Spanien. Madrid. 5. Mai. (B. T. B.) Rach aus dem Norden eingetroffenen Nachrichten haben sich in den von den Regierungstruppen besetzten Ortschaften viele Carlisten den Behörden gesiellt und um Amnestirung gebeten. — Narschall Serrano ist heute Mittag von Santander nach hier wieder abgereist. Es wird ein glänzender Empfang für ihn vorbereitet.
Santander, 5. Mai. (B. T. B.) Marschall Serrano und Admiral Topete sind auf der Rückreise nach Madrid hier angekommen. — General Concha ist zum General en chef der Nordarmee ernannt. — Der Nervionfluß ist für Schiffe wieder zugãnglich gemacht.
Italien. Rom, 1. Mai. (It. N.) Die Depu tirten⸗ tam mer ist gestern mit der Berathung des die Einkommensteuer vom beweglichen Eigenthume betreffenden Gesetzentwurfs fertig geworden und hat ihn mit 162 gegen 96 Stimmen angenommen. Sie trat darauf in die Berathung der vom Finanz⸗Minister vor⸗ geschlagenen Veränderungen des Mahlsteuergesetzes ein. Der Abgeordnete Sorrentino hatte ein Gegenprojekt entworfen; dieses wurde aber von der Versammlung abgelehnt und der erste Artikel der ministeriellen Vorlage angenommen. Der Präsident machte schließlich der Versammlung bekannt, daß die Abgeordneten Perrone und Corte den Kriegs⸗Minister interpelliren wollen, um zu erfahren, was an dem Gerüchte ist, daß dieser die Küstenvertheidigung dem Marine⸗Minister anver⸗ trauen wolle.
— Auch die sizilianischen Bischöfe haben, wie die von Piemont, der Lombardei und Venetien und Ligurien, Ver⸗ wahrung gegen den die obligatorische Priorität der Civilehe vor der kirchlichen Trauung betreffenden Gesetzentwurf eingelegt, und zwar bei dem Minister⸗Siegelbewahrer.
Türkei. Konstantinopel, 5. Mai. (W. T. B.) Am Sonnabend haben sich die Notabeln der armenisch⸗katho⸗ lischen Gemeinde (Anhänger des Patriarchen Kupelian) und der hassunistischen Dissidenten zur Pforte begeben, um derselben ihre Erklärungen auf die letzte vom Großvezier erlassene Note (betreffs der Wahl des Patriarchen und der Ernennung der Erzbischöfe und Bischöfe) mitzutheilen. Die Notabeln der Ftupelianisten waren mit den in der Note aufgestellten Bedin⸗ gungen einverstanden, die Hassunisten machten einige Einwen⸗ dungen gegen das Reglement über die Wahl ihrer Kirchen⸗ Oberhäupter. Der Großvezier erklärte ihnen indessen darauf, daß er keine auf eine Abänderung der Bestimmungen seiner Note abzielende Vorschlãge ,, . könne, und daß, falls die Hassunisten sich den Vorschriften dieser Verordnungen nicht unter⸗ werfen würden, er sich genöthigt sehen werde, die Uebergabe aller armenisch⸗katholischen Kirchen und der Gemeindegüter an die Kupelianisten anzuordnen. ! .
— Die Abreise des Fürsten Milan von Serbien wird wahrscheinlich am Dienstag erfolgen]
Amerika. (A. A. C.) Aus Rio de Janeiro liegen bis zum 9. April reichende Nachrichten vor. Die Nachrichten vom La Plataflusse werden als beunruhigend erachtet. Die Ar⸗ gentiner treffen kriegerische Vorbereitungen in großem Maßstabe, und die Insel Martin Garcia, der Schlüssel der Flußschifffahrt, ist, wie verlautet, mit Kanonen von schwerem Kaliber armirt. Es ist die Ueberzeugung Einiger, daß diese Vorbereitungen
Offensiv⸗Dperationen gegen Brasilien zum Zweck haben, und hier sind Gegenvorbereitungen im Gange, um sich gegen die Gefahr zu schützen. Der oberste Gerichtshof hat die Verhaftung des Bischofs von Para angeordnet, um ihm vor dem Plenum des Tribunals den Prozeß zu machen.
Asien. Ueber die Nothlage in Bengalen liegt heute wieder ein aus Kalkutta vom 2. d. M. datirtes Telegramm des Vice⸗Königs von Indien vor, in welchem es u. A. heißt:
»In Tirhut und Theilen von Rajeshaya und Bhauguspore ist ein wohlthätiger Regen gefallen, aber der früher? Mangel an Früh⸗ jahrsschauern ist kleinen Ergänzung ˖ Ernten verhängnißvoll geworden. In Behar neigen sich die Preise im Allgemeinen zum Steigen, aus⸗ genemmen in den östlichen Bezirken. In Durbunga kosten 6 Leers Reis eine Rupie; der Verkauf von Regierungegetreide ist angeordnet worden. In einigen Theilen von Behar ist Reis nur in den Regie⸗ rungsspeichern zu haben. Der öffentliche Gesundheitszustand ist ein guter. Keine Epidemie unter Menschen oder Vieh. Vorkehrungen werden getroffen, um dem Nothstande in Burdwan und Chota Nappore zu begegnen. Die lokalen Transport⸗Vorkehrungen erweisen sich als wirksam, ausgenommen in Ost⸗Tirhut. Chumparun ist der Getreide Trang port komplett. An den Nothhauten sind 1, 176 495 7 sonen keschäftigt, darunter 616,162 an den Dorfbauten. Die Zahl derjenigen, die ohne Entgelt gespendete Unterstützung erhalten, beträgt 137,977. Beträchtliche Schwlerigkeit macht der Abzug von Arbeitern von den Bauten nach den Dörfern. Versuche in Mudhabuni, plötzlich die Stückarbeit einzuführen, hatte die Folge, daß 200, 000 die Bauten verließen. Die Löoͤhne mußten erhöht werden, werauf die Arbeiter zurückkehrten oder sich zu den Dorfbauten begaben. In Durbauga nahmen S0. 009 Kontraktarbeit an. Neue Todesfälle durch Hunger sind nicht gemeldet.“ ;
Penang, 5. Mai. (W. T. S.) Außer der Besatzung des Kratons werden, wie aus Atchin hierher gemeldet wird, noch 1000 Mann weitere niederländische Truppen dort verblei⸗ ben und an der Küste zwei niederländische Kriegsschiffe stationirt werden.
