸗ stellt oder ein staatlich anerkannter neuer Bischof eingesetzt ist.

Der Minister ist jedoch befugt, einzelnen Mitgliedern des Dom-

fapitels das Staatsgehalt fortzahlen zu lassen.“

rief eine längere Debatte hervor, an welcher sich der Staats⸗Minister Dr. Falk und der Regierungs⸗Kommissar Appellationsgerichts⸗Prä⸗ sident Dr. von Schelling, die Abgg. Schröder (Lippstadt), v. Sybel und Dr. Gneist betheiligten. 5. 13 wurde darauf gänzlich gestrichen. Zu den §8§. 14 bis 16, die in der Debatte vereinigt wurden, sprach der Abg. Dr. Windthorst (Meppen), dem bei Schluß des Blattes der Regierungs⸗Kommissar Mi⸗ nisterial⸗Direktor Dr. Foerster antwortete. ? .

Der General⸗Lieutenant und Commandeur der 9. Di⸗ vision von Rauch, sowie der General⸗Lieutenant und Com⸗ mandeur der 17. Division, Freiherr von Schlotheim, haben sich in ihre Garnisonen Glogau resp. Schwerin zurückbegeben.

Der General⸗Major von Krenski, bisher Comman⸗ deur der 7. Feld⸗Artillerie⸗Brigade, welcher vor Kurzem unter Versetzung zu den Offizieren à la suite der Armee mit der Uniform des Brandenburgischen Feld⸗Artillerie⸗Regiments Nr. 3 (General⸗Feldzeugmeister) Corps⸗Artillerie, behufs Uebernahme des Kommandos der 13. (Königlich Württembergischen) Artil⸗ lerie Brigade kommandirt und zum General⸗Major befördert worden, ist aus diesem Anlaß zur Abstattung persönlicher Mel⸗ dungen von Münster hier eingetroffen.

Der General⸗Major von Biehler, beauftragt mit Wahrnehmung der Geschäfte der General⸗Inspektion des Ingenieur⸗ Corps und der Festungen, hat sich zur Inspizirung einiger Festungen und Pionier⸗Bataillone nach außerhalb begeben.

Der General⸗Arzt des Garde⸗Corps und Leibarzt Sr. Majestãt des Kaisers und Königs, Professor Dr. von Lauer, hat sich mit einem mehrwöchentlichen Urlaub nach der Schweiz begeben.

Bayern. München, 4. Mai. Die bayerischen Bevoll⸗ mächtigten beim deutschen Bundesrath, Staats ⸗Minister Dr. von Fäustle und Ministerial⸗Rath von Riedel, sind heute Vormittags aus Berlin hierher zurückgekehrt.

Nach Wiederbeginn der Sitzungen der Kammer der Abgeordneten in kommender Woche wird zunächst die vor⸗ läufige Berathung über den vom Abgeordneten von Schlör be⸗ antragten Gesetzentwurf bezüglich des Ankaufs der bayeri⸗ schen Ost bahnen auf die Tagesordnung gestellt werden.

Sachsen. Dres den, 5. Mai. Die Zweite Kamm er beschäftigte sich gestern in einer Abendsitzung zunächst mit dem Bericht der Finanzdeputation Abtheilung B. über das regel⸗ mäßig in Höhe von 140,000 Thlr. im außerordentlichen Budget wiederkehrende Postulat zur planmäßigen Fortsetzung der Elb⸗ stromkorrektions bauten. Hierbei rief eine Petition des Vorstands des sächsischen Schiffervereins, welcher die Bewilligung einer größeren Summe zur rascheren Förderung jener Korrektions⸗ bauten bezweckt, eine Diskussion hervor. Die Kammer beschloß jedoch die Petition auf fich beruhen zu lassen und die Summe in der postu⸗ lirten Höhe zu bewilligen. Ohne Debatte wurde alsdann der Pensions⸗ und Wartegel dererhöhungen betreffende Gesetzentwurf mit den von der Deputation im Einverständniß mit der Regierung bean⸗ tragten Zusätzen angenommen, wonach den Hinterlassenen der vor dem 1. Januar 1874 verstorbenen Staatsdiener die gesetz⸗ lichen Pensionen vom 1. Januar 1874 ab mit einem, nach der Höhe der Pension abgestuften Zuschlage von 20 bis 10 Prozent gewährt werden sollen. Im Anschluß daran wurde der Pen⸗ sionsetat ohne Debatte bewilligt.

