1874 / 107 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 07 May 1874 18:00:01 GMT) scan diff

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diesem Wege ie betreffenden Bekanntmachungen in kürzester Frist

ur Kenntniß des Publikums zu bringen. Von mehreren Seiten ist in Folge der Verausgabung eines nur halben Bogens eine Formatver nderung in Anregung gebracht worden, die ausge⸗ führt wer en wird, sobald sich bei der weiteren Entwickelung des Deutscher Central⸗Handels⸗Registers übersehen lassen wird, ob ein halber Bogen für die tägliche Nummer ausreicht.

Mit dem 1. April d. J. ist der Inhalt des Central⸗Han⸗ dels⸗Registers durch folgende Rubriken erweitert worden:

I) Aufsätze aus dem Gebiet des Handelsrechts, gesetzliche und Verwaltungsbestimmungen über Handelsangelegenheiten, über die Organisation der Handels behörden, Handelsgerichte und Handelskammern, sowie handelsstatistische Uebersichten.

2) Prinzipielle Entscheidungen des Reichs⸗Ober⸗Handels⸗ gerichts, sowie der Gerichte der deutschen Bundesstaaten; wichtige Beschlüsse der Handelskammern.

3) Mittheilungen aus der Handelsliteratur.

Jene Aufsätze werden auch noch in weiteren Kreisen ver⸗ breitet, indem dieselben in Separatabdrücken an die Re⸗ daktionen der betreffenden Fachzeitschriften und der größeren Zeitungen mit dem Anheimstellen unentgeltlicher Benutzung ver⸗ sendet werden.

Von der mit dem 1. April eingetretenen Befugniß, das Central⸗Handelsblatt auch abgesondert vom Deutschen Reichs⸗ Anzeiger im Wege des Postabonnements oder des Buch⸗ handels zu beziehen, haben bereits zahlreiche Interessenten Gebrauch gemacht.

Um das Central⸗Handelsregister bei seiner weiteren Entwicke⸗ lung auch den Bedürfnissen des Handelsrechts möglichst anzu⸗ passen, hat der Kurator des Reichs⸗Anzeigers zahlreiche Auto—⸗ ritäten auf dem Gebiete des Handelsrechts um Begutachtung des Unternehmens gebeten. Der Plan ist zu diesem Zweck vor⸗

läufig vorgelegt worden den Herren: Ober⸗-Tribunals⸗Rath

Hartmann, KammergerichtsRäthen Keyßner und Neumann, Justiz⸗Räthen Dr. Braun und R. Lesse in Berlin; Appellations⸗ gerichts⸗Rath Bauck in Marienwerder; Appellationsgerichts⸗-Rath Voigtel in Magdeburg; Appellationsgerichts Rath v. Kräwell in Naumburg; Appellationsgerichts-Rath Dr. Schütt in Kiel; Dr. Auerbach in Frankfurt a. M.; Rechtsanwalt Dr. Herz in Wiesbaden; Dr. Bezold, Staatsanwalt Kuffner und Ministerial⸗ Rath Dr. Freiherr v. Völderndorf in München; Reichs⸗Ober⸗ HandelsgerichtsRäthen Dr. Hoffmann, Dr. Gallenkamp, Dr. Goldschmidt, Dr. Puchelt und Wiener, Rechtsanwälten Dr. Calm, Illgner und Justiz⸗Rath Stegemann in Leipzig; Appellations—⸗ gerichts Rath Wengler in Zwickau; Kreisgerichts-Rath Heins⸗ heimer, Rechtsanwalt Dr. Kah und Dr. Ladeberg in Mannheim; Hofgerichts⸗Rath Zimmermann in Gießen; Geh. Justiz⸗Rath und Ober⸗Appellationsgerichts⸗Rath Rebling in Eisenach; Ober⸗ Appellationsgerichts⸗Rath Professor Dr. Endemann in Jena; Dr. Lamprecht in Lübeck; Dr. K. W. Hardes in Hamburg; Professor Dr. Blodig in Wien; Professor Dr. Fick in Zürich; Professor Dr. Sareis in Bern. Mehrere dieser Herren haben ihre Gutachten bereits eingesendet; sie sprechen sich fast sämmt—⸗ lich im Wesentlichen günstig und ermunternd über das Unter⸗ nehmen aus, zum Theil dahin, daß das Central-Handelsregister rückhsichtlich der Wirkung der Publikation eine in der Praxis fühl⸗ bare Lücke, die in Ermangelung eines solchen Central⸗-Publi⸗ kationsorganes im Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch ge⸗ blieben, auszufüllen geeignet sei. Einzelne dieser Gutachten sind im Central⸗Handelsregister bereits veröffentlicht worden, rücksicht⸗ lich der übrigen wird der Abdruck erfolgen, sobald der betreffende Herr Verfasser seine Einwilligung hierzu ertheilt hat.

Da ferner viele kommerzielle Kapazitäten, die Preußische Bank, der bleibende Ausschuß des deutschen Handels⸗ tages, zahlreiche Handelskammern, die ständige Deputation des volkswirthschaftlichen Kongresses, die freie volkswirthschaftliche Kommission des Deutschen Reichstags u. A. dem Unternehmen ihre Unterstützung zugesagt haben, so ist die Hoffnung begründet, daß dasselbe sich nach allen Richtungen hin zweckentsprechend entwickeln werde. !

Mit der im Plane liegenden Veröffentlichung periodischer Uebersichten über die Bekanntmachungen des Centralregisters, so geordnet, daß dieselben nicht nur als Inhaltsverzeichniß zu dem Central-⸗Handelsregister dienen, sondern sich auch als regel⸗ mäßige Fortsetzungen an die in verschiedenen Staaten bereits bestehenden Firmen- und kaufmännischen Adreßbücher anschließen, wird binnen Kurzem begonnen werden.