Australien. Aus Sydney wird unscm J da Per Ra- bel gemeldet: Nachrichten von den Fidschi⸗-Inseln die bis zum 1I. v. M. reichen, melden, daß der König, die eingeborenen Häuptliuge und die Weißen die Abtretung der Inseln an Groß⸗ britannien einstimmig wünschen. Die Abtretung solle indeß keine Kronländereien umfassen, da das ganze Territorium Stämmen⸗ Familien und Individuen gehört. Nur die Souveränität und Regierung der Inseln sollen Großbritannien angeboten werden.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Im Verlage von F. Schneider L Co. (Goldschmidt u. Wilhelmi) hierselbst erschien soeben; Geschichte der Belagerung von Paris im Jahre 1870 71ñ᷑ von Ed Heyde und Ad. Froese, Hauptleuten im Ingenieur⸗Corps. Das vorliegende Werk ist das erste, welches von deutscher Seite der kriegsgeschichtlichen Dar⸗ stellung der Belagerung von Paris amtliche Quellen zu Grunde legt. Daß dasselbe alle bisher über diesen Gegenftand erschienenen Werke an Genauigkeit und Gründlichkeit ere, werde, war im Voraus anzunehmen und dürfte durch den jetzt veröffentlichten 1. Theil bewie⸗ sen sein. Bei der Bedeutung, welche die Belagerung von Paris für den Ausgang des ganzen Krieges hatte, bei der in der Kriegsgeschichte einzig dastehenden Thatsache der Belagerung einer solchen Riesen⸗ estung, wird gewiß aus allen n Europas dem vorliegenden
erke das regste Interesse entgegen gebracht. Der 1. Theil dieser Ge⸗ schichte führt das Nähere über die Vert eidigungsanlagen und Ver⸗ theidigungs fähigkeit von Paris vor, und find für denselben die besten
einschlagenden französischen Werke auf das Sorgfãltigste . und Fachmann i , , ile viel n n n, — rendes finden; für das größere likum verdienen namentlich die Kapitel über die früheren Befestigungsanlagen von Paris, die Motipe r die neue Befestigung, die Organisation der Vertheidigung die rproviantirung eine ganz besondere Beachtung. 26 ö
Dem Standpunkt entsprechend, welchen das Werk in der Literatur einzunehmen berechtigt ijt, ist daffe lte reich mit Karten und Planen f estattet. Diese dürfen sich ebenbürtig neben die besten Erzeugnisse
ellen.
— Die Nr. 15 der Illustrirten Jagdzeitung, Organ für 37 Fischerei und Naturkunde, herausgegeben von W. H. Ritzsche,
öniglich sächsischem Oberförster (Leipzig, Heinrich Schmidt, hat folgenden Inhalt: Zur Jagd auf der Krähenhütte. Von E von Wolffersdorff. — Das gemeine Feldhuhn. II. Vortrag. Von Ferd. Baron Droste. (Fortsetzung.) — Die Schnepfensagd in der Stubbe⸗= nitz auf Rügen. — Aus dem alten Neustadt- Eberswalde. Von O. v. Riefenthal. — Illustrationen; Die hauptsächlichsten Besucher der Krähenhütte. — Abnormes Hirschgeweih.
Paris, 5. Mai. (W. T. B) Nach allen aus dem Lande hier eingegangenen Berichten haben die letzten kalten Tage nur in den Weinbergen partiellen Schaden gethan. Im Nebrigen hat die Ernte durchaus nicht gelitten. In der letztvergangenen Nacht hat es in ganz Frankreich nicht gefroren. Die Aussichten für die Getreide- ernte sind ganz vorzüglich.
Verkehrs⸗An stalten.
London, 4. Mai. Der Kabeldampfer „Hooper“ verließ am 1.8. Mts. Gravegend mit den Kabeln der centralamerikan⸗ schen Telegraphen⸗Gesellschaft, die zwischen Para, Cayenne und Georgetown, Demerarg, gelegt werden sollen. Wenn dies ge= schehen ist, werden diese Kabel die Kette elektrischer Verbindungen zwischen dem La Platafluß und den Vereinigten Staaten voll⸗= enden. Das Gesammtgewicht der nunmehr an Bord des Hooper‘ verschifften Kabel ist üer 3900 Tonnen — die größte Kabellast, die irgend ein Schiff auf einmal an Bord genommen hat.
Königliche Schau spiele.
Donnerstag, 7. Mai. Opernhaus. (111. Vorstellung) Lohengrin. Romantische Oper in 3 Akten von Richard Wagner. Elsa: Fr. Mallinger, Ortrud: Frl. Brandt, Lohengrin: Hr. Niemann, Telramund: Hr. Betz, letztes Auftreten derselben vor ihrem Urlaube. König Hreinrich: Hr. Fricke. Anfang halb 7 Uhr. Hohe Preise. Schauspielhaus. (122. Vorstellung.) Narziß. Trauerspiel in 5 Akten von Brachvogel. Anfang halb 7 Uhr. Mittel⸗Preise.
Freitag, 8. Mai. Dpernhaus. (112. Vorstellung) Die Mönkguter. Liederspiel mit Tanz in 1 Aufzug von Gursky, Musik von Robert Radecke. Hierauf: Gretna⸗Green. Panto⸗ mimisches Ballet in 1 Akt nach Nuitter und Merante von P. Taglioni. Musik von Guirand. Anfang 7 Uhr. Mittel⸗ ö
Schauspielhaus. (123. Vorstellung. ) Schwere Zeiten. Original⸗Lustspiel in 4 Aufzügen von J. Rosen. Anfang 7 Uhr. Mittel⸗Preise. .
Es wird ersucht, die Meldekarten (sowohl zu den Opern⸗ haus⸗, wie zu den Schauspielhaus⸗Vorstellungen) in den Brief⸗ lasten des Opernhauses welcher fich am Anbau desselben, gegen⸗ über der Katholischen Kirche, befindet, zu legen.
Dieser Briefkasten ist täglich für die Vorstellungen des fol⸗ genden Tages nur von 10 bis 12 Uhr Vormittags geöffnet.
Meldungen um Theater⸗Billets im Bureau der General⸗ Intendantur oder an anderen Orten werden als nicht eingegan⸗
gen angesehen und finden keine Beantwortung.
Das Reichs-Eisenbahn-OGesetz.) 1
Der von dem Reichs- Eisenbahn⸗Amt vor Kurzem der Oeffentlich ˖
keit übergebene Entwurf eines Reichs-Eisenbahn ⸗Gesetzes ist bereits
mehrfach theils in öffentlichen Blättern, theils in besonderen von Han— delskammern ausgehenden Aeußerungen, der Kritik unterzogen.
Wir kommen dem in Nr. 88 deg „Reichs- und Staats⸗Anzeigers“ gegebenen Versprechen und einem mehrseitig laut gewordenen Wunsche nach, wenn wir das Resultat der uns bekannt gewordenen Beurthei⸗ lungen in kurzer ö ö.. Kenntniß bringen.
