1874 / 153 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 02 Jul 1874 18:00:01 GMT) scan diff

ehemaliger Zögling der Unteroffizierschule beantwortet wurde. Der hochgehenden Stimmung, die in dieser Versammlung herrschte, gab ein Telegramm an den obersten Kriegsherrn nach Neuwied Ausdruck. Abends war der Kasernenhof der Schauplatz des regsten und heitersten Lebens. Von Baum zu Baum zogen sich Festons von bunten glühenden Laternen, in den nächtlichen n. prasselten Raketen auf, die Mannschaften schwangen ch nach den Rythmen der Musik im Tanze, und bis zum späten Abend hielt die freudige und patriotisch bewegte Stimmung sämmtliche Festtheil nehmer vereinigt.

Der Bundesrath und der Ausschuß desselben für Handel und Verkehr hielten heute Sitzungen.

Das von dem Reichs Eisenbahn⸗Amt in Anlehnung an die von einer großen Anzahl deutscher Eisenbahnverwaltungen dieserhalb gemachten Vorschläge empfohlene Tarifsystem läßt sich unter Berücksichtigung der von dem Bundesrathe beschlossenen Modifikationen in seinen Grundzügen wie folgt zusammenfassen:

I. Die zum Transport aufgegebenen Güter werden tarifirt als Eilgut oder als Frachtgut.

II. In Eilfracht werden diejenigen Güter befördert, welche als Eilgut aufgegeben werden und wird dafür der doppelte Betrag der gewöhnlichen Güterfracht erhoben. Der Frachtminimalsatz be—⸗ trägt 06 Mark.

II. I) Stückgut. Als Stückgut werden alle Güter befördert, welche der Versender nicht als Eilgut oder als Wagenladung auf⸗— gegeben hat, respektive welche nicht nach den desfallsigen Vorschriften als Wagenladungen zu berechnen sind. Für Stückgut jeder Art besteht nur eine Klasse. Die Fracht wird nach dem Gewicht der Sendung mit der Maßgabe berechnet, daß für jeden Kubikmeter Wagenraum, welchen die Sendung nach der Feststellung der Versandtzüter⸗Expe⸗ dition in Anspruch nimmt, die Fracht für mindestens 3 Ctr. 150 Kilogramm erhoben wird. Der Frachtminimalsatz beträgt 0L Mark.

2) Wagenladungen. Für sämmtliche Güter bestehen zwei gene— relle Wagenladungssaͤtze. Die Sätze der Wagenladungsklasse A. kom- men für Sendungen, welche mit einem Frachtbriefe aufgegeben wer den, zur Berechnung, wenn der Versender die Fracht für mindestens 100 Ctr. für jeden verwendeten Wagen zahlt, die Sätze der Wagen⸗ ladungsklasse B. dagegen, wenn der Versender die Fracht für 209 Ctr. für jeden verwendeten Wagen zahlt. Bei Verladung größerer Quan⸗ titäten als 100 Ctr, in einem und demselben Wagen hat der Versen—⸗ der die Fracht der Klasse A zu zahlen, sofern der hiernach sich er— ebende Gesammtfrachtsatz den für 2090 Etr. berechneten Satz der

lasse B. nicht übersteigt. Die zu den Sätzen der Klassen A. und B. berechneten Wagenladungen werden gedeckt befördert.

3) Die Differenz der Sätze der Klasse A. gegen diejenigen der Stückgutklasse soll nicht weniger als 335 *, und diejenige der Sätze der Klasse B. gegen diejenigen der Stückgutklasse nicht weniger als 50 x betragen.

4 Für gewisse unbedeckt zu transportirende Verkehrsartikel wer⸗ den, wenn die Fracht für 200 Ctr. für jeden verwendeten Wagen ent richtet wird, zu billigeren Einheitssätzen als die in die Klasse B. ein⸗ gerechneten Spezialtarife gebildet, deren Zahl vier nicht überschreiten darf. Welche Artikel den Spezialtarifen zugewiesen und in welcher Weise dieselben in die Spezialtarife (für sämmtliche Bahnen gleich— mäßig) eingereicht werden, wird nach Anhörung von Delegirten der Eisenbahnverwaltungen, und so weit erforderlich, auch des Handels⸗ standes vom Reichs-Eisenbahn⸗Amt beziehungsweise Bundesrathe festge⸗ stellt werden. Salz und Kartoffeln werden jedenfalls der niedrigsten Tarifklasse, Getreide, Hülsenfrüchte, Mehl und Mühlenfabrikate der— jenigen Wagenklasse zugetheilt werden, deren Sätze den zur Zeit gel⸗ tenden am nächsten stehen.

III. In Bezug auf die zur Erhebung zu bringenden Frachtsätze gilt der Beschluß des Bundesraths, daß vom Standpunkte des Reichs gegen eine mäßige, im Durchschnitt den Betrag von 20 nicht über schreitende Erhöhung der zur Zeit bestehenden Frachttarife nichts zu erinnern sei. Es versteht sich dabei von selbst, daß diejenigen Bahn⸗ verwaltungen, welche eine Erhöhung ihrer jeweils bestehenden Fracht- tarife nicht ohne Genehmigung der Staatsregierung eintreten lassen dürfen, diese Genehmigung für die Frachtsätze des neuen Tarifsystems einzuholen haben werden, soweit solche eine Erhöhung gegen die jetzt bestehenden Tarifsätze enthalten. ö ere, de ..

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Es sind Zweifel darüber entstanden, ob nach Erlaß der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 die Bezirksregie⸗ rungen noch ferner als vorgesetzte Provinzialbehörden der ländlichen Gemeindebeamten im Sinne des Gesetzes vom 13. Februar 1854 (Gesetz⸗Samml. S. 86) anzusehen und demgemäß für befugt zu erachten seien, bei gerichtlichen Verfol⸗ gungen jener Beamten wegen Amts⸗ und Diensthandlungen den

Konflikt zu erheben. Der Minister des Innern hat in einem Cirkularerlaß vom 11. v. M. diese Frage bejaht und dabei Folgendes aufgeführt:

Durch die Bestimmungen der Kreisordnung ist diese Be⸗ fugniß der Bezirksregierungen weder auf die Kreisausschüsse, noch auch auf die Verwaltungsgerichte übertragen; vielmehr ist bei den legislativen Verhandlungen über jenes Gesetz in dem Hause der Abgeordneten durch den Berichterstatter der Kom⸗ mission ausdrücklich konstatirt worden, daß die Vorschriften des Gesetzes vom 13. Februar 1854 von den Bestimmungen der Kreisordnung nicht berührt würden (Stenographische Berichte des Hauses der Abgeordneten. 52. Sitzung am 20. März 1872. Seite 1419).

