Gestern empfingen Se. Majestät eine Deputation des Ge⸗ meinderaths von Ems, welche Allerhöchstdemselben den Dank für die Erbauung der neuen Trinkhalle aussprach. Zum Diner waren der Herzog von Osuna, Graf d'Dultremont und der Bürgermeister von Ems, Brodzina, geladen.
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz wird Sich am 27. d. M. zur Feier des 200jähri⸗ gen Jubiläums des Leib⸗Kürassier-⸗Regiments (schlesischen) Nr. 1 nach Breslau begeben. Die Rückkehr nach Potsdam steht am 29. früh zu erwarten.
In der Begleitung Hächstdesselben werden fich der General— Major v. Gottberg, Chef des Stabes der 4. Armee⸗Inspektion, und die persönlichen Adjutanten Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit, Oberst Mischke und Hauptmann v. Liebenau, befinden.
Der Durchlauchtigste Herrenmeister des Johanniter⸗-Ordens, Se. Königliche Hoheit Prinz Carl von Preußen verließ am 23. d. M. um 8 Uhr 45 Minuten Morgens mit dem Cou⸗ rierzuge vom Ostbahnhofe Berlin, traf um 10 Uhr 20 Minuten in Cüstrin ein, setzte sogleich mit Extrapost die Reise fort und kam bald nach halb 12 Ühr in Sonnenburg an.
Um 3 Uhr wurde das Diner zu 35 Couverts im Ritter saale des Schlosses eingenommen. Um 51, Uhr hielt Se. König⸗ liche Hoheit ein Kapitel des Ordens St. Johannis vom Spital zu Jerusalem im Kapitelssaale des Schlosses, besichtigte dann das Ordenskrankenhaus und nahm gegen g Uhr Abends den Thee in dem festlich beleuchteten Garten ein.
Nachdem sich am 24. d. M. um 101 Uhr Vormittags die Ordensbeamten, der Ordenskanzler, regierende Graf Otto zu Stolberg⸗Wernigerode, der Ordenssekretaͤr, Graf Bismarck— Bohlen, und Ordensschatzmeister v. Klützow, die als Ordens—⸗ marschälle fungirenden beiden Rechtsritter und die zu investiren⸗ den Ehrenritter, sowie die zum Tragen der Ordensinsignien berufenen Pagen, eine Viertelstunde später die Kommendatoren, Ehren⸗Kommendatoren, der Ordenshauptmann, sowie die als Zeugen anwesenden Rechts- und Ehrenritter in der unteren Halle des Schlosses versammelt hatten, erschien Se. König— liche Hoheit der Durchlauchtigste Herrenmeister, und es erfolgte die Vorstellung der zu Rechtzrittern aufzunehmenden Ehrenritker durch den Ordenskanzler.
Hierauf begaben sich die Versammelten, zu feierlichem Zuge geordnet, von dem ersten Ordensmarschall geführt, unter dem Geläute der Glocken zur Ordenskirche, welche fie unter dem Präludium der Orgel durch die Thurmhalle betraten, und nah⸗ men daselbst in der vorgeschriebenen Ordnung ihre Plätze ein. Nachdem Gemeinde und Chor das Lied: „Hallelusah!, Sei Lob und Ehr. ꝛ.“ gesungen und der Geistliche die Liturgie bis zum „Heilig ꝛc. gesprochen hatte, bedeckte nach Beendigung des Gesanges Se. Königliche Hoheit Sich, und es erfolgte unter den Klängen der Orgel die Feierlichkeit des Ritterschlages und der Investitur der zu Rechtsrittern berufenen Ehrenritter des Ordens St. Johannis vom Spital zu Jerusalem.
Nach deren Beendigung sang die Gemeinde den letzten Vers des Liedes: „Sei Lob und Ehr“ ꝛc. Der Superintendent Klinge⸗ beil hielt die Rede über den Text: Micha 6 V. 8. Es ist Dir gesagt, Mensch ꝛc., sprach das Kirchengebet und ertheilte den Segen, worauf das Te Beum folgte. Dann bildete sich unter Orgelklang wieder ein feierlicher Zug und begab sich unter Führung des ersten Ordensmarschalls in die Halle des Schlosses, wo der Durchlauchtigste Herrenmeister die Versammlung entließ.
Um 41 Uhr fand das Diner, gegen 130 Couverts, im Rittersaale statt. — Gegen 8 Uhr Abends verließ Se. König⸗ liche Hoheit Sonnenburg mit Extrapost und reiste 9 Uhr 15 Minuten von Cüstrin mittelst Extrazuges nach Berlin zurück, wo Höchstderselbe gegen 11 Uhr Nachts eintraf.
— Se. Königliche Hoheit der Erbaroßherzog Adolph Friedrich von Mecklenburg⸗ Strelitz, Ritt⸗ meister à la suite des 2. Garde⸗Ulanen⸗Regiments, ist von einer Urlaubsreise hierher zurückgekehrt.
— Der Reichskanzler hat sich bekanntlich unter Vorlegung einer Denkschrift dem Bundesrath gegenüber mit einer mãäßi⸗ gen, im Durchschnitt den Betrag von 360 Prozent jedenfalls nicht uͤbersteigenden Erhöhung der Eisenbahn⸗Frachttarife unter der Voraugsetzung einverstanden erklärt, daß gleichzeitig oder doch sobald als die erforderlichen Vorarbeiten es gestatten, das in der Denkschrift empfohlene Tarifsystem in seinen Grund⸗ zügen zur Einführung gelangt.
