die Beamtenverhältnisse, sowie eine vollständige Klarlegung der Einnahmen und der Ausgaben in allen ihren wichtigen Einzel⸗ heiten zu fordern. Von Erhebungen über den durchschnittlichen jährlichen Zuwachs und über die * in den Staatsforsten auf⸗ stehenden Holzmassen (Holzkapitalien) ist dabei ganz abgesehen worden. Ebenso war die Kommission der Meinung, daß sie nicht empfehlen könne, für die Forststatistik selbständige Erhebun⸗ gen über den Verkehr mit Forstprodukten und über deren Ver⸗ brauch vorzunehmen, daß sie es aber als eine Aufgabe des stati⸗ stischen Amtes erachte, das in der Industrie⸗ und Verkehrs⸗ statistik gesammelte oder zu sammelnde Material für diese Zwecke möglichst auszubauen und nutzbar zu machen. Auch meteorols⸗ gische Angaben sind nicht erfordert worden, weil in Deutschland zur Lösung der einschlagenden forstlichen Fragen bereits eine Anzahl besonderer Beobachtungsstationen besteht, deren Beob⸗ . sich das statistische Amt zu verschaffen haben wird.
Die Organisation des gesammten Erhebungswesens hat die RKommission dahin aufgefaßt, daß in erster Linie die Forstverwal⸗ tungsbeamten des Staats zu den Erhebungen heranzuziehen seien, und hiernach die Erhebungsbezirke überall da, wo eine Gliederung der Staatsgebiete in Forstverwaltungsbezirke durch⸗ geführt ist — wie in Bayern, Baden, Großherzogthum Hessen, Elsaß⸗Lothringen, in Theilen der preußischen Provinzen Hessen⸗ Nassau und Hannover — mit diesen Bezirken zusammenfallen sollen, und daß im Uebrigen für diese Erhebungsbezirke die po⸗ litische Eintheilung nur insoweit maßgebend sei, als dabei die Grenzen der größeren Verwaltungsbezirke, Regierungsbezirke, bezw. der Kreise (wie in Bayern) oder der Provinzen (wie in Hessen) zugleich Grenzen von Erhebungsbezirken bilden sollen. Es würde also das gesammte Areal eines jeden Staates in Er⸗ hebungsbezirke zu theilen sein. Diese Erhebungsbezirke sollen an die bestehenden Staats⸗Forstverwaltungsbezirke und, soweit dies nöthig und möglich, an Gemeinde⸗ und Privat⸗Forstverwaltungs⸗ bezirke angeschlossen werden. Wo eine territoriale Eintheilung in Forstverwaltungsbezirke, welche die Waldungen aller Besitz⸗ kategorien umfassen, bereits durchgeführt ist, sollen diese die Er⸗ hebungsbezirke bilden. In denjenigen Fällen aber, wo die Er⸗ hebung nicht an bereits bestehende Forstverwaltungsbezirke an⸗ geschlossen werden kann, muß es den Landesregierungen über⸗ lassen bleiben, in geeigneter Weise für die Bildung der Erhe⸗ bungsbezirke, eventuell auch für die Bestellung besonderer forst⸗ technischer Erheber Sorge zu tragen.
Diese Einrichtung hat zunächst den Zweck, eine große, nur alle 10 Jahre zu wiederholende Aufnahme zu ermöglichen, welche in je dem Erhebungsbezirke die Fläche der Forstgrundstücke, deren Vertheilung nach Holzgrund, Nebengrund und Unland, sowie nach dem Besitz, ferner die Waldungen nach Fläche, Besitz, Standort, Bestand und Betrieb, sowie nach dem Unterschiede der Wirthschafts⸗ und Schutzwaldungen feststellen und die Fläche der Waldungen bezeichnen soll, welche gänzlich außerhalb der Staats⸗ verwaltung bezw. der Staatsaufsicht stehen. Die dadurch jedes 10. Jahr entstehende große forstliche Beschreibung würde Seitens der Forst⸗Direktionsbehörden durch eine Angabe über die in den Staatswaldungen ihres Bezirks bestehenden Forstservituten, Sei⸗ tens der Central⸗Forstbehörden durch die nöthigen Angaben über die Verwaltung und Beaufsichtigung der Forsten, und in beson⸗ derer Veranlassung der Landesregierungen, soweit thunlich schon vor Beginn der eigentlichen forstlichen Aufnahmen, durch Auf⸗ stellungen über die Fläche des Gesammtareals jedes Erhebungs⸗ bezirkes und deren Vertheilung nach den Hauptkulturarten er⸗ gänzt bezw. vorbereitet werden.
Neben diesem Erhebungswerke, welches die dauernden oder nur langsam sich verändernden Elemente der forststatistischen Be⸗ schreibung enthält, und deshalb nur einer alle 10 Jahre wiederkehrenden Erneuerung bedarf, soll eine kleinere Reihe von Ermittelungen über Gegenstände fortlaufen, welche einem schnellen Wechsel unterliegen oder deren regelmäßige Beobachtung zu einer genügenden Beurtheilung nöthig ist. In diesem Sinne würden von den einzelnen Erhebungsbezirken jährliche Angaben über Arealveränderungen in den Waldungen, von den Forst⸗ Direktionsbehörden über das Auftreten von Forstschäden und über die Materialerträge, die Preise und die Löhne in den Staatswaldungen, von den Central⸗Forstbehörden über die Ein⸗ nahmen und Ausgaben der Staats⸗Forstverwaltung und über gewisse Fragen der Forstwissenschaft und des Forstunterrichtes, in besonderer Veranlassung der Landesregierungen endlich über die Ablösung der Forstservituten in den Staatswaldungen und über Forstifrevel gemacht werden.
Die Angaben der Erhebungsbeamten werden von den Di⸗ rektions⸗ oder Central⸗Forstbehörden oder von statistischen Be⸗ hörden zusammenzustellen sein, wobei es sich empfiehlt, Techniker der Statistik, event. Forsttechniker zuzuziehen. Im Uebrigen sind für die Erhebung sowohl, wie für den Eingang bei dem statisti⸗ schen Amte, dem die Haupt⸗-Zusammenstellung und weitere Be⸗ arbeitung und Verwerthung des Materials obliegt, thunlichst weite Fristen bestimmt worden.
