1874 / 179 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 01 Aug 1874 18:00:01 GMT) scan diff

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Zu Kreisrichtern sind ernannt: der Gerichts⸗Assessor Goer⸗ deler bei dem Kreisgericht in Carthaus, der Gerichts⸗Assessor Neitsch und der Gerichts-Assessor Christian Friedrich Otto Müller bei dem Kreisgericht in Marienburg, mit der Funktion bei der Gerichts-Deputation in Stuhm, der Gerichts⸗Assessor Schepers bei dem Kreisgericht in Lüdenscheid, mit der Funktion als Gerichts⸗Kommissarius in Altena, der Gerichts- Assessor Wolff bei dem Kreisgericht zu Neumarkt in Schlesien, der Gerichts⸗-Assessor Damm bei dem Kreisgericht in Schubin, der Gerichts⸗Assessor Landsberg bei dem Kreisgericht in Cosel, und der Gerichts⸗Assessor Jaeckel bei dem Kreisgericht in Glei⸗ witz, mit der Funktion als Gerichts-Kommissarius in eis⸗ kretscham.

Zu Friedensrichtern sind ernannt: der Gerichts- Assessor Embs in Cöin bei dem Friedensgericht in Aldenhoven, und der Gerichts- Assessor Müller in Coblenz bei dem Friedens⸗ gericht in Castellaun.

Abgereist: Der Direktor im Ministerium der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten, Wirkliche Geheime Qber⸗Regierungs⸗ Rath Pr. Foerster nach Damsdorf in Schlesien.

Die heut ausgegebene Nr. 31 der Allgemeinen Ber⸗ loosungs⸗Tabelke des Deutschen Reichs- und König⸗ lich Preußischen Staats⸗Anzeigers enthält die Ziehungs⸗ listen folgender Papiere: Aachen⸗-Düsseldorfer, Bergisch⸗ Märkische, Cöln⸗Crefelder, Cöln⸗Mindener, Dort⸗ mund⸗Soester, Düsseldorf⸗Elberfelder, Oberschle⸗ sische, Riga⸗Dünaburger, Ruhrort⸗Crefeld⸗Kreis Gladbacher Eisenbahn⸗Prioritäts⸗Obligationen 2c, Galizische Rustikal⸗Kredit-⸗Anstalt, Pfandbriefe, Schlesische Pfandbriefe.

Die Allgemeine Verloofungs-Tabelle erscheint wöchentlich einmal und ist zum Abonnementspreis von 15 Sgr. vierteljährlich durch alle Postanstalten, sowie durch Carl Hey⸗ manns Verlag, Berlin, 8. W., Anhaltstraße 12, und alle Buch⸗ handlungen zu beziehen, für Berlin auch bei der Expedition Wilhelmstraße 32. Preis pro einzelne Nummer 219 Sgr.

Aichtamtliches.

Deut sche s Reich.

Preußen. Berlin, 1. August. Se. Majestät der Kaiser und König haben zu Gastein am 30. v. M. zum Diner Nubar Pascha, dem Statthalter von Salzburg, Grafen Thun, dem Grafen Alten und dem Geheimen Ober-Regierungs⸗ Rath Dr. Hahn Einladungen zugehen lassen.

Se. Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Carl ist nach Mittheilung des „Morgenbladet“ am Montag, 27. d. M., Morgens um 8 Uhr, von Christiania an Bord der „Nymphe“ abgereist. Höchstderselbe dinirte am Sonnabend beim deutschen Generalkonsul Redlich und fuhr am Sonntag Morgen mit Gefolge nach Sarabraaten, wo Se. Königliche Hoheit beim Besitzer, Konsul Heftye, nach Besichtigung des Gutes dejeunirte. Um 15 Uhr kehrte Höchstderselbe nach Christiania zurück. Am Montag, Mittags, hatte der Prinz eine größere Gesellschaft auf der „Nymphe“ eingeladen.

Ueber die Ankunft des Prinzen in Kongsberg schreibt die „Kongsb. Adv.“: Gleich nach der Ankunft ließ der Prinz den Oberförster Lange zu Sich rufen, welcher Veranstaltungen zu einer Bärenjagd getroffen hatte, nachdem der Prinz den Wunsch geäußert hatte, an einer solchen Jagd Theil zu nehmen. Der Prinz mußte jedoch Umstände halber und namentlich, weil die Zeit es Ihm nicht erlaubte, Seinen Entschluß, an einer Bärenjagd Theil zu nehmen, aufgeben.

Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin⸗ Mutter von Mecklenburg⸗Strelitz traf in Begleitung der Hofdame Frl. v. Heiden und des Hof-Marschalls v. Steuber vorgestern Nachmittags aus Neu⸗Strelitz hier ein, übernachtete im Hotel Royal und setzte gestern Vormittags die Reise nach Schloß Rumpenheim fort, woselbst seit einigen Tagen bereits Ihre Königliche Hoheit die Herzogin Caroline verweilt.

In der Woche vom 12. bis 18. Juli 1874 sind ge⸗ prägt worden an Goldmünzen: 1,394,600 Mark 20⸗Mark⸗ stücke Mark 10⸗Markstücke; an Silbermünzen: 413.2222 Mark 1⸗Markstücke, 177,408 Mark Pf. 20⸗Pfennig⸗ stücke; an Nickelmünzen: 102,469 Mark 30 Pf. 10 Pfennig⸗ stücke, 30, 136 Mark 90 Pf. 5⸗Pfennigstücke; an Kupfer⸗ münzen: 38,848 Mark 94 Pf. 2⸗Pfennigstücke; 10,232 Mark 17 Pf. 1-Pfennigstücke. Vorher waren geprägt: an Gold⸗ münzen: 841,346,820 Mark 20⸗Markstücke, 202, 953, 620 Mark 10⸗Markstücke; an Silbermünzen: 21,109,692 Mark 1Markstücke, 6,381,582 Mark 80 Pf . 20⸗Pfennigstücke; an Nickelmünzen: 2, 890,439 Mark 10 Pf. 10⸗Pfennigstücke, 344 671 Mark Pf. 5⸗Pfennigstücke; an Kupfermünzen: 461,307 Mark 92 Pf. 2⸗Pfen⸗ nigstücke, 206,392 Mark 8 Pf 14Pfennigstücke. Mithin sind im Ganzen geprägt: an Goldmünzen: 842, 741,420 Mark 20⸗Mark⸗ stücke, 202, 955.620 Mark 10⸗Markstücke; an Silbermünzen: 21,B522, 824 Mark 1⸗Markstücke, 6,558,990 Mark S0 Pf. 20⸗Pfennigstücke; an Nickelmünzen: 2, 992,906 Mark 40 Pf. 10⸗Pfennigstücke, 374,807 Mark 90 Pf. 5 Pfennigstücke; an Kupfermünzen: 509,156 Mark 86 Pf. 2⸗Pfennigstücke, 216, 624 Mark 25 Pf. 1-Pfennigstücke. Gesammtausprägung: an Gold⸗ münzen: 1045, 695,940 Mark; an Silbermünzen: 28,981,814 Mark 80 Pf.; an Nickelmuünzen: 33367716 Mark 30 Pf.; an Kupfermünzen 716,781 Mark 11 Pf.

