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Comitès und anderen Personen von Distinktion, die Ihnen
bekannt oder erst vorgestellt wurden, auf das Huldvollste und verließen gegen 5 Uhr den Schauplatz. : ;
Für die sechste Stunde des Nachmittags hatten die Hohen Gãste die Einladung des Senats der freien Stadt Bremen zu einem Bankett angenommen. Dasselbe fand in dem alterthümlichen, durch seine historische Vergangenheit und seinen aus der Zeit der Gothik und der Renaissance stammenden künstlerischen Schmuck bedeutsamen, prächtigen Rathhaussaale statt. Um die Ge⸗ chichte der alten und durch seine Handelsbeziehungen so mächti⸗ gen Stadt schlang sich die Gegenwart in frischgrünen Laubge⸗ winden und in den Fahnen sämmtlicher deutschen Länder. Der gewaltige Raum war durch eine Draperie in zwei Theile abge⸗ theilt in dem vorderen, in den die Wendeltreppe ausmündete, empfing der Fräsident des Senats an der Spitze der Sena⸗ toren seine Fürstlichen Gäste. Es waren einige fünfzig Einladungen ergangen, an sämmtliche anwesende Mitglieder des Senates und in der Regierung der Stadt stehende vornehme Bürger, an das Präsidium des Exekutivcomitèés der landwirth⸗ schaftlichen internationalen Ausstellung, an die Gefolge des Köͤ⸗ nigs und des Kronprinzen, an die Militärbehörden mit dem General von Blumenthal an der Spitze, an die Spitzen der Reichsbehörden, an den preußischen Gesandten Frhn. von Rosen⸗ berg und den preußischen General-Konsul Delius, an den Herzog von Ratibor, den Fürsten Pleß, den Grafen Otto Stolberg und den Ober⸗Präsidenten Grafen zu Eulenburg.
Zuerst erschien Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz in der Uniform des Schlesischen Dragoner⸗-Regiments Nr. 8, begrüßt vom Präsidenten des Senates Dr. Gildemeister, darauf Se. Majestät der König von Sachsen in Generals uniform. Vor Allerhöchst-⸗ und Höchstdenselben fand die Vor⸗ stellung des Senates und der übrigen Gesellschaft, soweit dieselbe Ihnen noch nicht bekannt war, statt, dann theilte sich die Traperie, und der Präsident des Senates schritt den Hohen Gästen in den Bankettsaal voran. Unter den drei mächtigen gothischen mit Glasmalereien geschmückten Fenstern, an der Seite der Marmorstatue des Bürgermeisters Smidt war die Tafel in einem offenen Viereck aufgestellt. In der Mitte der Querseite standen drei Armstühle mit hohen geschnitzten Lehnen. Den rechten nahm der König von Sachsen ein, den linken der Kronprinz des Deutschen Reiches und von Preußen, den mittleren der Präsident des Senates. Die Plätze gegenüber hatten, den mittleren der zweite Bürgermeister Grave, den rechten der Herzog von Ratibor, den linken der Fürst von Hohenlohe-Schillingsfürst, weiter Herr von Wedell⸗Malchow und Konsul Meier inne, sämmt⸗ liche drei als das Präsidium der internationalen landwirthschaft⸗ lichen Ausstellung. Das Bankett begann, — die Musik gab in der sogenannten, in den Saal eingebauten Halle, das Musikeorps des 75. Infanterie⸗Regiments. Zuerst erhob Sich der König von Sachsen und brachte den Toast auf Se. Majestät den Kaiser und König als „den Repräsentanten, das Symbol des geeinig—⸗ ten starken, aber friedlichen Deutschlands,“ aus. Nach Allerhöchst⸗ demfelben erhob Sich der Kronprinz des Deutschen Reichs und von Preußen und forderte die Anwesenden auf, mit Ihm auf das Wohl Sr. Majestät des Königs von Sachsen zu trinken, „des bewährten Fuͤhrers und siegreichen Feldherrn im letzten Kriege, der Zierde unter den Fürsten des Deutschen Reichs, der Stütze des Vaterlandes. Der erste Toast wurde von dem Orchester mit dem „Heil Dir im Siegerkranz“ begleitet, nach jedem der anderen folgte dreimaliger Tusch, mit dem sich die lauten Hochs der Versammlung vermischten. Darauf erhob Sich aber— mals der Kronprinz und sprach folgendermaßen:
„Ich trinke auf das Wohl der alten und hoch ansehnlichen freien Reichsstadt, in deren gastlichen Mauern wir weilen. .
Besondere Freude und Genugthuung gewährt es Mir, daß hier,
an einer der ersten und blühendsten Stätten deutschen Handels und Verkehrs, der Gedanke, durch eine große internationale Ausstellung den Zwecken des Landbaues zu dienen, zu schöner Ausführung gelangt ist. Ein klares Verständniß der Forderungen unserer Zeit führt schnell dahin, scheinbare Gegensätze als solche zu erkennen und auch auf dem Gebiete der Gewerbe allein in lebendiger Wechselwirkung gesunden und sördernden Einfluß zu erblicken. Die Gemeinsam⸗ keit der gewerblichen Interessen zu betonen, das ist die Aufgabe Aller, denen der Wohlstand und die Gesittung der Völker am Her⸗ zen liegt. t r möchte leugnen, daß vor Allem die Landwirthschaft es ist, deren Gedeihen jedem Stande gleich ersprießlich, von deren Blüthe das Fortschreiten der Kultur untrennbar ist, die selbst in den Zeiten der Unruhen und Kriege oft die einzige Hoffnung auf eine bessere Zukunft bietet?! J
Im Namen der deutschen Landwirthe, zu denen Mich rechnen zu dürfen Mir zu wahrem Stolze gereicht, danke Ich den Leitern der Aus⸗ stellung und Allen, welche zum Gelingen des Unternehmens beigetragen haben. Ich danke den Ausstellern aus fremden Landen und bitte sie, in ihre Heimath die Ueberzeugung mitzunehmen, daß nirgends lebhaf— ter und aufrichtiger der Wunsch gehegt wird, die Arbeit menschlicher Kultur in ungestörtem Frieden fortzuführen, als innerhalb der Gauen Des neu erstandenen Deutschen Reichs!
Als Protektor der Ausstellung danke Ich endlich aus voller Seele dieser freien Stadt, welche ihr warmes Interesse für die Landwirth— schaft glänzend bethätigt und von ihren altbewährten Rufe edler Gast⸗ lichkeit aufs Neue ein schönes Zeugniß abgelegt hat.
Die freie deutsche Reichsstadt Brernen, ihr Senat und ihre Bür⸗ gerschaft leben hoch! R, .
