stützende Armenverband für Verpflegung einer Kranken im Bür⸗ gerhospitale zu Cöln den an diese Anstalt bezahlten Pauschsatz von 20 Sgr. täglich dem ersatzpflichtigen Armenverband in Rech⸗ nung gestellt und war mit dem den tarifmäßigen Pauschsatz von 6 Sgr. täglich übersteigenden Betrage seiner Forderung in erster Instanz abgewiesen worden. Auf eingelegte Berufung hat das Bundesamt am 13. Juni 1874 das erste Erkenntniß bestätigt, und zwar in Erwägung, daß, wenn auch anzunehmen sein möchte, daß die von dem Appellanten vorläufig verpflegte Che⸗ frau S. an einer schweren Krankheit im Sinne der Nr. 2 des preußischen Tarifs vom 21. August 1871 gelitten habe, der von ihm erhobene Anspruch auf Erstattung eines, den Tarifsatz von F Silbergroschen täglich übersteigenden Betrages für ärztliche und wundärztliche Behandlung als genügend substanzürt gleich⸗ wobl nicht betrachtet werden könnte, daß Appellant zu dem Ende eine besondere Berechnung der von ihm gemachten, überhaupt erstattbaren Mehraufwendungen (vergleiche Nr. 2 cit.) vorzulegen und unter Beweis zu stellen gehabt hätte, daß start dessen die bloße Vorlegung der Rechnung des Bürger⸗ hofpitals zu Cöln, in welchem die ꝛc. S. untergebracht gewesen ist, um so weniger genügte, als in keiner Weise zu ersehen ist, welche Beträge an allgemeinen Verwaltungskosten unter dem, von dem Bürgerho pifale liquidirten, diese Verwaltungskosten unzweifelhaft mit umfassenden Pauschalsatze von 20 Silber⸗ grofchen täglich enthalten find, daß der Armenverband des Unter⸗ stüͤtzungswohnsitzes aber, nach 8. 30 des Reichsgesetzes vom 6. Juni 1870, zur Erstattung von allgemeinen Verwaltungs⸗ kosten der Krankenhäuser so wenig in dem Falle verpflichtet er⸗ scheint, wenn der vorläufig verpflegende Armenverband den Hülfsbedürftigen in einem fremden, — wie in dem Falle, wenn er ihn in einem ihm selbst zugehörigen Krankenhause unterge⸗ bracht hat.
— In der Woche vom 21. bis 27. Juni 1874 sind ge— prägt worden an Goldmünzen: 4422, 160 Mark 20⸗Mark⸗ stücke, 152,980 Mark 10⸗Markstücke; an Silbermünzen: 357 708 Mark 1⸗Markstücke; 78,413 Mark 60 Pf. 20-Pfennig⸗ stücke; an Nickelmünzen: 174943 Mark 10⸗Pfennigstücke; 20,340 Mark 50 Pf. 5⸗Pfennigstücke; an Kupfermünzen: 1660 Mark 60 Pf. 2⸗Pfennigstücke; 15,019 Mark 52 Pf. 1⸗-Pfennigstücke. Vorher waren geprägt: an Goldmünzen: S32,713, 380 Mark 20 Markstücke, 202, Saj0 640 Mark 10⸗Mark⸗ stücke; an Silbermünzen: 19,812,808 Mark 1⸗Markstücke, 6 O14, 432 Mark 40 Pf. 20⸗Pfennigstücke; an Nickelmünzen: 2,517 784 Mark 10Pfennigstücke, 289 829 Mark 10 Pf. 5⸗Pfennigstücke; an Kupfermünzen: 421,005 Mark 96 Pf. 2⸗Pfennigstücke, 157,041 Mark 4 Pf. 1-Pfennigstücke. Mithin sind im Ganzen geprãgt: an Goldmünzen: S37, 136, 140 Mark 20⸗Markstücke, 02 353 620 Mark 10⸗Markstücke; an Silbermünzen: 20,170 516 Mark 1⸗Mark stücke, 6,092,846 Mark 20⸗Pfennigstücke; an Nickelmünzen: 2,693,727 Mark 104Pfennigstücke, 310 169 Mark 60 Pf. 6 Pfennigstücke; an Kupfermünzen: 425,606 Mark 56 Pf. 2Pfennigstücke, 172050 Mark 56 Pf. 14Pfennigstücke. Ge⸗ sammtausprägung: an Soldmünzen: 1,040 089 769 Mark; an Silbermünzen: 26,2653, 362 Mark; an Nickelmuünzen: 3 002,896 Mark 60 Pf.; an Kupfermünzen 597,667 Mark 12 Pf.
— Des Königs Majestät haben mittelst des Allerhöch⸗ sten Erlasses vom 30. Mal d. J. genehmigt, daß den länd⸗ lichen Gemeinden und Polizeiverwaltungen auf deren Antrag gestattet werde, ihre unteren polizeilichen Exekutivbeam⸗ ten mit einer aus einem blauen Ueberrock mit zwei Reihen blauer Knöpfe, mit stehendem blauen Kragen, und einer blauen Militärmütze mit der preußischen Kokarde bestehenden Dienst⸗ kleidung und mit einem Seitengewehre zu versehen.
— Dem Königlich preußischen Unter⸗Steueramte zu Kirn im Haupt⸗Amtsbezirke Kreuznach ist die Befugniß zur Abferti⸗ gung des mit dem Anspruche auf Steuervergütung aus zufũh⸗ renden Biers ertheilt worden.
— Das Königlich bayerische Haupt-Zollamt Aschaffen⸗ burg ist in ein Neben-Zollamt im Innern umgewandelt, nebst den bisherigen Inkorporationen des Haupt-Zollamtes Aschaffen⸗ burg dem Bezirke des Haupt-Zollamtes Würzburg einverleibt und demselben unter entsprechender Personalbestellung das un⸗ bedingte Niederlagerecht, dann die Befugniß zur unbeschränkten Ausfertigung und Erledigung von Begleitscheinen J. und II. sowie zur Abfertigung des Eisenbahnverkehrs nach den Bestim⸗ mungen in 55. 65 bis 71 des Vereinszollgesetzes ertheilt; ferner ist an Stelle des bisherigen Königlich bayerischen Nehen⸗Zoll⸗ amtes Memmingen, Haupt⸗Zollamtsbezirks Augsburg, ein Haupt⸗Zollamt errichtet und seinem Bezirke das Neben⸗Zollamt im Innern Kempten, wie jenes zu Kaufbeuren aus dem Bezirke des Haupt⸗Zollamtes Augsburg überwiesen, und das Königlich bayerische Neben⸗Zollamt im Innern Straubing, Haupt⸗ Amtsbezirkes Regensburg, dem Bezirke des Haupt⸗Zollamtes Passau zugetheilt worden.
