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Es sollAen hiernach bestehen: die Herstärkte Ersatz Kommission weben den ständigen Mügliedern aus höchstens noch einem Offizier und anz vier bürgerlichen Mitgliedern; die verstärkte Ober ⸗Ersatz Kommission neben den ständigen Mitgliedern aus einem bürgerlichen Mitgliede. - ; .
5) Die Mitglieder der Ersatzbehörden haben gleiches Stimmrecht; ihre Beschlüsse werden mit Stimmenmehrheit gefaßt. Wo nur die ständigen Mitglieder an der Beschlußfassung theilnehmen, ist bei Meinnngsverschiedenheit die Angelegenheit der nächst höheren Instanz Zur Gatscheidung vorzulegen. Für unaufschiebbare vorläufige Maß- regeln ist bei der Ersatz⸗Kommission die Stimme des Civilmitgliedes, bei der Ober-⸗Ersatz⸗Lommission die Stimme des militärischen Mit⸗ gliedes maßgebend. Desgleichen entscheidet bei der Ober⸗Ersatz ⸗Kom⸗ miffion die Stimme des militärischen Mitgliedes über die körperliche Brauchbarkeit der Militärpflichtigen und die Vertheilung der aus— gehobenen Mannschaften auf die verschledenen Waffengattungen und Truppentheile. ; , ᷣ
6) Bei dem Verfahren vor den Ersatzbehörden sind die Bethei⸗ ligten berechtigt, ihre Anträge durch Vorlegung von Urkunden und Stellung von Zeugen und Sachverständigen zu unterstützen. ö.
7) Die Ersatz⸗Kommission arbeitet der Ober⸗Ersatz⸗Kommission ver. Sie verfügt die nach dem Gesetze zulässigen Zurückstellungen der Militärpflichtigen. Im Uebrigen unterliegen ihre Beschlüsse der Re⸗ vision und endgültigen Entscheidung der Ober⸗Ersatz⸗Kommission.
Gegen Entscheidungen der Ersatz-Kommission über die Klassifi= kation der Manns haften der Reserve, der Landwehr und der Ersatz= reserve 1. Klasse steht dem ständigen militärischen Mitgliede die Er hebung des Einspruches zu, in welchem Falle die endgültige Entschei⸗ dung lediglich durch die ständigen Mitglieder der Ober ⸗Ersatz⸗Kom⸗ mission erfolgt. 3 . .
8) Gegen die Entscheidungen der Ober ⸗Ersatz⸗Kommission steht nur den Militärpflichtigen beziehungsweise ihren zur Reklamation berechtigten Angehörigen eine Berufung an die höheren Instanzen zu. In Aushebungsbezirken, welche ihren Rekrutenantheil nicht aufzu⸗ bringen vermögen, kann jedoch gegen die auf Befreiung vom Militär- dienst gerichteten Entscheidungen auch Seitens des ständigen militärischen Mitgliedes der Ober⸗Ersatz⸗Kommission Berufung an die höhere Instanz eingelegt werden.
31. Die Gemeinden oder gleichartigen Verbände haben unter
Kontrole der Ersatzbehörden Stammrollen uͤber alle Militärpflichtigen
u führen. Die Militärpflichtigen und deren Angehörige haben die
nmeldungen zur Stammrolle nach Maßgabe der gegenwärtig be—
stehenden Vorschriften zu bewirken. .
§. 32. Die Stammrollen werden auf Grund der Cipilstands⸗ register und der nach §. 31 zu erstattenden Meldungen geführt. Die mit Führung der Civilstandsregister betrauten Behörden und
ersonen sind verpflichtet, die zur Führung der Stammrollen erforder⸗
ichen Auszüge unentgeltlich vorzulegen. ;
§. 33. Wer die nach Maßgabe des 8§. 31 vorgeschriebenen Mel⸗ dungen zur Berichtigung von Stammrollen unterläßt, sowie Militär⸗ pflichtige, welche in den von den Ersatzbehörden abzuhaltenden Ter— minen nicht pünktlich erscheinen, sind, sofern sie nicht dadurch zugleich eine härtere Strafe verwirkt haben, mit Geldstrafe bis zu dreißig Mark, oder Haft bis zu drei Tagen zu bestrafen.
Militärpflichtigen, welche in einem von den Ersatzbehörden abzu—⸗ haltenden Termine nicht pünktlich erschienen sind, können von den Er— sjatzbehörden die Vortheile der Loosung entzogen werden. Ist diese Versäumniß in böslicher Absicht oder wiederholt erfolgt, so können die Ersatzbehörden sie auch des Anspruchs auf die nach 5§. 19 bis 22 zu lässigen Vergünstigungen verluftig erklären und als unsichere Heeres⸗ pflichtige sofort in die Armee einreihen lassen. Die Dienstzeit wird nn. erst vom nächstfolgenden Rekruten⸗Einstellungstermine ab ge⸗ rechnet.
Ist die Versäumniß durch Umstände herbeigeführt, deren Beseiti ⸗ gung nicht in dem Willen des betreffenden Anmeldungs⸗ oder Ge Ir meer fichtigen lag (Absatz 1,2), so treten die vorerwähnten Folgen nicht ein.
§. 34 Rekruten, welche 16 ihrer Aushebung, sowie Freiwillige, welche nach definitiver Annahme bei einem Truppentheile vorläufig in die Heimath beurlaubt werden, gehören bis zu ihrer Einstellung zu den Mannschaften des Beurlaubffnstandes.
5. 35. Alle auf die Heeresergänzung bezüglichen amtlichen Ver ⸗ richtungen und Verhandlungen, mit Ausnahme der durch strafbare Handlungen bedingten, unterliegen weder einer Stempelgebühr noch einer Taxe.
5. 36. Von den Kosten des Rekrutirungsverfahrens sind nur die⸗ High auf Reichsfonds zu übernehmen, welche sich unmittelbar aus er Betheiligung von Militärbehörden und Militärpersonen an dem- selben ergeben.
Den einzelnen Bundesstaaten bleibt die Bestimmung überlassen, von wem die übrigen Kosten zu tragen sind.
§. 37. Ueber die Ergebnisse des Ergänzungsgeschäfts ist dem Bundesrath und Reichstag alljährlich Mittheilung zu machen.
III. Abschnitt. Vom aktiven Heere.
§. 38. Zum aktiven Heere gehören:
A. Die Militärpersonen des Friedensstandes, und zwar:
1 die Sffiziere. Aerzte und Militärbeamten des , vom Tage ihrer Anftellung bis zum Zeitpunkte ihrer Entlassung ans dem Dienste;
2) die Kapitulanten vom Beginn bis zum Ablauf oder bis zur
Aufhebung der abgeschlossenen Kapitulation;
3) die Freiwilligen und die ausgehobenen Rekruten von dem Tage, mit welchem ihre Verpflegung durch die Militärverwaltung beginnt, Einjährig Freiwillige von dem Zeitpunkte ihrer definitiven Einstellung in einen Truppentheil an, sämmtlich bis zum Ablauf des Tages ihrer Entlassung aus dem aktiven Dienste.