In ihrer heutigen Sitzung beschloß die Kammer auf An⸗ trag derselben Deputationsabtheilung die Regierung zu ermäch⸗ tigen, der Leipziger Handelskammer zu den Kosten der Vorar⸗ beiten für eine Kanalverbindung der Stadt Leipzig mit der Elbe einen Beitrag von 3000 Thlr., dem Elster⸗Saalekanalver⸗ ein zu Leipzig zu den von ihm vorzunehmenden Vorarbeiten eventuell einen solchen von 1000 Thlr. zu gewähren. Als⸗ dann beschäftigte sich die Kammer mit einer langeren Reihe von Petitionen um Errichtung von Güterstationen, Anlage von Haltestellen ꝛcc. Es fand darüber eine mehr als zweistündige Diskussion statt, da fast alle diese Wünsche ihre eingehende Be⸗ fürwortung in der Kammer fanden.

Württemberg. Stuttgart, 3. Mai Der Prinz Wilhelm von Württemberg ist heute zum Besuche der Königlichen Familie hier eingetroffen. Die Großfürstin Con⸗ stantin von Rußland ist seit zwei Tagen mit ihren beiden Söhnen hier anwesend.

Außer den Kaiserlich russischen Herrschaften und der be⸗ reits vor einiger Zeit hier eingetroffenen Erbgroßherzogin von Sachsen werden zu den bevorstehenden Vermählungsfeierlichkeiten noch folgende Fürstliche Gäste hier erwartet;: Prinz August von Württemberg, der Herzog und die Herzogin Eugen Erd⸗ mann mit ihrer Tochter, der Herzogin Pauline von Württem berg, der Erbgroßherzog von Sachsen, der Prinz Wilhelm von Baden mit Gemahlin, die Prinzessin Marie, geb. Prinzessin von und deren Bruder, der Herzog Sergei von Leuch⸗

g.

Die Reihe der Festlich keiten, welche aus Anlaß der bevorstehenden Vermählung des Herzogs Wilhelm Eugen von Württemberg mit der Großfürstin Vera von Rußland in Aussicht genommen sind, soll am Montag den 4. Abends mit einem auf der Königlichen Wilhelma eröffnet werden. Darauf findet am Dienstag Abend dem Hohen Brautpaare zu Ehren im großen Saale des Königsbaues eine dramatische Aufführung mit lebenden Bildern, von Herren und Damen der Hofgefellschaft veranstaltet, statt. Mittwoch, den 6. Mai, erfolgt die Ankunft des Kaisers von Rußland; Abends

Abends si n Se. Taieri . zur Berab⸗ schiedung St 2 2 , e,.

Schluß 41 Uhr.

ist im Königl. Hoftheater Galavorstellung, der die ganze Königl. Familie mit ihren Gãsten anwohnen wird, und . —— 2

werden. Am Donnerstag, als am Vorabend des Vermählungsfestes, bringen die Nitglieder des hiefigen Liederkranzes dem Hohen Brautpaare im, Schloß⸗ hofe eine Serenade. Die Trauung selbst ist auf vreitag den 3. Mai festgesetzt und wird zuerst nach dem Ritus der griechisch⸗ latholischen Kirche in der russischen Kapelle, sodann nach dem der evangelischen Kirche im Weißen Saale des Königlichen Re⸗ sidenzsch osses vollzogen, worauf die hohen Neuyermaͤhlten noch am gleichen Tage si

zum Besuche der Eltern des werden. . Der König und die Königin haben aus Anlaß der bevorstehenden Vermählung ihrer Richte, der Sroßfürstin Vera, Kaiserlichen Hoheit, der Centralleitung des Wohlthãtigkeits vereins die Summe von 2000 fl. aus ihren Privatmitteln zugewiesen.