. Gesetzentwurf hat im Allgemeinen eine günstige Aufnahme gefunden.
Der ven der „National⸗-Zeitung“' in ihrer Nr. 167 gebrachte Ar- tikel bezeichnet die Vorlage als eine überaus schätzbare und dankens— werthe Gabe, erkennt dieselbe aber im Hinblick auf die im Entwurf zu Gunsten der Partikular-Regierungen dem Reiche auf— erlegten Beschränkungen nur als eine Abschlagszahlung auf dasjenige, was das Reich auf diesem Gebiete der 5konomischen und politischen Entwickelung schulde, an und erklärt diese Abschlagszahlung, als vor⸗ zugsweise damit motivirt, daß das Reich noch nicht in der Lage sei, die Masse des herandrängenden Stoffes zu bewältigen, unter der Vor⸗ ausfetzung der im Entwurf gefundenen Vorsorge für annehmbar, daß sich aus dieser Selbstbeschränkung nicht neue Reservatrechte der Einzel staaten bilden. J .
Die freie Essenbahn⸗Presse ferner begrüßt in ihrer Nr. 14 den Gesetzentwurf unter dankender Anerkennung der in Abweichung von dem bisherigen Modus getroffenen Maßregel seiner Veröffentlichung mit dem Wunsche, daß die Parteien die ihr dadurch gebotene Gelegen⸗ heit, ihre Ansichten und Zwecke zu vertreten, in ausreichender und sachlicher Weise ausnutzen möchten. Es wird dort nach kurzer histo⸗ rischer Darlegung der Verhältnisse, welche der Konstituirung des Reichs Eisenbahn Amtes, „dem ersten Schritt zur Erfüllung des Reichstags⸗ beschlusses vom 29. April 1870, vorangegangen sind, darauf hinge⸗ wiesen, daß das Reichs Eisenbahn⸗Amt mit Recht die Entwerfung des im 5. 5 des Einsetzungsgesetzes vom 2I. Juni 1873 vorbehaltenen Reichs⸗Eisenbahngesetzes fuͤr seine Hauptaufgabe erachtet habe, da es erst an der Hand desselben möglich sei, den der Schöpfung dieser ö . zu Grunde liegenden Intentionen Geltung zu ver⸗
affen.
Eine eingehende Besprechung des Entwurfs, welche von der freien Eisenbahn-Presse noch in Aussicht geftellt wird, findet sich in dem be⸗ reits erwähnten Artikel der National-Zeitung“, dessen Fortsetzung die Nummern 177 und 193 enthalten, sowie in den Nummern Jol, 103 und 110 der „Augsburger Allgemeinen Zeitung. Die Artikel der National⸗Zeitung beschäftigen sich zuzächst mit der Frage, ob in der aus dem Entwurf ersichtlich gtwerdenen Selbstbeschränkung des Reichs nicht schon für die heutigen Zustaͤnde zu viel gethan fei, und ob nickt an einzelnen Stellen 9 jetzt hätte weiter gegangen wer⸗ den können Es wird hierbei davon ausgegangen, daß die Tendenz der Ge= ,. hauptsächlich dahin gehe, materielles Recht nur für zwei Materien zu schaffen, nämlich für die Rechtsverbältnisse des Trans- portwesens und für die Kompetenz der Reichs-Fisenbahnbehörden, wäbrend es sich für alle übrigen Materien der Eisenbahngesetzgebung im Entwurfe nur darum handele, dem Reiche die Gesetzgebungs⸗ und Verwaltungshoheit zu wahren. .
Die Erwãgung, 9. hiernach zunächst nur der Eisenbahnbetrieb der Kompetenz des Reiches überlassen werden solle, führt den gu. Ar⸗ tikel zu einem Seitenblick auf den schon früher in der National Zeitung (Nr. 7 behandelten Entwurf des preußischen Eisenbahn. Gesetzes, gegen dessen Verlegung Einsprache mit der Ausführung geschieht, daß, wenn durch dasselbe die organisatorische Eisenbahapolitik der Kompeienz des
Entwurf eines Reichs. Eisenbahn ˖ Gesetzes, aufgestellt im Reichs⸗ Eisenbahn⸗Amt. Berlin 1874. Verlag der Expedition des Deutschen
Reiches entzogen oder auch nur erschwert würde, der lebendigen Wirk- samkeit des Art. 42 der Reichsverfassung die schwersten Hindernisse bereitet werden würden. .
Unter Bezugnahme darauf, daß in den Motiven zum Entwurf des Neichs Eisenbahn⸗Gesetzes ausdrücklich konstatirt werde, daß es zur vollständigen Ausfüllung der im bestehenden Rechte fühlbar gewordenen Lücken nothwendig erscheinen Pig c 1 67 das gesammte Eisenbahnwesen materielles Recht zu
affen; un
2) Die Aufsicht des Reiches speziell zu regeln und gegenüber dem Aufsichtsrechte der Landesbehsrden zu begrenzen, — führt der qu. Artikel der „Nat. Ztg. weiter aus, daß in beiden Be—⸗ ziehungen — abgesehen von den für Bayern, was nach der in den Motiven gegebenen Nachweisung nur wenig über I, und für Württem berg, was so gut wie gar keine Privatbahnen habe, bestehenden, die Ordnung der Materie nicht wesentlich erschwerenden Reservatrechten, — nach Art.“ Nr. 8 und 13 der Reichsverfassung der Kompetenz des Reiches keine andere, als die Grenze gesetzt fei, daß Lokalbahnen, welche für den allgemeinen Verkehr bedeutungölos sind, der Lan—⸗ desaufsicht ausschließlich verbleiben; und daß es sonach keinem prin— zipiellen Bedenken unterliegen könne, daß nur Zweckmäßigkeitsgründe dem Reiche eine Beschränkung für die Ausdehnung seiner Kompetenz nahe legen durfen.
Die in den Motiven ausgesprochene Meinung, daß die Reichs- gesetzgebung zunächst noch nicht materielles Recht in denjenigen Ma⸗ terien zu schaffen habe, bei welchen allgemeine Reichs- Interessen nur entfernt oder nur mittelbar in Frage kommen, wird im qu. Artikel zwar grundsätzlich getheilt, die Anwendung dessen auf die in den Mo- tiven darunter subsummirten Materien aber, nämlich:
1 das Expropriationsrecht der Eisenbahnen;
2) die Anlage und Konzejsionirung der Eisenbahnen;
3) das Eisenbahnpolizeiwesen;
4) das Aktienwesen;
5) den Erwerb der Eisenbahnen durch den Staat und ihre Be—⸗ steuerung;
nur für die unter Nr. 1, 3, 4 und 5. bezeichneten Materien als berech⸗
tigt zugegeben. Dagegen wird ein Anerkenntniß auch des Reichs⸗
Eisenbahn⸗Amts dafür, daß die Zweckmäßigkeit der Ausschließung des
Kenzessions wesens mit Fug bestritten werden könne, wie es auch ziem⸗
lich allgemein bestritten worden sei, darin gefunden, daß dieser Frage
in den Motiven eine längere Erörterung gewidmet werde.