Schon bei den Verhandlungen der Kommission für die weitere Ausbildung der Statistik des Zollvereins im Jahre 1870 hatte man die Nothwendigkeit erkannt, die Statistik des Handelsstandes eingehender zu behandeln, und bereits Formulare für die hierzu erforderlichen Erhebungen entworfen. Der Seitens der Kommission damals gegebenen Anregung ist bis jetzt keine Folge gegeben worden. Das Central-Handels⸗ register bietet nun durch die darin aufzunehmenden Thatsachen eine neue Grundlage für eine Statistik der Bewegung des Han⸗ delsstandes. Von diesem Gesichtspunkt aus ist das Kuratorium

des Deutschen Reichs⸗Anzeigers mit dem Kaiserlichen Statistischen

Amt und den statistischen Centralstellen in den einzelnen Bundes⸗ staaten in Verbindung getreten. Sowohl das Erstere als die statistischen Centralstellen von Preußen, Hessen, Oldenburg, Braunschweig und Anhalt, deren Antworten bereits eingegangen sind, haben dem Unternehmen ihre Unterstützung zugefagt und sich ausführlich über dasselbe geäußert. Ihre Ansichten stimmen im Wesentlichen darin überein, daß das Eentral⸗Handelsregister eine geeignete Grundlage für die Statistik des Handelsstandes bilde, wenn sein Geltungsbereich auf das ganze Deutsche Reich ausgedehnt werde, so daß es eine vollständige Uebersicht über alle deutsche Firmen enthalte, und wenn ferner die bekannt zu machenden Thatsachen sich nicht blos auf das nach dem Handelsgesetzbuch unbedingt Nothwendige beschränken. In letzterer Beziehung sei hinsichtlich aller Firmen die Veröffentlichung der Geschäftsbranche wünschenswerth; mindestens in Betreff der Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien aber auch die Centrali⸗ strung aller anderen wichtigen gerichtlichen Bekanntmachungen, z. B. über Konkurse, im Central⸗-Handelsregister. Wir haben zur Prüfung resp. Ausführung der in diesen Gutachten ent⸗ haltenen Vorschläͤge bereits die nöthigen Einleitungen getroffen. Wie vorstehend hervorgehoben ist, hängt der kommerzielle und statistische Werth des Central Handelsregisters hauptsächlich davon ab, daß aus demselben auch die Heschäftsbranche der betreffenden Firma ersichtlich ist, wie dies bei allen gerichtlichen Bekanntmachungen über Eintragungen in die österreichischen Handelsregister der Fall ist. Mehrere deutsche Gerichte befolgen im u . der Betheiligten bereits die Praxis, in der Bekannt⸗ machung auch die Geschäͤftsbranche der berg den Firma kurz

zu erwähnen; es wäre aber sehr wünschenswerth, daß sich alle Gerichte dieser Praxis anschlössen, und daß Seitens der Hohen Staatsregierungen und von allen einflußreichen Stellen aus mit Nachdruck dahin gewirkt würde.

Im Verfolg der Ordre vom 22. März d. J. haben Se. Majestät der Kaiser und König bestimmt, daß auch die Mannschaften der 4 Garde⸗Grenadier⸗Regimenter und des Garde⸗Schützen⸗Bataillons auf den Aermelpatten der Waffenröcke Litzen zu tragen haben.]

In diesem Jahre werden Generalstabs⸗Uebungs⸗ reisen bei dem Garde⸗Corps dem II, IV., V., VIII., XIV. und XV. Armee⸗Corps stattfinden.

Der General der Kavallerie und General⸗Inspecteur des Militãr⸗ und Erziehungs⸗ und Bildungswesens Baron von Rheinbaben hat sich mit Urlaub nach Carlsbad begeben.

= Der General⸗Major von Kasezewski, Direktor des Militãr⸗Oekonomie⸗Departements im Kriegs⸗Ministerium hat eine Dienstreise zunächst nach Darmstadt angetreten.

Der Oberst Heinrich XIII. Prinz Reuß, Flügel⸗Adju⸗ tant Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Commandeur des Königs⸗Husaren⸗Regiments (1. Rheinisches)ꝰ Nr. 7, hat sich nach Bonn zurückbegeben.

Bayern. München, 5. Mai. Der König wird am nächsten Sonntag der Fahnenweihe des Veteranen und Krieger⸗ vereins München anwohnen und, wie zur Zeit bestimmt, hierauf Abends nach Schloß Berg übersiedeln.

Da gutem Vernehmen nach die Staatsregierung außer den bereits erfolgten Gesetzvorlagen an den Landtag noch mehrere weitere vorbereitet, die Durchberathung des Budgets aber, soweit dasselbe nicht bereits erledigt ist, allein mindestens sechs Wochen in Anspruch nehmen wird, so soll der „A. Abdztg.“ zufolge in Aussicht genommen sein, den Landtag nach Erledigung des Budgets abermals und zwar bis zum Schlusse der Herbst⸗ session des Reichstages zu vertagen.

In Rißtifsen starb in der Nacht vom 1. zum 2., 66 Jahre alt, der Freiherr Friedrich Schenk v. Stauffen⸗ berg, Vater des Reichstags abgeordneten und Präsidenten der bayerischen Zweiten Kammer. Der Bruder des Verstorbenen ist der Königlich bayerische Reichsrath und Präsident des Reichs⸗ raths Graf von Stauffenberg. Der zweite Sohn ist Königlich bayerischer Major und Flügel⸗Adiutant des Königs von Bayern.

Sach fen res den. d. Mal Dr J) Vie Er ste Kam mer begann heute die Berathung des Etats des Kultus⸗Ministeriums. Die allgemeine Debatte bot drei Rednern, Präsident v. Zehmen, Prof. Dr. Fricke und Meinhold, Anlaß, die Schattenseiten und Gefahren des Bildungswesens und des ganzen geistigen Lebens der Zeit in lebhaften Farben zu schildern. Kultus⸗Minister Dr. v. Gerber versagte sich, tiefer auf das von diesen Rednern angeregte, nicht leicht zu erschöpfende Thema einzugehen; er drückte die Hoffnung aus, daß es der Leitung des Schulwesens gelingen werde, den berechtigten Wunsch, nicht durch eine Ueberbürdung der Schule mit Wissenschaft die Charakter⸗ bildung der Jugend zu gefährden, mit der Berücksichtigung der hoch gesteigerten Ansprüche zu vermitteln, welche das Leben heute an die Schule stelle. In der Spezialdebatte wurde der Etat des neuen Landes ⸗Konsistoriums nur in der von der Zweiten Kammer beschlossenen Höhe bewilligt; ein An⸗ trag des Ober⸗ Hofpredigers Dr. Kohlschütter, das Regierungs⸗ Postulat herzustellen, fand nur 12 Stimmen. Gegen den An⸗ trag der Finanz⸗Deputation wurde die Forderung von 200,000 Thlrn. für die Anlage eines neuen botanischen Gartens an der Universität Leipzig mit 20 gegen 19 Stimmen bewilligt. Be⸗ willigt wurden auch alle übrigen auf die Universität bezüglichen Postulate des außerordentlichen Budgets. Die Berathung wird morgen fortgesetzt. .

