1874 / 177 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 30 Jul 1874 18:00:01 GMT) scan diff

ter? oder für die Kontrole der gesammten Bestimmungen der Fabrik⸗ gesetzgebung? Soweit besondere Aufsichtsbeamte bereits angestellt sind, sind die in Betreff derselben erlassenen Vorschriften und Anwei⸗ sungen beizufügen. . Beilage JI.

A. I. Eisenstein und andere Erzbergwerke, Steinkohleagruben, Braunkohlengruben. II. Eisen⸗, Zink-, Blei⸗, Kupfer⸗, Arsenikhütten.

B. III. Ziegeleien. IV. Fabriken für Thon⸗ und Irdenwagien, für Porzellan und Glas.

C. DT. Fabriken für Zündwaaren.

D. VI. Fabriken für Kurz-. Knopf⸗ Stahlfedern, für Nähnadeln, für Stecknadeln.

E. VII. Fabriken für Seidengarn, Streich⸗ und Kammgarn, Flachsgarn, Baumwollengarn, Zwirn und Nähgarn. VIII. Fabriken für Seiden! und Sammetzeuge, für Stoffe aus Streichgarn lein - schließlich Tuch?) und Kammgarn Leinschließlich Teppiche, Shwals, Plüsche), aus Flachs⸗ und Baumwollengarn. TX. Bleichereien, Garn⸗ und Stückfärbereien, Appreturanstalten, Druckereien für Gewebe jeder Art. X. Watten⸗ und Kunstwollfabriken. XI. Fabriken für Tüll, Bobbinets, Spitzen, Stickereien, Strick und Posamentierwaaren.

F. XII. Fabriken für Papierstoff, Papier, Pappe, Bundpapier, Tapeten, Kartonagen, Papierwäsche. XIII. Strohhut⸗ und andere Strohwaarenfabriken. ; ;

G. XIV. Fabriken für Rauch⸗, Kau⸗, Schnupftabak, Cigarren und Cigarretten. XV. Chokoladen⸗ und Cichorienfabriken. XVI. Rü⸗ benzuckerfabriken.

Der General⸗Major von Gaertner, Chef des Stabes der General · Inspektion des Ingenieur⸗Corps und der Festungen, ist von seiner Urlaubsreise hierher zurückgekehrt.

Der Oberst und Königlich bayerische Militär⸗Bevollmäch⸗ 9 Fries hat sich mit mehrwöchentlichem Urlaub nach Bayern egeben.

Der Königlich italienische General⸗ Lieutenant Chey. Raphael Cadorna und der Königlich italienische Lieutenant und Adjutant Chevy. Louis Cadorna, sowie der Major Appelius von der Königlich italienischen Kavallerie sind nach einer surzen Anwesenheit hierselbst wieder abgereist.

Kiel, 29. Juli. Das Uebungsgeschwader unter dem Contre ˖ Admiral Henk ist heute Nachmittag um 6 Uhr von der Insel Wight hier eingetroffen.

Bayern. München, 28. Juli. Der St. Georgi⸗ Ritter⸗Orden begeht am 5. August die feierliche Einwei⸗ hung und Eröffnung des Ordens⸗Krankenhauses zu Nymphenburg. Die Ceremonie der Einweihung vollzieht der Erzbischof; die sämmtlichen hier anwesenden Prinzen des Königlichen Hauses werden, wie die „Allg. Ztg.“ hört, dem feier⸗ lichen Akt anwohnen.

Der Minister des Kultus, Dr. v. Lutz, hat einen vier⸗ wöchentlichen Urlaub angetreten und sich nach Pöcking bei Starn⸗ berg begeben. Die Leitung des Ministeriums hat derselbe bei⸗ behalten.

Heute spendete der Bischof Dr. Rein kens 17 Firm⸗ lingen (9. männlichen und 8 weiblichen) das Sakrament der Firmung unter starkem Zudrang von Andächtigen. Hr. Pro⸗ fessor Dr. Friedrich assistirte bei den kirchlichen Funktionen.

Baden. Karlsruhe, 25. Juli. Die Vollzugsordnung des Finanz⸗Ministeriums zu der „Landesherrlichen Verordnung, die Einführung der Reichs markrechnung vom 1. Ja⸗ nuar 1875 an betreffend,“ bestimmt in 5. 2 u. A:

Neben den Reichsmünzen bleiben bis zur Außercourssetzung auch fernerhin die Münzen des Zwei und fünfzig und einhalb Guldenfußes beziehungsweise des Vier und zwanzig und einhalb Guldenfußes in Geltung, in der Weise, daß letztere nach dem Verhältniß von sieben Gulden zu zwölf Mark und das einzelne Einguldenstück zu 1 Mark 71 Pfennig, das Dreißigkreuzerstück zu 86 Pfennig, das Sechskreuzer⸗ stück zu 17 Pfennig, das Dreikrenzerstück zu 95 Pfennig, das Einkreuzer⸗ e. zu 3 Pfennig, das Einhalbkreuzerstück zu 1 Pfennig gerechnet werden.

Mecklenburg. Schwerin, 29. Juli. Das gestern in Rostock über das Befinden des Erbgroßherzogs aus⸗ gegebene Bulletin lautet:

„Die Reconvalescenz Sr. Königlichen Hoheit des Erbgroßherzogs ist ungestört.

Rostock, den 28. Juli 1874. Dr. Thierfelder.

Nach dem neuesten Regierungsblatt werden in den Mo⸗ naten August und September d. J. im Großherzogthume um⸗ fänglichere Truppen⸗Uebungen stattfinden, und zwar:

1) das Regiments⸗Execciren des Mecklenburgischen Grenadier⸗ Regiments Nr. 89 und des Mecklenburgischen Füsilier Regiments Nr. 90 in der Zeit vom 21. bis 28. August, sowie das Brigade⸗ Exerciren der 34. Infanterie⸗Brigade in der Zeit vom 29. August bis 2. September bei Schwerin in der Umgegend von Wandrum, 2) das Brigade⸗Exerciren der 17. Kavallerie⸗Brigade in Verbindung mit einer reitenden Batterie in der Zeit vom 25. bis 29. August bei Criwitz, 3) die Detachements⸗Uebungen der 34. Infanterie⸗Brigade und der dazu gelegten Truppentheile in der Zeit vom 3. bis 6. Sep⸗ tember zwischen Schwerin und Wittenburg, 4 die Manöver der 17. Division in der Zeit vom 7. bis 13. September zwischen Wittenburg, Gadebusch und der Lauenburgischen Grenze; denen sich schließlich 5) die Manöver des IX. Armee⸗Corps zwischen Gadebusch, Rehna und beck am 14, 15. und 16. September anreihen.