Es wird hieraus hervorgehoben:
I die als solche anerkannte und beklagte Unregelmäßigkeit des
deutschen Eisenbahnnetzes, welche eben der partikularistischen Jerrissen⸗
heit Deutschlands ihren Ursprung verdanke;
2 die Mittheilung, daß noch in neuerer Zeit Versuche gemacht
seien, den Ausbau wichtiger Routen zu hindern oder zu verschleppen, und
3) der Ausspruch, daß der Beschluß des Reichstags
vom 20. April 1876 die Ueberweisung anch des gesammten
Konzessionswesens auf das Reich eigentlich wohl beabsichtigt habe, —
und wird sodann im Anschluß hieran mit vollfter Entschiedenheit ge—
gen das Verbleiben des Konzessionswesens bei den Landesbehörden und
für dessen Uebergang auf das Reich eingetreten, und die Regelung
desselben von Reichs wegen für nothwendig erachtet.
Zu demselben Resultate gelangt der erste Artikel der, Augsburger
Allgemeinen Zeitung“.
Der Gesetzentwurf hat dort den Eindruck gemacht, als ob die
durch die Reichsverfassung gezogenen Grenzen ängstlicher festgehalten
6 als mit einer erschöpkenden Regelung der Materie vereinbar
gewesen. d
Neben dem Rückblick auf Art. 19 der Bundesakte und Art. 65
der Wiener Schlußakte. wo bereits die unerfüllte Aufgabe gestellt
sei, über Handel und Verkehr zu möglichst gleichmäßigen ea .
zu gelangen, wird der klarste Beweis für die Nothwendigkeit der Regelung
des gesammten Eisenbahnverkehrs durch das Reich in der seit Decennien
erfolgten Vereinigung sämmtlicher Deutschen Staats- und Privateisen⸗
Reiche⸗ und Königlich Preuß. Staats- Anzeigers (Kesselh In Kom-. mission bei Carl Heymanns Verlag. a,
bahnen zum Zwecke der Sicherung gleichmäßiger Konstrukftion und
Betriebs der Dentschen Eisenbahnen gefunden.
Der vollständige Mangel eines gemeinsamen Organs für die Konstruktion des fen e e. wird als die Ursache bezeichnet, daß manches, durch das allgemeine Deutsche Interesse dringend gebotene Unternehmen an partikulären Interessen, ja an Eigensinn oder Chikane gescheitert sei, und zur Erreichung des Zweckes, die dringliche Korrektur der großen durchgehenden Linien ohne eben jo unnütze, als namhafte Opfer vom Standpunkte des allgemeinen Interesses zu sichern und in kürzester Tist herbeizuführen, die Nothwendigkeit betont, daß die Lei⸗ tung der Eisenbahnpolitik für das Deutsche Reich in eine, centrale Hand gelegt werde. In den Bestimmungen in den 35. 3 und 3s des Entwurfs wird nun eine Belastung des Reichs mit dem Odium einer überdies beschränkten Kritik und mit der Schlichtung eines Theils von Konflikten erkannt, ohne daß dadurch die Möglichkeit die Sache im Ganzen zu übersehen und zu leiten, angegeben sei, eine Befähigung, welche nur dadurch gesichert werde, wenn das ganze Kon— e, ,. im Gesetz geregelt und die Konzessionirung für alle Bahnanlagen in die Hand des Reichs gelegt werde.
Der qu. Artikel sieht in der Vorlage des preußischen Gesetz= Entwurfs um so weniger einen Grund, das Konzessionswesen der Reichsgewalt zu entziehen, als der Einzelstaat völlig außer Stande sei, eine unabhängige und als solche volles Vertrauen erwecken de Kon= zessionsbehörde zu schaffen, und überdies die darin vorbehaltene even⸗ tuelle Entscheidung durch das Staats ⸗Ministerium in Rücksicht auf die Stellung und den Einfluß des Ressort⸗Ministers von geringer prakti= scher Bedeutung sei.
Anthropologischer Verein in Göttingen.
Göttingen, 26. April. (G. Ztg.) Die gestrige Sitzung des anthropologischen Vereins wurde durch den Vorsitzenden, i er von Seebach, mit der Vorzeigung eines Gipsabguffes von dein Nean⸗ derthaler Schädel eröffnet, welcher dem Verein durch Professor Enneper zugekommen war. Sodann machte Professor Pauli eine Mittheilung über das rege Interesse der englischen Gelehrten an dem Fortschreiten der anthropologischen Wissenschaft in Deutschland, ven dem er gele⸗ gentlich seiner Reise in England bei mehrfachen persönlichen Begegnun. gen sich überzeugt hatte. Dr. ven Brunn hielt hierauf einen Vertrag „über den Einfluß der Muskeln auf die Knochen“, in welchem er aueführte, daß die Rauhigkeiten und Vorsprünge der Knochen, welche proportional den Muskel- ansätzen prominiren, auch in ihrer Größe der verschiedenen Stärke der Muskulatur entsprechen. Es reicht z. B. das Schläfenfeld (planum temporale), das dem Schläfenmuskel zum Ursprung dient, um so wei⸗ ter hinauf, je stärker die Kaumuskulasur entwickelt ist. So sindet sich bei Affen und Raubthieren eine Knochenleiste auf der Scheitel⸗ höhe, welche das Ursprungsgebiet des Temporalmuskels vergrößert. Bei einem Pagua⸗ und einem Javanerschädel war das Schläfenfeld ebenfalls vergrößert im Vergleich zu den europäischen Schädeln. Doch kommen auch bei ung so viel derartige Größenausnahmen vor, de auf eine Raceneigenthümlichkeit hieraus nicht geschlossen werden kann. Aehn lich sind die Verhältnisse an anderen Theilen des Skeletts. In der sich hieran schließenden Diskussion machte Professor Meyer auf die patho⸗ logische Flächenerklärung an Schädelknochen in Folge atrophischer Qirnveränderungen aufmerksam. Professor v. Seebach hob die rasche Schnelligkeit vor, mit welcher sich die durch die Entwickelung bedingten Veränderungen an Knochen, z. B. beim Höhlenbären, vollziehen, und . Ehlers sprach aber die Anpassungserscheinungen im Gegen atz zu Typuseigenthümlichkeiten. Professor Unger hielt darauf einen Vortrag über „alte Fels- Skulpturen und Malgreien“, in welchem er unter Vorlegung zahlreicher Abbildungen die ersten Anfänge bildlicher Darstellung schilderke, wie man sie auf Geräthen und Grabsteinen vielfach gefunden hat.
