— Der Ausschuß des Bundesraths für Justizwesen hielt heute eine Sitzung.
— Im weiteren Verlauf der gestrigen Sitzung des Her⸗ renhauses wurden in der Spezialdiskussion die einzelnen Paragraphen des Gesetzentwurfes, betreffend die Verwaltung er⸗ ledigter katholischer Bisthümer, unter unerheblicher Diskussion angenommen. Nach Beendigung der Spezialdiskussion stellte Graf von Landsberg den Antrag: Da der Gesetzentwurf gegen die Verfassung und speziell gegen die Bestimmungen der Art. 9, 12, 17 und 18 derselben verstoße, in Gemäßheit des Art. 10 der Verfassungs⸗Urkunde über die Vorlage nach Verlanf von 21 Tagen zum zweiten Male abzustimmen. Der Antragsteller so⸗ wie die Herren Graf Brühl und Baron Senfft von Pilsach ver⸗ theidigten diesen Antrag, während der Minister für die geist⸗ lichen 2c. Angelegenheiten Dr. Falk ihn zu verwerfen bat. Bei der Abftimmung wurde der Antrag mit großer Majorität ab⸗ elehnt und das Gesetz selbst in namentlicher Abstimmung mit
1 gegen 46 Stimmen angenommen. Die zu diesem Gesetz vor⸗ 4 Petitionen wurden durch diesen Beschluß für erledigt era
Es folgte sodann als vierter Gegenstand der Tagesordnung die zweite Berathung des Gesetzentwurfs wegen Dellaration und Ergänzung des Gesetzes vom 11. Mai 1873 über die Vorbildung und Anstellung der Geistlichen. An der Generaldiskussion be⸗ wenn sich die Herren von Maltzahn, Graf Brühl, Baron von Senfft⸗Pilsach und Graf Landsberg, von denen die drei letzt⸗ genannten sich gegen die Vorlage erklärten. Dann wurden in der Spezialdiskussion die einzelnen Paragraphen der Vorlage angenommen und hierauf die Sitzung um 3 Uhr vertagt.
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— In der heutigen (23.) Sitzung des Herren hauses, welcher der Viee⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗ Minister Camphausen, sowie die Staats⸗Minister Dr. . Dr. Falk und mehrere Regierungs⸗K'ommissarien beiwohnten, und welche der Präfident Otto Graf zu Stolberg⸗Wernigerode um 10 Uhr eröffneie, nahm zunächst der Prinz Biron von Curland zu einer Erklärung gegen den Abg. Dr. Lasker das Wort. Dann trat das Haus in die Tagesordnung, deren erster Gegenstand die einmalige Schlußberathung über die Rechnungen der Kasse der Königlichen Ober⸗Rechnungs kammer war. Auf Antrag des Referenten Hrn. von Rabe beschloß das Haus, für die k der Kasse der Königlichen Ober⸗Rechnungs kammer, soweit sie fich auf die preußische Verwaltung beziehen, nach deren Prüfung durch das Herrenhaus, in Uebereinstimmung mit dem Hause der Abgeordneten die Decharge zu ertheilen.
Der zweite Gegenstand der Tagesordnung war die einmalige Schlußberathung über den fünfundzwanzigsten Bericht der Staatsschulden⸗Kommission über die Verwaltung des Staats⸗ schuldenwesens im Jahre 1872. Der Referent Dr. Elwanger beantragte, der Königlichen Hauptverwaltung der Staatsschulden für die in dem Bericht enthaltenen Rechnungen die Decharge zu ertheilen, und das Haus trat dem Antrage bei.
Der dritte Gegenstand der Tagesordnung, die erste Bera⸗ thung über den Entwurf eines Gesetzes, betreffend das Höferecht in der Provinz Hannover, wurde von der heutigen Tagesord⸗ nung abgesetzt, sodann als vierter Gegenstand der Gesetzentwurf, hetreffend die anderweite Regelung der Wafferlaufabgaben im Gebiete des Regierungsbezirks Wiesbaden, in erster Berathung genehmigt. Sodann trat das
h in die Berathung des Berichts der XI. Kommission über
en Gefetentwurf, betreffend die evangelische Kirchengemeinde⸗ und Synodalordnung vom 10. September 1873 für die Provinzen Preußen, Pommern, Brandenburg, Posen, Schlesien und Sachsen. Zur General⸗Diskussion nahmen neben dem Referenten Dr. v. Goßler die Herren v. Kleist⸗Retzow für und Dr. Elwanger ge⸗ gen die Anträge der Kommission das Wort. Auch der Herr Staats⸗Minister Dr. Falk nahm Veranlassung, in längerer Rede sich gegen die Anträge der Kommission zu erklären. Die Dis⸗ kufston dauerte bei Schluß des Blattes noch fort.
— Im ferneren Verlaufe der gestrigen Sitzung des Hauses der Abgeordneten wurde die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Aufnahme einer Anleihe von 0,660, 000 Thlrn. zur Erweiterung des Staats⸗Eisenbahnnetzes, erledigt; nach dem Abg. Richter (Hagen) sprachen noch die Abgg. Weber für und Dr. Dohrn gegen die Vorlage, worauf der Handels⸗ Minister Dr. Achenbach und der Referent Abg. Berger entschie⸗ den für dieselbe eintraten. Darauf wurde 5. 1 in folgender Fassung angenommen: n
Ce ist eine Anleihe aufzunehmen, welche die Mittel gewährt für den Bau der Bahnen: 1) von Insterburg über Darkehmen, Gol= dap und Oletzko nach Prostken zum Anschluß an die russische Bahn von Hialyst ock nach Grajewo mit 7,650 000 Thlr., 2) von Jablonowo über ann, nach Laskowitz mit 5600, 000 Thlr., 3) von einem Punkte an der Stargard ⸗Posener Bahn zwischen Rokietnice und Posen über Schneidemühl nach Belgard Rüůügenwaldermünde und Stolymünde 18,500. 909 Thlr., ) von Dittergbach uber Reurode nach Glatz mit 8009 Thir, 5 von Cassel über Helsg nach Waldeaypel zum Anschluß an die Bahn von Berlin nach Wetzlar mit 4. 500, Thlr, 6) von Dortmund nach Oberhausen resp. Sterkrade * Zechenzweigbahnen mit 6,300, 000 Thlr., im Ganzen r 4
50 609 000 ;
. hebliche Debatte wurden die 5§5. 2 4 angenommen: . ö. 2. Die Ausführung der Bahnen erfolgt durch den Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten.