Zwar ist durch den §. 1351X. der Kreisordnung die Auf⸗ sicht über die Kommunalangelegenheiten der ländlichen Gemeinden und selbständigen Gutsbezirke, auch soweit dieselbe bisher von den Bezirksregierungen auszuüben war, den Kreisausschüssen über⸗ wiesen; auch sind den letzteren durch den 5. 35 desselben Gesetzes in Betreff der Gemein devorsteher, Schöffen und Guts vorsteher diejenigen disziplinarischen Befugnisse beigelegt worden, welche bisher den Bezirksregierungen zustanden. Im Uebrigen aber ist in der Stellung der letzteren als vorgesetzte Provinzialbehörden der ländlichen Gemeindebeamten durch die Bestimmungen der Kreis⸗ ordnung keine Aenderung hervorgerufen worden; insbesondere sind die ländlichen Gemeindebeamten nach wie vor die Organe der Bezirksregierungen für die Wahrnehmung der örtlichen Geschäfte der allgemeinen Landesverwaltung in Militär⸗ Steuer-, Wahl⸗ statistischen und anderen Angelegenheiten geblieben.

Andererseits haben die Kreisausschüsse dadurch, daß im In⸗ teresse der Dezentralisation der Verwaltung eine größere Zahl wichtiger Funktionen, welche bisher die Bezirksregierungen wahr⸗ zunehmen hatten, namentlich auch auf dem Gebiete des länd⸗ lichen Gemeindewesens, auf sie übertragen worden ist, noch nicht die Stellung von Provinzialbehörden erlangt. Ebensowenig werden die Verwaltungsgerichte, deren Aufgabe in der Recht⸗ sprechung auf dem Gebiete des öffentlichen Rechtes besteht, als Provinzialbehörden im Sinne des Gesetzes vom 13. Februar 1854 betrachtet werden können. Es werden viel⸗ mehr wie bisher so auch ferner die Bezirksregie⸗ rungen berufen sein, unter Beachtung der Bestim⸗ mungen des Cirkular⸗Erlasses vom 8. September i854 den Konflikt zu Gunsten ländlicher Gemeindebeamten zu erheben, wobei es ihnen überlassen bleibt, in Gemäßheit des 5. 134 Nr. 4 der Kreisordnung zuvor die gutachtliche Aeußerung der Kreis⸗ ausschüsse zu erfordern. In gleicher Weise, wie in Betreff der

ländlichen Gemeindebeamten, wird auch in Betreff der Amts⸗ vorsteher die Erhebung des Konfliktes den Bezirksregierungen

zustehen.

Der General⸗Feldmarschall Graf v. Roon ist auf sei⸗ ner Rückreise aus Italien in Görlitz eingetroffen und begiebt sich von dort nach seinem Gute Crobnitz bei Reichenbach.

Der General⸗Lieutenant und Chef der Admiralität, Staats⸗Minister von Stosch, hat sich behufs Besichtigungen nach Travemünde und Wilhelmshaven begeben, desgleichen ist der General⸗Major und Inspecteur der 1. Fuß⸗Artillerie⸗Inspektion von Kameke zur Inspizirung des Pommerschen Fuß⸗Artillerie⸗ Regiments Nr. 2 abgereist.

Der 3. Cötus der Kriegs⸗Akademie hat sich von heute ab bis Ende Juli auf General stabs-⸗-Uebungsreisen begeben.

Der Geheime Regierungs⸗Rath Rust, Dirigent der Direktion der Verwaltung der direkten Steuern in Berlin, ist nach Karlsbad abgereist.

Der Fürst Metscherski, Bruder der verstorbenen Frau v. Oubril, ist gestern früh hier eingetroffen.

Der Kreisthierarzt Cajory zu Sorau ist in den aus den Kreisen Sagan und Sprottau neu gebildeten kreisthierärzt lichen Bezirk unter Anweisung seines Wohnsitzes in Sagan ver⸗ setzt worden.

Das Leichenbegängniß der verstorbenen Frau von Oubril, Gemahlin des russischen Botschafters am hiesigen Hofe, fand heute Morgens von der in der Bertinistraße zu Potsdam gelegenen Villa, wo der Botschafter für den Sommer Aufenthalt genommen hatte, statt. Da die Verstorbene dem römisch⸗ katholischen Bekenntnisse angehörte, so sollte die Todtenmesse in der katholischen Kirche zu Potsdam stattfinden. Vor und in der Kirche hatten sich versammelt: der Minister des Königlichen Hauses Freiherr von Schleinitz im Allerhöchsten Auftrage Sr. Majestät des Kaisers und Königs; in Vertretung Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten des Kronprinzen und der Kronprinzessin der Kammerherr von Nor⸗ mann, Ihrer Königlichen Hoheiten des Prinzen und der Prin⸗ zessin Carl der Hofmarschall Graf von Dönhoff und die Hofdame Gräfin Seydewitz, Ihrer Königlichen Hoheiten des Prinzen und der Prinzessin Friedrich Carl der stell⸗ vertretende Hofmarschall Rittmeister Graf von Kanitz, und die Ober⸗Hofmeisterin Gräfin Alvensleben. Ferner waren anwesend die Botschafter Großbritanniens, DOesterreich⸗Ungarns und der Türkei, die Gesandten Württembergs, Dänemarks, der Niederlande mit dem Legationspersonale, wobei auch die⸗ jenigen Legationen vertreten waren, deren Chefs von Berlin ab⸗ wesend sind. Das Ministerium des Aeußern war durch den Staats⸗ Minister von Bülow und den Geh. Legations⸗Rath von Radowitz vertreten. Von hohen Militärs waren zugegen der General⸗Lieute⸗ nant von Losn, General von Krosigk, außerdem die Commandeure und Stabs⸗Offiziere, auch viele Offiziere der in Potsdam garni⸗ sonirenden Regimenter, weiter noch der Ceremonienmeister Graf Perponcher und der Polizei⸗Präfident von Potsdam, Damen aus der vornehmen Gesellschaft Berlins. Gegen 1½11 Uhr langte der von 4 Pferden gezogene Leichenwagen, der in einem mit Blumen und Palmen reich bekränzten Sarge die sterbliche Hülle der Verstorbenen barg, vor der Kirche an, wurde unter Vorantritt der Geistlichkeit in das Innere der Kirche getragen und hier vor dem Altare niedergesetzt. Unmittel⸗ bar dem Sarge folgten der Gemahl der Verstorbenen, deren Bruder Fürst Metscherski, Flügel⸗Adjutant Sr. Majestät des Kaisers von Rußland, und dessen Gemahlin, außerdem die Schwester und der Neffe des Hrn. von Dubril, die Herren und Damen der russischen Botschaft, an der Spitze Herr und Frau von Arapoff und die Dienerschaft. Die Todtenmesse celebrirte der Erzpriester Bayer. Nach Beendigung derselben wurde der Sarg wieder in den Leichenwagen gehoben nach dem Kirchhof der griechischen Gemeinde auf dem Pfingstberge bei Potsdam übergeführt und dort im Beisein der nächsten Verwandten versenkt.