B. I) Die aus dem Beurlaubtenstande (7. Abschnitt) zum Dienst einberufenen Offiziere, Aerzte, Militärbeamten und Mannschaften von dem Tage, zu welchem sie einberufen sind, bis zum Ablauf des Tages der Wiederentlassung;
2) alle in Kriegszeiten zum Heeresdienst aufgebotenen oder frei⸗ willig eingetretenen Offiziere, Aerzte, Militärbeamten und Mannschaf— ten, welche zu keiner der vorgenannten Kategorien gehören, von dem Tage, zu welchem sie einberufen sind, bezw. vom Zeitpunkte des frei⸗ willigen Eintritts an, bis zum Ablauf des Tages der Entlassung.
. Die CEivilbeamten der Militärverwalkung, vom Tage ihrer Anstellung bis zum Zeitpunkte ihrer Entlassung aus dem Dienste.
6. 33. Dle besondere Gerichtsbarkeit über. Militärpersonen be⸗ schränkt sich auf Strafsachen und wird durch Reichsgesetz geregelt.
Den allgemeinen Gerichtsftand haben die Militarpersonen bei dem Gerichte des Garnisonertes; diejenigen jedoch, welche nur zur Erfül⸗ lung der Wehrpflicht dienen oder welche seibständig einen Wohnsitz nicht begründen können, nur bezüglich der Klagen wegen vermõgens⸗· , ,
s bleiben diglenigen landesgesetzlichen Vorschriften in Kraft, nach welchen für Truppentheile, die nach der Mobilmachung ft. Garnison verlassen haben oder sich dauernd im Auslande aufhalten, die Ausübung der streitigen oder freiwilligen Gerichtsbarkeit einem inländischen Gerichte oder den Auditeuren ein für alle Mal übertra—⸗ gen ist, oder für den einzelnen Fall im Verordnungswege übertragen werd Hu. gr, Milttzchersonen des 3 ; 4. ie Militärpersonen des Friedensstandes bedürfen ihrer 2 Genehmigung ihrer Vorgesetzten. .
§. 41. Die Militärpersenen des Friedensstandes und die Civil⸗ beamten der Militärverwaltung können die Uebernahme von Vormund⸗ schaften ablehsen und sind zu deren Uebernahme nur mit Genehmi⸗ gung ihrer Vorgesetzten berechtigt.
S. 42. Die landesgesetzlich für einzelne Klassen von Militär- persoren bestehenden Beschrankuagen hinsichtlich der Erwerbung, Ver- äußerung und Belastung van Grundstũcken werden aufgehoben.
§. 153. Zum Betriebe eines Geweches bedürfen die Milttär⸗ versonen des Friedensstandes für sich und für die in Dienstgebäuden bel ihnen woehnenden Mitglieder ihres Haus standes der Er- laubniß ihrer Vorgesetzten, infofern nicht daß Gewerbe mit der Be
. eines ihnen gehörigen ländlichen Grundstückes ver ⸗ unden ist.
§. 44. In Kriegszeiten oder während eines Belagerungszustandes können die im ö 38 bezeichneten und die nach 55. 155 bis 158 des Militãr⸗Strafgesetzbuchs vom 20. Juni 1872 den Militärgesetzen unterworfenen Personen letztwillige Verordnungen unter besonders er⸗ leichterten Formen gültig errichten (privilegirte militärische letztwillige Verfügungen). Die Vorrechte der Militärpersonen in Beziehung auf diese letztwilligen Verordnungen bestehen allein darin, daß sie nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen den für ordentliche letzt- willige Verfügungen vorgeschriebenen Förmlichkeiten nicht unterworfen sind. Es sind dabei die folgenden Bestimmungen zu beobachten:
I) Die Befugniß, in Kriegszeiten oder während eines Belage⸗ rungszustandes privilegirte misitärische letztwillige Verfügungen zu errichten, beginnt für die oben bezeichneten eon von der Zeit, wo sie entweder ihre Standquartiere oder, im Fall ihnen solche nicht an⸗ gewiesen sind, ihre bisherigen Wohnorte im Dienste verlassen oder in denselben angegriffen oder belagert werden. ̃
Kriegsgefangene oder Geißeln haben diese Befugniß, so lange sie sich in der Gewalt des Feindes befinden. 13
W Privilegirte militärische letztwillige Verfügungen sind in gül⸗ tiger Form errichtet:
a] wenn sie von dem Testator eigenhändig geschrieben und unter⸗ schrieben sind; -
b) wenn sie von dem Testator eigenhändig unterschrieben und von
c) wenn von einem Auditeur oder Offizier, unter Zuziehung zweier Zeugen oder noch eines Auditeurs oder Offiziers, über die mündliche Erklärung des Testators eine schriftliche Verhandlung aufgenommen und diese dem Testator vorgelesen, sowie von dem Auditeur oder Offizier und den Zeugen, bezw. von den Auditeuren oder Offizieren unterschrieben ist.
Bei verwundeten oder kranken Militärpersonen können die unter b. und C. erwähnten Auditeure und Offiziere durch Militärärzte oder höhere Lazarethbeamte oder Militärgeistliche vertreten werden.
3), Die sub 2 erwähnten Zeugen sind Beweiszeugen; sie brauchen nicht die Eigenschaft von Instrumentszeugen zu haben, und es kann die Aussage eines derselben fur vollständig beweisend angenommen werden. 4 Die nach Vorschrift sub 26. aufgenommene Verhandlung hat in Betreff ihres Inhalts und der in ihr angegebenen Zeit der Auf-
nahme die Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde.
Ist in der eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen, oder in der eigenhändig unterschriebenen letztwilligen Verfügung (2 2. b.) die Zeit der Errichtung angegeben, so streitet die Vermuthung bis zum Beweise des Gegentheils für die Richtigkeit dieser Angabe.
Eine gleiche Vermuthung streitet dafür, daß die letztwillige Ver fügung während des die privilegirte Form zulassenden Ausnahme— n . errichtet ist, wenn dieselbe während dieser Zeit oder inner-
jalb vierzehn Tage nach deren Aufhören einer vorgesetzten Militär - behörde zur Aufbewahrung übergeben ist, oder wenn dieselbe in dem Feldnachlaß des Testatorz euren n wird.
5H). Privilegirte militärische letztwillige Verfügungen verlieren ihre Gültigkeit mit dem Ablauf eines Jahresß von dem Tage ab, an welchem der Truppentheil, zu dem der Testator gehört, demobil ge—⸗ macht ist, oder der Testator aufgehört hat zu dem mobilen Truppen theil zu gehören, oder als Kriegsgefangener oder Geißel aus der Ge— walt des Feindes entlassen ist.
Der Lauf die ser Frist wird jedoch suspendirt durch anhaltende Unfähigkeit des Testators zur Errichtung einer anderweiten letztwilligen Verordnung. .
Wenn der Testator innerhalb des Jahres vermißt und in dem Verfahren auf Todeserklärung oder auf Abwesenheitserklärung festge⸗ stellt wird, daß er seit jener Zeit verschollen ist, so tritt die Ungültig⸗ keit der letztwilligen Verfügung nicht ein.
S. 45. Die durch Reichs- oder Landesgesetze vorgeschriebenen Be⸗ schränkungen der gerichtlichen Zwangsvollstreckungen gegen Militärper- sonen finden guf alle Arten der Zwangsvollstreckung gegen die letzteren entsprechende Anwendung. Eine Aufhebung dieser Beschränkungen durch vorgängige Einwilligung des Schuldners ist ohne rechiliche Wirkung.
