1874 / 180 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 03 Aug 1874 18:00:01 GMT) scan diff

Die im Reichs⸗Eisenbahn⸗Amt gepflogenen Ver⸗ handlungen wegen Srlaß gleichmäßiger Eisenbahn⸗ Fracht⸗Tarif⸗Vorschriften sind gestern geschlossen worden. Wenngleich Seltens einiger Delegirten der Eisenbahnen dem bis⸗ herigen Klasstfikationssystem, insofern es gestatte, überall den lokalen Bedürfnissen Rechnung zu tragen, der Vorzug vor dem vom Bundesrathe beschloffenen modifizirten Wagenraumsystem gegeben wurde, so erklärte sich doch schließlich mit letzterem die große Majorität unter der Voraussetzung einverstanden, daß die Tariferhöhung nir—⸗

ends Anstand finde, daß gestattet werde, Ausnahmetarife zu ilden, und daß das Elsaß⸗Lothringische System überall besei⸗ tigt, mithin im ganzen Deutschen Reich nur ein System ein⸗ geführt werde. Um jedoch die für gewisse wichtige Artikel beson⸗ deren ermäßigten Sätze bestimmen zu können, ohne bezüglich derselben sofort zu ÄAusnahme⸗Tarifen zu schreiten, haben die Verwaltungen die Bildung von elf Klassen vorgeschlagen. Wir werden die Tarifvorschriften und die Spezialklassen, wie solche im Reichs⸗Eisenbahn⸗Amte unter Vorbehalt der Genehmigung des Bundesraths redigirt worden sind, in den nächsten Tagen der Oeffentlichkeit übergeben und beschränken uns fuͤr jetzt auf die Bemerkung, daß die Bahnverwaltungen den von den Dele⸗ girten des Handelsstandes ausgesprochenen Wünschen fast durch⸗ gängig entsprochen haben. Da die Vertreter mehrerer größeren Ver⸗ waltungen die Berechnung und Publikation der Tarifsätze bis zum 1. Januar 1875 für unthunlich erklärten, so beschloß man, die Reichsbehörde zu ersuchen, als spätesten Termin für Einfüh⸗ rung des neuen Systems den 1. Juli 1875 festzusetzen.

Bekanntlich ist durch Beschluß des Bundesraths der Termin für die nächste Volkszählung im Deutschen Reich von dem 1. Dezember 1374 auf den 1. Dezember 1875 ver⸗ schoben worden, um dem Kaiserlich Statistischen Amt Gelegenheit zu geben, das durch die letzte Volkszählung angesammelte Ma⸗ terial erst vollständig zu verarbeiten, bevor durch eine neue Volkszählung wiederum neues Material beschafft werde, und die Vorarbeiten für diese neue Zählung die Thätigkeit des Kaiserlich Statistischen Amtes derartig in Anspruch nehmen, daß die ersteren Arbeiten liegen bleiben müßten. Inzwischen ist die Zeit für die nächstjährige Volkszählung schon so weit herangerückt, daß es nothwendig erscheint, schon jetzt mit den Vorarbeiten für dieselbe

u beginnen. Es sind deshalb Seitens des Kaiserlich Statisti⸗ hen Amtes gegenwärtig Vorschläge ausgearbeitet, welche eine Abänderung des bisher gebräuchlichen Zählungsmodus bezwecken, und wird zur Berathung dieser Vorschläge die statistische Central⸗ kommission am 5. August hier zusammentreten, um diese Vor⸗ schläge resp. ihre Einfuhrung in ihre Berathung zu ziehen.

Rücksichtlich der Armenpflege im Falle der Unter⸗

bringung einer obdachlofen Familie hat das Bundes⸗ Amt für das Heimathwesen folgende, im „Centralbl. f. d. D. R.“ mitgetheilte Entscheidung getroffen:

In Sachen Clannin wider Griebnitz wurde zwischen den Parteien darüber gestritten, ob die von dem Ortsvorstande zu Elannin mit Wohnung versehene Familie B. wegen ihrer 8 der Armenpflege verfallen, oder im polizeilichen

ege untergebracht worden sei. Im Gegensatze zu dem Erkennt⸗ nisse erster Instanz hat das Bundesamt für das Heimathwesen das Erstere angenonimen und in den Gründen der am 27. Juni 1874 gefällten Entscheidung Folgendes ausgeführt:

Kläger findet sich mit Recht dadurch beschwert, daß er in erster Instanz mit dem Anspruche auf Uebernahme der Familie B. und auf Erstattung des Aufwandes für wohnliche Unterbringung derselben ab⸗ gewiesen worden ist. . .

Die zwischen den Parteien allein streitige Hülfsbedürftigkeit des Invaliden B., deren Nachweis der erste Richter für nicht geführt erachtet, ist durch die Anordnung der Armenpflege Seitens des Land⸗ rathzz · Amtes des Kreises Bublitz allerdings nicht, wie Kläger annimmt, unwiderleglich dargethan, geht aber aus den als Beweismittel be⸗ nannten und in jetziger Instanz beigezogenen Akten des Landwehr⸗ Bezirks Kommandos Cöslin und der Kreisgerichts⸗Kommission Bublitz zur Genüge hervor. .

Nach den in den Akten der erstgenannten Behörde vorliegenden ärztlichen Gutachten ist die Arbeitskraft des Invaliden B, in Felge seines Lungenleidens und der dadurch bedingten Körperschwäche so be⸗ einträchtigt, daß er im Jahre 1871 als temporär ganz erwerbsunfähig, und im Jahre 1873 als dauernd größtentheils erwerbsunfähig aner⸗ kannt wurde. Durch dieselben Akten bestätigt sich die Behauptung des Klägers, daß scine Familie aus einer Frau und fünf unerzogenen Kindern besteht. Von der Wartung der Kinder und dem Haushalte ist auch die Thätigkeit der Frau, was keines besonderen Beweises be= darf, dergestalt in Anspruch genommen, daß sie durch eigene Arbeit keinen erheblichen Beitrag zur Beschaffung des nothwendigen Lebens⸗ unterhaltes der Familie zu liefern vermag. Erwägt man nun, welchen Aufwand die Ernährung einer aus zwei K Personen und