Der gestern erwähnte Beschluß des Königlichen Ober⸗ Tribunals vom 28. Juli 1874, des Inhalts, daß eine er⸗ kannte Geldstrafe nicht durch eine von einem Ande⸗ ren, sondern nur durch die von dem Verurtheilten selbst geleistete Zahlung getilgt werden kann, ist im neuesten „Justiz⸗Min. Bl.“ veroffentlicht und lautet wörtlich: In der Untersuchungssache gegen N. hat das Königliche Ober⸗Tribunal Ferlensenat in seiner Sitzung vom 28. Juli 1874, nach Einsicht der von dem Ober⸗Staatsanwalt zu P. gegen die Verfügung des Königlichen Appellationsgerichts dasel bst erhobenen Beschwerde, nach Einsicht des Antrags des Königlichen General⸗Staats⸗ anwalts vom 25. Juli 1874,

beschlossen:

daß die Verfügung des Königlichen Appellationsgerichts zu P. vom J. Juli 1874 aufzuheben, daß ferner unter Aufhebung des Beschlusses des Königlichen Kreisgerichts zu P. vom 4. Juli 8d. J. die Annahme der von dem Kaufmann . zur Tilgung der gegen den N. rechtskräftig erkannten Geldstrafen geleisteten Zahlung von 400 Thalern für unzulässig zu er⸗ klären, und die Strafvollstreckung gegen den N. fortzusetzen sei.

Die Auffassung, von welcher die angefochtene Verfügung, gestützt auf das Refkript vom 4. August 1832, ausgeht, daß der Staat bezüglich der Einziehung von Geldstrafen nur wie jeder andere Gläubiger zu betrachten sei und mithin die eivil⸗ rechtlichen Vorschriften über die Leistung von Zahlungen zur Anwendung gelangen müßten, kann nicht als gesetzlich begründet erachtet werden. Es ist zwar anzuerkennen, daß die rechtskräftig erfolgte Verhängung einer Geldstrafe eine Forderung des Staats gegen den Verurtheilten begründet, daß ferner die Beitreibung diefer Forderung in denselben prozessualischen Exekutionsformen, wie sie für civilrechtliche orderungen vorgeschrieben sind, erfolgen kann. Daraus folgt aber noch nicht, daß der Anspruch des Staats auf eine Geldstrafe eine civilrechtliche, den Vorschriften des Civilgesetzbuchs unterliegende Forderung darstellt.

Nach kriminalrechtlichen Begriffen ist Strafe dasjenige Uebel, welches nach Bestimmung des Gesetzes wegen einer Uebelthat den Uebelthäter treffen foll. Die Strafe richtet sich entweder gegen das Leben oder die Freiheit oder die Ehre oder endlich gegen das Vermögen der Person, welche ihr unterliegt. Das Strafübel muß alfo eins dieser Güter des Verurtheilten treffen. Die Geldstrafe ist gegen das Vermögen gerichtet, sie ist aber nur dann ein Strafübel, wenn durch sie dieses Vermögen beeinträch⸗ tigt oder verringert wird. Bedeutung und Zweck der Geldstrafe ist also Verringerung des Vermögens des Bestraften, und hierin beruht der wesentliche und durchgreifende Unterschied zwischen dem Forderungsrecht auf eine Geldstrafe und jedem civilrecht⸗ lichen Forderungsrecht. Zweck und Bedeutung des letzteren ist eine Vermehrung des Vermögens des Berechtigten. Daß bei der Geldstrafe gleichzeitig das Vermögen des Staats durch Einziehung derselben vermehrt, daß bei der civilrechtlichen Forderung durch Zahlung das Vermögen des Verpflichteten vermindert wird, sind nur Folgen, welche die Natur der beiden Rechte an sich nicht alteriren. Weil nun aber die ecivilrechtliche Forderung in der Realisirung einer Vermögensvermehrung des Berechtigten ihre Bedeutung findet, aus diesem Grunde ist der Umstand, von wem diese Vermehrung ausgeht, prinzipiell irrelevant, und deshalb auch die Gestattung der Tilgung durch einen anderen als den Verpflichteten, wie sie in 38 45, 49 Th. J. Tit. 16 des Allge⸗ meinen Landrechts ihren Ausdruck gefunden hat, eine konsequente Folge des Grundsatzes.

Anders verhält es sich bei Geldstrafen, deren Bedeutung in der Verringerung des Vermögens des Verpflichteten besteht. Dem Staate steht nach der Natur der Geldstrafe das Recht zu, daß durch Zahlung derselben das Vermögen des Bestraften vermindert werde. Nur durch eine Zahlung, welche, soweit es erkennbar ist, diesem Rechte entsprechend geleistet wird, wird die auf Leistung der Geldstrafe gerichtete For⸗ derung getilgt, und mithin ist jede von einem Drit⸗ ten in eigenem Namen erfolgte Zahlung des Betrages der Geldstrafe nicht geeignet, den Schuldner zu befreien, weil eben das Vermögen des Letzteren dadurch nicht verringert oder beeinträchtigt wird. Es finden mithin die Vorschriften der §§. 43, 45 Th. J. 16, welche auf der Voraussetzung anderer rechtlichen Verhältnisse beruhen, keine Anwendung. Der Umstand, auf welchen in dem Reskript vom 4. August 1832 Gewicht ge⸗ legt wird, daß es nicht zu verhindern sein werde, daß faktisch die Zahlung aus dem Vermögen Dritter dennoch erfolge, kann selbstredend für die Frage nach der gesetzlichen Zulässigkeit einer solchen Zahlung nicht von Bedeutung sein. Wird der Betrag der Geldstrafe dem Bestraften von einem Dritten zugewendet, und die Strafe dann von dem Bestraften selbst bezahlt, so hat die Summe sich wenigstens formell zur Zeit der Zahlung in dem Vermögen des Letzteren befunden. Ob auch in solchen Fällen und unter welchen Umständen die Annahme einer solchen Zah⸗ lung verweigert werden könne, ist hier nicht zu entscheiden, da im vorliegenden Falle nicht der Bestrafte, sondern ein Dritter direkt in eigenem Namen und sogar gegen den Widerspruch des N. die Zahlung geleistet hat.