Als Erwiderung sprach der Präsident des Senates die Freude und Genugthuung der Stadt Bremen aus, die beiden berühmten Feldmarschälle des Deutsschen Reiches bei sich zu Gaste zu sehen, betonte die große Förderung, welche die internationale landwirthschaftliche Ausste Lung durch das Pro⸗ tektorat Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprin⸗ zen des Deutschen Reiches und von Preußen erfahren habe, und brachte zum Schluß das Hoch auf Höchstd enselben aus.
Nachdem darauf der Präsident des Sen ates die Tafel auf⸗ gehoben, zogen Sich die beiden Hohen Gäste mit der Gefellschaft in den Empfangssaal zurück, wo beim Kaffe Cerele gemacht wurde. Zuerst verließ der König von Sachfein das Rathhaus, von den enthusiastischen Zurufen des massenhafst versammelten Volkes begleitet. Allerhöchstihm folgte der Krom winz, um Sich mit Begleitung in den unter dem Bankettsaal befin lichen Bremer Rathhauskeller zu begeben, den Ort, den die vaterlandische Poesie mit herrlichen Blüthen umrankt hat. Die weiten Räume des historischen Lokals waren vom Publikum dicht gefrüällt, die ge⸗ wölbten Räume wiederhallten von dem lauten Ent ausiasmus, den das Erscheinen des Kronprinzen hervorrief. Zuermst wurde der Rose der Besuch gemacht, einem Kellerraum mit Pöattlichen Fässern voll alten Rheinweins, dann dem Bacchus, rind so noch mehreren historisch merkwürdigen Lokalitäten, und immer wieder brauste der Volksjubel neu auf und begleitete den Tron⸗ prinzen bei der Abfahrt durch die Straßen der Stadt bis zu dem Meierschen Hause. Den Abend brachte der Kronprinz mit den Herren Seiner Umgebung in der Familie des Konsuls Meier zu.
Gestern Morgen wohnte Se. Kaiserliche und Ftönigliche Hoheit dem Gottesdienst im Dome bei; am Eingange des Gottes⸗
hauses wurde Höchstderselbe von den Kirchherren unter Führung des zweiten Buͤrgermeisters Grave empfangen und auf den für Ihn bestimmten Platz geleitet.
Bei der 11 Uhr Vormittags erfolgten Abreise waren Se. Majestät der König von Sachsen in Uniform anwesend, außer⸗ dem die Bürgermeister, das Offiziercorps der preußische Gesandte bei den Hansestädten und der preußische General⸗Konsul. Auf allen Stalionen durch die Provinz Hannover hatten sich zahlreiche Personen eingefunden, um den Kronprinzen zu begrüßen. Um 8 Uhr Abends erfolgte die Ankunft Sr. Kaiserlichen Hoheit auf dem Bahnhofe in Potsdam, wo Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Kronprinzessin mit dem Prinzen Wilhelm Höchstdenselben erwartete.
— In Betreff der Auslegung einiger Vorschriften der Kreisordnung über die Vertheilung und Aufbringung der Kreisabgaben, welche von Seiten der Kreistage verschiedener Kreise eine nicht richtige Anwendung gefunden haben, hat der Minister des Innern unterm 10. d. M. folgende Circular⸗ Verfügung erlassen: .
J. Nach den Vorschriften der 55. 19 und 12 der Kreisordnung können die drei untersten Stufen der Klassensteuer (5. 9 zu 2. des Gesetzes vom 1. Mai 1851) von der Heranziehung zu den Kreis— abgaben ganz frei gelassen oder dazu mit einem geringeren Prezent⸗ satze, als die übrigen Stufen der Klassensteuer und der klassifizirten Einkommensteuer herangezogen werden. 61 *
Inzwischen sind durch das Gesetz vom 25. Mai v. Is. die frühe⸗=
ren Veranlagungègrundsätze, sowie die Steuerstufen und Steuersatze der Klassensteuer wesentlich abgeändert, inabesondere sind die in der Kreis⸗ ordnung bezeichneten drei untersten Stufen der alten Klassensteuer gänzlich beseitigt und durch das Gesetz vom 25. Mai v. Is. keine Steuerstufen festgestellt worden, welche genau den früheren drei unter⸗ sten Steuerstufen entsprechen. De gedachten Vorschriften der Kreis⸗ ordnung sind hiernach einer unmittelharen Anwendung nicht mehr fähig. Auch würde zur Ausführung von Kreistagsbeschlüssen, nach welchen die Freilassung der drei untersten Stufen der alten Klassen⸗ steuer erfolgen soll, eine besondere mit erheblichen Wei— terungen verknüpfte Ermittelung und fingirte Veranlagung derjenigen Personen erforderlich; sein, welche nach den Vorschriften des Gesetzeß vom 1. Mai 1851 die Steuersätze der drei unterften alten Klassenstenerstufen zu entrichten haben wurden. Die hierzu erforderlichen Notizen würden, da sie in den, gegenwärtigen Klassensteuerrollen und Einkommens ⸗Nachweisungen nicht vellständig enthalten sind, zum Theil erst besonders beschafft werden müssen. Von einer solchen besonderen Ermittel ing wird daher jedenfalls Abstand zu nehmen sein. . . Sollte gleichwohl der Kreistag des einen oder des anderen Kreises mit Rücksicht auf die in dem betreffenden Kreise obwaltenden beson⸗ deren Verhältnisse es für erforderlich erachten, die in Rede stehenden Vorschriften der Kreisordnung zur Anwendung zu bringen, so wird diese Anwendung, der Absicht des Gesetzes entsprechend, nur in der Weise erfolgen dürfen, daß diejenigen Personen von Kreisabgaben frei⸗
gelassen beziehungsweise mit einem geringeren Prozentsatze zu den⸗
selben herangezogen werden, welche den im 5. 9a. des alten Klassen⸗ steuergesetzes bezeichneten Personen gleich stehen. Hierzu werden füglich nur diejenigen Personen gerechnet werden können, welche nach dem Gesetze vom 25. Mai v. Is. von der Klassensteuer befreit sind, sowie diejenigen, welche zur jetzigen J. Klassensteuerstufe veranlagt sind. Für die Annahme dieser Grenze spricht insbesondere der Um⸗ stand, daß während der Gültigkeit des Klassensteuergesetzes vom 1. Mai 1851 in der Regel davon ausgegangen ist, daß zu den drei untersten Stufen diejenigen Personen zu veranlagen seien, welche ein Einkommen von weniger als 200 Thaler haben, daß aber Personen mit einem Einkommen von 200 Thaler oder mehr mindestens in die 4. Steuerstufe gehören. ö
Da diese Grenze für die drei untersten alten Klassensteuerstufen, d. h. ein Einkommen von 200 Thaler der Maximalgrenze der jetzigen J. Klassensteuerstufe von 220 Thaler ziemlich nahe kommt, so wird dieselbe im Allgemeinen als annähernd zutreffend anzuerkennen und es demgemäß zulässig sein, diele Stufe von den Kreisabgaben freizu⸗ lassen oder mit einem geringeren Prozentsatze, als die übrigen Stufen der Klassensteuer heranzuziehen. Dagegen wird von der Freilassung beziehungsweise einer mäßlgeren Heranziehung der Il. und III. Stufe der neuen Klassenstener abgesehen werden müssen. ö
II. Nach 3. 10 der Kreisordnung ist die Grund, Gebäude⸗ und die von dem Gewerbebetriebe auf dem platten Lande aufkommende Ge⸗ werbesteuer er Klasse A. I. zu den Kreisabgaben min⸗ destens mit der Hälfte und höchstens mit dem vollen Betrage desjenigen Prozentsatzes heranzuziehen, mit, welchem die Klassen⸗ und klassifizirte Einlommensteuer belastet, wird.