fünf kleinen Kindern bestehenden Familie der nr auch in

ländlichen Verhältnissen verursaat die Sätze des preußischen Tarifs vom 21. August 1871 gewähren einen Anhalt dafür so bedarf es keiner weiteren Beweiserhebung, um zu der Ueberzeugung zu gelangen, daß die dem ꝛc. B. zustehende Invalidenpension von 7 Thlr. monat—⸗ lich nebst dem geringen Arbeitsverdienste der B. schen Eheleute nicht aus⸗ reicht, den nothwendigen Bedarf zu decken. Daraus erklärt es sich zugleich, daß es dem 2c. B., wie die Akten der Kreisgerichts⸗Kommission 2 f er⸗ geben, nicht gelingen wollte, ein Unterkommen zu finden, selbst zu einer Zeit, wo er noch 12 Thlr. monatlich als Invalidenpension bezog, und daß die Armenpflege eintreten mußte, um ihm Wohnung zu ver⸗ schaffen. Als polizeiliche Maßregel und nicht als Akt der Armenpflege charakterisirt sich die wohnliche Unterbringung, wenn obdachlose Per⸗ sonen, obgleich an sich nicht unterstützungsbedürftig, wegen Wohnungs— mangels oder wegen Nachlässigkeit in der Beschaffung einer Wohnung, vorläufig untergebracht werden müssen. 6 diese Annahme fehlt es jedoch im gegenwärtigen Falle an dem erforderlichen Anhalte. Viel mehr ist nach Allem. was vorliegt, als festgestellt zu erachten, daß die Gewährung des Obdaches durch den Kläger im Wege der Armen⸗ pflege erfolgt und durch die Hülfsbedürftigkeit der Familie, welche nach dem Obigen auf nicht blos vorübergehenden Ursachen beruht, nothwendig geworden ist.

Verklagter war daher nach §§8. 30, 31 des Reichsgesetzes vom 6. Juni 1870 zur Uebernahme der Familie B. und zur Erstattung der dem Betrage nach nicht angefochtenen Armenpflegekosten zu ver⸗ urtheilen, und der Kostenpunkt nach 5§§. 56, 58 des Gesetzes vom 8. März 1871 zu bestimmen.

Mit dem 1. v. M. ist die Kirchenvermögens⸗ Verwaltung der evangelischen Kirchen in den alten Provinzen auf die Gemeinde⸗Kirchenräthe übergegangen, und es hört da⸗ her überall, wo der Fiskus als Patron keine Patronatslasten trägt, sondern nur Parochialbeiträge zu entrichten . oder wo er nur bestimmte fixirte Realabgaben an Kirchenbeamte zahlt, das bisherige Recht des fiskalischen Patronats zur Aufsicht der Kirchenvermögens⸗Verwaltung und zur Theil⸗ nahme an derselben durch Zustimmung zu den, in den be⸗ stehenden Gesetzen (A. 2. R. Th. II. Tit. 11) näher bezeichneten Arten der Vermögensverwaltung auf. Wo der Fiskus als Patron irgend einen Beitrag zu den kirchlichen Bedürfnissen entweder in vorkommenden Fällen oder beständig entrichtet, bleibt ihm nur noch

das Recht, daß ohne seine Zustimmung keine Ausgabe aus der Kirchenkasse beschlossen werden kann welche außerhalb des gesetzlichen Zweckes der Kirchenkasse oder des Kirchenvermögens überhaupt liegt, also beispielsweise Ausgaben zu Schulzwecken, Bedürfnissen der Civilgemeinde⸗Armenpflege 2c. In allen solchen Fällen ist die Regierungsentscheidung erforderlich. Wo aber der Fiskus als Patron im Unvermögensfalle der Kirche Beiträge zu Bauten entrichtet, bleiben die Rechte der Aufsicht und Zu⸗ stimmung des Patrons in dem gesetzlichen Maße fortbestehen. Es sind daher auch in allen diesen Fällen die Etats und Rechnungen nach ihrer Feststellung und Dechargirung Seitens der Gemeinde⸗ Kirchenräthe der vorgesetzten Regierung zur schließlichen Geneh⸗ migung einzureichen.

Nach einer Verfügung des Chefs der Admiralität sind S. M. Panzerfregatten „Kaiser“ und „Deutschland“ als 866 der ersten, S. M. Panzerfregatte „Preußen“ als Schiff der zweiten und S. M. Korveste Freya“ als Schiff der vierten Rangklasse zu führen. Als Besatzungsetats gelten für S. M. Schiffe „Preußen“ und „Freya“ die durch Aller⸗ höchste Kabinets⸗Ordre vom 22. Oktober 1872 sanküonirten, für S. M. Schiffe „Friedrich Carl“ resp. „Ariadne“ gegebenen Fest⸗ setzungen, für S. M. Schiffe „Kaiser und „Deutschland“ ist der Besatzungsetat auf 600 Köpfe bestimmt worden.

Der Chef der Admiralität, Staats⸗Minister General⸗ Lieutenant von Stosch, ist von seiner Urlaubsreise hierher zurückgekehrt.

Der General- Major und Commandeur der 3. Garde⸗ Infanterie⸗Brigade Knappe von Knappstädt hat sich Behufs Inspizirung des Garde⸗Schützen⸗Bataillons nach Rheinsberg begeben, wohin Letzteres zur Abhaltung größerer Felddienst⸗ und Schießübungen im Terrain abgerückt ist.

Eine größere Anzahl von Offizieren und Unter⸗ offizieren aus dem Bereich des VI. und XV. Armee⸗Corps, so⸗ wie des See⸗Bataillons sind zu einem vierwöchentlichen Kursus der Militär⸗Schießschule in Spandau, Behufs Ausbil⸗ dung als Instruktions⸗Personal für die Truppen in der Hand⸗ habung des Gewehrs M / 71. kommandirt worden und gestern resp. vorgestern eingetroffen; die Offiziere der graden Divisionen haben bestimmungsmäßig in Berlin Wohnung genommen, wäh⸗ rend die der ungraden Divisionen und des See⸗Bataillons, sowie sämmtliche Unteroffiziere in Spandau einquartiert worden sind.

Der General⸗Arzt und ärztliche Direktor der Charité Dr. Mehlhausen ist von seiner Urlaubsreise hier wieder ein⸗ getroffen.

Der Eydtkuhnen-⸗Berliner Tagescourierzug hat am 1. d. M. Nachmittags um 3 Uhr bei der Durchfahrt durch den Bahnhof Krojanke dadurch einen Unfall erlitten, daß die Bremsvorrichtung des den Schluß des Zuges bildenden Post⸗ wagens sich ablöste, beim Herabfallen unter ein Rad gerieth und dadurch die Entgleisung des Postwagens herbeiführte. Der Post⸗ wagen schlug um und riß den nächsten vorher laufenden Wagen aus den Schienen. Es gelang, den Zug, da der Unfall sofort bemerkt wurde, sehr bald zum Halten zu bringen, und konnte derselbe mit Zurücklassung der beiden entgleisten Wagen die Sta⸗ tion Krojanke mit nur 28 Minuten Verspätung verlassen. Irgend welche Beschädigungen von Personen sind glücklicher Weise nicht vorgekommen. Der Zug hat fahrplanmäßig um 8 Uhr 45 Minuten Abends Berlin erreicht. Störungen im Betriebe sind durch den Unfall nicht herbeigeführt worden.