Den Anspruch auf Zahlung von Diensteinkünften, Wartegeldern oder Pensionen können die Militärpersonen mit rechtlicher Wirkung nur in soweit abtreten, verpfänden oder sonst übertragen, als eine Be⸗ jchlagnahme im Falle einer Zwangsvollstreckung zulässig gewesen wäre. Die Benachrichtigung an die auszahlende Kasse geschieht durch eine der Kasse , öffentliche Urkunde.
6 46. Die Verpflichtung der Militärpersonen zur Entrichtung der Staatssteuern regelt sich nach den Landesgesetzen unter Berücksich—⸗ tigung des Gesetzes wegen Beseitigung der Doppelbesteuerung vom 13. Wai 1879 (Bundes⸗-Gesetzbl. des Rorddeutschen Bundes S. 119.
Jedoch ist das Militäreinkommen der Personen des Unteroffizier⸗ und Gemeinenstandes, sowie für den Fall einer Mobilmachung das Militäreinkommen aller Angehörigen des aktiven Heeres bei der Ver⸗ anlagung bezw. Erhebung von Staatssteuern außer Betracht zu lassen. Die Feststellung eines angemessenen Steuernachlasses für die Unter offiziere und Gemeinen des Beurlaubtenstandes und deren Familien für die Monate, in welchen jene sich im aktiven Dienste befinden, bleibt der Landesgesetzgebung überlassen.
I. Zur Annahme von Aemtern in der Verwaltung und Ver— tretung der kirchlichen oder politischen Gemeinden und weiteren Kom- munalverbände bedürfen aktive ilitärpersonen der Genehmigung ihrer Dienstvorgesetzten.
§. 483. Diejenigen Begünstigungen, welche nach der Gesetzgebung der einzelnen Bundesstaaten den Hinterbliebenen von Staatsbegmten hinsichtlich der Befteuerung der aus Staatsfonds oder aus öffentlichen n n , m, denselben gewährten Pensionen, Unterstützungen oder sonstigen Zuwendungen zustehen, finden auch zu Gunsten der . bliebenen von Militärpersonen hinsichtlich der denselben aus Reichs—⸗ oder Staatsfonds oder aus öffentlichen Versorgungskassen zufließenden gleichartigen Bezũge Anwendung.
F. 49. Für die zum aktiven Heere gehörigen Militärpersonen, mit Ausnahme der Militärbeamten, ruht die 6 zum Wählen sowohl in Betreff der Reichsvertretung, als in Betreff der einzelnen Landesvertretungen. Eine Vereinigung der hiernach wahlberechtigt bleibenden ö zu besenderen Militär⸗Wahlbezirken fur die Wahl der auf indirektem Wahlrecht beruhenden Landesvertre⸗ tungen darf nicht stattfinden.
Die Theilnahme an politischen Vereinen und Versammlungen ist den zum aktiven Heere gehörigen Mislitärpersonen unterfagt.
IV. Abschnitt. Entlassung aus dem aktiven Dienste.
§. 50. Alle Soldaten, welche nach erfüllter aktiver Dienstpflicht von den Fahnen entlassen werden, treten nach Maßgabe r 6 zur Reserve, zur Landwehr oder zum Land⸗
urm über.
Mannschaften, welche bei Mobilmachung des Heeres oder bei Bildung von i n n aus der Ersatzreserve zum Dienst einberufen und bei Zurückührung des Heeres auf den Friedensfuß wieder entlassen werden (5. 28), treten, wenn sie militärisch ausgebildet sind, je nach ihrem Lebenzalter (5. 62), zur Reserve oder Landwehr über, anderenfalls aber in die Ersaͤtzreserve zurück.
. Mannschaften der Kavallerie, welche sich freiwillig zu einer vier- 6 . Dienstzeit verpflichtet haben, dienen in der Landwehr nur drei Jahre.
Einjährig ⸗ Freiwillige, welche während ihrer Dienstzeit mit Ver⸗ setzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes bestraft werden, ver. lieren die Eigenschaft als ,,, , und den Anspruch auf Ex nassung nach einjähriger Dienstzeit.
§. 51. Volksschullehrer und Kandidaten des n . Felche ihre Befähigung für das Schulamt in vorschriftsmäßlger Prü⸗ fung nachgewiesen haben, können nach kürzerer Einübung mit den Waffen zur Verfügung der Truppentheile beurlaubt werden.
. Giebt der Beurlaubte seinen bisherigen Beruf gänzlich auf oder wird er aus dem Schulamte für immer entlassen, ö kann er vor Ab⸗ lauf des Jahres, in welchem er das 25. Lebensjahr vollendet, zum
aktiven Dienst eingezogen werden.
zwei Zeugen oder einem Auditeur oder Offizier mitunterzeichnet sind;
ö 52. Soldaten, welche während der Erfüllung ihrer aktiven Dienstpflicht dienstunbrauchbar werden, sind zur Disposition der Er⸗ satzbehörden zu entlassen (5. 56h. ĩ
„53. Seldaten im aktiven Dienst können auf Ansuch en zur Verfügung der Ersatzbehörden entlassen werden, wenn einer der im 5. 2 tr. L bis 5 bezeichneten Gründe nach ihrer Aushebung einge⸗ treten ist.
Ueber die Zulässigkeit des Gesuches entscheidet nach Begutachtung der Verhältnisse durch die en e, Mitglieder der Ersatz⸗Kommission der kommandirende General desjenigen Armee Lorps, in welchem der Reklamirte seiner Dienstpflicht genügt, in Gemeinschaft mit der betref⸗ 66 30 Nr. 3 c.) Landes ⸗ oder Provinzialbehörde seines Heimats-⸗
ezirkes.
Die Eantlassung des Reklamirten erfolgt erst zu dem nächsten all- gemeinen Entlassnngstermine, sofern nicht ein ungewöhnlicher Grad der Dringlichkeit die frühere Entlassung nothwendig macht.
Auf Soldaten, welche sich bei mobilen Truppen im Dienst be⸗ .
finden, haben diese Bestimmungen in der Regel keine Anwendung.
§. 54. Die zur Disposition der Ersatzbehörden entlassenen Sol- daten gehören bis zur Entscheidung über ihr ferneres Militärverhältniß zu den Mannschaften des Beurlauhtenstandes (V. Abschnitt).
5. 55. Ueber das fernere Militärverhältniß der zu ihrer Dis- positien entlassenen Mannschaften entscheiden die Ersatzbehörden nach denselben Grundsätzen, wie über die noch nicht eingestellten Militär- pflichtigen der entsprechenden Altersklassen.
Haben dergleichen Mannschaften jedoch bereits ein Jahr oder als Einjährig⸗Freiwillige neun Monate aktiv gedient, so sollen sie nicht von Neuem für den aktiven Dienst ausgehoben werden, es sei denn, daß sie der Verpflichtung, deren Erfüllung ihre Entlassung aus dem Militärdienst begründete, sich entziehen und das 25. Lebensjar noch nicht vollendet haben.
V. Abschnitt. Vom Beurlaubtenstande und der Ersatz⸗ reserve erster Klasse.
§8 56. Zum Beurlaubtenstande gehören;
I) die Offiziere, Aerzte, Beamten und Mannschaften der Reserve und Landwehr; . :
2) die vorläufig in die Heimath beurlaubten Rekruten und Frei⸗ willigen (5. 34);
3) die bis zur Entscheidung über ihr ferneres Militärverhältniß zur Disposition der Ersatzbehörden entlassenen Mannschaften (58. 54);
) die vor erfüllter aktiver Dienstpflicht zur Disposition der Truppentheile beurlaubten Mannschaften.
