1874 / 183 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 06 Aug 1874 18:00:01 GMT) scan diff

Herzogthum Braunschweig: Kybitz, Hofrath;

Freie und Hansestadt Lübeck: Dr. jur. G. Pabst.

Freie und Hansestadt Hamburg: J. C. F. Neß⸗ mann, Vorstand des statistischen Bureaus.

El saß⸗Lothringen: Metz, Regierungs⸗Rath.

Die zur Berathung der Grundsätze für eine einheitliche Ordnung des Apothekenwesens vom Reichskanzler-⸗Amt einberufene Kommission wird am 10. d. M. hier zusammentreten.

Am 2. d. M. feierten die Königlichen militärärzt⸗ lichen Bildungs anstalten unter zahlreicher Theilnahme von Gönnern und Freunden vom Militär und Civil den Jahrestag ihrer Stiftung.

Ein aus Studirenden der Anstalten bestehender Gesang⸗ verein eröffnete die Feier durch Vortrag des „Domine, salvum fac regem.“ In Vertretung des Direktors, des General-Stabs⸗ arztes Dr. Grimm, begrüßte sodann der General-Arzt Dr. Boeger die Anwesenden und sprach ihnen für die Theilnahme an der Feier seinen Dank aus. Er berichtete, daß die Feier der dank⸗ baren Erinnerung an die durch Königliche Gnade erfolgte Stif⸗ tung der Anstalten gelte, des medizinisch⸗ chirurgischen Friedrich⸗ Wilhelms⸗Instituts, welches nunmehr 79, und der medizinisch⸗ chirurgischen Akademie für das Militär, welche 63 Jahre ihres Bestehens zähle. Beide Anstalten hätten unter dem Druck der Jahre nicht gelitten, sondern im engen Anschluß an die fortschreitende Wissenschaft, unverdrossen an ihrer hohen Aufgabe für die Armee arbeitend, stetig an Kraft gewonnen. Redner gah nun eine Uebersicht der Veränderungen, welche im Personale der Anstalten während des letzten Studienjahres ein⸗ getreten sind. Aus derselben sei der herbe Verlust hervorzu⸗ heben, welchen die Anstalten durch den am 22. Februar d. J. nach kurzen aber schweren Leiden erfolgten Tod des General⸗ Arztes Dr. Löffler erlitten habe. Beredter, als Redner es vermöge, sei an seinem Sarge ausgeführt, was er geleistet, was das Vaterland, die Armee, die Wissen⸗ schaft, die militärärztlichen Bildungsanstalten, was seine zahl⸗ reichen Freunde an ihm verloren haben. Es bleibe nur übrig, hier die Ueberzeugung auszusprechen, daß sein Leben unvergeß⸗ lich in den Annalen des Friedrich⸗Wilhelms⸗Instituts verzeichnet sei, und daß sein Tod eine schwer auszufüllende Lücke zurück⸗ gelassen habe. Zu seinem Nachfolger sei Berichterstatter, General⸗ Arzt Dr. Boeger, durch Allerhöchste Kabinets⸗Ordre vom 19. Maͤrz er. ernannt worden. Von den übrigen Personal⸗Verän⸗ derungen sei Folgendes erwähnt:

Die Zahl der Studirenden betrug am 2. August 1873: 203. Eingetreten sind im Laufe des Jahres 31. Aus⸗ geschieden sind 55, und zwar 37 nach vollendetem Studium behufs Anstellung in der Armee, 18 vor vollendetem Studium. Der heutige Bestand der Studirenden beider Anstalten beträgt: 179. Davon befinden sich 21 zum unterärztlichen Dienst in der Charits, 26 in der Akademie, 132 im Friedrich- Wilhelms⸗Institut. Von den letzteren sind 8 ausdrück⸗ lich für den Dienst in der Kaiserlichen Marine bestimmt. Außerdem sind im Laufe des Jahres 42 Unterärzte behufs Ablegung der medizinischen Staatsprüfung zum Friedrich Wilhelms⸗Institut kommandirt worden. Einer derselben ist ge⸗ storben, die übrigen sind bis auf 2 in den Truppendienst zurüͤck⸗ gekehrt. Redner berichtete ferner, daß den Sammlungen der

Anstalten durch die Gnade Ihrer Kaiserlichen und König⸗

lichen werthvolles Geschenk

Hoheit der Kronprinzessin ein einverleibt worden sei. Es ist das kunstvoll und bis in die kleinsten Details ausgeführte Modell einer nach den Angaben Höchstderselben während des Krieges in Homburg erbauten Krankenbaracke, wofür Redner den unterthänigsten Dank auszusprechen nicht verfehlte.