Redaltion und Rendantur: Schwieger.
Berlin: Verlag der Cppeditien (Kefsel). Druck: W. Eltn er. Drei Beilagen (einschließlich Börsen und Handelsregister⸗Beilage Nr 69.)
Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Stants⸗Anzeiger.
M HO6.
Königreich Preußen.
Nachdem Ich durch Meinen Erlaß vom heutigen Tale den vom ö. Trebnitz beschlossenen Bau 336 Chaussee von dem Ende der Graupenstraße in Trebnitz ab in der Richtung üher Droschen, Burgwitz, durch das Dorf Heidewilzen hindurch bis zum Eingangsthore Des Bahnhofes in Obernigk genehmigt habe, verleihe Ich hierdurch dem Kreife Trebnitz das Expropriationsrecht für die zu dieser Chaussee erforderlichen Grundstücke, imgleichen das Recht zur Entnahme der Chauffeeban und Unterhaltungsmaterialien nach Maßgabe der für bie Saatschausseen bestehenden Vorschriften in Bezug auf diese Straße. Zugleich will Ich dem gedachten Kreise gegen Uebernahme, der Fünftigen chaufseemäßigen Ünterhaltung der Straße das Recht zur Erhebung des Chausseegeldes nach den Bestimmungen des für die Staatschausseen jedesmal geltenden Chausseegel d Tarifs, einschließlich Der in demselben enthaltenen Bestimmungen über die Befreiungen, sowie der sonstigen, die Erhebung betreffenden zusätzlichen Vorschriften, wie diese Bestimmungen auf den Staatschausseen von Ihnen an— gewandt werden, hierdurch verleihen. Auch sollen die dem Chaussee⸗ geld⸗Tarife vom 29. Februar 1840 angehängten Bestimmungen wegen der Chauffee ⸗Polizei⸗Vergzehen auf die gedachte Straße zur Anwendung
ommen. ; Berlin, den 2. Februar 1874 Wilhelm. Camphausen. Dr. Achenbach. An den Finanz ⸗Minister und den Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten.
rivilegium wegen Ausfertigung auf den Inhaber lautender Kreis- n. des Trebnitzer Kreises im Betrage von 53, 000 Thalern. Vom 2. Februar 1874. . Wir Wilhelm von Gottes Gnaden, König von Preußen 2. Rachdem von den Kreisständen des Trebnitzer Kreises auf dem Kreistage vom 29. September 1873 beschlossen worden, die zur Aus— führung der vom Kreise unternommenen Chausseebauten erforderlichen Geldmittel im Wege einer Anleihe zu beschaffen, wollen Wir unter Aufhebung des Privilegiums vom 17. April 1871 (Gesetz Sammlung Seite 231) zu einer von dem Kreise früher beschlossenen Anleihe dieser Art im Betrage von 40, 900 Thlr. auf den Antrag der gedachten Kreis- stände: zu diesem Zwecke auf jeden Inhaber lautende, mit Zins cou⸗ pong versehene, Seitens der Gläubiger unkündbare Obligationen zu dem angenommenen Betrage von 53, 009 Thlr. ausstellen zu dürfen, da sich hiergegen weder im Interesse der Gläubiger noch der Schuldner etwas zu erinnern gefunden hat, in Sar e t des 5§. 2 des Gesetzes vom 17. Juni 1833 zur Ausstellung von Okligationen zum Betrage von 53 000 Thlr., in Buchstaben; Drei und Fünfzig Tausend Thalern, welche in folgenden. Apeints: 2G od Thlr. à 100 Thlr, 18000 Thlr. à 50 Thlr., 15, 009 Thlr. 2 25 Thlr, zusammen 53,900 Thlr. nach dem anliegenden Schema auszuferligen, mit Hülfe einer Kreissteuer mit fünf Prozent jährlich zu verzinsen und nach der durch das Loos zu bestimmenden, Folge ordnung jährlich vom Jahre 1875 ab mit wenigstens jährlich zwei Prozent des Kapitals unter Zuwachs der Zinsen von den amortisirten Schuldverschreibungen zu tilgen sind, durch gegenwäͤrtiges Privilegium Un- sere landes herrliche Genehmigung mit. der rechtlichen Wirkung ertheilen, daß ein jeder Inhaber dieser Obligationen die daraus hervor⸗ 22 Rechte, ohne die Uebertragung des Eigenthums nachweisen zu dürfen, geltend zu machen hefugt ist. t Durch das vorstehende Privilegium, welches Wir, vorbehaltlich der Rechte Dritter ertheilen, wird für die Befriedigung der Inhaber der Obligationen eine Gewährleistung Seitens des Staats nicht über ⸗ nommen. Kö — Urkundlich i . ö Unterschrift und bei⸗ edrucktem Königlichen Insiegel. ö ö Gegeben Berlin, den 27. Februar 1874 L. 8 Wilhelm. r. Achenbach.
, Graf zu Eulenburg.
rovinz Schlesien. Regierungsbezirk Breslan. ö ö Obligation des Trebnitzer Kreises , über Thaler Preußisch Courant.
Auf Grund der unterm genehmigten Kreistags beschluffe vom 29. September 1873 wegen Aufnahme einer Schuld von 53, 000 Thalern bekennt sich die ständische Kommission für den Chausseebau des Trebnitzer Kreises, Namens des Kreises durch diese, für jeden Inhaber gültige, Seitens des Gläubigers unkündbare Ver schreibung zu einer Darlehnsschuld von Thalern Preutisch Courant, welche an den Kreis 4 gezahlt worden und mit fünf
rozent jäbrlich zu verzinsen ist. * 5 ir eie, der ganzen Schuld von 53, 009 Thalern geschieht vom Jahre 1875 ab allmählich innerhalb eines Zeit⸗ raums von 26 Fahren aus einem zu diesem Behufe gebildeten Tilgungsfonds von wenigstens zwei Prozent jährlich unter Zuwachs der Zinsen 5 den eilen Schuldverschreibungen nach Maßgabe des enehmigten Tilgungsplanes. ; . ; 6 2 der Einlösung der Schuldverschreihungen wird durch das Loos bestimmt. Die Auslgosung erfolgt vom Jahre 1875 ab in dem Monate Dezember jedes Jahres. Der Kreis behält sich jedoch das Recht vor, den Tilgungsfonds durch größere Ausloosungen zu verstärken, sowie sämmtliche noch umlaufende Schuldverschreibungen zu kündigen. Die ausgeloosten, jowie die gekündigten Schuld ⸗ verschreibungen werden unter Bezeichnung ihrer Buchstaben, Nummern und Beträge, sowie des Termins, an welchem die Rückzahlung erfolgen soll, öffentlich bekannt gemacht. Diese Bekannt- machung erfolgt sechs resp. einen Mongt vor dem Zahlungstermine in dem Amtsblafte der Königlichen Regierung zu Breslau, sowie im Trebnitzer Kreisblatte und im Staats Anzeiger. —
Bis zu dem Tage, wo solchergestalt das Kapital zu entrichten ist, wird es in halbfährlichen Terminen in der Zeit vom 1. bis 15. April und vom 1. bis 15. Oktober, von heute an gerechnet, mit fünf . jährlich, in gleicher Münzsorte mit jenem verzinset.