Der Bundesrath hat in seiner Sitzung vom 11. d. M. be— schlossen:
1) daß vom Standpunkte des Reiches gegen eine mäßige im Durchschnitt den Betrag von 20 Prozent nicht überschreitende Erhöhung der Eisenbahn⸗Frachttarife unter der Voraus setzung nichts zu erinnern sei, daß, sobald als die erforderlichen Vor⸗ arbeiten es gestatten, spätestenz mit dem 1. Januar 1875, das in der Denkschrift empfohlene Tarifsystem in seinen Grundzügen zur Einführung gelange, daß indessen diejenigen Bahnverwal⸗ tungen, welche das in der Denkschrift als das natürliche! (elsaß⸗ lothringische) bezeichnete Tarifsystem bereits eingeführt haben, solches beibehalten dürfen und daß dessen weiterer Einführung nichts entgegensteht;
2) daß interimistisch eine Erhöhung der bestehenden Güter⸗ tarife unter Ausschluß zur Zeit geltender Sätze für Getreide, Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Salz, Mehl und Muͤhlenfabrikate durch 7 Zuschlag von höchstens 20 Prozent herbeigeführt werden
ürfe;
3) daß bei demnächstiger Normirung der Sätze zu dem Zwecke, die Frachteinheiten der generellen Wagenladungklassen zu der Frachteinheit für Stückgut in ein angemessenes Verhältniß zu bringen, dahin zu wirken sei, daß die Differenz in den Sätzen für Klasse A. nicht weniger als 331 pCt., für Klasse B. nicht weniger als 590 pCt. der Sätze für Stückgut betrage;
4) daß die Vorschriften für die Beförderung von Stückgut, wie folgt, zu normiren:
Zu den Frachtsätzen der Stückgutklasse werden alle Güter befördert, welche der Versender nicht als Eilgut oder Wagen⸗ ladung aufgiebt, beziehungsweise welche nicht nach den bestehen⸗ den Vorschriften als Wagenladungen zu berechnen sind.
Die Fracht wird nach dem Gewicht der Sendung berechnet mit der Maßgabe, daß für jeden Kubikmeter Wagenraum, wel⸗ chen die Sendung nach der Feststellung der Versandt⸗Güterexpe⸗ dition in Anspruch nimmt, die Fracht für mindestens 3 Cent⸗ ner — 150 Kilogramm erhoben wird. Ueberschießende Bruch⸗ theile eines Kubstmeters werden mit 310 Centner — 15 Kilo- gramm für jede angefangene 100 Kubikdezimeter berechne Der Frachtminimalsatz beträgt 0, Mark;
5) daß Salz und Kartoffeln der niedrigsten Tarifklasse, Ge⸗
treide, Hülsenfrüchte, Mehl und Mühlenfabrikate dersenigen er⸗ mäßigten Wagenklasse zugetheilt werden, deren Sätze den zur Zeit geltenden am nächsten stehen;
6) daß die Seite 224 ff. der Denkschrift vorgeschlagenen speziellen Tarifvorschriften nach Anhörung der Delegirten der Sisenbahnverwaltungen und saweit erforderlich, auch des Handels⸗ standes vom Reichs⸗-Eisenbahn⸗Amt festgestellt und dem Bundes⸗ rathe zur Genehniigung unterbreitet werden, und daß dasselbe Verfahren sowohl in Bezug auf die gleichmäßige Einreihung der Artikel in die in der Denkschrift Seite 42 gedachten Spezial⸗ tarife, als auch hinsichtlich der für das natürliche (elsaß⸗lothrin⸗ gische) System erforderlichen Tarifvorschriften beobachtet werde;
7) daß vorbehalten bleibe, nach Ablauf von längstens 5 Jahren eine Revision des Tarifsystems nebst Ausführungsvor— schriften vorzunehmen.
— Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für das Seewesen und für Handel und Verkehr, und der Aus— schuß für Eisenbahnen, Post und Telegraphen hielten heute Sitzungen. .
— Nachdem durch die Verfassung des Norddeutschen Bun⸗ des Veranlafsung gegeben war, für die militärischen wie für die Civilverhältnifse auf einen freieren Gebrauch der von den höheren Schulen des Bundesgebietes ausgestellten Zeug⸗ nisse Bedacht zu nehmen, wurden auf den Vorschlag des Mi⸗ nisters der geistlichen 2c. Angelegenheiten Seitens der verbünde— ten Regierungen sachkundige Beamte der Schulverwaltung zu einer Ende Januar 1868 hier abgehaltenen Konferenz delegirt, um durch deren Vorberathung für die demnächstige Verein⸗ barung der Regierungen selbst eine Grundlage zu gewinnen.
Die Vorschläge der Konferenz wurden von sämmtlichrn Re— gierungen angenommen, und mit Benutzung ihrer Angaben über die danach in den verschiedenen Kategorien gleichzustellenden Lehranstalten erfolgte unter dem 2. September 1868 im Bundes gesetzlatt die Bekanntmachung des ersten Verzeichnisses derjenigen höheren Lehranstalten, welche zur Ausstellung gültiger Zeugnisse über die wissenschaftliche Qualifikation zum elnsährig freiwilligen Militärdienste berechtigt sind.
Der Natur der Sache nach konnte die gedachte Konferenz in mancher Beziehung nur als eine vorläufige angesehen werden, und eine Wiederholung zur weiteren Besprechung gemeinsamer Interessen des höheren Schulwesens wurde von allen Theilneh⸗ mern gewünscht.
Die Erfahrungen an den in Folge der ersten Konferenz ge⸗ troffenen Einrichtungen haben weiteres Material für eine zweite Berathung geliefert, besonders aber die Konsequenzen, welche sich aus der Errichtung des Deutschen Reichs und der damit zu⸗ sammenhängenden Erweiterung des Geltungsgebietes der Militär⸗ Ersatz⸗Instruktion vom 26. März 1868 für das Unterrichtswesen ergaben, eine Verständigung der deutschen Schulverwaltungen 1 verschiedenen Seiten hin als wünschenswerth erscheinen assen.
Mit Rücksicht hierauf hatte der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten die Abhaltung einer zweiten Konferenz in Vor⸗ schlag gebracht, welche im Oktober 1872 zu Dresden stattgefun⸗ den . Die Srgebnisse derselben sind auf Grund der den be— theiligten Staatsregierungen darüber von dem Minister unter dem 30. Dezember 1872 gemachten Vorschläge Gegenstand wei⸗ terer Verhandlungen gewesen. Es kam darauf an, zur Wah⸗ rung der Selbständigkeit jedes einzelnen Staats die angestrebte Einigung auf das Nothwendige und durch das gemeinsame Interesse Aller Gebotene zu beschränken. Die eingegangenen Erklärungen lassen keinen Zweifel darüber, daß hinsicht⸗ lich der allgemeinen Prinzipien der Verwaltung des höheren Schulwesens zwischen den deutschen Staatsregierungen Uebereinstimmung stattfindet, und daß die Bereitwilligkeit vor⸗ handen ist, in allem Wesentlichen demgemäß auch die besonderen Einrichtungen zu konformiren.