Der amtliche stenographische Unterricht im Hause der Abgeordneten beginnt am Montag, den 19. August. Neben verschiedenen theoretischen Kursen, die hauptsächlich für Schüler der oberen Klassen höherer Lehranstalten bestimmt sind, und bis zum 1. Oktober (etwa in 12 Unterrichtsstunden) beendet sein werden, finden auch praktische Uebungen für diejenigen statt, welche sich zu Fachstenographen ausbilden wollen. Die Kurse sind unentgeltlich. Anmeldungen werden vom Mittwoch, den 5. ab, Vormittags von 11 —1 Uhr im stenographischen Bureau des Hauses der Abgeordneten angenommen.

Posen, 1. August. (W. T. B.) Der Dekan von Olobok, Michalak in Droszew, ist durch den Distriktskommissar aus⸗ gewiesen und ihm der Aufenthalt in den Kreisen Pleschen und Adelnau verboten worden. Ebenso ist dem Vikar Nowrocki in Cerekwice wegen unbefugter Ausübung geistlicher Amtshandlungen der Anfenthalt in den Kreisen Obornik, Samter, Posen, sowie in der Stadt Posen untersagt worden.

Breslau, 1. Augnst. Se. Hoheit der Herzog von Braunschweig kam heute Vormittag um 10 Uhr mit großem Gefolge, aus Schloß Hietzing bei Wien kommend, mittelst Kourierzuges der Oberschlesischen Eisenbahn auf dem hiesigen Centralbahnhofe an, wo derselbe vom Polizeipräsidenten, Frei⸗ herrn v. Uslar⸗Gleichen begrüßt wurde. Nach halbstündigem Aufenthalte begab sich der Herzog mittelst Extrazuges der Rechte⸗ Oder⸗Ufer⸗Eisenbahn nach Schloß Sibyllenort.

Göttingen, 31. Juli. Auf gestern Abend waren durch den Bürgermeister Merkel die Spitzen der Behörden, die Vor⸗ stände der Vereine und Gilden und die ersten Lehrer der Schu⸗ len behufs Besprechung der Feier des zweiten Septem⸗ bers eingeladen. Man beschloß die Einrichtung der Feier nach dem Programme des vorigen Jahres. Es wird also wieder ein Festzug vom Weenderthore nach dem Markte stattfinden; hier werden patriotische Lieder gesungen und eine Festrede gehalten. Nachmittags ist auf dem Rohns, Abends im Deutschen Garten freies Concert. Glockengeläute und Freudenfeuer werden eben⸗ falls nicht fehlen. Einstimmig war man der Ansicht, die Kosten durch freiwillige Beiträge aufzubringen.

Bayern. München, 1. August. Der König wird der „Allg. Ztg.“ zufolge bei der am Mittwoch um 11 Uhr statt⸗ findenden feierlichen Einweihung und Eröffnung des Kranken⸗ hauses, welches der Hausritterorden vom h. Georg in Nymphenburg erbaut hat, durch den Prinzen Adalbert ver⸗ treten werden. Bei der Feier werden, außer den Prinzen des Königlichen Hauses und den Ordensrittern, die Beamten des Königlichen Bezirksamtes J. J., sowie die Bürgermeister und Pfarrer der zum Bezirke des Krankenhauses gehörigen elf Ge⸗ meinden anwesend sein, auch werden sich daran die Gemeinde⸗ verwaltung, die freiwillige Feuerwehr, der Veteranenverein, der Gesangverein und die Schuljugend von Nymphenburg betheiligen. Dem Orden der barmherzigen Schwestern wird das Krankenhaus übergeben. Sowohl dieses durch den Königlichen Hofgarten⸗ Direktor Effner als auch Nymphenburg selbst von Seiten seiner Bewohner wird festlich dekorirt werden.

Der Generalstabs⸗Chef Reichsrath Graf v. Bothmer begiebt sich heute mit den Offizieren des Generalstabes auf mehr⸗

schulen hat der Schüler sich darüber auszuweise

wöchentliche Operationsreisen in der Gegend von Lands⸗ berg, Memmingen und anderen Orten.

Der Justiz⸗Minister Dr. v. Fäu stle ist gestern Abend von einer kleinen, in das schwäbische Oberland unternommenen Reise hierher zurückgekehrt.

Die Verordnung, die S Studienanstalten im Königrei bestimmt:

I) Die neue Schulordnung tritt, vorbehaltlich der nachstehenden Uebergangz Bestimmungen, vom 1. September 1874 in Wirksamkeit. 2) Denjenigen Studienanstalten, welchen die nöthigen Unterrichts lokale und Lehrkräfte bis zum 1. Oktober 1874 nicht zur Verfügung stehen, wird die Einführung des untersten Kurses der Lateinschule (l. , neuer Formation) längstens bis zum Beginne des Schuljahres 1875. 76 nachgesehen. Die Studienrektorate dieser Anstalten werden jedoch ange⸗ wiesen, die möglichst baldige Errichtung dieses Kursus unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse mit allem Eifer anzustreben und dahin zu wirken, daß dieser unterste Kursus noch vor Ablauf des nächsten Schuljahres zu einem passenden Zeitpunkte, gegebenen Falles bereits mit dem Anfange des neuen Kalenderjahres oder des Sommersemesters 1875, ins Leben treten kann. Die Kreisregierungen beauftragen wir zu diesem Zwecke, die Anträge der Studienrektorate mit möglichster , der Erledigung zuzuführen. 3) Vom 1. Oktober 1874 an bildet die bis- herige 1. enn, der Lateinschule die 2. Klasse (neuer ,. und ebenso sind fortan die derselben folgenden höheren Klassen mit der ihrer Reihenfolge entsprechenden höheren Ordnungsziffer zu bezeichnen, Auch an denjenigen Studienanstalten, an welchen der unterste u . der Latein schule nicht sofort mit dem Beginn des Schuljahres 1874 / 75 eingeführt werden kann, werden vom 1. Oktober 1874 an die bisherigen 1 Klassen der Lateinschulen als 2. Klassen, die zweiten als dritte u. . f. bezeichnet. Der Unterricht des neuen Schuljahres beginnt mit dem J. Oktober 1874. Die Studienrektorate werden angewiesen, hievon die Betheiligten durch öffentliche Bekanntmachungen so rechtzeitig in Kenntniß zu setzen, daß die nöthigen Prüfungen und vorbereitenden Geschäfte in den Tagen vom 25 bis 509. September laufenden Jahres erledigt werden können. 5) Bei der Aufnahmsprüfung für die untersten Klassen der Latein-