4. Mai. Der Minister der Jamilien⸗ Angelegenheiten des Königlichen Hauses, der Justiz und der auswärtigen Angelegen⸗ heiten, v Mittnacht, ist nach Abschluß der Berathung der Reichs ⸗Juflizgesetzs im Justizausschuß des Bundesraths, am 2. Mai Nachmittags hierher zurũckgekehrt.

Heute ist die staatsrechtliche mmission der Kam⸗ mer der Abgeordneten zusammengetreten, um den Bericht über die auf die Landessnyno de bezuglichen Königlichen Ver⸗ ordnungen zu berathen. Die Verhandlungen werden mehrere Tage in Anspruch nehmen. Auf den 11. d. M. ist die Kom⸗ miffion für außerordentliche Militãrbedũürfnisse zur Be⸗ rathung der Berichte über die Gesetzesentwürfe, betreffend die Ver⸗ willigung der erforderlichen Mittel zu Vollendung des Retablissements in engerem Sinn und den außerordentlichen Bedarf für Bauten und Beschaffungen zu Ergänzung der Garnisonseinrichtungen einberufen; die Dauer ihrer Sitzungen wird sich gleichfalls auf mehrere Tage erstrecken. Der Wiederzusammentritt der Ständeverfammlung, welcher in der Hauptsache nur die Erledigung der bei der Vertagung vom 31. Januar l. J. nicht mehr zum Abschluß gekommenen Gegenstände obliegen wird, kann dem St. A. f. W. zufolge nicht wohl vor dem 18. d. M. erfolgen; die muthmaßliche Dauer ihrer Sitzungen ist auf vier bis fünf Wochen zu berechnen.

Baden. Baden, 3. Mai. Auf der Durchreise von Schloß err wo am 28. April ihre Trauung stattgehabt hatte befinden sich seit einigen Tagen Herzog Karl Theodor in Bayern, Sohn des Herzogs Map in Bayern, und seine Gemahlin, Prinzessin Rariag Josepha von Braggnza, Tochter des verstorbenen Dom Miguel von Portugal, in hiesiger Stadt. Die Hohen Herrschaften sind im englischen Hofe abge— stiegen. Ihr Besuch gilt der Schwester des Herzogs, der hier verweilenden Gräfin Trani.

Mecklenburg. Schwerin, 5. Mai. Die Groß⸗ herzoglichen Herrschaften werden morgen mit dem Groß⸗ fürsten Wladimir von Rußland gegen 5i r Uhr Nach⸗ mittags mittelst Extrazuges von Berlin hier eintreffen.

Den „Meckl. Anzeigen“ entnehmen wir Folgendes:

„Mit Bezug auf die Rachricht von der Verlobung Ihrer , Herzogin Marie mit Sr. Kaiserlichen Hoheit dem

3 ,. Wladimir von Rußland haben verschiedene Blätter die Mittheilung gebracht, die Herzogin habe, als der Großfürst im Jahre 1872 zuerst um fie geworben, die von russischer Seite,; der dortigen Tradition gemäß, zugleich gestellte Anforderung des Ueber- tritts zur griechischen Kirche abgelehnt, es sei aber aber neuerdings diese Anforderung von russischer Seite aufgegeben, so daß die Herzogin auch als russische Großfürstin demnächst bei ihrem evangelisch⸗luthe= rischen Bekenmnisse verbleiben werde. Sicherem Vernehmen nach ift diese erfreuliche Mittheilung begrändet, indem es den von Sr. Majestät dem Kaiser Alexander veranlaßten entgegenkemmenden Bemühungen auf russischer Seite gelungen ist, in diesem Falle die Schwierigkeiten zu besestigen, welche bisher die Tradition der Ver- mählung russischer Großfürsten mit evangelischen Prinzessinnen entgegen⸗ gestellt hat. Unrichtig ist dagegen die Mittheilung anderer Blätter, es habe die Verlobung durch Prokuratien vermitteist einer namhaft gemachten driften Persönlichkeit stattgefunden. Vielmehr ist, wie die gestrige amtliche Bekanntmachung besagt, die Verlobung hier am 3. Mai unmittelbar nach der Ankunft des Großfürsten geschlossen, und nur die Proklamation derselben hat erst am folgenden Tage in Berlin in Gegenwart Sr. Majeftät des Kaisers von Rußland statt⸗ gefunden. .

