1874 / 157 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 07 Jul 1874 18:00:01 GMT) scan diff

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Gewerbe und Handel.

Der heutigen Nummer unseres Blattes ist eine Nebersicht der Industrie⸗Gesellschaften beigegeben, deren Effekten an der Berlsner Börse gehandelt und im Courszettel d. Bl. notirt werden. Diese erläuternde r , aller bei Beurtheilung einer Äktiengefellschaft in Betracht kommenden sachlichen Momente schließt sich unmittelbar an die kereits früher veröffentlichten ähnlichen Ueber sichten der Banken und Eisenbahnen an. Das Verzeichniß umfaßt 199 Gesellschaften darunter 118 in Berlin domizilirende von welcher Gesammtsumme N dem amtlichen, 72, dem nicht- amtlichen Theile des Courszettels angehöten. Am stärksten sind die Maschinenbauanstalten vertreten mit 40 ihnen folgen die Berg⸗ und Hüttenwerke mit 38 Gesellschaften. Baugesell⸗ schaften sind 25 vorhanden, Brauereien 20; an Tuchfabriken, Webe⸗ reien und Spinnereien 11, an chemischen Fabriken 8, an Papier- . und Tapetenfabriken 5; der Rest zersplittert sich in die ver⸗ chiedenartigften industriellen Institute. Das gesammte Aktienkapital der aufgenommenen Gesellschaften beträgt 299,133,109 Thlr. also im Durchschnitt für jede Gesellichaft * Million; es schwankt zwischen I Millionen (Deutfche Reichs⸗ und Kontinental-Eisenbahnbau⸗Gesell= schaft) und 250,600 Thlr., in welcher Höhe mehrere kleinere Gesell⸗ schaften, wie Berliner Wellbank und Wollwäscherei, Berliner Gummi⸗ und Guttaperchawagren Fabrik (Bolle & Co) vertceten sind. Die älteste Gefellschaft ist die Stolberger Gesellschaft für Bergbau, Blei⸗ und Zinkfabrikation; ihre Gründung fällt in das Jahr 1845; die meisten datiren natürlich aus den Jahren 1870 = 1873. Der Rejserve⸗ fonds, der nur bei 26 Gesellschaften sich auf mehr als 100,909 Thlr. beläuft, differirt zwischen 606, 000 Thlr. (Bochumer Gußstahl) und 74 Thlr. (Hermedorfer Portland -Cement-Fabrik), übrigens fehlt er gänzlich bei S7 Gesellschaften. Eben so sind. Spezialreserven nur bei 33 Gefessschaften vorhanden. Mit Obligationen sind 19 Gesellschaf⸗ ten belastet, dagegen haben Hypotheken, nur 64 nicht, aufge⸗ nommen: die Gcsammtsumme derselben stellt sich auf a S56 407 Thlr., also fast auf den fünften Theil des Aktienkapitals. Die Dividende, die, nebenbei bemerkt, bei 56 Gesellschaften noch nicht festgesetzt ist, da deren Geschäftejahr meist eist mit dem 1. Juli abgelaufen, schwankt

zwischen O und 56x. Keine Dividende zahlen für das verflossene Jahr 40 Gesellschaften, 1x nur deren 1 (Kköpniker chemische Fabrik), zwischen 1 und 23 ebenfalls J. 2 zahlen 8, 2 x nur 3, 3 aber wieder 8, 31x giebt eine Gesellschaft, 4x deren 5. 44 2 5 9, . 5 und 6x 3, 6 7, zwischen 6 und 7 2, 7x 5, 7 - 10 s, 10— 1533 7. 16x das, Tarnowitzer Bergwerk, 18 Bergwerk Vereinigter Bonifazius, 171 *. Bergwerk Hibernia C Shamrock, 20 Aachen ⸗Höngener Bergwerk, 23 Gelsenkirchener Bergwerk, 25 * Bergbaugesellschaft Pluto, 40x Arenbergsche Aktien ⸗Gesellschaft für Bergbau und 46 und 56 * Bochumer Bergwerk Litt. B. und A.

Halle a. d. S., 5. Juli. Die im vorigen Jahre durch das Umsichgreifen der Cholera vereitelte XIX. Wanderversammlung der deutschen und österreichischen Bienenwirthe wird nun⸗ mehr, wie es von der Versammlung, welche 1872 in Salzburg tagte, beschlossen worden war, in diesem Jahre in den Tagen vom 15. bis 81. September in Halle a. d. S. abgehalten werden.

Am 27. Juli findet in der Societät zu Unng die Gene⸗ ralversa mmlung des westfälisch⸗rheinischen Vereins für Bienen- und Seidenzucht, welcher in diesem Jahre sein 25jäh—⸗ riges Bestehen feiern wird, statt. Demselben ist eine Verleosung der auf der Ausstellung befindlichen Gegenstände gestattet worden, da mit der Versammlung eine Ausstellung und Prämiirung verbunden ist. Als Prä⸗ mien werden silberne und bronzene Denkmünzen sowie baares Geld gewahrt.

Der jährliche Herbstkongreß der vereinigten Oan— dels kammern Großbritanniens und Irlands wird in die— sem Jahre in Neweastle am Tyne in dem Zeitraum vom 22. bis 26. September abgehalten werden.

Verkehrs⸗Anstalten.

Im Verlage der G. Pfeifferschen Buch⸗ und Kunsthandlung in Berlin erscheint: „Handbuch für den Eisenbahn-⸗Güter— verkehr des Deutfchen Reiches.“ Der vorliegende erste Band enthält das neue vom 1. Juli ab gültige Betrieb s⸗Reglement mit ausführlichen, aus dem amtlichen Material geschöpften Erläuterungen und einem vollstäudigen Sachregister für den praktischen Gebrauch des Handelsstandes. Der Preis des von jeder Buchhandlung zu be— ziehenden Buches ist 1 Mark.