t der Sch n, daß er sich die für den Eintritt in die 4. Klasse einer deutschen Schule hinreichenden Kenntnisse in der Religion, der deutschen Sprache und Arithmetik er⸗ worben habe. 6) Die senigen Knaben, welche vor dem 1. Hktober d. Is, das 19. Lebensjahr bereits vollendet und das 13. noch nicht überschritten haben, werden am Beginn des Studienjabres 1874/75 zur Aufnahmzprüfung für die 2. Lateinklasse (neue Formation) noch unter den bisherigen Voraussetzungen zugelassen. Die⸗ selben haben deshalb bei dieser Aufnahmsprüfung nur über Besitz der nöthigen Religionskenntnisse und zineignung des Lehrstoffes der oberen Abtheilungen der deutschen Schule sich auszuweisen, sowie über Kenntniß der einfachen Rechnungsarten und der lateinischen Dekli⸗ nationen. Auf die Kenntnisse in der deutschen Sprachlehre, Ortho⸗ graphie, im Rechnen und den übrigen Realien ist hierbei, wie bisher, ein besonderes Gewicht zu legen. ) Der Lehrerrath jeder einzelnen Studienanstalt hat fofort am Beginn des Studienjahres 18.4375 über die Maßregeln Berathung zu pflegen, welche durch die Verände— rung des Lehrplanes in dem nächsten Schuljahre vorübergehend noth⸗ wendig werden, und zu den in dieser Beziehung zu treffenden Anord⸗ nungen ist die Genehmigung des Staats Ministeriums des Innern für Kirchen und Schulangelegenheiten einzuholen. 8) Vom Tage der Wirksamkeit der neuen Schulordnung treten die entgegenstehenden Bestimmungen, insbesondere die revidirte Ordnung der lateinischen Schulen und der Gymnasten im Königreich Bayern vom 24. Februar 1854 außer Wirksamkeit.

Sachsen. Dresden, 1. August. Der Staats⸗Minister Freiherr von Friesen hat heute eine längere Erholungsreise angetreten und sich zunächst in die Schweiz begeben.

Am 29. Juli hat eine Feuersbrunst in wenigen Stunden 69 Häuser sammt Nebengebäuden des Ortes Breiten⸗ brunn bei Schwarzenberg zerstört und 191 Familien mit un⸗ gefähr J00 bis 800 Köpfen um ihre Habe gebracht.

Württemberg. Stuttgart, 1. August. Das Regie⸗ rungsblatt Nr. 20 enthält eine Königliche Verordnung in Be⸗ treff der Erlasse neuer Hausordnungen für die Zuch t⸗ häuser und die Landesgefängnisse, sowie einer Haus⸗ . das Zellengefängniß in Heilbronn. Vom 23.

uli ;

Baden. Karlsruhe, 31. Juli. Die Großherzogin ist heute früh mit der Prinzessin Vietoria nach St. Moritz abgereist. In ihrer Begleitung befinden sich die Hofdame Frei⸗ Fräulein von Schönau, der Ober⸗Hofmeister Freiherr von Edels⸗ heim und die Gouvernante Miß Morgan.

Das heutige Gesetzes⸗ und Verordnungsblatt Nr. 34 enthält eine landesherrliche Verordnung: die Bestimmung des Einführungstags fuͤr das Gesetz, besondere Bestimmungen über Verfassung und Verwaltung der Stadtgemeinden betreffend. Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1875 in Kraft.

Schwarzburg⸗Sondershausen. Sondershausen, 31. Juli. Der Fürst und die Prinzessin Elisabeth sind aus Arnstadt hierher zurückgekehrt.

Die Abgeordneten aus den Kreisen der Be⸗ am ten, deren Mandate infolge der gewährten Gehalts⸗ erhöhungen erloschen waren, sind ohne Ausnahme wiedergewählt worden.

Elsaß⸗Lothringen. Metz, 29. Juli. Außer den großen Manövern des X. Armee⸗Corps finden, der „Str. Ztg.“ zu⸗ folge, in diesem Jahre noch größere Kavalleriemanöver beim 3. 4. und) 15. (elsaß⸗lothringischen Armee⸗Corps) im Divisions⸗ und Brigade⸗Verbande nach dem neuen, von der Kavallerie⸗Kom⸗ missson unter Vorsitz des General⸗Majors und Commandeurs der 7. Kavallerie⸗Brigade v. Schmidt, revidirten Kavallerie⸗ Exereir⸗Reglement, sowie nach den durch die theilweise Neube⸗ waffnung der Kavallerie nöthig gewordenen Aenderungen in den Grundsätzen der Kavallerie⸗Taktik, statt. An diesen Manövern werden beim XV. Armee⸗Corps je eine reitende Batterie der 8. und 14. Feldartillerie⸗Brigade Theil nehmen, welche mit neuem Feldartillerie⸗Material ausgerüstet sind Auf die Zutheilung dieser Batterien wird um deswillen ein Hauptgewicht gelegt, um ein end⸗ giltiges Urtheil über Beweglichkeit und Manöprirfähigkeit der neuen Geschüätze, deren Gewicht die bisherigen um einige Centner übersteigt, zu erhalten. Die Manövprirzeit ist für die zweite Hälfte des September bestimmt und dauert 14 Tage. Um die Ortschaften, in deren Nähe die Manöver abgehalten werden, mit der Lieferung von Fourage für eine so große Anzahl von Pfer⸗ den nicht zu belästigen, sollen Fourage⸗Magazine, ähnlich wie im Felde, errichtet werden. Als Manöbrirterrain ist für das XV. Armee⸗Corps die Ebene zwischen Hagenau und Brumath in Aussicht genommen. Die Uebungen der Kavallerie⸗Regimenter leitet der General⸗Major und Commandeur der 28. Kapallerie⸗ Brigade v. Willisen. An diesen Uebungen nimmt auch das in Saargemünd und Forbach garnisonirende bayerische Cheveauxlegers⸗ Regiment Nr. 6 Theil.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 1. August. (Wien. 3.) Die internationale Sanitãtskonferenz hat unter dem Vorsitz des Freiherrn von Gagern heute ihre 20. und letzte Sitzung im Mi⸗ nisterium des Innern gehalten. Freiherr von Orezy, Sektions⸗

ulordnung für die e Bayern betreffend,

hof im Kaiserlichen und Königlichen Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, wurde in Begleitung des Hofraths Ritter v. Schwegel vom Präsidenten eingeführt. Das Protokoll der letzten Sitzung wurde angenommen, darauf. gab der Präsident ein Verzeichniß der Konferenzarbeiten und hielt folgende Rede:

„Am Schlusse ihrer Arbeiten angelangt, hat es die Konferenz für nöthig erachtet, in einer von allen ihren Mitgliedern unterzeichneten Schlußakte die Beschlüsse niederzulegen, die sie angenommen hat, um die in ihrem Programm enthaltenen Fragen zu beantworten. Als Organ der mit der Vorbereitung dieses Aktes betrauten Kommission lege ich Gewicht darauf, zunächst zu konstatiren, dat die Konferenz Alles gethan hat, um zu einem Einvernehmen, ihrem höchsten Zwecke, zu gelangen, ohne deswegen irgend eines jener 33 Interessen zu opfern, die im Spiele waren, nämlich die 3, en der öffent⸗ lichen Gesundheit und dann jene der Hanxelsbeziehungen. Ohne Zweifel wäre ein Einvernehmen über alle Punkte vorzuziehen gewesen; allein die Macht der Verhältnisse gestattete es nicht, und für, den Mo⸗ ment müssen wir mit den erzielten Resultaten zufrieden sein, da sie ein erster Schritt zu einem allgemeineren Einvernehmen sind.

Im wissenschaftlichen Theile ihres Programmes konnte die Kon ferenz nicht umhin, in den ihr vorgelegten Fragen jene Schlußfolge⸗ rungen zu bestätigen, zu denen auch die Konstantinopeler Konferenz gelangt war, ohne die in der Geschichte der Cholera noch dunklen Punkte ö da seit damals keine wichtige Entdeckung gemacht worden ist. .

Auf dem Gebiete der Prophylaxis, d. h. auf dem Gebiete der praktischen Fragen, die Ihre Hauptaufgabe bildeten, wurden zwei Schutzsysteme gegen die inficirten und choleraverdächtigen Provenienzen zur See Ihren Berathungen unterkreitet. Diese beiden Systeme, die ihre eigenthümlichen Vorzüge und Uebelstände haben, wurden mit gleicher Zähigkeit aufrecht erhalten und schließlich beide vor⸗

eschlagen, da sie zur Grundlage eines Einvernehmens dienen önnen einerseits zwischen den Staaten, die sich für die einfache ärzt⸗ liche Inspektion oder Revision aussprechen, und andererseits zwischen jLenen, die noch immer an den Nutzen der Quarantänen gegen die Cholera in Europa glauben. ö

In gemeinsamer Uebereinstimmung hat die Konferenz außerdem angenommen, daß die strengen Quarantänen namentlich außerhalb Europas gegen nene Krankheitsinvasionen anwendbar sind. .

Andererseits stand die Konferenz nicht an, die Quarantänen

egen die Provenienzen zu Lande abzulehnen, und zwar trotz der e ., die zu Gunsten einer ausnahmsweisen Anwendung vorgebracht wurden.

Was die Flußquarantänen betrifft, so hat die Konferenz ein

gemischtes System angenommen, das alle Interessen zu versöhnen

geeignet ist. .

Der Theil des Programmes, der sich auf die Einsetzung einer internationalen Kommission für die Epidemien bezieht, war der Gegen⸗ stand einer so eingehenden Prüfung, wie sie die Neuheit der Frage und die praktischen Schwierigkeiten, die sie begleiteten, erheischten.

Nichtsdestoweniger konnte die Konferenz Dank dem einmüthigen Wunsche, eine Institution ins Leben zu rufen, deren Vortheile für die Wissenschaft und für die Prophylaxis der epidemischen Krankheiten unbestreitbar erschienen, die vornehmsten, auf die präcisen Attributionen, auf die Zusammensetzung und auf das Vorgehen der projektirten inter⸗ nationalen Kommission der Epidemien bezüglichen Maßregeln fest⸗ stellen, indem sie den Regierungen die Sorge überließ, die sich daran knüpfenden finanziellen Fragen zu regeln. .

Die Frage der eventuellen oder ständigen Sanitäts⸗Kommissionen, die mit der früheren Frage innig verknüpft ist, scheint auch eine ge⸗ nügende Lösung erhalten zu haben. . 2

Die Konferenz hat demnach in kategorischer Weise die Frage der beiden Theile des Programms beantwortet, welche praktische Lösungen erheischten, und sie hat es in einer Weise gethan, welche den von ihr repräsentirten Regierungen die Grundlagen zu einem für alle Interessen sehꝛ wünschenswerthen Einvernehmen bietet. .

Es erübrigt mir nur noch, meine Herren, Sie aufzufordern, durch Ihre Unterschriften das Verzeichniß der von der i. angenom⸗ menen Beschlüsse zu bestätigen, ein Verzeichniß, welches zum authen— tischen Akt werden und den weiteren Unterhandlungen auf diploma— tischem Wege zum Vorwurfe dienen soll, damit man auf den von der Sanitätskenferenz vorgeschlagenen Grundlagen zu einem Einvernehmen gelangen könne.“

Das Verzeichniß der von der Konferenz angenommenen Beschlüsse ward verlesen und der Schlußakt ward von den Herren Delegirten unterzeichnet. Freiherr v. Orczy hielt eine französische Ansprache, die in deutscher Uebersetzung lautet:

„Meine Herren! Gestatten Sie mir, mich zum Dolmetsch des aufrichtigen Bedauerns zu machen, das Se. Excellenz der Herr Mi⸗ nister des Auswärtigen darüber empfindet, der Saniftätskonferenz für den erleuchteten und unausgesetzten Eifer, den sie in ihren Arbeiten be⸗ kundet hat, nicht persönlich danken zu können. .

Von ihm beauftragt, ihn hier zu vertreten, schätze ich mich glück= lich, mich einer angenehmen Pflicht entledigen zu können, indem ich Ihnen im Namen Sr. Majestät des Kaisers und Königs, meines er— sauchten Herrn, die voll: Befriedigung ausspreche, welche Allerhöchst⸗ seine Reglerung über die Resultate Ihrer Verafhungen empfindet,

In der That kann sich die Reglerung Sr. Majestät zu dem Werke der Konferenz nur Glück wünschen, da dieses nicht nur an sich ein erster Schritt zu einem allgemeinen Einvernehmen ist, sondern gleich⸗ zeitig als die Grundlage zu weiteren Unterhandlungen auf. diploma⸗ tischem Wege betrachtet werden kann. Die Hoffnung, daß diese Unter⸗ handlungen, indem sie auf die Sulu g ee n gn, zweier verschiedener Sanitäts-Konventionen hinauslaufen, Ihren Arbeiten einen wirklichen praktischen Werth sichern werden, erscheint wohl erlaubt. .

