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lichen General⸗Kommission zu Cassel als Hülfsarbeiter ein⸗ getreten.
— S. M. Panzerfregatten Friedrich Car!“ und
Kronprinz“ sind am 19. d. M. in n S. M. Abt. mi abr oh! in Kiel in Dienst gestellt. —
S. M. S. „Niobe“ hat am 19. die Rhede von Kiel ver⸗ lassen.
Bayern. München, 19. Mai. Mit Rücksicht auf die in Aussicht genommene Regelung der Natural⸗ leistun gen für die bewaffnete Macht im Frieden, ins⸗ besondere auch bezüglich der Quartierleistung, sollen schon jetzt die nöthigen Ermittelungen zur Feststellung der Eintheilung der Drtschaften des Königreichs (in 5 Klassen) vorgenommen werden. Zur Gewinnung eines Regulativs für die Quartierbedürfnisse, den Seryistarif ꝛ. haben die Staats⸗ Ministerien des Innern und des Kriegs verfuͤgt:
— In jedem Bezirksamte und in jeder unmittelbaren Stadt tritt eine Kommiffion zusammen, welche für- die sämmtlichen zuständigen Ortschaften des Bezirks den Preis der Quartierbedürfnisse, wie sie das Regulativ an die Hand giebt, zu ermitteln und zu begutachten 6 2) Die Kommission besteht in den Bezirksämtern aus dem Be= zirksamtmann oder dessen Stellvertreter und? Mitgliedern der Distriktt⸗ ausfchüffe, von welchen das eine dem größeren ländlichen Grundbesitze angehören muß, das zweite aus der Reihe der Bürgermeister oder Gemeindevertreter auszuwählen ist, in den unmittelbaren Städten aus dem Bürgermeister und 2 Mitgliedern des Magistrats, welche von diesem gewählt werden. In München tritt der Königliche Polizei= direktor in die Kommission, wofür eines der Magistratsmitglieder augfällt. In Garnisonstädten nimmt der Truppen ⸗Commandeur resp. ein von diesem kommandirter. Offizier an den Berathnngen und
n n en mit gleicher Berechtigung wie die übrigen Mitglieder
heil. . sich am Orte Kommandanturen und Königliche Gar⸗ nifongverwaltungen, so tritt der Kommission der Kommandant resp. dessen Stellvertreter, sowie der Garnisonsverwaltungs ⸗Vorst and hinzu. 3) Spezielle Instruktionen bezuglich der Schätzungen können nicht er⸗ theilt werden. Zur Werthsermittelung können in Betracht gezogen werden die zur Häusersteuer ermittelten Miethswerthe und die orts⸗˖ üblichen Schlafstellgelder. Diejenigen Naturalleistungen, für welche im Civilhaushalte Erfahrungsfätze sich nicht gehildet haben, wie beispielsweise: Benutzung des Wohnzimmers, des Kochfeuers und der Gerälhe des Quartiergebers, sind nach sachgemäßen Prinzipien ge wissenhaft einzuschätzen und dabei der leitende Grundsatz festzuhalten, daß elne Vergütung nur nach dem gemeinen Werthe zugestanden wer⸗ den kann. Im Allgemeinen wird noch darauf aufmerksam gemacht, daß immer nur Obsekte (Quartiere, Stallungen) von mittlerer Qualitãt in Betracht zu ziehen sind, daß mithin jeder Luxuz, jede besondere Bequemlichkeit ꝛc. außer Acht zu lassen ist.
Sachsen. Dros den, 20. Mai. Der Herzog Friedrich von Schleswig⸗Holstein ist heute Vormittag nach Primkenau abgereist.
— Der König hat in einer am heutigen Tage dem Kö⸗ niglich italienischen außerordentlichen Gesandten und bevollmäch⸗ tigten Minister Grafen von Laun ay ertheilten Partikular⸗ Audienz das Beglaubigungsschreiben, durch welches derselbe von Neuem in dieser Eigenschaft an dem hiesigen Königlichen Hofe acereditirt wird, entgegengenommen. .
— Die Zweite Kammer nahm heute u. A. den Gesetz—⸗ entwurf über die Uebertragung der Verpflichtung zur Unter⸗ stützung bedürftiger Familien von zum Dienste einberufenen Mannfchaften der Reserve, Ersatzreserve und Landwehr auf die Bezirksverbände in einer von der Deputation amendirten Fassung ohne Debatte an. Ebenso wurden ohne Diskussion die Positionen 24 und 26 des außerordentlichen Budgets, 3, 502,670 Thlr. zur Verstärkung des Transportmittelparkes der Stagtseisenbahnen und 127, 8530 Thlr. zur Vollendung des neuen Signalsystems, Herstellung von Blocksignalen 2c. an diesen Bahnen bewilligt. Ferner nahm die Kammer die Anzeige von der Resultatlosigkeit des Vereinlgungsverfahrens betreffs des Dr. Minckwitzschen An⸗ trags auf Aufhebung der 5§. 92 und 103, letztes Alinea, der Verfassungsurkunde entgegen, wobei der Referent Abg. Dr. Biedermann und der Antragsteller Abg. Dr. Minckwitz die Ab⸗ lehnung des von der Deputation der Ersten Kammer gemachten Vereinigungsvorschlags kurz motivirten, und beschloß ohne De⸗ batte gegen 3 Stimmen, bei ihrem auf den die Verkündigung des Unfehlbarkeitsdogmas betreffenden Antrag des Abg. Ludwig gefaßten Beschluffe, dem die Erste Kammer nicht beigetreten ist, lediglich mit Weglassung der Worte, welche die von der Regie⸗ rung verlangte Bekanntmachung zunächst in dem — inzwischen eingegangenen — katholischen Kirchenblatte veröffentlicht wissen wollen, stehen zu bleiben, die auf diesen Gegenstand bezüglichen, neu eingegangenen Petitionen aber dadurch fur erledigt zu er⸗ klären. Dann folgten Berathungen von, Petitionen und Be⸗ schwerden. .