In der Nicolgischen Verlags⸗— Buchhandlung Stricker) hierselbst ist soeben in dritter Auflage erschienen: Verzeichniß sämmtlicher Postorte von Deutschland und Oesterreich⸗ Ungarn, enthaltend die Namen der Postanstalten unter Angabe des Landes, der Provinz ꝛc, in welchen sie belegen sind, der Bezeichnung als Eisenbahnstationen oder bezw. Telegraphenstatio= nen und unter Hinzufügung von Quadratziffern zur Aufsuchung der Orte auf der Karte und zur Berechnung des Fahrpostportos nebst einer Tarx⸗ und Speditionskarte und einem Meilen, und Zonenzeiger, bearbeitet von H. Struve, Postdirektor in Berlin. (Preis mit kolorirter Karte 1 Thlr. 27 Sgr. mit unkolerirter Karte [ Thlr. Das Buch giebt die Lage der Orte in so eigenthümlicher Weise an, daß man mit Leichtigkeit jeden beliebigen der 12,000 Post⸗ orte Deutschlands oder Oesterreich⸗ Ungarns auf der beigegebenen Eisen= bahnkarte finden und sich den Weg veranschaulichen kann, mittelst dessen der Ort zu erreichen ist. Diese berichtigte und ergänzte Auf lage des Werks bringt als nützliche Zugabe einen, Meilen und Zonen zeiger“, aus welchem die direkte Entfernung zwischen zwei beliebigen Postorten, sowie die bei der Portoberechnung zur Anwendung kom⸗ mende deutsche bezw. deutschösterreichische Taxzone erseben werden kann. Durch eine besondere von dem Verfasser erfundene Methode ist die Verlagshandlung in den Stand gesetzt, die Karte auf Verlangen mit farbigem Zonennetze für jeden beliebigen Ort zu versehen, so daß dann sofort mit der Lage eines Ortes quch die Taxzone ersichtlich ist.

NewYork, 5. Juli. (W. T. B.) Der Dampfer des nord- deutschen Lloyd „Minister Roon“ ist heute hier eingetroffen.

Aus dem Wolff'schen Telegraphen⸗Büreau.

Königsberg i. Pr., Dienstag, 7. Juli, Vormittags. Nachdem in der letzten Zeit an mehreren Orten Auflehnungen der Knechte und Instleute gegen die Amtsvorsteher stattgefunden hatten, haben gestern Ruhestörungen in dem nahe gelegenen Orte Quednau stattgefunden. Die Ordnung wurde erst nach Heran⸗ Militär wiederhergestellt. Hundert Personen sind verhaftet.

Ausstellung italienischer Studien und Skizzen. Il

(Siehe Nr. 152 des Reichs ⸗-Anzeigers.)

Den Kopien nach antiken Dekorationen und Produkten der Kleinkunst reihen sich die Studien nach den mittelalierlichen Ar⸗ beiten der sogenannten altchristlichen, der romanischen und der gothischen Periode an. Diese Epochen der Kunst stehen ohne Frage dem modernen Bewußtsein viel ferner als die Antike und die aus ihr hervorgehende Renaissance, und sie sind denn auch keineswegs in dem Grade genügend vertreten, daß sich ein irgendwie anschauliches Bild dieser langen Entwickelung aus den dargebotenen Blättern gewinnen ließe, von denen übrigens einige, 9 künstlexisch betrachtet, zu den schönsten der Ausstellung zählen.

Der altchristlichen Kunst ist die unbekümmerte Weiterver⸗ wendung antiker Formen, deren Verständniß jedoch mehr und mehr erkosch, und die äußerliche Verbindung derselben mit frem⸗ den Elementen eigenthümlich. Die Säulenreihen ihrer Kirchen, der Bafiliken, stellte sie aus hier und dort zusammengelesenen Stücken verschiedener Art und Größe her, und so ist in diesen Bauten von einer harmonisch entwickelten, befriedigt in sich ruhenden Schönheit nichts zu finden. Es lag im Geiste der Zeit, nicht diefe anzustreben, wohl aber das Innere der zu andachtvoller Erhebung bestimmten Räume möglichst wirkungsvoll und prächtig zu dekoriren. Dieser Absicht kam aber die Technik der Mosaicirung wie keine andere entgegen, und so beherrscht diese denn auch in erster Linie die gesammte Innendekoration dieser Zeit und schmückt

die Fußböden wie die Wandflächen und die verschiedenen dem

Kultus dienenden Geräthe, mit denen die Kirchen ausgestattet werden. Geometrische Muster mit saracenischen Motiven, die von der Künstlerfamilie der Cosmaten im Anschluß an antike Vor⸗ bilder zu einer reichen Blüthe entwickelt werden, wechseln mit den typischen Figuren der byzantinischen Kunst und deren orna⸗ mentalen Einfassungen. Eine Anzahl ravennatischer Dekorationen aus dem Maufoleum der Galla Placidia, aus S. Apollinare in elasse u. s. w., ferner venetianischer aus S. Marco und ver⸗ schiedene Proben des Cosmatenstils veranschaulichen in der Aus⸗ stellung diese Kunstweise, als deren minder kostspieliger Ersatz sich allmählich die Wandmalerei ausbildet, die im romanischen Stil eine freiere Entwickelung findet und in Proben dieser Periode durch Dekorationen aus S. Benedetto in Subiaco ver⸗

treten ist. Den Charakter der normännischen Bauten der Insel

Sicilien schildert endlich eine schöne Aquarellstizze von Wilberg, eine Innenansicht der Kapella Palating mit ihren saracenischen Spitzbogen und ihrer reichen byzantinischen Mosaikdekoration, Die Mosaicirung findet auch in der gothischen Periode ihre weitere Fortsetzung, und die reichgeschmückte Fagade des Doms von Orvieto zeigt eines der schönsten Beispiele dieser Art, be⸗ weist aber auch zugleich, wie wenig strenges und richtiges Ver⸗ ständniß der gothische Stil in dem eigenartigen Wesen seiner in allen Theilen ein energisches Emporstreben ausdrückenden Archi⸗ tektur in der italienischen Kunst zu finden vermochte, die viel⸗ mehr fort und fort ihre der Antike entstammende und vermöge einer gewissen Verwandtschaft der ganzen künstlerischen An⸗ schauung nie gänzlich verlorene, auf eine ganz andere Raum⸗

entwickelung berechnete Dekoration verwendet und mit dieser die

zierlichen Formen der Spitzbogen⸗Architektur in wenig organischer Weise zu verbinden sucht. Grabmäler, wie neben anderen die der Skaliger in Verona, und Altartabernakel, unter welchen der von dem Architekten, Maler und Bildhauer Orcagna stammende in Orsanmichele zu Florenz einen ersten Platz einnimmt, geben ein Bild diefer gothischen Dekoration Italiens, während ein ,,. der Periode, Nicolo Pisano, unvertreten geblieben ist.