Die eine dieser Konventionen bezweckt die Herbeifüh⸗ rung einer größeren Gleichmäßigkeit der Grundsätze und pro— phylaktischen Maßregeln zum mindesten zwischen den zwei Staatengruppen, welche fortan dasselbe Schutzsystem gegen die Cholera adoptiren würden. .

Die andere giebt der Kaiserlichen und Königlichen Regierung Anlaß zu der Hoffnung, in naher Zukunft die Verwirklichung der Idee einer ständigen internationalen Kommission erblicken zu können, zu der Sie die ersten Umrisse vorzezeichnet haben, und die als Bindeglied

wischen den Gelehrten und den offiziellen Sanitätsorganen der ver⸗ , . Länder der eivilisirten Welt zu dienen hätte.

Da die Regierung Sr. Majestät des Kaisers und Königs mit der Absicht umgeht, mittelst Rundschreiben an alle in diesem Raume ver— tretenen Regierungen den Vorschlag gelangen zu lassen, daß man be— hufs der Erzielung klarer und präziser Stipulatisnen diese ersten durch Ihre Bemühungen gufgerichteten Marksteine benützen wolle, so würde die Regierung Sr. Majestät Ihnen, meine Herren, sehr verpflichtet sein, wenn Sie, jeder an seiner Stelle, bei Ihren Regierungen dem Werke, dem Sie Ihre Einsicht gewidmet haben, Ihre wirksame Unter— stützung verleihen wollen. .

Besser, als irgend Jemand, sind Sie in der Lage, eine Sache zu befürworten, die auch die Ihrige geworden ist, seitdem Sie Ihre An—⸗ sichten über dieselbe ausgetauscht und sich ihr einhellig angeschlossen haben.

Laffen Sie mich Ihnen die Versicherung geben, daß Sie, falls Sie geneigt sind, Ihre erleuchtete Aufmerksamkeit und Ihre Fürsorge nach wie vor der großen, von Ihnen in Angriff genommenen humani⸗ tären Aufgabe zu widmen, jederzeit auf den thätigen Beistand der Kaiserlichen und Königlichen Regierung zählen können.

Es ist mir die schmeichelhafte Misston zu Theil geworden, Ihm nen den Ausdruck der lebhaftesten Dankbarkeit zu überbringen; ich endige, indem ich Ihnen denselben erneuere und die Session der zwei⸗ ten internationalen Sanitätskonferenz für geschlossen erkläre; ich bitte Sie gleichzeitig, in dem Augenblick, in welchem Sie auseinander ge⸗ hen, um an Fhren heimathlichen Heerd zurückzukehren, meine besten Wuͤnsche entgegenzunehmen.

Der Handels⸗Minister Dr. Banh ans, welcher nach Johannesbad abgereist ist, wird durch den Ackerbau⸗Minister v. Chlumecky vertreten.

Die „Wiener Abend⸗tg. schreibt: Wir finden in meh⸗ reren Blättern die Nachricht, daß die Regierung dem Ansuchen einer neu in der Gründung begriffenen Freimaurerloge Folge gegeben und die Errichtung einer ritualmäßigen Bauhütte in Wien bewilligt habe.

Diese Nachricht ist volllommen unbegründet, indem das letzte in dieser Beziehung eingebrachte Gesuch des Freimaurervereins „Zukunft“ am 22. Juli d. J. endgültig zurückgewiesen und die Bildung dieses Freimaurervereines untersagt wurde.

Das Reichsgesetzblatt enthält die Verordnung des Handels⸗Ministers vom 18. Juli 1874, womit nachträgliche Bestimmungen zu der Eichordnung und dem Eichgebührentarif vom 19. Dezember 1872 (R. G. Bl. Nr. 171) veröffentlicht werden; die Kundmachung des Handels⸗Ministeriums vom 23. Juli 1874 über das Erlöschen der Konzession für die Ebensee⸗ Ischl⸗Steger Eisenbahn.

Salzburg, 31. Juli. Der siebente deutsche Turn⸗ lehrertag wurde gestern mit einem Begrüßungskommers er⸗ öffnet. Gegen 200 Theilnehmer aus allen Gauen Deutschlands sind eingetroffen. Der Landes⸗Hauptmann Graf Lamberg be⸗ grüßte die Versammlung im Namen des Landes Salzburg; ebenso der Bürgermeister im Namen der Stadt Salzburg.

Pest, 1. August. Das Ab geordnetenhaus hielt heute die letzte meritorische Sitzung. In der vorhergegangenen gehei⸗ men Sitzung wurde die Abänderung der Hausordnung bespro⸗ chen, ohne daß eine Einigung erzielt wurde. Die Diskussion wurde daher in der öffentlichen Sitzung erneuert.

In derselben wurde das Monatsbudget für August 1874 mit 276,016 Fl. votirt.

Die Wahlgesetzvorlage wurde hierauf in dritter Lesung an⸗ genommen. Die Wahl des Abgeordneten Erdödy, dessen Wahl⸗ protokoll in deutscher Sprache abgefaßt ist, wurde verifizirt. Auf Antrag der Unterfuchungs⸗Kommission ward beschlußweise aus⸗ gesprochen, daß bis zur definitiven Verfügung über die Wahl⸗ protokolle nur die in der Amtssprache abgefaßten als gültig an⸗ erkannt werden.

Die angemeldeten Aenderungen der Hausordnung wurden genehmigt. Tisza's Antrag, bei Bestellung der ständigen Aus⸗ schüffe alle Parteischattirungen zu berücksichtigen, wurde, nachdem der Minister⸗Präsident die gewünschte Versicherung gegeben, an⸗ genommen.

Der zweite Antrag Tisza's, die Verhandlung über das Budget in dem als Comité konstituirten Hause statt im Finanz⸗ Ausschusse vorzunehmen, ward, nachdem Pulsky dagegen und Schwarz dafür gesprochen, mit 71 gegen 68 Stimmen abgelehnt.

Schließlich ward außer weiteren unbedeutenden Modifikationen noch beslimmt, daß Vorlagen auch mit Uebergehung der Sektionen im Hause verhandelt und daß hierüber durch einfache Abstimmung entschieden werden könne.