§. 57. Die Personen des Beurlaubtenstandes sind während der Beurlaubung den zur Ausübung der militärischen Kontrole erforder- lichen Anordnungen unterworfen. Sie haben geeignete Vorkehrungen zu treffen, daß dienstliche Befehle ihrer Vorgesetzten und namentlich Einberufungsordres ihnen jederzeit zuzestellt werden können.
Im dienstlichen Verkehr mit itzren Vorgesetzten oder wenn sie in k erscheinen, sind sie der militärischen Disziplin unter⸗ worfen (§. 9).
Ueber die Ausübung der militärischen Kontrole, die Uebungen und die gegen Personen des Beurlaubtenst andes zulässigen Disziplinar⸗ strafmittel wird ein besonderes Gesetz nähere Bestimmungz treffen.
58. Bei eintretender allgemeiner Mobilmachung haben alle im Auslande befindlichen Personen des Beurlaubtenstandes sich unverzüglich in das Inland zurückzubegeben, sofern sie hiervon nicht ausdrücklich dispensirt werden. ;
5§. 59. Im Frieden können Mannschaften der Reserve und Laud⸗ wehr, welche nach außereuropäischen Ländern gehen wollen, unter Dispensation von den gewöhnlichen Dienstpflichten, jedoch unter der Bedingung der Rückkehr im Falle einer Mobilmachung, auf zwei Jahre beurlaubt werden.
Weist der Beurlaubte durch Konsulatsatteste nach, daß er sich in einem der erwähnten Länder eine feste Stellung als Kaufmann, Ge⸗ werbetreibender 2c, erworben hat, so kann der Urlaub bis zur Ent— lassung aus dem Militärverhältnisse und unter gleichzeitiger Dispen - sation von der Rückkehr im Falle einer Mobilmachung verlängert werden. Auf die Küstenländer des Mittelländischen und Schwarzen Meeres findet diese Bestimmung keine Anwendung.
5. 60. Außerdem gelten die folgenden Bestimmungen:
I) Den Offizieren und in Offizierrang stehenden Aerzten des Beurlaubtenstandes, sowie den im 8. 56 unter 2 bis 4 bezeichneten Mannschaften darf — falls sie nicht nachweisen, daß sie in einem an⸗ deren Bundesstaate die Staatsangehörigkeit erworben haben — die Entlassung aus der Staatsangehsrigkeit nur mit Genehmigung der Militärhehsrde ertheilt werden.
Y) Offiziere und im Offizierrange stehende Aerzte des Berur⸗ laubtenstandes, welche ohne Erlaubniß auswandern, werden mit Geld= strafe his zu dreitausend Mark oder mit Haft oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft. .
3) Die im §. 56 unter 2— 4 bezeichneten Mannschaften sind den Bestimmungen im dritten Abschnitte des Militär⸗Strafges'tzbuchs vom 20. Juni 1872, über unerlaubte Entfernung und Fahnenflucht, und den Bestimmungen im vierten Abschnitte desselben Gesetzbuchs, über Selbstbeschädigung und Vorschützung ven Gebrechen, in gleicher Weise, wie die Personen des aktiven Dienststandes unterworfen.
) Die vorläufig in die Heimath beurlaubten Rekruten und Frei= 4 bedürfen zur Verheirathung der Genehmigung der Militär⸗
ehörde.
5 Die zur Disposition der Truppentheile beurlaubten Mann- schaften können bis zum Ablauf ihres dritten Dienstjahres jederzeit zur Fahne wieder einberufen werden, und bedürfen bis dahin der mili⸗ tärischen Genehmigung zum Wechsel des Aufenthaltsortes.
S. 61. Im Uebrigen gelten für die Personen des Beurlauhten⸗ standeg die allgemeinen Landesgesetze und sind dieselben in der Wahl ihres Aufenthaltsortes im In- und Auslande, in der Ausübung ihres Gewerbes rücksichtlich ihrer Verheirathung und ihrer sonstigen bür—⸗ gerlichen Verhäͤltnisse Beschränkungen nicht unterworfen.
§. 52. Die Mannschaften der Reserve und Landwehr werden in Jahresklassen nach ihrem Dienstalter eingetheilt.
„Die Dienstzeit in der Reserve und Landwehr wird von demselben Zeitpunkte an berechnet, wie die aktive Dienstzeit, auch wenn in Er— füllung der letzteren eine Unterbrechung stattgefunden hat. Die Ver⸗ setzung aus der Reserve in die Landwehr, bezw. die Entlassung aus der Landwehr erfolgt bei den Herbst⸗Kontrolversammlungen des be⸗ treffenden Jahres. ;
Mannschaften, welche in Folge eigenen Verschuldens (9. 18 des Militär ⸗Strafgesetzhuchs vom 26. Juni 1872) verspätet aus dem ak⸗ tiven Dienste entlassen werden, treten stets in die jüngste Jahresklafse der Reserve ein. ĩ
Die Reserve und Landwehrpflicht derjenigen Mannschaften, welche der en r angehört haben 5. 50, ist so zu bemessen, als wenn sie im ersten Jahre ihres dienstpf ichtigen Alters ausgehoben wären.
§. 63. Bei nothwendigen Verstaͤrkungen oder Mobilmachungen des Heeres werden die Mannschaften des Beurlaubtenstandes nach Be—⸗ darf, jedoch in den Grenzen der bezüglichen Bestimmungen des Ge⸗ setzes, betreffend die Verpflichtung zum Kriegsdienst, vom 9g. Novem⸗ ber 1867, zur Fahne einberufen, und zwar, soweit die militärischen . es gestatten, nach den Jahresklassen, mit der jüngsten be⸗ ginnend.
5. 64. Hierbei können dringende häusliche und gewerbliche Ver—⸗ n derart Berückshtigung finden, daß 5 hinter die letzte Jahresklasse der Reserve ihrer Waffe oder Dienstkategorie, Land⸗ wehrmannschaften aber, sowie in besonders dringenden . auch ein⸗ zelne Reservisten, hinter die letzte Jahresklasse der Landwehr ihrer Waffe oder Dienstkatgorie zeitwelse zurückgestellt werden. ;
Jedoch darf in keinem Aushebungsbezirke die Zahl der hinter den letzten Jahrgang der Reserve zurückgestellten Mannschaften zwel Prozent der Reserve, die Zahl der hinter den letzten Jahrgang der Landwehr enten Mannschaften drei Prozent der Reserve und Landwehr
rsteigen.
- lief die Dauer der Gesammt-⸗Dienstzeit hat die Zurückstellung keinen Einfl
uß. S. 65. Jerich; Staats ⸗ und Kommunalbeamte, sowie Angestellte
der Eisenbahnen, welche der Reserve oder Landwehr 2 dũrfen fur den Fall einer Mobilmachung oder nothwendigen Verstärkung des Heeres hinter den altesten Jahrgang der Landwehr zurückgestellt werden, wenn ihre Stellen selbst vorübergehend nicht offen gelassen werden können und eine geeignete Vertretung nicht zu ermöglichen ist.
ersogen des Beurlaubtenstandes und der Ersatzreserve, welche ein geistliches Amt in einer mit Korporationsrechten innerhalb des Bundesgebietes bestehenden Religionsgesellschaft bekleiden, werden zum Dienste mit der Waffe nicht herangezogen. Außerdem findet auf die⸗ selben die Bestimmung des ersten Absatzes dieses Paragraphen An ·
endung. ö .