ie Auszahlung der Zinsen und des Kapitals erfolgt . bloße Rüdgabe der ausgegebenen Zingcoupons beziehungsweise dieser Schuld= verschreibung bei der Kreis ⸗Kommunalkasse in Trebnitz, und zwar auch in der nach dem Eintritte des Fälligkeitstermins folgenden Zeit.
Mit der zur Empfangnahme des Kapitals präsentirten Schuld- verschreibung find auch die dazu gehörigen Zinscoupons der späteren Faͤlligkeitstermine zurück zuliefern. Für die fehlenden Zinscoupons wird der Betrag vom Kapital abgezogen.
Die gekündigten Kapitalbeträge, welche innerhalb drerßig Jahren nach dem Rückzahlungstermine nicht erhoben werden, sowie die inner⸗ halb vier Jahren, vom Ablaufe des Kalenderjahres der Fälligkeit an gerechnet, nicht erhobenen Zinsen, verfahren zu Gunsten des Kreises.
Das Aufgebot und die Amortisation verlorener oder vernichteter Schuldverschreibungen erfolgt nach Vorschrift der Allgemeinen Ge⸗ richts Ordnung Theil 1. Titel 51 §. 120 sequ. bei dem Königlichen Kreisgerichte zu Trebnitz. ; .
gie der n konnen weder aufgebeten, noch amortisirt werden. Doch soll Demsenigen, welcher den Verlust von Zingcoupons vor Ab⸗ lauf der vierjährigen Versährungsfrist bei der Kreisverwaltung an. meldet und den stattgehabten Besitz der Zinscoupongs durch Vorzeigun der Schuldverschreibung oder sonft in glaubhafter Weise darthut, na Ablauf der Verjährungsfrist der Betrag der angemeldeten und bis da⸗
Berlin, Mittwoch, den 6. Mai
kin it vorgekommenen Zinscoupons gegen Quittung ausgezahlt werden. Mit dieser Schuldverschreihung sind zehn halbiährige Zins- coupens bis zum Schlusse des Jahres 1879 ausgegeben. Für die weitere Zeit werden Zinscoupons auf fünfjährige Perioden ausgegeben. Die Ausgahe einer neuen Zinscoupons-Serie erfolgt bei der Kreis⸗Kommunalkasse zu Trebnitz gegen Ablieferung des der älteren Zingcoupons. Serie beigedruckten Talons. Beim Verluste des Talons erfolgt die Aushändigung der neuen Zinscoupons- Serie an den In— r K sofern deren Vorzeigung rechtzeitig ge⸗ ehen i
Zur Sicherheit der hierdurch eingegangenen Verpflichtungen haftet der Kreis mit seinem Vermögen. 2 . ;
Dessen zu Urkunde haben wir diese Ausfertigung unter unserer Unterschrift ertheilt.
Trebnitz, den ; . .
Die ständische Kommission für den Chausseebau im Trebnitzer Kꝛeise.
Provinz Schlesien. Regierungsbezirk Breslau. Zinscoupon zu der Kreigobligation des Trebnitzer Kreises. . . Thaler zu fünf Prozent ber Thaler Silbergroschen.
Der Inhaber dieses Zinscoupons empfängt gegen dessen Rückgabe in der Zeit vom. ten bis resp. vom. . ten bis und späterhin die Zinsen der vorbenannten Kreis⸗Obliga⸗ tion für das Halbjahr vom bis mit (in Buch- staben) . . .. Thalern .. . . Silbergroschen bei der Kreis⸗Kommu⸗ nalkasse zu Trebnitz.
Trebnitz, den ten 16. .
Die ständische Kommission für den Chausseebau im Trebnitzer Kreise. :
Dieser Zinscoupon ist unguͤltig, wenn dessen Geldbetrag nicht innerhalb vier Jahren nach der Fälligkeit, vom Schluß des betreffen⸗ den Kalenderjahres an gerechnet, erhoben wird.
Regierungsbezirk Breslau a l on ; zur Kreis⸗Obligation des Trebnitzer Kreises.
Provinz Schlesien.
der Obligation des Trebnitzer Kreises Littr Nr. Thlr. à . . Prozent Zinsen, die .. te Serie der Zins⸗ coupons für die fünf Jahre 18. . bis .. . . 18. . bei der Kreis⸗ Kommunalkasse zu Trebnitz. Trebnitz, den ten JJ Die ständische Kommission für den Chausseebau im Trebnitzer Kreise.
Landtags⸗Angelegenheiten.
Berlin, 6. Mai. In der gestrigen Sitzung des Hauses der Abgeordneten antwortete der Staats⸗Minister Dr. Falk auf die Interpellation des Abg. Dr. Respondek, die Prapstei in,, betreffend: ; 3.
ie Interpellation des Hrn. Abg. Dr. Reipondek ist erst am Schluß der gestrigen Sitzung zu meiner Kenntniß gelangt. Die darin behaupteten Thatsachen sind der Staatsregierung gänzlich unbekannt. Aus diesem Grunde habe ich zunächst die zuständigen Provinzialbehörden zu einer möglichst zu beschleunigenden Berichterstattung über das Sach= und Rechtsverhältniß auffordern müssen. Sobald ich durch diesen Bericht ausreichend informirt sein werde, liegt es in meiner Absicht, die Interpellation sofort zu beantworten. Ich werde nicht verfehlen, dem Hrn. Präsidenten des Hohen Hauses seinerzeit die erforderliche Mittheilung zu machen.