Soweit für den Zweck dieser centralen Bearbeitung und zur Erlangung eines möglichst gleichwerthigen Materials einheitliche Normen erforderlich erschienen, hat die Kommission dieselben ent⸗ worfen. Im Uebrigen aber hat sie bei der Verschiedenheit der Organisation des Forstwesens in den einzelnen Staaten den Landesregierungen die näheren Bestimmungen zur Ausführung der Vorschriften anheimstellen müssen.
Unter diesen allgemeinen Gesichtspunkten sind die Bestim⸗ mungen für die Forststatiftik des Deutschen Reiches aufgestellt worden. Dieselben betreffen:
1) Den Gegenstand und Zeit der Erhebung im Allgemeinen:
§. 1. In allen Staaten des Deutschen Reichs sollen Er⸗ hebungen über folgende Gegenstände vorgenommen werden: 1) die
Fläche des Gesammtareals, unterschieden nach den Haupt⸗Kultur⸗
arten; 2) die Fläche der Forstgrundstücke, unterschieden nach Holz⸗ grund, Nebengrund und Unland, sowie nach dem Besitzstande; 3) die zur Holzzucht bestimmten Forstgrundstücke (Waldungen), und zwar: a. ihre Fläche, unterschieden nach Besitzstand, Standort, Bestand und Betrieb, sowie ihre Eigenschaft als Wirthschafts⸗ oder Schutzwald, b. größere Veränderungen des Waldareals; 4 die Verwaltung und Aufsicht a. in Bezug auf die gesammte Waldfläche, b. in Bezug auf die Gliederung und auf die Be⸗ hörden und Beamten der Staats⸗Forstverwaltungen; 5) Forst⸗ servituten in den Staatswaldungen, und zwar: a. bestehende Forstservituten, b. Ablösung von Forstservituten; 6) Wirthschafts⸗ verluste durch: a. Forstfrevel, b. Forstschäden; 7) Materialerträge, Preise und Löhne in den Staatswaldungen; 8) die Einnahmen und Ausgaben der Staats For stverwaltungen; ) Forstwissen⸗ schaft und Unterricht.
2) Die in besonders zu bildenden Erhebungsbezirken von be⸗ sonders zu bestellenden Erhebungsbeamten zu erhebenden Gegen⸗ stände (8. 1 Ziffer 2, 3, ); 3) die von den Forst⸗Direktionsbe⸗ hörden aufzu stellenden Nachweisungen (5. 1 Ziffer 5a, 6b., 7J);
die von den Central⸗Forstbehörden aufzustellenden Nach⸗ weisungen (§. 1 Ziffer 4b., 8, 9H; 5) in besonderer Ver⸗ anlassung der Landesregierungen aufzustellenden Nachweisungen (8§. 1 Ziffer 1, 5b., 6a.); 6) Mittheilung der Nachweisung an das statistische Amt des Deutschen Reiches; 7) Zusammenstellung ß der Nachweisungen durch das statistische eichs amt.
— Se. Majestät der Kaiser der Ottomanen ertheilte am 2JT. Juni Vormittags dem bisherigen Vertreter des Deutschen Reichs, Herrn von Eichmann, im Palast von Dolmabagdtsche die Abschiedsaudienz und nahm aus den Händen des Gesandten das Abberufungsschreiben entgegen.
— Der bisherige Kaiserliche Gesandte am Königlich griechi⸗ schen Hofe, Herr von Wagner, hat am 5. d. M. Athen verlassen und sich über Brindist nach dem Bade Homburg begeben.
— S. M. S. „Arcona“ ist am 3. d. Mts. in Naga⸗ saki eingetroffen. An Bord Alles wohl.
Paderborn, J. Juli. (W. T. B.) Das hiesige Appel⸗ lationsgericht hat auf den Protest des Bischofs Konrad Martin gegen den Beschluß des hiesigen Kreisgerichts über Annahme der für den Bischof durch einen Dritten erlegten Geld⸗ strafe die Akten des Kreisgerichts eingefordert.
Bayern. München, 5. Juli. Mit dem 10. d. M. endet die verfassungsmäßige zweimonatliche Dauer des Land⸗ tags; da es nun aber bis dahin nicht möglich ist, das Budget, einige Eisenbahngesetzentwürfe u. a. noch zu erledigen, so wird, der „Allg. Ztg.“ zufolge, eine Verlängerung der Landtagsdauer, man glaubt von 6— 8 Tagen, eintreten; das Wahlgesetz, das Brandversicherungsgesetz u. a. werden aber dann noch unerledigt bleiben müssen, und ob der Schlörsche Gesetzentwurf, betreffend die Erwerbung der Ostbahnen, noch von beiden Kammern wird erledigt werden können, ist zweifelhaft.
— 6. Juli. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Kammer der Reichsräthe wurde der Antrag des Abg. v. Miller, betreffend den Bau eines neuen Akademiegebäu⸗ des, welcher von dem Prinzen Ludwig und dem Reichsrathe Bomhard befürwortet wurde, einstimmig angenommen.
— In der Sitzung der Zweiten Kammer fand die Ge⸗ neraldebatte über den ordentlichen Militäretat statt. Der Kriegs⸗Minister, Frhr. v. Pranckh, erwiderte auf die Bemerkung des Abgeordneten Daller, betreffend die ungerechten Vertheilungen der Lieferungen für das Militär, es sei überhaupt nur eine ein⸗ zige derartige Klage erhoben worden, und diese sei unbegründet gewesen. Was die Beschwerden des Abgeordneten Mahr über die allzugroße Militärlast und dessen Verlangen betreffe, daß die Militärgerichtsbarkeit und der Fahneneid abgeschafft werde, so seien dieselben an eine falsche Adresse gerichtet. Der Schwer⸗ punkt der Entscheidung in Militärfragen liege jetzt außerhalb Bayerns; ein neues Militärstrafgesetz sei das langjährige Ver⸗ langen der Kammer gewesen und gewähre dasselbe jedem Sol⸗ daten den besten Schutz. Was den Fall der angeblichen Miß⸗ handlung und Beleidigung des Soldaten Plattner von Neumarkt betreffe, so beklage er denselben tief, müsse aber das Militär⸗ . gegen jeden Vorwurf der Parteilichkeit in Schutz nehmen.