3 3. . Der erforderlich. Geldbetrag ven 50, 600990 Thlr. ist durch Veräußerung eines entsprechenden Betrages von Schuldperschiei⸗ 3 r m 33 , . hg e u n . Be⸗ rag ist im Staatshaushalts Etat vorzusehen. Im Jahre 1874 sind ni 7 mehr ö , * n ei. ; n
Wann, durch welche elle, und in welchen Beträgen bis zur Erfüllung der nach den vorstehenden Bestimmungen zuläsfigen 3. men, zu welchem Zinsfuß, zu welchen Bedingungen der Kündigung und zu welchen Coursen die Schuldverschreibungen verausgabt werden sollen, bestimmt der Finanz Minifter.
. Im Uebrigen kommen wegen Verwaltung und Tilgung der An⸗ leihe, wegen Annahme y. als Pupillen! und deposttalmäßige Sicherheit und wegen Versähtung der die Vorschriften des Ge⸗ setzes vom 19. Dezember 1869 (Gesetzsammlung Seite 1197) zur An⸗
wendung. 5. 4. Jede Verfügung über die im 8. 1 bezeichneten Eisenbah⸗ nen e. Veräußerung bedarf zu ihrer Rechtsgültigkeit der i,
beider 4. des Landtags.
— In der heutigen (68.) Sitzung des Abgeordneten⸗ — welcher am Ministertische die Staats⸗Minister Camp⸗ ausen. Graf zu Eulenburg und Dr. Achenbach mit zahlreichen Kommüissarien beimohnten, ergriff zunächst der Abg. Br. Lasker vor dem Eintritt in die Tagesordnung das Wort, um auf die gestrige Erklärung des Fürsten Putbus im Herrenhause ant⸗ worten. Dann wurden ohne erhebliche Debatie erledigt die dritte Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Erweiterung der Zinsgarantie des Staates für das Anlagekapital
einer Eisenbahn von Halle über Rordhausen nach Heiligenstadt und von da nach Cassel und die dritte Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Vollendung der Bahnen von 2 23 Offenbach, von Tilsit nach Memel und von Arnsdorf nach
en.
In der Generaldebatte der dritten Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Aufnahme einer Anleihe von 50, 600, 000 Thlrn. zur Erweiterung des Staats⸗Eisenbahnnetzes sprachen die Abgg. Hundt von Hafften, Graf v. Königsdorff, v. Mallinckrodt und Seelig; dann antwortete der Ministerial⸗ Direktor Weishaupt auf verschiedene Bemerkungen der Vorredner, worauf die General debatte geschlossen wurde. In der Spezialdiskussion zu. ö Abg. Er , und der Handels⸗Minister Dr. Achen⸗ bach. Darauf wurden dle einzelnen Paragrap und dem⸗ nächst der ganze Gesetzentwurf angenommen; ebenso in dritter Berathung der Gesetzentwurf, betreffend die außerordentliche Til⸗ gung von Staatsschulden. — Bei Schluß des Blattes erstattete der Abg. Dr. Virchow den mündlichen Bericht über die Ueber⸗ 1 von den Staats einnahmen und Ausgaben des Jahres
— Der General⸗Major und Commandeur der 45. Infan⸗ = , von Roehl, ist mit Urlaub von Cassel hier ein⸗ getroffen.
Der General ⸗Major à la suite der Armee und Ober⸗ Landstallmeister Lüderitz hat sich zum Hengste⸗Ankauf für Landgestüte und zur Besichtigung der Haupt⸗Landgestüte auf Dienstreisen begeben.
— Der Kaiserlich russische General⸗Adjutant und Polizei⸗ meister von St. Petersburg, General von Trepoff, ist gestern Abend von dort hier angekommen und im Hotel Royal ab⸗
gestiegen.
— Der Thierarzt erster Klasse Friedrich Sauberg zu 2 ist zum Kreis⸗Thierarzt des Kreises Iserlohn ernannt worden.
Sachsen. Dresden, 15. Mai. (Dr. J.) Wie Erste Kammer beendigte heute zunächst die Berathung des Etats des Ministeriums des Innern und schloß sich dabei überall den von der Zweiten Kammer beschlossenen Bewilligungen an. Hierauf wurde die nochmalige Abstimmung über die von der jenseitigen Kammer beschlossene Erhöhung des Dispositionsfonds für Unter⸗ stützung der Industrie, von 16, 000 auf 26,0900 Thlr., bei wel⸗ cher in der vorigen Sitzung die Stimmen standen, vorgenommen. Die Erhöhung wurde heute einstimmig beschlossen, nachdem Se. Königliche 2 Prinz Georg Namens der Deputations⸗Ma⸗ joritãt erklãrt hatte, daß dieselbe, nachdem die Erhöhung des Disposi⸗ tionsfonds für Unterstutzung der Landwirthschaft um 10 000 Thlr. die Billigung der Kammer erfahren habe, ihren Widerspruch gegen die Erhöhung des Dispositionsfonds für die Industrie qufgebe. Den zweiten Bericht über den Bauetat erstattete Se. Königliche Hoheit Prinz Georg. Die Petitionen um Erbauung und Uebernahme von Chausseen wurden nach der konstanten Praxis der Kammer, entgegen den Beschlüssen der Zweiten Kammer, unterschiedslos der Staatsregierung zur Erwägung überwiesen, bezüglich des Baues der Elbbrücke bei Schandau den Beschlüssen der Zweiten Kammer beigetreien.