Sachen ⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 2. Mai. (Fr. J) Aus den beiden letzten Sitzungen des Landtags ist als bemerkenswerth Folgendes zu notiren: Die Etatsüber⸗ schüsse sollen von der nächsten Finanzperiode an in Einnahme gestellt werden; das Steuergesetz auf die Jahre 18715 –- 77 ward angenommen, der Steuerfuß, wie seither, mit 17 Pfennigen vom Thaler, oder 34 von der Mark, genehmigt; für die Staats⸗ diener wurden die höheren Besoldungen schon mit dem nächsten 1. Juli bewilligt, für die Geistlichen und Lehrer ward jedoch diese Begünstigung abgelehnt; die WittwenpensiBn soll kuͤnftig nicht unter 100 Mark, sonst den fünften Theil der Besol⸗ dung des Verstorbenen, betragen; die begehrten Beiträge zur Unterstũtzung armer Gemeinden bei Schulbauten wurden bewilligt, eben fo 250 Thlr. pro 1874 zur Ausbildung von Lehrerinnen.

Anhalt. Dessau, 4. Mai. Die Herzogin Karoline von Mecklenburg-Strelitz wird mit dem heutigen Abend⸗ zuge die Stadt wieder verlassen. Der dritte Sohn des Her⸗ zogs, Prinz Eduard, der vor einigen Tagen von Ballenstãdt zum Besuch hier eintraf, hat Krankheitshalber seine Abreise verschoben, befindet sich jedoch in der Besserung.

Am 7. d. M. wird General v. Blumenthal zur In⸗ spizirung der Truppen hier eintreffen.

sondere Einladungen erg

unächst nach Friedrichshafen und sodann w . nach Schlesien begeben

Oe sterreich ungarn. Wien, 4. Mai. Der Kaiser ist gestern Abend nach Budapest abgereist. Das Reichs gesetz blatt veröffentlicht die Konzessions⸗

Urkunde vom 30. Dltober 1373 für die Lokomotiv⸗Eisenbahn

Falkenau⸗Graßlitz. ;

, ; r euti Sitzung des Ab geordnetenhauses erklärte in Erwiderung auf die Interpellation betreffs der finanziellen Krifis der Finanz⸗Minister, daß es der Regierung willkommen sei, vor der Vertagung des Reichsrathes nochmals ihre Stellung zur Krisis darzulegen. Die Abnahme der Konsumtion und die damit verbundene Stockung in einzelnen Produktions⸗ zweigen seien theils eine natürliche Rückwirkung der au dem Effektenmarkt herrschenden Krifis, theils eine Folge wiederholter Mißernten nnd außerdem noch dadurch wesentlich verschärft, daß viele auswärtige Verkehrsgebiele das Schickjal gleich ungünstiger Wirthschaftsverhãltnisse mit uns theilten Es sei unmöglich, daß man mit den Mitteln, welche einer Staatsgewalt zur Verfügung stehen, einer Krisis Stillstand gebieten könnte, welche aus dem Zusammentreffen so verschiedenartiger Ursachen hervorging. In⸗ soweit ein Eingreifen des Staates besonders behufs der Vermeh⸗ rung der Kreditgewährung und Befõrderung der Bauthãtigkeit,