Baden. Karlsruhe, 18. Mai. (Schw. M.) In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer legte Justizministerial⸗ Präsident v. Freydorf einen Gesetzentwurf über die Einführung des Reichspreßgesetzes vor. Das Gesetz über die Rechtsverhält⸗ nisse der an anderen als an Volksschulen angestellten Volks⸗ schullehrer und Gewerbeschul⸗Hauptlehrer wurde in zweiter Be⸗ rathung einstimmig angenom]men. Hierauf erfolgte Bericht⸗ erstattung und Berathung bezüglich einer Reihe von Petitionen, welche Straßen⸗ und Eisenbahnbauten betrafen — Ob es ge⸗ lingen wird, die ständische Session bis zur Mitte Juni zum Abschluß zu bringen, bleibt immerhin fraglich, zumal man auch noch Vorlagen entgegensteht, welche mit der Einführung der . Münzwährung am J. Januar 1875 im Zusammenhange
ehen.
— 20. Mai.
ii. (W. T. B.) Heute hat die Kammer die Generaldebatte über das neue Einkommen steuer⸗-SGesetz begonnen. 18 nationalliberale Abgeordnete, darunter Kiefer und Bluntschli, beantragten, daß die Kammer in die Spezialdis⸗ kussion nicht eintrete und die Regierung aufgefordert werde, dem nächsten Landtage eine umfassende Steuerreform vorzulegen. Nach achtstündiger Berathung über diesen Antrag wurde derselbe
urückgezogen. Die Spezialdiskussion über das Einkommen⸗ er . beginnt morgen.
,, , en, , . mittag beg roßherzogliche oß⸗Chor auf Höchsten Befehl nach reef, wo zu Ehren des hen f en Wladimir eine Messe nach griechisch⸗katholischem Ritus statt⸗ gefunden hat. — .
Sach sen⸗Altenburg. Altenburg, 19. Mai. Der Commandeur der 8. Division, General⸗Lieutenant von Schacht⸗ meyer und der Commandeur der 16. Infanterie⸗ Brigade, General⸗ Major von Scheffler aus Erfurt, sind heute zur Besichtigung des Militärs hier eingetroffen. .
Auhalt Dessau, 19. Mai. (Leipz. Ztg.) Die beiden ältesten Sohne des Herzoglichen Hauses die Prinzen Leopold und Friedrich, = demnächst Genf verlassen, eine Reise durch die Schweiz und Oberitalien unternehmen und sodann
vorlaufig auf einige Zeit ihren Aufenthalt in Dessau oder
Wörlitz nehmen.
— Die Generale von Mirus und von 3ychlins ki trafen gestern Abend von Magdeburg hier ein und werden, nach⸗ dem sie heute eine Inspizirung abgehalten und Mittags mit dem hiesigen Offiziercorps gespeist haben, ihre Weiterreise antreten.
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Oe eich⸗ Ungarn. Wien, 20. Mai. Das Reichs⸗ gesetzblatt veröffentlicht das Gesetz vom 14. Mai 1874, wo⸗ mit mehrere Paragraphen der Gesetze vom 13. Mai 1869 und 1. Juli 1872 über die Landwehr für die im Reichsrathe ver⸗ tretenen Königreiche und Länder abgeändert werden.
Pest, 19. Mai. Bei der Abstimmung über die Advoka⸗ tursvorlage im Abgeordnetenhause wurde dieselbe als Grundlage der Spezialdebatte angenommen. Die Spezialdebatte wird jedoch erst nach Verhandlung der Anlehensvorlage vorge⸗ nommen werden. Referent Szell motivirte die Anlehensgesetz vorlage. Koloman Tisza wollte das Anlehen nur unter der Be⸗ dingung votiren, daß fünf Millionen zu Darlehen verwendet werden. Nach Tisza sprach Ghyszy; er dankte Tisza für das ent⸗ gegengebrachte Vertrauen, erklärte jedoch seinerseits, volles Ver⸗ trauen in die Ministerkollegen zu setzen, daß sie beim Werke der Regelung des Staatshaushaltes Hand in Hand mit ihm vor⸗ gehen werden. Tisza's Separatyotum könne er nicht annehmen, weil direkte Staatshülfe selten zweckentsprechend sei. In Oester⸗ reich sei nach der Erklärung des Finanz⸗Ministers trotz der be⸗ willigten Staatshülfe eine große Zahl von Unternehmungen theils in Konkurs, theils in Liquidation. Die Nothlage 6. übrigens, wenn auch besorgnißerregend, doch durchaus nicht so allgemein, hauptsächlich leide die obere Theiß⸗GSegend darunter. Der Staat gewähre seit Langem zahlreiche Nothstandsanlehen, die zum Theile seit 1856 ausstehen und vielleicht noch lange nicht zurückbe⸗ zahlt werden; auch die jüngst votirten Gelder für Darlehen seien noch nicht aufgebraucht. Schließlich könnten aber 5 Millionen schon darum nicht zu Darlehen bestimmt werden, weil der Staat über diese Summe gar nicht verfügen könne, nachdem von dem zu votirenden Anlehen nur zeitweise je nach Bedarf die dringend nothwendigen Beträge aufgenommen werden sollen und doch nicht verlangt werden könne, daß die zu theuren Zinsen aufge⸗ nommenen Gelder unbenützt liegen bleiben. Nachdem noch meh⸗ rere Redner gesprochen, wurde bei der Abstimmung, wie bereits telegraphisch gemeldet, die Gesetzuorlage mit großer Majorität angenommen und das Separatvotum abgelehnt. In der Spe⸗ zialberathung wurde die Vorlage in der Textirung des Aus⸗ schusses angenommen.
— Der Staate⸗Sekretãr im Handels⸗Ministerium Edmund Ary ist gestern gestorben. .
Das Subcomits des kirchenpolitischen Ausschusses hat in Sachen der Cipilehe folgende Beschlüsse gefaßt: Wegen Einführung der obligatorischen Civilehe hat der Justiz⸗Minister bis spätestens Dezember 1874 den eherechtlichen Theil des Civil⸗ gesetzbuches vorzulegen. Die Civilehen werden vor den Gemeinde⸗ vorständen, beziehentlich vor dem Bürgermeister und einem Notar oder dem Richter und einem Notar geschlossen. Der Richter ist für die Handlung, der Notar für die Handlung und die Ein⸗ tragung verantwortlich. Der Stuhlrichter revidirt vierteljährig die Register, die alljährlich im Comitats⸗, beziehentlich im Stadt⸗ archiv ire werden. Die Civilehe und ihre im Civilgesetz⸗ buche normirten Rechtsfolgen find von Jedermann zu respektiren, doch bleibt der kirchliche Charakter der Konfessionsehe dadurch in der bisherigen Freiheit unberührt. — Das Subcomits wird die Arbeiten nach den Feiertagen fortsetzen. ;
Schweiz. Bern, 20. Mai. (W. T. B.) Der gegen das von der Regierung erlassene Verbot, in den Ortschaften des Berner Jura katholischen Privatgottesdienst abzuhalten, er⸗ hobene Rekurs ist vom Bundesrathe abgewiesen worden, weil diese Maßregel im Interesse der Ruhe und der Erhaltung der Ordnung verfügt sei.