In der nächsten Zeit werden nur noch formelle Sitzungen stattfinden.

Das Oberhaus nahm die Wahlgesetzvorlage entgegen; dieselbe wird vom Justizausschusse verhandelt und Ende der Woche zur Berathung gelangen. Nachdem mehrere Modifikationen beabsichtigt werden, entfällt eine en bloc-Annahme derselben.

Dem „Naplo“ zufolge wird die neue Sessien für den 24. Oktober einberufen werden.

In beiden Häusern wurde eine Anzahl sanktionirter Gesetze, darunter die Eifenbahnkonvention und die übrigen Eisenbahn⸗ vorlagen publizirt.

Belgien. Brüssel, 2. August. Der Herzog von Tetu an, bevollmächtigter spanischer Minister in Brüssel in der⸗ selben Eigenschaft, wie es Hr. Greindl in Madrid ist, wurde, der „Ind. belge“ zufolge, am Donnerstag vom König und der Königin in Privat⸗Audienz empfangen. Der Herzog stellte bei dieser Gelegenheit Ihren Masestäten die spanischen Bevoll⸗ mächtigten zum gegenwärtig in Brüssel tagenden internationalen Kongresse, General Sewert und Contre⸗Admirul de la Pe⸗ zuela, vor.

Die Kronprinzessin Margherita von Jtalien weilt gegenwärtig unter dem Namen einer Gräfin von Monza in Spa, wo sie, über Frankreich und Luxemburg kom⸗ mend, am 22. v. M. eingetroffen ist. Ein belgischer Hofzug hatte Ihre Königliche Hoheit in Luxemburg aufgenommen. Am 265. besuchte die Kronprinzessin die Kohlengruben Hazard, Bai⸗Bonnet und Miheroux.

Großbritannien und Irland. London, 3. August. (W. T. B.) Eine Vereinigung von britischen Geistlichen, welche am 31. Juli in Dublin stattgefunden hat, hat ein Glückwunschschreiben an den Fürsten Bismarck aus Veranlassung des gegen ihn gerichteten Mordversuchs ab⸗ gesandt. Das Schreiben erklärt, ein solcher Versuch habe nur von einer Macht ausgehen können, welche sich stets und allenthalben der Civilisation, dem Fortschritt und der Freiheit feindlich erwiesen habe. Fürst Bismarck habe Frankreich, Roms erstgeborene Tochter, gezüchtigt, Deutschland gestärkt und geeinigt und den Protestantismus zur großen Kon⸗ sfinentalmacht erhoben. Wegen dieser glänzenden Dienste habe er sich den Haß der durch die Jesuiten vertretenen römischen Kirche zugezogen; es sei daher nicht überraschend, wenn sein Leben einem Angriffe ausgesetzt worden sei.

Ryde, 1. August. Die Kaiserin von Oesterreich ist mit der Erzherzogin Valerie heute früh von Havre hier an⸗ gekommen und hat sich mittelst Eisenbahn nach Steephill⸗Castle begeben.

; 2. August. Die Kaiserin von Oestexreich hat der Königin Victoria in Osborne, sowie dem Prinzen und der Prinzessin von Wales heute ihren Besuch abgestattet.

Frankreich. Paris, 31. Juli. Die Budget⸗Kom⸗ misslon hat von der Regierung den Gesetzentwurf über die Ausgaben erhalten, welche im Jahre 1875 auf die Liquidationsrechnung gemacht werden sollen. Ein Ge⸗ setz vom 23. März 1874 hatte provisorisch die Einnahmen der Liquidationsrechnung auf 3. 275 000 Fr, festgesetzt. Davon wurden in den Jahren 1872, 1873 und 1874 579 836, 133 Fr. verausgabt, so daß noch 193,438,867 Fr. übrig bleiben. Davon sollen 29. 359, 000 Fr. als vierte Jahres ⸗Zurückzahlung an die Gemeinden für die Kosten der Organisation der mobilisirten Na⸗ tionalgarde der Departemental⸗Artillerie und der Instrukltions⸗ lager verwandt werden. 135,465,900 Gr. werden dem Kriegs⸗ Ministerium zur Berfügung gestellt, nãmlich 120 461 099 für riegsgeräthe, Vorräthe und Geniearbeiten, und 15 Millionen zur Vervollständigung der von der deutschen Okkupation ver⸗ ursachten Ausgaben. 3 „555,000 Br. erhält das Bauten⸗ Ministerium. ; . .

1. August. (W. T. B.) Wie versichert wird, hãtte die Regierung, ehe die Bank von Frankreich sich weigerte, dem Antrage des Deputirten Wolewski, auf Herabsetzung der Amortisationsquote bei der Bank von Frankreich von 200 auf

150 Millionen Fres. zuzustimmen, erklärt, sie würde das ihr von der Bank gemachte Anerbieten, ihr einen Vorschuß von 80 Millionen Fres. zu gewähren, annehmen. 40 Millionen hiervon sollten für das Budget des Jahres 1875 verwendet werden, während die übrigen 40 Millionen reservirt bleiben sollten zur Ausgleichung der Bedürfnisse späterer Budgets.

„Union“, „Univers“ und andere katholische Jour⸗ nale beschuldigen die Regierung der Parteinahme gegen die Carlisten.

Versailles, 1. August. (W. T. B.) In der Natio⸗ nalversammlung gab die gestern von dem Deputirten Gal⸗ loni (Bonapartist) gemachte Aeußerung, die Republik unterliege der Verachtung aller redlichen Leute, heute Veranlassung zu *. erregten Debatten zwischen den Republikanern und Bonapar⸗ tisten, so daß der Präsident genöthigt war, die Sitzung auf 10 Minuten zu suspendiren. Nach Wiederaufnahme der Diskussion votirte die Versammlung den Gesetzentwurf bezüglich Aushebung der Pferde zum Kriegsdienst und der Organisation des Remonte⸗ dienstes. Alsdann wurde der Postvertrag mit Brasilien ange⸗ nommen. Hierauf beendigte die Versammlung die Berathung des Kriegsbudgets.

Die Permanenz⸗Kommission, welche während der bevorstehenden Ferien zusammentritt, besteht aus 16 Mitgliedern von der Rechten und 9 von der Linken; Bonapartisten sind nicht in derselben vertreten.

Spanien. Madrid, 31. Juli.

licht falgende Dekrete:

I. „Dekret über die Erklärung des Belagerungszu⸗ st andes.

Art. 1. Es werden in Belagerungszustand erklärt alle Provinzen der Halbinsel und der dazu gehörigen Inseln.