— In der Diskusston über &. 4 des Gesetzentwurfs, die Verwaltung erledigter katholischer Bisthümer betreffend, entgeg⸗ nete der Staats⸗Minister Dr. Falk dem Abg. Dr. Windthorst:
Nicht viele Worte, meine Herren. Der Herr Abg. Dr. Windt⸗- horst hat mich soeben seines entschiedenen Mißtrauens versichert. Würde dies nicht geschehen sein, etwa gar das Umgekehrte vorgekommen sein meine Herten, so würde ich an mir selbst irre geworden sein. Ich finde es ganz natürlich und in der Ordnung, daß derartige Empfin⸗ dungen, wie sie hier dokumentirt wurden, in der Brust des verehrten Herrn Platz gegriffen haben, aber eine Bitte möchte ich doch gegen ihn aussprechen: das Mißtranen, von dem er erfüllt ist, ruhig ganz auf meine Schultern abzuladen und nicht die verehrten und tüchtigen Männer, die mit ihrem Rath mir zur Seite stehen, auch bei diesem Mißtrauen Platz greifen zu lassen. Ich benutze diesen Rath, soweit ich ihn für recht halte; aber die Entschließung und daher die Verantwortung ist bei mir, .
Meine Herren! der Hr. Abg. Windthorst kommt auf eine Taktik seiner Parteigenossen, die nicht blos hier, jondern auch und vielleicht in noch größerem Maße außerhalb dieses Hauses Ausdruck findet, heute zuruͤck, auf die bald deutlicheren, hald dunkleren Andeutungen, als ob es sich um eine Sonderpolitik des Ministeriums handle, ja der Hr. Abg. v. Gerlach schien sogar vorhin einen Unterschied zu mochen zwischen dem Leiter der vreuhisch deutschen Politik und der Person des preußischen Kultus⸗Ministers in Bezug auf die Politik. Können Sie denn derartige Andeutungen nicht lassen, wenn Sie sich vergegenwärtigen, was geschehen ist? Sind Ihnen denn nicht die zu verschiedenen Malen ausgesprocheuen klarsten, unzweideutigsten, persönlichsten Worte derjenigen Stelle noch in Erinnernng, die Sie hier mehr oder weniger als im Gegensatz mit der Politik des Ministeriums zu bezeichnen lieben? Selen Sie vollständig sicher in der Sache, es herrscht ganze und volle Einheit. ; . .
Meine Herren! Eine zweite Regung, die immer wieder Raum findet, möchte ich mahnen, doch auch zu beseitigen; sie kann wirklich nur zu Irrthümern führen. Wenn nämlich nicht jeden Tag irgend etwas geschieht oder in die Oeffentlichkeit kommt, was Ihnen als be⸗ sonders harte oder strenge Maßnahmen der Staatsregierung in diesem Kampfe erscheint, dann kommt immer und immer wieder die Andeu⸗ tung, daß die Regierung ihrer Sache nicht sicher sei, daß nächstens eine andere Politik e . würde. Ist es denn noch so lange her, daß mich gewisse Blätter Urlaub nehmen ließen, um nach dem Süden zu gehen 3 fern von Berlin über die Form oder Folgen der Maige jetze nachzudenken? ; .
* 26 Wenn die n dann Ernst zeigt und beweist, daß sie sich vollkommen bewußt gewesen ist der Konsequenzen der Schritte, die sie zuerst gethan hat, nachdem die Gegenseite sich so verhalten hat, wie sie gethan, fo heißt es: die Regierung ist verrannt in dem Kampfe, die Regierung hat die ruhige Erwägung verloren, und diese ruhige Erwägung soll nun denn auch bei diesem Gesetz verloren gegangen sein. Die Erwägung ist gar keine überstürzende und rapide, sondern eine recht lange gewesen in den vorbereitenden Kreisen. Nachdem klar war, wohin daz in Fulda vereinbarte Verhalten der preußischen Bi⸗ schöfe führen mußte; nachdem wenige Wochen nach der Emanation der
Maigesetze deutlich geworden war, wohin namentlich Einer dieser . strebe — anders kann man das nicht ausdrücken —:
Der Inhaber dieses Talons empfängt gegen dessen Rückgabe zu
18 71.
da mußte sich die Regierung bereits die Frage vorlegen: was wird dann,
wenn die unvermeidliche Folge eines derartigen Auftretens zur Reife
gediehen ist? Da mußten denn bereits die Gedanken gefaßt werden,
die Ihnen in dem gegenwärtigen Gesetze unterbreitet sind. Also Zeit
zur Erwägung hat man gehabt und in Folge dessen denn auch, weil
ja mit der Zeit in solchen Fällen immer Rahe verbunden ist, auch
Ruhe. Ich glaube aber, der Vorwurf, den in dieser Beziehung der
Herr Abgeordnete gegen die Regierung ausgesprochen hat, ist ganz
außerordentlich leicht zu widerlegen. Dieselben Erwägungen, die die
Staatsregierung auf ihrem ernsten Wege weitergeführt haben, werden,
Gott sei Dank, von der weitaus großen Majorität des preuzischen
Landes und, wie die letzten Sitzungen des Reichstags bewiesen haben,
auch des Deutschen Reiches getheilt. Diese Unterstützung würden
sie auch mit einem solchen Worte treffen, und ich denke,
wenn Sie allenfalls den Muth haben, einen solchen Vorwurf emzel⸗
nen Männern gegenüber augszusprechen, so werden Sie ihn kaum noch
haben denjenigen weiteren Kreisen gegenüber, die ganz derselben Auf
fassung sind. . ;
Ich komme damit auf einen Vorwurf, den der Hr. Abgeordnete Windthorst dem Herrn Vertreter der Staatsregierung wegen einer
gestrigen Aeußerung machte. Der Hr. Vertreter hat, wie ich
mich erinnere, sich bezogen auf das Votum des Reichstages und