Die Zweite Kammer nahm in einer kurzen Sitzung zu⸗ nächst den Antrag der Abgg. Schreck und Eysoldt auf Errich⸗ tung einer Weiche beim Haltepunkte Pötzscha an der sächsisch—⸗ böhmischen Bahn, über welchen gestern die Abstimmung Stim⸗ mengleichheit ergeben hatte, an und erledigte hierauf eine Anzahl Petitionen.

Württemberg. Stuttgart, 4. Mai. Der Erb⸗ großherzog von Sachsen sowie der Prinz Sergei Ro⸗ manoffski, Herzog von Leuchtenberg, sind heute aus Anlaß der Vermählungsfeierlichkeiten zum Besuche der Königlichen Familie hier eingetroffen und im Königlichen Residenzschlosse abgestiegen.

Vermöge Höchster Entschließung vom 3. Mai sind, wie der „St. A. f. W.“ meldet, die Großfürsten Constantin, Dmitri und Wjatscheslaw, Söhne des Großfürsten Con⸗ stantin von Rußland, unter die Großkreuze des Ordens der Württembergischen Krone aufgenommen worden.

6. Mai. (W. T. B.) Heute Nachmittag 3 Uhr traf der Kaiser von Rußland hier ein. Auf dem Bahnhofe wurde er von dem Könige und der Königin, den Prinzen des Königlichen Hauses, dem Großfürsten Constantin nebst Söhnen, dem Herzog Eugen von Württemberg, der Großfürstin Vera und mehreren anderen anwesenden deutschen Prinzen empfangen. Nachdem die Begrüßung stattgefunden, fuhren die Hohen Herr⸗ schaften unter stuͤrmischen Hochrufen der Volksmenge nach dem Königlichen Schlosse. Heute Abend werden die Königliche Fa⸗ milie und die Hohen Gaͤste im Theater der Vorstellung der Oper Lohengrin beiwohnen.

Baden. Karlsruhe, 5. Mai. Am Sonntag, dem 3. Mai, Nachmittags waren der Prinz Wasa und die Herzogin von Hamilton, Prinzessin Marie von Baden, zum Befuch der Großherzoglichen Familie hier anwesend und kehrten Abends nach Baden zurück. Prinz von Wasa verabschiedete sich von seinen hohen Verwandten vor der Rückreise nach Wien. Heute Nachmittag kamen der Graf und die Gräfin Tran aus Baden hier an, um der Großherzoglichen Familie einen a abzustatten, und begaben sich am Abend dorthin zurück. Au die Königin von Schweden traf heute Nachmittag hier ein und wurde von Ihren Königlichen Hoheiten auf dem Bahnhof begrüßt. Die Königin, welche sich zu Ihrer Schwester, der Für⸗ stin von Waldeck, nach Baden begiebt, setzte nach kurzem Aufent⸗ halt die Reise dorthin fort.

HGessen. Darm stadt, 6. Mai. (W. T. B.) Der Kai⸗ ser von Rußland ist heute Mittag hier eingetroffen und von dem Großherzoge und den Prinzen Ludwig, Alexander und Wil⸗ helm von Hessen am Bahnhofe empfangen worden. Der Kaiser reiste, nachdem er das Deseuner im Residenzschlosse eingenommen hatte, nach Stuttgart wester.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 6. Mai. (W. T. B) Der Landtag des Großherzogthums ist heute in der herkömmlichen Weise geschlossen worden. Der Landtagsabschied zählt 20 Gesetze auf, die verab⸗ schiedet worden sind. Es befinden sich darunter das . über Einführung von Friedensrichtern, ein neues Volksschul⸗

gesetz, ein Gesetz über die Gehalte der Volksschullehrer, die neue Gemeindeordnung. Die Sanktionirung des Wahlgesetzes ist vor⸗ behalten worden, es wird beabsichtigt, den gegenwärtigen Land⸗ tag nochmals einzuberusen. Mit besonderer Befriedigung wird in dem Verabschiedungsdekrete der Thätigkeit gedacht, die der Landtag auf dem gesammten Gebiete des öffentlichen Unterrichts⸗ wesens entwickelt habe, und der erfolgten namhaften Err n der Lehrergehalte. Es wird bedauert, daß in Bezug auf die äußeren Verhältnisse der Kirche zur Zeit nur die allerdringend⸗ sten Bedürfnisse befriedigt worden sind, zugleich wird die Ein⸗ berufung der Landessynode in nahe Aussicht gestellt.

Bremen, 3. Mai. Die Deputation für Verwaltungs⸗ reform hat einen Gesetzentwurf über die Rechts verhält⸗ nisse der Beamten ausgearbeitet, den der Senat mit seinen Bemerkungen versehen nun der Bürgerschaft zugehen läßt. Es soll danach die Gehaltszahlung der Regel nach monatlich im Voraus erfolgen und mit dem ersten Tage des Kalender⸗Monats das Gehalt als für den ganzen Monat verdient angesehen wer⸗ den. Alterszulagen treten, wenn nichts anderes bestimmt ist, von fünf zu fünf Jahren, zuletzt fünfzehn Jahre nach dem Dienstantritte ein. Ohne Erlaubniß des Senats darf kein Beamter ein Nebenamt bekleiden, noch eine Nebenbeschäftigung mit fortlaufender Vergütung oder sonst ein Erwerbsgeschäft be⸗ treiben, noch auch dem Vorstande, Verwaltungsrath oder Auf⸗ sichtsrath einer auf Erwerb gerichteten Gesellschaft angehören. Das Ruhegehalt tritt nach zehn Jahren ein und beträgt dann zwei Fünftel des Gehalts, steigt mit jedem weiteren Dienstjahre um ein Fünfzigstel, und zwar bis zu vier Fünfteln des Ganzen nach vollendetem dreißigsten Dienstjahre. Disziplinarisch gestraft kann werden durch Ordnungsstrafen und Dienstentlassung, jene in Warnung, Verweis und Geldbuße bestehend. Die Se⸗ nats⸗Kommissionen an der Spitze der einzelnen Verwaltungs⸗ zweige und der Präsident des Richter-Kollegs find befugt, Geld⸗ strafen bis zu 100 Mark zu verhängen.