Posen, 30. Juni. Am 27. Juni starb zu Schloß Filehne im Kreise Czarnikau der Besitzer der Allodialherrschaft Filehne, Kammerherr Adalbert Graf von der Schulenburg.

Sonderburg, 29. Juni. Die Tauffeier der Wrangel⸗ schanzen und des Forts Herwarth wurde heut durch den General v. Cramer vollzogen. Nach einer Ansprache, in welcher er auf die Bedeutung des Tages hinwies, verlas derselbe die die Namenverleihung betreffende Kabinetsordre und brachte ein dreimaliges Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König aus. Die Truppen präsentirten, die Musik fiel ein, und h 3 Kanonenschüsse verkündigten der Stadt und Umgegend

ie Feier.

Bayern. München, 30. Juni. Der Justiz⸗Minister Dr. von Fäustle ist heute aus Urlaub hier eingetroffen und hat alsbald nach seiner Ankunft mit den andern Ministern kon⸗ ferirt. Der Ministerrath ist somit vollzählig geworden.

In der Abendsitzung der Kammer der Abgeordneten am 26. Juni gab nach der entscheidenden Abstimmung über das Polytechnikum der Abgeordnete Eder (der „Allg. Ztg.“ zufolge) folgende Erklärung über sein Verhalten ab:

Mit Rückicht auf den Eid, welchen ich Sr. Majestät dem König als Abgeordneter des Landes geleistet habe: allezeit das Wohl des ganzen Landes wahrzunehmen und nichts zu thun, was seine Interessen schädigen könnte, so halte ich mich an die vom Abg. Freytag verlesenen Sätze nur in so weit gebunden, als es sich um kirchenpolitische Fragen handelt. Nach meinem besten Wissen und Gewissen kann ich in der so eben angenommenen Etatsposition inen derartigen Inhalt nicht entdecken; sie betrifft ausschließlich ein Kulturinteresse der Stadt Mün- chen und im weitern Sinne des ganzen Landes. Ich habe also da—⸗ durch, daß ich meine Stimme dafür abgab, mich mit meinen politi⸗ schen Gründsätzen in keinen Widerspruch gesetzt, und wenn es sich um die Civilehe oder um die Stellung der Neukatholiken zu den Alt- katholiken handelt, so ist mir mein Verhalten durch meine Ueberzeu—⸗ gung vorgezeichnet. Wenn ich mir aber bei Fragen, wie die vorlie⸗ gende, die Unabhängigkeit meines Urtheils wahre, so genüge ich damit nur der durch meinen Eid als Abgeordneter besiegelten Pflicht, und ich weiß, daß ich bei solchem Thun die große Mehrheit des bayerischen Volkes und die gesammte gebildete Welt auf meiner Seite habe.

1. Juli. (W. T. B.) Die Kammer der Reichs⸗ räthe hat die Gesetzvorlagen über den Mehrbedarf zu Eifen⸗ bahnbauzwecken, über die weitere Ausdehnung der Ostbahn und über den v. Millerschen Antrag betreffs Herstellung eines Akade⸗ mie⸗Gebäudes an den Ausschuß verwiesen. Bei dem letztgedachten Antrage sprach sich der Kammer⸗Präsident, Graf Stauffenberg, dahin aus, daß aus den Kriegsentschädigungsgeldern vor Allem die Ansprüche der Armee befriedigt werden müßten, und daß erst dann, wenn sich nach deren Befriedigung ein Ueber⸗ schuß ergeben sollte, eine Verwendung des letzteren zu anderen Zwecken Platz greifen könne.

In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer be⸗ antragte der Abg. Triller bei der Spezialdebatte über den Etat des Kultus⸗Ministeriums statt der Position von 4800 Fl. nur 400 Fl. zu bewilligen. Nach längerer Debatte wurde sdie Position nach dem Antrage des Ausschusses mit 77 gegen 75 Stimmen angenommen. Am Schluß der Sitzung fragte der neugewählte Vorsitzende des Patriotenklubs Dr. Schüttinger den Kultus⸗Minister und zwar „im Interesse der Ehre der pa⸗ triotischen Fraktion“, wer der geheime Berichterstatter sei, der ihm aus den Verhandlungen der patriotischen Fraktion Mittheilungen gemacht habe. Der Kultus⸗Minister lehnte indeß jede Verpflichtung ab, einen Ntamen zu nennen. Auf die weitere Bitte des Abgeordneten Radspieler um eine Erklärung darüber, ob die Meldung eines heutigen Blattes zutreffend sei, welche den Abgeordneten v. Miller als jenen Berichterstatter nenne, erwiderte der Kultus⸗Minister: „Nur aus Achtung für Hrn. v. Miller antworte er, daß ihm dieser nicht das Geringste mit⸗ getheilt habe.“

Würzburg, 1. Juli. (W. T. B.) Die gestern begonnenen Verhandlungen in dem Untersuchungsprozesse wegen Miß⸗ handlung und Beleidigung des Soldaten Plattner von Neu⸗ markt von Seiten seiner militärischen Vorgesetzten sind heute be⸗ endigt worden. Die sämmtlichen Schuldfragen sind von den Ge⸗ schworenen verneint und alle Angeklagten, Premier⸗Lieutenant Fürthmaier, Sekonde⸗Lieutenant v. Geuder, Vice⸗Wachtmeister Hartung, Unteroffizier Bräunig und Unteroffizier Müller frei⸗ gesprochen worden.