Niederlande. Haag, 20. Mai. (W. T. B.) Der König und die Königlichen Prinzen werden sich morgen zum Empfange des Kaisers von Rußland nach Vlies⸗ fingen begeben und denselben sodann bis Rosendaal begleiten; von dort wird der Kaiser nach Brüssel reisen. ;
Belgien. Brüssel, 20. Mai. (W. T. B.) Der „Nord“ meldet gleichfalls, daß der Kaiser von Rußland am Freitag Mittag und zwar über Antwerpen hier eintreffen und nach kurzem Aufenthalte seine Reise nach Deutschland fortsetzen werde. Der russische Gesandte Graf Bludoff und wahrschein⸗ lich auch der König der Belgier werden dem Kaiser zu seiner Bewillkommnung entgegenreisen.
Großbritannien und Frland. Ueber die Festlich⸗ keiten zu Ehren Sr. Majestät des Kaisers von Ruß⸗ land meldet die „A. A. C.“ weiter Folgendes:
London, 18. Mai. Nachdem der Kaiser von Rußland am Sonnabend von seinem Besuche bei der Kaiserin Eugenie in Chisle⸗ hurst zurückgekehrt, nahm er beide Häuser des Parlaments in Augen⸗ schein, wo er vom Lordkanzler, dem Sprecher des Unterhauses und vielen Mitgliedern des Parlaments begrüßt. wurde, Dann besuchte Se. Majestät die Westminster⸗Abtei, wo während seiner Anwesenheit die russische Volkshymne guf der großen Orgel gespielt wurde. Nach⸗ mittags begab er sich in Begleitung des Großfürsten Alexis und der 3 Prinzen und Prinzessinnen nach dem Krystallpalast in
ydenham.
Das Fest, welches dem russischen Monarchen im Krystallpalasst 6 wurde, war ein ganz besonders großartiges. In den prächtig geschmũckten Räumen des Glaspalastes hatten sich nahezu 30 000 Per- sonen eingefunden, um den Kaiser Alexander zu bewillkommnen, da dies die erste Gelegenheit war, bei welcher sich der . Gast öffentlich zeigte. Das dem Händelorchester gegenüber 2. = liche große Theater war zur Aufnahme der Kaiserlichen und Königlichen Gäste in eine Reihe geschmackvoll dekorirter Logen verwandelt worden, und Alles trug ein hochfestliches Gepräge. Um 44 Uhr Nachmittags begann unter der Leitung des Hrn. Manns ein großes Vokal und Instrumental⸗Konzert 1. dem Händel ⸗Orchester, ausgeführt von dem PalastOrchester und elf Militärkapellen, einem 4505 Mitglieder starken Sängerchor, sowie bon den Damen Tietjens und Patey und den Herren Santley und Lloyd. Die Damen des Chors trugen zu Ehren des Hohen Gastes Schärpen in den russischen
arben. Um 6 Uhr, nachdem das Konzert halb beendet war,
am der Kaiser in Begleitung des englischen Hofes im Palast an und wurde von der Menge enthusiastisch begrüßt. Er schritt am Arme der Prinzessin von Wales, nach allen Seiten hin si e n vernejgend. und . Dann folgten der Groß ürst Alexis mit seiner Schwester, der Herzogin von Cdinburg der Prinz von Wales, der Herzog von 3 Prinz Teck, Graf
Gleichen und das sche und englische Gefolge, im Ganzen etwa 100 Personen. Der Kaiser und der Großfürst, fowie die englischen Prinzen trugen bürgerliche Tracht. Die kombinirten Kapellen spielten, als die e und Königlichen Herrschaften den Palast durch schritten, den Marsch des rusfischen Probraschensk-⸗Regiments, und als der Kaiser sich unter dem anhaltenden Jubel der Anwesenden zwischen der Prinzessin von Walez und seiner Tochter in der Loge nieder⸗ elasfen hatte, stimmten Orchester, Chor ugd Orgel die uuffffhe Volk⸗ vmne an und exekutirten dieselbe in höchst wirkungsvoller Weise.
ann nahm das Konzert seinen eren Nach demselben speisten die Allerhöchsten Herrschaflen in dem Ban kettsaale des Palastes, und bei einbrechender Dunkelheit wurde in den Gartenanlagen, begünstigt von schönem, aher kühlem Wetter ein großartiges Feuerwerk abgebrannt. Die Glanzpunkte desselben bildeten eine Beleuchtung des Parks und der Fontainen durch farbiges Feuer, sowie das Aufsteigen eines gelb und rothbrennenden riesigen doppelköpfigen Adlers mit der flammenden ih ft Alexander IL, Befreier der Leiheigenen. Der Kaiser ließ sich am Schluß der ö Hrn. Manns, den Dirigenten des Palastorchesters, vor⸗ ellen.
Gestern, am Sonntage, wohnte der Kaiser mit dem Großfürsten Alexis und der er zeig von Edinburgh dem Gottesdienste, in der griechischen Kapelle in Welbeck⸗street an, empfing im Buckingham⸗ Palast den Grafen von Paris und begab sich dann in Begleitung seines Sohnes, seiner Tochter und seines Schwiegersohnes zu einem Besuche der Königin nach Windsor. Er blieb daselbst zum Dejeuner und kehrte Nachmittags nach London zurück. Am Abend dinirte er mit dem Großfürsten und dem Herzog und der Herzogin ven Edin burgh bei dem Prinzen und der Prinzessin von Wales im Familien ⸗ kreise in deren Villa in Chiswick.
Am Freitag, nach dem Empfange des diplomatischen Corps, empfing der Kaiser den General Grafen Fleury, früheren französtschen Botschafter am Hofe von St. Petersburg, in einer Privat -⸗Audienz.