Die Zweite Kammer setzte die Berathung des Einkom⸗ mensteuergesetzentwurfs fart, Zunächst entstand, nachdem §. 14 Unterscheidung der Haup en des Einkommens, angenommen worden war, eine lange Debatte über die 558. 15—18, welche die Grundsäatze für die Berechnung des Einkommens aus jenen verschiedenen Quellen festsetzen. Es handelte sich dabei haupt⸗ sächlich um das von der Majoritãät der Deputation in 5. 18 aufgestellte Prinzip, daß beim Handels⸗ und Gewerbe⸗ betriebe der Reingewinn nach den Grundsätzen zu berechnen ist, wie solche für die Inventur und Bilanz durch das Handels⸗ n vorgeschrieben sind und sonst dem Gebrauch eines ordentlichen Kaufmanns entsprechen, ein Prinzip, das vom Abg. Günther lebhaft bekämpft, von den Abgg. Schnoor, Walter, Jordan, dem Finanz⸗Minister und dem Referenten Dr. Gensel vertheidigt und schließlich von der Kammer sanktionirt wurde, welche diese Paragraphen durchweg nach den Vorschlägen der Deputationsmajorstãt annahm. Der zwejste, in 5§. 22 - 31 von den Einschãtzungskommissionen handelnde Abschnitt des Gesetzent⸗ wurfs — die S5. 19. 20, 21 desselben kommen nach den Vorschlägen der Deputation in Wegfall — wurden in rascher Folge nach den Vorschlägen der Deputation und, was 5. 31 anlangt, der Majo⸗ ritãt derselben angenommen; letzterer gewährt in der beschlosse⸗ nen Fassung den nicht in Einschätzungsdistrikten wohnenden Mitgliedern der Einschätzungskommissionen für alle Sitzungstage Tagegelder, den im Distrikt wohnhaften nur vom vierten Sitzungs⸗ tage ab. Der dritte Abschnitt, welcher in 55. 32 — 40 von der Vorbereitung der Einschätzung handelt, wurde nicht zu Ende be⸗ rathen., vielmehr wurde nach Annahme der 32 - 36 die Berathung bei den von der Deklaration handeln⸗ den §5§. 37 folg. auf die morgende Sitzung vertagt. §. 34 verpflichtet die Gewerbetreibenden 6. zur ö weisung des von ihnen herrührenden Einkommens ihrer Gewerbsgehülfen. Die Bestimmung, daß sie für die Steuer⸗ beträge haften, welche infolge von ihnen verschuldeter unrichtiger oder unvollständiger Angaben dem Staate entgehen, rief eine lebhafte Diskussion hervor, indem die Abgg. Walter, Jordan, Penzig diese Bestimmung als übertriebene Härte bekämpften; sie wurde denn auch schließlich in einer von der Minorität der De⸗ putation vorgeschlagenen mildern Fassung angenommen, wonach der Prinzipal nur für wissentlich unrichtig oder unvollständig er⸗ stattete Angaben haftet.
Baden. Karlsruhe, 14. Mai. Die „Karlsruher Zei⸗ tung“ veröffentlicht den Wortlaut des Eides, den der Erz⸗ bischof Hermann von Vicgri am 26. März 1843 bei seiner Präconisation vor dem Präsidenten des Ministeriums des Innern, Freiherrn v Rü dt, abgelegt hat. Derselbe lautet:
Ich schwöre und verspreche bei den heiligen Evangelien Gottes, Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog Leopold von Baden und we r Nachfolgern in der Regierung, sowie den 8 des Staates Gehorsam und Treue. . verspreche ich kein Einver ständniß zu unterhalten, an keiner Berathschlagung Theil zu nehmen, und weder im In., nech im Auslande Verbindungen einzugehen, welche die öffentliche Ruhe gefährden, vielmehr, wenn ich von irgend einem Anschlag zum Nachtheil des Staates, seie es in meiner Diözese oder anderswo, Kunde erhalten sollte, solche Sr. Königlichen Hoheit zu arm so wahr mir Gott helfe und sein heiliges Evangelium!“
n demselben Tage legte der Erzbischof vor dem Bischof von Rottenburg, Johann Baptist von Keller, den Eid des Ge⸗ horsams gegen den Papst mit folgendem Zusatze ab:
„Dieses Alles und das Einzelne werde ich um so unverbrüchlicher befolgen, je sicherer ich bin, daß darin Nichts enthalten ist, was mit meinem, dem Durchlauchtigsten Großherzog Leopold von Baden und seinen Regierungsnachfolgern gele steten Eide schuldiger
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Treue in Widerspruch stehen könnte.“
ierzu bemerkt die „Karlsruher Zeitung“: „Zwischen dem ärz 1843 und dem Ausbruch des kirchlichen Konflikts hat sich an der badis Gesetzgebung über das Verhältniß des Staats zur katholifchen Kirche nichts geãndert. — Nicht die badische Gesetz gebung war der Grund, aus welchem der kirchliche Konflikt gerade und zunächst im Großherzogthum Baden begonnen wurde. Denn wäre die badische Gefetzgebung in der That so kirchen⸗ feindlich gewesen, als spãter vom Beginne des Konflikts an vor⸗ egeben wurde, so würde der Erzbischof derselben nicht so rück⸗ . Treue und Gehorsam geschworen haben.“ Mannheim, 11. Mai. Die Feier der Enthüllung des Kriegerdenkmals gestaltete sich heute zu einem groß⸗ artigen patriotischen Feste. Am Festzuge nach dem Friedhofe be⸗ theiligten sich J 5000 Personen, die Schulen und Vereine mit i Fahnen. Unter den 158 hier bestatteten Offizieren und Soldaten befinden sich 108 Preußen, 21 Bayern, 18 Badenser, 7 Sachsen, 4 Hessen, 1 Württemberger.
Mecklenburg. Schwer in, 15. Mai. Zur Feier des gestrigen Geburtstages der Herzogin Marie schmückten zahlreiche Fahnen und Wimpel in den mecklenburgischen und ruffischen Farben die Häuser der Stadt. Um acht Uhr brachte die Liedertafel Ihrer Hoheit ein Ständchen. Dann wurden vom Hautboisten⸗Corps des Grenadier⸗Regiments Nr. 89 dem Groß⸗ für sten und der Herzogin Marie Morgenmusiken ö
26.