Sachsen. Dres den, 2. Juli. Das heutige „Dr. J.“ veröffentlicht folgende Bekanntmachung, die Einführung der Reichsmarkrechnung im Königreiche Sachsen betreffend:

Auf Grund der in Art. 1 Absatz 2 des Reichsmünzgesetzes vom 9. Juli 1875 (S. 233 des Reichs⸗Gesetzblattes v. J. 1873) den Re—⸗ gierungen der einzelnen Bundesstaaten ertheilten Ermächtigung, bereits vor dem Zeitpunkte, an welchem die Reichswährung im gesammten Reichsgebiete in Kraft tritt, für ihr Gebiet die Reichsmarkrechnung einzuführen, ist mit Allerhöchster Genehmigung Sr. Majestät des Königs als Zeitpunkt für den Eintritt der Reichsmarkrechnung im Königreiche Sachsen der 1. Januar 1875 festgesetzt worden.

. wird hiermit zur allgemeinen Nachachtung bekannt gemacht.

Dresden, am 29. Juni 1874.

Sämmtliche Ministerien: v. Fabrice. Dr. v. Gerber. Für den Minister des Innern: Schmaltz.

Der König und die Königin sind gestern Vormittag 3 Uhr von Chemnitz abgereist und haben nachdem Ihre Majestäten auf den Stationen Hohenstein⸗Ernstthal und Glauchau die Begrüßung Seitens dieser Städte entgegen genommen gegen 11 Uhr unter Glockengeläute und dem Jubel der Bevölke⸗ rung ihren Einzug in Zwickau gehalten.

Die diesjährigen Herbstübungen des Königlich sächsischen (XI.) Armee⸗Corps werden nach dem „Dr. J.“ in nachstehender Weise stattfinden:

Die Regimentzübungen der Infanterie von 6 resp. Stägiger Dauer beginnen in der Mitte des Monats Auzust, diejenigen der Ka—= vallerie von 14ͤtägiger Dauer zu Anfang genannten Monats und werden sämmtlich auf den bei den Stabsquartieren der betreffenden Re⸗ gimenter gelegenen Exereirplätzen abgehalten werden, wozu die detachirten Bataillone und Escadrons Kantonnements in der Nähe der Stabsquartiere beziehen. Den Uebungen im Regimente folgen die Brigadeübungen. Dieselben finden bei der J. Infanterie Brigade Nr. 45 in der Zeit vom 27. bis mit 31. August auf dem Manöver⸗ terrain bei Dresden, bei der 2 Infanterie⸗Brigade Nr. 46 vom 24. bis mit 28. August bei Bautzen, bei der 3. Infanterie ⸗Brigade Nr. 4 vom 25. bis mit 29. August bei Zwickau, und bei der 4. Infanterie⸗ Brigade Nr. 438 vom 27. bis mit 31. August bei Chemnitz statt. Jeder Infanterie ⸗Brigade wird hierzu während einiger Tage eine Feld⸗Batterie beigegeben werden. Von den in der Zeit vom 3. bis mit I4. September stattfindenden Divisionsübungen der beiden In⸗ fanterie⸗Divisionen werden die ersten 3 Tage zu Detachementsübungen in den kombinirten Infanterie-Brigaden, die letzten 8 Tage zu gegen—⸗ seitigen Brigadeübungen und Feldmanövern der Divisionen gegen einen markirten resp. supponirten Feind verwendet werden. Die 1. Infan⸗ terie⸗Division Nr. 23, welche zu diesen Uebungen je 1 Escadron des Garde,, J. Reiter und 1. Ulanen Regiments, sowie 2 Pionier-Com- pagnien nebst Divisions⸗Brückentrain, ferner während der Detachements— übungen 4 Batterien des 1. Feld ⸗Artillerie⸗Regiments Nr. 12 und für die Dauer der gegenseitigen Brigadeübungen 2c. 2 Abtheilungen ge—⸗ nannten Regiments, sowie 1 Sanitätsdetachement zugeiheilt erhält, wird ihre Uebungen zwischen Meißen, Lommatzsch, Nossen und Wils⸗ druff abhalten.

Die Uebungen der 2. Infanterie⸗Divislon Nr. 24, welcher zu den⸗ selben je 1 Escadron des 2. und 3. Reiter⸗ und 2. Ulanen Regiments, 2 Pionier Compagnien, 1 Sanitäts- Detachement, ferner für die Ztägigen Detachementsübungen 4 Batterien des 2. Feld⸗-Artillerie= Regiments Nr. 28 und für die Brigadeübungen 2c. dag ganze Ar⸗ tillerie⸗Regiment beigegeben werden, finden zwischen der Zscht pau und der Freiberger Mulde in der Gegend von Hainichen und Oederan statt. Zu den Brigadeübungen der Kavallerie vom 24. bis mit 26. August werden die Regimenter der 1. Kavallerie⸗Brigade Nr. 23 bei Großenhain, die der 3. Kavallerie⸗Brigade Nr. 24 bei Colmnitz ver⸗ einigt werden. Jede Brigade erhält eine reitende Batterie zugetheilt. An diese Uebungen werden sich größere Kavallerie Uebungen im Divi⸗ stonsverbande anschließen, welche vom 27. August bis mit 5. Septem⸗ ber bei Großenhain stattfinden, und an welchen auch die Abtheilung reitender Artillerie und 1 Sanitätsdetachement Theil nehmen werden.

Baden. Baden, 28. Juni. Der Graf und die Gräfin Trani sind vor einer Woche von hier nach Langen⸗ schwalbach abgereist, wo gegenwärtig die Königin von Neapel weilt. Nach einem vierwöchentlichen Aufenthalte daselbst werden dieselben auf wenige Tage wieder hierherkommen und dann nach Frankreich abreisen.

HSessen. Darmstadt, 29. Juni. Das Ministerium des Innern hat an ein Kreisamt in Bezug auf die Anwen⸗ dung des Art. 13 der Städteordnung und Landgemeindeordnung einen Erlaß gerichtet, wonach solche Einwohner, welche am 36. Juni 1871 kein Heimathsrecht in der Gemeinde besaßen, für welche also der Lauf der zweijährigen Frist zum Erwerb des Unterstützungswohnsitzes am 1. Juli 1871 begann und am 1. Juli 1873 vollendet wurde, und die demnach bei der bevorstehenden ersten Wahl der Gemeindevertretung den Unterstützungswohnfitz in der Gemeinde noch nicht seit zwei Jahren erworben haben, nicht als stimmfähig zu behandeln sind.