Einer der wichtigsten Gegenstände der Verhandlungen ist die gegenseitige Anerkennung der Maturitätszeugnisse der Gymnasien gewesen und die Einigung darüber erfolgt.
Demgemäß sind vom Michaelstermin d. Is. ab die von den außerpreußischen deutschen Gymnasien ausgestellten Maturitäts⸗ zeugnisse als den preußischen gleichgeltend anzusehen, und bedarf es daher für Preußen elner ausdrücklichen Anerkennung der⸗ selben Seitens des Ministers der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten ferner nicht mehr.
— Ein Verwaltungsgericht ist der Ansicht gewesen, daß Be⸗ schwerden gegen Verfügungen der Vorstände länd— licher Ortsarmenverbände darüber, ob, in welcher Höhe und in welcher Weise Armenunterstützungen zu gewähren sind, gemäß §. 63 des Gesetzes vom 8. März 1871 in erster Instanz von dem Landrathe und nicht von dem Kreisausschusse zu ent⸗ scheiden seien. Diese Ansicht hat der Minister des Innern in einem Bescheide vom 1. 8. M. für zutreffend nicht erachtet. Nach den Ausführungen in der von dem Minister des Innern unter dem 1. Februar 1872 in Gemeinschaft mit dem Justiz⸗Minister erlassenen Cirkular⸗Verfügung, betreffend das Geschäfts⸗Regulativ der Deputationen für das Heimathwesen, ist nach §5. 2 ff. des Gesetzes vom 8. März 1871 die Verwaltung der öffentlichen Armenpflege in den Gemeindebezirken eine Ge⸗ meindeangelegenheit, und ist nach 5§. 25 a4. a. O. die Aufsicht über die Ortsarmenverbände von der Staatsregierung nach Maßgabe der Gemeinde⸗Verfassungsgesetze zu üben. Die im S§. 63 a. a. O. gedachten Beschwerden werden daher — wie es in der gedachten Cirkularverfügung heißt — demselben In⸗ stanzenzuge zu folgen haben, wie die sonstigen Gemeindeangele⸗ genheiten — mit der alleinigen Maßgabe, daß an Stelle der Bezirksregierung die Deputation für das Heimathwesen (gegen⸗ wärtig das Verwaltungsgericht) und zwar endgültig entscheldet.
Die Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 hat das bis⸗ herige Verfassungsrecht der Landgemeinden und Gutsbezirke in den Provinzen Preußen, Brandenburg, Schlesien und Sachsen in wesentlichen Beziehungen (efr. 55§. 21 bis 45 und §. 185 XL.) abgeändert und gilt in diesen Beziehungen als Gemeinde— Verfassungsgesetz für die gedachten Kommunatverbände.
Der 5. 139 1X. überträgt die Aufsicht über die Kommunal⸗ Angelegenheiten der ländlichen Gemeinden und selbständigen Gutsbezirke den Kreisausschüssen, welche diese Aufsicht auch in⸗ soweit zu üben haben, als dieselbe bisher den ländlichen Orts⸗ obrigleiten und den Landräthen zustand. Hiernach kann es kei⸗ nem Zweifel unterliegen, daß die Kreisausschüsse berufen sind, an Stelle der Landräthe auch über Beschwerden der im §. 63 des werf, vom 8. März 1871 bezeichneten Art die erstin stanz⸗ liche Entscheidung zu treffen. —
Demgemäß sind denn auch im §. 2 II. 21 des Regulatiovs zur Ordnung des Geschäftsganges bei den Kreisausschüssen vom 20. November 1873 unter den nicht ausschließlich den öffentlichen
lich 754 Thlr.
Sitzungen vorbehaltenen 2 der Kreisordnung die Streit⸗ sachen aufgeführt, welche die Beschwerden gegen Verfügungen der Vorstände ländlicher Ortsarmenverbände darüber, ob, in welcher far und in welcher Weise Armenunterstützungen zu ge⸗ währen sind, zum Gegenstand haben.
Daß dem Landrathe die Befugniß zusteht, in derartigen Streitsachen, wenn der vorliegende Fall keinen Aufschub zuläßt, Namens des Kreigausschusses gemäß 5§. 137 Absatz 3 der Kreisordnung Verfügungen zu erlassen, gegen welche von den Betheiligten bei dem Kreisqusschusse Einspruch erhoben wer⸗ den kann, ergiebt fich aus den 5§. 7 und 8 des gedachten Ge— schäftsregulativs.
Posen 23. Juni. In der heutigen 4. Plenarsitzung er⸗ ledigte der Provinzial-Landtag 24 Vorlagen.
Die wesentlichsten derselben sind:
) Bewilligungen: a. der Wittwe des verstorbenen Ge⸗ heimen Sanitäts⸗-Raths. Dr. Beschorner eine jährliche Unter⸗ stützung von 400 Thlrn.; b. dem vaterländischen Frauen⸗3Zweig⸗ verein zu Posen eine Beihülfe von 1000 Thlrn.; 6. der Wittwe des Taubstummenlehrers Toporkus eine jährliche Unterstüũtzung von 199 Thlrn.; d. den katholischen Schwestern der h. Elisabeth eine jährliche Unterstützung von 400 Thlrn.; e. der Kranken= anstalt der barmherzigen Schwestern zu Posen einen einmaligen Zuschuß von 2009 Thlrn., sowie derselben Anstalt zur Kom⸗ pletirung des nöthigen Inventars 3000 Thlr.; f. dem St. Jo⸗ seph⸗Hospital zu Posen 200 Thlr. jährlich als Aushülfe zur Unterhaltung der Pfleglinge des Instituts, resp. zur Zahlung der Zinsen von einer Bauschuld; g. der polytechnischen Gesell⸗ schaft in Posen zur Erhaltung der Gewerbevorschule jährlich 1000 Thlr. .
2) In die Annahme der Landgemeinde⸗Verfassung von den beiden Städten: Kähme im Kreise Birnbaum und Kwieciszewo im Kreise Mogilno ift gewilligt.