ö §. 566. Reiche Staats⸗ und Kommunalbeamte sollen durch ihre Einberufung zum Militärdienst in ihren bürgerlichen Dienstverhält nissen keinen Nachtheil erleiden . .
Ihre Stellen, ihr persönliches Diensteinkommen aus dDenselben und ihre Anciennetät, jowie alle sich daraus erßebenden Ansprüche bleiben ihnen in der Zeit der Einberufung zum Militärdienste ge⸗ wahrt. 223 dieselben Offizierbesoldung, so kann ihnen der reine Betrag derselben auf die Civilbesoldung angerechnet werden; den⸗ jenigen, welche einen eigenen Hausstand mit Frau oder Kind haben, beim Verlassen ihres Wohnortes jedoch nur, wenn und soweit das reine Civileinkemmen und Militärgehalt zusammen den Betrag von 3600 Mark jährlich übersteigen. ; U
Nach denselben Grundsaͤtzen sind pensionirte oder auf Wartegeld stehende Civilbeamte hinsichtlich ihrer Pensionen oder Wartegelder zu behandeln, wenn sie bei einer Mobilmachung in den Kriegsdienst eintreten. . ĩ
Die näheren Bestimmungen bleiben den einzelnen Bundesregie⸗ rungen überlassen. ⸗
§. 67. Mannschaften des Beurlaubtenstandes, welche sich der Kontrole länger als ein Jahr entziehen oder eine Ordre zum Dienste ohne anerkannte Entschuldigung unbefolgt lassen, können, abgesehen von der etwa noch anderweit über sie zu verhängenden Strafe, unter Verlängerung ihrer Dienstzeit in die nächst jüngere Jahresklasse ver ; setzs werden. Dauert die Kontrolentziehung zwei Jahre und darüber, so können sie entsprechend weiter zurückversetzt werden.
§. 68. Personen des Beurlaubtenstandes, welche nach erfolgter Auswanderung vor vollendetem 31. Lebensjahre wieder naturalisirt werden, treten in denjenigen Jahrgang, welchem sie ohne die statt gehabte Auswanderung angehört haben würden, wieder ein.
5§. 69. Die Mannschaften der Ersatzreserve erster Klasse werden den nachfolgenden Bestimmungen unterworfen:
I) Wegen der Reihenfolge der Einberufung und wegen der Be⸗ rückschtigung häuslicher und gewerblicher Verhältnisse im Falle der Einberufung finden die 5§8§. 63 und 64 auf sie entsprechende An⸗ wendung. .
Y Sie haben der Militärbehörde den Wechsel ihrer Wohnung anzuzeigen und geeignete Vorkehrungen zu treffen, daß ihnen eine etwaige Einherufungsordre jederzeit richtig zugehen kann.
3 Im Falle eines außerordentlichen Bedürfnisses können sie auf Grund Kaiserlicher Verordnung zu Kontrolversammlungen einberufen werden.
g) Bei eintretender allgemeiner Mobilmachung haben die im Autlande befindlichen Ersatzreservisten erster Klasse sich unverzüglich in das Inland zurückzubegeben; von dieser Verpflichtung können sie im entsprechenden Falle des 5§. 59 befreit werden. ü
5) Bei Mobilmachungen und bei beginnender Bildung von Ersatz⸗ truppentheilen müssen sie der Einberufung sofort Folge leisten; für den Fall der Zuwiderhandlung finden die auf die Personen des Be— urlaubtenstandes bezüglichen Vorschriften im dritten Abschnitte des Militär⸗Strafgesetzbuchs vom 20. Juni 1872 auf sie Anwendung.
6) Mannschaften der Ersatzreserve erster Klasse, welche sich der ihnen auf Grund des Gesetzes auferlegten Kontrole entziehen, werden mit Geldftrafe bis zu 60 Mark oder Haft bis zu acht Tagen bestraft. Abzesehen ven den hiernach zu verhängenden Strafen können sie unter Verlängerung ihrer Dienstpflicht in die nächst jüngere Jahresgklasse versetzs werden. Dauert die Kontrolentziehung zwei Jahre und dar— uber, so werden sie entsprechend weiter zuiückversetzt, jedoch niemals über das vollendete 31. Lebensjahr hinaus.
I) Mannschaften der Ersatzreserve erster Klasse, welche nach erfolgzter Auswanderung vor vollendetem 31 Lebensjahre wieder natura⸗ lisirt werden, treten in den Jahrgang wieder ein, welchem sie ohne die stattgehabte Auswanderung angehört haben würden.
83) Außer dem Falle einer besonderen Anordnung für die Zeit eines Krieges oder einer Kriegsgefahr (5. 17 des Gesetzes vom 1. Juni 180, Bundes⸗Gesetzbl. S. 355) bedürfen sie keiner Erlaubniß zur Auswanderung. Sie sind jedoch verpflichtet, von ihrer bevorstehenden Auswanderung der Militäͤrbehörde Anzeige zu machen. Die Unter- lassung dieser Anzeige unterliegt der im 5. 360 des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich angedrohten Strafe. .
S. 70. Alle Reichs, Staats- und Kommunal⸗Behörden sind ver⸗ pflichtet, in dem Bereiche ihrer gesetzlichen Befugnisse die Militär= behörden bei der Kontrole und bei Regelung der Militärverhältnisse der Personen des Beurlaubtenstandes und der Ersatzreserve erster Klasse, insbesendere auch bei Einberufung derselben zum Dienst, zu unterstũtzen. .
Schlußbestimm ungen. 5. 72. Die Ausführungsbestimmungen zu den Abschnitten II., IV. und Vp. dieses Gesetzes erläßt der Kaiser.
§. 72. Gegenwärtiges Gesetz kommt in Bayern nach näherer Bestimmung des Bündnißvertrages vom 23. November 1870 (Bundes⸗ Gesetzl. 1871 S. M unter III. S. 5, in Württemberg nach näherer Bestimmung der Militärkonvention vom 21. 25. November i870 (Bundes⸗Gesetzbl. 1570 S. 658) zur Anwendung. .
Urkundlich unter Unserer d Unterschrift und bei⸗ gedructem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Berlin, den 2. Mai 1874.
¶ . 8.) Wilhelm. Fürst von Bismarck.
Landtags⸗Angelegenheiten.