Wenn nun aber eine positive gesetzliche Bestimmung nicht besteht, durch welche die Entrichtung von Geldstrafen durch an⸗ dere Personen, als diejenigen, welche sie verwirkt haben, für statthaft erklärt wird, so muß nach allgemeinen strafrechtlichen Grundsätzen ein solche Zahlung durch Dritte unbedingt für un⸗ zulässig erachtet werden. Es ist ein unbestrittenes, und von den verschiedenen Theorien über die Natur der Strafe nicht berührtes strafrechtliches Prinzip, daß die Strafe von dem Individuum zu ver⸗ büßen ist, gegen welches sie wegen Uebertretung einer Strafnorm verhängt worden ist. Bei Lebens-, Freiheits- und Ehrenstrafen ist hierxuber auch nie ein Zweifel erhoben worden. Mit diesen steht aber die Geldstrafe, was ihre Natur als Strafe und Strafmittel betrifft, auf völlig gleicher Linie. Es findet sich in dem deutschen Strafgesetzbuch nirgend eine Bestimmung, welche zu der Annahme berechtigen könnte, daß bei Geldstrafen eine Ausnahme von dem ersten strafrechtlichen Grundsatze, daß jede Strafe nur denjenigen treffen kann, aber auch treffen muß, gegen welchen sie verhängt ist, statuirt worden wäre. Ist aber eine solche Bestimmung nicht vorhanden, liegt ferner auch kein innerer Grund vor, aus wel⸗ chem eine exceptionelle Natur der Geldstrafen in dieser Beziehung sich herleiten ließe, so muß das oben angeführte Prinzip zur Geltung gelangen, und nach diesem ist jede Stellvertretung bei der Verbüßung irgend einer Strafe, also auch Zahlung der Geld⸗ strafe durch Dri te unbedingt unstatthaft, und es ist der Staat nicht berechtigt, solche Zahlungen anzunehmen.

Das Kreisgericht zu P. war daher nicht befugt, die von dem Kaufmann K. in eigenem Namen und gegen den Wider⸗ spruch des N. zur Tilgung der gegen den N verhängten Geld⸗ strafen geleistete Zahlung anzunehmen, und das Appellations⸗ gericht zu P. hat rechtlich geirrt, indem es den von dem N. gegen diese Zahlung erhobenen Widerspruch zurückgewiesen hat. In Bezug auf diese Zurückweisung konnte der Umstand, daß ein Verurtheilter kein Recht auf Vollstreckung der Strafe gegen ihn habe, nicht in Betracht kommen, da es sich um eine der öffentlichen Ordnung angehörige Frage, und eine Verkennung von Rechtsgrundsätzen von Seiten des Kreisgerichts handelte.

Es war daher die angegriffene Verfügung, sowie der kreis⸗ gerichtliche Beschluß vom 4. Juli aufzuheben, und da eine rechts⸗ gültige Zahlung der gegen den N. verhängten Geldstrafe nach Vorstehendem nicht stattgefunden hat, die Fortsetzung der Straf⸗ vollstreckung zu verordnen.

= Von dem Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten ist kürzlich an sämmtliche Regierungen (mit Ausnahme derer zu

Sigmaringen, Cassel, Wiesbaden und Schleswig) folgende Ver⸗ fügung, betreffend die staatliche Genehmigung zu kirch⸗ lichen Neubauten, erlassen worden:

Nach Erlaß der Verfassungsurkunde ist in mehreren diesseitigen Verfuͤgungen gegenüber den Bestimmungen des 5. 176 Tit. 11 Theil II. des Allgemeinen Landrechts und im Artikel 41 zur Konvention vom 26. Messider IX. ausgesprochen, daß für Kirchenbauten eine besondere Staatsgenehmigung, soweit solche früher aus der staatlichen Kirchen hoheit und Kirchengufsicht abgeleitet wurde, nicht mehr erforderlich sei, und daß es einer Mitwirkung des Staates nur insofern noch bedürfe, als die Errichtung gottesdienstlicher Gebäude mit einer Beihülfe aus Staatsmitteln erfolgen sollte, oder wenn die Mittel zum Bau zwangsweise von den Personen, für welche das Gebäude bestimmt sei, eingezogen oder wenn demselben die Rechte einer Pfarrkirche beigelegt werden sollten. Diese Auffassung hat jedoch bei wiederholter Prüfung der einschlagenden Rechtsfrage als zutreffend nicht anerkannt werden können, weshalb ich mich veranlaßt sehe, von derjelben ab⸗ a j Die gedachten Vorschriften des Allg. Landrechts und des ranzö sischen Rechts sind ein Ausfluß der negativen Befugnisse, auf welche der Staat gegenüber den Religionsgesellschaften bei Erlaß der V erfassungsurkunde, wie auch in den von dem damaligen Minister der geistlichen u. J. w. Angelegenheiten unter dem 15. Dezember 1848 veröffentlichten Erläuterungen der betreffenden Artikel der letzteren angeführt ist, nicht verzichtet hat. Wenn erwogen wird, wie die Errichtung neuer Kirchen einerseits die Interessen sowohl der betref⸗ fenden Parochianen als auch anderer schon vorhandener Kirchen systeme schädigen kann und andererseits mit den Parochial⸗Regulirungen in untrennbarem Zusammenhange steht, so läßt sich nicht verkennen, daß durch die Errichtung neuer Kirchen das Staatsinteresse nahe berührt wird. Hierzu kommt, daß nach 5§. 18 Tit. 11 Th. II. des Allgemeinen Landrechts die von den ausdrücklich aufgenommenen Kirchengesellschaften zur Ausübung ihres Gottesdienstes gewidmeten Gebäude als privilegirt Gebäude des Staats anzusehen sind, daß dieselben nach §. 174 3. 4. O. von den gemeinen Lasten des Staates befreit bleiben, und daß sie alle Vorrechte der dem Staate zustehenden öffentlichen Gebäude genießen. Es muß daher der Vor⸗ schrist des 5. 176 a. a. O., wonach neue Kirchen nur unter ausdrücklicher Genehmigung des Staats gebaut werden dürfen, ebenso wie allen denjen gen Bestimmungen, welche dem kirchlichen Vermögenserwerhe gesetzlich bestimmte Schranken an⸗ weisen, ein wesentlich regressiver Charakter beigelegt werden, so daß eine Aufhebung des §. 176 durch Art. 15 der Verfassungsurkunde nicht angenommen werden kann. Die Königliche Regierung setze ich hiervon, nach vorgängigem Benehrmen und im Einverständniß mit dem Herrn Minister des Innern, zur Nachachtung mit dem Bemerken in Kenntniß, daß den bischöflichen Behörden von dem Herrn Ober Präe⸗ sidenten entsprechende Mittheilung gemacht wird. Ueber die Erihei- lung der zur Errichtung gottesdienstlicher Gebäude erforderlichen Staagtsgenehmigung zu befinden und im Falle einer Versagung die zur Durchführung des Gesetzes, bezw. zur Inhibirung des Baues geeigneten . zu treffen, bleibt zunächst der Königlichen Re— gierung überlassen.“