An die Eröffnungsrede schloß sich in herkömmlicher Weise ein wissenschaftlicher Vortrag des Studirenden Dr. Löffler an, welcher von dem Einfluß der Blutentziehung auf den Orga— nismus handelte. Hierauf folgte die Vertheilung von Prämien fur welche von Gönnern und Freunden der Anstalten be— sondere Stiftungen bestehen an Studirende, welche sich durch Fleiß und Wohlverhalten auszeichneten. Im Laufe des letzten Studienjahres hatten solche bereits erhalten die Studirenden Fröhlich, Bögehold, die zum Charité⸗Krankenhause kommandirten Unterärzte DDr. Scheibe, Dickschen, Espeut und Jasper.

Bei der gegenwärtigen Feier erhielten: Walter Stechow aus Jarchelin hei Naugard ein Mikroskop, Friedrich Löffler aus Frankfurt a. d. O. einen Kasten mit Instrumenten zur Ausfuͤhrung eiliger Operationen, Oskar Freytag aus New⸗ York einen Brillenkasten, Friedrich Martius aus Erxleben einen Brillenkasten, Ernst Jäckel aus Gleiwitz ein Laryn⸗ gosfop und Ophthalmoskop.

Den Schluß der Feier bildete die Festrede des ordentlichen Professors Herrn Dr. Virchow. Anknüpfend an die Bestimmung der militäraͤrztlichen Bildungsanstalten, erläuterte Redner die Wichtigkeit der Hygieine für die Armee. Als Beweis dafür gab er eine Statistik der Mortalitätsverhältnisse der Armeen im Kriege, aus welcher hervorgeht, daß die Zahl der durch Seuchen getödteten Krieger bei Weitem die Zahl der Gefallenen und Verwundeten übertrifft. Aus derselben Statistik geht aber in schlagender Weise hervor, daß die Seuchen in denjenigen Armeen am meisten eingeschränkt worden sind, welche die hygieinischen Verhältnisse der Truppen mit Sorg⸗ falt und Verständniß geregelt haben. Als Muster wurden die Sanitäts-Einrichtungen der Amerikaner, als warnendes Beispiel die Verluste der Franzosen in der Krim hingestellt. Indem Redner über die historische Entwickelung der militärärzt⸗ lichen Bildungsanstalten sprach, legte er dar, daß die— selben schon vor Beginn der neuen Aera, welche im Anfange des Jahrhunderts für die medizinische Wissenschaft angebrochen sei, zu dem Zwecke gestiftet worden seien, die Armee vom Feld⸗ scheererthum zu befreien und ihr auf der Höhe der Wissenschaft stehende, denkende Aerzte zuzuführen. Dieser Idee müsse un⸗ ausgesetzt Unterricht und Studium angepaßt werden. Redner ging sodann zu dem eigentlichen Thema über, zu dem ursäch⸗ lichen Verhältnisse der Krankheiten zu pflanzlichen Organismen; zur Darlegung der jetzt die ärztliche Welt bewegenden parasitũãren Theorie. Am Schlusse der Rede, deren reicher Inhalt sich nicht mit kurzen Worten wiedergeben läßt, hob er besonders hervor, daß es eine Hauptaufgabe für die militärärztlichen Bildungsanstalten sei, die Forschungen auf dem in Rede stehenden Gebiete zu kultiviren behufs Verhütung resp. Beschränkung der zahlreichen, die Armeen so sehr gefähr⸗ denden Infektionskrankheiten.