— Der bisherige Kaiserlich deutsche Gesandte in Konstan⸗ tinopel, von Eichmann, ist von dort hier eingetroffen.
— Der General der Kavallerie und General⸗Inspecteur des Militär⸗Erziehungs⸗ und Bildungswesens Baron von Rhein⸗ baben ist in Begleitung des Adjutanten der genannten In⸗ spektion Majors Poten, aggregirt dem 1. Schlesischen Husaren⸗ Regiment Nr. 4, von seiner Inspizirungsreise nach Schlesien hierher zurückgekehrt.
— Der Königlich sächsische Militär⸗Bevollmächtigte, Major von der Planitz, hat sich nach Sachsen begeben.
Königsberg, 10. Juli. Das Publikandum des Land⸗ raths Freiherrn v. Hü llessem über die Unruhen in Quednau lautet nach der „Ostpr. Ztg.“ wie folgt: .
„‚Gestern hat im Kreise ein sehr bedauerlicher Exzeß statt— gefunden. ;
In den Amtsbezirken Quednau und Trutenau rottete sich eine größere Anzahl von Leuten zusammen, zerstörte die Amtsgefängnisse daselbst und verübte Mißhandlung und Plünderung. Zur Herstellung der Ordnung mußte Militär requirirt werden. Dasselbe stieß auf Widerstand und mußte von der Waffe Gebrauch machen. Mehrere der Tumultanten wurden verwundet, einige nicht leicht, und 105 wur⸗ den demnächst verhaftet. Weitere Verhaftungen werden vorgenommen werden, um die Schuldigen, die sich der sofortig'n Sistirung entzogen haben, der gefetzlichen Strafe zu übergeben. Die gerichtliche Unter ⸗ suchung ist auf Requisition der Königlichen Staatsanwaltschaft ein geleitet. Ein außerordentlicher Kommissarius des Gerichts führt die R 1 Vernehmungen haben heute schon an Ort und Stelle statt⸗ gefunden.
Soweit bis jetzt hat festgestellt werden können, ist die Ver⸗ aunlassung zu diesem traurigen Vorfall darin zu suchen, daß bei dem Gesinde und den Arbeitern in vorerwähnten Bezirken die thöͤrichte An- nahme Platz gegriffen hat, daß, nachdem durch die Einführung der neuen Kreisorbnung die Polizeigewalt auf dem Lande auf die Amts- vorsteher übergegangen, die arbeitende Klasse vor dem Gesetze nicht
mehr gleiche Rechte mit der besitzenden habe und wieder in Unter ⸗ thänigkeit gerathen solle.
Es gewinnt auch den Anschein, als wenn im Kreise nicht ein⸗ heimische Elemente böswillig die Dummheit der Leute, welche die neue Kreisordnung als ein Uebergangsgesetz zur Leibeigenschaft ansehen, be⸗ nutzt haben, um sie aufzureizen, gegen die Obrigkeit Unfrieden zu säen zwsschen Gesinde und Brodherrschaft, und Exzesse zu veranlassen, in dem ihnen wahrheitswidrig vorgestellt war, daß die Amtsvorsteher aus eigener Macht die Polizei an sich genommen hätten und es nicht der Wille Sr. Maßfestät des Königs ware, daß sie die Polizei führen.
Die Unterfuchung wird das Nähere ergeben und die Schuldigen der gesetzlichen Strafe überweisen. Pflicht der Behörden ist es aber, nach solcher Wahrnehmung die Leute vor böswilligen Aufreizungen zu warnen und sie über die neue Einrichtung der Amtspolizei auf⸗ zuklären. Demnach erhalten die Gemeinde⸗ und Gutsvorsteher den Auftrag, sofort unter Hinweis auf die 58. 46, 565, 67 und 77 des Gesetzes vom 13. Dezember 1872 über die Kreiserdnung in ihren Bezirken zu veröffentlichen,
' daß der Amtsvorsteher die Polizei im Namen des Königs ausübt,
2) daß der Amtsvorsteher von der Staatsregierung durch den Ober⸗Präsidenten ernannt wird,
3) daß die Aufsicht über die Geschäftsführung der Amtsvorsteher der Landrath als Vorsitzender des Kreisausschusses führt, .
4) daß der Landrath als Organ der Staatsregierung die gesammte Polizeiverwaltung im Kreise und in dessen einzelnen Amtsbezirken, Gemeinde⸗ und Gutsbezirken überwacht. . ;
Ich erwarte, daß die Gemeinde⸗ und Gutsvorsteher mit dieser Publfkation eine geeignete Belehrung verbinden, insbesondere darauf hinweisen werden, daß nach §. 59 der Kreisordnung der Amtsvor⸗ steher die Sicherheits- Ordnungs-, Sitten⸗, Gesundheits⸗, Gesinde, Armen, Wege⸗, Wasser⸗, Felde, Forst⸗, Fischerei⸗, Gewerbe, Bau Feuer⸗Polizei u. s. w., soweit sie nicht durch besondere Gesetze dem Landrath oder anderen Behörden übertragen ist, verwaltet und nach §5. 60 und 61 mit Befugnissen ausgestattet ist, die seinen Anordnun— gen auch den erforderlichen Nachdruck geben können.
Bei der Neuheit und Ungewohnheit der Einrichtung der Arnte— polizei wird es sich aber uch empfehlen, darauf aufmerksam zu machen, daß Beschwerden über die Handhabung der Polizei nach wie vor bei dem Landrath anzubringen sind, und ich angeordnet habe, um ftets Uebersicht über das, was im Kreise vorgeht, zu haben, daß mir pon jeder vorläufigen polizeilichen Inhaftirung, sowie von jeder fest⸗ gesetzten polizeilichen Gefängnißstrafe unter Angabe der Person, des Grundes und der Dauer der Haft resp. Strafe sofort Bericht er— stattet wird. .
Ich hoffe, daß jeder rechtschaffene MaWnn im Kreise es für seine ernsteste Pflicht erachten wird, Aufreizungen und Auflehnungen gegen Gesetz und Obrigkeit zu verhindern, um Exzesse zu vermeiden, welche das strengste Einschreiten der Behörde wiederum zur Folge haben müßten.