Elsaß⸗Lothringen. Schlettstadt, 1. Mai. In seiner Sitzung vom 25. v. M., welcher der Kreis- Direktor Graf zu Solms, Regierungs⸗Rath Pietsch, Vertreter des Ober⸗Präsidiums, und Hauptmann Heyde, Vertreter des Kriegs⸗Ministeriums, beiwohnten, hat, wie die „Els. Nachr.“ mittheilen, der Gemeinde⸗ rath zu Schlettstadt einstimmig einem die Schleifung der Fest ung betreffenden Vertrage beigestimmt.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 6. Mai. Im Herren hause legte die Regierung gestern ein Börsengesetz, sowie ein Gesetz über die Handelsmakler vor. Das Herrenhaus nahm in zweiter und dritter Lesung die Gesetzentwürfe, betreffend die Eisenbahn Leobersdorf⸗St. Pölten, die Gebührenerleichterungen bei Fusionirung von Aktiengesellschaften, die Einrichtung der Grundbücher in mehreren Kronländern und die Eisenbahn Ra⸗ konitz⸗Pribram⸗Protivin, an.

(W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Herren⸗ hauses wurde der Gesetzentwurf über die staatliche Anerkennung der Religionsgesellschaften ohne Debatte angenommen.

Im Abgeordnetenhause gelangte das Landwehrge⸗ setz zur Berathung. Nach längerer Debatte und nachdem der Minister für Landesvertheidigung dasselbe auf das Wärmste befürwortet hatte, beschloß das Haus einstimmig, in die Spezial⸗ diskussion einzutreten.

J. Mai. (W. T. B.) Auf die Interpellation des Ab⸗ geordneten Dr. Ofner, betreffs der Maßregelung von ruthe⸗ nischen geistlichen Deputirten wegen ihrer Abstimmung über die Kirchengesetze, antwortete der Kultus⸗Minister: Der Erzbischof Sembratowies habe die betreffenden geistlichen De⸗ putirten derjenigen Funktionen enthoben, welche er ihnen aus eigener Machtvollkommenheit übertragen habe und welche er ihnen daher zu jeder Zeit zu entziehen befugt sei. Der Regierung fehle daher jede Handhabe zum Einschreiten. Dagegen habe dieselbe Vorsorge getroffen, daß die gemaßregelten geistlichen Deputirten an ihren Einnahmen keine Einbuße erleiden würden. Sie habe in diesem Falle alles gesetzlich Zulässige ge⸗ than und würde auch künftighin jedem ähnlichen Vorgehen mit allen gesetzlichen Mitteln entgegentreten. (Beifall.)

Pest, 5. Mai. Das Abgeordnetenhaus wies §. 54 der Notariatsvorlage, betreffend die Fälle des Notarz lszwanges, nach langer Debatte abermals an den Centralausfchuß zurück, die übrigen rückständigen Theile der Vorlage wurden nach den Ausschußanträgen erledigt, und die Gesetzentwürfe über die Haft⸗ pflicht der Eisenbahnen und über Wechselfälschungen nach kurzer Debatte angenommen.

J. Mai. (W. T. B.) Sämmtliche Mitglieder des Subcomités des kirchenpolischen Ausschusses haben in Uebereinstimmung mit dem Kultus⸗Minister sich im Prinzipe für die Einführung der obligatorischen Civilehe ausge⸗ sprochen. An den Justiz⸗Minister wird deshalb der Antrag ge⸗ richtet, den auf das Eherecht bezüglichen Theil des bürgerlichen Gesetzbuches noch in diesem Jahre vorzulegen.

Großbritannien und Irland. London, 7. Mai. (WV. T. B.) Der „Times“ wird aus Paris gemeldet, daß von Seiten einiger Mitglieder der Nationalversammlung in Be⸗ treff der vom Grafen Derby auf die Interpellation Lord Russells in der Unterhaussitzung vom 5. d. abgegebenen Erklärung über die politische Lage Europas eine An⸗ frage an Mitglieder der Regierung gerichtet worden und von letzteren darauf die formelle Versicherung ertheilt sei, daß fich in der letzten Zeit Nichts ereignet habe, was zu dieser Erörterung ö englischen Parlamente eine spezielle Veranlassung habe geben önnen.

Frankreich. Paris, 6. Mai. Der Präsident der Republik kam in Saumur am 4 Abends an und wurde am Bahnhof von General Thorton, Komman⸗ danten der Kavallerieschule in Saumur, dem Präfekten von Angers und den übrigen Behörden empfangen. Am 5. früh war Parade in der Kavallerieschule. Um 11 Uhr fand der Empfang der Behörden statt, und des Nach⸗ mittags besuchte der Präsident nochmals die Schule. Abends 3 großes Diner, worauf der Präsident nach Paris zurück⸗ ehrte.

(W. T. B.) Der Herzog von Broglie hat bei Gelegenheit eines in Eyreux stattgehabten Festmahles, dem er beiwohnte, sich dahin ausgesprochen, daß die Regierung die bestimmte Absicht habe, die kon stitutionellen Gesetz⸗ entwürfe der Nationalversammlung vorzulegen, und daß die⸗ selbe es als dringend nothwendig erachte, daß diese Gesetzent⸗ würfe schleunigst berathen würden, damit den schwankenden Zu⸗ ständen der Regierung und der Institutionen, unter deren Herr⸗ schaft Frankreich gegenwärtig stehe, endlich ein Ziel gesetzt werde.

(W. T. B.) Der Deputirte für das Departement der See⸗Alpen (Nizza) Bergondi hat sich erschossen.

Spanien. Madrid, 6. Mai. (W. T. B.) Nach hler

eingegangenen Meldungen aus Durango vom 4. d. M. haben sich die carlistischen Truppen, welche vor Bilbao gestanden haben, getheilt. Einige navarresische Bataillone befinden sich in Durango bei der Person des Don Carlos, während die bis⸗ cayschen Bataillone unter Valdesping sich nach Biscaya zurück⸗ gezogen haben. Vier castiljanische Bataillone sind nach Areta marschirt, vier andere nach Guardjuyela. Die Kavallerie hat sich nach Orduna, die Artillerie in das Thal von Arratis ge⸗ ogen. 9 Aus Santander wird gemeldet, daß die in Verfol⸗ gung der Carlisten begriffenen Truppen Zornosa passirt haben und ihren Marsch auf Durango richten. Die Carlisten haben ihren Rückzug nach Estella (in Navarra unweit Pamplona) ge⸗ nommen.