Die General⸗-Versammlung des Vereins deut⸗ scher Strafanstalts⸗Beamten findet am 2. und 3. Sep⸗ tember in Berlin statt. Auf der Tagesordnung steht u. A.: I) Wie sollen geistesgestörte und gebrechliche, zu längerer Straf⸗ verurtheilte Gefangene untergebracht werden? 2) Art der Durche

führung der Einzelhaft; 3) Nach welchen Grundsätzen sind den Gefangenen für ihre Arbeitsleistungen Belohnungen zu bewilligen? 4 Nach welchen Grundsätzen soll der Arbeits betrieb in den Straf⸗ anstalten geregelt werden? 5) In welchem Umfange kann den Ge— fangenen Selbstverpflegung gestattet werden? ꝛe.

Der General⸗Major und Commandeur der 3. Garde⸗ Infanterie⸗ Brigade Knappe⸗ von Knappstaedt ist von Rheinsberg, wohin sich derselbe vor Kurzem zur Inspizirung des Garde⸗Schützen⸗Bataillons begeben hatte, hierher zurückgekehrt.

Der Fürst Nicolaus Metschers ki hat vorgestern seine Reise von hier nach Ostende fortgesetzt.

Der Kaiserlich russische Hofjägermeister Graf Kutu⸗ soff⸗Tolstoy, welcher vor einigen Tagen aus St. Petersburg hier 4. hat sich gestern früh von hier nach Frankfurt a. M. be⸗ geben.

Der Großherzoglich badischen Steuer⸗Einnehmerei Rap⸗ penau im Haupt⸗Amtsbezirke Heidelberg ist die Befugniß zur Ausstellung von Uebergangsscheinen für Wein, Bier, Branntwein und Weingeist ertheilt worden.

Görlitz, 5. August. Die städtischen Behörden sandten gestern aus Anlaß der Ginweihung des Siegesdenkmals folgendes Telegramm an Se. Majestät den Kaiser nach Gastein ab:

„Soeben wurde mit begeistertem Hoch auf Ew. Majestät, den glorreichen Wiederhersteller des Deut chen Reiches, und die siegreiche Armee das Denkmal enthüllt, welches die Stadt Görlitz ihren tapferen Kriegern errichtete. Das huldvollst verliehene, durch das ., Schlesische Jäger⸗Bataillon Nr. 5 bei Weißenburg eroberte erfte feindliche Geschtz hat dabei einen würdigen Platz gefunden. Gott erhalte und stärke Ew. Majestät.“

Osnabrück, 4. August. Gestern Nachmittag war in der Marienkirche die hiesige Militärgemeinde versammelt, um der Einweihung der Gedenktafel zur Erinnerung an die im Kriege 1870/71 gefallenen Kameraden beizuwohnen. Die Gedenk⸗ tafel ist von einem schwarzen Trauerrahmen umgeben, und ober⸗ halb der Unterschrift: „Die gefallenen Helden ehrt dankbar König und Vaterland“ prangt das Eiserne Kreuz. Links stehen die Namen vom 3. Bataillon des Hannoverschen Füsilier⸗Regiments Nr. 73. Rechts daneben sieht man die Namen der Todten vom 2. Bataillon des Ostfriesischen Infanterie⸗Regiments Nr. 78. Zum Andenken an die gefallenen Osnabrücker vom 16. und 74. Regiment wird noch eine besondere Tafel hergestellt werden.

Bayern. München, 4. August. Das Fin anz-Mi⸗ nisterium hat im Einverständnisse mit dem Staats-Ministe⸗ rium des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten be⸗— stimmt, daß die durch das Budget der XI. Finanzperiode be—⸗ willigten und durch die Spezialetats angewiesenen AÄufbesserun⸗ gen der organisirten Stadtpfarreien bis zu 1200 Fl. von Ent— richtung der Wittwen- und Waisenfondsbeiträge frei zu bleiben haben, da sich die rechtliche Natur dieser Zulagen von jener der unter besonderem Titel verrechneten Gehaltsergän— zungszuschüsse der gering dotirten Geistlichkeit nicht unterscheidet, beide stets widerrufliche Personalzulagen bilden und bei Ein⸗ J dem entsprechenden Einzuge zu unterliegen

aben.