Königsberg, den 7. Juli 1874.
Der Landrath Baron v. Hüllessem.“
Bayern. München, 9. Juli. Die heutige Sitzung der Abgeordnetenkammer begann unter Ausschluß der Oeffent⸗ lichkeit. Gegenstand der geheimen Verhandlung war der Antrag, der Staatsregierung den Wunsch auszusprechen, es möge für die Kammer der Abgeordneten ein Kanzleidirektor bestellt werden. Trotz heftiger Opposition der ultramontanen Seite, des Hauses wurde der Antrag, wenn auch mit geringer Mehrheit, ange— nommen.
In öffentlicher Sitzung wurden sodann einige eingereichte Beschwerden nach dem Vorschlag des Ausschusses für formell unzulässig erklärt; dann ein Antrag: der Regierung den Wunsch auszusprechen, Erhebungen zu psßegen, und im nächsten Budget Postulate einzustellen wegen Erweiterung des Frankenthaler Rheinschiffahrtskanals angenommen; über einen Antrag auf Aen⸗ derung einiger Bestimmungen des preußischen Landrechts bei der nahen Einführung eines allgemeinen deutschen Civilgesetz buchs zur Tagesordnung übergegangen; ein Antrag auf Erhöhung der im Gesetze über Armen⸗ und Krankenpflege festgesetzten wöchent⸗ lichen Maximalbeiträge der Dienstboten ꝛc. zu den Krankenhäu⸗ sern angenommen; endlich ein Antrag auf Aenderung der all⸗ gemeinen Bauordnung, die Schindelbedachungen betr., verworfen. Der Antrag Hafenbrädls betreffs Kommandirung von Offizieren und Soldaten zu kirchlichen Feierlichkeiten wurde auf Mittwoch vertagt.
Bis auf die Feststellung des Etats für das Landesgestüt hat die Kammer der Abgeordneten die Budgetberathung jetzt beendet. Der Entwurf des Finanzgesetzes wird heute Abends im Ausschusse festgestellt werden; derselbe wird dann nächsten Freitag in der Kammer, der Schlörsche Gesetzentwurf, betreffend die Erwerbung der Ostbahnen, wird nächsten Montag zur Be⸗ rathung gelangen.
— Wie die „Allg. Ztg.“ vernimmt, wird Prinz Arnulf von Bayern nach den Schlußprüfungen der Kriegsakademie in Begleitung des Premier⸗Lieutenants Grafen Bothmer vom Infanterie-Leibregiment eine dreimonatliche Reise nach dem Nordcap antreten.
Sachsen. Dresden, 10. Juli. Der König und die Königin sind heute Vormittag 1411 Uhr aus der Lausitz wie— der hier eingetroffen. Nachmittags fand zu Ehren des heutigen Namenstages der Königin Mutter, welcher zugleich der Ge⸗ burtstag des Prinzen Johann Georg ist, Familientafel statt.
Württemberg. Stuttgart, 9. Juli. Am 5. d. M. Vormittags ist die Prinzessin Victoria von Baden in Herrenalb angekommen und hat ihr Absteigequartier in der neu erbauten Villa der Freifrau v. Bunsen aus Karlsruhe ge⸗ nommen.
Nachmittags traf ebendaselbst der Minister des Innern v. Sick in Begleitung des Ober⸗Bauraths v. Cloß ein.
Sachsen⸗Weimar⸗Sisenach. Weimar, 10. Juli. Das „Regierungsblatt für das Großherzogthum Sachsen⸗Weimar⸗ Eisenach“ enthält in Nr. 19 das Gesetz über das Volks schul⸗ wesen im Großherzogthum Sachsen, ferner das Gesetz über die Besoldungen und Alterszulagen der Volksschul— lehrer und das Gesetz, die Diäten der bei Geschwornen⸗ gerichten fungirenden Beamten betieffend.
Anhalt. Dessau, 9. Juli. Im Befinden der Prin⸗ zessin Alexandra ist in den letzten Tagen eine entschiedene Befserung eingetreten, so daß die Krankheit einen günstigen Ver⸗ lauf zu nehmen scheint. — Der Besuch der Herzogin von Dalarne, Schwester der Herzogin, wird jetzt zum 15. d. M. erwartet. — Die beiden ältesten Prinzen des Herzoglichen Hauses haben vor einigen Wochen ihren Aufenthalt in Genf beendet und werden demnächst nach einer Reise durch Ober⸗Ita⸗ lien hier eintreffen, um vor der Fortsetzung ihrer Studien eine Zeit lang bei ihren Hohen Eltern zu verweilen.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 9. Juli. Auf der Tagesordnung der heute stattgefundenen siebenten Sitzung der internationalen Sanitätskonferenz standen die Fragen über die Errichtung von Fluß⸗ und Seequarantäne⸗AUnstalten, beziehungsweise die Beibehaltung der letzteren. Da jedoch die
Vorschläge der erst in der fünften Sitzung gewählten Spezial⸗ Kommission über diese Fragen noch nicht vorliegen und der Re⸗ ferent der Quarantãne⸗Kommission, Dr. A. Hirsch, Universitãts⸗ Professor in Berlin, erklärte, daß der Bericht bis nächsten Mon⸗ tag bereits gedruckt sein werde, beschloß die Konferenz, die Sitzungen bis dahin auszusetzen und nächsten Montag in der Plenarversammlung in die Berathung und Beantwortung der Fragen über das Quarantänewesen einzugehen. Morgen 7 Uhr früh findet ein Ausflug der Konferenzmitglieder nach Payer⸗ bach statt.
— Der Minister des Aeußern Graf Julius Andrassy hat sich nach Terebes begeben.
Pest, 9. Juli. Im Abgeordnetenhause wurde der §. 2 der Wahlgesetzvorlage, betreffend das Wahlrecht der Adeligen, nach mehrstündiger Debatte angenommen. Zu §. 3 sprachen wieder zahlreiche Redner. Die Berathung wird morgen fortgesetzt.
— Einer Deputation unter Führung des Vorstandes der israelitischen Landeskanzlei erklärte der Minister Trefort, daß die Errichtung des Rabbiner⸗Seminariums bestimmt erfolgen werde, nachdem die Allerhöchste Entschließung durch keinerlei Beschlüsse des Abgeordnetenhauses, die nur formeller Natur sein können, alterirt werden kann.