Später wohnten die Großherzogliche Familie und die Hochfürst
lichen Verlobten dem Gottesdienst im Dome bei. Um 12 Uhr
war Cour bei der Herzogin Marie, am Nachmittage Familien⸗ und Marschalltafel bei der Großherzogin Mutter. In Veran⸗ lassung des Geburtstages waren zahlreiche Fremde hier einge⸗ troffen, darunter von der Kaiserlich russischen Gesandtschaft in Berlin der Kaiserlich russische Botschafter Baron v. Oubril und der Baron von Benckendorff, der Kaiserlich russische Konsul in Rostock Staatsrath Graf Radetzkn Mikulitsch, der Großherzoglich mecklenburgische Geschäftstrãger Ministerial⸗Rath v. Bülom und viele Andere. Abend war Gala⸗Ball im goldenen Saale des Großherzoglichen Schlosses, welcher der Großherzog, die Groß⸗ herzogin Mutter, ferner die Prinzen von Reuß, Heinrich XVIII. und XX., der Erbgroßherzog Friedrich Franz, die Herzöge Wil⸗ helm, Paul Friedrich, Johann Albrecht, welche am 13. und 14. hier eingetroffen sind, und die Prinzessinnen Alexandrine, Olga und Marie Windischgrätz beiwohnten. — Der Herzog Georg ist heute Morgen wieder abgeceist.
Oldenburg. Birkenfeld, 15. Mai. Der Groß⸗ herzog hat heute früh nach achttägigem Aufenthalt Birkenfeld verlassen und sich über Bingen nach Schloß Schaumburg a / L. begeben, woselbst die Ankunft Morgen Abend erfolgen wird. Die Großherzogin wird die Kur in Wiesbaden in den nächsten Tagen beendet haben und am 18. auf Schloß Schaumburg ein⸗
treffen. Am 26. wird dort der Besuch der Königin⸗Wittwe
von Griechenland erwartet. Nach den bisherigen Disposi⸗ tionen werden die Höchsten Herrschaften in den ersten Tagen des Juni nach Oldenburg zurückkehren. Während der hiesigen An⸗ wesenheit Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs hat in dessen Gegenwart und unter lebhafter Theilnahme der Bevölkerung die feierliche Einweihung der in Birkenfeld und Oberstein den Opfern des letzten Krieges errichtete Den kmal stattgefunden.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Gotha, 12. Mai. Heute hat der Spezial⸗Landtag seine Einwilligung dazu ausge⸗ sprochen, daß den Dispositionären und Pensionären vorlaufig für die laufende Finanzperiode eine Zulage zu Theil werde. Die⸗ selbe soll bis zu 20 Proz. der Pension oder des Dispositions⸗ gehalts ansteigen und bei einer Pension oder einem Dispositions⸗ gehalte über 600 Thlr. nicht eintreten; ebenso soll eine solche Aufbesserung bei Dispositionären wegfällig werden, die im Inter⸗ esse des Dienstes zur Disposition gestellt worden sind. Außerdem aber hat der Landtag den Beschluß gefaßt, daß zur Erhöhung der Wittwengehalte 500 Thlr. der Staatsregierung zur Ver⸗ fügung gestellt werden.
Schwarzburg⸗Nudolstadt. Rudolstadt, 12. Mai. Nach einer dem Landtage übergebenen Uebersicht über die Vermögenslage des Fürstenthums beträgt die durch Kündigung und Konvertirung 1873 fixirte Staatsschuld 1ů574, 220 Thlr. exkl., das im Umlaufe befindliche Staatspapiergeld im Werthe von 200, 900 Thlrn, von welchen Kassenscheinen aber ein großer Theil sich schon im Tresor befindet; diesen Passivis steht ein Aktiobestand von 1,B 083,400 Thlrn. gegenüber, in welche Summe noch 120,000 Thlr. Saalbahn⸗Aktien und 70 000 Thlr. Einzahlungen für die Erfurt⸗Hofer Eisenbahn einzurechnen sind. Der Antheil an der französischen Kriegskostenentschädigung mit 299,216 Thlrn. ist bei diesen Aktiven in Anschlag gebracht.
dieuß j. S. Gera, 15. Mai. Der Landtag hielt gestern seine letzte Sitzung und faßte in derselben noch fol⸗ gende Beschlüsse: Als Nachtrag zur Gemeindeordnung soll die Befragung der ganzen Gemeinde bei neuen, die Finanzen be⸗ lastenden Unternehmungen nur dann erfolgen, wenn der vierte Theil der Beitragspflichtigen darauf anträgt. — Die Beweis⸗ kraft von Schuldscheinen und Quittungen soll an den Ablauf einer Zeitfrist nicht gebunden sein. — Die Diäten der bei Ge⸗ schwornengerichten fungirenden Beamten sollen in der den Zeit⸗ anforderungen — Weise erhöht werden. — Betreffs des Landtagswahlgesetzes vom 17. Januar 1871 wurden die Wahl⸗ andlungen betreffende und die Zuverläffigkeit derselben sichernde bänderungen beschlossen. — Den Aerzten in den kleineren Städten des Oberlandes, die namentlich eine mit vielen Be⸗ schwerden verbundene Pragis haben, wurde eine Remuneration von je 150 Thlrn. pro Jahr aus der Staatskasse bewilligt. — Nach Vortrag des Berichts der für die Domanialfrage nieder⸗ gesetzten Kommission wurde auf Antrag des Ministeriums, wel⸗ ches noch nicht in der Lage war, Vortrag in der Sache an den Fürsten zu erstatten, die Berathung bis auf Weiteres aus gesetzt.
Niederlande. Amsterdam, 12. Mai. Der König hat folgende Proklamation erlassen:
Geliebte Landsleute und Unterthanen im Niederland und den über seeischen Ländern! Ein herzliches Wort an Euch an diesem freudigen i. Vor 25 Jahren habe ich die Regierung über das niederläͤn⸗ dische Volk angetreten. Ich gelobte, die Freiheiten und Rechte aller meiner Unterthanen zu Peschirmen und ihre Wohlfahrt zu befördern mit allen Mitteln, welche mir die Gesetze zur Ver fügung stellen. Mein ernstliches Bestreben war, an diesem Königlichen Worte, so viel es in meiner Macht lag, festzuhaltln. Die Lande; vertretung hat mich da⸗ bei unterstützt, Ihr, geliebte Mitbürger, habt meine Sorgen durch Eure Liebe zur Ordnung, Euren Gehorsam g gen die Gesetze, Euren emsigen Feiß, zumal aber durch Eure unausloschliche Liebe zu mei= nem Königlichen Hause belohnt. Gott hat unsere gemeinschaftliche Arbeit mit reichem Segen gekrönt. Giebt es einen ö. in der Geschichte unseres Vaterlandes, der stolz kann sein auf, mehr Entwiqt ⸗ lung, mehr Fortschritt, größere Freiheit in jeder Beziehung, größere
Wohlhabenheit und Blüthe, als der, auf den wir heute zurückblicken?