Behufs Durchführung der neuen Schulordnung für die Königlichen Studienanstalten und Realgymnasien werden zahlreiche Personalveränderungen im Lehrfache dieser Anstalten erwartet.

In Simbach fand am 2. August unter Anwesenheit einer großen Anzahl aus Nah und Fern herbeigekommener Alt⸗ katholiken die Einweihung der neuerbauten altkatho— lischen Kirche statt. Dieselbe wurde durch den Bischof Dr. Reinkens unter Assistenz der Professoren Friedrich und Meßmer, sowie des Pr. Brater, Pfarrers in Ried in Ober— österreich, vollzogen.

Sachsen. Dresden, 5. August. Aus Anlaß des Ge⸗ burtstages der Königin fand heute früh große Militär— reveille statt. Die Wachmannschaften haben den Paradeanzug angelegt. Abends werden die öffentlichen Plätze durch Gas—⸗ pyramiden erleuchtet sein.

In Meißen wurde am 3. d. M. der von der dortigen Garnison ihren im Kriege von 1870/71 gefallenen Kameraden errichtete Denkstein feierlich eingeweiht. Auf dem Denkstein sind die Namen der Schlachten, in welchem das 13. Jäger⸗ Bataillon gekämpft hat, sowie diejenigen der Gefallenen verzeichnet.

Württemberg. Stuttgart, 4. August. Der Prinz Luitpold mit der Prinzessin Therese, sodann der Prinz und die Prinzessin Ludwig von Bayern waren am 2. Nachmittags zu einem kurzen Besuche der Königlichen Familie in Friedrichshafen anwesend. Gestern hat sich Se. Majestãt i n ni zu mehrtägigem Aufenthalte nach Bebenhausen

egeben.

Am 2. d. M. nahm der König in Friedrichshafen die Meldung des Königlich preußischen General⸗Majors v. Kott— witz, neuernannten Commandeurs der ersten württembergischen Infanterie⸗Division, entgegen, worauf derselbe zur Hoftafel ge⸗ zogen wurde.

Sachsen⸗Altenburg. Alten burg, 4. August. Der Herzog hat dem seitherigen Marktflecken Meuselwitz die Stadtgerechtigkeit ertheilt. Die Verleihungsurkunde und die Be⸗ stätigungsurkunde der neuen Stadtordnung sind der provisori⸗ schen Gemeindevertretung durch das Herzogliche Gericht bereits ausgehändigt worden.

Anhalt. Dessau, 4. August. Prinz Eduard hat sich vorgestern Mittag zur Fortsetzung seiner Studien wieder nach Ballenstedt zurückbegeben.

Die Uebungen des anhaltischen Regiments werden in 8 Tagen in der Nähe hiesiger Stadt beginnen.

Nach dem erfolgten Ausscheiden des Geheimen Regierungs⸗ Rathes Dr. Wolter aus dem Staatsdienste ist an dessen Stelle der Regierungs⸗Rath Rind fleisch hierselbst zum Regierungs⸗ Kommissar bei der Anhalt-Desfauischen Landes— bank ernannt worden.

Neuß j. L. Gera, 4. August. In dem städtischen Faushaltungsplan für 1874 sind für Schulen folgende Summen ausgesetzt: Die Realschule J. O. kostet pro Jahr 19,156 Thlr., die höhere Töchterschule 5879 Thlr., die J. und II. Bürgerschule 23,367 Thlr., die ill. Bürgerschule 5032 Thlr., also in Summa 53,434 Thlr. Daneben wird das seiner Bau— vollendung eben entgegengehende neue Realschulgebäude ea. 59000 Thlr. erfordern. Auf die Lehrergehalte kfmmen von obiger Summe etwas über 41, 000 Thlr., auf die Bibliothek

300 Thlr., für übrige Drucksachen 310 Thlr., Gehalte für die beiden Direktoren 2660 Thlr., allgemeiner Unterhaltungsaufwand 1870 Thlr.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 4. August. Der Kaiser hat sich gestern von Laxenburg nach dem Lager bei Bruck an der Leitha begeben, von wo derselbe morgen zurückkehren wird.