Schweiz. Bern, 10. Juli. Nachdem der zwischen der Schweiz und dem Deutschen Reiche abgeschlossene Ausliefe⸗ rungsvertrag durch die in Berlin am 6. d. erfolgte Aus⸗ wechselung der Ratifikations⸗ Urkunden in Kraft getreten, ist durch ein Kreisschreiben des Bundesraths den Kantonen mitgetheilt worden, daß die bisherigen Auslieferungsverträge mit
Baden und Bayern keine Geltung mehr haben.
—
Belgien. Brüssel, 8. Juli. Der „Moniteur“ meldet: „Mittelft offizieller Note vom 1. Juli 1874 hat die Regierung der Vereinigten Staaten Amerikas den zwischen Belgien und jener Republik am 17. Juli 1858 abgeschlossenen Handel s⸗ und Schiffahrtsvertrag gekündigt. Die belgische Regierung hat von dieser Notifikation Akt gegeben. Der erwähnte Vertrag wird in Folge dessen vom 1. Juli 1875 an in beiden Ländern seine obligatorische Geltung verlieren.“
— Das Schöffen⸗Kollegium in Antwerpen ist von dem Gemeinderath ermächtigt worden, eine Anleihe von 60 Millio⸗ nen Frs. für die Stadt zu kontrahiren.
— 10. Juli. (W. T. B.) Der „Indépendance“ zufolge ist in dem Zuchthause von Vilvorde eine Meuterei aus⸗ gebrochen und zu deren Unterdrückung ein Bataillon Infanterie dorthin abgegangen.
Großbritannien und Irland. London, 10. Juli. (W. T. B.) Im Unterhause erklärte heute auf eine bezügliche Anfrage Whallen's der Unter⸗-Staatssekretär im Departement des Auswärtigen, Sir R. Bourke, der Sklaven⸗ handel an der Ostküste von Afrika sei beinahe voll⸗ ständig unterdrückt gewesen, habe neuerdings aber wieder zu⸗ genommen, hauptsächlich hinsichtlich derjenigen Eingeborenen, welche aus dem Norden von Zanzibar und aus dem Innern des Landes geliefert würden. Auch glaube er, daß der Sklaven⸗ handel zwischen Abyssinien und Aegypten noch fortdauere. Es feien dem Khedive von Aegypten deshalb Vorstellungen gemacht worden, und habe derselbe in Folge dessen den Pascha eines Distriktes durch einen anderen ersetzt, auch angeordnet, daß, was nur irgend möglich, zur Unterdrückung des Sklavenhandels ge⸗ schehen solle.
Sir H. C. Childers brachte darauf die Finanzlage des Landes zur Sprache. Der Kanzler der Schatzkammer, Sir Stafford Northeote, erklärte, es liege keinerlei Nothwendigkeit vor, irgend eine Modifikation des Budgets vorzunehmen. Der wirkliche Ueberschuß werde voraussichtlich den dafür vorveran⸗ schlagten Betrag übersteigen, obschon die Aussichten für den Handelsverkehr des Landes fortdauernd ungünstige seien. Die Einnahmen hätten an Ergiebigkeit nicht nachgelassen.
Frankreich. Paris, 11. Juli. (W. T. B.) Die Mit⸗ theilungen mehrerer Zeitungen über den Ausgang der Unter— suchung gegen das bonapartistische Central-Comiteé, wonach es sich um die gerichtliche Verfolgung mehrerer hervor⸗ ragender Mitglieder der bonapartistischen Partei handeln soll, werden von der „Gazette des tribunaur“ als übertrieben und ungenau bezeichnet.
Versailkes, 10. Juli. In der heutigen Sitzung der Nationalversam mlung verlangte Berthauld von der Linken, das Ministerium darüber zu interpelliren, ob die Botschaft des Präsidenten darauf ausgehe, der National versamm⸗ lung das Recht zur Interpretirung der Natur und des Cha⸗ rakters des Gesetzes vom 20. November v. J. (Septennat) ab⸗ zusprechen, und ob der Marschall Mac Mahon fortfahre, der Delegirte der Nationalversammlung und der letzteren für seine Handlungen verantwortlich zu bleiben. Berthauld beantragte, daß die Berathung seiner Interpellation auf nächsten Montag festgesetzt werde. Die Versammlung beschloß auf den Antrag des Vize⸗Präsidenten des Ministerkonseils, de Cissey, mit großer Majorität, daß die Interpellation bis zur Berathung der kon⸗ stitutionellen Gesetzvorlagen zurückgestellt werde.
Hierauf begann die Berathung über den Antrag Wo⸗ lowski's, wonach die jährliche Amortisationsrate für die Bank von Frankreich von 200 auf 150 Mill. Fres. herabgesetzt werden soll. Der Finanz⸗Minister Magne be⸗ kämpfte den Antrag sehr lebhaft, weil derselbe für den Kredit der Bank und den Kredit des Staates gleich verderblich sei und weil derselbe das Aufhören des Zwangskourses der Bankscheine nur noch mehr verzögern müsse. Der Minister erinnerte daran, daß der Präsident Thiers stets die Amortisationssumme von 200 Mill. Fres. jährlich auf das Entschiedenste aufrecht erhalten habe, und hob hervor, daß zur Abtragung der Schulden und zur Herstellung des finanziellen Gleichgewichts eine allgemeine Erhöhung gewisser schon bestehender Abgaben das geeignetste Mittel sei. Mit der Besteuerung des Salzes erklärte der Mi⸗ nister ausdrücklich sich einverstanden, indem er am Schlusse seiner Rede noch auf das Beispiel der Vereinigten Staaten von Nord⸗ Amerika hinwies, die auch die Abgaben erhöht und dadurch ihren Finanzen aufgeholfen hätten. Wolowski trat dem gegen⸗ über nochmals für felnen Antrag ein; die Versammlung ver⸗ tagte die Weiterberathung auf morgen.
— In der heutigen Sitzung der kon stitutionellen Kom⸗ mission beantragten der Vize⸗Präsident des Minister⸗Konseils und Kriegs⸗Minister de Cissey und der Minister des Innern Fourtou, daß an die Stelle der Abstimmung mittelst des Listen⸗ ftrutiniums in den Departements die Abstimmung nach Arrondissements trete, daß ferner zur Konstituirung einer Ersten Kammer geschritten werde, deren Mitglieder zu einem gewissen Theile durch die Regierung zu ernennen sein
U würden, und endlich, daß das Recht zur Auflösung der
Atocha übergeführt und dort vorerst beigesetzt.