uch die malerische Dekoration dieser Zeit läßt sich in der Ausstellung nur in einzelnen Details aus dem Campo Santo in Pisa und dem

Palazzo publieo in Siena erkennen, denen sich mehrere vor⸗

treffliche perspeltivische Ansichten gewölbter Hallen aus den Stadthäufern von Florenz und Pistoja anschließen. Das eine dieser Blätter zeigt zugleich eine Wand mit reichem heraldischen Schmuck, dessen Art aus einer Reihe heraldischer Kopien von Ludwig Burger noch vollständiger verstanden werden kann. Außer diesem Künstler haben noch besonders Hellwig, Luthmer, Schwechten, Spielberg und Stöckhardt, die uns auch in den übrigen Abtheilungen vielfach entgegentreten, für die mittelalter⸗ liche Periode dankenswerthes Material geliefert.

In der dekorativen Malerei, der die italienische Gothik mit ihren breiten, für größere Fresken geeigneten und auch benutzten Wand⸗ flãchen fn nur einen bescheidenen Platz an einzelnen Gliedern ber Architektur gestattet, später Jedoch die ornamentale Umrahmung der Wandgemälde durch Kompositionen von Arabesken und in sie eingefügten, von Medaillons umschlossenen Halbfiguren der christlichen Legende zuweist, leitet die gothische Periode unmittel⸗ bar in die frühere Renaissance , die bereits im ersten Drittel des fünfzehnten Jahrhunderts durch eine begeisterte Hin⸗ gabe an die in Italien niemals vollständig erstorbene und ver⸗

essene antike Kunst ins Leben gerufen wird und aus ihr im . des Jahrhunderts sich zu einer reichen Blüthe entwickelt.

Die bereits vorher angewendeten Motive durchdringt die Renaissance mit dem ihr eigenen Geiste und gestaltet sie im Sinne der Antike um. Der Antike werden auch nun mehr und mehr die figürlichen Theile des zu hoher Schönheit sich ausbil⸗ denden Ornaments entlehnt, und unbedenklich läßt die neue Kunst die Gestalten der antiken Mythe sogar in die dekorative Ausftattung der Kirchen eindringen. Mit dieser Umbildung des Ornaments geht Hand in Hand die Erweiterung des ihm ein⸗ geräumten Gebiets. Von den Einfassungen der Fresken breitet es sich über Pilaster, Gesimse und größere Flächen aus, um überall jene heitere Pracht der Dekoration zu erzeugen, die dem Geiste der lebensfrischen und freudigen Zeit entspricht. Von der anfänglich einfarbigen Imitirung plastischer Dekoration geht man dabei allmählich zu farbigen Wirkungen über und erreicht bald die prächtigsten Effekte, die durch die Verbindung der malerischen Dekoration mit Stuckatur und verschwenderischer Vergoldung noch gesteigert werden und so wieder den Verfall einzuleiten be⸗ ginnen.

Die Ausstellung gewährt eine vortreffliche Anschauung dieser Entwickelung, die sich an die Namen der größten Meister an⸗ knüpft. Die bedeutendsten Schöpfungen dekorativer Malerei der Frührenaissance sind in ausgezeichneten Studienblättern vor⸗ handen, und vergegenwärtigen uns, was Filippo Lippi, Benozzo Gozzoli, Luca Signorelli, Domenico Ghirlandajo, Pinturiechio, Perugino und Baldassare Peruzzi, was besonders auch die ober⸗ italienischen Meister Mantegna in den Eremitani zu Padua und Borgognone in der Certosa bei Pavia auf diesem Gebiete ge⸗ schaffen haben. Daran schließen sich die Arbeiten aus der Zeit der höchsten Blüthe der dekorativen Malerei, die zunächst in Rom durch die Entdeckung der Titushermen eine neue ungemein bedeutende, nach Form und Inhalt gleich werthvolle Anregung erhielt und aus den hier dargebotenen Resten des Alterthums mit bewunderungswürdiger schöpferischer Kraft die harmonische Schönheit der Dekoration erzeugte, die in den vatikanischen Logejien Rafgels und in den ihnen folgenden dekorativen Schöpfungen seiner Schule zu Tage tritt.

Die Dekoration der Loggien ist in der Ausstellung durch eine lange Reihe von Studien und Skizzen verschiedener Archi⸗ tekten und Maler im Ganzen sowohl, wie im Detail reprãsentirt. Eine schöne Skizze von Wilberg gewährt eine Uebersicht der ge⸗ sammten Disposition; Blätter von Schwechten, Cremer, Burger, von Großheim, Münzenberger, große Detailstudien von Orth verschaffen dem Besucher eine eingehende Vorstellung dieser De⸗ koration. Dazu gesellen sich dann noch Giulio Romano's Aus⸗ malung der Villa Madama in Rom, sowie des Palazzo ducale und des Palazzo del Te in Mantua, Perino del Vaga's Deko⸗ rationen, die von Meurer meisterhaft kopirten vatikanischen Log⸗ gien des Giovanni da Udine, die Dekoration des venetianischen Dogenpalastes von Jacopo Sansovino u. a. m. Proben der Façadendekoration und eine Reihe von Sgraffitten beschließen diefe ebenso lehrreiche wie künstlerisch erfreuliche Abtheilung der Ausstellung.