Lieutenant Sir
An einem 25jährigen Feste sehe ich mich an der Spitze eines treuen und glücklichen Volkeg, und das starke Band, durch die Geschichte ge. woben, das heute so innig wie je zuvor mein Haus mit meinem Volle verbinbet, flößt überall Ehrfurcht ein. Das erfüllt mein Herz mit liefgefühlter Dankbarkeit. Die fröhlichen Klänge, die äb-rall im Lande subelnd erschallen, zeugen von einem und demselben Gefühl, das Älle beseelt. Auch aus unserer einstimmigen Freude spricht laut die Fintracht, die unsere Kraft ist. Laßt uns so, eng vereint, dem bisher betretenen Wege folgen! 258 uns, Jeder in seinem Kreise, unsere Kräfte aufbielen, um das Wohl des Vaterlandes, das uns theuer ist, zu befördern, um ihm die Stelle, die es in der Reihe der gesitteten
Bälker bekleidet, ehrenvoll zu erhalten.
Großbritannien und Iriand. Landen, 13. Mai. Auf Windsor fand gestern unter dem Vorsitz der Königin ein geheimes Conseil statt. . ;
= Die „Times ist zu der Mittheilung ermächtigt daß das Befinden der verwittweten Herzogin von Cam⸗ ge fortfährt sich zu bessern, und daß die Herzogin beab⸗ fe, in Kurzem Strelitz zu verlassen, um nach England ückzukehren. ie Königin hat ihren Kammerherrn, Viscount Tor⸗ rington, sowie ihre Adjutanten, General⸗Lieutenant Sir Francis Seymour, und Lord Charles Fitzroy zu Be⸗ gleitern des Kaisers von Rußland während seines Aufenthalts in England ernannt. . —
Der Herzog von Nemours und Graf d' Eu sind nach Paris zurückgekehrt. (.
Sir George Campbell, der frühere Gouverneur von Bengalen, kam am Montag von Calcutta in England an und hatte gestern eine Unterredung mit dem Marquis von Salis⸗ bury im indischen Amt.
— Unter dem Vorsitz des Fürsten Teck fand gestern in Stafford⸗House, der Stadtresidenz des Herzogs von Sutherland, ein von sehr einflußreichen Persßnlichkeiten besuchtes Meeting für Abschaffung des Sklavenhandels in Ostafrika statt
— Nach kurzem Krankenlager ist am 9. d. M. General⸗ Archdale Wilson von Delhi, bekannt aus Sepoy⸗Kriege, gestorben. k
. . Bier, e ft von Portsmouth gab gestern den aus den Aschanki⸗Feldzu ge heimgekehrten Truppen ein Ban⸗ kett, bei welchem Sir Garnet Wolseleny und ca. 190 Offiziere aller Waffengattungen, die an der Aschanti⸗Expedition Theil genommen, zugegen waren.
— 15. Rai. Der Kaiser von Rußland und der Groß fürst Alexis besuchten gestern, vom Herzog von Edin⸗
burgh geleitet, die Prinz Albert und St, Georgs⸗ Kapellen in
Kind for, und nahmen darauf in Begleitung der Königin die Königlichen Meiereien in Augenschein. Nachmittags besich⸗ tigte der Kaiser, begleitet von der Königin und den Mitgliedern der Königlichen Familie, die Virginia Waters. Abends fand in Windsor Castle ein Galabanket statt, zu dem 140 Einladungen ergangen waren.
eute Vormittag 114 Uhr verließ Kaiser Alexander vom Großfürsten Alexis, dem Herzog und der Herzogin von Edin⸗ burgh und dem Prinzen und der Prinzessin von Wales begleitet, ö. Windsor und traf gegen 111 Uhr in London ein. In Windfor wie in London hatten sich große Volks massen ange⸗ sammelt, die den hohen Gast mit sympathischen Zurufen be⸗ grüßten. Um 1 Uhr wurden vom Kaiser im Buckingham⸗Palaste die Mitglieder des diplomatischen Corps, sodann auch sämmlliche Mitglieder des Kabinets in Audienz empfangen. Darauf stattete Se. Majestãät dem Herzog von Cambridge, dem Marquis of Lorne, dem Fürsten von Teck und dem Prinzen von Wales Be⸗ suche ab. Später empfing der Kaiser den seit einigen Tagen in London sich aufhaltenden Grafen von Paris. Der Graf von Paris machte später dem Prinzen von Wales seinen Besuch, welchen derselbe sofort erwiderte. — Die Rückreise des Kaisers nach dem Kontinent ist auf Donnerstag früh von Gravesend aus festgesetzt.
— Im Unterhau se erklärte heute der Unterstaatssekretãr des Innern, Bourke, auf eine Interpellation von Muntz, der englische Minister⸗Resident in Chili habe die sofortige Frei⸗ laffung des gefangen gesetzten Kapitän Hyde verlangt. Auf die Interpellation von Lowther antwortete er, daß die Regierung von Suatemala sich bereit erklärt habe, dem amerikanischen Vice⸗ konsul in St. Joss de Guatemala jede nur mögliche Genug⸗ 3 und Schadloshaltung für die erlittene Unbill zu ge⸗ währen.
— 16. Mai. (W. T. B.) Der Kaiser von Rußland wohnte gestern dem Balle bei der Herzogin von Sutherland bei. Der Kaifer hat den Prinzessinnen Christlan, Louise und Beatrix den Katharinenorden verliehen.