Berlin, 9. Mai. In der Sitzung des Hauses der Ab⸗
geordneten, am JT. d. Mts., erklaͤrte der Handels⸗Minister Dr. Achenbach zu 5§. 56 (Organe der Entscheidung) des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend die . von Grundftuͤcken:
Meine see,, In der Generaldiskussion hat einer der Herren Redner der Regierung vorgeworfen, daß sie ihrerseits bei Vorlage des Entwurfes ac daran gedacht habe, die Organe der Selbstverwal⸗ tung, wie sie durch die Kreisordnung geschaffen seien, in das vorlie—= dende Gesetz einzufügen. kann den Vorwurf in dieser All⸗ gemeinheit nicht acceptiren. Als wir dieses Gesetz einzubrin⸗ gen uns entschlossen, haben wir allerdings in Erwägung gezogen, ob die alten Organe ,,, seien, oder ob man schon t auf die neuen Organe Rücksscht nehmen solle. Man entschied ich für die alten Organe aus dem Grunde vornehmlich, weil es sich bei Anwendung des vorliegenden Gesetzes um zum Theil überaus bwierige Funktionen handle, und man auf der andern Seite neuen Einrichtungen gegenüberstehe, welche erst in die Geschäste, wenn ich so sagen foll, einwachsen müffen. Man glaubte deshalb, daß es richtiger Ä, es noch einige Zeit bei dem gegenwärtigen Geschäftsumfang dieser
rgane bewenden zu lassen, ehe man gerade so wichtige Obliegenhei⸗ ten, wie fie das Expropriationsgefetz versichert, ihnen übertrüge. Es kam ferner der Umstand hinzu, daß unsere Organisation auf dem Gebiete der Sclhstverwallung noch nicht vollendet ist, 9 uns namentlich die hoheren Instanzen fehlen, und daß deshalb die Uebertragung der hier fraglichen Funktionen auf die Organe der Selbstverwaltung immer unvollständig bleiben muß, neben ihnen noch gleichzeitig wieder ie alten Organe, namentlich das Ministeriuin in Anspruch zu nehmen sind. Diese Gründe waren es, welche eg der Regierung wünschengwerth erscheinen ließen, bei den alten Organen zu beharren; agen habe ich schon, als die Sache in zweiter Lesung zur Erörterung an, bereits aussprechen koͤnnen und dürfen, daß grund⸗ sãlich die Regierung den hier gestellten Anträgen durchaus nicht ent⸗ hegen sein kann. Es lieat in der Natur der Sache, daß, wenn man
einmal jolche Organe der Selbftverwaltung geschaffen hat, auch die⸗ jenigen Funktionen ihnen überwiesen werden müssen, welche naturgemäß in den Bereich ihrer Thätigkeit hineinfallen. Der Streit kann also überhaupt nur darüber bestehen, ob der gegenwärtige Zeitpunkt bereits für ein angemessener zu erachten ist oder nicht. Die Gründe, von denen die Regierung ausgegangen ist, habe ich Ihnen angeführt, und ich darf hinzufügen, daß nach nochmaliger Erwägung der Sachlage, welche inzwischen stattgefunden hat, die Regierung es wunschen würde, wenn es bei den bestehenden Organen verbliebe. Wenn indessen das Hohe Haus von einer andern Auffassung ausgehen sollte, so glaube ich meinerseits, an das Hohe Haus mindestens die weitere Bitte richten zu sollen, den⸗ jenigen Anträgen Folge zu geben, welche für die dritte Lesung einge⸗ bracht sind. Es steht dabei in erster Linie — die übrigen Anträge haben eine mehr untergeordnete Natur — der Antrag, welcher dahin geht, die Entscheidung über die Höhe der Entschädigung nicht den Kreisausschüssen zu belassen, sondern auf die Verwaltungsgerichte zu übertragen. Wenn ich den Wunsch ausspreche, 6 das Haus die Ver⸗ waltungsgerichte hier an Stelle des Kreisausschusses setzen möchte, so gehe ich hierbei von folgenden Gesichtspunkten aus. Ich glaube, einmal liegt im Interesse der Einheitlichkeit des Verfahrens, wenn an die Stelle des Kreisausschusses das Verwaltungsgericht tritt. Wenn Sie den §. 56 annehmen sollten, so ist der Gang der Verhandlungen der, daß zuerst der Regierungs⸗Präsident fun**ionirt, alsdann das Verwaltungs⸗ gericht in Aktion tritt, wenn es sich darum handelt, den Gegenstand der Enteignung festzustellen. Nachdem der Gegenstand der Enteignung festgestellt ist, tritt der Kreisausschuß in Funktion. indem dasfenige Verfahren beginnt, welches darauf gerichtet ist, die Entschädigung fest⸗ zustellen. Findet diese Prozedur ihren Abschluß, so gelangt abermals die Sache an das Verwaltungsgericht, wenn es sich darum handelt, nun den ganzen Beschluß zur Ausführung zu bringen. Es schiebt sich also zwischen diese beiden Thätigkeiten des Verwaltungsgerichts der Kreisausschuß ein, und es wird nicht zu vermeiden sein, daß bei diesem Uebergang von einer Station zur andern Ver— zögerungen entflehen, weil naturgemäß Diejenigen, welche die Sache beim Kreisausschuß bearbeiten sollen, sich zunächst vergegenwärtigen müssen, wie der Gang der bisherigen Prozedur gewesen ist. Abgesehen hiervon, glaube ich auch noch folgenden hesichtpunkt geltend machen zu können. Die Feststellung der Entschädigung als solche kann ja in manchen Fällen, wie das auch schon heivorgehoben ist, ein sehr ein faches Gejchäft sein. Sieht, man aber die Bestimmung des gegen ⸗ wärtigen Gesetzes an, jo wird man finden, daß auch sehr intrikate und schwierige Fragen bei Gelegenheit der Feststellung der Entschädi⸗ gung vorkommen. Ich brauche nur auf denjenigen Paragraphen zu verwei⸗ sen, welcher aus der Kommission hervorgegangen ist, wo es sich um die Entschädigung der sogenannten Nebenberechtigten neben dem Eigen thümer handelt. Es ist dies eine Bestimmung, die in ihrer Anwen— dung jedenfalls jeder Behörde, welche damit zu thun haben wird, erhebliche Schwierigkeiten bereiten muß. Ich glaube, daß zur Aus⸗ führung solcher Funktionen das Verwaltungsgericht geeigneter seig wird, als der Kreisausschuß, daß ihm nach dieser Richtung hin ausreichender? Kräfte zu Gebote stehen, wie dies bei dem Kreisausschuß der Fall sein wird. Es würde also auch im Interesse einer richtigen Beurthei⸗ lung der Sache wünschenswerth sein, daß das Ve:waltungsgericht an Stelle jenes Organes träte.
Endlich aber kommt in Betracht, daß bei den vorliegenden Fragen doch der Kreisausschuß den Verhältnissen etwas zu nahe steht, es wird namentlich bei Expropriationen in größerem Umfange, die in einem Kreise stattfinden, gar nicht zu vermeiden sein, daß die Mitglieder des Kreisausschusses ein gewisses Interesse an den Entschädigungen haben. Es liegt dies ganz in der Natur der Verhältnisse und ist nicht ein Verwurf, den ich in dieser Beziehung erheben will. Ich gehe ebenfalls von der Voraussetzung aus, daß auch in diesem Fille man streng nach den Grundsätzen der Redlichkeit mit größter Ge— wissenhaftigkeit zu verfahren bestrebt ist. Indessen man wird den Eindrücken, denen naturgemäß solche kleinere Bezirke unterliegen, Folge geben müssen, und es wird deshalb eine nicht angemessene Wut digung der Verhältnisse in derartigen Fällen eintreten können. Nehmen Sie nun noch hinzu, daß nach den Bestimmungen des Ent⸗ wurfs die Taxe nicht maßgebend ist für denjenigen, welcher die Ent— schädigung feststellt, daß er vielmehr nach freiem Ermessen über die Höhe der Entschädigung entscheidet, so gewinnt dieser Umstand eine erhöhte Bedeutung. Die von mir angeführten Umstände zwingen mich zu dem Wunsche, daß, wenn das H us ent⸗ gegen dem Antrag der Regierung es nicht bei den alten Or— ganen bis auf Weiteres bewenden lassen zu können glaubt, sondern sofort die hier in Frage stehenden Funktionen auf Organe der Selbst⸗ verwaltung übertragen will, dann an Stelle des Kreisausschusses das Verwaltungsgericht treten möge. Es wird dann, wie gesaggt, ein zweckmäßigeres, gerechteres und schnelleres Verfahren jedenfalls ge—⸗ sichert sein, als wenn diese Funktionen von dem Kreisausschuß ausgeübt werden. ö Dies ist das, was ich meinestheils zu den Amendements zu er— klären habe. Ich würde also eventuell nichts dagegen zu erinnern fin den, wenn die zu dem vorliegenden Paragraphen vorgeschlagenen Amen⸗ dements der Herren Wachler Bähr zur Annahme gelangten, voraus⸗ gesetzt natürlich immer, daß das Haus nicht denjenigen Standpunkt . sollte, welchen ich zuerst als denjenigen der Regierung bezeichnet
abe.