— J. Juli. (W. T. B.) Die Zweite Kammer ver⸗ handelte heute in der Generaldiskussion über die Ge⸗ währung eines Kredits für die außerordenlichen Heeresbedürfnisse. Für die Bewilligung sprachen der Re⸗ serent Voelk und der Abgeordnete Kraushold, gegen dieselbe Freytag. Letzterer rügte insbesondere das Verfahren des Kriegs⸗ Minsters, welcher die jetzt verlangten Gelder bereits vor Genehmigung der Kammern verausgabt habe. Der Kriegs⸗Minister Freiherr von Pranckh erklärte darauf: Im Ganzen handle es sich bei Bewilligung dieser Mittel zunächst um die Erfüllung vertrags⸗ mäßiger Verpflichtungen und sodann um die Versorgung des Heeres nach den Grundsätzen der Humanität. Dazu gehöre, daß das bayerische Heer in derselben Verfassung erhalten werde, wie die übrigen deutschen Heere. Bisher habe es hierfür noch keines Befehls von Seiten des Reichs bedurft, wel⸗ cher hoffentlich auch in Zukunft nicht erforderlich sein werde. Was eine Verweigerung der Mittel jedoch zur Folge haben werde, wolle er nicht erwähnen. Ebenso sei die Verbesserung der Kasernen und des Lazarethwesens unabweisbar. Gegenüber dem Vorwurf, daß er sich unkonstitutionell verhalten habe, bekenne er, in der ihm gestellten Alternative zwischen den Pflichten gegen die Verfassung und der Vertretung der Inter⸗ essen des Landes und des Heeres, letztere vorgezogen zu haben, er trage alle Konsequenzen der Verfassungsverletzung im Bewußt⸗ sein, das Land gegen etwaige Katastrophen vorbereitet zu haben. Was die Finanzlage des Landes angehe, habe Bayern 158 Millionen Kriegsentschädigungsgel der erhalten, wovon abzüglich aller Kosten inklusive des verlangten Kredits von 24 Millionen cirea 50 Millioen noch dem Lande verbleiben würden. Der verlangte Kredit halte sich daher in bescheidenen Grenzen und der Anspruch der Armee sei ein vollberechtigter und wohlbe⸗ gründeter. ;
Nach diesen Erklärungen des Kriegs-Ministers wurde die Spezialdebatte eröffnet.
Kissingen, 6. Juli. (W. T. B.) Für heute Abend war zu Ehren des Reichskanzlers Fürsten von Bismark eine große Serenade mit Feuerwerk beabsichtigt. Dieselbe wurde von ihm jedoch mit Dank abgelehnt, da er der Ruhe bedürfe.
Bamberg, 3. Juli. Am 1. Morgens starb hier der Hof⸗ marschall der Königin⸗Mutter von Griechenland, Viktor Emil Freiherr v. Gebsattel, nach kurzem Krankenlager am Typhus, der ihn auf einer Reise befallen hatte.
Sachsen. Dresden, 6. Juli. Der König und die Königin haben am Sonnabend ihre Reise durch den Zwickauer Kreis⸗Direktionsbezirk beendet und sind Abends nach 10 Uhr, von Annaberg kommend, in Pillnitz wieder eingetroffen.
Am 8. d. M. gedenken Ihre Majestäten eine dreitägige Reise durch den Bautzener Kreis⸗Direktionsbezirk anzutreten. Dieselben werden Mittwoch Vormittags 9 Uhr von Niedersedlitz per Extrazug abreisen und sich an diesem Tage über Pulsnitz, Kamenz, Marienstern nach Bautzen begeben und im dasigen Landhause Wohnung und Nachtquartier nehmen. Am 9. Juli reisen Ihre Majestäten per Bahn von Bautzen über Löbau nach Zittau und kehren von dort am 10. Juli Vormittags über me,, Bautzen und Bischofswerda nach Dresden und Fillnitz zurück.
Württemberg. Stuttgart, 5. Juli. Nach einer von der Staatsschuldenzahlungskasse aufgestellten Berechnung beläuft sich ihr Geldbedarf für das Etats jahr 1874/75 über Abzug der aus Grundstocksmitteln zu deckenden 85, 300 Fl. und der durch Vorschüsse von der Staatshauptkasse bereits ge⸗
deckten 1,922,000 Fl., zusammen 2, 007, 300 Fl., auf die Summe von 7,324,816 Fl. 30 Kr. Es werden daher durch Ver⸗ fügung des Finanz⸗Ministeriums auf Grund des Art. 4 des Staatsschuldenstatuts vom 22. Februar 183 nach getroffener Uebereinkunft mit der ständischen Staatsschulden⸗Verwaltungs⸗ behörde der Staatsschuldenzahlungskasse folgende Staatseinkünfte zum Bezug angewiesen: a. direkte Steuer vom Grundeigenthnum, Gefällen, Gebäuden und Gewerben 2000 000 Fl., H. direkte Steuer von Apanagen, Kapital⸗ und Renten⸗, Dienst⸗ und Berufs ⸗CEinkommen 1, 000, 000 Fl., e. Wirthschafts⸗ Abgaben 1L500,000 Fl., d. Reinertrag vom Eisenbahnbetrieb 2,824 816 Fl. 30 Kr., zusammen 7, 324,816 Fl. 30 Kr.
Sachsen Weimar⸗Eisenach. Weimar, 6. Juli. (W. T. B) . Der Kaiser von Rußland ist heute Nachmittag nach 5 Uhr in Begleitung des Großherzogs, welcher ihm bis Eisenach entgegengefahren war, hier eingetroffen. Am Bahn⸗ hofe wurde der Kaiser von der Großherzoglichen Familie empfangen. Das Diner wird im Schloß Belvedere eingenommen
werden.
— 7. Juli. (W. T. B.) Heute Morgen um 94 Uhr hat der Kaiser Alexander, nachdem er sich auf dem Bahnhofe von der Großherzoglichen Familie verabschiedet, seine Reise nach
Dres den fortgesetzt.
Oldenburg. Oldenburg, 5. Juli. Der Großherzog ist von einem viertägigen Ausfluge in die Münsterschen Landes⸗ theile, nachdem er auf der Rückreise auch die Städte Wildes⸗ hausen und Delmenhorst besucht hatte, gestern Abend nach Schloß Rastede zurückgekehrt.
. — Der am 8. d. M. bexorstehende Geburtstag Sr. Königlichen Hoheit wird, wie in früheren Jahren, durch ein gemeinsames Diner der Beamten und des Offiziercorps im Kasino festlich begangen werden.