Im Laufe dieses Monates finden noch zahlreiche Gr⸗ gänzungswahlen sür die Landtage statt, deren Zusam⸗ 6 für die Mitte des nächsten Monates in Aussicht genom⸗ men ist.

Im ung arischen Handels⸗Ministerium hat vorgestern die angekündigte Konferenz in Angelegenheit des Zoll? und Handels bündnisses mit Oesterreich stattgefunden, welcher die Vertreter der Ministerien für Handel, Finanzen und Kom— munikationen beiwohnten. Sektions⸗Rath Matlekovics verlas ein umfangreiches Elaborat, welches einen Auszug des Inhaltes der an das Handels⸗-Ministerium eingelangten Gutachten der verschiedenen Körperschaften bildete. Es wurde beschlossen, die Agenden unter die verschiedenen Ministerien zu vertheilen, über welche dann jedes einzelne Ministerium einen Bericht auszuar⸗ beiten hat, und zwar das Handels⸗Ministerium über die Wir— kung des Zollbündnisses im Allgemeinen und über die Zollfra⸗ gen insbesondere, das Finanz⸗-Ministerium über die indirekten Steuern, die Gefälle für Tabak, Salz, Spiritus und Fleisch; das Kommunikations-Ministerium über die Tariffragen bei Eisenbahnen, insofern dieselben in den Bereich des Zoll- und Vandelsvertrages fallen. Die drei Ministerien haben bis Ende September dieses Jahres ihre Berichte anzufertigen, und auf Grund dieser Berichte wird dann eine Vorlage an die Legisla⸗ tive erstattet werden.

Nach dem Ausweis über den Stand der österreichi⸗ schen schwebenden Staatsschuld pr. J. August c. befan⸗ den sich an diesem Termin im Umlauf: A. Nach den von der österreichischen Nationalbank geführten und überprüften Vormer⸗ kungen: Partial-Hypothekar Anweisungen, und zwar: a. auf Konventionsmünze lautend 12650 Fl., das sind in österreichischer Währung 13282 Fl.; b. auf österreichische Währung lautend S4 265,450 Fl., zusammen 84,278,733 Fl. B. An aus der Mitsperre der beiden Kontrol⸗Kommissionen erfolgten Staats— noten, und zwar: zu 1 Fl. 73,062, 312 Fl., zu 5 Fl. 111,052,005 Fl. zu 50 Fl. 143,606,990 Fl., zufammen 377,771,217 Fl.; im Ganzen 411,999,949 Fl. Es hat sich demnach der Stand der Partial ⸗Hypothekar⸗Anweisungen(Salinens cheine) um 6,990, 900 Fl. vermindert, der Umlauf der Staatsnoten um 6,991,054 Fl. vermehrt und der Stand der schwebenden Schuld hat um 154 Fl. zugenommen.

Prag, 5. August. Der Kaiser wird aus Anlaß der im nächsten Monate stattfindenden Truppenmanöver am J. September Nachmittags über Pilsen hier ankommen und am z September früh von Prag seine Reise nach Brandeis fort⸗ etzen.

Niederlande. Haag, 5, August. (W. T. B.) Eine offizielle aus Atchin vom 3. d. M. hier eingegangene De⸗ pesche meldet, daß die niederländische Flagge zu Teloksemawe aufgepflanzt sei, und daß Moesapi (östlich von der Mündung des Atchinflusses) sowie Kampong von den Niederländern ge⸗ nommen seien. Dieselben hatten bei den Kämpfen 6 Todte und 47 Verwundete, während die Atchinesen 73 Todte verloren. Der, Gesundheitszustand der niederländischen Truppen ist wenig befriedigend.

Großbritannien und Iriand. London, 4 August. Der Herzog von Cambridge und Prinz Eduard von Sachsen⸗Weimar werden am nächsten Sonnabend London verlassen, um sich nach Homburg zu begeben.

Die Vertagung des Parlaments wird, der „A. A. C.“ zufolge, am nächsten Sonnabend bestimmt stattfinden. Das Haus der Gemeinen wird sich am Donnerstag bis Sonn⸗ abend vertagen; aber das Haus der Lords wird zur Erledigung der dringendsten Geschäfte eine Sitzung am Freitag halten.