Diese Bestimmung ist nach dem Wortlaute und dem Sinne des Gesetzes dahin aufzufassen, daß die Grund, Gebäude! und Gewerbe— steuer der Klasse A.. stets mit einem gleichen Prozentsatze zu belasten sind. Es erscheint daher nicht zulässig, die Grund⸗ und Gebäudesteuer beispielsweise nur mit 50 Prozent, die Gewerbesteuer der Klasse A. I. dagegen mit 109. Prozent zu den Kreisabgaben heranzuziehen.
III. Was die Gewerbesteuer im Uebrigen anbetrifft, so kann die⸗ selbe nach der ferneren Vorschrift des 5. 10 a. 4. O. von der Heran⸗ ziehung zu den Kreisabgaben ganz frei gelassen, darf aber keinenfalls dazu mit einem höheren Prozentsatze, als die Grund⸗ und Gebäude⸗ steuer herangezogen werden. ;
Einige Kreistage haben diese Vorschrift in der Art zur Anwen⸗ dung gebracht, daß nur einzelne Klassen der Gewerbesteuer — hei— spielsweise die Klassen B. H. und J. — von den Kreisabgaben frei gelassen, die übrigen aber dazu herangezogen worden sind.
Auch dieses Verfahren kann als dem Gesetze entsprechend nicht er⸗ achtet werden; vielmehr sind, mit Ausnahme der von dem Gewerbebe⸗ triebe auf dem platten Lande aufkommenden Gewerbesteuer der Klasse A. J. und der Gewerbesttuer vom Hausirgewerbe (Klasse L), sämmtlicht Klassen der Gewerbesteuer stets gleichmäßig zu behandeln.
IV. Ebenso unzulässig erscheint es, nicht nur die von dem Ge⸗ werbebetriebe auf dem platten Lande aufkommende Gewerbesteuer der Klasse A. L, sondern anch Rie übrigen Klassen der Gewerbesteuer zu den Kreisabgaben für Verkehrsanlagen heranzuziehen, von den übrigen Kreisabgaben aber freizilassen. Denn nach 5§. 12 der Kreig⸗ ordnung sind die Kreistage nur befugt, zu den Kreisabgaben für Ver- kehrsanlagen die Grund und Gebäudesteuer, sowie die von dem Ge⸗ werhebetriebe auf dem platten Hnde aufkommende Gewerbestener der Klasse A. J. innerhalb der im 4 10 festgesetzten Grenzen mit einem höheren Prozentsätze als zu den jbrigen Kreisabgaben heranzuziehen.
V. Nach 5. Ja. des ge steste eg fer, vom 25. Mai v. J. können zu den nach dem Klassenteuerfuße aufzubringenden Lasten der kommunalen und anderen öffeijtlichen Verbände in Ermangelung sonstiger Befreiungsgründe auch diejenigen Personen herangezogen werden, deren jährliches Einkomnen weniger als 140 Thaler beträgt, und welche nicht im Wege der ßffentlichen Armenpflege eine fort⸗ laufende Unterstützung erhalten. Die Veranlagung dieser Steuer⸗ pflichtigen hat nach einem für Höushaltungen wie fuͤr Einzelsteuernde k fingirten Klassensteuersaze von einem halben Thaler jährlich zu erfolgen. ;
Diese Vorschrift findet au. Anwendung auf die Aufbringung der Kreisabgaben. Die Heranzishung der Personen mit einem Ein— kommen von weniger als 140 Tlaler zu den Kreisabgaben muß jedoch von den Kreittagen augdrücklich beschlossen werden. Dagegen dürfen dieselben es nicht der *r g fn der einzelnen ländlichen Gemein den und Gutsbezirke überlassen, ob letztere die Personen mit einem Einkommen von weniger als 145 Thaler zur Aufbringung des ihnen zugewiesenen Antheils an den Kreisabgaben mit heranziehen wollen oder nicht. Denn der 5§. 11 det Kreisordnung enthält die ausdrück= liche Vorschrift, daß die Unternrtheilung der für die einzelnen länd—
lichen Gemeinden und Gutsbezike im Ganzen festgesetzten Antheile
. * 2 an den Kreisabgaben auf die einzelnen Steuerpflichtigen nach demsel ben Maßstabe zu erfelgen hat, welcher von dem Kreistage als Maß⸗ stab für die Vertheilung des Kreisabgaben -Solls auf die einzelnen Gemeinden und Gutsbezirke beschlossen worden ist.