Der Kaiserlich deutsche Botschafter am Kaiserlich öster⸗ reichischen Hofe General⸗Lieutenant von Schweinitz ist hier angekommen und begiebt sich heute nach Gastein.

Der General⸗Lieutenant, General⸗Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Commandeur der Garde⸗Kavallerie⸗

Division, Graf von Brandenburg II., ist von Urlaub aus Domanze in Schlesien hierher zurückgekehrt.

Der Kaiserlich deutsche Legations⸗Rath und General⸗

ö. zu Warschau Freiherr von Rechenberg ist hier einge⸗ troffen.

Der Kaiserlich russische Wirkliche Geheime Staatssekretär und Finanz⸗Minister des russischen Reiches, v. Reutern, ist vorgestern Abend aus St. Petersburg hier angekommen und im Hotel Royal abgestiegen.

Der Kaiserlich russische General⸗Adjutant von Greigh hat sich gestern von hier nach Frankfurt a. M. begeben.

Der Hauptmann Stolpe vom Königlich schwedischen Ingenieur⸗Corps ist hier eingetroffen.

Die zum Besuch des unteren Cötus bei der vereinig⸗ ten Artillerie⸗ und Ingenieurschule kommandirt ge⸗ wesenen Offiziere der Feld⸗ und Fuß⸗Artillerie sind in ihre resp. Garnisonen zurückgekehrt.

S. M. S. „Gazelle“ ist am 15. d. M. in Madeira angekommen und beabsichtigte am andern Tage wieder in See zu gehen. An Bord Alles wohl.

Bayern. München, 30. Juli. Der Minister⸗Präst⸗ dent von Pfretzschner ist aus Kissingen hier eingetroffen und hat die Leitung des Königlichen Ministeriums des Könialichen Hauses und des Aeußern wieder übernommen.

Um den in neuerer Zeit mehrfach zu Tage getretenen Mißständen in Bezug auf das Auswanderungswesen möglichst zu begegnen, wurden die sämmtlichen Distriktsverwal⸗ tungen von Oberbayern beauftragt, außer sorgfältiger Ueber⸗ wachung des Vollzugs aller in diesem Betreff bestehenden Ge⸗ setze und Vorschriften auch alle in ihren Amtsbezirken etwa be⸗ tretenen Auswanderungs-Agenten und Werbe⸗Emissäre, welche den Besitz der deutschen Reichsangehörigkeit nicht nachweisen kön⸗ nen, sofort namhaft zu machen, damit gegen dieselben nach Maß⸗ gabe des §. 50 Abs. 2 des Gesetzes vom 16. April 1868 bezw. 23. Februar 1872 über Heimath, Verehelichung und Aufenthalt (Ausweisung) vorgegangen werden könne.

Der Magistrat hat in der vorgestrigen Sitzung auf Grund eines Gutachtens der Königlichen Lokalschul⸗Kommissien be⸗ schlossen, der neuen Schule an der Schellingsstraße konfessionell gemischten Charakter zu geben; jedoch wird dieselbe, wie die beiden schon bestehenden Simultanschulen, eine Centralanstalt zum frei⸗ willigen Besuch ohne einen bestimmten Bezirk mit Zwangs⸗ charakter. Ber Magistrat hat vorgestern ferner nach 4stündiger Berathung das Schlachthausprogramm mit Stimmen⸗ einhelligkeit festgesetzt. Für Schiachtnng von Großvieh werden 3 Hallen mit se 76 Schlachtplätzen und 152 Aufzugsvorrichtungen eingerichtet; für das Kleinvieh dienen 2 Hallen von gleichem Umfang; für die Schweinschlachtung reicht eine Halle aus. Der Wasserbedarf ist im Interesse höchster Reinlichkeit durchschnittlich auf 9000 Eimer per Tag berechnet. Der Viehmarkt erhält nach Dresdener Muster geschlossene Verkaufshallen, die zum Uebernachten der Thiere dienen können. In der gestern statt⸗ gehabten Kumulativsitzung der beiden Gemeindekollegien der Stadt München wurde in der Isarthorfrage, ob Abbruch, Umbau oder status quo, Gesammtbeschluß dahin erzielt, daß der dermalige Zustand beibehalten bleiben soll.

Bischof Dr. Reinkens hat heute Vormittag 71“ Uhr die Stadt wieder verlassen und sich nach Mering begeben, um einige Stunden dortselbst zu verweilen. Morgen wird er in Kempten das Sakrament der Firmung spenden und nächsten Sonnabend die Stadt wieder berühren, um am Sonntag die Ein⸗ weihung der neuen altkatholischen Kirche in Simbach am Inn vorzunehmen.

Sachsen. Dresden, 31. Juli. Die Finanz deputa⸗ tion der Ersten Kammer hat vorgestern ihre Berathungen über das Einkommensteuergesetz beendet, sich sodann ver⸗ tagt und nur den Referenten noch beauftragt, den Bericht druck⸗ fertig zu machen. Sicherem Vernehmen des „Dr. J. nach hat die Deputation zwar in mehreren Punkten den Beschlüssen der Zweiten Kammer nicht beigestimmt, diese Differenzen find aber durchaus nicht prinzipieller Na.vur, so daß dem genannten Blatte zufolge ein Zustandekommen dieses Gesetzes mit ziemlicher Sicher⸗ heit zu verhoffen ist.