Der amtlichen „Gaceta“ zufolge ist ein Carlistentrupp unter dem Befehle der beiden Cucala (Vater und Sohm) in der Provinz Valencia geschlagen worden.

Dem Marschall Serrano ist auf seiner Reise von Santander hierher an allen von ihm passirten Orten ein enthusiastischer Empfang bereitet worden. Derselbe traf heute Mittag um 1 Uhr hier ein und wurde von den Ministern und Behörden empfangen. Eine zahlreich versammelte Volks⸗ menge begrüßte den Marschall mit lautem Jubel.

Ein Telegramm aus Paris, 6. Mai, Abends, meldet: Nach aus Bilbao unterm 3. d. hier eingetroffenen Nachrichten haben die Bewohner der Stadt nur wenig durch die Belagerung gelitten. Die Zahl sämmtlicher durch das Bombardement Ge⸗ tödteten beträgt etwa 130. Fast alle englischen Unterthanen, welche hier wohnten, hatten die Stadt am 20. April verlassen. Nach dem Einzuge der Regierungstruppen ist von den Freiwil⸗ ligen eine größere Anzahl von Gebäuden, deren Bewohner den Carlisten guͤnstig gefinnt waren, in Brand gesteckt worden.

Italien. Rom, 1. Mai. Zu Anfang der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer fragte der Abgeordnete Corte den Kriegs-Minister, ob es wahr sei, daß die Regierung dem Marine⸗Minister die Küstenvertheidigung anheim stellen wolle. Der Kriegs⸗Minister erwiderte, daß er und der Marine⸗Minister, von der Zweckmäßigkeit dieser Maßregel überzeugt, eine Kom— mission von Generalen und höheren Marine⸗Offizieren ernannt haben, um diese wichtige Frage gründlich zu prüfen. Diese Kommission sei bereits in Rom zusammengetreten und arbeite eifrig an ihrem Werke. Die Regierung behalte sich natürlich vor, ihre Rathschläge zu befolgen oder sie zu verwerfen und die letzte Entscheidung der Kammer zu überlassen, ohne deren Einwilli⸗ gung schon darum nichts in der Sache geschehen könne, weil im Falle der Ausführung gedachter Maßregel die Budgetziffern bedeutend modifizirt werden müßten. Nachdem sich Herr Corte mit dieser Antwort zufriedengestellt erklärt hatte, setzte die Kam⸗ mer die Verhandlungen über die Abänderungen des Mahlsteuer— gesetzes fort und nahm den zweiten und dritten Artikel der betreffenden Regierungsvorlage an.

Die zur Prüfung des neuen Strafgesetzentwurfes niedergesetzte Sengtskommission hat dieser Tage ihr Urtheil über die Todesstrafe gefällt und zwar hat sie sich mit einer Stimme Mehrheit für die Beibehaltung derselben ausgesprochen. Diese einzige Stimme, welche in der Kommission den Ausschlag gab, war die des Senators Giorgini. Hr. Gadda und einige andere Senatoren, welche mit ihm stimmten, gaben die Erklärung ab, daß auch sie für die Abschaffung der Todesstrafe gestimmt hätten, wenn ein Ersatzmittel, wie z. B. die Deportation, vor— handen wäre. Der Vorschlag Mirabelli's, die Todesstrafe prin— zipiell aus dem Gesetzbuch zu streichen, sie aber durch Spezial⸗ gesetz interimistisch wieder einzuführen, erlangte die Majorität nicht, weil man glaubte, daß sich die anderen Provinzen dieses Inferioritätszeugniß Toscana gegenüber nicht gefallen lassen würden. Es wurde indeß beschlossen, bei der Berichterstattung an den Senat zu erwähnen, daß der Vorschlag des Senators n, 9. Aufmerksamkeit der Kommission im höchsten Grade

efesselt habe. ö 2. Mai. Die „Italia militare“ bestätigt heute, daß die vor mehreren Jahren unternommenen Arbeiten zur europäi⸗ schen Gradmessung von italienischen und österreich⸗-ungari⸗ schen Generalstabs-Offizieren am 5. Mai von Neuem in Angriff genommen werden sollen. Die Arbeiten bestehen in der Aus⸗ messung einer geodätischen Basis in der Umgegend von Udine, welche von der im September 1873 in Wien zufammengetretenen permanenten Kommission zur Meridianausmessung beschlossen worden ist.

Griechenland. Athen, 6. Mai. (W. T. B.) Das Ministerium Bulgaris führt, nachdem die Bemühungen Deligeorgis, ein neues Kabinet zu bilden, gescheitert sind, einst⸗ weilen die Geschäfte weiter. Wie es heißt, würde die Deputirten⸗ Kammer vertagt werden.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 1. Mai. Der König und die Königin kamen am 27. v. M. Abends um 1016 Uhr in Gothenburg an. Die Majestäten wurden in der hell erleuchteten Bahnhofshalle von allen Behörden empfan— gen. Der Vorsitzende der Bürgerrepräsentantschaft hielt darauf eine Ansprache im Namen sämmtlicher Bürger. Vom Bahnhofe fuhren die Hohen Reisenden durch die außerordentlich reich geschmückten, hell erleuchteten Straßen, umgeben von einer zahlreichen, jubelnden Menschenschaar nach der Wohnung des Amtmannes. Am folgenden Tage besuchte der König die Militär⸗ Anlagen, während die Königin die mildthätigen Stiftungen in Augenschein nahm. ;

Am 28. April Vormittags kam in den Kammern das sogenannte Decharge⸗Gutachten des Konstitutionsausschusses zur Verhandlung. Die Erste Kammer schloß die Verhandlung Vor⸗ mittags mit Beiseitelegung des Gutachtens; die Zweite Kammer aber, welche ihre Verhandlung erst Abends um 10 Uhr been⸗ det hatte, beschloß in Uebereinstimmung mit dem Vorschlage des Freiherrn Erieson, beim Könige um die Verabschiedung der Staatsräthe Berg, Wärn und Lejonhufvud anzuhalten. Die⸗ ser Beschluß wurde mit 9s Stimmen gegen 83 angenommen.