— An Stelle des am 23. v. M. verstorbenen Staats⸗ Ministers Freiherrn von Rössing ist dem Minister des Innern Freiherrn von Berg der Vorsitz im Staats-Ministerium nunmehr definitiv übertragen worden.
— Der ständige Landtags-Ausschuß wird in nächster Woche in Anlaß der mit der Koͤniglich preußischen und der Kö⸗ niglich niederländischen Regierung neuerdings abgeschlossenen Verträge über die Eisenbahnverbindung Ihrhove Neueschanz zu einer kurzen Sitzung hier zusammentreten.
Sach sen⸗Meiningen⸗Hildburghausen. Meiningen, 5. Juli. Der Herzog Bernhard traf am 30. v. M. im besten Wohlsein von Baden-Baden hier ein und verlegte gestern mit der Herzogin Marie die Residenz nach Schloß Alten⸗ stein bei Bad Liebenstein. Der regierende Herzog Georg und seine Gemahlin kamen heute früh mit Extrazug von der längeren Reise aus Frankreich und Italien hier an. Morgen früh bereist der Herzog mit seiner Gemahlin, in Begleitung des Staats⸗ Ministers und der Hofchargen, auf 14 Tage den größten Theil des Herzogthums. In Heldburg und Saalfeld, wo mehrtägige Aufenthalte stattfinden, werden Empfangsfeierlichkeiten vorbereitet. Ser. / r 6 — 6 — . .
Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 3. Juli. Heute wur⸗ den von hiesiger Stadt die Abgeordneten zum Landtage des Herzogthums gewählt. Die Wahl fiel auf die bisherigen Abgeordneten Kommerzien⸗Rath Lippold, gewählt von den Höchst⸗ besteuerten, Appellationsgerichts⸗Vize⸗Präsident Dr. Wagner, ge⸗ wählt von der 1. Abtheilung, Advokat Göpel, gewählt von der 2. Abtheilung, und Ober⸗Bürgermeister, Geh. Reg. Rath Lau⸗ rentius, gewählt von der 3. Abtheilung. Die Betheiligung an den Wahlen war nicht stark und von Aufstellung von Gegen⸗ bewerbern abgesehen worden.
Anhalt. Dessau, 3. Juli. Der Prinz Eduard traf heute Mittag von Ballenstädt zum Besuch seiner Hohen Eltern in Wörlitz ein.
Reuß. Greiz, 4. Juli. Der Fürst und die Für stin sind von Schloß Burgk vorgestern hierher zurückgekehrt. Der Fürst und die Fürstin von Schaumburg-Lippe, sowie Prinzessin Hermine und die Prinzen Otto und Adolf sind zum Besuch des Fürstlichen Hofes hier eingetroffen. Zu Ehren die⸗ ser, dem Fürstlichen Hause nahe verwandten hohen Gäste hatte die Stadt reichen Flaggenschmuck angelegt, und findet heute Vor⸗ stellung und Galatafel statt, zu welcher u. A. auch der in Departementsersatzgeschäften hier anwesende General⸗Major von Scheffler gezogen wurde.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 5. Juli. Die vierte Sitzung der internationalen Sanitäts⸗Konferenz fand am 4. d. M. unter Vorsitz des Vize⸗Präsidenten, Frhrn. v. Lenz, russischen Staats⸗Rathes, statt. Nach Verifizirung des Proto⸗ kolls der letzten Sitzung machte Dr. Polak Mittheilung von einem Telegramm aus Teheran des Inhaltes, daß in Zukunft der Transport der Choleraleichen nach dem persischen Wallfahrtsorte Kerbela erst nach jahrelangem Begrabensein stattfinden dürfe und daß künftig die Friedhöfe nur außerhalb der Städte angelegt werden dürfen. Zur Tagesordnung, der weiteren Berathung und Beschlußfassung über die wissenschaftlichen Vorfragen, ward weilers der siebente Fragepunkt: „Kann die Cholera durch Choleraleichen verbreitet werden?“ von der Konferenz ein⸗ stimmig bejaht. In Betreff der achten Frage: „Kann die Cholera durch die atmosphärische Luft allein weiter ge⸗ tragen werden?!“ wurde die Entscheidung der Konstantinopeler Konferenz vom Jahre 1866 acceptirt, welche lautet: „Es ist ein Gesetz, von dem bis jetzt noch keine Ausnahme bekannt ist, daß die Eholera nie rascher vorgeschnitten, als die Möglichkeit, durch Kommunikationsmittel an den Ort zu gelangen, gegeben war. Bis jetzt hat es keine Thatsache bewiesen, daß die Cholera in die Ferne durch die Atmosphäre, in welchem Zustande sie sich auch immer befindet, getragen wurde.“ Die 9. Frage: „Hat der Zutritt der freien Luft zu dem cholera erzeugenden oder cholera⸗ verbreitenden Agens einen Einfluß auf dessen ansteckende Eigen⸗ schaft oder nicht? wurde im Sinne der Konstantinopeler Be⸗ schlüsse einstimmig dahin bejaht, „daß das cholera erzeugende Prinzip in freier Luft sehr rasch seine schädliche Wirkung verliere, daß jedoch im Gegentheil seine Wirkung unter gewissen eigenthüm⸗ lichen Bedingungen der Absperrung sich auf eine unbeschränkte Zeit thätig erhalte.“ Die 10. Frage: „Wie lange währt bei Cholera⸗Ansteckung die Periode der Inkubation?“ veranlaßte eine längere Diskussion. Dr. v. Pettenkofer, Königlicher Ober⸗ Medizinal⸗Rath und Universttätsprofessor aus München, begann die Debatte mit einem Exposé über den Stand dieser Frage, welche nach den vorliegenden Thatsachen noch nicht als spruch⸗ reif betrachtet werden und daher nur von einer approximativen Bestimmung der Inkubations dauer die Rede sein könne. Bei seinen Untersuchungen während der letzten Cholera⸗Epidemie in München fand Redner eine durchschnittliche Dauer von 14 Tagen,
welcher Zeitraum allenfalls zu einem Maßstabe der Inkubations⸗ dauer genommen werden könnte; allein zur definitiven Feststellung einer Maximalgrenze — so wünschenswerth dies auch wäre — seien die vorliegenden Erfahrungen noch nicht genügend. Dr. Drasche aus Wien erklärte, daß nach seinen Beobachtungen der Cholera⸗Epidemie vom Jahre 1873 in Wien die durchschnittliche lokale Dauer der Inkubation sich auf 8 bis 10 Tage erstreckte; der scheinbare Widerspruch mit den Angaben Dr. Pettenkofers habe darin seinen Grund, daß letzterer seinen Erhebungen nicht den Todes⸗, sondern den Erkrankungstag zu Grunde gelegt habe. Für eine kürzere Inkubationsdauer sprachen noch mehrere Redner, wie Dr. Schleißner aus Kopenhagen, Dr. Kierulf, Dr. Berlin, Delegirte von Schweden und Norwegen, Dr. Semmola aus Neapel, Dr. von Souza⸗Martins aus Lissabon, Dr. Orphanides aus Athen, Dr. Marcovitz aus Bukarest und Dr. Zehnder aus Zürich. Bei der Abstimmung ergab sich ein Majoritätsbeschluß für die Annahme einer kurzen Inkubationsdauer, welche nach den Konstantinopeler Beschluͤssen selten einige Tage übersteige.