VI. Nach §. 14 Absatz 3 der Kreisordnung kann der Fiskus zu den Kreisabgaben wegen seines aus Grundbesitz, Gewerbe⸗ und Berg- baubetrieb fließenden Einkommens nicht herangezogen, dagegen mit der Grund⸗ und Cee deren um die Hälfte desjenigen Prozenisatzes slärker belastet werden, mit welchem die Klassen und klassifizirte Ein= kommensteuer dazu herangezogen wird. 3
Diese Bestimmung beruht auf der Erwägung, daß der halbe Betrag der für die fiskalischen Liegenschaften und Gebäude fingirt zu veranlagenden Grund⸗ und Gebäudesteuer etwa dem vollen Betrage der von dem Einkommen aus denselben zu entrichtenden Einkommen- steuer gleichkommt, wenn man dabei die verschiedenen Prozentsätze, welche von dem Einkommen, beziehungsweise dem Grundsteuer-Reln= eitrage und Gebäudenutzungswerthe als Einkommen- beziehungsweise Grund⸗ und Gebäudesteuer erhoben werden, und weiche für die Einkommensteuer 3 Prozent, für die Grundsteuer 6 Prozent und für die Gebäudesteuer 4 beziehungsweise 2 Prozent betragen, sowie ferner die Verschuldung des fiskalischen Grundeigenthums und den Umstand in Betracht zieht, daß der Grundsteuer-Reinertrag nur etwa die Hälfte des gegenwärtigen wirklichen Reinertrags der Liegenschaften repräsentirt. ö ⸗
; Hieraus ergiebt sich, daß, wenn die Klassen⸗ und klassiftzirte Ein⸗ kommensteuer zu Kreiszwecken mit 100 Prozent belastet wird, der Fiskus an Stelle der nicht von ihm zu entrichtenden Einkommensteuer um 50 Prozent (d. i. um die Hälfte desjenigen Prozentsatzes, mit welchem die Klassen- und klassifizirte Einkommensteuer belastet ist), stärker zu der Grund! und Gebäudesteuer herangezogen werden kann, als er gleich den übrigen Grund⸗ und Gebäudehbesitzern nach 5. 14 Absatz 1 und 2 der Kreis Ordnung zu den nach dem Grund⸗ und Gebäudestenerfuße umzulegenden Kreisabgaben heranzuziehen ist. Es darf mithin in dem Falle, wo nach dem Beschlusse eines Kreistates die Klassen⸗ und klassifizirte Einkommensteuer mit 160 Prozent, die Grund und Ge— bäudesteuer dagegen mit 50 Prozent zu Kreiszwecken belastet wird, der Fskus im Ganzen nur mit 100 Prozent der für die fiskalischen Liegenschaften und Gebäude fingirt zu veranlagenden Grund- und Ge⸗ bäudesteuer — und nicht, wie von mehreren Kreistagen beschlossen worden ist — mit 150 Prozent herangezogen werden.
— Der Minister des Innern hat sich in einem Bescheide vom 31. v. M. dahin ausgesprochen, daß die aus zwei oder mehreren Gutsbezirken bestehenden Amtsbezirke, auch dann, wenn erstere sich in Einer Hand befinden, nach 5§8§. 21 und 48 der Kreisordnung nur als zusammengesetzte Amtsbezirke ange⸗ sehen werden können. Jedoch lasse sich nicht in Abrede stellen, daß Amtsbezirke der gedachten Art sich. zu einer Behandlung nach den für einfache Amtsbezirke gegebenen Vorschriften besser eignen, als nach den für zusammengesetzte Amtsbezirke geltenden Bestimmungen. Der Minister des Innern will deshalb auch nichts dagegen erinnern, daß, so lange sich derartige Amts⸗ bezirke nur in Einer Hand befinden, von einer ausdrücklichen Ernennung von Amtsvorstehern, so wie von der Bildung von Amtsausschüssen für dieselben abgesehen wird, da die Ausfüh⸗ rung der hieruuf bezüglichen Bestimmungen der Kreisordnung für jene Amtsbezirke eine mehr formelle, als materielle Bedeu⸗ tung haben würde.
Was die Frage anbetrifft, ob die mehrgedachten Amtsbezirke einen Anspruch auf die vom Staate gewährten Fonds haben, so ist nach Ansicht des Ministers die Beschlußnahme hierüber zunächst den betheiligten Kreistagen zu überlassen.
Der Finanz⸗Minister hat die Bezirksregierungen ermäch⸗ tigt, den Oberförstern die Uebernahme des Amtes eines Stan⸗ desbeamten oder Stellvertreters zur Beurkundung des Per⸗ sonenstandes nach dem Gesetz vom 9. März d. J. auch in den Fällen, wo eine gesetzliche Verpflichtung zur Uebernahme dieses Amtes für einen Oberförster in seiner Eigenschaft als kommissa⸗ rescher Amtsvorsteher oder Gutsvorsteher nach §. 3 des Gesetzes nicht obwaltet, widerruflich zu gestatten, wenn nach dem Er⸗ messen der Regierung aus der Uebernahme der desfallsigen Ge⸗ schäfte Seitens des betreffenden Oberförsters ein Nachtheil für die gehörige Wahrnehmung der Forstverwaltungsgeschäfte nicht zu besorgen ist.
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— Nach einer Verordnung der türkischen Regie— rung vom 7. Januar 1863 dürfen Kanonen oder sonstige Schußwaffen, sowie Pulver oder sonstige Kriegs⸗ munition bei Strafe der Konsiskation in die Türkei nicht ein⸗ geführt werden. Neuerdings ist auch die Einfuhr von Dynamit denselben Verbots-Bestimmungen unterworfen worden.
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— Am H. Juli d. J., Vormittags 11 Uhr, findet anläßlich des 50jährigen Bestehens der Unteroffizierschule in Pots⸗ dam eine kirchliche Feier auf dem Kasernenhofe unter Betheili⸗ gung früherer Füsiliere derselben statt. aer ,.
= Zur Theilnahme an den Ende dieses Monats bei Jön⸗ kepink, Provinz Smaland, beginnenden Schwedischen Uebungslagern sind kommandirt worden: Der Generalmajor und Commandeur der 3. Garde⸗Kavallerie⸗Brigade Frhr. von Los, der Oberst Bogun⸗ von Wangen heim, Commandeur des Kaiser Franz Garde⸗Grenadier⸗Regiments Nr. 2, der Major Graf von Waldersee vom Magdeburgischen Dragoner⸗Regi⸗ ment Nr. 6 und der Hauptmann von Saldern⸗Ahlimb vom 1. Garde⸗Feld⸗AUrtillerie⸗Regiment. ö — Der General der Kavallerie und General⸗Inspecteur der Artillerie von Podbielski hat sich zur Besichtigung der Artillerie Truppen in den Provinzen auf Dienstreisen begeben,
desgleichen ist der Generalmajor und Commandeur der 1. Fuß⸗
Artillerie⸗Brigade Weigelt behufs Inspizirung der unterstellten Regimenter nach den Schießplätzen bei Glogau resp. Falkenberg abgereist.
— Der Generalmajor und Commandeur der 4. Garde⸗ Infanterie⸗Brigade von Dannenberg ist vom 1. Juli er. ab auf 3 Monate zur 14. Division, behufs Vertretung des be⸗ urlaubten Divisions⸗Commandeurs, kommandirt worden.
— Der Legations⸗Sekretãr von Thilau bei der Kaiserlich deutschen Gesandtschaft zu Brüssel ist hier eingetroffen.