Die Vertretung der Kleinkunst der Renaissancezeit ist eine bei weitem weniger ergiebige. Eine Anzahl von Leuchtern, La⸗ ternen, Thürklopfern, Fahnen⸗ und Fackelhaltern und ähnlichen Arbeiten aus Bronze und Eisen sind vorhanden; Werke der Goldschmiedekunst fehlen dagegen vollständig, und die Technik der Majolikagefäße ist nur durch wenige Skizzen vertreten. Desto reichhaltiger ist das Bild der plastischen Dekoration in Stein, Bronze und Terracotta, sowie in Holz und in Intarsia, welches die Ausstellung darbietet. r,, .

Wie die malerische Dekoration dieser Periode, so läßt auch die plastische ein zwiefaches Bestreben erkennen, einmal eine an⸗ tikistrende, zugleich aber auf die Natur selber zurückgehende Um⸗ bildung der uͤberkommenen Formen und dann wieder eine aus⸗ gedehnte Erweiterung des Kreises derjenigen Objekte, die in das Bereich der plastischen Ausschmückung hineingezogen werden. Sowohl die vertikalen und horizontalen Glieder der Architektur als auch die Kirchenpforten und deren Umrahmungen, die Chor⸗ schranken und das Chorgestühl, in der profanen Architektur die Thüren, Treppen, Decken und Kamine, sowie endlich die Geräth⸗ schaften des kirchlichen und des profanen Gebrauchs, vor allem bie Kanzeln und Lesepulte, die Kerzenständer, die Weihwasserbecken, Lavabos und Brunnen erfahren eine reiche plastische Ausbildung; nicht minder die Grabmäler und Altäre, die aus ihrer freien Stellung verdrängt und als reiche Wanddekorationen gestaltet werden. In Bezug auf das Ornainent selber aber ist die üppige Entwickelung der Arabeske nach dem Muster antiker Vorbilder zu beachten, bei welcher, ebenso wie bei der gesammten mehr figürlichen Dekoration in der guten Zeit der Kunst, ein feines fillistisches Gefühl für die Gliederung des zierenden Schmuckes und seine Unterordnung unter die architektonische Eintheilung wie für die Bedingungen des Materials zur Geltung kommt, während mit dem beginnenden Verfall das Streben nach effekt⸗ voller Gesammtwirkung diese Rücksichten verschwinden läßt.

Die einzelnen Kopien und Studien hervorragender Werke und ihrer Details, deren Fülle eine Aufzählung des Einzelnen

verbietet, sind im Allgemeinen geographisch angeordnet worden. Dabei nimmt Florenz, das besonders auch durch Arbeiten des großen Brunellesco, durch Desiderio da Settignano, Mino da Fiesole und Benedetto da Majano und durch einen in Luca della Robbia's Technik der Dekoration in gebranntem Thon her⸗ gestellten Sakristeibrunnen vertreten ist, einen hervorragenden Platz ein; neben ihm dann ferner Rom, wo die Gräber in Santa Maria del Popolo von der Hand Sansovino's die höchste Blüthe der Marmordekoration vergegenwärtigen, endlich das reiche, aber in seinem Schmucke minder edle Venedig, Mailand, wo Bramante's Einfluß von hoher Bedeutung ist, und endlich Pavia mit der eine ganze Entwickelung in einem Bauwerk ver⸗ einenden reichgeschmückten Cortosa.

In ähnlicher Anordnung stellen sich die Arbeiten der Holz⸗ dekoration dar, die in der erhabenen Arbeit die Motive der Steindekoration mit steter Rücksicht auf die Bedingungen des Materials sich aneignet, für die Dekoration der Flächen aber die Intarfiatechnik verwendet und sich bei dieser in der besseren Zeit auf das einfache Flachornament beschränkt, später aber über diese Begrenzung hinausgeht und durch Verwendung mehrfar⸗ biger Hölzer der eingelegten Arbeit eine minder stilgemäße male⸗ rifche Wirkung zu erringen strebt. Beide Techniken vereinigen sich in dem durch eine Fülle von Beispielen der verschiedensten Zeit vertretenen Chorgestühl und erreichen in dessen kunstfertiger Ausbildung die höchste Meisterschaft. Die auf bestimmte Meister, wie auf die Masani, die Barili, auf Mereatello, Giacomo de Marchis, Damiano da Bergamo, Giovanni da Ve⸗ rona und Andere zurückzuführenden Arbeiten sind zum Theil mit deren Namen bezeichnet; bei den übrigen läßt die Art der Behandlung wenigstens die Zeit, der sie angehören, erkennen. Zu bemerken sind übrigens neben Details von verschiedenem Chorgestühl auch einige Proben ge⸗ schnitzter Decken, die den Holzschneidern reiche Arbeit gaben, waͤh⸗ rend ein dritter hervorragender Gegenstand dieser Technik, das Rahmenwerk für Tafelbilder, ohne Vertretung geblieben ist.

Die sen Abtheilungen der Ausstellung, um deren Reichhaltig⸗ keit sich ziemlich sämmtliche der Eingangs genannten Künstler verdient gemacht haben, schließt sich endlich eine letzte an, welche die Bekleidung der Fußböden mit harten Steinen in verschiede⸗ nen Mosaikmustern oder mit gemalten und glasirten Majolika⸗ platten veranschaulicht, die in der späteren Renaissancezeit beson⸗ ders beliebt wird, aber auch bereits früher, wie von Rafael in den Loggien, angewendet wurde und sich lange Zeit hindurch in Gebrauch erhielt.

An Deutschlands Anthropologen.