funden. Die Regierung sel unablässig bemüht, die gesetzlich ge⸗ —— e , ,. und Staatsbauten möglichst bald auszuführen. Falls gegen Erwarten eine Stockung der Arbeits⸗ thãtigkeit größere Dimenstonen annehmen sollte, werde die Re⸗ gierung alle durch die Umstände gebotenen Maßregeln einleiten. Wenn die Nachfrage nach Salinenscheinen nicht namhaft nach⸗ ließe, würde die Regierung eine weitere Zinsfußermãßigung ein- treten lassen. Auf Grund des Dezembergesetzes seien zunãchst 16 Vorschußkassen mit einer Dotation von 10 600 000 Gulden errichtet worden. Namhafte Beiträge seien dadurch dem Handel und Gewerbe zugeführt, außerdem habe die Regierung auf an⸗ derem Wege noch weit bedeutendere Summen flüssig gemacht. Die Regierung begreife vollkommen den Ernst der wirthschaft⸗ sichen Situation, könne sich aber auch nicht verhehlen, daß, wäh⸗ rend früher durch die Ueberschätzung der Kapitalskraft und die Anpreisung aller Werthe auf die Leichtgläubigkeit des Pu⸗ blikums hin gesündigt wurde, nunmehr eine Unterschätzung der wirthschaftlichen Kraft und ein ungjerechtsertigtes Miß— trauen in die allgemeine Kreditwürdigkeit eingetreten sei, welches von gewinnsüchtigen Spekulanten ausgebeutet werde. Die Re⸗ gierung werde fernerhin die Entwickelung der õkonomischen Ver⸗ hältnifse mit offenem Auge und warmem Herzen verfolgen, und wenn sie sich auch nicht berufen fühle, die Schäden, welche Ein⸗ zelne durch verfehlte Spekulationen erlitten hätten, auf Kosten der Gesammtheit zu heilen, so werde sie im Sinne des Kaiser⸗ lichen Handschreibens vom 28. Februar d. J. sich möglichst be⸗ streben, die wirthichaftlichen Bedrängnisse zu lindern. Die Ausführungen des Finanz⸗Ministers wurden beifällig aufgenom⸗ men. Im weiteren Verlaufe der Sitzung ward der Antrag des Abg. Dr. v. Plener, über diese Beantwortung der Inter⸗ pellation morgen die Debatte zu eröffnen, mit 126 gegen 70 Stimmen abgelehnt.

Im weiteren Verlaufe der heutigen Sitzung des Abgeord—⸗ netenhauses stellte der Abg. Dr. Heilsberg den Antrag, daß die Wahl der Mitglieder der Delegation künftig aus dem ganzen Haufe statt aus den einzelnen Laͤndern vorgenommen werden solle.

Pest, 3. Mai. Die Abendausgabe der „Pester Correspon⸗ denz meldet: Der Marineausschuß der ungarischen Dele⸗ gation authenticirte den Bericht, demgemäß der Ausschuß als unbedecktes Gesammterforderniß der Marine für 1875 10 002.916 Fl. (um 762,144 Fl. weniger als für 1874) zu votiren be⸗ antragt.

Das Fünfer⸗Subcomité des Heeresausschusses ungari⸗ schen Delegation beantragte, bei den Titeln 19 bis 16 des Extra⸗ ordinariums zusammen M26. 300 Fl. zu streichen. .

Der Heeres ausschuß hielt eine fünfstündige Sitzung, erledigte die Titel 3 bis 12 des Extraordingriums und beantragte, im Extraordinarium bisher zusammen 1,6644 300 Fl. zu streichen

4. Mai. Das Abgeordnetenhaus verweigerte, dem Antrage des Immunitätsausschusses gemäß, die Auslieferung der Abgeordneten Becze und Graf Haller.

Sodann wurden der Gesetzentwurf über Aichung der See⸗ schiffe unverändert angenommen und die rücktändigen Para— graphe der Notariats vorlage verhandelt. Bei den 55. 2 und ?, welche die Sprachenfrage bei Notariatsurkunden betreffen, bean⸗ tragte der Centralausschuß die Zuläsfigkeit auch anderer Landes⸗ sprachen als der ungarischen. Ein Minoritätsvotum wũnschte den ausschließlichen Gebrauch der ungarischen Sprache. Nach längerer Debatte wurde der Ausschußantrag, von Bonds amen⸗ dirt, angenommen.

Im Oberhau se wurden Gesetze publieirt.

Schweiz. Bern, 1. Mai. In Chur starb am 28. v. M. der ehemalige Sonderbunds⸗General J Ü. v. Salis⸗Soglio im Alter von 84 Jahren. Geboren 16. März 1790, war er zuerst zum Kaufmann bestimmt, entschied fich aber dann für die militãrlsche Laufbahn, trat in bayerische Dien ste und machte unter Wrede die Feldzüge von 1813 und 1814 mit. Bei Hanau und Brienne zeichnete er sich aus. 1815 trat er als Hauptmann eines Schweizer⸗Regiments in holländische Dienste, welche er 1840 als Generalmajor verließ. Er wurde hierauf eidgenössischer Oberst. 1847 übernahm er, obgleich Protestant, den Oberbefehl über die Sonderhunds⸗Armee. .