Ueber den Antrag des Abg. Dr. Hammacher zu 5. 56 äußerte der Staats⸗Minister Dr. Achenbach:
Ich kann mich den Ausführungen des Herrn Vorredners nur vollstaͤndig anschließen. Ich würde es in der That in hohem Grade beklagen, wenn der Rekurs gegen Entscheidungen im Dringlichkeits⸗ falle ausgeschlossen wäre. Wie jetzt die Sache liegt, nachdem vorher das
aus einen verwandten Antrag abgelehnt hat, ist der Vorschlag, der des
errn Vorredners ein solcher, der es wenigstens ermöglicht, daß gegen die
ntscheidung des Verwaltungsgerichts im Falle dringlicher Natur der Re⸗ kurs binnen drei Tagen an die vorgesetzte Ministerial-Instanz erhoben wer den kann. Sie beschließen damit etwas, was Sie bereits bei ein— zelnen Paragraphen im Eingange des Gesetzes angenommen haben, wo ebenfalls die Rekurginstanz zugelassen ist. Ich möchte bei der hervorragenden Wichtigkeit, welche gerade dieser Fall im Gesetze hat, nur den dringenden Wunsch wiederhelen, den jetzt zuletzt gemachten Vorschlag nicht abzulehnen, sondern anzunehmen.
— In der gestrigen Sitzung des Hauses der Abgeord⸗ neten nahm in der Diskussion über die von dem Abgeordne⸗ ten Dr. Wehrenpfennig beantragten Zusatzartikel zu dem Gesetz⸗ entwurf wegen Deklaration und Ergänzung des Gesetzes vom 11. Mai 1873 nach dem Abgeordneten Bruel der Staats⸗Minister Dr. Falk das Wort:
Bekanntermaßen ist den Maigesetzen eine große Lückenhaftigkeit, Unzulänglichkeit und Unwirksamkeit reichlich vorgeworfen worden. Wir haben noch gestern aus dem Munde des Hrn. Abg. Dr. v. Jaczdzewski gehört, daß er sogar die Lücken zu Löcher avancirte und daß er eben falls auf das Schärfste ihre Unwirksamkeit betonte. Und doch kann ich nicht umhin, gerade in dieser Rede einen gewissen Belag dafür zu finden, daß weder die eine Behauptung noch die anders in dem Maße recht begründet ist, wie behauptet wird. Der Herr Abgeordnete hat uns eine ganze Reihe von Specialfällen vorgeführt, daran den Aug— druck des Bedauerns geknüpft, daß man diese Fälle alle unter die Maigesetze begriffen habe. Er scheint mir damit den Beweis geliefert zu haben, daß in der That die Maigesetze eine 5 Reihe von ganz eigenthümlich gestalteten Fällen wirklich begreifen. 6. dann ferner von der Unwirksamkeit gesprochen und uns doch ein Bild entworfen, welche ernste Wirkungen dieselben haben. Ich bin nicht in der Lage, diefen Einst im Entferntesten zu leugnen, aber, meine Herren, eine Unwirksamkeit werden Sie . gerade auf Grund solcher Ausführun- gen nicht behaupten wollen. Nur das Eine allerdings vermisse ich in den Argumentationen des Herrn Abgeordneten, was mir das allein logische scheinen würde, nämlich daß zur Beseitigung derartiger Folgen, die den ganzen Ernst des Widerstandes gegen die Gesetze n . sollen, wenn der Ernst klar geworden ist, es sich wohl besser empfehle, anstatt
die Beschwerde an die Adresse dieses Haujes zu richten, sie zu richten an die andere Stelle, die alle diese Uebelstände hervorgerufen hat.
Im Allgemeinen, meine Herren, mag ja wohl auch der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf den Beweis geben, daß es sich nicht um gar zu viele Lücken im Gesetze handelt. Es sind selbst nicht einmal die meisten Bestimmungen, die der Gesetzentwurf vorschlägt, und die- jenigen, die andererseits von dem Herrn Abgeordneten Wehrenpfennig Ihnen als Zusätze vorgeschlagen werden, solche, die man bezeichnen könnte als Maßnahmen, bestimmt, auf gewisse Fälle angewendet zu werden, die man füglich bei Emanation der Maigesetze bereits hätte berücksichtigen sollen und berücksichtigen können. Auch auf diese Be⸗ st mmungen wird das, was für das andere in den letzten Tagen be⸗ rathene Gesetz angeführt worden ist, zum größten Theile gelten, daß nämlich die Bestimmungen nothwendig geworden sind durch besonderes nicht in diesem Maße vorausgesehenes Verhalten von anderer Seite. Es handelt sich in der That um Weiterentwicklung der außerordentlich ernsten Bewegung, von der wir ja schon so viel gesprochen haben. Sobald das gegnerische Verhalten neue Maßnahmen erfordert, so liegt es ja in der Natur unserer Verfassungszustände, daß diese Maßnahmen nur getroffen werden können im Wege der Gesetzgebung, daß es nicht so leicht ist wie auf anderen Gebieten im Wege der Verwaltung ent—⸗ gegenzutreten, ja, daß das geradezu unmöglich ist. Es ist also die Thatsache, daß die gesetzzebenden Gewalten angerufen werden, um neue Bestimmungen zu treffen, eine ganz nothwendige, und nicht ist sie, wie es so oft dargestellt wird, eine solche, aus der man den Vorwurf her— leiten könnte: Ihr gebt so außerordentlich unzureichende Gesetze, daß Ihr sie kaum nach Jahresfrist wieder ergänzen müßt. Meine Herren! Es ist darnach ein weiteres Moment in Betracht zu ziehen. Es giebt Gedanken, die zu einer Zeit gänzlich unfaßbar erscheinen und sichetlich nicht die Zustimmung von Mehrheiten finden, die aber nach der Entwicklung der Dinge in der That die Majoritäten rasch genug für sich gewinnen. Ich möchte Sie an zwei Punkte erinnern, bei denen das prakisch ge⸗ worden ist. Wer hätte heute vor einem Jahre noch es für möglich , . daß die obligatorische Civilehe eine so große und weitver⸗
reitete Uebereinstimmung finden würde, mußten nicht eben
die Ereignisse, die zwischen damals und jetzt gelegen haben, erst kommen? Was vor einem Jahre nicht für möglich gehalten wurde, ist heut als nothwendig erschienen. Was würde wohl der Erfolg gewesen sein, wenn die Staatsregierung, wie mir neulich von einem sehr konservativen und sehr positiv christ⸗ lich gesinnten Manne als der richtigste gleich zuerst erforderlich gewe⸗ sene Schritt bezeichnet worden ist, nämlich die Patrone und Gemein⸗ den mit hineinzuziehen und deren Rechte durch sie selbst wahren zu lassen, wie das ja der andere Gesetzentwurf an den Tag legt, dies ge⸗ than hätte? — wie viel Stimmen würde wohl die Staatsregierung in diefer Beziehung für sich gehabt haben, wenn sie vor einem Jahre mit diesem Gedanken an Sie herangetreten wäre? Doch nur einen kleinen Theil dieses Hohen Hauses, nicht aber eine Mehrheit, und nun haben Sie durch Ihr vorläufiges Votum von vorgestern bewiesen, daß Sie diesen Gesichtspunkt jetzt allerdings als einen vollkommen durchgreifenden erachten und zwar auf Grund der inzwischen veränder⸗ ten Lage der Dinge,. Diese Bemerkung, meine Herren, hielt ich mich für verpflichtet zu machen gegenüber dem fort währenden landläufigen Vorwurf, daß die Königliche Staatsregierung nicht genugsam durchdachte, den Verhältnissen nicht gehörig angepaßte Vorlagen mach', und daß die beiden Häuser des Landtages sich desselben Vorwurfs schuldig machen, indem sie nicht gehörig begründete Gesetze beschlossen hätten, als sie im vorigen Jahre den von der Staatsregierung vorgelegten Gesetzen ihre Zustimmung ertheilten.