Oldenburg. Oldenburg, 25. Juli. Das Gesetz⸗ blatt veröffentlicht eine Bekanntmachung des Staats⸗Ministeriums vom 15. Juli 1874, betreffend die Aufhebung der Direktion des Hochbaus sowie der Direktion des Weg⸗ Wasser⸗ und Brücken⸗

baus und Errichtung einer Direktion des Bauwesens. r

Sachsen⸗Coburg⸗ Gotha. Coburg, 28. Juli. Gestern Vormittag fand vor dem regierenden Herzog und dem Herzog von Sdinburgh auf dem Kasernenplatze eine Parade des hie⸗ sigen Bataillons statt, welcher auch die Herzogin und Herzogin von Edinburgh beiwohnten. Se. Königliche Hoheit erschien in der Obristen⸗ Uniform des 6. Thüringischen Infanterie⸗Regimenis Nr. 95. Sämmtliche Stabsoffiziere des letzteren waren zugegen. Nach Beendigung des Exereirens wurden in dem festlich ge⸗ schmuückten Exercirhause Turn⸗ und Bayonnettirübungen abge⸗ halten, welche den ganz besonderen Beifall der hohen und höchsten Herrschaften ernteten. Die Stabsoffiziere und Haupt⸗ leute des Regiments wurden dann von dem Herzog von Edin⸗ burgh zur Tafel befohlen, während welcher die Regimentsmufik musizirte.

Anhalt. Dessau, 27. Juli. Der Prinz Friedrich von Hohenzollern ist nach einem mehrtägigen Besuche am Hofe zu Wörlitz gestern von dort wieder abgereist. Die Her⸗ zogliche Familie wird, wie verlautet, in einigen Wochen dem Fürsten von Hohenzollern einen Besuch auf der Weinburg ab⸗ statten. Die beiden ältesten Prinzen, die gegenwärtig ihre erste militãrische Ausbildung erhalten, werden im Herbst die Universitãt Bonn beziehen.

Neuß. Greiz, 28. Juli. Anläßlich der heutigen Geburts⸗ tagsfeier der regierenden Für stin sind der Erbprinz, die

und Spielwaaren, für

konferenz hat gestern ihre letzte Sitzuug gehalten.

Prinzen Otto und Adolf und die Prinzessin Hermine von Schaumburg ⸗Lippe, sowie der Prinz und die Prinzessin Hugo von . zum Besuch des Fürstlichen Hofes hier ein⸗ getroffen.

Hamburg, 29. Juli. Der Großherzog von Mecklen⸗ burg⸗Schwerin traf gestern Nachmittags, vom Heiligen⸗ Damm kommend, in Begleitung seiner Flügel⸗Adjutanten hier ein. Nachdem Se. Königliche Hoheit den Abend bei dem General⸗ Konsul H. Störzel auf der Ühlenhorst zugebracht hatte, begab Derselbe sich Nachts in das lockstädter Lager, wo zur Zeit das holsteinische Feld⸗Artillerie⸗ Regiment Nr. 24 Schießübungen hält, zu welchem die mecklenburgische Artillerie⸗Abtheilung gehört.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 28. Juli. Die Kaiserin wird heut Abend 8 Uhr in Salzburg eintreffen und um 9 Uhr die Reise fortsetzen.

Die Großfürstin Alexandra Josefowna begab sich um halb 9 Uhr Abends auf das Eilschiff, mit welchem dieselbe am 27. d. M. früh die ungarische Hauptstadt verließ. Ihre Kaiserliche Hoheit reist nach Livadia und wird daselbst von dem Großfürsten Constantin und ihrer Familie erwartet werden.

(Wien. Ztg.) Mit der Berathung des Kommissions⸗ berichtes über die Einsetzung einer internationalen Seuchenkom⸗ mission wurde heute das Programm der internationalen Sanitätskonferenz erschöpft. Es erübrigt nur noch die Schlußredaktion der gefaßten Beschlüsse und die Aufstellung eines detaillirten Studienplanes für die einzusetzende internationale Seuchenkommission. Die in der heute stattgefundenen 17. Sitzung gefaßten Beschlüsse lassen sich in Folgendem zu⸗ sammenfassen:

Die internationale Seuchenkommission mit dem Sitze in Wien soll sich vorzugsweise mit der antiologischen und prophy⸗ laktischen Forschung hinsichtlich der Cholera befassen. Sie soll aus Aerzten und Delegirten der verschiedenen Regierungen be⸗ stehen und aus ihrer Mitte ein permanentes Bureau wählen. Die Auslagen hierfür werden von den betheiligten Regierungen getragen. Die wissenschaftliche Forschung wird sich vorerst mit der Errichtung met eorologischer Stationen an gewissen Punkten Asiens und Afrikas befassen. Sie wird ihre besondere Aufmerk⸗ samkeit der Verbreitung der Cholera auf Schiffen in verschiede⸗ nen außereuropäischen Meeren zuwenden. Die Kommission wird weiters eine Reihe wissenschaftlicher Forschungsprobleme zur Lösung aufstellen, das Materiale sammeln und verarbeiten. Wo keine Sanitätsorgane sind, wird sie Aerzte hin entsenden. Sie wird sich gleichzeitig in steter Kenntniß über die einzelnen Seuchenausbrüche erhalten. Der Schluß der Konferenz findet noch in dieser Woche statt. Die nächste Sitzung ist morgen.

30. Juli. (W. T. B.) Die JJ

er so⸗ lenne Schluß derselben findet am 1. August d. J. Vormittags statt.