— Zu Ehren des in den nächsten Tagen von Berlin schei⸗ denden amerikanischen Gesandten, Mr. George Baneroft, hatte sich am Sonnabend eine auserwählte akademische Vereini⸗ gung zu einem Festmahle in dem Saale des Englischen Hauses versammelt. Die Akademie der Wissenschaften mit ihren vor⸗ sitzenden Sekretären, die Universität mit ihrem Rektor und Se⸗ nat, und andere dem Gesandten persönlich nahe stehende Nota⸗ bilitäten der Wissenschaft und Kunst hatten sich zusammengefunden, um dem Vertreter Amerikas mit dem Ausdruck ihrer Verehrung ein Lebewohl zu sagen, welchem der Prorektor der Univerfität, Professor Dr. Gneist, Ausdruck verlieh. Mr. George Bancroft dankte mit einem in deutscher Sprache ausgebrachten Hoch auf die Stadt Berlin.
Bayern. München, 18. Juni. Der König befindet sich bereits seit längerer Zeit auf dem Linderhof.
— In den besonderen Ausschuß zur Berathung des Gesetzentwurfes, „die Wahl der Landtagsabgeord⸗ neten betreffend“, wurden heute gewählt: die Abgeordneten Dr. Daller, Louis, Dr. Marquardsen, Dr. Schüttinger, Hauck, Stenglein, Dr. Jörg, Lampert, Rußwurm, Fischer, Br. Krätzer, Graf Rambaldi, Freiherr v. Om und Weigand. Die gewählten Mitglieder haben sich sofort konstituirt und zum Vorsitzenden den Abgeordneten Graf Rambaldi, zu dessen Stellvertreter Frei⸗ herrn v. Sw, zum Schriftführer Dr. Daller und zu dessen Stell⸗ vertreter den Abgeordneten Louis gewählt.
Sachsen. Dres den, 20. Juni. (Dr. J.) Die evan⸗ gelische Landessynode diskutirte heute die ihr vom Kirchen⸗ regimente gemachte Mittheilung über die Art der Aufsicht des Landes⸗Konsistoriums über den Religionsunterricht, nach welcher die kirchlichen Organe, Pfarrer. Superintendent und Landes— Konsistorium regelmäßig den Religionsunterricht beaufsichtigen und Mißständen entweder selbst abhelfen, oder zu deren Abhuͤlfe sich mit den staatlichen Schulaufsichtsbehörden ins Vernehmen setzen sollen. In der darüber eröffneten Diskussion erklärten sich zwar sämmtliche Redner mit den Absichten des Kirchen⸗ regiments einverstanden, sprachen jedoch in ihrer Mehrzahl noch verschiedene Wünsche aus, deren Berücksichtigung sie erwarteten; namentlich wünschte man, daß die zu erlassende spezielle Instruktion möglichst präzise Vorschriften über die Kompetenz des weltlichen und des geistlichen Schulinspektors enthalten möchte. Der Kultus— Minister Dr. von Gerber sagte verschiedenen geäußerten Wünschen Erfüllung zu, betonte jedoch gleichzeitig, daß bei dem konfessio⸗ nellen Charakter der sächsischen Volksschulen eine zu ängstliche Abgrenzung des staatlichen und des kirchlichen Gebiets mehr dazu angethan sein möchte, ein segensreiches Zusammenarbeiten der weltlichen und geistlichen Organe zu hindern, anstatt ein solches zu befördern. Die beste Instruktion sei gesetzlicher Sinn, Be⸗ rufstreue, Gewissenhaftigkeit und eine edle menschenfreundliche Gesinnung des Herzens. Wollte man alle Kollisionsfälle jetzt ausdenken und diesem Denken in einer Reihe von Pa⸗ ragraphen einen Ausdruck geben, so würde man, statt das nothwendige Vertrauen hervorzurufen, ein Mißtrauen in die ganze Entwickelung des Verhältnisses verpflanzen. Von diesem Standpunkte erklärte sich der Minister auch gegen einen Antrag des Superintendenten Dr. Lechler, nach welchem die Verpflichtung des Religionslehrers unter Mitwirkung der kirchlichen Organe stattfinden sollte, indem er hervorhob, daß der Religionsunterricht zu den übrigen Lehrstoffen nicht in einem zusätzlichen oder gegensätzlichen Verhältnisse, sondern im engsten Zusammenhang stehe mit dem ganzen Schulunterrichte überhaupt. Die Synode lehnte nach dieser Erklärung den gedachten Antrag ab und beschloß gegen 6 Stimmen, einem Antrage des P. Meu⸗ rer gemäß, es bei der empfangenen Mittheilung bewenden zu lassen in der Voraussetzung, daß 1) das Kirchenregiment dafür
Sorge tragen werde, daß bei Aufstellung der in Aussicht genom—
menen speziellen Instruktion allenthalben das Recht und die Pflicht der Kirche bei Ueberwachung des Religionsunterrichts gewahrt werde, und 2) das Kirchenregiment auf Herstellung einer Ordnung Bedacht nehmen werde, durch welche Kompetenz⸗ konflikten zwischen dem staatlichen und kirchlichen Organen nach Möglichkeit vorgebeugt werde.
Württemberg. Stuttgart, 19. Juni. Gestern fand im Landhause Rosenstein große Hoftafel statt, an welcher der
König und die Königin mit dem Herzog und der Her
zo gin Eugen von Württemberg Theil nahmen, und wozu die sämmtlichen Mitglieder der beiden Kammern eingeladen waren. — Der Prinz Karl von Salm-Hor stmar wurde gestern von Sr. Majestät in Audienz empfangen.
— Die Kammer der Standesherren gab am 17. wie die Kammer der Abgeordneten am 16., dem Ausfüh⸗ rungsgesetze zu dem Reichsstrafgesetz die Zustimmung, die in der Ersten Kammer eine einstimmige war. In der Zwei⸗ ten Kammer ging das Gesetz mit 59 gegen 14 Stimmen durch. — Die Kammer der Abgeordneten verwilligte am 17. 1,415,479 Fl. 30 Kr. für Garnisonsbauten und Beschaffungen zur Ergänzung von Garnisonseinrichtungen. Darunter sind auch 400,900 Fl. für eine neue evangelische Garnisonskirche in Stuttgart.