2. Mai. Der König und die Königin, zu deren Ehre zahlreiche Festlichkeiten in Gothenburg flattgefunden haben, reisten von dort vorgestern Abend um 11 Uhr mit einander mit einem Extrazuge nach Falköping (10, schw. Meilen) ab; hier aber trennten sich Ihre Majestäten, der König um nach Stock⸗ holm zurückzukehren, wo er gestern um Mittag eintraf, und die Königin, um sich mit ihrem zweiten Sohne, dem Herzog von Gotland, der ihr bis dahin entgegengekommen war, auf der sich bei Falköping von der westlichen abzweigenden südlichen Stamm⸗ bahn nach Malmö und weiter über Kopenhagen nach Deutsch⸗ land zu begeben und einen Besuch bei ihrer Schwester, der Fürstin von Wied, abzustatten.

Der Reichstag hat in Uebereinstimmung mit der Königlichen Proposition und dem Gutachten des Staatsausschusses beschlossen, solche Kronhufen an Zahl 174 für welche die jährliche Pacht 200 Kronen nicht übersteigt, auf öffentlicher Auktion zu verkaufen, das dafür einfließende Geld aber dem Reichsschuldenkontor zur Verwaltung zu übergeben, bis der Reichstag die Verwendung desselben zum Einkauf solcher Län⸗ dereien beschließt, die entweder mit Waldung bestanden oder zum Waldanbau dienlich sind.

4. Mai. Einem Telegramm des „Ritzauschen Bureaus“ zufolge ist Justizrath Carleson, Mitglied des Höchstengerichts, heute zum Justiz⸗Minister ernannt worden.

Bei der Debatte, welche im Reichstage über das Dechargegutachten stattgefunden hat, erklärte sich der Minister des Aeußern, Björnstjerna, über die Lootsenfrage. Er stellte die Behauptung in Abrede, daß die Lootsenfrage durch den Traktat von 1857 eine internationale Frage und der Sund ein internationales Fahrwasser geworden sei. Der Titel des Trak⸗ tats: ‚Traktat über Zollabgaben“, gäbe dessen Inhalt an, welcher nur die Kapitalisirung der Abgaben, die den Schiffen und Waaren beim Passiren des Oeresundes auferlegt waren, beträfe und sich in keiner Weise auf die Frage wegen eines freien Meeres oder völkerre.htliche Prinzipien einließe. Nachdem der Minister nachgewiesen hatte, daß man alle früheren, von schwedischer Seite vorgenommenen Versuche, das Lootsen im Oere⸗ sund zu besorgen, hätte aufgeben müssen, erklärte derselbe, daß die Dänen mit sehr großer Mäßigung aufgetreten, und daß von ihrer Seite keine Ungesetzlichkeiten vorgenommen worden seien. Schwe⸗ den erkenne selbst keine unbegrenzte Lootsenfreiheit in seinen Ge— wässern an und könne somit auch nicht fordern, daß seine Nach⸗ barn den schwedischen Lootsen eine solche Freiheit in ihren Ge— wässern gestatte. Das Lootsen würde außerdem von den Staaten im Allgemeinen nicht als ein Vortheil betrachtet, denn es folgten damit verschiedene Verpflichtungen, wie z. B. das ganze Jahr hindurch für die Aufrechterhaltung der Seefahrt zu sorgen. Daß das Lootsen unter gewissen Verhältnissen auch vortheilbringend sein könne, sei nicht zu leugnen; die oeresundsche Lootsengesellschaft könne als ein Beweis dafür dienen. Diefe Gesellschaft wäre jedoch der Meinung gewesen, daß sie nur Rechte, aber keine Verpflichtungen hätte. Die Böte dieser Gesellschaft hätten sich nur nach eignem Gutdünken hinaus begeben, um größere, tiefgehende Fahrzeuge aufzusuchen, während die dänischen Lootsen in jedem beliebigen Wetter pflichtgemäß in See gehen und lootsen mußten ꝛc.

Dänemark. Kopenhagen, 2. Mai. Die „Mini⸗ sterialtidn.“ theilt einen, vom Münz⸗Direktor, Etatsrath Levy, dem Finanz⸗Ministerium erstatteten Bericht über die in Ver⸗ anlassung der Einführung des Goldmünzfußes statt— gefunden Operationen mit, woraus hervorgeht, daß die Staats— kasse beim Uebergange vom Silber⸗ zum Goldmünzfuß einen Verlust von 185,132 Rdl. erlitten hat, nämlich Verlust bei Ein⸗ ziehung von Reichsmünze, um dafür einen Theil des nöthigen Goldes einzukaufen: 165,550 Rdl., Ausgaben bei Prägung der Goldmünzen 29,222 Rdl., während dagegen beim Einkaufe des Goldes 9640 Rdl. verdient worden sind. Im Ganzen sind jetzt 1,153,124 3wanzig⸗Kronenstücke und 368,929 Zehn-Kronenstücke, zum Gesammtwerthe von 13,375,885 Rdl. ausgemünzt worden.

4. Mai. Die Leiche des am 1. Januar d. J. hier verstorbenen Geh. Konferenz⸗Raths, Kammerherrn und Ordens Vicekanzlers L. N. v. Scheel e soll am Donnerstag Abend Über Korför und Kiel nach Rellingen bei Pinneberg transportirt und daselbst am Freitag, den 8. d. M. bestattet werden. Die Beerdigung des Kammerherrn, Rittmeisters und Adjutanten beim Könige, Bardenfleth, hat heute hier stattgefunden. Vor der Holmenskirche paradirte eine Infanterie⸗Abtheilung mit einem Musikcorps. Offiziere des Husaren⸗Regiments fungirten als Trauermarschälle an der Kir⸗ chenthür und beim Sarge. Der König erwies dem Verstorbenen die Ehre, in eigener Person den Feierlichkeiten in der Kirche beizuwohnen. Auch der Kronprinz und der Bruder des Königs, Prinz Johann, hatten sich daselbst eingefunden. In dem zahlreichen Gefolge, welches größtentheils aus Militärpersonen bestand, waren der Konseils⸗Präsident, der Justiz⸗Minister, General Scharffenberg, alle höheren Hofchargen u. s. w.