Heute stattete der Kaiser der City den versprochenen Besuch ab. Dersclhe gab Anlaß zu einer greßartigen öffentlichen Ovaation. Die Straßen auf der ganzen Tour vom Buckinghampalast nach der Fity waren mit Schaulustigen angefüllt. Von Temple⸗Bar, dem Citythore, bis zur Guildhall bildeten die Haustruppen Spalier. Lud= gate Hill, Cannon -street und die übrigen Straßen der City prangten im Flaggenschmucke und Temple ⸗Bar war in einen prächtigen Ehren⸗ bogen verwandelt. Ver der Guildhall, in welcher die City⸗Festlichkeit vor sich ging, wac ein prachtvoller Empfangs⸗Pavillon erbaut wor⸗ den, dessen Inneres die lebensgroßen Porträts des Kaisers Nicolaus und der Kaiserin Katharina von Rußland schmück. ten; und von hohen venetianischen Masten, deren Gipfel große schwarze russische Adler zierten, wehten die russischen Far⸗= ben. Die ehrwürdige Halle selber hatte ihr bestes Festtagsgewand angelegt. Schon von zehn Uhr Morgeng ab versammelten sich in den glänzenden Räumen die eingeladenen Gäste, 200 —3000 an der Zahl, darunter die Mitglieder des diplomatischen Corps, die Kabinets⸗ Minister, die Spitzen der Civil⸗ und Militärbehörden, Mitglieder bei⸗ det Häuser des Parlaments und andere Personen von Distinction. Der Kaiser, der die ganze Tour unter anhaltendem Glockengeläute und der enthusiastischen Begrüßung der unzähligen Volksmenge zurück= gelegt hatte, erschien kurz nach 1 Uhr in Begleitung des 8 n . Alexis, des Prinzen und der Prinzessin von Wales, des Herzogs und der Herzogin von Edinburgh ünd der übrigen Prinzen des Königlichen Hauses, sowie seines zahlreichen und glänzenden Gefolges. Die ganze große Versammlung erhob sich zum Gruß, während die anwesenden Kapellen die russische Volkshymne spielten. Nach den üblichen Be= grüßungen und Porstellungen verlas der Recorder eine Adresse an den Kaiser, die wie folgt lautet:
„Wir, der Lordmayor, Aldermen und Gemeinen der City von Lendon, im Gemeinderath versammelt, wünschen Ew. Kaiserlichen Majestät unsere aufrichtigen Glückwünsche anläßlich Ihrer Ankunft
in diesem Lande als der Gast unserer geliebten Königin darzubringen,
und im Namen unserer Mitbürger und unserem eigenen statten wir Ew. Majestät achtungsvoll unseren warmen und verbindlichen Dank für den Besuch, mit dem Sie uns beute beehrt haben, ab.
Es gereichte jüngst allen Klassen der Unterthanen Ihrer Majestät zur ungetheilten Befriedigung, Ihre vielgeliebte Tochter in diesem
ande zu bewillkommnen und in deren Vermählung mit Sr. König⸗ lichen Hoheit dem Herzog von Edinburgh ein engeres Band zwischen den zwei Ländern zu erkennen, das, wir hoffen, auch das Glück des erlauchten neuvermählten Paares sichern wird. Wir anerkennen in Ew. Majestät den erleuchteten Herrscher eines großen Reiches, und wir wünschen besonders, uns bei dieser Gelegenheit der großen Wohl- that zu erinnern, die Sie Ihrem Volke durch die Abfchaffung der Leibeigenschaft im ganzen Bereich Ihrer ungeheuren Besitzungen er⸗ wiesen, und durch welchen mit den Sympathien von Engländern so übereinstimmenden Akt die Freiheit und Glückseligkeit so vieler Millionen von Unterthanen Ihrer ir n erhöht wurden und die materielle Wohlfahrt Ihres Reiches gefördert worden ist. Wir hoffen inbrünstig, daß diefer Besuch Ew. Kaiserlichen Majestät dazu beitragen möge, die nun zwischen den zwei Ländern bestehenden freundlichen Beziehnngen zu be—⸗ festigen, und wir beten, daß Ew. Majestät lang am Leben erhalten werden möge, um über ein gedeihliches und einiges Volk zu herrschen.
Der Lordmayor überreichte die Adresse alsdann dem Kaiser in einer werthvollen goldenen Kapsel, worauf Se. Majestät nachstehende Antwort mit bewegter Stimme verlas:
„Mein Lordmayor und Bürger von London! Ich bin Ihnen für Ihre gast freundliche und herzliche Aufnahme sehr dankbar. Meiner⸗ seits kann ich Sie versichern, daß ich ein festes Vertrauen in Ihre guten Gesinnungen gegen meine geliebte Tochter, deren häusliches Glück mir so sehr am Herzen liegt, setze. Ich hoffe, daß die liebe⸗ volle Heimath, die sie in Ihrem Lande findet, mit dem Segen der göttlichen Vorsehung, die nun zwischen Rußland und Großbritannien hergestellten freundlichen Beziehungen für den gegenseitigen Vortheil, deren Wohlfahrt und Frieden, befestigen wird.“ .
Die Festlichkeit fand ihren Abschluß mit einem Dejeuner,
— Weitere telegraphische Nachrichten melden aus London, 20. Mai: Der Kaifer von Rußland und der Großfürsi Alexis haben sich heute nach Woolwich begeben, um die dorti⸗ gen Militärarsenale in e n zu nehmen. Gestern haben der Kaiser und der Großfürst an einem Ballfeste Theil ge⸗ nommen, daß ö. zu Ehren in Buckingham⸗Palace gegeben wurde.
— 21. Mai. Der Kaiser von Rußland und der Großfürst Alexis haben gestern an einem vom Grafen Derby im auswär⸗ tigen Amte gegebenen Banquet Theil genommen, bei welchem auch die Prinzen und Prinzessinnen des Königlichen Hauses, die Mitglieder des diplomatischen Corps und die sämmtlichen Minister gegenwärtig waren. Nach dem Diner fand großer Empfang bei der Gräfin Derby ;
statt. Die Abreise des Kaisers von Rußland wird morgen Mit⸗
tag um 1 Uhr erfolgen. Lord Torrington und Lord Wellesley
werden denselben bis Vliessingen geleiten.
j — Die Königin wird morgen Abend nach Balmoral ab⸗
reisen. — Bei der Parlamentswahl in Dudley ist das bis⸗
herige liberale Mitglied Sheridan, dessen Wahl angefochten wor⸗
den war, wiedergewählt worden.
Frankreich. Paris, 21. Mai. (W. T. B.) Der Herzog von Decazes ist gestern Abend von Versailles hier eingetroffen, um den Fürsten Hohenlohe zu empfangen.