Mecklenburg. Schwerin, 31. Juli. Der Groß⸗ herzog ist heute früh vom Lockstädter Lager hier wieder ein⸗ getroffen. Die Großherzogin und die Herzogin Marie werden heute Nachmittag vom Heiligen⸗Damm hierher zurückkehren.

Das Befinden des Erbgroßherzogs ist so günstig, daß seit gestern keine Bulletins mehr ausgegeben werden.

Rostock, 29. Juli. Die „Meckl. Anz.“ melden:

Der Rath der Stadt Rostock hat die Führung des Prozesses gegen die Großherzegliche Regierung wegen ang eblicher Verletzung der städtischen Gerechtsame durch verschiedene, zu dem mecklen⸗ burgischen Protestantenverein in Beziehung stehende Handlungen, dem Advokaten Ehlers, Syndikus des zweiten bürgerschaftlichen Quartiers, übertragen. Es handelt sich dabei um die Entfernung des städtischen Gymnasiallehrers, Licentiat Schmidt, von der Ertheilung des Reli— giongunterrichts sowie um die vom Ober-⸗-Kirchenrath unmittelbar an die Rostocker Geistlichkeit gerichteten Erlasse, worin vermeintlich eine Verletzung der Bestimmung des Erbvertrages von 1788 liegen soll, welche für die Kommunikatijon zwischen den landesherrlichen Kirchen⸗ behörden und dem geistlichen Ministerium zu Rostock die Vermittelung durch den Rath der Stadt fordere. Es soll die Großherzogliche Re— gierung jetzt um Eröffnung des Rechtsweges in dieser Sache und um Bestellung eines Prokurators ersucht werde.

Sach sen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 30. Juli. Zu Ehren des Herzogs von Edinburgh und Gemahlin war gestern Abend Hoffoirée mit musikalischer Unterhaltung im Rie—⸗ sensaal, wozu die Fremden, die Hofkavaliere, die höheren Beam⸗ ten und das Offizier⸗Corps geladen waren.

Der Brigade⸗General v. Roel aus Cassel ist gestern hier angekommen.

Anhalt. Dessau, 31. Juli. Der Herzog hat den vortragenden Rath im Herzoglichen Staats⸗-Ministerium, Ge⸗ heimen Regierungs-Rath hr. Wolter hier, in Folge seiner Wahl zum Stiflungs⸗Rath bei der Hochfürstlichen Amalien⸗ Stiftung hierselbst, auf sein Ansuchen aus dem aktioen Staats⸗ dienste mit Pension entlassen. Die Geschäfte desselben im Her⸗ zoglichen Staats⸗-Ministerium sind vom 1. August d. J. ab theils dem Geheimen Regierungs⸗Rath Barthels, theils dem Ober⸗Staatsanwalt West interimistisch übertragen worden.

dieuß j. L. Gera, 30. Juli. Nach den nunmehr fest⸗ gestellten Dispositionen über die Herbstübungen, an denen das hier garnisonirende 2. Bataillon des 9e. Infanterie⸗Regi⸗ ments theilzunehmen hat, wird dasselbe am 14. August von hier ausrücken und über Roda und Orlamünda zunächst nach Rudol⸗ stadt marschiren, dort vom 18. bis 24. August mit den in Alten⸗ burg und Rudolstadt stehenden 1. und 3. Bataillons der 9her vereinigt, Regiments⸗Uebungen vornehmen, am 25. mit dem ganzen Regiment nach Strausfurt zu den Brigade⸗Uebungen abrücken, welche vom 29. August bis 1. September währen, worauf am 2. September der gemeinschaftliche Marsch in die Gegend von Langensalza erfolgt, zunächst zu Detachements⸗ Uebungen bei Tennstedt vom 4 bis 7. September und dann vom 8 bis 15. September zum Divisionsmanöver zwischen Lan⸗ gensalza, Ebeleben und Muhlhausen. Am letztgenannten Tage kehrt das hiesige Bataillon von Mühlhausen per Bahn nach Gera zurück.

Lübeck, 29. Juli. Die Bürgerschaft war heute zur Beschlußfassung über nur einen einzigen Sengtsantrag, der je⸗ doch von besonderer Dringlichkeit war, versammelt. Derselbe betraf die Fixirung des Gehalts für den neu anzustellenden Baudirektor, als welchen man einen hochgebildeten Bautech⸗ niker wünscht, der die Oberleitung des gesammten hiesigen Bau⸗ wesens in einer mehr selbständigen Weise führen soll, als solches bisher der Fall war. Um diese Persönlichkeit zu erlangen, wird vom Senate beantragt, daß das Gehalt des Baudirektors auf 10000 Reichsmark neben freier Wohnung festgesetzt werden soll; die Bürgerschaft stimmte dem Antrage mit großer Majorität zu.

Hamburg, 31. Juli. Der Großherzog von Meck⸗ lenburg-Schwerin ist gestern gegen 3 Uhr Nachmittags bereits vom Lockstädter Lager zurückgekehrt, hat abermals bei dem Ge⸗ neral⸗Konsul Störzel auf der Uhlenhorst Quartier genommen, später beim Regiment Nr. T6 dinirt und mit dem Nacht⸗Courier⸗ zuge sich nach Schwerin begeben.

Oesterreich⸗ ungarn. Wien, 30. Juli. Der Kaiser⸗ liche und Königliche außerordentliche Gesandte und bevollmäch⸗ tigte Minister Graf Ludolf hat heute als Geheimer Rath und der Freiherr Felix Pino v. Friedenthal, als Statthalter in Triest und im Küstenlande, den Eid in die Hand des Kaisers abgelegt.

Der Minister Dr. Unger ist vorgestern zum Kurge⸗ brauche in Karlsbad eingetroffen.