Frankreich. Paris, 15. Mai. (W. T. B) Der „Moniteur“ meldet, es seien Verhandlungen zur Wie derauf⸗ nahme der dipiomatischen Beziehungen mit Mexiko eingeleitet, dieselben ständen auf dem Punkte, zum definitiven Abschluß zu gelangen. Qutrey sei bestimmt, als französischer Geschäftsträger nach Mexiko zu wer
Versailles, 15. Mai. (W. T. B.) In der Sitzung der Natio nalversammlung wurde heute vom Herzog von Broglie der Gesetzentwurf, betreffend die Errichtung einer ersten Kammer, eingebracht. Der Inhalt der Vorlage stimmt mit den durch die Journale darüber bereits bekannt gewordenen Angaben überein. Der er s motivirte den Gesetzentwurf in längerer Ausführung, wobei er besonders hervorhob, daß durch die Verlängerung der Amtsgewalt des Marschalls Mac Mahon ein gemeinschaftliches Arbeitsseld für alle Parteien der National⸗ versammlung gewonnen sei, um sich während eines siebenjährigen Zeitraumes ungestörter Ruhe mit der Wiederherstellung des Lan⸗ des zu beschäftigen. Der Minister richtete außerdem die Auffor⸗ derung an die Versammlung, davon abzusehen, die Art der Regierungsform zu definiren und einen Waffenstillstand unter den Parteien zu schließen, um die gegenwärtige Regierung zu ergani⸗ siren und sie mit Einrichtungen zu umgeben, durch welche der Umfang ihrer Befugnisse festgestellt und ihr selbst somit ein neuer Halt gegeben werde. Der Herzog von Broglie erklärte ferner, daß er die Versammlung für verpflichtet erachte, ein Gesetz, das aus ihrem Schooße hervorgegangen sei, auch zur Ausführung zu bringen, und sprach schließlich die Hoffnung aus, daß diejenigen Deputirten, welche anfänglich die Verlängerung der Präsident⸗ schaft des Marschalls Mac Mahon bekämpft hätten, dieselbe nach⸗ her in loyaler Weise acceptiren würden. Der Gesetzentwurf wurde darauf an die konstitutionelle Kommission überwiesen. Die Vorlage wurde von der Rechten und dem rechten Centrum mit Beifall, von der Linken und von der äußersten Rechten mit Kälte aufgenommen.
Spanien. Madrid, 15. Mai. (W. T. B.) Die Gaceta“ veröffentlicht ein Manifest der Regierung an die Ration, in welchem dieselbe ihr Bedauern ausspricht, daß sie noch nicht in der Lage sei, Maßnahmen zur Einberufung
einer nationalen Vertretung treffen zu können. Die Regierung erklãrt, sie rechne gegenwärtig auf die Unterstützung aller libe⸗ ralen Parteien und werde, falls sie angegriffen werden sollte, von allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln Gebrauch machen, um die öffentlichs Ordnung sicher zu stellen. Ihre Hauptaufgabe werde sein, den Bürgerkrieg zu beendigen und Maß⸗ regeln zu treffen, wodurch die Wiederkehr. der karlisti⸗ schen Bewegung verhindert und so der Friede im Lande und in den Kolonien gesichert werde. Was die Finanzen des Staates angehe, werde die Regierung prüfen, in welcher Lage sich der Staatsschatz befinde, und von solchen Maßregeln abstehen, welche zwar den augenblicklichen dringenden Bedürf⸗ nissen abhelfen könnten, aber den Ruin für die Zukunft voraus⸗
Bestrebungen darin finden, wenn es ihnen gelänge, die Dauer
der gegenwärtigen interimistischen Regierungs gewalt abzukürzen
und erwarteten mit Ungeduld den Augenblick, wo das Land, nach Wiederherstellung der moralischen und materiellen Ordnung, in freier Abstimmung seinen Willen kundgeben könne. — Die „Gaceta“ publizirt ferner die Ernennung des Generals Concha zum Ober-Kommandanten der Nordarmee.
— Die föderalistische Partei wird das von ihr ange⸗ kündigte Manifest dem Vernehmen nach nicht erlassen.
— (W. T. B.) Die Journale der Opposition äußern sich auf das Heftigste gegen das neu ernannte Ministerium. In den großen Städten des Landes herrscht große Unzufrieden⸗ heit. — Dem Vernehmen nach sollen für Wien, Lissabon und Berlin Vertreter der Regierung ernannt sein.
— Der General Elio hat, wie aus dem carlistischen
Hauptquartier nach Banonne gemeldet wird, sein Kom⸗ mando aus Rucksicht auf seinen Gesundheitszustand niedergelegt und ist Dorregarayn an seiner Stelle zum Ober⸗Komman danten der gesammten carlistischen Streitmacht ernannt worden. . Bilbao, 15. Mai. (W. T. B.) Nach hier eigetroffenen Nachrichten setzt der General Concha seinen Vormarsch fort, um die Defileen zwischen Biscaha und dem Thale von Amezqueta zu besetzen. Vlele Einwohner verlassen die Stadt. — Don Carlos ist mit dem Gros seiner Armee in Zornosa.
Italien. Rom, 8. Mai. (It. N) In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer fragte der Abgeordnete Cavallotti den Minister des Innern, warum er dem Mailänder Klerus erlaube, zu Ehren des h. Ambrosius dessen Körper man letzthin aufgefunden haben will, öffentliche Prozessionen zu ver⸗ anstalten, da es doch hinlänglich bekannt sei, daß diese keinen anderen Zweck hätten, als feindselige Demonstrationen gegen die Einrichtungen des Landes zu machen, woraus dann leicht Ruhe⸗ störungen hervorgehen könnten. Wenn andere Parteien öffentliche Kundgebungen veranstalten wollten, werde es ihnen stets verboten. Es sei daher gegen die Principien der Gerechtigkeit und Gleich⸗ heit, dem Einen zu erlauben, was dem Andern verboten werde, Der Minister antwortete, die Regierung könne nicht wissen, ob der Mailänder Klerus bei der Prozession zu Ehren des h. Am⸗ brosius Nebenzwecke verfolge oder nicht; sie habe aber alle Ursache, anzunehmen, daß die Mailänder Bevölkerung die Prozession zu begehen wünscht, und sie habe geglaubt, diesem billigen Verlangen nicht entgegentreten zu dürfen, zumal sie sich stark genug fühlt, etwa beabsichtigte Ruhestörungen niederzuhalten. Die Kammer verhandelte darauf den Gesetzentwurf über die Besteuerung der Bierbrauerei und Branntweinbrennerei und nahm ihn nach kurzer Debatte so an, wie er aus der Kommissionsberathung hervor⸗ gegangen war. Der Abgeordnete Merizzi hatte behauptet, ö die Handelsverträge mit den fremden Mächten und namentli der mit Desterreich die Landesindustrie nicht auffommen lasse, worauf Herr Minghetti entgegnete, daß die fremden Handelskam⸗ mern das gerade Gegentheil behaupten; was aber den Handels⸗ vertrag mit Oesterreich-Ungarn betreffe, so sei auch er der Mei⸗ nung, daß er abgeändert werden müsse, wenn der dazu günstige Zeitpunkt käme. Die Kammer genehmigte darauf ohne Debatte den Gesetzentwurf über den sogenannten statistischen“ Zoll auf die fremden Waaren, die in Italien eingeführt, und auf die ita⸗ lienischen Produkte, welche ins Ausland ö . werden. Die⸗ ser Zoll beträgt 10 Centimen für jedes Colli Waaren, welche in Ballen, Kisten, Säcken, Körben und anderen Behältern oder für jedes Kilogramm Waaren, welche durcheinander gemengt versendet werden.