St. Gallen, 29. April. Das Organisations⸗Comitéè des schweizerischen Schützenfestes sagt, der Karlsruher Ztg. zufolge, in seiner Einladung an die deutschen Schützen zum eid⸗ genössischen Schützenfeste in St. Gallen: .

St. Gallen, die Ihren Gauen zunächst gelegene schweizerische Stadt, hegt die frehr Hoffnung. am diesjährigen Schůũtzenfeste eine Fefonders starke Zahl deutscher Schützen in ihren Mauern begrũßen zu können. Nicht des blos äußerlichen Umstandes nächster Nachbar schaft wegen bauen wir zuversichtlich auf zahlreichen Zuzug vom Reiche her, nein, unsere Erwartung stützt sich auf einen tieferen Grund. Bei der hoben Bedeutung des großen Kulturkampfes, welche Las in einem ewig denkwürdigen Kriege geschaffene und seither durch weise Bundesgesetze kon⸗ folidirte Deutsche Reich mit wahrheits und freiheitsscheuen, finsteren Mächten aufgenommen hat, und nachdem auch die schweizerische Eidge noffenschaft berufen erscheint, an diesem Kampfe Theil zu nehmen, ist es zum wahren doppelten Bedürfnisse der deutschen und schweizerischen Schützen geworden, sich neuerdings zusammen zu finden und sich zu scharen unter die gemeinsame Fahne. Diese Fahne ist es, deutsche Schützenfreunde, welche wir in St. Gallen aufhifsen. So kommt denn Und taufcht ein gegen das unsrige Euer Manneswort, das unver= brüchliche, daß wir zusammenhalten und ausharren wollen wie treue Bundesgeneffen im Kampfe für die Geistesfreiheit und alle schönen Errungenschaften moderner Kultur!

Niederlande. Haag, 29. April. Im Hafen von Vlissingen langte, von Nicolajeff kommend, am 26. d Die russische Dampfjacht „Lipadia“, an deren Bord der Kaiser von Rußland sich nach England begeben wird, an. Das Kriegs⸗ dampfschiff Franklin“ von der Flotte der nordamerikanischen Union wird nebst noch mehreren Kriegsschiffen der Vereinigten Staaten ehester Tage auf der Rhede von Vlissingen erwartet.

Großbritannien und Irland. London, 4 Mai. Die Königin kam heute in Begleitung ihrer . Tochter von Schloß Windsor nach London, wo sie im Buckinghampalast abstieg und bis Mittwoch verweilen wird.

Wie der „Morning Post“ aus Dublin mitgetheilt wird, ist, nachdem der Herzog und die Herzogin von Sdinburgh die Einladung des Herzogs von Abercorn zu einem Besuͤche Irlands während des kommenden Herbstes an⸗ genommen haben, auch Ihrer Majestät von dem Statthalter eine Einladung zugegangen.

5. Mai. (G. T. B.) Ueber den von Lord Russell schon vor längerer Zeit angekündigten, in der gestrigen Sitzung bes Oberhauses verhandelten Antrag betreffs Vorlegung der diplomatischen Korrespondenz über Verhandlungen der Konti⸗ nentalmächte zur Aufrechterhaltung des europäischen Friedens wird weiter berichtet: Lord Russell wünschte über die Verhãltnisse der europãijchen Staaten zu einander und die Ab⸗ fichten Englands, namentlich aber darüber unterrichtet zu sein,