1. August. (W. T. B.) Die internatien-le Sa⸗ nitätskonferenz ist heute geschlossen worden. Nach einer Än⸗ sprache des Sektionschefs im auswärtigen Amte Baron von Orezy, in welcher derselbe der Konferenz den Dank der Kaiserlichen Re⸗ gierung ausdrückte, gab der Präsident Freiherr von Gagern ein Resums über die angenommenen Beschlüsse. Der Delegirte Italiens Semmola erwiderte dann auf die Ansprache des Ver⸗ treters der Regierung mit einer längeren Rede, indem er beson⸗ ders auf die humanitären und wissenschaftlichen Zwecke hinwies, welche zur Einberufung der Konferenz Anlaß gegeben und durch dieselbe Förderung gefunden hätten.

Pest, 30. Juli. In der heutigen geheimen Sitzung des Abgeordnetenhauses wurde die Abänderung der Hausord⸗ nung prinzipiell alljeitig genehmigt. Wegen Feststellung der Details werden noch Parteikonferenzen stattfinden und wird Sonn— abend in geheimer Sitzung Beschluß gefaßt werden.

In der darauffolgenden Sitzung des Abgeordnetenhauses legte Kovach einen Abänderungsantrag vor, wonach Regierungs⸗ vorlagen, die nicht die Schaffung eines Gesetzes bezwecken, mit Umgehung der Sektionen oder Fachausschüsse unmittelbar im Haufe verhandelt, Gesetzesvorlagen statt den Sektionen den Fach⸗ ausschüssen überwiesen werden können.

Von der Wahlgesetzvorlage wurden die Paragraphen 82 bis 96 erledigt. Eine längere Diskussion fand statt: bei 3. 89 über die richkerlichen Befugnisse der Curie, dann bei 8§. 96 über die Qualifikation der Bestechung und deren Bestrafung. JIrannyi und Tisza beantragten dabei den Zusatz, daß das Traktiren der

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Wähler mit Speise und Trank ebenfalls strafbar erachtet werde. Dieser Zusatz wurde trotz Einsprache des Ministers Szapary, der es für unmoglich hält, die Grenze zwischen einer erlaubten und einer sträflichen Bewirthung der Wähler festzustellen, und nach⸗ dem auch Franz Pulszky dafür gesprochen, bei Namensaufruf mit ol gegen 50 Stimmen angenommen. Zahlreiche Deakisten stimmten für den Zusatz.

Das Abgeordnetenhaus soll Dienstag die letzte meritorische Sitzung halten; am Tage der Publikation des sank⸗ tionirten Wahlgesetzes soll die Session geschlossen und am 20. Oktober die neue Session eröffnet werden.

Carlowitz, 30. Juli. Die heutigen Konferenzen hatten sich durch die Debatte über den Antrag Miletics, in der Wahl⸗ sitzung protokollarisch eine Verwahrung gegen die Rejicirung der Wahl Stojkovies auszusprechen, in die Länge gezogen. Die⸗ ser Antrag wurde heftig angegriffen und in Folge dessen vom Antragsteller zurückgezogen.

Dagegen wurde ein Antrag angenommen, dahingehend, daß dem Bedauern über die Rejicirung im Wahlprotokoll Ausdruck gegeben werde. Die Wahl des Patriarchen erfolgt morgen Vor⸗ mittags. Die Nationalisten dürften zum größten Theile für den Metropoliten Jvaeskovies stimmen.

1. August. (W. T. B.) Da die Wahl des Bischofs von Ofen, Stoikovie, zum Patriarchen von der Regierung verworfen worden ist, hat der serbische Kirchen kongreß die Neuwahl des Patriarchen vorgenommen, in welcher der rumänische Metropolit Zvaskovies mit 56 von 63 Stimmen gewählt wurde.

Schweiz. Bern, 28. Juli. Der am 15. September

hier zusammentretende internationale Postkongreß wird.

vier bis fünf Wochen in Anspruch nehmen. Das Deutsche Reich wird durch den General⸗Postdirektor Stephan und den Ge⸗ heimen Postrath Günther vertreten sein, die Schweiz durch den Chef des Postdepartements, Hrn. Borel, welchem der Bundes⸗ rath voraussichtlich den Ober-Postsekretär Steinhäuslein und Sekretär Höhn beigeben wird. Die „N. Züricher Ztg.“ ist in den Stand gesetzt, die Hauptpunkte des Vertragsentwurfs mit⸗ zutheilen. Derselbe strebt im Allgemeinen Erleichterungen im Postverkehr, im Speziellen vorzüglich eine wenigstens annähernde Einführung einheitlicher Transitgebühren an, ohne da, wo zwischen einzelnen Gebieten bereits ein solcher enger Postverein besteht, denjenigen Bestimmungen Eintrag zu thun, welche bezüg⸗ lich der im Austausche der betheiligten Gebiete unter einander sich bewegenden Sendungen in einem solchen Verein getroffen worden sind. Die Hauptpunkte des Vertrages sind:

Die am gegenwärtigen Vertrag theilnehmenden Staaten stellen ein einheitliches Postgebict dar, welches mit dem Namen Allgemeiner 1 bezeichnet wird. Die Festsetzungen dieses Vertrages er⸗ trecken sich auf Briefe, einschließlich der Postkarten, Zeitungen und anderer Drucksachen, sowie Waarenproben. Vorbehaltlich de- weiteren allgemeinen Verständigung über die Einführung einheitlicher Porto⸗ sätze soll jedem der am Vertrage Theil nehmenden Staaten überlassen bleiben, das Porto selbständig festzusetzen für alle Briefe nach und aus anderen Vereinsstaaten, soweit das Porto im eigenen Gebiete zur Enthebung kommt. Doch soll bei FestJetzung des Briefportos nicht über die Beträge von 3 Groschen, 4 Pence, 40 Centimes für den einfachen frankirten Brief, und von 6 Groschen, 8 Pence, 80 Cen— times für den einfachen unfrankirten Brief hinausgegangen werden,