Deputirtenversam mlung, dessen Ausübung dem Präsi⸗ denten unter Mitwirkung der Ersten Kammer zustehen soll, votirt werde. De Cissey bemerkte bei Begründung seines An⸗ trags, die Regierung habe zwar nicht das Verlangen, die Auf⸗ lösung der Nationalversammlung zu beschleunigen, dieselbe wolle aber auf jede Eventualität vorbereitet sein. .
Spanien. Madrid, 2. Juli. Gestern wurde die Leiche des Marschalls Concha in der Pfarrkirche von San Joss niedergelegt und heute in feierlichem Zuge nach der Basilika von Sein Sarg ruhte auf einem Artillerie⸗Fourgon; sein Säbel, seine Uniform und sein Marschallsstab lagen über seiner sterblichen Hülle; ein Kranz, den die Stadt Bilbao gesendet, ruhte über dem Ganzen, dessen Schleife die Inschrift trug: „Die Bewohner von Bilbao zum Gedächtniß des erlauchten Marquis del Duero.“ Der Marschall Serrano, sämmtliche Minister und hohe Staatsbeamte folgten dem Zuge mit entblößtem Haupte. Vier Pferde des Marschalls wurden hinter dem Sarge geführt, worunter das, welches zu⸗ gleich mik ihm verwundet worden war. Die ganze Garnison war ausgerückt.
Der „Imparcial“ berichtet, daß Marschall Concha, als er mit einem Theil seines Stabes mitten in dem Gefecht erschien, seinen Soldaten Muth eingesprochen und ihnen zugerufen hat: „Viva Espanna!“ Als ihn die Kugel der earlistischen Schützen getroffen hatte, galt es, den General vor den anrennenden Fein⸗ den zu retten und zugleich den Truppen seinen tödtlichen Zustand zu verbergen. Da faßte der Husaren⸗Lieutenant Don Federico Gonzalez Montero den sterbenden Feldherrn in seine Arme, hob ihn auf sein Pferd vor sich über das leichenbedeckte Schlachtfeld nach Abarzuza, begleitet von den Offizieren Zavala, Lozano und dem Arzte Martinez, zu dessen Füßen er gefallen war. das Pferd Montero's brachte, gab er den Geist auf. Die letzten Worte, welche er sprach, waren: „Sie haben mich getödtet, aber in den Guerillas!“ Die Begleitung brachte die Leiche unverletzt und unbemerkt nach Abarzuza.
Auf Grund eines Irrthums in dem „Dictionnaire des Contemporains“ wird allgemein angenommen, daß der Marschall ein achtzigjähriger Greis gewesen sei. Nach spanischen Quellen wurde Concha im Jahre i808 zu Buenos Aires geboren und ist demnach nur sechssechszig Jahre alt geworden. Sein Vater fiel im Kampfe gegen die rebellische Regierung von La Plata, und zum Lohne dafür wurde sein Sohn im Alter von eilf bis zwölf Jahren als Kadet in die Königliche Garde aufgenommen. Im ersten Carlistenkriege kämpfte Concha in demselben Corps mit und zeichnete sich durch seinen Muth aus, und im Alter von 26 Jahren wurde er, nachdem er Urnieta im Bayonnet⸗ kampf genommen hatte, zum Oberst⸗-Lieutenant ernannt; eine er⸗ folgreiche Attaque auf die Höhen von Velascoies brachte ihn auf die Dberstenstufe. Zwei Jahre später wurde er Brigade⸗General, und bald darauf, nachdem er einen glänzenden Sieg über die Carlisten bei Castelotte davongetragen, Feldmarschall. Nach dem Kriege mußte er aus Spanien fliehen, da er gegen Espartero intriguirt hatte. Später kehrte er zurück und kommandirte die Insurgenten gegen Espartero, den er zur Flucht zwang. Er unterdrückte zwei Jahre später den Aufstand in Catalonien, nahm 1847 Oporto ohne Blutvergießen, und zum Lohne für seine Verdienste in Portugal um Donna Maria wurde er zum Marquis von Duero ernannt. Zum zweiten Mal unterdrückte er 1851 einen Carlisten⸗ aufstand in Catalonien, worauf er zwanzig Jahre zurückgezogen lebte, bis er vor kurzer Zeit gegen die Carlisten geschickt wurde, um auf dem Schlachtfelde zu sterben.