— Heute hielten beide Kamm ern noch kurze Sitzungen, in denen die Vorlagen vollständig erledigt wurden. In einer gemeinschaftlichen Sitzung beider Kammern wurde der neue stän— dische Ausschuß gewählt, und zwar engerer Ausschuß: aus der Ersten Kammer General von Baur mit 87 Stimmen; aus der Zweiten Kammer von Schneider mit 89, von Gemmingen mit 88 und Hölder mit 82 Stimmen; in den weiteren Ausschuß von der Ersten Kammer Ober-Finanz⸗Rath von Riecke mit 87 und von der Zweiten Kammer Freiherr W. König mit 88, von Schwandner mit 88, Hörner mit 85, Fetzer mit 73 und Schmid mit 70 Stimmen. Nachher versammelte sich die Zweite Kammer, und der Präsident hielt eine Abschiedsrede, worin er eine Ueber⸗ sicht über die Arbeiten dieses Landtags gab und sich von den Mitgliedern verabschiedete. Morgen Vormittags 11 Uhr findet der feierliche Landtagsschluß durch Se. Majestät den König statt. (Bereits telegraphisch gemeldet.)
Baden. Der von der Zweiten Kammer mit allen gegen 9 Stimmen angenommene Antrag, betreffend die Herbei⸗ führung obligatorischer Umgestaltung der im Großherzogthum noch bestehenden konfessionellen Volksschulen in ge⸗ mischte Schulen, lautet: Die Großherzogliche Regierung um eine an den nächsten Landtag zu gelangende Gesetzesvorlage zu bitten, wodurch das Gesetz über das Elementar⸗-Schulwesen einer die obligatorische Umwandlung sämmtlicher bestehenden Konfessions⸗ schulen in gemischte Schulen durchführenden Reyision unterzogen wird. Zugleich wolle, im Anschlusse hieran, die Verwandlung der konfessionell getrennten Schullehrer-Seminarkn in gemischte Anstalten eingeleitet werden.
HGessen. Darmstadt, 19. Juni. Das gestern ausge⸗ gebene Großherzogliche Regierungsblatt Nr. 34 enthält das Gesetz, die landständische Geschäftsordnung betreffend.
. — Nach der Verordnung über die veränderte Ein— theilung des Großherzogthums in Kreise werden von den bisher bestandenen 24 Kreisen mit dem 1. Juli 1874 sechs Kreise aufgelöst, nämlich: Lindenfels, Neustadt, Wimpfen, Grün⸗ berg, Nidda und Vilbel — wodurch sich die Zahl der Kreise in der Provinz Starkenburg von 10 auf 7 Und in der Provinz Ober⸗ hessen von 9 auf 6 vermindert. Die Eintheilung der Provinz Rheinhessen in 5 Kreise bleibt unverändert. Die Kreise sind nunmehr folgende: 1) Darmstadt 5411 Q.⸗M. mit 67,182 Einw., 2) Bensheim 7103 Q.⸗M. mit 43775 E., 3) Dieburg 9145 Q-M mit 50,74 E., 4) Erbach 10,771 Q.-⸗M. mit 46,945 E., 5) Groß⸗Gerau 858 Q—-⸗M. mit 35,027 E., 6) Heppenheim 7375 Q⸗M. mit 40 774 E., 7) Offenbach 6842 Q. M. mit 65, 224 E. — Provinz Starkenburg: 54, 805 Q.⸗M. mit 349, 901 E.
(Die Differenz erklärt sich aus der Zutheilung des Ortes Stein⸗ bach im jetzigen Kreise Vilbel zum Kreise Offenbach.) 8) Gießen 10959779 Q⸗M. mit 62,5927 E., 9) Alsfeld 11,447 Q⸗M. mit 37814 E., 10 Büdingen 8917 O.M. mit 37,506 E., 11) Friedberg 19412 Q⸗M. mit 58, 793 E., 12) Lauterbach M79 Q.⸗M. mit 29.9012 E., 13) Schotten 8359 Q.⸗M. mit 27, 125 E. Provinz Qberhessen: 59,693 Q.⸗M. mit 253,042 E., 14) Mainz 3582 Q.⸗M. mit 87, 357 E., 15) Alzei 5663 Q.⸗M. mit 35,854 E., 16) Bingen 3558 Q⸗M. mit 31,800 E., 17) Oppen⸗ heim 6055 Q-⸗M. mit 41,3626 E., 18) Worms 6091 Q.-⸗M. mit 53,814 E. — Provinz Rheinhessen: 24.949 Q⸗M. mit 249, 951 E. Jugenheim, 19. Juni. Der Kaiser von Rußland ist heute Abend von Ems hier eingetroffen und wurde an der Station Bickenbach von der Kaiserin, dem Großherzog und den übrigen hohen Mitgliedern der Großherzoglichen Fa— mil ie empfangen.
Sachsen⸗ Weimar ⸗SEisen ach. Weimar, 20. Juni. Die Großherzogin ist am 18. d. M. Abends, der Groß⸗ herzog vergangene Nacht von ihrer Reise nach den Niederlanden zurückgekehrt und haben Schloß Belvedere bezogen.
Lübeck, 19. Juni. Die Abrechnung über die Erträge der Einkommensteuer des Jahres 1873, welche nebfst Bericht jetzt an den Senat gegangen ist, ergiebt einen Netto— ertrag von 322,850 Mk, welcher den Budgetanschlag um 333350 Mk. und den Ertrag des Jahres 1872 noch um 19, 850 Mk. übersteigt. Es trugen zu diesem Ertrage 16053 Contri— buenten bei, welche ein Gesammt-Einkommen von 17,039, 000 Mk. versteuerten, wobei das Durchschnitts⸗-Einkommen des ein— zelnen Contribuenten 1976, 3 Mk. und seine durchschnittliche Steuer 20 Mk. 10,3 Sch. betrug. Im Jahre 1872 waren diefe Zahlen sämmtlich geringer, nämlich 15553 Contribuenten, 16,254,700 Mk. Gesammt-Einnahme, i045, Mk. Durchschnitts⸗ Einkommen und 20 Mk. 139 Sch. Durchschnittssteuer.
Oe sterreich⸗Ungarn. Wien, 20. Juni. Der Kaiser besichtigte gestern im Lager bei Bruck die Infanterie-Regimenter Deutschmeister und Benedek und ließen dieselben Exercitien vor⸗ nehmen. Um 10 / Uhr begab Sich Se. Majestät in das gräflich Harrachsche Schloß in Bruck, woselbst um halb 2 Uhr die Kaiserliche Hoftafel stattfand. Um 3 Uhr wurde die Kaiser— liche Hoftafel aufgehoben, worauf Se. Majestät Cercle hielt. Um halb 4 Uhr begab Sich der Kaiser abermals nach dem Lager, um Schießübungen nach der Scheibe beizuwohnen, die bis 5!“ Uhr dauerten. Hierauf trat Se. Majestät mittelst Separat⸗Hofzuges die Rückfahrt an.