Nur einen einzigen Zusatz noch! Niemals hat die Staatsregie— rung gemeint, eine rasche und durchgreifende Wirkung von den Mai⸗ gesetzen zu sehen. Die pofitiven, die erbauenden Momente in diesem Gesetze können selbstredend nicht schon nach einem Jahre ihre Wirkung äußern, sondern diese positiven Momente können nach der Natur der Dinge erst nach einer verhältnißmäßig langen Zeit sich in ihren Wir⸗ kungen geltend machen. Aber außerdem habe ich Ihnen offen und unumwunden ausgesprochen, daß die Königliche Staatäregierung glaube, mit jenen Maigesetzen die Mittel nicht erschöpft zu haben, die sie in Anregung bringen müsse in beiden Häusern des Landtages, daß sie vielmehr — und daran erinnerte gestern der Hr. Abgeordnete von Schorlemer⸗Alst — erklärt hat, daß, wenn die Maigesetze nicht ausreichen würden, sie mit neuen Vorlagen an das Haus treten werde. Sie hat sich nun bei dieser Vorlage gestellt auf den Boden des Be⸗ dürfnisses. Es wird dieser Gesichtspunkt, wie die späteren Verhand— lungen wohl ergeben werden, der maßgebende sein, um dessentwillen die Staatsregierung sich verpflichtet halten wird, gegen die Amende⸗ ments des Hrn. v. Cuny ablehnend aufzutreten. Sie hat in dem Art. 1 ihrer Vorlage eine Deklaration gegeben, weil bekanntermaßen über die Auslegung gewisser Bestimmungen Differenzen in den Ge— richten existiren. Das ist, was ich einschaltend gegenüber den Bemer— kungen des Hrn. Abg. Windthorst erwähne, die einzige Deklaration, die übrigen von der Staatsregierung vorgeschlagenen Bestimmungen haben die Bedeutung von Ergänzungen. Der Art. 2geht davon aus, einer Um- gehung des Gesetzes, der ich von einem anderen Gesichtspunkt aus noch später Erwähnung zu thun beabsichtige, entgegenzutreten und eine solche Umgehung zu verhindern. Der Art. 3 hat die doppelte Absicht, ein= mal widergesetzlich angestellte Geistliche an der festen Fußfassung in der Gemeinde zu verhindern und andererseits bei der fortdauernden Funktion solcher Geistlichen in den zu besetzenden Stellen das Ver⸗ mögen der Stelle vor Schaden zu bewahren. Hat die Staatsregie⸗ rung Bestimmungen, wie sie in dem Amendement des Hrn. Abg. Dr. Wehrenpfennig und seiner Freunde enthalten sind, bei der Vorlage dieses Ergänzungsgesetzes nicht gleichzeitig mit in Vorschlag gebracht, so ist doch keineswegs bei ihr, als sie jenen Gesetzentwurf ausarbeitete, unerwogen geblieben, ob nicht Bestimmungen, die mit den vorliegen⸗ den zusammenfielen, in der That in dem Gesetzentwurf Auf⸗ nahme finden müßten. Bei der damaligen Sachlage hat man aber aus dem Gesichtspunkt heraus, daß nur Nothwendiges vorgeschlagen werden soll, diese Frage zu verneinen geglaubt. Ich be— gründe das einigermaßen mit folgenden Erwägungen. Die Staats- regierung ist mit Aeußerungen, die von einzelnen . Rednern im Laufe der letzten Debatte gethan sind und die dahin gingen, Patron und Gemeinden würden von ihrer supplementarischen Befugniß sich selbst eine Seelsorge zu verschaffen, zunächst einen geringen Gebrauch machen; sie hat also für das Erste eine große praktische Bedeutung jener Bestimmung nicht ins Auge genommen, sie meint vielmehr, daß erst dann, wenn das wahre religiöse Bedärfniß so mächtig wirkt, daß es nicht unbefriedigt bleiben darf, die Gemeinden dahin kommen wer⸗ den, sich nicht an die hergebrachten Formen zu halten, um es zu befriedigen jondern der Meinung sein werden, daß die Befriedigung die Hauptsache sei und nicht gerade die äußere Form derselben, in der ihr dieselbe bisher gewährt wurde. Für diesen Fall aber, meine Herren, braucht es — und das liegt für Federmann in den gegenwärtigen Verhältnissen klar zu Tage — einer solchen ge setzlichen Bestimmung.
Die Königliche Staatsregierung hat aber auch noch einen andern Gesichtspunkt, welcher sie abhielt, solche Vorschläge zu machen. Sie müssen i erinnern, daß es ja wohl im Januar gewesen ist, als die Vorlage gemacht wurde. Zu jener Zeit bestand im Lande bei den Gerichten der ducch diese Deklaration zu besei⸗ tigende Widerspruch über die Auslegung gewisser Bestimmungen der
aigesetze. Es ließ sich nicht übersehen, in welcher Richtung die . des höchsten Gerichtshofes fixirt werden würde; war die Auffafsung des höchsten Gerichtshofes die, wie sie etwa Seitens der Bischöfe getheilt worden ist, und wie sie zunächst in dem bekannten Tarnowitzer Erkenntniß zu Tage trat, so war die Folge diese, daß die betreffenden Geistlichen zwar gegen das Gesetz angestellt waren, daß man ihnen aber nichts anhaben konnte, als allein den Satz gegen sie ur Anwendung bringen; weil fie als Geistliche nicht anzuerkennen sind, 1 ihre Handlungen eine rechtliche Wirkung nicht. Unter solchen Voraussetzungen konnte eine Störung der Seelsorger an und für sich nicht ins Auge genommen werden. Es war also für eine Seelserge se offt und das Bedürfniß nach solcher Seitens der Gemeinden onnte in der That Befriedigung finden. Ein zwingender Grund,