eines vorũbergegangenen oder als die Vorboten eines neu her⸗

aufziehenden Sturmes zu betrachten habe. Lord Russell nahm

Bezug auf die vom Feldmarschall Moltke im Deutschen

Reichstage gethane Aeußerung, „dasjenige was Deutsch⸗

land in einem halben Jahre mit den Waffen errungen

habe, das möge es ein halbes Inhrhundert mit den Waffen

schũtzen, damit es nicht wieder entrissen werde. Redner

fügte hinzu, daß nach den ihm zugekommenen Mittheilungen die

französische Armee vom höchsten Marschall bis zum niedrigsten

Soldaten Revanche für dasjenige wolle, was sie als eine Spo⸗

lüirung des französischen Gebietes betrachte. Seien alle diese

Dinge als die Anzeichen eines neu herannahenden Sturmes an⸗

zusehen, so sei es wünschenswerth, zu wissen, ob die englische

Regierung bereit sei, Maßregeln zu treffen, durch welche der

Frieden erhalten werden könnte. Er (Redner) sei überzeugt,

daß der Einfluß Englands im europäischen Rathe so groß sei,

daß es in seiner Macht stehe, den allgemeinen Frieden aufrecht

zu erhalten. Er nehme an, daß England bereit sei, alle ver⸗

tragsmäßigen Verpflichtungen seinen Alliixten gegenüber zu er⸗

füllen, und hoffe, England werde allen ihm zu Gebote stehenden

Einfluß zur Erhaltung des Friedens aufbieten, falls die Gefahr

einer Störung desselben bestehe.

Lord Derby erwiderte, es sei schwierig, in allgemeinen

Wendungen und Ausdrücken einen so wichtigen Gegenstand zu

erörtern. Allein die Verantwortlichkeit seiner Stellung mache es

ihm zur Pflicht, nur in sehr allgemeinen Ausdrücken und unter großer Reserve eine Antwort zu geben. Was etwaige politische Verwickelungen in einer weiter hinaus liegenden Zukunft anbe⸗ trifft, so würde es für Jeden in seiner Stellung weder recht,

noch ehrenhaft sein, leugnen zu wollen, daß in den gegenwär⸗ tigen Erscheinungen einiger Grund zu Mißverständnissen und Besorgnissen gefunden werden könnte. Diese seine Ansicht gründe sich nicht auf offizielle Mittheilungen, er komme zu derselben viel⸗ mehr durch Informationen, die außer ihm auch der ganzen Welt zugänglich seien. In Frankreich herrsche die vielverbreitete An⸗ sicht, daß man das durch Kriegsglück Verlorene wieder ge⸗ winnen müsse, während Deutschland ebenso fest entschlossen sei, das Gewonnene zu behalten. Das Alles sei weltbekannt. Wenn in Folge dessen früher oder später Krieg entstehen sollte, so hege er den Wunsch und die Hoffnung, daß dies später ge⸗ schehen möge, weil dann wahrscheinlich die jetzt noch herrschende Erregtheit sich gemindert haben werde, und weil in diesem Falle die Wahrscheinlichkeit für eine Erhaltung des Friedens eine grö⸗ ßere sein werde. Er könne nicht sagen, was in einigen Jahren etwa geschehen dürfte; aber trotz dieses Gefühles der Ungewiß⸗ heit müsse er erklären, daß nach allen Nachrichten zu urtheilen, die ihm geworden, und nach der allgemeinen Bedeutung und dem Sinne der Mittheilungen zu schließen, die ihm aus allen Theilen Europas zugegangen, ein Anlaß zu der ernst⸗ lichen Besorgniß nicht vorliege, daß irgend eine Störung des europãischen Friedens bevorstehe. Im Falle einer imminenten Kriegsgefahr sei es unzweifelhaft, daß Eng⸗ land kein sich darbietendes Mittel zur Erhaltung des Friedens unversucht lassen werde, ohne jedoch England selbst in einen Streit zu verwickeln, an dem es kein Interesse haben würde. Was die internationalen Verträge betreffe, so sei es, falls aus irgend einem Grunde ein Vertrag oder eine Verpflich⸗ tung zeitweilig unanwendbar werden sollte, jedenfalls Englands Pflicht, solches den anderen Kontrahenten mitzutheilen. „Aber wenn wir die Verpflichtungen eines Vertrages übernehmen und den anderen Kontrahenten die Berechtigung zu der Annahme geben, daß wir dieselbe als bindend betrachten, so verlangen die Ehre und die Redlichkeit deren Aufrechterhaltung. England ist noch in den letzten Jahren Verträge eingegangen ich sage, daß wir dieselben als bindend betrachten. Lord Derby schloß darauf mit der Erklärung, daß er die gewünschten Korrespon⸗ denzen aus Rücksicht auf andere Regierungen nicht vorlegen könne; andere Schriftstücke, die ohne Unbequemlichkeit dem Hause . werden könnten, wolle er demselben gern zugehen

assen.