— 6. Juli. (W. T. B.) Den Abendblättern zufolge ist der hiesige politische Verein Zukunft“, der sozialpolitische Verein „Arbeiterbruderbund“ sowie der Fachverein der Manufaktur⸗Arbeiter⸗ und Arbeiterinnen durch Verfügung der Statthalterei aufgelöst worden.
Pest, 6. Juli. (W. T. B.) Die Abendblätter melden, der Unterrichts ⸗Minister Tref ort habe in Folge eines seinen Bericht und seinen Antrag in der Angelegenheit des israelitischen Schulfonds ablehnenden gestrigen Beschlusses des Unterhauses, beabsichtigt, seine Entlassung zu nehmen und nur auf Zureden seiner Parteigenossen und der übrigen Minister davon Abstand genommen, seinen Entschluß auszufuͤhren.
Schweiz. Basel, 6. Juli. (W. T. B.) Die Regierung von Solothurn hat dem Kloster Mariastein, wie die „Ba⸗ seler Nachrichten“ melden, die Verwaltung seines Vermögens entzogen und von Staatswegen einen Verwalter und einen Kom—⸗ missarius angestellt.
Belgien. Brüssel, 5. Juli. Zu der am 25. d. Mts. hierselbst zusammentretenden internationalen Konferenz sind bereits 42 Delegirte der verschiedenen Regierungen angemeldet.
Großbritannien und Irland. London, 4. Juli. Am Donnerstag hatte der französische Botschafter de la Rochefoucauld⸗Bisaccia eine Audienz bei der Königin auf Windsor, um sein Abberufungsschreiben zu überreichen. Später wurde die Herzogin von Ihrer Majestät empfangen und verab— schiedete sich von derselben.
Am nächsten Dienstag findet auf Windsor eine Kabinets⸗ berathung unter dem Vorsitz der Königin statt. Am Mittwoch wird die Königin in Chobham eine Revue über die in Aldenshet für die zweite Serie der Sommermanöver versammelten Truppen abhalten.
; Im Buckingham⸗Palast fand am 1. d. Mts. Abends das zweite Hofkonzert in dieser Saison statt. Der Prinz und die Prinzesfin von Wales, Prinz und Prinzessin Christian von Schleswig⸗Holstein, der Herzog von Cambridge, der Herzog und die Herzogin von Teck, das diplomatische Corps und Mitglieder der hohen Aristokratie befanden sich unter den Anwesenden.
— Die Kommissare für die Reduktion der National⸗
chuld zeigen in der „London Gazette“ an, daß die Summe von 92,286 Lstr., d. i. der vierte Theil des Ueberschusses der Einkünfte über die Ausgaben in dem am 31. März 1874 been⸗
deten Jahre (369, 146 Lstr) in dem am 30. September 1874
endenden Quartale zur Reduktion der Staatsschuld verwendet werden wird.
— Am 2. d. M. fand die feierliche Eröffnung des der Stadt London von Baron Albert Grant zum Geschenk ge⸗ machten Leicester-Square unter dem Zusammenfluß einer zahlreichen Menschenmenge statt. Der lange vernachlässigt ge— wesene historische Square ist nunmehr in eine prächtige, von einem eisernen Gitter umgebene Gartenanlage verwandelt wor— den, welche Fontainen, vier Marmorbüsten, Newton, Dr. Hunter, Reynolds und Garrick — ehemalige Bewohner des Square — darstellend, und eine stattliche Bronzestatue des Dichters Shake⸗ speare — die bei dieser Gelegenheit enthüllt wurde — zieren.
— In der Kanonengießerei des Arsenals in Woolwich ist man gegenwärtig mit der Fabrikation einer 80 Tonnen schweren Kanone beschäftigt. Der Stahlblock, aus welchem das innere Rohr gefertigt werden soll, kam am Dienstag von Sheffield an. Er ist 25 Fuß lang, hat im stärksten Theile 25 Zoll im Durchmesser und wiegt eg. 240 Centner.
— Der Lordmayor von Dublin gab gestern im
Mansion⸗House von Dublin dem General⸗-Major Sir Garnet Wolseley ein Banket, bei welchem außer dem Sieger von Kumassie eine glänzende Gesellschaft zugegen war.
— Die Bank von Montreal und die Herren Morten, Rose K Co. in London laden zu Zeichnungen auf eine Emission von 8 000,000 Lstr. in 5prozentigen Obligationen der Provinz Quebeck zum Course von M Prozent ein. Der Ertrag der Anleihe ist zur Deckung der Subsidien bestimmt, welche die Legislatur gewissen in der Provinz im Bau begriffenen Eisen⸗ bahnen bewilligt hat.
Frankreich. Paris, 4. Juli. Der Kriegs⸗Minister hat beschlossen, daß die Rekruten der zweiten Klasse des Kon—⸗ tingents von 1872, welche vom 1. Juli bis 31. Dezember d. J. unter die Waffen berufen ist, Anspruch auf den Sold von Sol⸗ daten zweiter Klasse haben, und daß sie, wenn sie zur Infante— rie gehören, 25 Fr., und wenn sie zur Artillerie oder dem Train gehören, 35 Fr. für ihre Equipirung erhalten sollen. Bekannt⸗ lich muß in Frankreich das ganze Kontingent (ungefähr 250,000 Mann) dienen, nämlich etwa 135,000 Mann fuͤnf Jahre und der Rest sechs Monate. Man hofft, diejenigen, welche sechs Mo⸗ nate dienen, so weit zu bringen, daß, falls der Krieg ausbricht, man sie als Ersatzmannschaften benutzen kann. Der Kriegs⸗ Minister hat deshalb auch angeordnet, daß ihm genaue Berichte über die Leistungen der Leute des zweiten Kontingents von 1872 zuzusenden sind.