Das Gefängniß in Dieburg, in welchem seither die zu Gefängnißstrafe verurtheilten Frauenspersonen aus Starken⸗ burg und Oberhessen ihre Strafe zu verbüßen hatten, ist in ein Arbeits haus umgewandelt worden, in welchem die der Lan⸗ des polizei⸗Behörde nach d 362 des Strafgesetzbuchs überwiese⸗ nen Personen untergebracht werden. Die weiblichen Sträflinge des seitherigen Dieburger Gefängnisses sind in die für Rhein⸗

v. Friesen. Abeken.

hessen seither schon bestimmte gleichartige Strafanstalt in Mainz übergeführt worden und werden in der Folge dort auch die zu

Gefängniß verurtheilten Frauenspersonen der diesseitigen Provin⸗ zen ihre Strafe zu verbüßen haben.

Jugenheim, 2. Juli. (W. T. B.) Die Königin von Württemberg ist gestern Nachmittag hier eingetroffen. Ihre Majestät wurde vom Großfürsten Wladimir empfangen und nach Schloß Heiligenberg geleitet.

dteuß j. L. Gera, 1. Juli. Die Gesetz⸗Sammlung publizirt unterm 17. Juni 1874 die revidirte Gemeinde⸗ Ordnung für das Fürstenthum Reuß j. L.

Zufolge Entschließung des Fürsten ist die bisherige Fürstliche Forstdirektion in Schleiz mit dem 1. Juli d. J. aufgehoben, und sind die Funktionen derselben der Fürstlichen Kammer daselbst überwiesen worden.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 1. Juli. (W. T. B) Die internationale Sanitätskonferenz wurde heute vom Grafen Andrassy mit einer Begrüßungsrede eröffnet, in welcher derselbe die Aufgabe der Konferenz . skizzirte, daß dem zu schaffenden internationalen Organe die Aufgabe zufalle, wissen⸗ schaftliche Expeditionen bewährter Männer nach den Ursprungs⸗ ländern der Seuchen moralisch und materiell zu ermuthigen. Der strebende Geist der Menschheit, gestützt auf internationales Zusammenwirken, müsse schließlich den Sieg davontragen. Wenn dies der Konferenz gelänge, würde sie sich dauernden Dank der Menschheit erwerben. Die bereitwilligste Unterstützung sei der Konferenz für alle Fälle gesichert. Der russische Staatsrath Lenz dankte hierauf im Namen der Mitglieder der Konferenz. Nach⸗ dem Baron v. Gagern zum Präsidenten gewählt worden und die Geschäftsordnung angenommen war, charakterisirte Professor Sigmund den Stand der Konferenzangelegenheiten. Im weite⸗ ren Verlaufe der Sitzung gelangte das vom Präsidenten vor⸗ gelegte Programm zur Mittheilung.

Pest, 30. Juni. Das Oberhaus verhandelte heute die Gesetzvorlagen über die Organisation der Landesstatistik, über die Anzahl der Wechselgerichtsbeisitzer, über falsche Krida, über die praktische Richteramtsprüfung und das Notariatsgesetz. Zu dem letzteren wurde auf Antrag Bela Keglevichs und trotz der Ein—⸗ sprache des Justiz⸗Ministers der Sprachenzwang ausgefprochen, derart, daß die Notariatsurkunden ausschließlich in ungarischer Sprache ausgestellt werden müssen, authentische Uebersetzungsakte gestattet sind, jedoch bloß die ungarischen Urkunden rechtskräf⸗ lig sein sollen. Der Antragsteller motivirte das Verlangen mit den traurigen Erfahrungen, welche in Betreff des Nationaltäten⸗ gesetzes gemacht wurden. Die übrigen Theile der Gesetzvorlage wurden fast unverändert angenommen.

Morgen gelangt das Advokatursgesetz zur Verhandlung.

Einer Wiener Meldung des „Pester Lloyd“ zufolge sei die Verschiebung der Verhandlung über die Civilehe auf die Absicht der ungartschen Regierung zurückzuführen, die Konfor⸗ mität der beiderseitigen Legislativen über diese Frage herzustellen.

Schweiz. Bern, 1. Juli. (W. T. B.) Der Bundes⸗ rath erklärt am Schlusse seines Berichtes über die im Monat Mai d. J. ausgeführten Bauten der Gotthardbahn, daß die Tes⸗ siner Linien der Gotthardbahn Lugano Chiasso und Biasea⸗Locarno spätestens am 6. Dezember d. J. dem Be—⸗ triebe übergeben werden sollen.

Großbritannien und Irtand. London, 30. Juni. Die neuesten eanadischen Blätter melden den Ausbruch einer neuen Rebellion im Distrikt Manitoba, der, wie man fürchtet, die Indianer des Gebiets Vorschub leisten. Die canadische Regierung hat von den Beamten der Hudsons⸗Bay⸗ Kompagnie die Kunde erhalten, daß etwa 500 Desperados sich auf brilischem Boden am Fuße der Felsengebirge niederließen, wo sie ein Fort gebaut und Vorsorge gegen jeden Angriff von Regierungstruppen getroffen haben. Sie sind, wie es heißt, mit Spencerbuͤchsen bewaffnet und besitzen 6 Geschütze, die sie jungst aus einem der isolirten amerikanischen Forts durch eine plötzliche Ueberrumpelung erbeuteten. Um die Gesetzlichkeit und Ordnung in dieser Region wiederherzustellen, ist die Regierung des Do⸗ minion im Begriff, eine Expedition unter dem Befehl des Obersten French in das nordwestliche Gebiet zu entsenden, und zu diesem Behufe wird ein Corps von 600 berittenen Polizisten gebildet. Die amerikanische Regierung wird, wie es heißt, ein militärisches Corps längst der Südseite der Grenze entsenden, das in Gemeinschaft mit der Expedition operiren soll.

Frankreich. Paris, 30. Juni. Der Justiz⸗Minister hat an die General⸗Prokuratoren folgendes Rund⸗

reiben erlassen: sch st „Ver sailles, N. Juni. Herr Generalprokurator!