— Am 9. Vormittags trat die zur Prüfung und Bericht⸗ erstattung über die von dem Finanzminister Minghetti vorge— schlagenen Finanzmaßregeln ernannte Kommission zusammen, um Über die Einführung des Tabaksmonopols in Sicilien oder vielmehr über das von den sicilianischen Abgeordneten dagegen vorgeschlagene Projekt einer höheren Besteuerung der dortigen Tabakskultur und Industrie und seines Handels zu berathschlagen. Es wohnten der Kommissionssitzung auch die Abgeordneten Rudini
und Paternostro bei. — 11. Mai. Die Deputirten kammer nahm vorgestern nach kurzer Berathung den Gesetzentwurf an, welcher gemahlene Cichorie oder jedes andere Präparat, welches wie Cichorie ver⸗ braucht werden lann, mit 30 Franken Steuer den Centner be⸗ legt, und zwar wird diese Steuer von Fabrikanten selbst erhoben. Im Auslande fabrizirte Cichorie und alle ihr ähnlichen Präparate bezahlen bei ihrer Einfuhr in Italien noch 10 Franken Steuer mehr. Die Kammer genehmigte hernach den die Aichung der Maße und Gewichte betreffenden Gesetzentwurf.
— Der König hat heute in Florenz die in ternatio⸗ nale Gartenbau⸗Ausstellung eröffnet.
— 16. Mai. (W. T. B.) Von der Deputirtenkam⸗ mer ist der erste Artikel des Gesetzentwurfs, betreffend die Einführung des Tabaks monopols in Sicilien mit 163 gegen 126 Stimmen angenommen worden.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 10. Mai Der Entwurf zu einer neuen Heerordnung, welcher von einer Königlichen Kommission unter Vorsitz des General⸗ Lieutenants Björstserna ausgearbeitet worden ist, ist gedruckt und mit Genehmigung des Königs den Mitgliedern des Reichstages zugeschickt worden. Die Hauptzüge des Entwurfs find nach „Aftonbladet“ folgende:
Das Heer soll aus Linien. und Landwehrtruppen aller Waffen. arten bestehen und ungefähr 100 009 Mann betragen; dazu kommt noch der Landsturm, welcher indeß nicht organisirt wird. ie Infan⸗ terie foll aug einem Garderegiment und 26 R . Linien- und 2 Landwehrbataillonen bestehen, mit Ausnahme der vier nordländischen Reginenter, welche 14 Linienbataillone und 2 Land- wehrbataillone haben follen, sewie auch des Götländischen Regiments, mit einem Linien und einem Landwehrbataillen. Also soll die In- fanterie im Ganzen aus 49 Linien- und 51 Landwehrbataillonen, edes mit 500 Mann, Unteroffizieren und Mannschaft, bestehen. Die
avallerie soll aus 7 Regimentern mit 55 Eskadronen, à 125 Mann, im Ganzen aus 5550 Mann bestehen. Die Artillerie soll 6 Regi- menter, aus 2 reitenden und 37 fahrenden Linien ⸗Batterien, sowie 11
Reservebalterien à 140 bis 175 Mann bestehend, umfassen, sowie 8
sehen ließen. Die Minister würden den besten Lohn für ihre
Regimentern mit je 2
Compagnien Festungs · Artillerie à 309 Mann; die Ingenieurt ruppen 2 Regimenter, jedes mit 4 Gompagnien Ingenieurtruppen. Es sollen drei Bataillone Trains vorhanden fein. Die Wehrpflicht soll gelten vom 20 bis zum 32. Jahre, so daß die 6 ersten Jahrgänge zur Linie, die 6 letzteren zur Landwehr gehören. Die, Uebungszeit für die Kavallerie soll 17, für die Garde und Artillerie 12, für die Infan⸗ terie und die Trains 199 Monate dauern; außerdem soll die 3. und 4. Jahresklasse der Linie in 30 Tagen und die beiden jüngsten Klassen der Landwehr in 10 Tagen jährlich zum Dienste einberufen werden. Außer den festangestellten Kommandirenden sollen wehrpflichtige Offi⸗ ziere, welche sich einem Abgangsexamen bei den Schulen unterworfen haben, zu Unteroffizieren befördert worden sind und ein vom Könige vorgesch-iebenes Offiziersexamen durchgemacht haben, angestellt werden. Die Armee ⸗Unkesten werden auf 28, 150 000 Kronen, also etwas über 14 Millionen Rdl. zeschãtzt.
Gleichzeitig mit dem Vorschlage zur neuen Heerordnung wurden den Mitgliedern der beiden Kammern am Sonnabend gedruckte Exemplare eines Gutachtens über den Vorschlag zur Ordnung einer auf die allgemeine Wehrpflicht basirten See⸗ vertheidigung vorgelegt
Danach wird die sämmtliche seefahrende männlicke Bevölkerung Schwedens, Maschinisten und Schiffshandwerker in 12 Jahren vom 21. Lebenzalter an zum Kriegsdienst einberufen. Das Flotten⸗ personal soll aus 228 Offizieren, A0 Unteroffizieren und 2400 Matrosen, sowie 84 Tauchern, Trommelschlägern oder Horn ⸗ bläsern bestehen. Bei eventueller Vermehrung des See⸗ kriegsmaterials bis zu dem vom betreffenden Comits in Vorschlag gebrachten Umfange, soll die Anzahl des Ma⸗ rine⸗Militärpersonals folgende sein: 324 Offiziere, 371 Unter⸗ offiziere und ca. 3650 Matrosen. Dazu kommt noch ein aus 525 Mann bestehendes Werftkorps. Das sährliche Kontingent von Wehr- pflichtigen ist zu 1500 Mann, aber in Kriegszeiten zu ea. 99000 Mann berechnet. Die Größe der Offiziersgagen steigt von 1200 bis 10009 Kronen. Die sämmtlichen Ausgaben der Marine würden sich nach dem Comstévorschlage auf 73607009 Kronen belaufen. Da die Aus= gaben für die Armee auf 28,750, 000 Kronen veranschlagt sind, so würde das Gesammtvertheidigungswesen Schwedens, wenn die beiden
Vorschläge angenommen werden, 36,110 000 Kronen jährlich kosten.