Pest, 28. Juli. Das Abgeordnetenhaus erledigte die *. I1 bis 76 der Wahlgesetzvorlage, welch letzterer eine längere

iskussion über die geheime oder öffentliche Abstimmung veran⸗ laßte. Die Debatte ging unter fortwährend geringer Betheiligung rasch von Statten. Die äußerste Linke war schweigsam. Zu An⸗ fang der Sitzung mußte die Berathung bei §. 39 suspendirt werden, da sich bei der Abstimmung die Beschlußunfähigkeit ergab. Nach kurzer Pause war das Haus wieder beschlußfähig.

Nach Beendigung der Wahlgesetzdebatte, die für Ende dieser Woche erwartet wird, soll noch die Abänderung der Hausordnung vorgenommen werden, dahin gehend, daß die Gesetzentwürfe statt den Sektionen Fachausschüssen zugewiesen werden. Diese Abän⸗ derung soll hauptsächlich mit Rücksicht auf die im Herbste einzu⸗ bringenden Vorlagen über die Steuerreform beantragt werden und dürfte allseitige Zustimmung finden.

Das Oberhaus soll Anfangs August außer dem Wahl⸗ gesetz auch die Incompatibilitätsvorlage verhandeln; beide Ent⸗ würfe dürften unverändert passiren, obgleich die Nachricht von der en hloc- Annahme der Wahlgesetzvorlage unbegründet erscheint.

Der Einlösungstermin der Second⸗Titres der Ostbahn wurde nicht auf einen, sondern auf sechs Monate, und zwar bis Februar 1875 prolongirt.

Agram, 28. Juli. Der Banus Mazuranie ist nach Pest abgereist, um Sr. Majestät folgende Gesetzentwürfe zur Sanktion behufs Einbringung im bevorstehenden Landtage zu unterbreiten, und zwar: einen Gesetzentwurf über die politische Administration und Reorganisation der Behörden erster Instanz; einen Gesetzentwurf über die Sanitätspolizei, ein Volksschulen⸗ gesetz, ein Preßgesetz, einen Gesetzentwurf über Abänderung der Strafprozeßordnung, über Ortsgerichte, über das Bagatell⸗ verfahren, über bedingte Freilassung der Sträflinge, über die Staatsanwaltschaft und Vertretung des Landesärars in civil⸗ rechtlichen Angelegenheiten, ein Bankerotgesetz, endlich einen Gesetzentwurf über die Vereinfachung des Exekutionsverfahrens.

Carlowitz, 29. Juli. (W. T. B.) Der am 16. d. ver⸗ tagte serbische Kirchen kongreß war heute wieder zu einer Sitzung zusammengetreten, um die Entschließung des Kaisers betreffs der Patriarchenwahl entgegenzunehmen. Der Regierungs⸗ kommissar machte zunächst die Mittheilung, daß der Kaiser die vom Kongresse ausgesprochene Loyalitätserklärung mit Wohl⸗ wollen aufgenommen habe; und verlas darauf ein Kaiserliches Reskript, in welchem die Anerkennung der Wahl des Bischofs von Ofen, Stojkovie, zum Patriarchen von der Regierung abge⸗ lehnt 2 der Kongreß zur Vornahme einer Neuwahl aufgefor⸗ dert wird.

Niederlande. Haag, 25. Juli. Herr Berg van Middelburgh, Gesandter der Niederlande am Hofe des Kaisers von Rußland, ist vor einigen Tagen aus St. Petersburg im Haag eingetroffen.

General Verspijck hat in Neapel nur einen kurzen Aufenthalt genommen und befindet sich gegenwärtig in Paris.

Die in Scheveningen weilenden Söhne des Kron⸗ prinzen des Deutschen Reiches besuchten gestern wiederum Amsterdam.

Mit der neuesten ostindischen Post sind Berichte aus Batavia bis zum 17. Juni hergelangt. In Bezug auf eine durch ein Reutersches Telegramm dorthin gelangte Mittheilung, daß man im Haag eine dritte atchinesische Expedition ins Auge gefaßt zu haben scheine, bemerkt das „Allgemene Dagblad van Nederlandsch⸗Indis?: „Hier in Batavia ist von Vorbereitungen für eine dritte Expedition nichts bekannt. Die letzten Nachrichten aus Atchin sind, was den Gesundheitszustand der Truppen be⸗ trifft, nicht günstig, melden jedoch im Uebrigen blos von frucht⸗ losen Versuchen, die von dem Feinde unternommen würden, um unsere Truppen zu beunruhigen.“ In den britischen Straits⸗ Settlements wird der Stand der Dinge für die Atchinesen als

immer mißlicher beurtheilt. So berichtet die Penang Ga⸗ zette! vom 30. Mai. „Die Kriegspartei in Atchin setzt den Kampf noch immer fort, trotzdem sie Schlag auf Schlag Nieder⸗ lagen erleidet. Die Einwohner Peracks (eines kleinen Staates nicht weit von Edi)h haben dem den Niederländern befreundeten Edi gegenüber eine feindliche ö. angenommen. Der Kom⸗ mandant der niederländischen Nation in den Gewässern der Ost⸗ küste hat jedoch Maßregeln getroffen, um jedem Angriffe von dieser Seite zu begegnen. Nach den letzten Meldungen ist in Edi Alles ruhig, und man erwartete dort, daß in die Hauptstadt eine niederländische Besatzung werde gelegt werden. Die Blokade von Tamian (an der Ostküste) ist aufgehoben worden, da dieser Staat die niederländische Flagge aufgehißt hat.“ General van Swie ten hatte sich von Batavia nach Samarang begeben, um die Eisenbahn nach den Fürstenlanden zu inspiziren. In Ba⸗ ie. hatte die Cholera ihren epidemischen Charakter wieder ver⸗ oren.

Belgien. Brüssel, 29. Juli. (W. T. B.) Der inter⸗ nationale völkerrechtliche Kongreß beschäftigte sich in der heutigen Sitzung mit der Verifikation der Vollmachten der Delegirten und ernannte darauf eine Kommission, welcher die Vorlage der russischen Regierung zur Berichterstattung über⸗ wiesen wurde. Die Kommission wird morgen zum ersten Male zusammentreten.