Der n ff internationale Kongreß für vorgeschicht⸗ liche Menschenkunde und Alterthums kun de findet in der Zeit vom 7. bis 16. August zu Stockholm statt, und es wird derselbe die nachstehenden Fragen besprechen: 1) Welche sind die ältesten Spu— ren der menschlichen Existenz in Schweden? 2) Wie charaktexisirt sich das Zeitalter der polirten Steinwerkzeuge in Schweden? Muß man die Alterthümer dieses Zeitalters einem einzigen Volke zuschrei⸗ ben, oder kann man die gleichzeitige Existenz mehrerer Stämme anneh⸗ men, welche verschiedene Theile Schwedens, bewohnten? 3) Wie charakterisirt sich das Zeitalter der Bronze in Schweden? Welche wa⸗ ren die Analogien der Sitten und der Industrie dieses schwedischen Zeitalters mit denjenigen des gleichen Zeitalters in anderen Ländern Europas? In welcher Beziehung standen dieselben zu denjmmigen der vorhergehenden Periode? 4 Wie ö sich das Zeitalter des Eisens in Schweden? In welchen Beziehungen stand dasselbe zu den vorhergehenden Perioden? Kann man die Beziehungen zu den gleich⸗ zeitigen Völkern von Südeuroya aufstellen! 5) Kann man die Straßen feststellen, welche der Handel mit dem gelben Bernsteine im Alterthume verfolgte? 6) Welche sind die anatomischen und ethno—⸗ graphischen Charaktere vorhistorischer Menschen in Schweden? Der Kongreß wird einige Ausflüge nach alten Begräbnißstellen in der Um= gegend von Stockholm machen. Alle diejenigen, welche sich für den Kongreß interessiren, können Theil an demselben nehmen. Die Sprache defseiben ist die französische. Indem ich auf das vorstehende Programm des Kongresses verweise, glaube ich versichern zu dürfen, daß Jeder unserer Landsleute, der denselben besuchen wird, hohen Genuß finden wird in den interefsanten Verhandlungen, sowie in der Beschauung der dortigen bezüglichen Sammlungen und durch die rege Aufmerksamkeit und Gaftfreundschaft der Bewohner Schwedens und Stockholms. Auf Einsendung von drei Thalern (per Postanweisung) an Hrn. Hans Hildebrandt, Sekretär des Kongresses zu Stockholm, der vollkommen Beutsch verfteht, erfolgt Uiebersendung der Mitgliedskarte, welche halbe Ermäßigung der Eisenbahn ⸗Fahrpreise in Schweden gewährt.

v. Dücker, Königlich preußischer Bergrath a. D. zu Bückeburg und

Forrespondirendes Mitglled des obigen Kongresses zu Stockholm.

Redaktion und Rendantur: Schwieger.

Berlin: Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner.

Vier Beilagen leinschließlich Börsen⸗· und Handelsregister Beilage Nr. 117.)

Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

M 157.

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Aichtamtliches. Deutsches Re ich.

Preußen. Berlin, J. Juli. Der Minister des Innern hat die Formulare für die Standesbeamten festge⸗ stellt und dieselben den Ober⸗Präsidenten mittelst des folgen⸗ den Erlasses vom 8. Juni 1874 mitgetheilt:

Nach 5. 5 des Gesetzes vom 9. Marz d. Is, über die Beurkun dung des Personenstandes und die Form der Eheschließung sind die Register und die Formulare zu den Registerauszügen den Gemeinden kostenfrei vom Staate zu liefern

Die Beschaffung dleser Register und Formulare und deren Aus= antwortung an die Standesämter wird hiermit den Königlichen Ober=

räsidien übertragen mit, dem Anheimstellen, nach, Befinden zu dem Ende Ihrerseits die Bezirksregierungen (Landdrosteien) mit weiterem Auftrage zu versehen.

Um die Beobachtung der gesetzlichen Bestimmungen und die Gleichartigkeit der Eintragungen thunlichst sicher zu stellen, erscheint es angemessen, die Standesregister mit einem Vorßruck zu ver⸗ sehen. Das für diesen Vordruck im Einverständniß mit dem Hrn. Justiz⸗Minister festgestellte Schema erfolgt hierbei in . . . . Exem⸗

plaren unter A. Geburtsregister, B. Heirathsregister, C. Sterberegister.

A, ist das Schema für eine Eintragung in das Haupt- register, B. resp. C. für eine Eintragung in das Ne benregister. Im Geburts-Nebenregister ist jede Eintragung in gleicher Weise wie die Eintragungen in die Heiraths⸗ resp. Sterbe⸗Nebenregister, mit dem in B. und C. angegeb-nen Beglauhigungsvermerke zu versehen; B. und C. bilden zugleich das Schema für daz Haupt-Heiraths resp. Sterberegister, mit der alleinigen Maßgabe, daß in den letzteren der Beglaubigungsvermerk weg fällt.

Die Schemata A, B., C. sind gleichzeitig für Format und

Gestalt der Register selbst, wie der Formulare zu den

Registerauszügen maßgebend. Die Formulare zu den Registerauszügen sind im Vordruck über⸗ dies mit der Ueberschrift: Geburtsurkunde bezw. Heirathsurkunde bezw. Sterbeurkunde und mit folgendem, der Fassung des §. 11 Absatz 2, des allegirten Gesetzes entsprechenden Beglaubigungs vermerke zu versehen; daß vorstehender Auszug mit dem Haupt-, Geburts- 2c. Register des Königlich preußischen Standesamtes Kreis gleichlautend ist, wird hiermit

1 49m 1 Der Standesbeamte. (Siegel.)

(X.)

Um für den Beglaubigung vermerk im Geburts-⸗Neben⸗ register und für den Beglaubigungsvermerk unter den Auszügen aus den Geburtsregistern den erforderlichen Raum zu gewinnen, wer— den in den gedachten Nebenregistern und in den Formularen zu den ge— k die einzelnen Zeilen etwas enger als in A. zu ziehen sein.

Es erfolgen ferner hierbei in Exemplaren die Schemata zu den ebenfalls kostenfrei zu liefernden Formularen

P. für die in §. 37 des Gesetzes vom 9. März d. Is. vortze schriebene Bescheinigung über die erfolgte Eheschließung.

Wie schon bemerkt, ist den Registern genau das Format der Schemata A., B., C. zu geben; insbesondere hat auch der Rand dieselbe Stelle und dieselbe Breite (iedenfalls keine geringere Breite) wie dort zu erhalten. Auch die Papiersorte der (mit einem hinlänglich starken vorspringenden Einband zu versehenden) Register wird ähnlich derjenigen von A, B, 9. zu wählen sein. Die

or mulare zu den Registerauszügen (mit Einschluß von D.) sind jeden⸗ ö auf einem, durch das Zujsammenfalten nicht leidenden Papier zu rucken.