3) Mit dem Umtausch der Ländereien zwischen dem Herrn Grafen v. d. Schulenburg auf Triebusch, Kreis Guhrau, und Sr. Durchlaucht dem Fürsten v. Hatzfeld auf Baers dorff, Kreis Kroeben und der daraus erfolgten Aenderung der Bezirksgrenzen zwischen den Provinzen Pofen und Schlesien hat sich der Land⸗ tag einverstanden erklärt.
4) Ein Antrag auf Uebernahme der Eisenbahnbauten auf die Provinz wurde abgelehnt.
5) Die Erhöhung der Besoldungen und der Miethsentschã⸗ digungen sowie der Remuneration der Beamten der Korrektiong⸗ anstalt zu 3 ist genehmigt. Dieselben stellen sich auf jähr⸗ eraus.
6) Das Gesetz vom 12. Mai 1873, betreffend die Gewäh⸗ rung von Wohnungsgeldzuschüssen an die unmittelbaren Staats— beamten, ist als auf die provinzialständischen Beamten der Land— armendirektion und des Arbeits⸗ und Landarmenhauses zu Kosten anwendbar erklärt worden. Dieser Zuschuß berechnet sich auf jährlich 432 Thlr.
7) Sind die Jahresrechnungen über die Verwaltung des Provinzial⸗Landarmenfonds pro 1871 und 1872 dechargirt.
Fulda, 25. Juni. (W. T. B.) Die Verhandlungen der gestrigen ersten Konferenz der Bischöfe und der Vertreter von Bischofssitzen hatten, dem Vernehmen nach, die neuen seit dem Mai v. J. erlassenen kirchlich politischen Gesetze zum Gegenstand. Beim Beginn der Berathung war beschlossen worden, daß vor der Hand über die Verhandlungen und deren Verlauf das strengste Stillschweigen beobachtet wer⸗ den solle.
Bayern.
München, 23. Juni. Der Antrag auf Er—
' bauung eines neuen Gebäudes für die Akademie der bildenden
Künste nahm fast die ganze heutige Sitzung der Abgeordneten⸗ kamm er in Anspruch und führte zu ziemlich lebhaften Debatten. Abg. v. Miller, welcher den ÄAnstoß zu dem vom Finanzaus⸗ schusse freilich sehr erweiterten Antrag gegeben hatte, begründete denselben mit großer Wärme. Pfarrer Rußwürm, welcher ge⸗ hässige Seitenblicke auf die Wirksamkeit der Akademie und be— sonders ihres verstorbenen Direktors (Kaulbach) warf, und Frhr. von Hafenbrädl wurden von Dr. Schauß widerlegt, welcher darauf hinwies, daß für Kaulbachs Werke die Akademie nicht verantwortlich sein könne, und daß, wenn die heutige Abstini⸗ mung verneinend ausfalle, die Welt sagen werde: Bayern sei in der Civilisation noch nicht so weit vorgeschritten, um die Keime entwickeln zu können, welche König Ludwig J. ausgestreut habe. Nachdem noch Crämer die finanzielle Seite der Frage beleuchtet und den Antrag befürwortet hatte, empfahl ihn auch Kultus⸗ Minister v. Lutz, dabei zugleich die Angriffe auf den großen Künstler zurückweisend, der bisher der Akademie vorgestanden, und einige vorgebrachte Wünsche wegen Förderung der kirchlichen Kunst (für welche übrigens eine neue Professur an der Akademie errichtet werden soll) an ihre richtigere Adresse, den Klerus selber, übergebend. Die Abstimmung, welche auf besonderen Lintrag durch Namensaufruf erfolgte, ergab 92 Ja gegen 46 Nein, unter letzteren die Abgeordneten Hauck, Jörg, Krätzer, Schüttinger. Die übrigen Gegenstände der Tagesordnung, außer einigen kurz er⸗ ledigten unbegründeten Beschwerden, wurden auf eine spätere Sitzung verschoben.
— Die Wiedereinberufung des obersten Schul⸗ raths wird dem „Corr. v. u. f. D.“ zufolge in der kürzesten Zeit erfolgen, und es wird demselben die Schlußredaktion der Königlichen Allerhöchsten Verordnung bezüglich der Reorgani⸗ sation der Gymnasien ꝛc. nochmals vergelegt werden. Die neue Reorganisation hat dann mit Beginn des nächsten Schuljahres, im Oktober d. Is., in Wirksamkeit zu treten.
Sachsen. Dresden, 24. Juni. Die Landessynode wiederholte heute in zweiter Berathung die von ihr auf die Er⸗ lasse des Kirchenregiments, betreffend die Beaufsichtigung des Religionsunterrichts und die Einführung des Kirchengesetzes über die Besetzung geistlicher Stellen in der Oberlausitz, gefaßten Be⸗ schlüsse und erledigte sodann einige Petitionen. Vor Schluß der Sitzung theilte Staats-Minister Br. v. Gerber mit, daß es Ab⸗ sicht der in Evangelicis beauftragten Staats⸗Minister sei, die ge⸗ genwärtige außerordentliche Synode nach Erledigung der mor⸗ genden Tagesordnung (deren hauptsächlichster Gegenstand die zweite Berathung des Erlasses wegen Einführung eines Bibel⸗ auszugs in den Volksschulen ish) zu schließen.
Sachsen⸗ Weimar ⸗SEisenach. Weimar, 24. Juni. Der Geburtstag des Großherzogs ist heute in üblicher Weise am Großherzoglichen Hofe festlich begangen worden. Um 12 Uhr fand im Großherzoglichen Residenzschloß Cour statt, zu welcher die Chefs der Departements und die Spitzen der Be⸗ hörden, das Offizier⸗Corps des 5. Thüringischen Inf.⸗Regts. Nr. 94 (Großherzog von Sachsen), eine Deputation der Uni= versität Jena, sowie zahlreiche Fremde von Distin ktion, namentlich
höhere Offiziere erschienen waren. Se. Königliche Hoheit nahm die ehrfurchtsvollen Glückwünsche der Versammelten entgegen und begrüßte dieselhen mit der Großherzogin, begleitet von dem Erbgroßherzoge und der Erbgroßherzogin. Nachmittags fand im Großherzoglichen Schlosse Galatafel und Abends Festvorstellung im Hoftheater statt.