Versailles, 20. Mai. (W. T. B. Die National⸗ versammlung genehmigte heute mit 384 gegen 231 Stimmen
die Gesetzvorlage, betreffend die Organisation des Religions⸗
dienstes in der Armee. Die Deputirten des Departements Saone und Loire haben einen Antrag auf Aufhebung des Belagerungs⸗ zustandes in diesem Departement eingebracht.
Nusland und Polen. St. Petersburg, 19. Mai. Am 18, dem Geburtstage des Großfürstęn Nikolai Alexandrowitsch, ältesten Sohnes des Groß a Thron⸗ folgers fand in der Isaalskathedrale ein Dankgottesdienst und um 9 Uhr in der Kathedrale der Peter⸗Pauls Festung ebenfalls feierlicher Gottesdienst statt, zu welchem das Kadrebataillon des Leib⸗Garde⸗Reserve⸗Regiments, dessen Chef der Großfürst Nikolai Alexandrowitsch ist, ausrũckte. .
— Wie die „Finanzrevue“ hört, beabsichtigt man auf die Initiative des Kriegs⸗Ministers die Richtung der Weichselbahn jn der Weise abzuändern, daß sie von Warschau nicht nach No⸗ wogeorgiewsk, sondern zur Poststation Jablonna geht und dieser Ort durch eine 16 Werst lange Zweiglinie mit Nowogeorgiewsk verbunden wird. Die ganze Bahn würde sich dadurch um 25 Werst verlängern. .
Schweden und Norwegen. Stockhol m, 16. Mai. Die Königin Sophia mit ihrem Sohne, dem Herzog von Gotland, gedenkt übermorgen von Neuwied die Ruͤckreise nach Schweden anzutreten.
— Der Schluß des schwedischen Reichstages wird wahrscheinlich am Freitag stattfinden.
Amerika. New⸗gork, 20. Mai. (W. T. B.) Der demokratische Kandidat für den Gouverneurposten in Arkan sas, Brooks, hat jetzt auf seine Ansprüche verzichtet und ist der republikanische Gouverneur Baz ter wieder in sein Amt installirt
worden. ;
— (Monatsübersicht für April) Der Prä—⸗ sident hat gegen den von beiden Häusern des Kon⸗ gresses genehmigten Gesetzentwurf zur Regulirung der Finanz⸗ frage, nach welchem die Summe des umlaufenden Staatspa⸗ piergeldes und der Noten der Nationalbankenum 90 Mil⸗ lionen erhöht werden sollte, sein Veto eingelegt. In der be⸗ treffenden Botschaft an den Kongreß erklärt Präsident Grant, daß die in der Bill ausgesprochenen Theorien eine Ab⸗ weichung von den wahren Grundsätzen der Finanzen, des Na⸗ tionalinteresses, der nationalen Verpflichtung gegen die Gläubi⸗ ger seien, und daß durch sie die vom Kongresse angenom⸗ menen Garatien für das Verhältniß der Banknoten zu dem gesetzlichen Zahlungsmittel des Landes verletzt worden waren. Der Präsident empfiehlt ferner ein so baldiges Wiederaufnehmen der . als es die Verhältnisse nur irgend gestatten, und bezieht sich auf die vielfachen, in dieser Beziehung von der Regierung gemachten Versprechungen. Als vorläufige Maßregel zur Erreichung dieses Zwecks schlägt der Präsident vor, die Staatseinnahmen derartig zu erhöhen, daß durch sie die laufenden Ausgaben gedeckt werden könnten. In der Sitzung vom 28. April kam im Senate die Frage zur Be⸗ rathung, ob die betreffende Bill über das Veto des Präͤsidenten hinaus zum Gesetze zu erheben sei. Bei der Abstimmung wurden 34 Stimmen zu Gunsten dieses Vorschlags, 30 gegen denselben abgegeben. Da somit die für derartige Fälle in der Konstitution vorge⸗ schriebene Majorität von zwei Drittel sämmtlicher abgegebenen Stimmen nicht erreicht wurde, ist die Bill definitiv verworfen. Im Repräsentantenhause wurde eine Bill passirt, nach welcher die bestehende Reserve der Nationalbanken zur Deckung ihres Notenumlaufs abgeschafft und die Höhe des Reservefonds von 15 bis 20 Prozent von dem Betrage der Depositen abhängig sein soll. Außerdem sollen die Banken verpflichtet sein, eine fünf Prozent ihrer umlaufenden Noten gleichkommende Summe in Staatspapiergeld in dem Schatzamte der Vereinigten Staaten niederzulegen, welche Summe nur zur etwaigen Einlösung der Banknoten benutzt werden darf. Man glaubt, daß diese Bill, sollte sie im Senate angenommen und damit eine allmähliche Verminderung des in Umlauf befindlichen Staats papiergeldes verbunden werden, vom Präsidenten unterzeichnet werden dürfte.
Der Bericht der Kommission für Reform des Civildienstes ist dem Kongresse mit einer besonderen Botschaft am 18. April übermittelt worden. Präsident Grant enthält sich in derselben einer direkten Empfehlung der von der Kommission entworfenen Regeln bei Anstellung von Civilbeamten, spricht sich aber zu Gunsten der bisher befolgten aus und empfiehlt dem Kongresse die Bewilligung der zu deren Aufrechterhaltung erforderlichen Ausgaben in derselben Höhe, wie im verflossenen Jahre. Von dem Ausschusse für die auswärtigen Angelegenheiten ist dem Reprãsentantenhause der Entwurf einer Bill über die Er⸗ werbung des amerikanischen Bürgerrechts durch Geburt, Verheirathung, Naturalisirung u. s. w., sowie über die Er⸗ haltung bez. den Verlust desselben bei längerem Aufenthalte im Auslande zugegangen. In letzterer Beziehung ist in der Bill vorgeschrieben, daß Bürger der Vereinigten Staaten, welche jLetzt oder künftig ihren Aufenthalt im Auslande nehmen, sich innerhalb der ersten sechs Monate nach Erlangung eines Domi⸗ zils, Minorenne innerhalb der ersten sechs Monate nach erlang⸗ ter Majorität, bei der betreffenden Gesandtschaft der Vereinigten Staaten oder bei einem von dem Minister des Aeußeren zu be⸗ stimmenden Konsulate registriren lassen müssen. Bürger, die sich zwei Jahre unter der Jurisdiktion einer fremden Macht auf⸗
halten, sollen als in dem betreffenden Lande domizilirt angesehen
werden.