Wie die Schemata A, B, C. ergeben, ist von jedem Blatte die Vor⸗ und Rückseite zu bedrucken. Für größere Standesamtsbezirke können erforderlichen Falles die Geburts 2c. Register in mehrere Volumina zerlegt werden; in diesem Falle ist dann nur bei dem Ab⸗ 6 von Voi. J. c. (8. 10 a. 4. OS. auf. Vol.. II. 2c. ausdrüchich

inzuweisen. Für dergleichen größere Bezirke wird, nach Befinden auch im Eingang der Formulare der Ort (Berlin, Breslau ꝛc.) gleich vorgedruckt werden können.

Um die rechtzeitige Beschaffung der Register und Formulare nach keiner Richtung zu gefährden, mag soviel das letzte Quartal dieses Jahres betrifft und soweit Ew. Excellenz es für geboten er— achten, von Einleitung des sonst vorgeschriebenen Submissions⸗ verfahrens Abstand genommen werden.

Die Starke der zu veranstaltenden Druckauflage anlangend, kommt in Betracht, daß nach statistischen Erfahrungen auf 1099 Einwohner jüͤhrlich etwa 385 Geburten, 8 Eheschließungen und 28 Sterbefälle zu rechnen sind. Es fallen giso je 23x dieser Zahlen auf das letzte Quartal d. J. Nach diesem Maßstabe, werden daher auch die zu fertigenden Brucke auf die einzelnen städtischen und ländlichen Stan— desämter resp. auf die für dieselben zu fertigenden Register zu ver⸗ theilen sein. Gleichwohl ist nicht zu unterlassen, mit, Rücksicht auf mögliche außerordentliche Verhältnisse, die Zahl der in jeden Register band aufzunehmenden Vordrucke um einen angemessenen Prozentsatz ins besondere die der SterbeAtte um mindestens eg. 20* zu erhöhen.

Um den Standesbeamten für die xichtige Benutzung der Vor⸗ drucke eine nähere Anweisung an die Hand zu geben, erfolgen endlich hierbei, üün.« .. metallographirten Exemplaren, in denen die in den Registern und Formularen zu druckenden Worte unterstrichen sind) die Muster einiger, je nach der Lage des Falles verschieden⸗ Je, gestalketer Akte, nämlich:

. 1. Geburtsanzeige durch den ehelichen Vater, A. 2. dergleichen durch eine Hebeamme, 3. dergleichen durch eine . in deren Wohnung die Nie⸗ derkunft sich ereignet hat und die zugleich die Vaterschaft anerkennt, ; ? Eventuelle Randvermerke, 1 2

en und statt dessen die Eintragung am R den Fällen der 55. 16, 20, 41, 45, in denen die Eintragung auf schrift⸗ liche Anzeige resp. Mittheilung der Behörden erfolgt, wird der Vor⸗ druck am besten . zu durchftreichen und die Eintragung am Rande dahin vorzunehmen sein:

(Datum in Buch staben) ö ;

Dem unterzeichneten Standesbeamten ist heute die

Berlin, Dienstag, den 7. Iuli

, wörtlich folgende Anzeige (Mittheilung) zuge⸗— en. (inseratur wörtlich.) Der

In allen so eben erwähnten Fällen muß übrigens bei Ertheilung von Registerauszügen von der Benutzung der Auszugs formulare Abstand genommen werden. Ebenso in allen sonstigen Fällen, in denen ausnahmsweise und aus besonderen Gründen vorgedruckte Worte im Register zu durchstreichen gewesen sind.

Ew. ersuche ich ganz ergebenst, die vorgedachten Muster (A. 1 bis 4, B. 1, C. 1 bis 4, D. Dgefälligst vervielfältigen und seiner Zeit jedem Standesbeamten und Stellvertreter in je einem Exemplare zugehen lassen zu wollen. A. 1 bis A. 4 wird ebenso wie 9 U bis C. 4, auf einen und denselben Bogen übergedruckt werden önnen.

Da zur Bestreitung der Kosten für die Beschaffung der qu. Re' gister und Formulare im Staatshaushalts-Etat für das Jahr 1874 Mittel nicht vorgesehen sind, so werden diese Kosten für das gedachte Jahr als Mehrausgabe gegen den Etat nachgewiesen werden müssen. Die Verrechnung ist hinter Titel 3 Kap. 92 des Etats der Verwaltung des Innern unter einem ueuzubildenden, mit entsprechen⸗ 34 . . zu versehenden Abschnitt, ohne Titel nummer, zu

ewirken.

In gleicher Weise ist, wie ich in Verfolg des Erlasses vom J. Mai cr. bemerke, hinsichtlich der den Standesbeamten etwa zu bewil⸗ ligenden Remunerationen zu verfahren.

Für das Jahr 1875 2c. wird behufs Uebernahme der qu. Kosten auf den Etat das Nöthige eingeleitet werden.