5. August. (W. T. B.) Im Unterhause erklärte heut auf eine desfallsige Interpellation von Jenkins der Unter⸗ Staatssekretär des Innern, Bourke, ihm sei von privater Seite die Mittheilung zugegangen, daß die ägyptische Regierung einen Eingangszoll von 8 Prozent auf die in Aegypten importirten Kohlen gelegt habe, welche für die den Suegkanal passirenden Dampfschiffe bestimmt seien. Eine offizielle Bestäti⸗ gung dieser Nachricht sei ihm noch nicht zugegangen, er könne indessen mittheilen, daß Frankreich bereits gegen die Gesetz⸗ mäßigkeit dieser Auflage protestirt habe. Die englische Regierung sei dagegen der Ansicht, daß Aegypten nach dem Vertrage von 1861 die Befugniß zustehe, eine solche Abgabe zu erheben. Bei der Berathung der vom Oberhause verworfenen Amend e— ments zu der Kirchen⸗-Disziplinar⸗Bill sprach der Premier⸗Minister Disrgeli sein Bedauern über die Ablehnung aus und forderte das Haus auf, gemäß dem Antrage des De⸗ putirten Gurney, die beiden in Rede stehenden Amendements fallen zu laͤssen, um die gänzliche Ablehnung der Bill zu ver— meiden. In seiner Rede führte Disraeli weiter aus, daß die gänzliche Verwerfung der Bill noch mehr offenbaren würde, was man befürchte, nämlich, daß, obgleich Europa, mit Aus⸗ nahme eines unglücklichen Landes, gegenwärtig in einem Zu— stande der vollständigen Ruhe sich befände, doch Einflüsse vor⸗ handen seien, welche frühere oder spätere große Unruhen be— fürchten ließen. Das Unterhaus nahm hierauf den Antrag Gurney an, durch welchen die erwähnten beiden Amendements aus dem Gesetzentwurf wieder beseitigt werden.

Frankrelch. Versailles, 5. August. (W. T. B.) Die National versammlung genehmigte heute den Entwurf des Vertrages mit der Bank von Frankreich über einen Bor—⸗ schuß von 80 Mill. Fres. ohne Diskussion, verwarf aber die Vorlage, betreffend eine Zuschlags⸗Decime auf drei verschie⸗ dene direkte Steuern, mit 339 gegen 303 Stimmen. Nachdem das Budget von 1875 fast einsätimmig nur ein Depuürter stimmte dagegen genehmigt worden, wurde die Versammlung von dem Präsidenten Buffet bis zum 30. November d. J. vertagt.

In dem bei einer heute stattgehabten Versammlung der Mitglieder der Linken geführten Protokoll ward aus⸗ gesprochen, daß die Republikaner ruhig und vereinigt bleiben werden, und hinzugefügt, daß bei den bevorstehenden Munizipal⸗ wahlen in den Departements die Wähler die Gelegenheit zu er⸗ greifen hätten, um von Neuem die republikanischen Gesinnungen Frankreichs zu beweisen. Die Linke hat für die Dauer der Ferien eine eigene Permanenzkommifsion gewählt.

gung eignen. Die

Portugal. Lissabon, 26. Juli. Die Abgeordneten— wahlen sind im ganzen Lande mit der größten Ruhe vollzogen worden. Wie man es erwartete, gab das Land der Regierung eine große Mehrheit. Es wurden 77 Anhänger der bestehenden Regierung gewählt und nur 14 Abgeordnete der Opposttion. Von den ersteren gehören 46 der eigentlichen Regierungspartei, der Fraktion an, aus welcher die Minister hervorgegangen sind; die übrigen 31 solchen Fraktionen, welche der Regierung ihre Unterstützung leihen. Das Ergebniß der Wahlen auf den Azo⸗ ren und in den überseeischen Besitzungen kennt man noch nicht.