des Bundesraths über den bekannten Gesetzentwucf., der in den letzten Sitzungen des Reichstags unsere besondere Aufmerksamkeit in Anspruch genommen hatte; auf das Votum über, den Ent⸗ wurf auch dieses Gesetzes hatte der Herr Ministerial-Di⸗ rektor sich bezogen, indem er aus der Annahme desselben folgerte, daß die Preußische Politik in Bezug auf die vorliegende Frage von Seiten des Reiches unterstützt werde, und die Behauptung halte ich vollständig aufrecht. Es ist etwas ganz Anderes, wenn die Be⸗ hauptung des Abg. Windthorst, implicite sollten die Maigesetze ein⸗ geführt werden, abgelehnt wird, als wenn die Behauptung sollte auf⸗ gestellt werden, das Reich habe die preußische Pelitik nicht unterstützt. Ich wollte wohl wissen, wie man, wenn die preußische Regierung mit einer Vorlage, wie sie die von mir bezeichnete war, an das Reich berantritt mit vollständiger Klarlegung der Motive und diese Motive allein hergenommen sind aus dem gegenwärtigen Kampfe, wean dann die Vorlage gutgeheißen wird für das ganze Reich, wie man da den Satz noch bestreiten kann, das Reich habe diese Politik gebilligt. Es blieb auch in Wahrheit für Deutschland, soweit es nicht preußisch ist, nichts Anderes übrig, als das Seinige dazu zu thun, daß Preußen den Sieg nicht verliere. Darin thut das Reich nur seine Pflicht; denn, meine Herren, wer möchte wohl die Frage bejahen, b das Reich noch dauernden Bestand haben könne, wenn Preußen in die⸗ sem Kampfe unterläge! Ich meine damit: es war auch eine Pflicht der Selbsterhaltung des Reiches, auf diesen Weg einzugehen. und auch eine Pflicht der Selbsterhaltung der einzelnen Staaten, wie gestern bereis Seitens meines Herrn Nachbars angedeutet ist. Denn wenn Sie sich dessen erinnern, was in einem allerdings nicht jo gerühmten Theile seiner Rede der Hr. Abg. Miguel von der Gleichzeitigkeit des Kampfes an allen S ellen sagte, so werden Sie eben jo wenig Zweifel haben, als ich, daß kein einziger deutscher Staat guf die Dauer von ähnlichen Kämpfen frei bleiben könnte, und dieser Blick in die Zukunft war sicher auch eines der Momente, durch welches das Reich dazu ge⸗ führt wurde, Preußen in seiner Politik zu unterstützen. Und sodann, meine Herren, das divide ot impera ist ein richtiger Ausdruck gestern gewesen. Denn nicht blos die allgemeinen Hinweisungen, die statt hatten, liegen vor, sondern ich mag Sie noch konkret daran erinnern, daß in dem Augenblicke, wo den badischen Kammern ein Gesetz vor= gelegt war, welches abzweckte, ähnliche Bestimmungen, wie sie die Malgesetze enthalten, fuͤr Baden ergänzend zu treffen, daß in dem Augenblick, als die Vorlage gemacht und noch nicht beschlossen war, aus eigener Bewegung von Seiten derrömischen Kurie der Versuch gemacht wurde, die Freiburger Bischofsstuhlangelegenheit, die lange geschwebt hatte und über die man sich bereits einigermaßen beruhigt hatte, nunmehr zu erledigen. Ich habe jehr guten Anhalt zu dem Wort, datz es kaum ein Fahr her ist, daß man Seitens der Kurie sehr be⸗ reit gewesen ist, der Schweiz weit entgegenzukommen, wenn nur Preußen in seinem Kampfe allein gelafsen wurde. Und, meine Herren, wer bürgt Ihnen denn dafür, daß außer jenem päpstlichen Briefe vom August v. J. an den ten Har des Reiches nicht nech andere Briefe an andere Fürsten geschrieben find?
Nach dem Abg. v. Mallinckrodt ergriff der Staats⸗Minister Dr. Falk noch einmal das Wort: .
Es geht mir mit den Herren im Centrum immer ganz eigen. Jedes Mal, wenn Einer von den Herren die Krone, um den Ausdruck zu gebrauchen, in die Debatte gezogen hat, nnd ich pflichtgemäß die für das Land nothwendige Zurückweisung einer derartigen Hineinziehung eintreten lasse, dann kommen die Herren mit dem Vorwurfe ich könne dem Reize nicht widerstehen, den allerhöchsten Faktor des Staates in die Debatte zu ziehen. Ich weise mit dieser einfachen Charakteristik diesen Vorwurf zurück. ; .
Dann hat mir Hr. v. Mallinckrodt Empfindlichkeit vorgeworfen. Meine Herren! Wenn ich gegenüber der Provokation des Hrn. Abg. Windthorst wirklich Empfindlichkeit an den Tag gelegt hätte, wäre es vielleicht nicht zu verwundern gewesen; aber, meine Herren, dies Ge⸗ fühl haben mir die verehrten Herren und ihre Presse draußen bereits vollständig genommen. g nd, , .
a. ist 1 dann vorgeworfen worden, ich hätte in Räthseln ge⸗ sprochen. Es war das eine Räthsel nicht ganz richtig wiedergegeben. Ich habe nicht davon gesprochen, daß das Verhalten eines der Kirchen- Fürsten in Fulda sich 9 bereits gezeigt hätte, daß man mit Noth⸗ wendigkeit gesehen, wohin er gestrebt, sondern ich habe zunächst her⸗ vorgehoben? Als man sah, wohinaus die Konsequenzen jener Fuldaer Erklärung führen mußten, und als man ah daß sich ein Kirchen⸗ fuͤrst bestrebte — so habe ich ja wohl den Ausdruck gebraucht — auf ein gewisses Ziel hinzukemmen, so hätte man müssen in Erwä—⸗ gung dessen eintreten, was nun geschehen müsse. Ja, meine Herren, schwer zu lösen muß das Räthsel doch gewiß nicht gewesen sein; denn, als Herr v. Mallinckrodt von dem Räthsel sprach, da hörte er hier laut rufen: Ledochowsky. Ja, meine Herren, die Sache ist auch ganz klar. Der bisherige Erzbischof von Posen und Gnesen hat in wenigen Monaten, wo es irgend denkbar gewesen ist, und in edem einzelnen passenden Falle 84 entschieden die Gelegenheit ge- ucht, sich mit allen mögllchen Beflimmungen der Gesetze vom Mai in Widerfpruch zu setzen, und wenn so etwas rasch und überall ge— chieht, dann muß man auf den Gedanken kommen, daß damit ein if erstrebt werde. Damit ist auch dasjenige, was vielleicht in der Räͤthfelaustösung dem Herrn Abgeordneten noch gefehlt hat, meiner Meinung nach vollständig ergänzt. Er kommt dann noch auf weitere Räthsel. Das andere Raͤthsel war das Schlußwort meiner vorhinnigen Bemerkangen. Nun, meine Herren, Sie haben wohl es Alle verstanden, daß es eine in Frageform gekleidete Andeutung war, und wenn in diefer Beziehung auch noch eine Lösung nothwendig ist, dann will ich die Sache ganz einfach aussprechen: Ich weiß, daß nicht blos der an den König von Preußen und Kaiser von Deutschland gerichtete Brief geschrieben geworden ö 4 dieser Brief nicht allein steht. Es ist ja ganz deutlich! ag den sogenannten zweiten Brief
igt. den Se. Heiligkeit geschrieben haben soll an Se. Maiestät den Kaifer — ja dann muß ich leider den Herrn Abgeordneten auf die Zeitungen verweisen. Ich weiß von einem zweiten Brief absolut nichfs, weder daß er existirt, noch gar etwas von seinem Inhalte. . Oh! im Centrum.) 21 meine Herren, wenn Sie auch Oh! rufen, es
hilft Ihnen das nichts; ich muß Ihnen das Gesagte wieder⸗