Bei Scebeförderungen von mehr als 390 Knoten kann ein See— porto in Anwendung gebracht werden, welches jedoch 2 Groschen, 2 Pence, 20 Centimes für den Brief, gleichviel ob frankirt oder nicht, nicht übersteigen soll. Für Zeitungen und Drucksachen, sowie für Waarenproben und Muster, welche den reglementarischen Vorschriften im Ursprungsland entsprechen, setzt jeder Staat für die in seinem Ge⸗ biete eingelieferten derartigen Sendungen nach andern Vereinsstaaten das Porto selbständig fest. Doch soll bei F stsetzung dieses Portos nicht unter den Betrag von 4 Groschen, 1 Pence, 11 Centimes hin⸗ abgegangen werden. Bei Scebeförderungen von weiter als 300 Kno— ten kann ein Zuschlag bis zur Höhe obiger Sätze in Anwendung gebracht werden. Die Rekommandation der Briefe, Postkarten, Zeitungen und anderer Drucksachen, sowie der Waarenprohen ist zulässiß. Im Falle des Verlustes eines rekommandirten Gegen— standes zahlt die Verwaltung, in deren Gebiet oder auf deren See— postroute sich der Verlust ereignet hat, oder der Nachweis über den Verbleib nicht geführt werden kann, sofern die betreffende Ver— waltung nach den gesetzlichen Bestimmungen ihres Landes auch für den Verlust interner rekommandirter Sendungen Ersatz zu leisten hat, eine Entschädigung von 14 Thalern, beziehungsweise 50 Fr. an den Absender oder auf dessen Verlangen an den Adressaten. Der Anspruch auf Entschädigung erlischt nach Jahresfrist, vom Tage der Auslieferung an gerechnet. Im Fall einer vis major wird eine Entschädigung überhaupt nicht geleistet. Ist ein Brief nicht genügend frankirt, fo wird er als unfrankirter Brief taxirt; unzureichend fran⸗ kirte Zeitungen werden jedech nicht befördert. Befreiungen von Porto oder Ermäßungen desselben finden nicht statt. Die auf den Post⸗ dienst bezüglichen Sendungen werden ohne Portoansatz befördert. Jede Postverwaltung bezieht ungetheilt das Porto und die Gebühren, welche in ihrem Gebiet erhoben werden; Transitporto irgend welcher Art, sei es für den Einzeltransit oder für den Transit geschlossener Brief⸗ packete durch das Gebiet eines der Vereinsstaaten, wird nicht ver— gütet. Mit den zunächst außerhalb des Postvereins bleibenden Staaten schließen diejenigen Glieder des Postvereins, welche mit jenen Staaten di⸗ rekte Postverbindungen unterhalten, Verträge ab, in welchen unter Bedin⸗ gung einer entsprechenden Reziprozität die Vortheile des gegenwärtigen Vertrages für den ganzen Umfang des Postvereins dargeboten wer— den können. Das Vereinsporto wird zwischen dem Grenzlande im Postvereine, über welches die Sendungen im Postgebiete heraustreten beziehungsweise in letzteres eintreten, und dem zum Postvereine gehöri⸗ gen Aufgabegebiet, resp. Bestimmungsgebiet, halbscheidlich getheilt. ÜUnter dieser Bedingung können auch Binnengebiete des Vereins Ver— träge mit den außerhalb desselben liegenden Ländern schließen, um einen direkten Poftaustausch herzustellen. Endlich soll zur weiteren Ausbildung des Vereins, Einführung allgemeiner Verbesserungen und Erörterungen gemeinsamer Angelegenheiten zeitweise eine Konferenz von Bevollmächtigten der Vertrogstheilnehmer stattfinden, auf welcher jeder Staat eine Stimme führt.

Frankreich. Baris, 31. Juli. (W. T. B.) Die „Agenee Havas / versendet nachstehendes Communique: Die in der Presse des In⸗ und Auslandes enthaltenen Auslassungen über die von der Regierung den spanischen Verhältnissen gegen⸗ über befolgte Politik, gehen sämmtlich von unrichtigen Vor⸗ aussetzungen aus. Insbesondere sei die Angabe eines englischen Journals, daß Spanien an Frankreich eine energische Note ge⸗ richtet habe, als unrichtig zu bezeichnen. Obgleich mehrfache Noten über die Haltung der franzoösischen Regierung zwischen den beiden Mächten gewechselt seien, habe dieser Verkehr immer den Cha⸗ rakter eines freundschaftlichen Ideenaustausches bewahrt. In der That habe auch die französische Regierung in ihrem Ver⸗ halten zu Spanien sich nur von den Gesinnungen einer guten Nachbarschaft leiten lassen und den ihr untergebenen Behörden wiederholt ebenfalls Anweisungen in diesem Sinne ertheilt. Die Regierung habe den Carlisten keine Begünstigung zu Theil wer⸗ den lassen; es seien Maßregeln zur Ueberwachung der Grenze angeorbnet und, wie die Berichte der Unterbehörden bezeugten, auch zur Ausführung gelangt. Man müsse dabei indessen nicht außer Acht lassen, welche Schwierigkeiten es habe, eine so aus⸗

gedehnte Gebirgsgrenze zu kontroliren, zu deren vollständiger

Ueberwachung kaum ein Armee⸗-Corps sich als ausreichend er⸗ weisen würde. Was die Anerkennung der spanischen Regierung betreffe, werde Frankreich zwar nicht die Initiative dazu ergrei⸗ fen, sich aber der Haltung der übrigen Großmächte anschließen.

Sämmtliche Abendblätter, die klerikalen allein aus⸗ genommen, sprechen ihre volle Zustimmung zu der heute Morgen veröffentlichten Note aus, in welcher der Hirtenbrief des Kardinal⸗Erzbischofs Guibert gemißbilligt wird.

Die Kaiserin von Oesterreich hat sich heute Morgen in Havre nach der Insel Wight eingeschifft.

Versaikles, 31. Juli. (W. T. B.) In der National⸗ versammlung erklärte heute bei Berathung des Antrages auf Vertagung der Nationalversammlung im Laufe der hauptsachlich durch Gambetta, Clapier und Brisson geführten Debatte der Marquis de Franelieu, er halte sich für voll⸗ ständig frei und befugt, während der Ferien dasjenige zu thun, was er als sein Recht und seine Pflicht betrachte, damit die Monarchie wieder hergestellt werde. Auf eine Erwiderung des Vize⸗Präsidenten des Minister⸗-Conseils, General de Cissen, er⸗ innerte der Deputirte Tolain an die jüungste Erklärung des Mi⸗ nisters des Innern, Chabaud La Tour, der versichert habe, daß die Regierung ihren Rechten und Machtbefugnissen allen Par⸗ teien gegenüber Achtung zu verschaffen wissen werde. Hierauf ward der Antrag Lamy, nach welchem noch vor den Ferien in allen Departements der Belagerungszustand aufgehoben werden soll, mit 374 gegen 307 Stimmen abgelehnt. Die Ablehnung des Antrages Turquet, nach welchem während der Wahlperiode der Belagerungszustand aufgehoben sein soll, erfolgte mit 366 gegen 305 Stimmen. Die Vorlage wegen Vertagung der Na⸗ sonalversammlung vom 6. August bis zum 30. November d. J. wurde angenommen.