Zwwischen Belgien und den Vereinigten Staaten ist ein Aus⸗ lieferungsvertrag abgeschlossen worden. Es ist darin festgesetzt worden, daß derselbe für die des Mordes und der Brandstiftung angeklagten Personen rückwirkende Geltung haben solle. Diese Bestimmung hat offenbar Bezug auf, den der Ausübung beider Verbrechen in Belgien beschuldigten, preußischen Unterthan Joseph Stupp, alias Karl Vogt, dessen Auslieferung die preußische Re⸗ gierung vergeblich gefordert hatte.
Die vor Kurzem 29 Anordnung des Marine⸗Ministeriums zusammengetretene Ingenleurkommission, welche unter dem Be⸗ fehle des Commodore Ammon steht, hat sich nach Central⸗ amerika begeben, um die im vergangenen Jahre von den Unter⸗ ,,, . als geeignet bezeichneten Routen zur Her⸗ stellung eines ö Kanals zwischen dem atlantischen und slillen Meere näher zu untersuchen. Als besonders vor⸗ theilhaft waren von den betreffenden Expeditionen die Route
durch den See von Nicaragua und die den Atratofluß entlang
führende bezeichnet worden. Die Kommission hat ihre Arbeiten mit der ersteren begonnen und wird nach Vollendung ihrer Auf⸗ gabe dem Kongresse Bericht darüber abstatten, welche der beiden von ihr für die vortheilhaftere gehalten wird. .
Für die Beobachtung des Venusdurchganges ist von der ameritanischen Regierung die Summe von 1560 000 Dollars aus- gesetzt worden. dür die amerikanischen Astronomen sind acht Stationen bestimmt worden, von denen vier auf der nördlichen, vier auf der südlichen Hemisphäre gelegen sind; auf allen wird der vollständige Durchgang sichtbar sein. Für eine derselben ist die Maedonald⸗Insel bestimmt, wo auch die Deutsche Regierung eine Station zu errichten beabsichtigt.
Die seit dem Beginne des laufenden Finanzjahres fast be⸗ ständig gedrückten Staatseinnahmen haben sich in der letzteren
Zeit wieder günstiger zu gestalten begonnen. Im März haben die Ginnahmen die Ausgaben um mehr als zwei Millio⸗ nen Dollars übertroffen und eine entsprechende Abminde⸗ rung der Staatsschuld gestattet. Letztere belief sich am 1. April, ausschließlich der zu Gunsten der verschiedenen Pacific⸗Eisenbahnen ausgegebenen Obligationen und abzüglich des im Schatzamte vorhandenen Bestandes an haarem Gelde, auf 2, 152, 690 728 Doll. 50 C. gegen 2, 154, 880, 066 Doll. 96 C. am 1. März, hat mithin im Marz um 2189, 338 Doll. 46 C. abgenommen. Die Zunahme seit 1. Juli 1873. dem Be⸗ inne des Finanzjahres, betrug am 1. April 4872, 014 Dollars. 89 April wurden von Seiten der Regierung fünf Millionen Dollars in Gold verkauft, der Verkauf einer gleichen Summe ist von dem Finanz⸗Minister für den Monat Mai angeordnet worden. Ein Ankauf von Bundesobligationen fand nicht statt. Bei den Staatswahlen in Connecticut hat die demokratische Partei den Sieg davongetragen. Der Gouverneur, sowie die übrigen von ihr aufgestellten Kandidaten wurden mit einer nicht unbedeutenden Majoritãt erwählt. Diese Partei verfügt jetzt auch über eine große Majoritãt in der Staatslegislatur und hat eine Stimme im Senate der Vereinigten Staaten gewonnen. In Rhode⸗IJsland wurde der von der republikanischen Partei auf⸗ gestellte Kandidat zum Gouverneur gewählt, ein Gegenkandidat der demokratischen Partei war nichk aufgestellt worden. Die Wahlen zur Staatslegislatur daselbst finden im Juni statt. Bemerkenswerth sind die in der letzten Zeit immer häufiger hervortretenden Verfuche, das Wahlrecht des Volks in Bezug auf die Beamten zu beschränken. In vielen Staaten sind bereits mehrfache Gefetze in Betreff untergeordneter Staats⸗ und
Gemeindeämter in dieser Richtung erlassen worden, und neuer⸗
dings hat die Legislatur von Louifiana eine Bill passirt, wodurch der Stadt New⸗Srleans das Recht, ihren Mayor und ihre Alder⸗ men selbst zu wählen, genommen und dem Gouverneur die Er⸗ nennung der gesammten städtischen Verwaltung übertragen werden soll.
Augenblicklich herrschen in Arkansas ähnliche Wirren, wie sie bereits im vergangenen Jahre in Louisiana und später in Texas ausgebrochen waren. Gegen den dort im Jahre 1872, wie behauptet wird durch Fälschung der Stimmzettel, erwählten Gouverneur Baxter wurde von dem Bezirks⸗ gerichte zu Pulaskti eine Entscheidung zu Gunsten des demokratischen Kandidaten Brooks erlangt, und setzte sich dieser auf Grund eines richterlichen Exmissionsbefehls mit Ge⸗ walt in den Besitz des Gouverneuramts und mehrerer Waffen⸗ depots des Staates. Baxter erklärte dies Verfahren seines Geg⸗ ners für einen Bruch des öffentlichen Friedens und traf Anstalten, sich mit Waffengewalt wieder in Besitz der Macht zu setzen. Zu gleicher Zeit wurde der Fortgang des Streites vor den Gerichten eingeleitet. Ein an den Präsidenten Grant gerichtetes Gesuch beider Gouverneure um Unterstützung ist abgelehnt worden, weil eine schließliche Entscheidung der Staatsgerichte noch nicht vorliege, doch wurden die Telegraphenlinien zur Sicherstellung der Freiheit des Verkehrs auf Befehl des kommandirenden Generals durch die Truppen der Vereinigten Staaten mit Beschlag belegt. Nachdem es be⸗ reits am 20. April zu einem blutigen Zusammenstoße zwischen beiden Parteien gekommen war, fand neuerdings wieder ein Kon⸗ flikt bei NDew⸗Gascon9 am Red⸗River, 50 Meilen unterhalb von Little⸗Rock statt, bei welchem die Anhänger Brooks von denen Baxters geschlagen wurden.