Großbritannien und Irland. London, 28. Juli. Der Prinz und die Prinzessin von Wales haben sich nach Goodwood House, Chichester, begeben. Die Kinder . Königlichen Hoheiten sind nach Osborne, Insel Wight, abgereist.

Ein kriegsministerieller Ausweis giebt Aufschlüsse über die Verluste der englischen Truppen, die den Aschanti⸗ krieg mitmachten. Ausschließlich der Eingeborenentruppen und westindischen Regimenter, bestand das Exzpeditionscorps aus 297 Offizieren und 290 Unteroffizieren und Mannschaften, im Gan⸗ zen 2587 Mann. Krankheiten erlagen 11 Offiziere und 33 Mann; im Treffen wurden 4 Offiziere und 2 Mann getödtet, ein Offizier und 10 Mann starben an Wunden, 6 Offiziere und 49 Mann wurden schwer verwundet und 21 Offiziere und 109 Mann leicht verwundet. Nach Beendigung des Krieges erlag ein Mann seinen Wunden, und zwei Offiziere und 7 Mann starben an Krankheiten in Afrika. Die Gesammtverluste belaufen sich somit auf 71 Todte und 650 Verwundete oder Kranke.

29. Juli. (W. T. B.) Das Unterhaus hat die Spezialberathung der Bill zur Regulirung des Ritus beim öffentlichen Gottes dienste erledigt.

Der britische Dampfer „Admiral“, in Fahrt zwischen Liverpool und Australien, hat am 23. Mai bei den Klippen von Kings⸗Island in einer aus Untiefen und Sandbänken be⸗ stehenden Meerenge Schiffbruch gelitten. Von 89 auf dem⸗ selben befindlichen Personen kamen nur 9 mit dem Leben davon.

Das englische Geschwader im Stillen Ozean ist an⸗ gewiesen worden, sich nach der Meerenge von Panama zu be⸗ geben und der Entschädigungsforder ung im Betrage von 20,000 Pfund, welche wegen des von dem Oberst Gonzales ge⸗ mißhandelten englischen Vize⸗Konsuls Magee in Guatemala erhoben worden ist, den erforderlichen Nachdruck zu geben.

Frankreich. Paris, 28. Juli. Das „Journal offieiel“ veröffentlicht ein Dekret, welches dem Finanz⸗Minister einen Zusatzkredit von 2,803,774 Franks für Deckung der Zinsen der dem Deutschen Reiche schuldig gewesenen Summen gewährt.

Der „Rappel“ theilt mit, daß der Kriegs⸗Minister die Gründung einer Artillerieschule zu Vannes in der Bre⸗ tagne beschlossen habe. Die Pläne sind ausgearbeitet. Es wird dieses neue Etablissement auf 605,641 Franks zu stehen kom⸗ men. Der Bau wird im Monat August in Angriff genommen werden.

Man organisirt hier jetzt Vorlesungen für die Kandidaten zu den Offiziersstellen der Armee. Die betreffenden Vorlesungen werden nicht von Offizieren der aktiven Armee, sondern von pensionirten Offizieren abgehalten werden. Ein Exercirplatz und eine Reitschule sollen für die Kandidaten vorbereitet werden.

Aus Toulon, 25. Juli, wird der „Corr. Havas“ be⸗ richtet: Die Organisation der Ersatzflotte bietet uns gegenwärtig ein sehr interessantes Schauspiel. Man rüstet in allen Häfen die Schiffe aus, und sobald die Ausrüstungen be⸗ endet find und die Maschinen ihre Proben abgelegt haben, wer⸗ den die Schiffe in die Reserve eingereiht. BDieses System ist ausgezeichnet, sowohl für Erhaltung der Schiffe als für deren Ausrüstung. Die Schiffsmannschaften werden durch diese Ar⸗ beit sehr mitgenommen. Die Kommandanten und die Marine⸗ stäbe sind beständig außer Athem zwischen einer Aus und einer Abrüstung. Bis jetzt sind im hiesigen Hafen folgende Schiffe aus gerũstet worden: Die Dampffregatte La Guerrisre“, die Trans⸗ porldampfer „S'Européen!ꝰ und „le Jura“. Von Brest sind angekommen der Transportdampfer „'Hermione“ und die Fre⸗ gatte „le Finistère.“

Msgr. Fillion, Bischof von Mans, ist gestorben.

Das „XIX. Jahrhundert“ theilt mit, daß der „Ore⸗ noque“ von Civitavecchia abberufen werde. Die Corr. Havas“ bemerkt dazu: „Die Nachricht ist an und für sich rich⸗ nig. Jedoch hat dieselbe keinerlei politische Bedeutung, denn dieses Stationsschiff wird sofort durch ein anderes ersetzt werden.“

29. Juli. (W. T. B.) Wie die „Agence Havas“ er⸗ fährt, hätte die Bank von Frankreich es abgelehnt, die jährliche Amortisations quote der Staatsschuld um 50 Millionen zu reduziren; dieselbe hätte sich aber bereit er⸗ klärt, mit dem Staatsschatze wegen eines neuen Kredits für die Bedürfnisse des Staates in Unterhandlungen zu treten.

Verfailles, 29. Juli. (W. T. B.) In der National⸗ versammlung wurden heute die Anträge auf Auflösung berathen. Laurent (rechtes Centrum) bekämpfte die Ansicht, als ob die Auflösung der Versammlung schon mit Rücksicht auf die in Folge der Unsicherheit der politischen Verhältnisse hervorgeru⸗ fene allgemeine Stockung der Geschäfte und der Industrie gebo⸗ ten sei, und suchte auszuführen, diese Uebelstände seien vielmehr durch industrielle Krisen hervorgerufen, welche mit der Politik in keiner Verbindung ständen. Der Berichterstatter Max Richard erklärte sich gegen diese Anschauung und rechtfertigte den hier⸗ auf bezüglichen Passus seines Berichts. Lorgeril sprach darauf gegen, Raoul Duval für die Auflösung der Versammlung. Letzterer hob insbesondere hervor, daß die National⸗ versammlung, nachdem sie ihre Ohnmacht bewiesen, dem Lande ihr Mandat zurückgeben müsse, wodurch allein der drückenden Ungewißheit der politischen Zustände ein Ende gemacht werden könne. Der Minister des Innern, Chabaud la Tour, erinnerte daran, daß die Nationalversammlung die Verpflichtung habe, nicht eher auseinander zu gehen, als bis die konstitutionellen