Havre, 30. Juli. Die Kaiserin von Oesterreich ist heute 9 Uhr früh wohlbehalten hier eingetroffen. Ihre Majestät wurde während der Reise in vielen Bahnhof⸗ stationen, namentlich Frankreichs, von der zahlreich herbeigeström⸗ ten Bevölkerung ehrfurchtsvoll begrüßt.

Spanien. Madrid, 31. Juli. (W. T. B.). Die amtliche „Gaceta“ meldet, daß mehrere Carlistenabtheilun⸗ gen aus Galizien auf portugiesischen Boden geflüchtet sind.

Dieselbe veröffentlicht ferner ein Dekret der Regierung betreffs der schwebenden Schuld. Nach demselben haben die auswärtigen Inhaber von Titres der schwebenden Schuld, welche durch die konsolidirte innere Schuld garantirt sind, binnen 14 Tagen eine schriftliche Erklärung darüber einzureichen, ob sie mit der zwischen der spanischen Bank und der Verwaltung des Staatsschatzes zur Sicherstellung der Rückzahlung ihrer Darlehne geschlossenen Uebereinkunft einverstanden sind. Für den Fall des Richteinverständnisses soll diese Erklärung als Beweisurkunde dafür dienen, daß sie auf diejenigen Vortheile verzichten, die für die Rückzahlung durch die Bank zugesichert sind. Juhaber von solchen Titeln der schwebenden Schuld, welche durch Schatzscheine garantirt sind, können sofort bei der General⸗Direktion diejenigen Sicherstellungen verlangen, durch die ihnen ihr Schuldbrief ge⸗ währleistet wird Ferner wird bekannt gemacht, daß die Bank⸗ häuser Urquijo und Arenzana die Garantie für die spanische Bank bezüglich der von derselben mit der Verwaltung des Staats⸗ schatzes getroffenen Vereinbarung übernehmen und daß dieselben sich damit einverstanden erklärt haben, daß die bis jetzt fällig gewordenen Zahlungen, im Betrage von 25 250, 000 Fres., als bis zum Jahre 1875 laufend, betrachtet werden.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 29. Juli. Am 26. d. M. ist der beim hiesigen Hofe neuerdings akkre⸗ ditirte Gesandte des Königs der Hellenen Brailas Armeni von dem Kaiser empfangen worden und hat seine Beglaubi⸗ gungsschreiben überreicht. Gleichzeitig wurde der Sekretär der griechischen Gesandtschaft Markoran Sr. Majestät vorgestellt.

Der zweite Stadt⸗Kommandant von St. Petershurg, Generalmajor Iwan Grigorjewitsch Bannasch von der Keith ist, wie die ‚Russ. St. P. 3.“ meldet, am 28. d. M. verstorben.

Die Civilehe für Sektirer soll, wie die „R. W.“ erfährt, nun in kürzester Frist ins Leben treten. Das Recht, in die Civilehe einzutreten, soll indeß in dem neuen Gesetz aus⸗ schließlich nur Denjenigen zugeschrieben werden, welche in der Sekte geboren sind, so daß also ein späterer Austritt aus dem griechisch⸗orthodoxen Glauben kein Recht zur Schließung einer Civilehe gewährt. Auch soll nach derselben Quelle das Recht auf Ausübung religiöser Gebräuche weitere Grenzen erhalten.

Der Ümbau freigewordener Klöster zu Kaser⸗ nen, der schon seit einiger Zeit in den westlichen Gouvernements geplant wurde, soll jetzt faktisch ins Werk gesetzt werden und zwar soll nach der „5. W.“ mit der Stadt Winnitza der An⸗ fang gemacht werden. Wenigstens ist das Projekt zum Umbau des leeren Klosters bereits der Obrigkeit vorgestellt worden.

Dänemark. Kopenhagen, 29. Juli. (H. N.) Aus Kirkwall auf den Orkney⸗Inseln wird unterm gestrigen Datum telegraphirt, daß die Fregatte ‚Iynlland“, welche den König und Prinz Waldemar nebst Gefolge nach Island führt, am 24. d. M. Sumburgh Heat auf den Schetlandsinseln passirte. Am Bord war Alles wohl.

Bis zum 22. Juli waren in der Königlichen Münze zu Kopenhagen im Ganzen 6130900 Ein⸗Oerestücke, 4 070,500 Zwei⸗Oerestlicke, 1,525 000 Fünf⸗Oerestücke und 3, N 4 000 Zehn⸗ Oerestücke ausgemünzt.

Als Nachfolger des vor Kurzem verstorbenen Konferenz⸗ Raths David hat die Regierung den Staatsrevisor Fischer zum Mitglied des Kontrolcomités der seeländischen Eisenbahnen ernannt.

Amerika. Ein neues Kongreßgesetz verbietet den Ge⸗ sandten, Konsuln u. s. w. der Vereinigten Staaten, über öffent⸗ liche Angelegenheiten in fremden Ländern an Zeitungen, an an⸗ dere Zeitfchriften oder auch nur an Privatpersonen zu schreiben; nur an die betreffenden Beamten der Vereinigten Staaten (Staatssekretär c.) dürfen sie Briefe solchen Inhalts richten.

West indien. (A. A. C.) Der neue Präsident von Hanti (Dominique) hat eine Proklamation erlassen, in welcher er die Bevölkerung beschwört, alle Gefühle der politischen Gegenbeschul⸗ digung und Antipathie zu beseitigen. Folgendes sind die neuen Staats. Minister: Excellent, Sekretär der Finanzen und auswär⸗ tigen Angelegenheiten; General Heurtelon, Inneres und Ackerbau; Prosper Faure, Krieg und Marine; Boeo, Justiz; Thomas Madiou, öffentlicher Ünterricht. Die Regierung beabsichtigt mit der Kapitalanleihe von 3 000000 Dollars, deren Plazirung sie an. gekündigt hat, eine Nationalbank zu eröffnen.

Die Republik von San Domingo war ruhig, aber die Geschäͤfte flau und Geld rar. Die Kommission welche nach Hayn gesandt wurde, um einen Friedens- und Handelsvertrag zu vereinbaren, ist unverrichteter Sache zurückgekehrt, da sie an Präsident Missage akkreditirt war, welcher inzwischen zu Gunsten