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ä DOesterreich⸗ Ungarn. Wien, 23. Juni. (Dest. C) Die militärischen Studien des Kronprinzen haben Anfangs Jannur dieses Jahres im Pionierdienste, in der Feldbefestigung und in dem Genietruppendienste begonnen, und nachdem auf den Uebungsplätzen des Kaiserlich Königlichen Pionier-Regiments zu Klosterneuburg und des Kaiferlich Königlichen 2. Genie⸗Regi⸗ ments zu Krems vor wenigen Tagen die Anschauung der prak⸗ tischen Ausführungen durch die betreffenden Truppen dem theo⸗ retischen Unterrichte angereiht wurde, so waren hiermit diese Stu⸗ dien abgeschlossen. Auf Allerhöchste Anordnung fanden gestern die Prüfungen statt, und schoͤn Morgens halb 7 Uhr verfam⸗ melten sich in den Appartements Sr. Kaiserlichen Hoheiht in
—
Schönbrunn die zu diesem Zwecke von Sr. Masestät be⸗
fohlenen Prüfungsbeisitzer, welche, den Gegenständen entfprechend, sämmtlich Militärs waren. Nachdem der Kronprinz die Herren empfangen hatte, erschien gegen 7 Uhr Se. Majestät der Kaiser, und die Prüfungen begannen. Dieselben dauerten bis gegen 9 Uhr. Der Kaiser sprach seine hohe Befriedigung mit den Kenntnissen des Kronprinzen aus, und es wurden auch den beiden Instruktoren die gnädigsten Worte Sr. Majestät für ihre Leistungen zu Theil.
— Prinz Wilhelm von Württemberg ist am 15. d. Mts. zum Kurgebrauche in Karlsbad angekommen.
— Das Reichsgesetzblatt enthält u. A. Gesetze vom 2. Juni 1874 — wirkfam für das Herzogthum Salzburg, desgl. das Herzogthum Kärnten — über die vom Landtage des Her— zogthums Salzburg (resp. Kärnten) auf Grund des §. 12 Absatz 2, des Staatsgrundgesetzes vom 21. Dezember 1867, der Reichsgesetzgebung überlassene Regelung der Anlegung neuer Grundbücher und der inneren Einrichtung derselben; das Gesetz vom 30. April 1874 wegen sofortigen Ausbaues der Linie Falkenau⸗Graslitz der Buschtehrader Eisenbahngesellschaft; das
Prag, 3 Juni . Uebereinkommen ddo. Wien. g. Jquni 1874 zwischen der Kaiserlich⸗
Königlichen Staatsverwaltung und dem Verwaltungsrathe der ausschließlich priv. Buschtherader Eisenbahngesellschaft wegen Leistung eines Staatsvorschusses zum Zwecke der Durchführung des Eifenbãhnprojektes Fal kenau⸗Grasliz.
Pest, 23. Juni. In der heutigen Sitzung des Unter— hauses sprachen zum Beschlußantrage über die Äbschaffung der Gerichts⸗Exekutoren der Antragsteller Horansky und Justiz⸗ Minister Pauler. Letzterer widerlegte in einer von großem Bei⸗ falle begleiteten Rede die Vorredner, die für den Antrag eintra⸗ ten, und wies auf Grund statistischer Ausweise die Haltlosigkeit der Vorwürfe gegen die neue Gerichtsorganisatian nach; niemals sei die Anzahl der Restanzen geringer, die Erledigung rascher und gewissenhafter gewesen; keine andere europäische Justiz könne bei den Obergerichten eine gleich verschwindende Restanzenzahl auf— weisen. Die Abstimmung über den Antrag erfolgt morgen. Sodann soll die Inkompatibilitäts-Vorlage verhandelt werden.
Schweiz. Bern, 22. Juni. Der Nationalrath hat nach dreitägiger Debatte heute über die Kompetenzen des Bundesgerichts in eivilrechtlichen Streitfällen, von denen Art. 26 des Gesetzentwurfs, betreffend die neue Organisa⸗ tion der Bundesrechtspflege handelt, abgestimmt. Das Resultat der fast vier Stunden dauernden Abstimmung stellt fest, „daß in Rechtsstreitigkeiten, die nach eidgenössischen Gesetzen zu erledigen sind, und deren Gegenstand einen Hauptwerth von wenigstens 3000 Fr. hat, jeder Partei das Recht geöffnet ist, bei dem Bun⸗ desgerichte die Abänderung des letztinstanzlichen kantonalen Haupt- urtheils wegen irriger Anwendung dieser Gesetze nach— zusuchen. Für dieses Rechtsmittel besteht eine peremto— rische Frist von 20 Tagen, von der Mittheilung des angefochtenen Urtheils an, gerechnet, binnen welcher Frist die Beschwerde durch schriftliché Eingabe bei der kantonalen Gerichtstelle, die das letzte Urtheil gegeben hat, zu Händen des Bundesgerichts angemeldet werden muß. Die Fest⸗ setzung der weitern Fristen und Vorkehren bestimmt das Bundes—⸗ gericht durch ein Reglement. Das Bundesgericht hat in solchen Fällen zu entscheiden, ob durch das angefochtene Urtheil das eidgenössische Gesetz verletzt sei. Im Besahungsfall entscheidet es abschließlich über den Streitfall; indeß hat es seinem Urtheil den von dem kantonalen Gerichte festgestellten Thatbestand zu Grunde zu legen. In der Regel urtheilt das Bundesgericht blos auf Grundlage eines schriftlichen Verfahrens. Ausnähms⸗ weise kann jedoch, wenn die Parteien es verlangen oder besondere Gründe vorliegen, eine mündliche Schlußverhandlung stattfinden.“
— 24. Juni. (W. T. B.) Der Nationalrath ist dem Beschlusse des Ständeraths, dem Zusatzvertrage zu der internationalen Münzkonvention die Ratifikation zu er— theilen, beigetreten.