Durch das Austreten des Mississippi und seiner Nebenflüsse sind in Louisiana große Verwüstungen angerichtet worden. Mehr als 1400 Quadratmeilen wurden überschwemmt, und ist die Bnumwollenernte auf einer Fläche von 250 000 Acres, die Maisernte auf 100, 009, die Zucerernte auf mehr als 500 900 Acres vollstãndig vernichtet worden. Der Rongreß genehmigte eine Bill zur Unterstützung der Nothleidenden durch Lieferung von Lebensmitteln und Kleidungsstücken aus den Armee⸗ vorrãthen.
Nach den bei dem Ackerbau⸗Departement in Washington eingegangenen Berichten sind die Ernteaussichten fast in allen Staaten, namentlich aber im Süden, außerordentlich günstige. Nur in einzelnen Theilen von New⸗Jork und Pennsylvanien haben die Wintersaaten seit Mitte März in Folge der Witterung gelitten. Aus Wisconsin, Minnesota und Jowa lauten die Be⸗ richte besser als gewöhnlich. In Californien, wo die ungewöhn⸗ lich feuchte Witterung Schaden angerichtet hat, rechnet man trotz⸗ dem noch auf eine Ernte von 40 Millionen Bushel Weizen.
In Pennsylvanien, wo die Eisen⸗Industrie in Folge der Finanzlage des Landes bereits schwer leidet und die Hälfte der
großen Clablissements die Arbeit eingestellt hat, so daß sich schon
jetzt 15 000 Eisenarbeiter in diesem Staate außer Beschäftigung finden, verlangen die noch thätigen Arbeiter dennoch eine Er⸗ höhung ihres Lohnes und drohen mit Einstellung der Arbeit, falls ihrem Verlangen nicht nachgekommen werden sollte. Da bie Arbeitgeber enischlossen find, nicht nachzugeben, so dürfte demnächst die Thätigkeit in dieser Branche vollständig zum Still⸗ stand kommen. Ein Ende März ausgebrochener Strike der Erie⸗ Eisenbahnbeamten, welche am 27. März sämmtliche Lokomotiven außer Betrieb stellten, wurde durch die Aufbietung von Militär in kurzer Zeit beigelegt. ; Im März landeten im Hafen von Nemw⸗NRork 6025 Ein⸗ wanderer, unter denen sich 2358 Deutsche befanden, gegen 13364, von denen 64733 Deutsche waren, in demselben Monat 183. Während des ersten Quartals 1874 belief fich die gesammte Ein⸗ wanderung auf 12554 Personen, worunter 5107 Deutsche, gegen 26, 102 Personen, mit 115776 Deutschen in dem ersten Auartale des Vorjahres. Die Einwanderung hat mithin im März um 7339, die deutsche speziell um 4115 Personen, im ersten Quartal 1874 aber um 13,546, die deutsche speziell um 6669 Personen, gegen die entsprechenden Perioden des Vorjahres abgenommen.
Der mexikanische Kongreß trat, nach seiner Vertagung, am 1. April wieder zusammen. Die Botschaft des Präsidenten wurde im Allgemeinen günstig aufgenommen, nur sprechen sich die Organe der Opposttion gegen die vorgeschlagene Erhöhung des Zolltarifs aus. Zur Unterdrückung der Raubzüge der In⸗ dianer empfiehlt der Präsident die Errichtung von Militär⸗Kolo⸗ nien. Von den Amendements zur Verfassung, mit denen sich der Kongreß beschäftigt, wurde das die Errichtung eines Senats betreffende, in dem jeder Staat durch zwei Mitglieder vertreten sein foll, angenommen. Die der Regierung ertheilten Vollmach⸗ ten zur Unterdrückung des Menschenraubes wurden auf ein Jahr verlängert. Der Ausgabeetat der Regierung für das lau⸗ fende Jahr veläuft sich auf 23 Millionen ollars.
Die mexikanische Regierung hat der Regierung der Ver⸗ einigten Staaten, welche ihre Vermittelung zur Wiederherstellung diplomatischer Beziehungen zwischen Mexiko und Frankreich an⸗ geboten hatte, erwidert, daß sie eine derartige Vermittelung sehr gern annehmen würde, sobald Frankreich direkt den Wunsch er . die Beziehungen zu Mexiko wieder anknüpfen zu wollen.
Das Land ist ruhig und ist der revolutionäre Aufstand in Chiagas unterdrückt worden. ;
Fentralamerika. In den verschiedenen Republiten herrscht verhältnißmäßige Ruhe. In Costa⸗Rica nahm Präsident Guardia, nach Unterdrückung einer gegen ihn angestifteten Ver⸗ schwörung, die Präsidentschaft wieder in Besttz. Präsident Guardia, welcher wieder die Regierung übernommen, hat mit Kolumbien einen Handels⸗ Grenz⸗, Konsular⸗ und Postvertrag geschlossen. Im Hafen Vuntarenas (Costa⸗Rica) befand sich zur Zeit die italienische Fregatte Garibaldi“ mit dem Herzoge von Genua am Bord. In Honduras sollte die Wahl eines verfassungsmäßigen Präsidenten vorgenommen werden. Der frühere Präsident Arias wurde noch immer in Cunanagua gefangen gehalten. General Barrios, der Präfident von Guatemala, hat eine Reise durch den Staat angetreten, um sich persönlich von den etwa nothwendigen Reformen zu überzeugen. Sämmtliche Klöster im Bereiche dieser Re⸗ publik sind aufgehoben und das klösterliche Gelübde für nichtig erklärt worden. Auch wurde es den Geistlichen verboten, geistliche Kleidung zu tragen, außer wenn sie amtlich beschäftigt sind. In einem Staatsvertrage zwischen Guatemala und Nica⸗ ragua sind die diplomatischen Agenten und Konsuln des einen oder anderen Landes zum Schutze der beiderseitigen Angehörigen im Auslande verpflichtet worden. Die Zusammenkunft der Prä⸗
sidenten der verschiedenen centralamerikanischen Republiken sollte
am 10. März in Guatemala stattfinden.