Christiania, 13. Mai. Bei der im Odelsthing statt—⸗ gefundenen Verhandlung über den Königlichen Vorschlag, be⸗ ireffend Veränderungen im Strafgesetz, hat die Frage wegen Abschaffung der Todes strafe eine große Rolle gespielt, indem die Diskuffion darüber bei Vornahme mehrerer Para⸗ graphen des Gesetzvorschlages erneuert wurde. Der Haupt⸗ vertheidiger der Todesstrafe war der Vorsitzende des Justizcomitès Richter. Der Vorschlag wegen gänzlicher Abschaffung der Todes⸗ strafe wurde gegen 1 Stimme (Juel) verworfen, aber Sverdrup und 26 andere Mitglieder gaben die Erklärung zu Protokoll, daß sie nur denjenigen Bestimmungen im Gesetzvorschlage, in welchen die Todesstrafe als Alternative beibehalten war, gutheißen könnten, weil sie darin einen vorbereitenden Schritt zur Ab⸗ schaffung derselben betrachteten.
— Das Bank-Comit« des Storthings hat in seinem am 20. v. M. eingegebenen Bericht in Uebereinstimmung mit dem Antrage einiger Assekuranzgesellschaften zur Annahme empfohlen, daß eine Zusatbestimmung zum Münszgesetz erlassen würde, wonach Münzen von 1, 2 und 5. Oeren entspre⸗ chend 29, 6si9 und 11sp Skilling, ausgeprägt würden. 2 Mitglie⸗ der des CLomitè's haben außerdem vorgeschlagen, daß diesen Münzen zu gleicher Zeit die Vezeichnung des Werthes in Slil⸗ lingen beigefügt würde.
Amerika. Washington, 14. Mai. (W. T. B.) Der Senat hat die Bill angenommen, durch welche die seither für Banken bestandenen Beschränkungen aufgehoben werden und durch die der Maximalbetrag der Greenbacknoten auf 382 Mil⸗ lionen festgesetz; wird. Nach den weiteren Bestimmungen dieser Bill müssen, fobald der Betrag der in Umlauf gesetzten Noten der Banken sich um je 1 Million erhöht, jederzeit für je 250 000 Dollars von den in Umlauf wefindlichen Greenbacknoten einge⸗ zogen werden. Ferner ist die allgemeine Amortiirung der Green⸗ backnoten gesetzlich ausgesprochen, und zwar sollen dieselben vom 1. August 1878 ab gegen 41proz, innerhalb 10 Jahren einlös⸗ bare Staatsschuldscheine eingewechselt werden.
New⸗York, 15. Mai. (W. T. B.) Der Präsident Grant hat eine Proklamation erlassen, in welcher er den republikanischen Kandidaten Baxter als Gouverneur in Arkansas anerkennt und die Anhänger beider Kandidaten auffordert, die Waffen niederzulegen. Der demokratische Kandidat Brooks soll
trotzdem entschlossen sein, den Kampf weiter fortzuführen.
— Nachrichten aus Panama vom 16. April bestätigen, daß auf dem Festlande von Süd⸗Peru ausgedehnte Guanolager entdeckt worden sind.
Asien. Aus Japan wird gemeldet: In Jeddo herrscht Ruhe, aber die Ausländer sind gewarnt worden, auf ihrer Hut zu sein. Man spricht wieder von einer Expedition gegen Formosa. Die Rebellion soll gänzlich unterdrückt sein; der Zweck derselben war, wie man sagt, sich der Person des Mikados zu bemächtigen. Der Palast wurde folglich eine Zeitlang scharf bewacht. Der Mikado hat seine Zustimmung zu der Bildung eines Repräsentatiy⸗ Parlaments ertheilt. Eine neue Religion soll der Liste der amtlich autoristrten hinzugefügt werden. Das Land westlich von Kioto wird für eine neue Eisenbahn vermessen. Enomotto hat sich als Gesandter nach St. Petersburg zur Schlichtung von Streitigkeiten bezüglich Saghalien begeben.
Unterm 11. April wird weiter gemeldet:; Saigo, der Kommandant der nach Formosa bestimmten Flotte, segelte am 9. April von Yokohama ab. Etwa 1000 Mann Truppen nehmen an der Expedition Theil. Das Rendezvous. der Flotte wird entweder Forchow oder Amoy sein. Die Regierung hat ein neues Departement gebildet, das sich besonders mit den Angelegenheiten Formosas beschäftigen soll.
— Aus Mandalay bringt die neueste indische Post die Nachricht, daß der König von Birmah im Begriff ist, eine Gesandtschaft an den Kaiser von Rußland und den Schah von Persien zu entsenden.
Nr. 8 des Armee ⸗Verordnungs⸗Blattes hat folgenden Inhalt: Gesetz, betreffend einige Abänderungen und Ergänzungen des Gesetzes vom 27. Juni 1871 über die Pensionirung und Versorgung der Militärpersonen 2c. vom 4 April 1874. ̃ ;
Die Nr. 40 des Amts Blatts der Dentschen Reicht Postverwaltung“ hat folgenden Inhalt: General. Verfügungen: vom 19. Mai 1874 Reduzirung der cuf Pestanweisungen nach Bel gien, Italien und der Schweiz eingezahlten Beträge; vom 12. Mai 1874: Kentrollisten über ausgezablte Postanweis ingen. — Beicheidung: vom 3. Mai 1874 Unzulässigkeit der handschriftlichen Eintragung von Stimmungẽeberichten in Preiscourante und Handelscirkulare; vom 11. Mai 1874. Erhebung des Postzuschlags für unzureichend frankirte Sendungen. .
Ven den Entscheidungen des Bundes gmtes für das Hei⸗ ma th wes en, kegrbeitet und hergusgegeben von Wohlers, Geheimen Ober ⸗Regierungs Rath und Mitglied des Bundesamtes für das Heimath⸗