Italien. Rom, 1. Juli. (Allgemeine Uebersicht über die Zeit von Mitte Mai bis Ende Juni) Die Deputirtenkammer, welcher für die zweite Hälfte des Mai noch die verhältnißmäßig wichtigsten der Minghettischen Finanz⸗ gesetze zu erledigen oblag, genehmigte am 15. die Ueberweisung ber sogenannten Additional-Centesimi von den Provinzialkassen an die des Staates mit der Majoritãt von zwei Stimmen, wäh⸗ rend das von den sieilianischen Abgeordneten bekämpfte Tabaks⸗ gesetz, welches das in den übrigen Provinzen geltende Regie⸗ rungs-Monopol auf diese Insel ausdehnt, eine nach den voraus⸗ gegangenen Debatten kaum zu erwartende Mehrheit von 58 Stimmen erlangte. Am höchsten während der ganzen Session gingen die Wogen der Opposition bei der Berathung über die Ungültigkeitserklärung der nicht registrirten und besteuerten juristischen Verträge und Kontrakte. Das Ministerium nahm fich dieses Provedimentos so leb⸗ haft an, daß es eine Kabinetsfrage daraus machte; aber auch die Opposition schickte ihre besten Kräf'e vor, und von großem Eindruck war die Rede des Professors Mancini (am 19.) Schon in der Kommission war das Gesetz einstimmig zurück⸗ gewiesen worden. Gleichwohl durfte die schließ liche Abstimmung — 166 stimmten dagegen, 165 dafür — als ein auzreichender Beweis erachtet worden, daß die Kammer die Kabinetsfrage nicht ernst zu nehmen gewillt war, wie denn auch, nach wirklich er⸗ folgter Demission des Ministeriums, die Entscheidung des Königs, welcher dieselbe nicht annahm, ziemlich allgemeine Zu⸗ stimmung fand. Es war am ersten Pfingsttage (24. Mai), als dieses viel besprochene Votum stattfand. Am folgenden Tage erklärte das Ministerium, daß, es nunmehr ordern müsse, daß von der Berathung derjenigen Positionen Abftand genommen werde, welche neue Ausgaben für die Regierung involvirten. Das crschien billig, hat aber doch in der Folge zu heftigen, von der klerikalen Vartei geschürten, Preßfehden der südlichen Provinzen geführt. Es handelte sich um Bewilligung eines Kredites für Hafenbauten in Girgenti, Palermo, Salerno, Castellamare und Neapel; die Deputirtenkammer, eine zufällige Abwesenheit vieler regierungs⸗ freundlichen Mitglieder benutzend, genehmigte diese Position; aber der Senat wies sie einige Tage darauf zurück, sich nur auf die bereits im Bau begriffenen und kontraktlich fetzgesetzten Ar⸗ beiten in Genua, Livorno und Venedig beschränkend. Das be⸗ reits früher von der Kammer bewilligte Kreditgesetz für Zwecke der Landesvertheidigung wurde von dem Senat vertagt (am 4. Juni). Die bei dieser Gelegenheit gehalte⸗ nen Reden der Generale Cialdini und Menabrea, die sich nicht auf die innere politisch⸗ finanzielle Frage be⸗ schränkten, verdienen Beachtung. In schneller Folge erledigte man dann in der Kammer und sofort auch im Senate die fol⸗ genden Gegenstände nach der Forderung oder doch unter Gut⸗
ißung des Ministeriums: 1) der 1. Januar wird als Festtag erklärt; 2) Nachträgliche Bewilligung unvorhergesehener Aus⸗ gaben; 3) Kredit für die Häfen von Genua, Livorno, Venedig; I) Kredit für den Bau eines Gesandtschaftshauses in Konstan⸗ tinopel; 5) Organisationsbestimmungen für die Militãrkassen; 6) Ausdehnung von Sanitätsvorschriften auf die Provinz Ve⸗ nedig; 7) Verleihung einer Eisenbahn⸗Konzession ( Zweigbah⸗ nen); 8) Verlängerung des Einschreibungstermines für Hypo⸗
in den Sattel und ritt mit ihm
Als man den Ober⸗General auf.
theken in Bom; 9) Kredit für die Sisenbahn Asciano⸗Grosseto. Die Berathung über die staatliche Ueberlassung der römi⸗ schen Eisenbahnen an die Gesellschaft der Südbahnen kam da⸗ gegen nicht mehr zu Stande.
aus dieser letzten Periode der Kammerverhandlungen ist noch die am 28.
und Placet an neuernannte Bischöfe,
der Grenzen der gesetzlichen Vorschriften und bestünde ein Ent⸗ gegenkommen vielmehr auf der kirchlichen Seite. wurde die Kammer geschlossen, während der Senat noch bis zum 13. forttagte. Das am 4. Juni angenommene definitive Budget für 1874 ergiebt an ordentlichen Ausgaben 1319043983 Lire, an außerordentlichen Ausgaben 221,818,278 Lire, zusam⸗ men 1,540 862,261 Lire; an Einnahmen 1,364, 147, 325 Lire; Defizit 176,B,714 936 Lire. Die Ausgaben vertheilen sich auf die verschiedenen Ministerien wie folgt: Finanzen 991,186,728, Justiz 31, 145,680, Unterricht 21,946,213, Aeußere Angelegenheiten 6 002,928, Innere Angelegenheiten 56 257,917, Deffentliche Arbeiten 164128469, Krieg 213 015,852, Marine 45, 455,772, Ackerbau 17,722,699 Lire. Vom 20. November 1873 bis zum 4. Juni hat die Depu⸗ tirtenkammer 142 öffentliche und eine geheime Sitzung gehalten. Die kirchliche Bewegung zeigte in der Periode von Mitte Mai bis heute eine stets zunehmende Lebhaftigkeit. Schon im vorigen Bericht war der polizeilich in letzter Stunde ver— botenen Mailänder Prozesfion gedacht. Für diesmal bleibt nach⸗ zutragen, daß der Präfekt Graf Torre die vollständigste Billi⸗ gung seines Verfahrens Seitens des Ministers des Innern er⸗ halten, und daß er die Absicht aufgegeben hat, seine Stellung niederzulegen.)
Am 16. Mai wurde in der Gemeinde Paludano der frei gewählte Pfarrer Orioli feierlich eingeführt. Guerrieri⸗Gonzaga, in Deutschland durch seine treffliche Faust⸗Uebersetzung bekannt, hielt eine mit Enthusiasmus aufgenommene Rede bei diesem Anlaß. Es ist derselbe Gonzaga, der in einer Interpellation l die große Wichtigkeit dieser religiösen Volks⸗Initiative inwies.
Am dritten Tage darnach sprach der Bischof Rota von Mantua über Orioli und seine zwei Genossen die Exkommuni⸗ kation aus, die nachher noch feierlicher durch ein Dekret der Konzils-Kongregation, in Anknüpfung an die Encyelica vom 13. November 1873 wiederholt wurde.
Der zum Ersatze des Kardinal gewordenen Chigi zum Nuntius für Paris bestimmte Msgr. Meglia reiste am 18. Mai an seinen Bestimmungsort ab.
Am 29. Mai starb Kardinal Faleinelli, bis vor Kurzem
Nuntius in Wien. Er machte den Papst zu seinem Erben.
Am 15. Juni fand ein Konsistorium statt, in welchem den neu ernannten Kardinälen Chigi, Guibert und Simor der Mund geschlossen und wieder geöffnet wurde. Später nahmen dieselben Besitz von den ihnen zugewiesenen Titularkirchen.
Am 18. Juni hielt der Papst vor dem heiligen Colleg jene sehr bemerkte Rede, welche jegliche Bemühung zur Herbeiführung eines sogenannten modus vivendi zurückwies und alle Proteste erneuerte. Die „Perseveranza“ antwortete darauf: „Wenn Krieg sein soll, so wird Krieg sein.“
In späteren Gelegenheitsreden sprach sich der Papst gegen die Betheiligung der Katholiken an den politischen Wahlen aus, erwähnte der Aufforderung, die ihm zugekommen, Rom zu verlassen, erklärte jedoch, trotz der Gefahren so lange hier aus⸗ harren zu wollen, als es Gottes Wille sei. Eine tadelnswerthe und allgemein getadelte Gegendemonstration am Abend des 24. muß noch immer den Vorwand bieten, den Papst als in seiner perfönlichen Sicherheit bedroht darzustellen. Die Tage des h. Peter und Paul (29. und 30. Juni) sind ohne Störungen vor— übergegangen.