Gesetze beschlossen seien, und sprach die Hoffnung aus, daß die Versammlung jeden Gedanken an eine Auflöfung zurück⸗ weisen werde, bevor sie ihren Verpflichtungen genügt habe. Er sei davon überzeugt, daß sich eine hin⸗ reichende Majorität finden werde, um die konstitutionellen Gesetze entsprechend den Interessen des Landes zu be⸗ schließen. Die Kammer sei jetzt zu einer Epoche gekommen, in welcher die parlamentarischen Arbeiten zu ruhen pflegten. Man möge aber die Ferien nicht über ihr gewöhnliches Maß hinaus verlängern, sondern spätestens gegen das Ende des Monats No⸗ vember wieder zusammentreten, um sobald als möglich die kon⸗ stitutionellen Gesetze, welche das Land verlange, zu berathen. Der Friede des Landes und die Sicherheit der Arbeit während der Ferien würden eine allgemeine Beruhigung der Gemüther herbeiführen, welche eine Voraussetzung sei für die in Rede stehende Aufgabe. Die Versammlung lehnte hierauf die Frage, ob der Antrag Maleville in Erwägung zu ziehen sei, mit 375 gegen 332 Stimmen ab. Der Deputirte Raoul Duval zog hier⸗ nach seinen Antrag zurück.

. Spanien. Madrid, 29. Juli. (W. T. B.) Die hiefigen Journale besprechen übereinstimmend das Verhalten Frankreichs gegenüber der spanischen Regierung und heben hervor, daß durch die Duldung, welche die französischen Be⸗ hörden den carlistischen Bestrebungen zu Theil werden ließen, Frankreich sich die Sympathien seiner Nachbarn entfrem⸗

den müsse.

Portugal. Lissabon, 28. Juli. (W. T. B.) Die Regierung hat für die Grenzbezirke Maßregeln zur Ueber⸗ wachung der Carlisten angeordnet.

Italien. Rom, 25. Juli. Die General⸗-Kommis⸗ sion, welche zur Ueberwachung der Staatsschuld ernannt worden ist, bestätigt in ihrem Berichte über die Verwaltung der⸗ selben während des Jahres 1873, daß dieser Verwaltungszweig die unter den schwierigen Umständen möglichst günstigen Resul⸗ tate geliefert hat. Sie bemerkt, daß die ergriffenen Maßregeln und das Affidavitsystem den guten Erfolg gehabt hat, daß we⸗ niger Rentenbriefe ins Ausland geschickt worden sind, damit die Zinsen derselben zum Nachtheil des italienischen Staatsschatzes in Gold ausbezahlt würden. Die im Auslande bezahlten Zin⸗ sen beliefen sich in Folge des Affidavitsystems am 1. Januar 1874 nur noch auf 26 Millionen, für das ganze Jahr also auf 52 Millionen Franken, viel weniger als in früheren Jahren. Weiter bestätigt der Kommissionsbericht, daß die Verschmel⸗ zung der päpstlichen mit der italienischen Schuld beinahe vollendet ist. Der Betrag der Staatsschuld am 1. Januar 1874 beziffert sich, wie folgt: Im großen Buch ist die 5⸗ und 3 pro⸗ zentige Schuld mit 6, 949, 021,972 Frs. Kapital und 343, 180,971 Frs. Zinsen eingetragen. Dazu kommen 16404, 122 Frs. Ka⸗ pital und 818,967 Frs. Zinsen, die noch nicht ins große Buch eingetragen sind, 64, 509,000 Frs. Kapital und 3,225,000 Frs. Zinsen, welche den h. Stuhl im Garantiegesetz ausgeworfen wor⸗ den sind, 1,277, 418,497 Frs. Kapital und 49,946,377 Frs. Zinsen, besonders eingetragene Schulden und 106,344 Frs. Ka⸗ pital, 38328 Frs. Zinsen verschiedener Schulden, was alles zu⸗ sammen 8, 307,450,935 Frs. Kapital und 405,727,292 Frs. Zinsen ausmacht.

Der neue spanische Gesandte am italienischen Hofe, Lo⸗ renzana ist gestern in Rom angekommen.

Die „Venetianische Zeitung“ meldet: Der Präfekt hat auf Ersuchen der Provinzial⸗Deputation den deutschen Konsul besucht und ihn gebeten, dem Fürsten von Bismarck mit⸗ zutheilen, daß die Venetianer über das Attentat auf sein Leben ebenso tief empört, wie über das Mißlingen desselben hoch er⸗ freut sind.

Die Tunnelarbeiten auf beiden Seiten des Col di Tenda werden eifrigst fortgesetzt. Auf der Seite von Cuneo ist man bereits mehr als 200 Meter in den Col di Tenda einge⸗ drungen und werden schon die Bekleidungsarbeiten vorgenommen.

Amerika. Washington, 20. Juli. (W. T. B.) Der an die Bankhäuser Rothschild und Seligmann begebene Rest der konsolidirten 5prozentigen Anleihe ist al pari mit

14 Prozent Kommission emittirt worden.

Von Central- und Süd⸗Amerika sind per west⸗ indischen Postdampfer Tasmania“ der „A. A. C.“ folgende er⸗ gänzende Nachrichten zugegangen: Aus Valparaiso verlautet, daß die Argentinische Republik im Begriff ist, den Staaten am Stillen Ocean den Vorschlag zu machen, daß die Frage betreffs des Besitzes der Magellanstraße dadurch erledigt werde, daß die Straße zu einem neutralen Territorium erklärt wird. Die Gefahr eines Erdsturzes am Carro de la Conception in Valparaiso ver⸗ größert sich, und der Sturz der Felsmassen wird nur als eine Frage der Zeit angesehen. Der Bericht des Commodores des englischen Kriegsschiffes ‚Petral“ über die Guanolager im südlichen Peru ist veröffentlicht worden. Kapitän Cookson er⸗ klärt die Schätzungen der peruanischen Inspektions-Kommission für nicht übertrieben, und er selber schätzt den in diesen Betten disponiblen Guano auf nahezu 71/9 Millionen Tonnen. Chili und Peru beabsichtigen in ihren resp. Kengressen Gesetzentwürfe für die Herstellung von Religionsfreiheit und Einführung von Schwurgerichten bei Kriminalfällen einzubringen. Das in Ma⸗ zatlan sftationirte britische Kriegsschiff „Reindeer“ hat im Hafen von Guatulce eine fast dreihundertjährige Reliquie von Franz Drake entdeckt. Sie besteht aus einem Boote mit folgender In⸗ schrift: Francis Drakes, Golden Hynde“, Anno Domini 1577.“