Frankreich. Paris, 5. Mai. Wie das „Journal offi⸗ ziel“ meldet, ist der Präsident der Republik in Begleitung des Kriegs⸗Ministers und eines Adjutanten am 3. Abends nach Tours abgereist, wo er am Montag früh eintraf. Während des Vormittags legte der Marschall den Grundstein zu den

neuen Kasernen, besuchte darauf die Kasernen der Kavallerie

und die städtischen und militärischen Hospitäler und besichtigte, nachdem er vorher die Civilbehörden und die Geißlichkeit empfan⸗ gen, die in Tours in Garnison liegenden Truppen. Am Abend begab sich der Marschall nach Saumur, wo er am 4. die Reit⸗ schule besichtigen wird.

Die Festung Toul, aus der man einen bedeutenden Waffenplatz machen will, soll von vier Forts umgeben werden. Das erste kommt auf den Mont Saint Michel, der 385 Meter hoch ist und 950 Meter nördlich von der Stadt entfernt liegt. Derselbe beherrscht die Landstraßen nach Metz und Verdun. Das zweite Fort wird im Westen auf der äußersten Südspitze der Hochebene des Waldes von Pagny errichtet werden. Dieselbe hat eine Höhe von 359 Meter, ist 1500 Meter vom Platze ent⸗ fernt und beherrscht das Thal des Ingressinbaches. Die Position von Domgermain, die zwischen Val de Passey und dem Ringe der Mosel liegt und 382 Meter hoch ist (bei St. Maurice), wird durch das dritte Fort befestigt. Dieser Punkt befindet sich 310 Meter von Toul entfernt, hat aber den Nachtheil, daß er von gewissen Punkten des Waldes Grand Mont und der Gegend von Charmes beherrscht wird. Es ist daher möglich, daß man ein weiteres Fort auf der an der Landstraße nach Vaucouleurs und Langres gelegenen Anhöhe von Jacobin (150 Meter) erbaut. Das vierte Fort kommt nach Villey⸗le⸗Sec, das 3000 Meter vom Platze entfernt ist und das Moselthal beherrscht. Villen hat eine 3 von 333 Meter. Für diese Position ist eine 365 Meter hohe Anhöhe im Walde von Bois l' Evêque gefährlich Ebenso soll Reims ein wichtiger nr, werden. Man will es zum Sitz des Ober⸗ Kommandos des XVI. Armee⸗Corps machen und eine Artillerie⸗Direktion und Schule dort errichten. Diese mili⸗ tärischen Anstalten werden 5 Millionen kosten, welche die Stadt dem Kriegs⸗Minister vorschießen und von dem Staate später zurückerhalten wird.

Ein weiterer Konflikt ist zwischen dem Rhone⸗ Präfekten Ducros und dem Generalrath seines Departe⸗ ments ausgebrochen. Der Präfekt weigert sich, einem Theile der Mitglieder der von dem Rhone Departement zur Aus stellung nach Wien gesandten Arbeiterdelegation die ihnen noch zukommende Geldentfchãdigung auszuzahlen. Wie aus einem Schreiben des Präfekten an eines der Mitglieder der Delegation hervorgeht, stützt sich der Präfekt bei seiner Weigerung darauf, daß die be⸗ treffenden Delegirten in ihren Berichten die Politik und die soziale Frage berührt hätten, und daß deshalb weder das Departe⸗ ment noch die Stadt Lyon ihnen Subventionen zukommen lassen

möglich war, hãtie dasselbe unter Mitwirkung des Reichsrathes statt⸗

ob man die fich zeigenden Symptome als die letzten Spuren

könnte.