Dem Art. 16 des Strafgesetzbuches gemäß steht es dem Schwur— gerichte zu, den Ort zu bezeichnen, an dem ein Todesurtheil vollstreckt werden muß. Indem der Gesetzgeber durch diese Bestimmung ge⸗ stattete, die Sühne in die Nähe des Schauplatzes des Verbrechens zu verlegen, beabsichtigte er augenscheinlich, dieser schrecklichen Strafe ihre ganze warnende Kraft zu verleihen. Man begreift, daß dieser An—⸗ schauung zufolge das Interesse der Vertheidigung der sozialen Ein⸗ richtungen den Sieg über die Humanitätsbedenken davongetragen hat, welche es wünschenswerth erscheinen lassen, daß der Ort, wo der Ver— urtheilte gefangen saß und gerichtet wurde, auch der Ort seiner Hin⸗ richtung sei. Es laßt sich aber nicht in Abrede stellen, daß die Qualen der der Vollziehung des Todesurtheils vorangehenden Reise die Strafe noch bedeutend verschärfen. So verabscheuenswürdig auch die der Verurtheilung zu Grunde liegende Missethat gewesen sein mag, die Verlängerung der Angst des Verurtheilten, die nach der Dauer der Reise nach dem oft sehr entfernten Hinrichtungsorte zu bemessen ist, macht nichtsdestoweniger einen peinlichen Eindruck auf die öffentliche Meinung. Andererseits ist es eine anerkannte That⸗ sache, daß angesichts der jeder Hinrichtung durch die Presse gesicherten Publizität und der Gier, mit welcher die Blätter alle Einzelheiten dieses trauervollen Schauspiels sammeln, der Grund, kraft dessen das Geschwornengericht ermächtigt wurde, die Vollziehung seines Urtheils an einen anderen Ort zu verlegen, so zu sagen seine Gültigkeit ver loren hat. In einem vom 20. in 1868 datirten Rundschreiben hat einer unserer Vorgänger diese Erwägungen stark betont, Er hat darin überdies die Staatsanwälte auf die mit einer Hinrichtung an einem anderen Orte, als am Sitze des Schwurgerichts, verbundenen materiellen Schwierigkeiten aufmerksam gemacht. Trotzdem scheinen die hierauf bezüglichen Instruktionen ganz außer Acht gelassen wor— den zu sein. Ohne weiter zurück zu gehen, habe ich mit Bedauern wahrzenommen, daß namentlich seit dem Beginn dieses Jahres ein Drittel der Hinrichtungen an einem anderen Ort, als an den gericht⸗ lichen Hauptort des Departements, verlegt, worden ist. Ich. kann daher nicht genug darauf dringen, daß ähnliche Mißgriffe künftig ver⸗ mieden werden, und von ganz außerordentlichen Fällen abgesehen, bitte ich Sie, darauf zu achken, daß das öffentliche Ministerium, so oft es auf Todesstrafe anträgt, auch ausdrücklich verlange, daß die⸗ selbe auf einem der öffentlichen Plätze der Stadt, in welcher die Verurtheilung verhängt worden ist, vollstreckt werde. Empfangen Sie u. s. w. A. Tailhaut. 1. Juli. (W. T. B.) Graf von Eham bord soll, wie in gut unterrichteten Kreisen verlautet, Lucien Brun und

seine Parteigenossen verpflichtet haben, für die Organisirung des persönlichen Septennats zu stimmen.

Ver sailles, 1. Juli. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Nationalversammlung wurde die dritte Berathung des Munizipalwahlgesetzes fortgesetzt. Die ersten vier Artikel wurden in der bei den früheren Berathungen beschlossenen Fassung angenommen. Ein Amendement des De⸗ putirten Loysel, welches von Neuem verlangte, daß das für die Betheiligung an den Wahlen erforderliche Alter auf 25 Jahre festgestellt werde, wurde mit 305 gegen 294 Stimmen verworfen.

Die Dreißiger⸗Kommission hat in ihrer heutigen Sitzung den ersten Artikel des von der am Montag gewählten Subkommission vorgelegten konstitutionellen Gesetzent⸗ wur fs angenommen. Durch denselben wird die Präsidentschaft der Republik dem Marschall Mare Mahon auf 7 Jahre übertra⸗ gen. Die von der äußersten Rechten beantragte Fassung des Artikels 1, welche den Titel „Präsident der Republik“ streichen wollte, wurde verworfen. Die übrigen Artikel des neuen Gesetz⸗ entwurfs besagen, daß der Präsident der Republik die Exekutip⸗ gewalt in Gemeinschaft mit zwei Kammern auszuüben habe. Derselbe soll allein das Recht haben, die Deputirtenkammer auf⸗ zulösen. Im Falle einer Vakanz der Präsidentschaft haben die beiden Kammern gemeinsam den Nachfolger des Präsidenten zu wählen oder eine Aenderung der Verfassung vorzunehmen. Die Erste Kammer soll zur Hälfte von dem Präsidenten der Republik ernannt werden, zur Hälfte aus Wahlen hervorgehen.

Spanien. Santander, 1. Juli. (W. T. B.) General Zabala hat jetzt das Oberkommando über die Nordarmee übernommen, welche bei Tafalla konzentrirt ist. General Moriones kommandirt die Division Rossel. Echague hat um Verstärkungen gebeten. Die Carlisten halten ihre früheren Positionen um Estella besetzt. *

Portugal. Lissabon, 28. Juni. Die Regierung 9a eine Korvette nach Tanger gesandt, um die portugiesischen Interessen zu beschützen. Der Präsident des Minister⸗

raths wird am Donnerstag in die Hauptstadt zurückkehren.

Italien. Rom, 27. Juni. (It. N.) Die Herzogin von Genua ist von Mailand nach Dresden abgereist.

Der österreichisch⸗ungarische Gesandte am italienischen Hofe, Graf Wimpfen, hat gestern eine Urlaubsreise angetreten. Während seiner Abwesenheit besorgt Hr. v. Pußwald die laufen⸗ den Geschäfte der österreichisch⸗ungarischen Gesandtschaft.

Der Minister Cantelli hat allen Präfekten und Unter⸗-Präfekten, welche sich auf Urlaub von ihren Posten entfernt befinden, durch Cirkular befohlen, sich schleunigst auf ihren Posten einzustellen.

Der Papst empfing am letzten Sonntag die Deputation, welche ihm die Glückwünsche des Katholiken kongresses von Venedig zum Eintritt in das 29. Jahr seines Pontifikats überbrachte.