— Das „Journal de Paris? giebt seinem Befremden dar⸗ über Ausdruck, daß der Graf Cham bord in seinem Manifest den einzigen Differenzpunkt, der ihn von den gemäßigten Mon⸗ archisten trennt, die weiße Fahne mit keinem Worte berührt hat, und erklärt am Schlusse:
„Wir sind Anhänger der Monarchie geblieben. Wenn sie, noch möglich wäre, wenn eg nur von uns abhinge, sie, sei es auch mit den größten Opfern, einzuführen, wir würden sse einführen. Sie ist aber auf sieben Jahre nicht mehr möglich. Am 20. November hat die Nationalverfammlung dem Marschall Mac Mahon die vollstreckende Gewalt auf sieben Fahre anvertraut. Wir haben diesen Entschluß gebilligt und unterstützt. Er ist nf geworden. Wir sind auf sieben Jahre gebunden. Wir sind durch das Gefetz, wir sind durch unsere Ehre gebunden. Wir sind demnach entschlossen, die Gewalt des Marschalls Mac Mahon gegen Jeden, der sie angreifen möchte, selbst gegen
unsere eigenen Freunde, zu vertheidigen. Hieraus ergiebt sich, daß wir die Programme Derjenigen, welche uns vorschlagen, eine andere Regierung an Stelle dersenigen des Marschalls zu setzen, gar nicht prüfen dürfen. Man kann den Titel und die Bedingungen der am 29. November eingesetzten Regierung verändern, aber nicht diese Re—⸗ gierung selbst vernichten oder ihre Dauer abkürzen. Die oberste Gewalt ist heutzutage ein Kampfposten. Dieser Posten wurde im Stich gelassen und sah sich von den Faktionen bedroht. Man mußte also eine Schildwache hinstellen, und man wählte dazu den ersten Soldaten Frankreichs, Denjrnigen, welcher im Siege wie in der Niederlage, die nationale Fahne am ruhmvollsten getragen hat. Man bat ihn gegen seinen Willen auf diesen Posten gestellt und ihm den Auftrag gegeben, auf demselben sieben Jahre lang zu verweilen. Jetzt führt er den Befehl aus und ruft einem Jeden, der da ein⸗ ö will, wer er auch sei, die Worte zu: Der Eingang ist ver⸗ oten!“
— 6. Juli. (W. T. B.) Das „Journal de Paris“ hält es für leicht möglich, daß die morgige Sitzung der Na⸗ tionalversammlung zu einer Auflösung der Versammlung führen könne. Dem Vernehmen desselben Blattes zufolge sei der Präsident Buffet entschlossen, morgen jede Erörterung abzu⸗ schneiden, in welcher die Regierungsgewalt des Präsidenten Mae Mahon in Frage gestellt oder die unmittelbare Wiederherstellung der Monarchie verlangt werde.
Versailles, 6. Juli. (W. T. B.) Die National⸗ versammlung bestätigte heute die Wahlen von Ledru Rollin zum Deputirten für das Departement Vaucluse und von Roudier für das Departement Gironde und setzte darauf die Berathung des Munizipalwahlgesetzes fort. Ein Zu⸗ satzantrag, den Familienvätern eine doppelte Stimme beizulegen, wurde abgelehnt. Die Vorlage soll am Mittwoch weiter be⸗ rathen werden.
Anm Schlusse der Sitzung faßte die Versammlung den Be⸗ schluß, daß in der morgenden Sitzung zunachst die Berathung des Munizipalwahlgesetzes zu Ende geführt werden und dann erst die Interpellation Lueien Bruns über die Suspendirung der „Union“ zur Verhandlung gelangen soll. Es ist demnach als noch durchaus nicht feststehend zu betrachten, daß die Inter⸗ pellation Bruns morgen überhaupt zur Diskussion gelangen wird. Die Verhandlungen unter den einzelnen Gruppen und Fraktionen der Nationalversammlung über die Stellung, die sie der gedachten Interpellation gegenüber einzunehmen gedenken, werden lebhaft fortgesetzt.
Spanien. Madrid, 5. Juli. (W. T. B.) Zum Ver⸗ treter Spaniens bei der internationalen Sanitäts⸗ Konferenz in Wien ist Bustamente ernannt. Derselbe wird morgen nach Wien abreisen.
— 6. Juli. (W. T. B.) Eine etwa 5000 Mann starke Carlistenabtheilung hat die Stadt Teruel in Aragonien angegriffen und eine Vorstadt derselben in Asche gelegt. Der Angriff ist jedoch abgeschlagen worden und haben die Car— listen gegen 40 Todte und eine große Anzahl von Verwundeten gehabt. Gegen 100 Carlisten wurden von den Regierungstrup⸗
pen gefangen genommen.
Santander, 6. Juli. (W. T. B.) Eine Abtheilung carlistischer Streitkräfte unter Valdespino, die sich mit Einrechnung der dabei befindlichen Kavallerie auf etwa 2000 Mann belaufen mag, hat sich in der vergangenen Nacht bis in die Nähe von Astillero herangezogen und bedroht Santander, das nur schwach besetzt ist. Seitens der Behörden ist telegraphisch um Verstärkungen gebeten worden. Die hier befindlichen Regie⸗ rungsschiffe sind in der Bai heraufgegangen, um im Falle eines Angriffes der Stadt durch die Carlisten die nächste Umgebung derselben durch ihre Geschütze decken zu können.