Asien. Ueber die Nothlage in Bengalen meldet der neueste telegraphische Wochenbericht des Vizekönigs von Indien, daß die Zahl der Arbeiter an den Nothbauten fortfährt sich zu vermindern. Die Zahl der Almosenempfänger vergrößert sich aber, namentlich in der Abtheilung Baudwan. Der spärliche Regenfall im südwestlichen Bengalen verursacht einige Besorg⸗ niffe. In der am 25. Juli beendeten Woche sind keine neuen Hungertodesfälle zur Kenntniß der Behörden gelangt.

Entwurf eines Gerichts verfassungsgesetzes. J

Den Motiven des vom Bundesrath genehmigten Entwurfs eines Gerichtsverfassungsgesetzes, welches dem Deutschen Reichs⸗ tage in seiner nächsten Session vorgelegt werden wird, ist eine allgemeine Begründung vorausgeschickt, der wir Folgendes entnehmen: .

Die Verfassung des Deutschen Reichs hat im Artikel 4 Nr. 13 die gemeinsame Gefetzgebung über das gerichtliche Verfahren für Sache des Reichs erklärt. Wenn gegenwärtig an die Er⸗ ledigung der hierdurch der Reichsgesetzgebung gestellten Aufgabe herangegangen wird, wenn die Forderung einer gemeinsamen Gesetzgebung über das Verfahren durch Erlaß einer deutschen

Eivil⸗ und Strafprozeßordnung erfüllt werden soll, so kann dies nicht geschehen, ohne daß gleichzeitig die Einrichtung der Gerichte, welche im Deutschen Reich die neuen Prozeßordnungen handhaben sollen, einer gemeinsamen gesetzlichen Regelung unterworfen wird. Die Verfassung der deutschen Gerichte muß sich anschließen an die Bestimmungen, welche das Verfahren ordnen, und die Ord⸗ nung des Verfahrens setzt eine bestimmte gleichmäßige und zum Theil gemeinsame Verfassung der Gerichte voraus.

Diese Wechselbeziehung, in welcher die Einrichtung der Ge⸗ richte zur Ordnung des Verfahrens steht, wurde schon vor der Begründung des Norddeutschen Bundes von denjenigen an⸗ erkannt, die eine gemeinsame deutsche Prozeßgesetzgebung an—⸗ strebten. Wenn bei Berathung des deutschen Verfassungswerks und späterer auf Artikel 4 Nr. 13 desselben sich beziehender An⸗ träge eine ausdrückliche Erweiterung der Kompetenz des Deutschen Reichs auf die Gefetz gebung über das gerichtliche Verfahren einschließlich der Gerichtsorganisation· Widerspruch gefunden hat, so ist dieser Widerspruch stets in einer Weise begründet worden, die ersehen ließ, daß man die ausdrückliche Hervor⸗ hebung jener Worte für unnöthig hielt, soweit es sich um solche Anordnungen über die Gerichtsorganisation handle, welche sich aus der Einrichtung des Verfahrens selbst als die naturgemäͤße 6 nothwendige Voraussetzung oder Ergänzung desselben er⸗ geben.

Gesetzliche Bestimmungen über die Verfassung der deutschen Gerichte sind also ein nothwendiger Bestandtheil der Reichsgesetze über das gerichtliche Verfahren. Nur Gründe der Zweckmäßig⸗ keit haben dahin geführt, die Vorschriften über Einrichtung der Gerichte in einem besonderen Gesetze zusammenzustellen. Diese äußere Trennung hebt den inneren Zusammenhang nicht auf. Die drei großen Gesetzeswerke: Civilprozeßordnung, Strafprozeß⸗ ordnung und Gerichtsverfassungsgesetz, sind ein organisches Ganze; sie hängen so eng mit einander zusammen und bedingen sich gegenseitig in so eingreifender Weise, daß keines ohne das andere bestehen kann. Das Gesetz über die Einrichtung der Ge⸗ richte ist insbesondere die gemeinsame Grundlage und die wesent⸗ liche Voraussetzung der beiden Gesetze über das Verfahren.

Die Begrundung des Entwurfs wird ihre wesentliche Auf⸗ gabe darin zu suchen haben, durch Gegenüberstellung der be⸗ stehenden zu den gewollten Zuständen die Nothwendigkeit des ganzen großen Gesetzgebungswerks in klares Licht zu stellen. Bevor aber auf die Begrundung der einzelnen Bestimmungen eingegangen werden kann, muß

J. ver Umfang der Aufgabe, welche sich das Gerichtsver⸗ fassungsgesetz zu stellen hat, im Allgemeinen erörtert und gerecht⸗ fertigt werden. Ferner muß

II. versucht werden, die Grundgedanken der in Vorschlag gebrachten Gerichtsverfassung gegenüber dem bestehenden Rechte im Zusammenhange darzulegen. Sodann ist

III. die Art und Weise, in welcher die Strafgerichtsbarkeit in den Einzelstaaten durch Schöffengerichte, Strafkammern und Schwurgerichte ausgeübt werden soll, zu begründen, und endlich

IV. zu entwickeln, wie die gleichmäßige Ordnung des Ge⸗ richtswesens zugleich eine Gemeinsamkeit der Organe bedingt und

ermöglicht, und wie deshalb das Reichsgericht als oberster Ge⸗

richtshof dem Werke der deutschen Gerichtsverfassung den Abschluß zu geben hat.