Vereinigte Staaten von Columbien. Bei der Prü⸗ fung des Ergebnisses der Präsidentenwahl durch den Kongreß wurde festgestellt, daß sechs Staaten eine Majorität für Santiago Perez, drei eine für Julian Trujillo abgegeben hatten. Ersterer wurde somit zum Nachfolger Murillo's als Präsident erklärt und trat am 1. April sein neues Amt an. Sein Kabinet be⸗ steht aus Dr. Aquiles Parra, Finanz⸗Minister, Dr. Pablo Aro⸗ semena, Minister des Innern und Aeußern, Miguel Camacho Roedan, Finanz⸗Minister, und Venanico Ruedo, Kriegs⸗Minister.
Adolfo Ballivian, Präsident von Bolivia, ist am 14. Februar nach langem Krankenlager gestorben. An seine Stelle ist vorläufig Dr. Thomas Frias, der Präsident des Kon⸗ gresses, getreten, dem Ballivian schon vor seinem Tode die Regierung übertragen hatte. Die Regierung hat ihren Ingenieuren den Auftrag gegeben, den 23. Grad südlicher Breite als die Grenzlinie zwischen Bolivia und Chili abzustecken.
Peru. Am 16. März wurde in Peru abermals ein revolutionärer Aufstand versucht, indessen rechtzeitig unterdrückt. Das dem Präsident Pardo eingereichte Entlassungsgesuch der Minister der Justiz und des Krieges wurde von demselben ab⸗ schläglich beschieden. Die Guanolager auf den Lobos⸗Inseln sind auf Befehl des Präsidenten durch den Finanz⸗Minister für Schiffe der nationalen Agenten zur Ausfuhr von Guano ge⸗ öffnet worden.
Chili. Die argentinische Regierung hat dem chilenischen Konsul in Mendoza das Exequatur entzogen, angeblich, weil sich derselbe an einzelnen daselbst vorgefallenen Unruhen betheiligt hatte. Dieser Vorfall hat in Chili große Aufregung hervor⸗ gerufen, ebenso wie die Nachricht, daß der argentinische Kriegs⸗ dampfer „Chubut“ in den Santa⸗Cruz 8 eingelaufen und auf dem linken Ufer, welches Chili beansprucht, ein Fort erbaut worden sei, doch hoffe man noch immer, daß es möglich sein werde, die zwischen beiden Staaten entstandenen Differenzen auf gütlichem Wege beizulegen.
Argentinien. Die Präsidentenwahl hat am 12. April ihren Anfang genommen. Dr. Alsina ist zu Gunsten des Pr. Avellanada zurückgetreten. Es stehen mithin nur Letzterer und der General Mitre einander gegenüber. Die Beziehungen der argentinischen Republik zu den Nachbarstaaten sind durch⸗ weg unbefriedigender Art. Außer den obenerwähnten Differen⸗ zen mit Chili sind die Beziehungen zu Uruguay keineswegs freundliche. Nachdem Praͤsident Ellauri Montevideo gegen Buenos Ayres, in Folge der in letzterer Stadt herrschenden Choleraepidemie, geschlossen, aber den Uruguay offen gelassen hatte, schloß Präsident Sarmiento diesen Fluß gegen alle Häfen der orientalischen Republik. Die Schwierigkeiten sind zwar ͤ 36 Aufhebung der Quarantäne wieder beseitigt worden, do herrscht in Montevideo noch immer große Aufregung. Para⸗ guay ist noch immer nicht geneigt, in die von der argentinischen Republik geforderte Gebietsabtretung zu willigen, und auch das Verhältniß zu Brasilien gestaltet sich von Tage zu Tage schwie⸗ riger. Es ist daher nicht überraschend, wenn in der argentini⸗ schen Republik kriegerische Vorbereitungen getroffen werden; die Insel Martin Garcia, der Schlüssel für die Flußschiffahrt, ist mit schweren Geschützen versehen worden, und beabsichtigt die Regie⸗ rung, eine Armee von 60, 000 Mann zu schaffen, welche in ak⸗ tive, Reserve⸗Armee und Landsturm zerfallen soll. Alle Pro⸗ vinzen sollen 4 Prozent ihrer Bevölkerung stellen. Die aktive Armee soll aus den Altersklassen von 17 bis 25 Jahren, die Reservearmee aus denen von 25 bis 40 Jahren, der Landsturm aus allen denen bestehen, welche im Stande sind, Waffen zu tragen oder überhaupt fähig sind, dem Lande Dienste zu leisten. Zur Uebernahme der in England bestellten Panzerschiffe und Kanonenboote soll demnächst eine von der Regierung ernannte Kommission von Marine⸗Offizieren nach Europa abgehen.
Brasilien. Das von dem obersten Gerichtshofe aus⸗ gesprochene, auf 4 Jahre Zuchthaus lautende Urtheil gegen den Bifchof von Olinda, ist, da der Bischof keine Appellation einlegte, am 11. April rechtskräftig geworden! Der Kaiser hat jedoch die Zuchthausstrafe in einfache Haft umgewandelt, und ist dem Bi⸗ schof die Festung Santa Cruz im Hafen von Rio als Aufent- halt angewiesen worden. Bis die zu seiner Aufnahme bestimmte Wohnung hergerichtet sein wird, ist derselbe in dem Fort San Jago internirt worden. Der oberste Gerichtshof hat die Verhaf⸗ tung des Bischofs von Para, Don Antonio de Marcedo Costa, wegen Verweigerung der von der Regierung geforderten Aufhe⸗ bung der von ihm über die Freimaurer verhängten Exkommnni- kation beschlossen. Der Erzbischof von Bahia und der Bischof von Rio haben offen gegen das Vorgehen der . pro⸗ testirt und mit der Exkommunikation der Regierung gedroht, so daß letztere sich veranlaßt sehen dürfte, auch gegen diese beiden Prälaten gerichtlich vorzugehen. Eine Folge des immer grõßere Ausdehnung annehmenden Kirchenstreites ist die Entstehung einer nicht unbeträchtlichen Partei gewesen, welche die Bildung einer brasilianischen Nationalkirche anstrebt. .
Der neue Zolltarif wird demnächst publizirt werden und am 1. Juli in Kraft treten. Die dadurch eintretende Reduktion der Zölle auf hochbesteuerte Waaren ist namentlich für die Provinz Rio Grande do Sul von Bedeutung, wo bisher ein lebhafter
Schmuggelhandel von Uruguay aus betrieben wurde, dem man
auf diefe Weise ein Ende zu machen hofft. Der mit Spanien abgeschlofsene Postnertrag ist am 1. April, der mit Deutschland abgeschlofsene am 1. Mai in Kraft getreten.