Italien. Rom, 2. August. (It. N.) Wie bereits mitgetheilt, bereist General Menabrea mit den Generalen Lon⸗ gonie und Giannotti und anderen Genie⸗ und Artillerie⸗Offi⸗ zieren die französisch-italienische Grenze, um diejenigen Punkte ausfindig zu machen, welche sich besonders zur Grenzbefesti⸗ „Sentinella“ von Cuneo berichtet nun, daß General Menabreg seine Mission beendet hat und mit seinen Begleitern wieder in Turin eingetroffen ist, und sie setzt hinzu: Der General Menabrea und die anderen hohen Genie⸗ und Artillerie⸗Offiziere sind darüber einverstanden, daß die sogenannten Barricate und Podio sich vielmehr zur Grenzbefestigung eignen, als Ninadio, und daß sie daher der Regierung empfehlen werden, dort Befestigungswerke anzulegen, um den Alpenuͤbergang zu

erren. ö Gestern wurde der Grundbesitzer Baltomo, in der Um— gegend von Girgenti von Banditen entführt, von einer Carabinierspatrouille wieder befreit.

Der „Triester Ztg.“ schreibt man aus Venedig, 28. Juli: Mit dem gestrigen Abendzuge ist die bir manische Ge⸗ sandtschaft aus Mailand hier eingetroffen. Dieselbe besteht aus Ken⸗moon⸗mengli, Minister der auswärtigen Angelegenheiten. des Herrschers von Birma, und dessen Gesandten, einem ersten Sekretär, vier anderen Sekretären und einem Dolmetscher. Die Gesandtschaft ist von dem Schiffskapitän der Königlich italieni⸗ schen Marine, Chevaliere Biancheri, begleitet, welcher dem Ge⸗ sandten von der italienischen Regierung zur Dienstleistung zuge⸗ wiesen worden ist. Die Gesandtschaft wurde auf dem Bahnhofe vom Präfekten, vom Admiral und Kommandanten des dritten Departements, vom Assessor Cavaliere Ruffini in Vertretung des Syndikus, vom Obersten Cavaliere Menotti in Vertretung des kommandirenden Generals, vom General-Prokurator Cavaliere Laurin und vom Carabinier⸗Major Conte di San Elena em— pfangen. Der Minister hat im „Hotel Daniel“ Wohnung ge— nommen, wohin er von den Gondeln der Behörden, unter wel⸗ chen sich auch eine Galagondel des Municipiums befand, begleitet ward. Die Gesandtschaft bleibt bis Donnerstags Abend hier und wird während ihres hiesigen Aufenthaltes die Sehenswürdigkeiten der Stadt eingehend besichtigen.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 5. August (W. T. B) Der „Regierungsanzeigery publizirt die Er⸗ nennung des Grafen Schuwaloff zum Botschafter in London und die Entlassung des Baron v. Brunnow von diesem Posten. Der Kaiser hat bei dieser Veranlassung sowohl an den abtretenden, wie an den neu ernannten Bot⸗ schafter ein sehr huldvolles Handschreiben gerichtet.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 2. August. Der König und die Königin werden übermorgen mittelst Extrazuges nach Vexiö abreisen, wo ein 100 Mann starkes De⸗ tachement des Regiments „Kronaberg“ die Ehrenwache bilden soll. Am Freitag besuchte der König die Stadt Landskrona. Der Norrköp. Tid.“ zufolge wird der König am 9. September in Finspong erwartet, zu welcher Zeit die Eröffnung der Palsbada⸗ Fingspongbahn wahrscheinlich stattfinden wird.

Prinz Alexander der Niederlande ist heute auf der Ostbahn von Christiania nach Gothenburg abgereist.

Der König hat dem Reichs⸗-Marschall befohlen und dieser dem Hof⸗Sekretär Ekstiöne beauftragt, einen vollständigen Katalog über alle in der Ritterholmskirche aufbewahrten Tro— phäen anzufertigen und dieselben in Uebereinstimmung mit der hiftorischen Wahrheit zu vertheilen. Die Anzahl derselben soll 6000 betragen.

Asien. Ueber die Nothlage in Bengalen meldet der vom 3. d. datirte telegraphische Wochenbericht des Vize-Königs von Indien: In den südwestlichen Distrikten ist Regen gefallen und die Ernteaussichten sind besser geworden, aber es ist wei⸗ terer Regen erforderlich. Es sind keine neuen Hungertodesfälle gemeldet worden.