Der am 13. Juni in Venedig zusammengetretene Kongreß der katholischen Vereine aller Art erfreute sich wie der Mainzer der Zustimmung und des Segens des Papstes.
Die öffentliche Sicherheit Siziliens bildet seit Wochen eine stehende Rubrik der Zeitungen. In der Nähe von Orvieto wurde Graf Claudio Faina von Briganten fortgeführt und ermordet (25. Mai), sowie ein hochgestellter Beamter auf dem Marktplatz von Parma, und in Bologna verschwand auf un⸗ enträthselte Art ein Königlicher Advokat.
Wegen der Theuerung der Lebensmittel gab es an ver⸗ schiedenen Orten Tumulte und Exzésse, so in Faenza, wo Arbeits—⸗ einstellung in den Webereien den Anlaß boten, in Imola, wo man sogar an Brandstiftung gedacht hatte, zuletzt in Forli.
Am 31. Mai fand die Eröffnung der Bahn von Cozzone in Kalabrien statt. Die Brücke von Borgoforte ist fertig und die Strecke Mantua⸗Modena seit dem 27. d. M. dem Verkehr übergeben.
Türkei. Konstantinopel, 7. Juli. (T. N.) Die türktische Regierung wird sich auf dem Brüsseler internatio⸗ nalen Kongreß ebenfalls vertreten lassen. — Die Aerzte Bartoletti Efendi und Ali Bey, Delegirte der Türkei für den Sanitäts-Kongreß in Wien, sind heute dahin abgereist.
Belgrad, 8. Juli. Der Fürst Milan wird am Freitag nach Wien abreisen.
Nußland und Polen.
St. Petersburg, 9. Juli. Der Großfürst Michael Nikolajewitsch und die Groß⸗ fürstin Olga Feodorowna sind mit ihren Kindern am 28. Juni aus Tiflis eingetroffen und haben in der Villa Michai⸗ lowka zwischen Sstrelna und Snamenskoje Wohnung genommen.
— Der Minister der Kommunikationen, General⸗Lieutenant Graf Bobrinsky, ist am 6. d. M. mit der Warschauer Bahn
von hier abgereist. Die Rückkehr des Ministers erfolgt, wie die russische „St. P. 3.“ meldet, gleichzeitig mit derjenigen des Hofes, d. h. am 12. Juli.
— Die Regeln über die Gemeindeverwaltung der astrachanschen Kalmücken, welche eine besondere Kommission bei dem Domänen⸗Ministerium ausgearbeitet hat, sind, wie die R. W.“ gehört hat, dem Kriegs-Ministerium übergeben worden, um im Anschluß an dieselben Vorschläge über die Gemeinde⸗ verfassung der im Donschen Gebiet nomadisirenden Kalmücken zu machen. .
— In Veranlassung des Senatsukases, durch welchen an⸗ geordnet wird, daß die Rückstände für Pläne und Vermessungs⸗ urkunden der Kronländereien unverzüglich zu bezahlen sind, hat das Domänen⸗Ministerium, wie der ‚R. W.“ gemeldet wird, beschlossen, durch den Reichsrath zur Deckung solcher Rück⸗
) Den ursprünglichen Beschluß hatte übrigens nicht, wie in der letzten Uebersicht irrthümlich angegeben war, das Urtheil der kleri-⸗ kalen Presse, das ja nicht anders zu erwarten stand, sonde n das— jenige von der Regierung nahestehenden Journalen hervorgerufen.
Von allgemeinem Interesse i . St. P. 3.“ sich in Polen, besonders in den Grenzgegenden, n Mai von Miceli gestellte Interpellation über das Verfahren der Regierung in Ertheilung des Exequatur 3 auf welche der Justiz⸗ Minister antwortete, die Regierung hielte sich streng innerhalb
Am 5. Juni
stände um eine neue Assignation für das laufende Jahr einzu⸗ kommen, da die ganze dazu bestimmte Summe schon für die erste Hälfte des Jahres verausgabt werden muß.
— Die Cholera soll nach einer Depesche der russischen
gezeigt haben. Sicherheitsmaßregeln werden getroffen.
— Die Nachricht der „Börse“ daß das Minister⸗Comits den vom Minister der Kommunikationen gestellten Antrag ver⸗ worfen hätte, wonach alle neuen Eisenbahnen künftig nur noch für Rechnung des Staats erbaut werden sollten, ist der „St. P. Ztg.“ zufolge unrichtig. Die Mehrzahl der Mitglieder des Minister⸗Comités sei vielmehr mit dem Projekt des Ministers der Kommunikationen völlig einverstanden gewesen, um so in der allerbestimmtesten Weise jegliches Konzessionswesen ein für alle Mal zu beseitigen. Inzwischen sei aber durch den Finanz⸗ Minister ein anderes Projekt vorgelegt worden, in Bezug auf welches das Comité beschloß, daß zwischen den Ministerien der Kommunikationen und Finanzen dieserhalb Verhandlungen ein—⸗ geleitet werden möchten. Zugleich betonte das Comité, daß die— ses näue Projekt übrigens nichts Gemeinsames mit dem Kon⸗ zesfionswesen haben dürfe. Auf diese Weise ist das Projekt des Ministers der Kommunikationen also lediglich vertagt.
Schweden und Norwegen. Stockholm, J. Juli. Laut Verordnung vom 5. Juni soll auf der Schiffswerfte zu Karlskrona der Bau eines neuen Kriegsschiffes in An— griff genommen werden, nämlich einer hölzernen Dampfkorvette von folgenden Dimensionen:; Länge 2027 Fuß, Breite 34 Fuß, Tiefgang vorne 151 und hinten 171 Fuß; an Geschütz erhält dieselbe ? Stück 5. c zöllige und 6 Stück 43zöllige gezogene Ka— nonen und Maschinerie nach dem Wolffschen System, mit Kon⸗ densatoren versehen, 00 indizirte Pferdekraft, berechnet zu einer Geschwindigkeit von wenigstens 101 Knoten. Die Kosten dieser Korvette, fur welche eine Besatzung von 180 Mann bestimmt ist, werden sich auf 1,150,000 Kronen belaufen.