— Ueber die Kämpfe bei Estella meldet der Bericht⸗ erstatter der „Köln. Ztg.“ aus Tafalla vom 28. Juni Folgendes: 2
„In der Nacht vom 24. zum 25. Juni lagen die drei Corps der Nordarmee, von den Generalen Rossel, Echague, Martinez Campos geführt, in Larraga und einem benachbarten kleinen Flecken. Am frühen Morgen zog Concha aus und wartete jenseits Oteiza, das von einer hohen Bergkuppe in ein sehr hügeliges Thal hinunterschaut, bis die Truppen von Martinez Campos rechts in der Niederung er— schienen. Auf den jenseitigen Höhen waren carlistische Reiter und Infanterie; dieselbe verschwand nach einem kurzen Gewehrfeuer, das von den Truppen nicht erwidert wurde, und nun marschirte die ganze Armer in mehreren Colonnen über das Gebirge, welches den Oteizanern die Ausicht in das Thal von Villatuerte und die durch dasselbe laufende Straße von Puenta la Reynd nach Estella ver— wehrt. Gegen einige Trancheen, die sich über einen vor Villaturte liegenden Hügel hinzogen, wurden auf zwei höheren Anhöhen Geschütze aufgestellt, und die Royalisten begaben sich bald eifrig auf die Flucht. Nun wurde aus denselben Batterien ein heftiges Feuer auf Villatuerte eröffnet und das hartnäckig vertheidigte Dorf erstürmt. Der General= stab stieg den Berg hinunter, überschritt den Thalgrund und stellte fich bei Murillo auf, während gegen die rechts oberhalb Villatuerte befindlichen Weinberge ein heftiges Feuer eröffnet wurde. Die Jäger , . auch hier einige Trancheen ehne allen Verlust. Als es dunkelte, wurde zum Aufbruch geblafen, und die ganze Armee übernachtete in dem kleinen Lorca an der Chaussee nach Puenta la Reyna. Am andern Morgen begann der Kampf in den genannten Weinbergen oberhalb Villatuerte wieder, während der Generalstab über Murillo weiter über das Gebirge bis zu einem Punkte rückte, wo man sämmt— liche Positionen der Carlisten vor sich hatte. Sie lagen jenseit eines Thales init sehr durchschnittenem Erdboden auf, einem Höhenzuge, der von Villgtuerte sich bis Abarzuza hinzieht. Beim letzteren Dorfe be— ginnen die Amezcuas, deren äußerste, das Thal gegen Norden schlie⸗ ßende Vorberge ebenfalls mit Laufgräben versehen waren.
Es wurde von verschiedenen Stellen eine heftige Kanonade gegen einzelne Pankte dieser etwa. drei Meilen langen Linie eröffnet und nach Mittag die Dörfer Grocie, etwa, in der Mitte der Linie gelegen, und Abarzuza erstürmt. Die Caza— dores hatten bei dieser Gel . nur drei Verwundete. Trotz dieser schönen Erfolge sah Concha den ganzen Tag über sehr verdrießlich aus, gerade wie das Wetter, das von 3 Uhr ab die Fort— setzung der Operationen unmöglich machte. Als Grocie genommen war, begab sich der Generalstab ins Thal hinunter. Die Nacht wurde in Abarzuza zugebracht, in nächster Nähe der Carlisten. Am dritten Tage zog Concha mit seinem Stabe sichtlich mißmuthig aus dem von einigen Soldaten in Brand gesteckten Dorfe aus, asnderte noch im Orte felbst die Anfangs gewählte Richtung und begab sich ins Thal wo er der schwierigen Stellung von Casas de Muras gegenüber sich aufstellte. Während Infanterie links die Vorhöhen der Amezcuas säuberte, ohne die dort liegenden Dörfer Irunela und Azeona zu nehmen, hatte sich die gesammte Artillerie im Thal aufgestellt und begann ein heftiges Bembardement gegen die in der Mitte des Gebirgszuges errichteten Laufgräben. Es war eine Feuerlinie von mindestens einer Meile. Die Carlisten antworteten mit furcht⸗ barem Schnellfeuer. Etwas nach 2 Uhr rückte die Infanterig zum Sturme gegen die Trancheen oberhalb Abarzuzas und Casas de Muras vor, und es entbrannte nun ein furchtharer Kampf, der auf beiden Selten mit unbestreitbarer Bravour geführt wurde. Aber die Reser⸗ ven ließen es an wirksamer Unterstützung der Guerillas gist hier der technische Ausdruck fehlen, und die einzeln versprengten Leute, die bei den Trancheen anlangten, wurden von der Uebermacht leicht bewältigt und erschlagen. Vor dem Schnellfeuer schmolzen ganze Compagnien zusammen. Den Verwundeten schlugen die Royalisten mit Kolben die Schädel ein. Tine Gompagnie des Schützen ⸗Bataillon Estella
wurde unzingelt und mit dem Bayonnete umgebracht. Gegen 7 Uhr stellte sich Concha, von nur einem Mitgliede des General⸗ stabes begleitet, an die Spitze dreier Compagnieen und ging gegen die Trancheen vor. Eine Kugel traf ihn in den Unter⸗ leib. „Ich sterbe an der Spitze der Guerillas“, war sein letztes Wort. Er wußt:- sehr wohl, daß die Zahl der Truppen zu klein war, um agli die Rückzugslinie zu schützen und den Sturm gegen die furcht⸗ aren Befestigungen auszuführen. Er hatte, von Madrid aus ge⸗ drängt, schweren Herzens das Unmögliche unternommen. Zwei Tage lang waren die Truppen ohne jgliche Zufuhr gewesen, da die Pro⸗ viantwagen durch das Schnellfeuer der Carlisten von den Höhen Über Villatuerte aus an der Ueberschreitung der Chaussee gehindert wurden. Sofort nach der Einstellung des Feuers begann der von Echague kom- mandirte Rückzug, der von den Carlisten von ihren zahllosen Tran cheen aus beunruhigt wurde, bis die Nachhut die Höhen von Laraga erreicht hatte. Die Verwundeten wurden mit nach Tafalla geschleppt. Die Verluste berechnet man einstweilen auf 2000 Mann. Die Car⸗ listen haben aller Vermuthung nach auch stark gelitten. Der Rückzug ging in guter Ordnung vor sich, und heute Morgen steht schon die ganze Armee in Larraga, Lerin und Tafalla.“
Schweden und Norwegen. Stockholm, 2. Juli. Gestern Abend reiste die verwittwete Königin Josephine mittelst Extrazuges nach Christiania, wo BShre Majestät sich bis Anfang August aufzuhalten gedenkt, und wo man u. A. den 50jährigen Gedenktag ihres ersten Besuchs in Norwegen festlich begehen wird.
— Die dänischen Offiziere Oberst Good, Ober⸗Intendant Kapitän Gorm und Kapitän Le Maire haben, der „Snällpost“ zufolge, in diesen Tagen auf der Reise nach Jönköping die Stadt Malmö passirt und gedenken den Feldübungen in Westgötland beizuwohnen. Außer diesen und den bereits früher angekommenen deutschen Offizieren wird das Uebungs⸗ lager auch vom französischen Militär⸗Attaché in Stockholm Mar⸗ quis Le Mulier, sowie vom norwegischen Oberst⸗Lieutenant Dahl u. m. A. besucht werden.