Niederlande. Haag, 20. Juni. Der von der Re⸗ gierung eingebrachte Gesetzentwurf, betreffend Abände⸗ rung des Wahlgesetzes vom 4. Juli 1860, zielte auf eine mäßige Ausdehnung des Wahlrechtes und auf eine weniger be⸗ nachtheiligte Stellung der Städte dem platten Lande gegenüber. Die Regierung wollte nicht weiter gehen, als den Wahlcensus von 28 auf 29 Gulden als einförmigen Census herabsetzen; sie erklärte sich sogar, als die Kommission der Zweiten Kammer der Generalstaaten eine sich nicht so weit erstreckende Reform vor⸗ schlug, zur Annahme eines solchen Kompromisses bereit. Den⸗ noch scheiterte der Entwurf in der gestrigen Sitzung der Zweiten Kammer, indem der Art. 1 durch eine Majoritaͤt von 39 gegen 32 Stimmen abgelehnt wurde.
Sroßbritannien und Irlanö. London, 24. Juni. (W. T. B. Der Herzog und die Herzogin von Edin—⸗ burgh sind nach Jugenheim abgereist.
Frankreich. Paris, 23. Juni. Der Minister des
Innern hat an die Präfekten folgendes Schreiben gerichtet: Versaille s, 8. Juni 1874.
Herr Präfekt! Der Hr. Kriege⸗-Minister hat meine Aufmerk— keit auf die Maßregeln hingelenkt, welche zu nehmen unumgänglich nothwendig sind, um die Kasernirung mit, den Bedürfnissen in Einklang zu bringen, welche aus dem neuen Militärgesetz entspringen. Die Um⸗ bildung dieses Dienstes auf den projektirten Grundlagen erheischt ungefähr eine Summe von 114 Millionen. Die von den Städten und Devartements angebotenen Subsidien betragen nur 31. Millionen. Der Staat würde also den Rest zu decken haben. Die Lage des Staatsschatzes gestgttet ihm dieses aber gegenwärtig nicht, und um die Hülfsquellen zu schonen, auf denen der allgemeine Wohlstand des Landes beruht, haben wir, meine Kollegen vom Kriegs⸗ und vom
Finanz⸗Ministerium und ich, beschlossen, ein für die großen öͤffent— lichen Bauten häufig angewandtes System zu befolgen. welches sich folgendermaßen zusammenfassen läßt: „Jede bei der Sache in— teressirte Stadt wird, abgesehen von ber bereits bewilligten Sub⸗— vention, die Gelder vorschießen, welche zur vollständigen Beendigung der Kasernen nothwendig sind. Die Ziffer dieses Vorschusses wird in einer zwischen dem Kriegs-Ministerium, der Stadt und dem De— partement abgeschlossenen Konvention festgestellt werden. Seinerseits pird der Staat den Gemeinden den Betrag ihrer Darlehne zurücker⸗ statten, und die Kredite für die Jahrestermine werden jedes Jahr in das Budget eingestellt werden. Unser theuerstes und dringendstes Interesse ist ohne Widerspruch die Sicherung der Vertheidigung des
Landes und die Reorganisation der militärischen Streitkräfte. Durch
drungen von dieser Nothwendigkeit und dieser Pflicht, vollständig be⸗
ruhigt durch vom Staate angebotene Garantien, haben die Gemein⸗ den in ihrer sehr großen Masorität bereitwillig dieses , angenommen. Indeß zaudern nach den mir vom Kriegs. Minister zu⸗ gegangenen Mittheilungen einige Städte, sich an der Bezahlung der Ausgaben zu betheiligen, oder machten unbedeutende und nicht mit der Größe ihrer Hülfsquellen im Verhältniß stehende Anerbietungen. Diesen Gemeinden gegenüber kann die Ober-Verwaltung nur Rath= schläge ertheilen; aber dieselben werden, ich zwesfle nicht daran, be⸗ greifen, daß die Ausdehnung der Kasernirung, welche einem allgemei⸗ nen Interesse entspricht, zugleich für die Ortschaft, wo die Militär— anstalten errichtet werden, ein sicheres Element des Wohlstandes ist.
Das Cirkular giebt dann den Präfekten noch nähere In⸗ struktionen betreffs der abzufchließenden Verträge.
— Die im Kriegs-Ministerium eingesetzte Fommis—⸗ sion, welche die Verbesserungen zu prüfen hat, die am Infanteriegew ehr gemacht werden follen, nahm gestern das von dem Artillerie⸗Comité in Vorschlag gebrachte Modell an. Es handelt sich nicht um eine neue Waffe, sondern um eine Um— gestaltung oder vielmehr Vervollkommmung des Chassepot. In dem neuen System erfetzt die metallene Patrone die in Seide eingewickelte. Die Arbeiten zur Umgestaltung des Chassepot sollen sofort beginnen.
— Die sämmtlichen Kammern des höchsten Gerichts— ho fes haben sich heute Morgen in feierlicher Sitzung vereinigt, um festzustellen ob der Bekagerungszustand im Depar— tement der Rhonemündungen legal verkündigt sei. Der Hof hat erkannt, daß wegen Unterlassung der Einrückung des betreffenden Dekrets in die Amtszeitung des Departements der Belagerungszustand nur für diejenigen Gemeinden existire, in denen das Dekret speziell verkündigt worden sei.
— 24. Juni. (W. T. B.) Ein von den Journalen ver— öffentlichtes Schreiben des Grafen von Montalivet, ehemaligen Ministers des Innern unter Louis Philipp, billigt den Antrag des linken Centrums bezüglich der Organisation der Republik und erklärt, daß die Wohlfahrt Frankreichs die Annahme der konservativen Republik fordere.
Versailles, 24. Juni. (W. T. B. Die National⸗ versammlung genehmigte in ihrer heutigen Sitzung mit 401 gegen 232 Stimmen die Gesetzvorlage über die Bewilligung von 12090 Fres. für die Wiedererrichtung einer Kom⸗ mission zur Ausübung der Cen sur über dramatische Wer ke.
— Die legitimistischen Deputirten werden, wie die „Agence Havas“ erfährt, für die Auflösung der National—⸗ versammlung vatiren, wenn dieselbe nicht der Wiederher— stellung der Monarchie zustimmen sollte. =
— Der Finanz⸗-Minister Magne wird morgen in der Sitzung der Budgetkommission für die neuen Steuer— gesetze sprechen. Zugleich werden die Leiter der Bank von Frankreich darüber Auskunft geben, ob sie geneigt sind, in die Reduktion der von dem Staate jährlich zu zahlenden Amorti— sationssumme auf 150 Millionen Francs zu willigen. Durch die Annahme dieser Reduktion Seitens der Bank von Frankreich würde sich das Gleichgewicht des Budgets ohne die Aufnahme neuer Steuern herstellen lassen.