. Bei der Einführung in ihr Amt resp. bei Zufertigung der Re— gister und Formulare werden die Standesbeamten sowohl auf die vorstehend hervorgehobenen, dazu geeigneten Punkte, wie auf die vor- zugsweise wichtigen, die Geschäftsführung betreffenden und nicht be⸗, reits durch den Vordruck angedeuteten Bestimmungen des Gesetzes, vom 9. März d. J. nochmals ausdrücklich hinzuweisen sein. Dahin gehören namentlich die Bestimmungen in

§. 9, betreffend die Unzulässigkeit von Abkürzungen, von Korrek⸗ turen und Rasuren resp. die Nothwendigkeit besonderer Vollziehung aller am Rande zu vermerkenden Zusaͤtze, Löschungen und Abänderungen,

S§. 9, 10, betreffend die vor Allem einzuschärf ende Pflicht alle Eintragungen und inshesondere die Heirathsakte sofort zu vollziehen —, betreffend ferner die noch an demselben Tage zu bewirkende genaue Nachtragung der Nehenregister resp. die Mittheilung beglaubigter Abschriften von solchen Eintragungen, welche 1 Einreichung des Nebenregisters in dem Hauptregister gemacht

orden,

. 8. 12, wonach jeder . n. einer Eintragung auch die zu derselben gehörigen Ergänzungen und Berichti⸗— gungen enthalten muß,

S. 25, wonach, ohne die im 5. 245 erwähnte Ermächtigung, zum Abschluß einer Ehe nur derjenige Standesbeamte zuständig i st? in dessen Bezirk einer der Verlobten seinen Wohnsitz hat

§. 48, wonach Berichtigungen einer Eintragung nur auf Grund gerichtlicher Anordnung erfolgen dürfen 2c.

Bezüglich der Handhabung des materiellen Rechtes, inzbesondere des Eheschließungsrechtes, bleibt die nähere Instruirung der Standesbeamten vorbehalten.

Dasselbe gilt ven denjenigen besonderen Zweigen der Ver⸗ waltung (Vormundschaftssachen 2c. c), hinsichtlich deren die Mit- wirkung der Standesbeamten unvermeidlicher Weise wird in Anspruch genommen werden müssen.

Ebenso bleibt besondere Verfügung hinsichtlich der Bestellung von Dolmetschern für dicienigen Landestheil, in denen ein Be— dürfniß dazu vorliegt, sowie hinsichtlich der Deckung, der Dolmetscher⸗ gebühren, vorbehalten. Schon jetzt bemerke ich im Einverständniß mit dem Hrn. Justiz⸗Minister, daß die Standesbücher durchweg und ohne Ausnahme in deutscher Sprache zu führen sind, und daß an jedem Sitze eines Stan— desbeamten, welcher nicht beider in Betracht kommenden Sprachen mächtig ist, ein bei dem nächsten Gerichte zu vereidigen—⸗ der Dolmetscher anzustellen fein wird. Der jedesmaligen Bemerkung in der Verhandlung selbst, dat ein Dolmetscher und welcher zugezogen sei, wird es dag⸗gen nicht bedürfen, da die den Akten der Standes⸗ beamten innewohnende publica fides ohne Weiteres zu der Annahme führt, daß die von dem Standesbeamten protokollirke Erklärung auf einer ihm ordnungsmäßig gewordenen und von ihm sprachlich verstan⸗ denen Mittheilung beruhe.

Im Uebrigen wird es für jetzt des Erlasses einer besonderen Instruktion für die Standesbeamten nicht bedürfen. Es ist zu beanspruchen, daß dieselben ebenso wie die Aufsichtsbehörden be— strebt sein werden, sich mit den, im Allgemeinen einer Erläuterung nicht bedürftigen Vorschriften des Gesetzes vom 9. März d. J. thun—⸗ lichst vertraut zu machen. Die Aufsichtsbehörden werden nicht unter⸗ lafsen dürfen, die bei ihnen eingehenden Nebenregister einer sorgfältigen Reviston zu unterwerfen und bei entdeckten Berstößen gegen das Gesetz die erforderliche Rüge eintrelen zu lassen. Bei den an Ort und Stelle vorzunehmenden Geschäftsrevisionen wird insbesondere die, bereits oben als besonders wichtig bezeichnete Kontrole darüber zu üben sein, ob alle Akte von dem Standesbeamten vorschriftsmäßig vollzogen und die Nebenregister (auch bezüglich der Randvermerke) vollständig und recht- zeitig nachgetragen sind, nicht minder an mittelst Durchsicht der weiter unten erwähnten Sammelakten, die Kontrole über die Befol— gung der, die Zulässigkeit der Eheschließung respektive das Aufgebot betreffenden Vorschriften der §5§. 24 fgl. des Gesetzes vom 9. März dieses Jahres.

i, Nebenregister sind von den Aufsichtsbehörden (5. 10 a. a. O.

a. im Geltungsbereiche der Verordnung vom 2. Januar 1849 den Kreisgerichten, und zwar innerhalb des Bezirks der Kreis⸗ gerichts⸗Deputationen und Kommissionen diesen letzteren,

b. im sonstigen Geltungegebiete des Gesetzes vom 9. März 1874

den Amtsgerichten . ; zuzustellen. Zuständig ist dasjenige Gericht, innerhalb dessen Bezirk der Standesbeamte seinen Wohnsitz hat. ;

ĩ . Standesbeamten werden jedenfalls zu führen

haben:

1 ein alphabetisches, die spätere Auffindung der Akte, von wel—⸗ chen Auszüge verlangt werden, ermöglichendes Register,

2) nach den Jahren und Gegenständen gesonderte Sammelakten für die bei ihnen eingehenden schriftlichen Anze igen,

3) desgleichen für die von den Verlobten beizubringenden Urkun⸗ den und Konsenzerklärungen, fuͤr die Aufgebotsbescheinigungen und Dispensationen (5. 33 a. 4. O.), eventuell für die, von bereits ver⸗ heirathet Gewescnen beizubringenden Todesscheine der verstorbenen Gatten resp. Chescheidungsurtheile, desgleichen für die Registra⸗ turen und Verhandlungen, welche von dem Standesheamten in den Fällen des F. 28 4. a. O. Über die von ihm konstatirten Thatsachen, oder über die von den Verlobten ihm abgegebenen eidesstattlichen Versicherungen ö sind, . .

4) eine Kontröle bezüglich der rechtzeitigen nachträglichen Angabe der Vornamen in den Fällen des §. 18 in fine, —.

5s) eine Kofstenliste bezüglich der zum Vortheil der Gemeindekasse zu erhedenden Gebühren für Registerauszüge und für gewährte Ein sicht der Register. (5. 12 a. 4. O.)

1874.