Der „Pungolo“ von Neapel berichtet, daß der Erz⸗ bischof von Barletta der ihm unterstellten Geistlichkeit be⸗ fohlen hat, keine kirchliche Trauung vor Abschließung der Civilehe vorzunehmen.

Der Präfekt von Mailand hat den Bürgermeistern und Polizeibehörden der Provinz Mailand angezeigt, daß mit der

Schweiz ein Ab kom men getroffen worden ist, dem zufolge die

italienischen Gerichte und Polizeibehörden direkt oder telegraphisch die provisorische Arrestation aller gemeiner Verbrechen ver⸗ dächtiger Individuen verlangen können, welche auf Schweizer⸗ boden Zuflucht gesucht und gefunden haben.

Nach dem jüngst veröffentlichten Kalender des König⸗ reichs bestand am 24. Dezember 1873 die italienische Staats⸗ flotte aus 74 Schiffen von 25 bis 116 Pferdekraft in Allem, mit 611 Kanonen und 18,105 Mann Besatzung. Die Kriegs⸗ flotte umfaßte 56 Schiffe, nämlich 21 Panzerschiffe, 18 Schrau⸗ ben⸗ und 17 Raddampfer mit einer Maschinenkraft von 21,800 Pferden, mit 587 Kanonen und 16,75 Mann Besatzung. Die Transportflotte bestand aus 9 Schrauben und ebensoviel Raddampfer von 3316 Pferdekraft im Ganzen, mit 24 Kanonen und 1330 Mann Besatzung.

Das Zuchtpolizeigericht hat die ehemaligen päpst⸗ lichen Gensd'armen Natale Borioli, Giuseppe Coletti, Pietro Tardoni und Enrico Filiziani wegen aufrührerischer Rufe und Widersetzlichkeit gegen die Anordnungen der Polizei am Abend der Demonstration auf dem Petersplatze den ersten zu 18, den zweiten zu 12 und die beiden letzteren zu 6 Monaten Ge⸗ fängniß verurtheilt.

Griechenland. Korfu, 1. Juli. (W. T. B.) Gestern ist es hier zwischen der Garnison und der Bevölkerung zu einem Konflikt gekommen, bei welchem von der Bevölke⸗ rung 25 Personen, darunter Ü italienischer, 4 türkische und 2 österreichische Unterthanen, verwundet wurden. Es wurden mehrere Läden geplündert. Die Garnison ist in ihren Kasernen konsignirt.

Türkei. Konstantinopel, 1. Juli. (W. T. B) Die Regierung hat mit den hiesigen Banken ein Vorsch u ß⸗ geschäft über eine halbe Million gegen 12 Prozent Zinsen und 1 Prozent Kommission abgeschlossen.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 1. Juli. (W. T. B.) Der „Regierungsanzeiger“ veröffentlicht eine Kaiserliche Verfügung, betreffend die Reform der Primärschulen.

Dänemark. Kopenhagen, 27. Juni. Der König empfing heute in besonderer Audienz den am hiesigen Hofe akkre⸗ ditirten Königlich niederländischen Minister⸗Residenten Adrien Mazel.

ö. General Haffner ist hier am Donnerstag Vormittag angekommen und begab sich kurz darauf nach Bernstorff, um sich eine Audienz beim Könige zu erbitten. Im Laufe desselben, sowie des folgenden Tages, hatte der General mehrere münd⸗ liche Konferenzen mit den Ministern und einigen bekannten poli⸗ tischen Persönkichkeiten. Dem Vernehmen nach ist er gestern Morgen nach Früjsenborg abgereist, um daselbst mit dem früheren Konseils⸗Präsidenten, Graf Frijs, sich zu unterreden.

Unterm 19. d. M. ist vom Finanz⸗Ministerium eine Bekanntmachung über die Ausfertigung von Staats-Obligationen, lautend auf Kronen und mit Zins⸗ terminen zum J1. März und 11. September, erschienen, zufolge welcher das gedachte Ministerium vom 1. Januar 1815 an durch Auszüge aus dem Einschreibebuche und durch den Um⸗ tausch älterer unkündbaren Staatsverschreibungen in der Regel nur neue unkündbare 4prozentige Staatg⸗Qbligationen, lautend auf 5000, 2000, 1009, 506, 400 oder 200 Kronen mit Coupons, ausgeben, sowie auch die von der Zeit an ausgefertigten Ein⸗ schreibescheine auf Kronen lauten werden. Nach eigner Wahl des Betreffenden kann derselbe Coupons⸗Obligationen oder Ein⸗

schreibescheine mit Zinszahlung entweder zum 11. Juni und 11. Dezember oder zum 11. März und 11. September erhalten. Beim Uebergange von dem einen zum andern dieser beiden Arten von Zinsterminen werden die 1. - Jahreszinsen am Schlusse des Vierteljahres vergütet. Die auf Kronen lautenden Obliga⸗ tionen mit Zinszahlung zum 11. März und 11. September können, falls es gewünscht wird, vom 1. September d. J. an im Staatsschuldencomptoir durch Auszug aus dem Einschreibebuche oder durch Umtausch in Empfang genommen werden. Die neuen Obligationen werden, so weit möglich, gleich nach gestellter For⸗ derung ausgeliefert. Ob der Umtausch von Reichsmünze⸗ Obligationen gegen Kronmünze⸗Obligationen mit Zinszahlung zum 11. Juni und 11. Dezember nach dem 1. Januar 1875 so⸗ fort im Staatsschuldencomptoir geschehen kann, beruht darauf, in wie weit Staatskassen⸗Vorrath an Kronmünze⸗Obligationen es zu jeder beliebigen Zeit erlaubt. Zur Einschreibung in Kronenmünze mit Zinszahlung zum 11. März und 11. Sep⸗ tember kann die Einlieferung schon jetzt geschehen. Uebrigens bleiben die bisher geltenden Regeln sowohl über das Einschreibe⸗ wesen, als über den Umtausch unverändert.

Amerika. (A. A. C.) Aus Bahia wird unterm 25. d. M. telegraphirt, daß der Erzbischof und Primas von Brasilien gestorben ist.