Art. 2. Die General⸗Kapitäne der Provinzen werden für die Dauer des Belagerungszustandes mit außerordentlicher Macht beklei⸗ 2 . sie gemäß den allgemeinen Ordonnanzen des Heeres ausüben werden.

Art. 3. In allen Provinzen werden permanente Militãr ⸗Kom⸗ missionen errichtet, welche in einem Krieggrathe über alle Verbrechen von Verschwörung, Rebellion und andere Bestrebungen, welche darauf hinzielen, dem Aufruhr Hülfe zu leisten und die öffentliche Ruhe zu stören, verhandeln und beschließen werden.

Art. 4. Die Regierung wird gegenwärtiges Dekret zur Kenntniß der Cortes bringen.“

Iͤl. „Dekret zur Konfiszirung der Güter der Carlisten.

Art. 1. Die Regierung wird ermächtigt, sich der Güter und Besitzungen der Personen, welche überführt wurden, daß sie mit den Carlisten vereint sind und ihrer Sache gedient haben, zu bemächti⸗ gen. Diese Maßregel hat zum Zwecke: I) zu verhindern, daß die Einkünfte jener Besitzungen dazu verwendet werden können, um den Krieg zu unterstützen und ihn zu verlängern; 2) schadlos zu halten alle Personen, welche in Folge der Kriegsereignisse stark ge⸗ litten haben.

Art. 2. Die Einkünfte werden an die Erben der Offiziere, Sol⸗ daten und Freiwilligen, welche ermordet wurden, nachdem sie sich ergeben haben und in die Gefangenschaft geführt worden sind, ver⸗ theilt werden, ebenso auch die Summen, die mittelst einer auen, ordentlichen Kontribution, welche aber nur die Carlisten betreffen soll, werden eingehoben werden.

Art. 3. Die Schadloshaltungen, von denen der vorhergehende Artikel spricht, werden e n vertheilt werden: Die dir kten Erben eines erschossenen Generals haben das Recht auf eine Summe von 100,000 Pefetaz; jene eines Offiziers auf 50, 900 und jene der Soldaten und Freiwilligen auf 25,0090 Pesetas.

Art. 4. Keine Abtretung des Eigenthums wird für legal erklärt werden, wenn sie carlistische Güter betrifft, mage der Besitz auch vor dem Erlasse des gegenwärtigen Dekretes erworben worden sein. ĩ

Art. 5. Die Minifster für Justiz und Begnadigung und für die Finanzen werden die nöthigen Maßregeln zu ergreifen haben, um diese Verfügungen auch in Anwendung zu bringen. .

Art. 5. Die Regierung wird auch dieses Dekret zur Kenntniß der Cortes bringen.“

Italien. Rom, 29. Juli. (It. N.) Den vorigen Sonntag, den Jahrestag des Todes des Königs Earl Albert, begingen die Arbeitervereine von Turin und der Um⸗ gegend wieder, wie alle Jahre, durch eine feierliche Prozession nach der Königlichen Familiengruft in Superga. Um 1 Uhr nach Mitternacht versammelten sich die Deputationen der Waffen⸗ schmiede und anderer Gewerke von Turin, der Arbeitervereine von Pinerolo, Abbadia, Bertulla, Moncalieri und San Marco im Lokal des allgemeinen Turiner Arbeitervereins und zogen um 2 Uhr unter Fackelschein, mit klingender Musik und wehenden Fahnen nach Superga ab. Die Straßen auf dem Wege dahin waren sehr belebt und die Fenster der Häuser beleucht t. Als der Zug gegen 4 Uhr in Superga ankam, wurde in der Rotonda ein Gebet gesprochen. Danach stieg man in die Gruft hinab; um das Grab mit den mitgebrachten Blumenkränzen zu schmücken und Reden zu halten.

Prinz Humbert wird am 30. im Lager von Somma erwartet, wo am 31. die große Revue über die in den drei Lagern Somma, Gallarete und Cardano versammelten Truppen⸗ körper stattfindet.

Am 26. traf der italienische Gesandte am japanischen Hofe, Graf Fe d'Ostiani, in Venedig ein. Sein erster Besuch galt der japanischen Klasse an der dortigen Handelsschule, die unter allen italienischen Schulen, wo die orientalischen Sprachen gelehrt werden, am stärksten besucht ist. .

Der „Gazzetta del Popolo“ zufolge trifft man im Pa⸗ lazzo Pitti in Florenz Vorbereitungen zum Empfange hoher Gãste.

. Das italienische Uebungsgeschwader, das gegen⸗ wärtig im Hafen ankert, besteht, aus den vier Panzer⸗ fregatten „Venezia“, „Roma“, „Messina“ und „Conte Verde“, dem Widderschiff „Affondatore“ und dem Aviso⸗ dampfer „Authion“. Die Venezia“, das Admiralschiff des kommandirenden Kontre⸗Admirals Cerutti, ist eine Fregatte ersten Ranges, hat 550 Mann Besatzung, 9 schwere Armstrong⸗ kanonen, einen Panzer von 15 Centimetern Dicke und eine Maschine von g00 Pferdekraft. Sie wurde auf der Werfte della Foce in Genua gebaut und 1869 vom Stapel gelassen. Ebendaselbst lief 1365 die „Roma“ vom Stapel, ebenfalls eine Fregatte ersten Ranges mit einer gleich starken Bemannung und Maschine, elf Armstronggeschützen und einem Panzer von 12 Cen⸗ timetern Dicke. Die „Mefsina“ ist eine Fregatte zweiten Ranges, hat 440 Mann Besatzung, neun Armstronggeschütze, eine Ma⸗ schine von 600 Pferdekraft und eine Panzerung von 12 Cen⸗ timetern Stärke. Sie wurde in Castellamare gebaut und 1864 vom Stapel gelassen. „Conte Verde auch eine Fregatte zwei⸗ ten Ranges, hat eine ebenso starke Bemannung und Maschine wie die „Messina“, sieben Armstrongkanonen, einen Panzer von 13 Centimetern Dicke, und lief 1867 in Livorno vom Stapel. Der „Affondatore“, das von Lissa her bekannte Widderschiff mit zwei drehbaren Thürmen, einem Panzer von 13 Centimetern Dicke, zwei Armstrong Riesenkanonen, hat eine Besatzung von 290 Mann und eine Maschine von 700 Pferdekraft. Er allein ist vollständig gepanzert, die Fregatten nur theilweise. Die ge⸗

Die „Gaceta“ veröffent⸗