* w '

Empfehlenswerth ist endlich, wie namentlich auch der Herr Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal⸗Angelegenheiten unter Bezugnahme auf 8§. 54 Absatz 2.4. a. O. hervorgehoben hat, die Führung eines Verzeichnisses über die von den Standesbeamten angeordneten oder auf Requisition verkündeten Aufgebote. Zu dem aus 5. 54 eit. sich ergebenden Zwecke ist nicht minder auch die eben erwähnte Kostenliste von Wichtigkeit.

Die Ertheilung der erforderlich scheinenden Anweisung über die Anlegung und Führung der qu. Akten, Listen 2c. darf ich den Aufsichts⸗ behörden überlassen. Die letzteren werden demnächst auch soweit nöthig, die Bereitstellung zweckentsprechender, in ortsüblicher Weise kenntlich ge⸗ machter Lokalitäten, sowie die angemessene Feststellung der Geschäfts⸗ stunden zu überwachen haben.

Ew; ersuche ich ganz ergebenst, hiernach nunmehr das Erforder— liche gefälligst ungesäumt veranlassen zu wollen. Der Minister des Innern. . Eulenburg. An sämmtliche Herren Ober ⸗Präsidenten.

Die (unausgefüllten) Formulare A., B., C., D. sind:

2

zu am res tausend acht hundert siebenzig und Uhr ein Kind lichen Geschlechts geboren worden sei, welches Vornamen erhalten habe Vorgelesen, genehmigt und Der Standesbeamte.

. Nr am... ten tausend acht hundert siebenzig und Mittags . . . . . Uhr. Vor dem unterzeichneten Standesbeamten erschienen heute als Verlobte: der Person nach.. ... kannt, Religion, ...

wohnhaft zu Sohn des

der Person nach kannt, Jahre alt, geboren zu .. . . . . , wohnhaft zu Tochter der

sowie als Zeugen: 3) D der Person nach Jahr ö wohnhaft zu

59 der Person nach Jahre alt, wohnhaft zu Die Verlobten erklärten vor dem Standesbeamten und in Gegenwart der Zeugen persönlich ihren Willen, die Ehe mit einander eingehen zu wollen. . genehmigt und Der Standesbeamte,

Die Uebereinstimmung mit dem Hauptregister beglaubigt un ken 187 Der Standesbeamte.

am Vor dem unterzeichneten Standesbeamten erschien heute der Person nach wohnhaft zu und zeigte an, daß Religion, wohnhaft zu geboren zu verheirathet . be . des Jahres tausend acht hundert Uhr verstorben sei . . ..

Vorgelesen genehmigt und Der Standesbeamte. Zusatz im Nebenregister. : Die w mit dem ö beglaubigt .... . K ! Der Standesbeamte.

16. Bescheinigung über Aufnahme der Heiraths⸗Urkunde.

Die Urkunde über die Schließung der Ehe zwischen dem .... wohnhaft zu und der wohnhaft zu.. ... ist durch den unterzeichneten Standesbeamten heute.. . . . mittags ... Uhr aufgenommen .

ten

(Siegel.)

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Bei Otto Gülker u. Co. hierselbst ist die kleine Schrift von Karl Weiß, Direktor des 6 Victoria⸗Bazar in Berlin, welche sich mit der Frage beschäftigt: Wie sorgen wir für die Zukunft unserer erwachsenen Töchter? in 2. Auflage er— schienen. Mitten aus seiner Erfahrung und unmittelbaren Praxis, anknüpfend an die wirithschaftlichen, geschäftlichen, gewerblichen und erziehlichen Eigenschaften des weiblichen Geschlechts, zeigt der Ver⸗ faffer, welcher so chen im Begriff steht, die fünfte auf Frauen-= bildung und Versorgung bezügliche Anstalt für Mittel deutschland zu Erfurt einzurichten, wie Frauen und Töchter nach erprobten Grund sätzen erfolgreich zu lohnendem Erwerb und ehrenvoller Selbständig⸗ keit geführt werden sollen. .

Die Nrn. 25 u. 26 der Zeitschrift Kunst und Gewerbe, Wochenschrift zur Förderung deutscher Kunst⸗Industrie“ (6. Jahrg,), her= ausgegeben vom Bayerischen Gewerbemuseum zu Nürnberg, redigirt von Pr. Stto von Schorn (Verlag der Friedr. Kornschen Buchhandlung in Nürnberg), haben folgenden 2 Die nationale Hausindustrie. Von Cart Albert Regnet. Berlin: Die Bauausstellung. Das deutsche Gewerbemuseum. Tetschen: Berichtigung. Rapperswyl: Das polnische Nationalmuseum. Philadelphia: Die Weltausstel⸗ lung. Für die Werkstatt: Neues Universalwerkzeug. Aus dem Buchhandel: Illustrirtes Baulexikon, heraus gegeben ven Dr. O. Mothes. Kleine Nachrichten: Stiftung. Brennbare Erde, ,, in Rußland. Erklaͤrung zur Beilage: Schlüsselloch-⸗Einfassung. Die nationale Hausindustrie. Von Carl Albert Regnet. (Fortsetzung) Berlin: Aus dem Deutschen Gewerbemuseum. Das Gicbelfeld am Haufe deg Geh. R. Raven. Frankfurt g. M Die Samm⸗ lungen des Frhrn. v. Rothschild. Zngim: Die Fachschule für die Thouwagrenindustrie. Fuͤr die Werkstatt: Das Papier-Leder, Kleine Nachrichten: Förderung der Kunst in Bayern. Militärische Ruhmeshalle. Charles Fox 4. . der Zeitschriften:

Erklärung zur Beilage: Eisernes Thürband (Tondruch.

Die Nr. 54 der Wissenschaftlichen Beilgse der Leip⸗ ziger Zeitung vom b. Juli enthält u. A. folgende Aufsätze: Hahe= galß am Harz. Das Kunstpedal von Eduard Zachgrige. Das Staatzarchiv. = Zeitschrift des Königlich preußischen statistischen Bureaus.