— Die Kaiserin wird nach den bisherigen Dispositionen die Reise in das Seebad am 18. Juli von Ischl aus antreten. Die Reise geht über Salzburg, München, Stuttgart nach Havre, von wo die Einschiffung nach der Insel Wight erfolgt. Später wird Ihre Majestät einen Ausflug nach London machen und auf der Rückreise einen siebentägigen Aufenthalt in Paris nehmen.
— Der Erbherzog Carl Ferdinand ist am 16. Juni zum Kurgebrauche in Marienbad eingetroffen.
— Das Reichsgesetz blatt veröffentlicht die Verordnung des Justiz⸗Ministers vom 31. Mai 1874, womit auf Grund des F§. 55 des Gesetzes vom 19. Mai 1874 im Einvernehmen mit den Ministern des Innern, des Handels und der Finanzen Be— stimmungen, betreffend die Anlegung und Führung von Eisen— bahnbüchern, gegeben werden; ferner die Gesetze vom 2. Juni 1874, wirksam für die Erzherzogthümer Oesterreich unter und ob der Enns, über die vom Landtage des Erzherzogthums Oesterreich unter der Enns auf Grund des 5§. 12, Absatz 2 des Staats⸗ grundgesetzes vom 21. Dezember 1867 der Reichsgesetzgebung überlassene Regelung der Anlegung neuer Grundbücher und der inneren Einrichtung derselben.
— Der Minister-Präsident Fürst Adolf Auersperg ist heute Morgen von Marienbad nach Wien zurückgekehrt.
Pest, 20. Juni. In der heutigen Sitzung des Unter⸗ hau sæes interpellirte Tisza das Ministerium über den neuerlich unerwartet eingetretenen Personenwechsel im Kriegs⸗-Ministerium, der von mehreren Erscheinungen begleitet gewefen sei, die in konstitutionellen Ländern nicht gebilligt werden können. Der Interpellant fragte: Kennt der Minister-Präsident die Motive des Ministerwechsels und hatte er hiervon vorhergängige Kenntniß? Billigt er, daß im deutschen Texte des Allerhöchften Handschrei⸗ bens der Ausdruck „Reichskriegsminister“ gebraucht wird und die Kontrasignatur eines gemeinsamen Ministers fehlt? Gedenkt er Schritte zu thun, daß künftighin solche Unzukömmlichkeiten sich nicht wiederholen? Der Minister-Präsident erklärte, daß er mit Rücksicht auf die beträchtliche Anzahl Fragen die Inter— pellation in der nächsten Sitzung beantworten werde. Derselbe legte sodann einen Gesetzentwurf über die rumänische Eisenbahn— konvention vor. Der Verkehrs⸗Minister legte einen Gesetzentwurf über die Aenderung der Konzessionsurkunde der Preßburg⸗Oeden⸗ burg⸗Lundenburg⸗ und Waagthal-Bahn so wie den Ausbau der Nemsova⸗Vlara-⸗Vlarapaß⸗Fluͤgelbahn vor. Emerich Huszar legte einen Beschlußantrag, vor, wonach die Regierung angewiesen werden solle, wegen des Ausbaues der Eisenbahn Kikinda⸗Sem⸗ lin, eventuell Kitinda⸗Pancsova, ohne Staatsgarantie noch in diesem Jahre eine Vorlage einzubringen.
Zum Gesuche der Stadt Bistritz, den Minister des Innern in Anklagestand zu versetzen, beantragte der Petitionsausschuß die Zurückweisung des Gesuches. Das Haus entschied demgemäß. Der Gesetzentwurf über die Erbauung einer Klinik, die Vorlage über die Großjährigkeit der Frauen und über die Gewährung eines Darlehens von 500 000 Fl. an die Munizipien wurden angenommen. Der Beschlußantrag Solymossys wegen Bewilli⸗ gung eines Moratoriums fuͤr Exekutivverkäufe wurde nach einer Einsprache des Justiz Ministers, der sich gegen jede Art des Moratoriums als des sichersten Mittels zur Üntergrabung des Kredits aussprach, verworfen.
— FM. Baron Piret de Bihain ist am 19. d. M. seinen schweren Verletzungen erlegen.
— 22. Juni. (W. T. B.) In der gestrigen Konferenz der Deakpartei wurde der Beschluß gefaßt, den Bericht ihres kirchenpolitischen Ausschusses bis zur nächsten Session des Reichstages zu vertagen.
Schweiz. Bern, 18. Juni. Heute hat der Nation alrath den vom Ständerath bereits durchberathenen bundesräthlichen Gesetz⸗ entwurf, betreffend die neue Organisation der Bundes⸗ Rechtspflege, dessen Hauptbestimmungen schon mitgetheilt sind, in Behandlung genommen. Bis setzt stimmte der Na⸗ tionalrath den Beschlüssen des Ständeraths unwesentlich ver⸗ ändert bei; nur bei Art. 11 des Gesetzes trennte er sich prinzi⸗ piell von ihm, indem er den von ihm aufgenommenen Grund⸗ satz, daß der Amtssitz des Bundesgerichts nicht gleichzeitig auch
der Amtssitz der politischen Bundesbehörden, also nicht Bern sein darf, mit großer Mehrheit verwarf und die Frage der Wahl
des Bundesgerichtssitzes überhaupt nech offen lassen will; jedoch immerhin nur in der Meinung, daß der Entscheid noch im Laufe der gegenwärtigen Session gefaßt werden soll, zu welchem Zwecke der Bundesrath sämmtliche eingegangenen Bewerbungen nebft bezüglichen Anträgen den Räthen in den nächsten Tagen vorzu⸗ legen hat. Der Ausschuß Berns erfolgte im Ständerath übri— gens auch nur mit 19 gegen 18 Stimmen.
Genf, 20. Juni. (W. T. B.) Heute ist hier die erste Nummer der von Henri Rochefort herausgegebenen Rothen Laterne“ erschienen.
Niederlaude. Haag, 20. Juni. (W. T. B. Die Berathung des Marinebudgets, welche heute in der Zweiten Kam mer stattfinden follte, ist dem Wunsche des Ministeriums gemäß auf nächsten Montag verschoben worden.
— Dem Vernehmen nach hätte das Ministerium in Folge des gestrigen Kammervotums über Herabsetzung des Wahlcensus die Absicht, um seine Entlassung nachzu— suchen. Man glaubt, daß in der Montagssitzung der Zweiten Kammer von der Regierung bezügliche Mittheilungen gemacht werden dürften. Im Laufe des heutigen Tages findet eine Be— rathung der Minister statt.