J. Die Aufgabe des Gerichtsverfassungsgesetzes im Allgemeinen.

Die Aufgabe des Entwurfs begrenzt sich durch den Zweck,

für die gleichmäßige Anwendung der Prozeßordnungen die gemein⸗

samen Grundlagen zu schaffen. Es liegt aber auf der Hand,

organisation.

Es wird deshalb verschiedene Ansichten darüber geben, welche Grenzen sich die Reichsgesetzgebung zu setzen hat. hat diese Grenzen so eng gezogen, als sich irgend thun ließ.

Entscheidend ist hierbei gewesen, daß man sich auf Befriedigung

der in klarer Weise aus den gemeinsamen Prozeßgesetzen hervor⸗ gehenden legislatorischen Bedürfnisse zu beschränken hat, und daß auch der Schein vermieden werden muß, als solle die Reichs⸗

gesetzgebung die Justizhoheit der einzelnen Bundesstaaten in irgend einer Beziehung, wo dies nicht durch die Nothwendigkeit die Natur der gemeinsamen Ein⸗ Ohne nen außer Betracht, welche ebenso, wie die nichtstaatliche Ge⸗ richtsbarkeit im besonderen Theil näher besprochen werden sollen, so ist es doch schwer, die Verfassungen der einzelnen Staaten aber es ist gewiß richtig,

der gleichmäßigen und dur richtungen geboten ist, schwächen oder beeinträchtigen. Zweifel liegt die gemeinsame Ordnung der verfassungsmäßig dem Reich überlassenen Angelegenheiten im wohlverstandenen Interesse aller einzelnen Staaten; dabei der Selbständigkeit der einzelnen Staaten den möglichst weiten Spielraum zu gestatten und für das Reich nur das in

Anspruch zu nehmen, was eben nur von dem Reich geordnet sprechung durch Einzelrichter geübt wird, zum Ausgangspunkte, so erhält man den Eindruck, als ob in den Gesetzgebungen der verschiedenen Staaten alle erdenkbaren Kombinationen erschöpft 1) nur die Verfassung der Gerichte für bürgerliche Rechts Die Frage, ob und welche Mitwirkung

werden kann, weil es gemeinsam geordnet werden muß. Der Entwurf regelt daher

sachen und Strafsachen. den Gerichten noch in anderen Angelegenheiten beizulegen ist, insbesondere inwieweit das Hypotheken und Grundbuchwesen als Gerichtsangelegenheit angesehen wird, ob das Vormund⸗

schaftswesen und in welcher Art der Leitung der Gerichte unter⸗ stellt wird, inwiefern überhaupt die Gerichte mit Sachen der

nicht streitigen Gerichtsbarkeit zu thun haben ob endlich die Angelegenheiten der Justizadministration, die Kassenverwaltung, das Depositenwesen, die Civilstandssachen u. s. w. den Ge⸗ richten zugewiesen werden, und welchen Gerichten die Verwaltung dieser Angelegenheiten, sowie in Ermangelung von Handels⸗ gerichten die Führung der Handels⸗Genossenschafts⸗ und Schiffs⸗

register übertragen wird alle diese Fragen läßt der Entwurf

unberührt. Wenn auch nicht verkannt werden kann, daß die verschiedenartige Regelung der beregten Verhältnisse in den ver⸗ schiedenen Bundesstaaten eine verschiedene Rückwirkung auf die Stellung äußern muß, welche die Gerichte als Organe der strei⸗ tigen Rechtspflege einnehmen, und daß es deshalb wünschens⸗ werth gewesen wäre, die Bestimmungen des Entwurfs nicht ausschließlich auf die Ordnung der streitigen Gerichtsbarkeit zu beschränken, so kommt doch durchschlagend der Umstand in Be⸗ tracht, daß bei der Verschiedenheit des materiellen Rechts in den einzelnen Bundesstaaten der Erweiterung des Entwurfs zu einem allgemeinen Gerichtsverfassungsgesetze unüberwindliche Schwierigkeiten entgegenstehen würden.

2) Der Gedanke, daß das Gerichtsverfassungsgesetz nur die durchaus nothwendigen Grundlagen zur gleichmäßigen Anwen⸗ dung der Prozeßordnungen zu schaffen hat, führt in seiner Kon⸗ sequenz noch zu einer weiteren Beschränkung. Die Bestimmun⸗ gen des Entwurfs regeln nur die ordentliche streitige Gerichts⸗ barkeit, d. h. die Gerichtsbarkeit derjenigen Gerich e, für welche . rn der Prozeßordnungen die genügende Richtschnur ilden.

Diese Gerichtsbarkeit findet ihre Schranke einerseits in den durch Reichs⸗ und Landesrecht gezogenen Grenzen zwischen Justiz und Verwaltung, zwischen Rechtsweg und Administratipverfah⸗ ren, andererseits in besonderen durch die Verschiedenheit der Be⸗ dürfnisse der Einzelstaaten bedingten Verhältnissen, welche es nothwendig machen, wenn auch nur in beschränktem Maße, be⸗ sondere Gerichte zuzulassen, für welche die Prozedurvorschriften der Civil⸗ und Strafprozeßordnung nicht maßgebend sind.

3) Bei dem fragmentarischen Charakter des Gerichtsver⸗ fassungsgesetzes mußte der Entwurf auch davon Abstand neh⸗ men, allgemeine Vorschriften über die Besetzung der Gerichte mit juristisch gebildeten Richtern, über die Eigenschaften solcher Richter, über die rechtliche Stellung derselben und über ihre Stellvertretung zu treffen.

4 Daß endlich die praktische Durchführung der Gerichts⸗ organisation den einzelnen Bundesstaaten überlassen bleiben muß, bedarf kaum der Hervorhebung. Der Landesjustizver⸗ waltung wird es obliegen, die Bezirke der Gerichte abzugren⸗ zen, das Personal der Gerichte auszuwählen und nament⸗ lich die Richter anzustellen, die Dotation derselben zu be⸗ stimmen, die Geschäftsordnung bei den Gerichten zu beauf⸗ sichtigen und die Dienstaufficht über Richter und Subalternen zu ordnen. Die Landesgesetzgebung wird ferner einzutreten haben, wo die bestehenden gesetzlichen Vorschriften über Materien, welche nicht reichsgesetzlich geordnet sind, einer Aenderung bedürfen, weil sie mit der neuen Ordnung der Gerichte nach den Reichs⸗ gesetzen nicht vereinbar sind.