— 25. Juni. (W. T. B.) Auf dem Banket, welches gestern Abend zur Feier des Jahrestages der Geburt des Generals Hoche in Versailles stattgefunden hat, waren Gambeita, Jules Favre und die sammtlichen Deputirten des Departements Seine et Oise anwesend. Nachdem der Toast auf das Andenken von Hoche von Jeandel ausgebracht war, hielt der Deputirte Feray (linkes Centrum) einen Trinkspruch auf das Wohl des Präsidenten der Republik. Der Redner hob besonders hervor, daß die republikanische Regierungsform unter den gegen⸗ wärtigen Verhältnissen nothwendig und nach der gemeinfamen Ueberzeugung der Konservativen und der Liberalen allein im Stande sei, Frankreichs Größe und Wohlfahrt zu sichern. Feray schloß mit dem Wunsche, daß die konstitutlonellen Gesetzentwürfe bald zur An⸗ nahme gelangen möchten. Joly brachte darauf einen Toast auf die Deputirten des Departements Seine et Oise aus und dankte denselben für ihre Bemühungen, die Republik begründen zu helfen. Jules Favre erwiderte den Toast und trank auf die Vereinigung aller republikanischen Parteien, indem er sich beglück⸗ wünschte, daß die Stimmung zu Gunsten der Republik Unter allen Klassen der Gesellschaft sichtlich im Wachsen begriffen sei. Frajasse, Vorsitzender des Generalraths des Departements Seine et Oise, brachte dann das Wohl des Präsidenten Thiers aus, erinnerte an die von ihm geleisteten Dienste und erklärte, die⸗ selben würden von der Stadt Versailles, dem Departement und von Frankreich niemals vergessen werden. Nachher brachte Gam— betta den Trinkspruch auf die französische Republik aus. Er wies darauf hin, daß die Republik definitiv unter den euro— päischen Regierungen ihre Stelle eingenommen haben wie sich schon aus der Aufeinanderfolge der beiden Präsidenten derselben ergäbe, betonte ebenfalls die Nothwendigkeit einer Vereinigung aller republikanischen Kräfte, befürwortete ein loyales und auf— richtiges Zusammengehen der Republikaner mit den Konservativen und hob schließlich hervor, daß die republikanische Partei dem Lande gegenübertrete als geeinigt gegen den Cäfarismus nach Innen und gegen die Feinde nach außen. St. Hilaire dankte darauf im Namen von Thiers.
Spanien. Madrid, 24. Juni. (W. T. B.) In gut unterrichteten Kreisen verlautet, daß die Radikalen beabsich⸗ tigen, ein Konsulat auf 5 Jahre zu errichten und dasselbe dem Marschall Serrano unter der Bedingung zu übertragen, daß er vor den nächsten Wahlen für die Cortes ein Ministerlum der Versöhnung bilde.
Italien. Rom, 20. Juni. Wie der „Gazzetta von Genua“ von Tarent geschrieben wird, ist die Flotte, welche dort auf Befehl des Marine⸗Ministers Manöver abhält, in zwei Evolutionsgeschwader getheilt. Das eine besteht aus den Panzer—⸗ schiffen Roma“, „Conte Verde“, „Affondatore“ und dem Aviso⸗— dampfer „Anthion“, das andere aus der „Venezia“, „Messina“ und dem Panzerschiff „San Martino“, welches sich letzthin in den spanischen Gewässern ausgezeichnet hat. Die beiden Admirale, welche die Geschwader kommandiren, sind Cerrutti und Roberti. Die Schiffe verlassen oft den Meerbusen von Tarent, um auf offener See Schießübungen zu machen und zwar im Scheiben
schießen in verschiedenen Entfernungen und während die Schiffe bald langsamer, bald schneller fahren. ö
— 25. Juni. (W. T. B.) Der neulichen Demonstration zu Gunsten des Papstes gegenüber hat gestern hier eine öffen t⸗ liche Kundgebung im antipäpftlichen Sinne stattgefunden. Eine große Volksmenge zog mit dem Rufe: „Es lebe der König von Italien!“ nach dem Vatikan. Der Zugang zu demselben war indeß militärisch besetzt und die Volksmenge ging auf eine an sie gerichtete Aufforderung ruhig auseinander, ohne daß die Ordnung irgendwie gestört worden wäre.
Dänemark. Kopenhagen, 22. Juni. Der König und die Königin von Schweden und Norwegen mit vier Söhnen und begleitet von der Ober⸗Hofmeisterin, Gräfin Piper, dem Hoffräulein Eketrä, Ober⸗Kammctherrn Grafen Cron⸗ stedt, Kabinets⸗Kammerherrn Flack, Major Ström und dem Se⸗ kretär im Ministerium des Aeußern, Cedesträle, find heute Vor⸗ mittag zum Besuch beim hiesigen Hofe auf Schloß Bernstorff angekommen. Nach einem Besuch bei der verwittwelen Königin Caroline Amalie und nach beendeter Tafel auf Schloß Bern⸗ storff gedenken die Hohen Gäste heute Abend um 8 Ühr von , ft über Helsingõr nach Sophiero in Schonen zurückzu⸗ ehren.
— Von der neuen Kronenmünze sind bis jetzt im Gan⸗ zen ausgemünzt worden: 15,000 Ein⸗Oerestücke, 3, 485, 500 Zwei⸗ Oerestücke, 946, 000 Fünf⸗Oerestücke und 2,654, 000 Zehn⸗ Dere stücke.
— In einer vom Kolonialrathe auf St. Thomas am 26. Mai abgehaltenen Versammlung wurde eine Adres se an den König beschlofsen, worin der Rath nach einer Danksagung für die Erlassung des für den Zeitraum von 1873— 75 zu lei stenden Beitrages zu den allgemeinen Staatsbedürfnissen darum ersucht, daß die Insel, unter Berücksichtigung der drückenden Stellung derselben und der vielen bevorstehenden Ausgaben, in Zukunft überhaupt von der gedachten Beitragleistung befreit werden möge. — Am 265. Mai spürte man, der „St. Thomã Tid.“ zufolge, ein unterirdisches Getöse, begleitet von einer schwachen Erderschütterung.“ . cee =. . e , rr r, , .