Belglen. Brüssel, 20. Juni. (W. T. B.) Das Journal „Nord“ veröffentlicht den Wortlaut des Entwurfs, wel cher dem hier zusammentretenden internationalen Kongreß werde vorgelegt werden. Der Entwurf ist in einzelne Kapitel geschieden und behandelt in diesen Hauptabtheilungen: Die mili⸗ tärische Autorität in Feindes Land, den Unterschied zwischen Soldaten und Nichtkombattanten, die erlaubten und nicht er— laubten Mittel der Kriegführung, die Belagerung, das Bom— bardement, das Spionenwesen, die Kriegsgefangenen, die Ver— wundeten, die den Militärpersonen gegen Privatpersonen zu— stehenden Gewalten, Requisitionen und Kontributionen, das Par— lamentärwesen, die Kapitulation, den Waffenstillstand, die Aus⸗ übung von Repressalien.
Sroßbritannien und Iriand. London, 20. Juni. (W. T. B.) Bei der Neuwahl zweier Parlamentsmit⸗ glieder für North Durham haben die Konservativen einen Sitz gewonnen.
ö. 21. Juni. (W. T. B.) Der Deputirte für Lime— rick, Sir J. Butt, hat angezeigt, er werde am 30. d. M. eine Resolution des Inhalts im Unterhause einbringen, daß es angemessen und billig und recht sei, der irischen Nation das Recht zur Verhandlung über ausschließlich irische Angelegenhei⸗ ten in einem irischen Parlamente zurückzugewähren. Indeß müßte dabei doch die Integrität Gesammtenglands und eine solche Ver— bindung zwischen England und Irland aufrecht erhalten werden, daß alle das Gesammtreich betreffenden Angelegenheiten dem Reichsparlamente vorbehalten blieben.
— (Monatsübersicht für Mai). Am 14. traf der Kaiser von Rußland zum Besuche der Königlichen Familie in Windsor ein. Derselbe wurde in Dover von seiner Tochter, der Herzogin von Edinburgh, dem Prinzen von Wales, dem Prin— zen Arthur und dem Herzoge von Cambridge empfangen. Der Herzog von Edinburgh hatte sich bereits in Vließingen an Bord der Kaiserlichen Jacht begeben. Außer den zahlreichen Festlich⸗ keiten bei Hofe wohnte der Kaiser auch einer Revue in Aldershot bei und besuchte die City, bei welcher Gelegenheit Sr. Majestät das Ehrenbürgerrecht der Stadt London angetragen wurde, fowie die Parlamentshäuser, den Krystallpalast in Sydenham und das Arsenal in Woolwich. Der Kaiser wurde überall von dem Volke auf das Wärmste und Herzlichste empfangen. Während seiner Anwesenheit in London empfing derselbe das diplomatische Corps, sowie den Besuch des Grafen von Paris und des Prinzen Louis Napoleon und stattete der Kaiserin Eugenie einen Besuch in Chislehurst ab. Am 21. verließ der Kaiser London und schiffte sich in Gravesend, bis wohin er von dem Prinzen und der Prin—⸗ zessin von Wales, dem Herzog und der Herzogin von Edinburgh und dem Prinzen Arthur begleitet wurde, und wo ein Theil der zur hritischen Kanalflotte gehörenden Panzerschiffe zur Begrüßung desselben lag, ein, um sich über Brüssek und Cöln zu einem mehrwöchentlichen Aufenthalte nach Ems zu begeben. Die Köni— gin von England hatte Windsor in Begleitung der Prinzessin Beatrice und der beiden ältesten Söhne des Prinzen von Wales, der Prinzen Albert Victor und George, Windsor bereits am 20. ver⸗ lassen, um, wie alljährlich, einen längeren Aufenthalt in Balmoral zu nehmen. Bei Gelegenheit des Geburtstages der Königin, dessen öffentliche Feier auf den 30. verschoben worden war, wurde der Prinz Arthur, unter Verleihung des Titels eines Herzogs von Connaught und Stratheare und Earls von Sussex, zum Pair des vereinigten Königreichs erhoben.
Aus den während der letzten Wochen der zweiten Periode der diesjährigen Session geführten Parlamentsverhandlungen verdient namentlich die Beantwortung der von Lord Russell im Vberhause gestellten Interpellation über die von der britischen Regierung mit denen der übrigen kontinentalen Großmächte betreffs Erhaltung des europäischen Friedens geführte Koör⸗ respondenz hervorgehoben zu werden. Der Minister des Aeußern, Lord Derby, hob darin hervor, daß, wenn man entferntere Er⸗ eignisse im Auge habe, es nicht zu läugnen wäre, daß Gründe zur Besorgniß vorhanden seien, es wären dies eben die natürlichen Folgen des letzten Krieges; was aber den unmittelbaren Anschein beträfe, so sei kein ernstlicher Grund vorhanden, irgend eine Störung des europäischen Friedens zu erwarten. Was das Ver—⸗ halten der britischen Regierung anbetreffe, sollten die Verhältnisse sich drohender gestalten, so erklärte der Minister, daß kein ver⸗ ständiges Mittel den Frieden zu erhalten unversucht blei⸗ ben werde, in jedem Falle aber die Regierung die abgeschlossenen Verträge in Ehre und Treue als ver⸗ bindliche betrachten werde. Die von dem Erzbischofe von Can⸗ terbury eingebrachte Bill, betreffend die Regelung des öffentlichen Gottesdienstes, wurde zum zweitenmale verlesen, nachdem der Marquis von Salisbury im Namen der Regierung die Erklä⸗ rung abgegeben hatte, daß er zwar nicht gegen die zweite Le⸗ sung stimmen, aber auch keine Verantwortlichkeit übernehmen werde. Neue Gesetze seien unleugbar nöthig, dieselben seien aber schwierig festzustellen, und behalte sich die Regierung ihre An⸗ sicht über die Details des Gesetzes vor. Zur ersten Lesung ge⸗ langte die in der Thronrede versprochene Bill zur Ausdehnung der im vergangenen Jahre für England angenommenen Gerichts⸗ barkeitbill auf Schottland und Irland. Das im vorigen Jahre neugeschaffene Ober⸗Tribunal soll danach auch irische und schot⸗ tische Appellationen entscheiden, aber deswegen nicht ex officio irische und schottische Richter enthalten, vielmehr sollen die geeignetsten Juristen aus allen drei Königreichen zu Mitgliedern desselben ernannt werden können. Das Ober⸗Tribunal soll aus zwei Abtheilungen bestehen, von denen die erste, zu der der Lord⸗ Kanzler, der Ober⸗Richter der Queensbench und der „Master of the Rolls“ gehören muͤssen, die letzte Instanz für das vereinigte Königreich und die Kolonien bilden soll, vor die alle größeren
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