Il. Grundzüge der gemein samen Gerichtsverfassung.

Der großen Mannigfaltigkeit der deutschen Prozeßgesetze entspricht eine noch größere Mannigfaltigkeit der bestehenden Ge⸗ richtseinrichtungen. Gerade diese Verschiedenheit der Handhaben, die zur Anwendung der Vorschriften des Verfahrens dienen sollen, wirkt mehr noch als die Verschiedenheit des Verfahrens selbst als Hemmniß des rechtlichen Verkehrs im Deutschen Reiche und wird als solches Hemmniß allgemein empfunden.

Eine zusammenfassende thatsächliche Darstellung des gegen⸗ wärtigen Zustandes der gesammten Gerichtsverfassung Deutsch⸗ lands wird nicht erforderlich sein. Die überaus umfangreiche Arbeit würde ein weiteres Interesse nicht bieten, als daß man im Einzelnen eine genauere Kenntniß von einer ungeahnten Mannigfaltigkeit erhielte, ohne daß das praktische Ziel des ge⸗ meinsamen Gesetzgebungswerks dadurch gefördert würde.

Ein gewisser gemeinsamer Zug, welcher durch das Gerichts⸗ verfassungsrecht der deutschen Staaten hindurch geht, ist die Gliederung der Gerichtsbehörden in Gemäßheit der Ordnung dreier Instanzen, denen in der Regel drei Ordnungen der Landes⸗ gerichte entsprechen. Wo im Civilprozesse eine vierte Instanz zugelassen wird, hülft entweder Aktenversendung an juristische Fakultäten, oder das Rechtsmittel führt an einen anderen Senat des höchsten Gerichts oder an dasselbe Gericht in reicherer Be⸗ setzung.

Volle Uebereinstimmung besteht ferner in allen deutschen Gesetzgebungen darin, daß die Gerichte höherer Instanz eine kollegiale Verfassung haben, welche freilich mannigfach geregelt ist: bald sind die Fälle, in denen das ganze Kollegium zu entscheiden hat, gesetzlich festgestellt, und für die Zusammensetzung einzelner Theile (Senate) der Kollegien beste en bestimmte Grund⸗ sätze, nach denen die Theilnahme jedes Einzelnen von vorn herein feststeht, bald ist nur die Zahl gesetzlich fixirt, die bei einer Entscheidung mitzuwirken hat, hin und wieder nur so, daß eine Mindestzahl bestimmt ist, bald fehlt es auch hierüber

; an jeder Vorschrift. daß auch eine so begrenzte Ordnung des Herichtswesens sich nicht ganz loslösen läßt von den allgemeinen Fragen der Justiz⸗

Man kann es endlich als Regel aller deutschen Gerichts⸗ verfassungsgesetze annehmen, daß die Gerichtsherrlichkeit in den hö⸗

heren Instanzen von Staatswegen geordnet und lediglich auf die staatliche Autoritãt gegründet ist. Jedoch machen hier die auch Der Entwurf

in höheren Instanzen zugelassene geistliche Gerichts barkeit und einige ain patrimonialer Gerichtsbarkeit zweiter Instanz eine Aus⸗ nahme.

Am verworrensten gestalten sich die Verhältnisse für die erste Instanz, die doch für das praktische Leben die größte Wichtigkeit hat. Sieht man auch von der nicht⸗ staatlichen Gerichtsbarkeit der getstlichen Gerichte und derjenigen Gerichte, welche auf patrimonialer Gerichtsbarkeit beruhen, ab, und läßt man auch die besonderen Gerichte sowie die Exemtio⸗

auch nur gruppenweise zusammenzufassen. Nimmt man hierbei

die für die Einrichtung dieser Gerichte erheblichste Frage, inwie⸗

weit eine kollegiale Verfassung besteht, inwieweit die Rechts⸗

wären, von dem Standpunkt eines vollendeten Indifferentismus zu der Frage bis zu den detaillirtesten Feststellungen bestimmter Grundsaͤtze, und von strikter Festhaltung des Einzelrichterth ms

bis zur ganz folgerichtigen Durchführung einer kollegialen Ver⸗ fassung aller Gerichte.

(Es folgt dann eine Zusammenstellung der verschiedenen Organisationen.)

Eine nähere Schilderung aller dieser Verschiedenheiten muß hier übergangen werden. Das was vorgetragen ist, wird ge⸗

nügen, um die überaus große Mannigfaltigkeit der deutschen

Gerichtseinrichtungen im Hinblick auf eine einzige allerdings her⸗ vorragende Organisationsfrage darzulegen.

Daß diese Mannigfaltigkeit einer gleichmäßigen, dem Inhalt des neuen Prozeßrechts sich anpassenden Gerichtsorganisation zu weichen hat, ist das allseitig erkannte und unbestrittene Be⸗ dürfniß, dem der vorliegende Gesetzentwurf entsprechen soll. Damit versiegt zugleich die Quelle, welche in Zukunft neue Zustände der Mannigfaltigkeit der Gerichtsbildung hervorbringen könnte. Indem das Reich die Gerichte feststellt, welche die ordentliche Gerichts⸗ barkeit auszuüben haben, erklärt es jede partikulargesetzliche Ab⸗ weichung fuͤr unzulässig. Der erste Grundgedanke des neuen Organisationsgesetzes ergiebt sich hiernach dahin, daß fortan nur die nach Maßgabe desselben formirten ordentlichen Gerichte eine ordentliche Gerichtsgewalt in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und in Strafsachen haben werden.

Statistische Nachrichten.

In der Provinz Schleswig-Holstein erschienen im ersten Semester d. J. 58 Zeitungen, Kreis- und Lokalblätter. Das gelesenste Blatt sind die Itzehoe'er Nachrichten mit 9390 Auflage.

Die „Austrig“ veröffentlicht die Ergebnisse des Stempel und Taxgefälls, sowie der Gebühren von Rechtsgeschäften im Jahre 1873 für die im Reichsrath vertretenen Länder Oesterreich s.