Aus Valparaiso wird unterm 18. ds. gemeldet: Der Argentinische Gesandte in Chili hat Instruktionen erhalten, mit der Chilenischen Regierung wegen des Grenzstreites zwischen Chili und der Argentinischen Republik auf der Grundlage eines Schiedsgerichts zu konferiren. Der Grenz⸗ streit zwischen Chili und Bolivia soll ebenfalls einem Schieds⸗ gericht unterbreitet werden. Der britische Gesandte in San⸗ tiago beklagte sich in einer Note an die Chilenische Regierung, daß auf englischen Univerfitäten ausgebildete Aerzte, welche sich in Chili examiniren lassen, beinahe immer zurückgewiesen wür⸗ den. Die Angelegenheit wurde dem Dekan der medizinischen Fakultät zur Berichterstattung überwiesen, welcher als Grund hierfür angab, daß die medizinische Ausbildung in England eine mangelhaftere sei als jene, welche chilenische Studenten zur Erlangung einer Licenz für praktische Ausübung ihres Berufes besitzen muͤssen.

In Calbao (Peru) haben zwei revolutionäre Versuche gegen die jetzige Regierung stattgefunden. Einer wurde uwer⸗ züglich unterdrückt. Salas, ein Mann von Einfluß in Cuzeo und der Führer der Insurgenten, wurde in einem Treffen mit den Regierungstruppen zum Rückzuge genöthigt, befindet sich aber an der Spitze einer Streitmacht noch auf freien Füßen.

Aus Jama iFea wird unterm 4. d. M. gemeldet: Der legislative Rath trat gestern unter dem Vorsitz des Gouverneurs zu einer Sitzung zusammen. Der Kolonie⸗Sekretär meldete die dritte Lesung der Bill für die Einrichtung und Regelung von Märkten im Bereich der Insel an. Der Sonderausschuß über die Jamaica⸗Eisenbahn bemerkt, daß seinem Ermessen nach die Gesellschaft ermangelt habe, jene Vortheile zu liefern, die das Publikum zu erwarten berechtigt sei, und empfiehlt im Interesse des letzteren die Einführung einer Regierungsaufsicht, ähnlich der Inspektion und Kontrole, der englische Eisenbahnen unter⸗ worfen sind.

Die Peruanische Legation in London hat vom 13. Juni datirte amtliche telegraphische Depeschen erhalten, welche melden, daß die Revolution in Cuyco unterdrückt worden ist, und daß in der ganzen Republik völlige Ruhe herrscht.

Asien. Ueber die Nothlage in Bengalen meldet der telegraphische Wochenbericht des Vize⸗Königs von Indien d. d. Calcutta, 27. Juni, daß die künftigen landwirthschaftlichen Aus⸗ sichten fortfahren, ausgezeichnet zu sein, indem ein reichlicher Regen allenthalben die Saaten begünstigt hat. Auf Sir Richard Temple's Gesuch sollen weitere Zufuhren nach Sahebgunge für Purneah, Murschedabad und Sonthal Pergunnahs gesandt wer⸗ den. Es haben keine weiteren Todesfälle durch Hunger statt⸗ gefunden.

(A. A. C.) Nachrichten aus Japan melden, daß die Regierung die Expeoition nach Formosa, nachdem sie dieselbe ab⸗ bestellt hatte, dennoch abgehen lassen mußte, weil die Truppen darauf bestanden und allen gegentheiligen Befehlen den Gehor⸗ sam verweigerten.

Nr. 13 des Armee -Verordnungs⸗Blatts, herausgegeben vom Kriegs Ministerium, hat folgenden Inhalt: Dienstverhältnisse der Offiziere des Beurlaubtenstandes der Kaiserlichen Marine. Angabe der Entfernungen in den Reisekosten-Liquidationen nach dem Meter maß. Extraordinäre Verpflegungs Zuschüsse pro III. Quartal 1874. Vergütungs⸗Sätze für Brod und Fourage und Vergütungs⸗Preis für den aus preußischen Magazinen an Kadetten⸗Anstalten verabreichten Roggen pro JJ. Semester 1574. Anerkennung Preußischer höherer Lehranstalten. Neues Schema zum Journal⸗Blatt. Beilage D. zum Friedens⸗Lazareth⸗Reglement.

Nr. II des Deutschen Postarchiv (Beiheft zum Amts⸗ blatt der Deutschen Reichs⸗ostverwaltung) hat folgenden Inhalt: J. Aktenstück!e und Aufsätze: Die Post ist kein Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuchs. Einige Worte über Zeitungsprovision. Das nordamerikanische Wettersignal Bureau. II. Kleine Mittheilungen; Der Reiseverkehr über die Schweizer Alpenpässe. Chinas Handel mit Europa. Das Reisen in der europäischen Türkei. III. Zeit⸗ schriften⸗Uebersch au.

Coursbuch der deutschen Reichs-Postverwaltung. 13574. Juli. J. Abtheilung, Verlag der Königlichen Geheimen Ober ⸗Hofbuchdruckerei (R. v. Decker), ist soeben ausgegeben Dasselbe enthält die Eisenbahnverbindungen in Deutschland und der osterreichisch⸗ ungarischen Monarchie und Uebersicht der bestehenden Run dreise⸗ Touren mit Angabe der Billetpreise, bearbeitet im Coursbureau des Kaiserlichen General. Postamts, und umfaßt die bis zum 1. Juli ein⸗ getretenen resp. mit demselben Tage eintretenden Aenderungen in dem Gange der Eisenbahnzüge. Ferner: Abtheilung II, Juli, enthal⸗ tend die bedeutenderen Eisenbahnrouten in Europa, außer Deutschland und Oesterreich, ferner Postverhindungen in Deutschland und den an⸗ grenzenden Ländern, Dampfschiff· Course, Reisetouren zwischen mehreren 2 Europas, Verzeichniß der Bade⸗ und Kurorte in

eutschland und den angrenzenden Ländern nebst Nachrichten über die Reiseverbindung dieser Srte, Reisetouren zwischen Berlin und den be— deutenderen Badeorten, Tarif für Courier. und Extraposten, Wege= maße, Münzvergleichungs- Tabelle, Zusammenstellung der Bestimmun⸗ gen über Benutzung der Telegraphenlinien und Gebührentarif ꝛc. Mit 2 Karten.

Vereins wesen.

Die diesjährige 28. Hauptversammlung des Gesammt⸗ vereins den g ee, em n, Stiftung soll am 22., 23. und 24. September in Stuttgart abgehalten werden.

Statistische Nachrichten. In dem Zeitraum vom 1 bis 15. Juni 1874 wurde an Brenn⸗

material in Berlin eingeführt zu Wasser 12484 Hektoliter Stein