Amerika. Die New⸗Jorker Zeitungen vom 23. v. M. enthalten ausführliche Berichte über die furchtbaren Verheerungen, welche die Ueberschwemmungen im ganzen Distrikt, durch welchen der Mississippi und seine Nebenflüsse fließen, verursacht haben. Während dieses Jahrhunderts, sagen die Blätter, ist nichts Der⸗ artiges vorgekommen, und der bereits angerichtete Schaden muß die Verheerungen der Brände von Chicago und Boston min⸗ destens zehnmal übersteigen. Hunderte von Quadratmeilen des fruchtbarsten und am besten ultivirten Landes in Amerika werden durch rapide Strömungen weggeschwemmt; die Städte New⸗ Orleans und Nashville und viele kleinere Städte stehen mehr als halb unter Wasser; Vieh ist zu Hunderten ertrunken, viele Häuser und Farmen sind weggeschwemmt worden und den Dämmen des Mississippi ist unberechenbarer Schaden zugefügt worden. In Boston und anderwärts sind Subskriptionen für die Nothleidenden eröffnet worden.

Ferner meldet ein New⸗Jorker Kabeltelegramm vom 4. ds.: Die durch den Austritt des Mississippi verursachten Ueberschwem⸗ mungen gewinnen an Ausdehnung, und einige reiche Baum⸗ wollplantagen in Arkansas sind ruinirt worden. Aufrufe um Unterstützung finden noch immer statt. Das Hülfs⸗Comité in Louisiana vertheilt täglich 50, 00 Rationen unter die von den Fluthen heimgesuchten.

Aus Brasilien wird gemeldet, daß sich anläßlich des von dem Bischof Vital d'Olinda ausgesprochenen Interdikts, welches er gegen die geistlichen Brüderschaften der Provinz Pernambuco verhängte, und Angesichts des Auftretens des Bischofs von Parä innerhalb der liberalen Partei eine lebhafte, umfassende Agitation geltend macht, um die Gestaltung einer brasilianischen Nationalkirche herbeizuführen.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Zum Besten des Liebig⸗Denkmals ist in München gegenwärtig ein Gemälde von Gabriel Max auggestellt, welches die all⸗ gemeine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Das Motiv ist aus Romeo und Julie entnommen und stellt letztere auf ihtem Lager in todten haftem Schlafe dar, nachdem sie den ee , , Trank geschlürft neben ihr auf einem Tabouret steht die erloschene herabgeschmolzene Kerze neben Romeo's Ring und dem Gebetbuch; über der Brust hält sie ihren Myrthenkeanz in der Hand; im Hintergrund aber bricht der volle Glanz des Morgens in das düster verhangene Gemach; heitere Gespielinnen wollen sie mit Brautgesängen wecken, aber die Freundin hört sie nicht mehr. Das Gemälde ist der „Allg. Itg.“ zufolge in malerischer Hinsicht, was Zeichnung, Kompesition und Farbe betrifft nach jeder Beziehung ein Meisterstück, und doch ist das eigentli

künstlerische Moment, das der Auffassung und Darstellung des Ge— dankens, noch bedeutender. „Es ist unmöglich,“ sagt das genannte Blatt. „die ganze erschütternde Tragik des Moments, Vergangenheit und Zukunft, schöner und wahrer im Augenblice festzuhalten und ihre Gegensätze zu zerlegen, und Toch zu solch inniger Einheit zusammen— zufassen wahrlich, das heißt Shakespeare nachdichten in der ganzen Größe seines Geistes.“

Am 24 R M. wird in Dresden eine Ausschußsitzung Les deutschen Journalistentages stattfinden, auf welcher Zeit, 2 Tagesordnung des IX. Journaliftentages festgesetzt wer⸗

en sollen.

Metz, 30. April. Die Restauratisnsarbeiten an der Kathedrale schreiten rüstig fort; dieselben sind an dem dem Quer—⸗ schiffe zunächst stehenden Strebepfeiler der Nordwestseite des Lang- hauses bereits vollendet, und die neue Kreuzblume prangt auf diesem Pfeiler in herrlicher Schönheit. Gegenwärtig ist man mit der ÄAb⸗ nahme des Gerüstes beschäftigt, um dasselbe an den nächst gelegenen Pfeiler aufzustellen. Unterdeß nehmen die Arbeiten an den anderen Stellen der Kathedrale, namentlich an der Südostseite, ihren unge · störten Fortgang.

Rem, 2. Mai. Vorgestern wurde auf dem protestantischen Kirchhofe in Rom in Gegenwart des deutschen Gefandten von Keudell und vieler deutscher Künstler das Denkmal eingeweiht, welches dem deutschen Maler Karstens auf dem Wege der Subskription gesetzt worden ist.

In Florenz ist der berühmte Schriftsteller Nicolo Tom⸗ . mit Hinterlassung mehrerer noch nicht veröffentlichten Werke gestorben.

Landwirthschaft.

.Das landwirthschaftliche Ministerium hat für den zu Trier in Aussicht genommenen pemologischen und önologischen Kongreß zur Beihülfe für die Kosten, welche durch die Abhaltung desselben und den damit verbundenen Ausstellungen entstehen, 506 Thlr. bewilligt. Zu dem Kongresse sind außer den deutschen (einschließlich der Elsaß⸗Lothringer)ꝰ Pomologen und Oenologen auch diejenigen von Luxemburg, Oesterreich- Ungarn, der Schweiz, Frankreich, Belgien und den Niederlanden, sowie die in Wien . permanenten Kom⸗ missionen zur Regelung der Nomenklatur des Obstes und der Trauben eingeladen. Ins Werk sollen gesetzt werden Augstellungen: A. des Obstes und zwar: I) des rohen Obstes; ?) des Doöͤrrobstes, eingemach⸗ ter Früchte c. B. der Trauben; C. der jungen Obstbäume; D. der mög⸗ lichst mit reifen Trauben versehenen Reben in Körben namentlich zur Teststellung der Sortennamen; F. Geräthschaften und zwar J) für den Abst⸗ und Weinbau, 2) für die Wein- und Mostbereitung sowie fũr Verwerthung der Rückstände, 3) für die Behandlung der Flaschen⸗ weine im Keller und für die Champagner-Fabrikation, 4) fur Ol st⸗ nutzung (Dörren, Mühlen, Keltern 2c), 5) künstlicher Weinbergdünger; FE. der Materialien für Behandlung und Verbesserung des Weins, 8 literarischer Werke über Obst. und Weinbau, Weinbehandlung, Lehrmittel 2e, Bei derdlusstellung des Obstes und der Trauben wird beson⸗ ders Gäwicht auf größere, mit dem richtigen Namen bezeichnete Kollektip⸗ Ausstellungen des allgemein an den Straßen, auf den Baumfeldern und in den Garten verbreiteten Obstes gelegt. An die Aussteller der vorzũg⸗ lichsten Objekte sollen Prämien vertheilt werden. Das Geschäfts—⸗ Comité der Ausstellung hat Aussicht, daß das landwirthschaftliche Ministerium Ehrenpreise bewilligen wird, die übrigen Prämien werden von dem Geschäfts Comité beschafft werden. Zur Beurtheilung des Werthes der ausgestellten Gegenstände werden sechs Jury-Abtheilungen à fünf Personen gebildet werden, und zwar für Ohbst, Trauben, Flaschenweine, Geräthe und Obstprodukte aller Art, Obstbäume, Weinstöcke ꝛc. und wissenschaftliche Gegenstände.