Amerika. Der „Times“ wird aus Phikadelp hia vom 22. ds. per Kabel gemeldet: Der projektirte Gegenseitig⸗ keitsvertrag zwischen Canada und den Vereinigten Staaten gesteht gegenseitige Rechte der Seeküstenfischerei zu und enthält drei Verzeichnisse von Artikeln, welche zwischen Juli 1875 und Juni 1876 zwei Drittel der gegenwärtigen Zölle, zwischen Juli 1876 und Juni 1877 ein Drittel der Zölle zahlen und nach dem 1. Juli 1877 als Freigüter betrachtet werden sollen. Diese drei Verzeichnisse umfassen alle Produkte, land⸗ wirthschaftliche Geräthe und den größten Theil der Fabrikate beider Länder. Canada soll die Kanäle vom Eriesee nach Mont—⸗ real, erweitern, den St. Lorenzstrom⸗Kanal vertiefen, so daß er Schiffe von 12 Fuß Tiefgang aufnehmen kann, und einen Kanal bauen, der St. Lorenz mit dem Champlainsee verbindet. Gegen⸗ seitige Schiffahrtsrechte sind in diesen Kanälen wie in dem Erie⸗ Kanal gewährt. Schiffe, die in einem der beiden Länder gebaut worden sind, können von Personen des anderen gekauft und zur Registration zugelassen werden. Der Vertrag soll für 21 Jahre in Kraft bleiben und hierauf bei dreijähriger Kündigung be⸗ grenzbar sein.
Asien. Der Times“ wird aus Caleutta, 22. Juni, telegraphisch gemeldet, daß Hr. Forsyth nach Indien über die Kogyarroute zurückgekehrt ist. Das Ersteigen des Tangidawan⸗ passes war in Folge der reißenden Strömung beschwerlich, aber das Herabsteigen war wegen der schmelzenden Gletscher viel schwieriger. Hr. Forsyth wird täglich in Leh erwartet. Die Pamir⸗Expedition folgt ihm.
Teheran, 24. Juni. (W. T. B.) Zwischen Persien und der Türkei sind Differenzen entstanden, hervorgerufen durch Mißhandlung türkischer Unterthanen, sowie durch einen von Seiten der Perser auf türkische Grenzposten gemachten An— griff. Dazu kommt die Weigerung der persischen Regierung, die türkischen Stämme zurückzusenden, welche, 2000 Familien stark, die persische Grenze überschristen haben, während die Pforte auf die Rücksendung dieser Stämme besteht.
Afrika. Marocco. Ueber Gibraltar wird der „A. A. C.“ unterm 17. ds. gemeldet: Hier eingegangene Berichte aus Tangier, die bis zum 12. ds. reichen, melden, daß der neue Gouverneur am 11. ds. seinen öffentlichen Einzug in die Stadt hielt. Sidi Mohamed wurde an den Thoren der Stadt von dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Sidi Bargasch, empfangen, der ihm das Geleit bis zur Moschee gab. Die maurischen Einwohner der Stadt feierten den Einzug durch allerhand Freudenbezeugungen. Dem Vernehmen nach wird der Sultan von Marocco in Kurzem eine Gesanbtschaft an den Hof von Versailles schicken. Der Sultan wird sich durch seinen Onkel Muley Abbas vertreten lassen, der dem Herzog von Magenta eine Antwort auf das dem Sultan durch den französischen Botschafter überreichte Schreiben überbringen wird. Ferner heißt es, daß Muley Abbas von einer Anzahl Würdenträger von hohem Range begleitet sein wird, und, wie üblich, wird der Gesandtschaft ein französisches Kriegsschiff zur Verfügung gestellt werden. — Don Adolfo Paxtos, der neue spa⸗ nische Gesandte am Hofe von Marocco, ist zur Uebernahme sei⸗ ner Funktionen in Tangier angekommen.
Australien. Ein Telegramm aus Melbourne vom 22. d. M. meldet, daß im Parlament von Vietoria der Gesetzen wurf zur Reform der Verfassung mit einer großen Majorität zum zweiten Male gelesen wurde.
Die Nr. 51 des Amts-Blatts der Deutschen Reichs- Post verwaltung hat folgenden Inhalt: General⸗Verfügung: vom 20. Juni 1874. Uebertragung der Postverwaltungs⸗Geschäfte für die Kreise Wetzlar und Schmalkalden an die Kaiserlichen Ober-Poftdirek- tionen in Frankfurt a. Main bz. Erfurt. General Verfügang: vom 18. Juni 1874. Zeitungsverkehr mit Bayern. General Verfügung: vom 20. Juni 1874. Unzulässigkeit der Aufnahme von Post⸗Packet⸗ adressen nach Oesterreich⸗Ungarn in die Briefkartenschlüffe.
— Nr. 12 'des Armee ⸗-Verordnungs-Blattes cherausge— geben vom Kriegs⸗Ministerium) hat folgenden Inhalt: Benachrich= tigung der kommandirenden Generale von den in ihrem Corpabezirk staͤttfindenden Besichtigungen c. — Uebungen von Reserven der In⸗ fanterie und der Jäger bei dem X. Armee⸗Corpsz. — Vorgesetzten⸗ verhältniß der als Stubenälteste fungirenden Gemeinen. — Üiebersicht über die Formation und Benennung der Feld ⸗Artillerie, welche in Folge der Aller höchsten Kabinets-Ordre vom 7. Mai 1874 in Kraft getreten ist . Meldung über Beurlaubungen von Offizieren 2c. ing Ausland. — Militär-⸗Wittwen⸗Kassen⸗ Angelegenheiten. = Abänderung des Ver⸗= fahrens bei Ablieferung von beschädigten, nicht mehr zum Umlauf ge—
eigneten Kassen⸗Anweisungen. — . GEhargen - Eintheilung der Militäͤr⸗ Personen vom Feldwebel ꝛe. abwärtz. — Verleihung des Oelbildes