— Staatsrath Bergström hat, in Begleitung des Chefs der Staatseisenbahnbauten die unter Arbeit befindliche Strecke der Stammbahn Boxholm und Nässjö in Augenschein genommen. Die Arbeiten an der neuen Bahn Malmö⸗RIstad nehmen ununterbrochen ihren Fortgang.
; ö Dänemark. Das große Volksfest zum 1000jährigen Zubiläum der Kolonisation Islands soll, dem islän⸗ dischen Blatte „Tjodolfr“ zufolge, bei Thinevallir, vom 5. bis 7. August gehalten werden, und werden der König und sein Gefolge, sowie die zahlreichen Fremden, dazu, wahrscheinlich auf der Rückreise vom Hekla und Geysir, dort eintreffen. Dem Gottesdienst in der Kirche zu Reykjavig, welcher am 1. August angeordnet ist, wird der König beiwohnen. Dort befindet sich u. A. ein werthvolles Taufbecken von Thorwaldsen, welches er Island als seinem „Vaterlande“ geschenkt hat. Thorwaldsev, früh von seinen Eltern getrennt, welche starben, als er in Rom war, und welche auch nicht mit ihm korrespondiren konnten, scheint nämlich über den Ort seiner Geburt lange ungewiß ge⸗ wesen zu sein, bis nach seiner Rückkehr hierher durch die Kirchen⸗ bücher nachgewiesen ward, daß er hier geboren worden ist.
Amerika. Die Vereinigten⸗Staaten⸗Truppen hatten einen Kampf mit den Sioux-Indianern im Gebiete Wyoming zu bestehen. Von letzteren wurden 53 getödtet oder verwundet, während der Verlust der Truppen nur drei Todte betrug.
Die Nr. 28 des „Central-Blatts für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Reichskanzler ⸗Amt (Berlin. Carl Hey— manns Verlag), hat folgenden Inhalt: Allgemeine Verwaltungs sachen: Verweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiete. — Münz- wesen: Ueersicht über die von den deutschen Bundesstaaten in Folge des §5. 3 der Bekanntmachung vom 6. Dezember 1873 (R. G. Bl. S. 375), betreffend die Außercourssetzung der Landesgoldmünzen und der landesgesetzlich den inländischen Münzen gleichgestellten ausländi⸗ schen Goldmünzen, im Monate Mai 1874 zu einem festen Werthver—⸗ hältnisse eingelösten deutschen Landesgoldmuͤnzen; Uebersicht über die Auspraͤgung von Reichsmünzuen. — Zoll- und Steuerwesen: Kompetenz und Ueberweisung ꝛc. von Zollämtern. — Marine und Schiffahrt: Quarantain-⸗Vorschriften. — Heimathwesen: Nichterstattbarkeit ver⸗ auslagter Verwaltungskosten. — Postwesen; Uebersicht über die wäh— rend des II. Quartals 1874 im deutschen Reichspostgebiete eingerich⸗ teten und aufgehobenen Postanstalten, Bekanntmachungen, betr.: Un—⸗ zureichend frankirte Briefe ans Ceylon; Uebertragung der Postverwal—⸗ tungsgeschäfte für die Kreije Wetzlar und Schmalkalden an die Kaiser—= lichen Ober⸗Postdirektionen in Frankfurt a. M. bez. Erfurt; Eröff⸗ nung der Eisenbahn Magdeburg⸗-Zerbst. — Konsulatwesen: Ernennung und Kompetenz von Konsularbeamten.
Vereinswesen.
Der Invalidendank, Verein zur Förderung der Erwerbz— thätigkeit deutscher Invaliden, hat seinen zweiten Rechenschaftsbericht veröffentlicht. Derselbe umfaßt den Zeitraum vom Frühjahr 1873 bis dahin 1874, in welchem der Verein 528 Invaliden (darunter Il
Offizieren und 1 Zahlmeister) Anstellungen verschafft hat. Die An⸗
noncen⸗-Expedition hatte im Jabre 1873 3698 Aufträge im Werthe von 77565 Thlr. Der am 4 Dezember 1873 eröffnete Theaterhillet. Verkauf brachte bis zum 31. März d. J. bei einem Absatz von 12880 Billets im Werthe von 10519 Thlr. einen Reingewinn von 92 Thlr. A Sgr. 5 Pf. Die Verlagẽbuchhandlung jetzte 4106 Bücher ab mit einem Reingewinn von 244 Thlr. Der Verkauf von 020 Loosen für die Deutsche Lotterie zum Besten eines deutschen Krankenpensionats in Marienbad und 100 Cöiner Dombauloosen brachte 183 Thlr. Ver- dienst. Eine Agentur der Möbel⸗Transport ⸗Aktiengesellschaft ist erst feit Kurzem übernommen. Die Ausgaben des Vereins im J. 1873 beliefen sich auf 6999 Thlr. 18 Sgr. 5 Pf. An Unterstützungen zahlte der Verein 166 Thlr. 10 Sgr. ;
Statistische Nachrichten.
Der internationale statistische Kongreß, der im vo— rigen Jahre zu Wien tagte, versammelt sich in diesem Jahre in Stockholm und zwar am 2. August.
— Der russische „Regierungs⸗Anzeiger“ enthält eine Statistik des von Wölfen vernichteten Viehstandes im Gouvernement Kaluga während des verflossenen Jahres. Danach beträgt der Verlust 32,250 Stück, nämlich 28,845 Pferde, Groß und Kleinvieh, Schweine 1c. und 3415 Stück Hausgeflügel.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Berlin. Die nächste Sitzung der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnolegte und Urgeschichte findet heute Abend 7 Uhr im Saale der Berg ⸗Akademie, Lustgarten (alte Börse) statt. Auf der Tagesordnung stehen:; ) Bericht über die Expedition nach Wildberg und Neu⸗Ruppin. 2) Herr Bartels über einige, der Alsener ähnliche Gemmen. 3) Hr. Friedel über Gnidelsteine. 4 Hr. Bastian über die Eheverhältnisse bei den Naturvölkern.
Zugleich sind die Mitglieder benachrichtigt worden, daß vom 7. bis 16. Auguft der internationale archäoclogische Kongreß in Stochelm stattfindet. Bei vorheriger Meldung und Einzahlung von 3 Thlrn. werden Karten ausgegeben, welche eine Preisermäßigung