Die „Wiener Abendz.“ veröffentlicht folgenden vorläufigen Saatenstandsbericht für die Periode von Mitte bis err April Obwohl von den zu erwartenden Berichten bisher kaum der dritte Theil eingegangen ist, läßt sich doch, da der Einlauf sich ziemlich gleichmäßig auf alle Theile der westlichen Reichshälfte mit Ausnahme von Galizien, der Bukowina und Dalmatien, vertheilt, bereits über die Wirkung des starken Temperaturrückganges in den letzten Tagen des April ein zutreffendes Bild liefern. Das eben erwähnte bedeutende und jähe Fallen der Temperatur war zwar allen Theilen der erwähn ten Ländergruppe gemeinsam, jedoch kam es nicht überall zum Froste, indem entweder umwölkter Hizamel mit oder ohne Schneegestöber oder andauernde starke Winde den Eintritt dessel ben verhinderten. So wird aus Chrudim in Böhmen, aus einigen Stationen in Nieder-Oester⸗ reich, aus Graz und aus Laibach gemeldet, daß dort (mit Ausnahme der benachbarten Berge) kein Frost eingetreten 9

In den Nordwestländern (Böhmen, Mähren, Schlesien) richtete der Frost, wo er auftrat, nur wenig oder gar keinen Schaden an, da die Temperatur, so weit die Berichte reichen, nirgends unter 3 Grad sank, während mit Ausnahme des Steinobstes die Vegetation noch bei keiner Kulturpflanze so weit vorgeschritten war, um durch einen mäßigen Frost viel zu leiden.

Dort beschränkt sich also der Schaden auf einen Theil der Gersten⸗ felder, wo die Spitzen der noch sehr jungen Saat verfengt wurden, ein Schaden, der eine vollkommene Erholung zuläßt, und auf Nußbäume, Kirschen und zum Theil auch auf Pflaumen

In den Alpen und deren Vorländern hingegen schadete der Frost un noch mehr der demselben vorangegangene beträchtliche Schneefaslf stre nweise auch dem Korn sehr bedeutend, weil dieses zum Theil bereits in die Aehren geschossen war und durch den stellenweise be— deutenden Schneefall geknickt wurde.

Solche Schäden werden gemeldet aus Ober-Oesterreich und Steier⸗ mark, und mußten in ersterem Lande viele Kornfelder abgemäht wer- den; auch dürfte viel Lagerfrucht beim Korne voraussichtlich in beiden Ländern die Folge sein, wenn auch günstige Witterung noch Vieles wieder gutmachen kann.

Nüsse und Steinobst wurden in den meisten Gegenden versengt, besonders erstere; das Kernobst aber blieb auch hier unversehrt.

Der Wein litt nur in den höheren, dann in den von Winden ge⸗ schützten Lagen bedeutend, in den meisten Lagen aber wenig und in manchen garnicht. ;

Aus den Ländern der südlichen Zone liegen nur sehr wenige Be— richte vor; aber, so weit dies der Fall ist, wird kein irgendwie beträcht⸗ licher Schaden gemeldet.

Wien, 6. Mai. (W. T. B Der dritte offizielle Bericht über den Stand der Saaten in Oesterreich⸗Ungarn in der zwei⸗ ten Hälfte des Monats April bestätigt die Angaben des jüngst gemel- deten vorläufigen Berichts. Außerdem sind aus den nördlichen Län— dern des Reichs ziemlich beruhigende, aus Ungarn dagegen zum größ- ten Theil ungünstige Nachrichten über Frostschaden eingelaufen.

Gewerbe und Handel.

Stettin, 6. Mai. Von Mittwoch den 27. bis Sonnabend den 30. dieses Monats findet hier die Generalversammlung des „Vereins für die Rübenzucker‚Industrie des Deutschen Reich s statt. Im Anschluß an die fachmännischen Verhandlungen ist ein reichhaltiges Festprogramm aufgestellt, bei welchem auch auf die Be= theiligung Seitens des größeren Publikums gerechnet wird. Auf den 28. (Donnerstag) ist eine Dampfschiffahrt nach Frauendorf bei Be⸗ leuchtung der Oderufer auf der Rückkehr .

Düsseldorf, 2. Mai. Gestern fand hierselbst eine außerordent⸗ liche Generalversammlung des Vereins zur Wahrung der ge meinsamen wirthschaftlichen Interessen in Rheinland und Westfalen statt, welcher, außer den Vertretern der bedeu⸗ tendsten wirthschaftlichen Vereine des westlichen Deutschlands, der Re⸗ gierungs Präsident von Ende, der vortragende Rath im Reichs, Eisen⸗ bahn⸗Amte, Geh. Regierungs⸗ Rath Kraefft und der Ober ⸗Bürger - meister Hammers bewohnten. : . .

Auf der Tagesordnung stand erstens die Eisenbahn = Tariffrage, rücksichtlich welcher nach eingehender Debatte mit allen gegen eine Stimme folgende Resolution angenommen wurde: „Generalversamm⸗ lung verlangt: . .

J. daß Konjunkturschwankungen, wie überhaupt vorübergehende Zustände, namentlich aber die in den anormalen letzten Jahren ge

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