— Der Vize⸗Polizeidirektor Oldenburg aus Kopenhagen ist am Dienstag in Stockholm angekommen, wo er sich, wie „Aftonbladet“ meldet, mit der Einrichtung des Polizeiwesens bekannt zu machen gedenkt.
— Die schwedische Corvette „Norrköping,“ welche in Veranlassung des bevorstehenden Tausendjahrfestes nach Island zu segeln beordert worden ist, soll, dem „Dagh. Nyh.“ zufolge, nicht vor dem 26. Juli im Hafen bei Reytjavik ein⸗ laufen, weil sie bei den Faroerinseln die Ankunft des dänischen Geschwaders abwarten soll.
Christiania, 2. Juli. Die Königin-Wittwe kam hier um 11 Uhr an und wurde am Bahnhof von den höchsten Cipil⸗ und Militärbehörden der Stadt empfangen. Der Bahn⸗ hof sowie der ganze Weg zum Schlosse war aufs Festlichste ge⸗ schmückt. Eine große begeisterte Volksmenge streute Blumen auf der ganzen Länge des Weges.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Berlin. In dem soeben erschienenen X. Heft der Schriften des Vereins für die Geschichte der Stadt Berlin, Berlinische Nachrichten von L. Schneider (Verlag der Königlichen Geh. Ober⸗Hofbuchdruckerei (R. v. Decker) in Berlin), werden die im 8. Heft begonnenen Berliner Nachrichten aus dem XVI. Jahrhundert fortgesetzt. Der Berfasser sagt hierüber: „So erscheint denn hier gesammelt, was ich eigentlich für unsern Verein geschrieben, noch ehe derselbe zusammengetreten war. Eine Erinnerung für die alten Mit⸗ glieder, — ein Beweis meiner aufrichtigen Ergebenheit für die Zwecke des Vereins, — ein Dank für das mir entgegengetragene Vertrauen in meine Amtsführung, — vielleicht bald ein Andenken.“
— Aus Ilmenau traf die Kunde von dem dort am 4. 8. Mts. Abends erfolgten Tod des Prefessors und Königlichen Kammersängers Eduard Mantius hier ein. Der Verstorbene gehörte eine Reihe von Jahren hindurch der Königlichen Oper an, und hat später als Lehrer des dramatischen Gesanges sich in den weitesten Kreisen einen ehrenvollen Namen erworben. 4 6.
— Franz Bendel, der talentvolle und geschätzte Pianist (Schüler Lißtss, auch als Komponist bekannt, ist am 3. d. M. hier verstorben. . ĩ
— Das 6. Heft der „Zeitschrift für deutsche Kultur geschichte“ (Neue Folge, III. Jahrgang), herausgegeben von Dr, J. H. Müller, Studienrath, (Qannover, in Kommissioen kei Carl Meyer), hat folgenden Inhalt: Neun Frauenbriefe des XV. — XVI. Jahrhunderts. Aus dem Nachlaß des Dr. jur. Emil Roeßler, weiland Bibliothekars zu Sigmaringen. Mitgetheilt von E. Dümmler. — Die Lebensweise des Osnabrückschen Adels im 16. Jahrhundert. Von Hermann Hartmann. — Aus dem Gedenk⸗ buch des Hermann Weineberg. Von L. Ennen (Fortsetzung). — Bilder und Sprüche auf den Feldzeichen kursächsischer Regimenter während des dreißigjährigen Krieges. Von K. G. Helbig. — Bächerschau: Geschichte der Schwarzwälder Industrie. Von J. B. Trenkle. — Buntes: Ein Schwindler zu Nürnberg im Jahre 14530. Mitgetheilt von Dr. Kerler. Kinder ⸗Predigten am Ende des sechszehnten Jahr hunderts.
— Am 24. d. wurde das an Stelle des am 12. August 1870 niedergebrannten Goethehäuschens in Ilmenau auf dem Kickel⸗ hahne auf der alten Grundmauer mit Benutzung der geretteten Ueber- reste sorgfältig nach Form und innerer Einrichtung neuerbaute Häus— chen als ein Denkmal für diese geweihte Stätte eingeweiht, .
— Das Denkmal, welches die Straßburger Bürger ihren während des Bombardements gestorbenen oder in Folge desselben ge⸗ fallenen Angehörigen im botanischen Garten errichtet haben, ist letzthin der städtischen Behörde übergeben worden, unter gleichzeitiger Ueber: weisung des überschießenden Geldes zum Instandhalten desselben. Bei der Enthüllung diefes Denkmals hat eine Feierlichkeit öffentlicher Art nicht stattgefunden. Dasselbe besteht aus einem mächtigen Sarkophag aus weißem Sandstein, welche eine im Rechteck geführte Mauer, deren vordere Seite geöffnet ist, aus gleichem Material in durchbrochener Arbeit umgiebt. In der Mitte der Hinterwand dieser Mauer zu Häupten des Sarkophags ist eine große Tafel von schwarzem Marmor angebracht, welche in Goldschrift die Jahreszahl 870 trägt; über diefe Zahl ist ein in mattem Grau gehaltenes Palmblatt ausgebreitet. Zu belden Seiten des Sarkophags sind innerhalb der umgebenden Mauer Blumenanlagen angebracht.
Landwirthschaft.
Der Verein Berliner Kaninchenzüchter wird zu Steglitz vom 16. bis 20. Juli 1874 im Lossowschen Etablissement, Breite Straße 14, eine Kaninchenausstellung mit Markt veranstalten. — Ueber die Ausbreitung und den gegenwärtigen Stand der seit vorigem Herbst in den Niederlanden herrschenden Lungenseuche macht die Königliche Regierung zu Düsseldorf im Amtsblatt folgende amtliche Mittheilungen zur Nachachtung, namentlich für die Vieh⸗ besitzer und das beim Viehhandel betheiligte Publikum bekannt, Von der Lungenseuche wurden befallen: ; v. 22. März v. 19. April v. 17. Mai Provinz. b. 18. April! b. 16. Mai. b. 13. Juni. in Nordbrabant 2 Stück 1Stück 8 Stück in Südholland... 4 * 48 in Nordholland. in Utrecht in Friesland. in Gröningen in Drenthe.
222 3