Japan und China. (A. A. C.) Die „China Mail“ vom 20 Juni schreibt: Der Krieg in Formosa scheint von den Japanesen kräftig betrieben zu werden, während authentisch ge⸗ meldet wird, daß die Chinesen im Begriffe sind sie zum Rückzuge zu nöthigen. Swen Pao Chen, früher Gouverneur von Kianghi, ist beauftragt worden, mit dem japanesischen Commandeur en chef zu unterhandeln, und er hat Instruktionen, Drohungen zu gebrauchen, wenn die Diplomatie fehlschlägt. Es heißt, daß der Vizekönig von Fuskien in Ungnade gefallen ist, weil er den Japa⸗ nesen gestattete, auf chinesischem Boden zu landen, ohne irgend eine Anstrengung sie daran zu hindern.

Die Chinesen verstärken, wie der „Times“ geschrieben wird, noch immer thätig die Vertheidigungswerke am Peiho. Gegen⸗ wärtig sind etliche 20,000 Mann mit dem Bau (ines neuen Forts in einer Krümmung des Flusses einige Meilen oberhalb Taku beschäftigt.

Nr. 6 des Ministerial-⸗Blattes für die gesammte innere Verwaltung in den Königlich Preußischen Staa⸗ ten, herausgegeben im Bureau des Minifteriums des Innern, hat folgenden Inhalt: Cirkular, die Formulare zu den Registern resp. Register Auszügen über die Beurkundung des Personenstandes und die Form der Eheschließung betreffend, vom 8. Juni 1874. Cirkular, die Schemata und Muster für die Eintragungen in die Standesregister betreffend, vom 1. Juli 1874. Girkular, die Stellung der Bezirks— regierungen als vorgesetzte Provinzialbehörden der ländlichen Gemeinde— beamten betreffend, vom 11. Juni 1874 Cirkular⸗Verfügung, die Annahme der Steuer⸗Supernumerare betreffend, vom 15. Juni 1874. Verfügung, die Grenzen für Bewilligung des Wohnungsgeldzuschusses betreffend vom 9. März 1874. ö die Bestimmung des Rangverhältnisses der Beamten in den neu erworbenen Provinzen bezüglich der Wohnungsgeldzuschüsse be— treffend, vom 13 März 1874. Verfügung, das Verfahren in Dis—⸗ ziplinar⸗Untersuchungen bei erfolgter Anmeldung der Berufung, aber unterlassener Einreichung einer Rechtfertigungsschrift betreffend, vom 18. März 1874. Verfügung, den Gemeindebeitrag zur Unterhal⸗ tung einer öffentlichen jüdischen Schule betreffend, vom 11. Septem⸗ ber 1873. Verfügung, die Massivbauprämie bei Schulbauten in der Provinz Preußen betreffend, vom 16 Mai 1874. Verfügung, die r g der Aerzte, Wundärzte und Hebammen, zur Ausübung der Praxis in den Grenzgemeinden gegen die Niederlande betreffend, vom 4. Juni 1874. Cirkular, die Vertheilung und Auf⸗

bringung der Kreisabgaben betreffend, vom 10. Juni 1874. Cirkular, die Heranziehung der Eisenbahngesellschaften zu den Kreis⸗ abgaben betreffend, bom 8. Juni 1874 Erlaß, die Behandlung der aus zwei oder mehreren, in Einer Hand befindlichen Gutsbezirken bestehenden Amtsbezirke nach den Vorschriften der Kreisordnung be— treffend, vom 31. Mai 1874. Erlaß, die Befugniß der Kreisaus— schüsse in Betreff der Revision der Gemeinderechnungen betreffend, vom 13. Juni 1874. Bescheid, die Auslegung der Vorschriften der Kreis⸗ ordnung hinsichtlich der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte auf Berufungen gegen Beschlüsse der Kreisaueschüsse betreffend, vom 3. Juni 1874 Erlaß, wonach den Amtevorftehern im amtlichen Ver⸗ kehr bei Ausübung der örtlichen Polizei das Prädikat „Königlich“ nicht beizulegen ist, vom 15. Juni 1874. Erlaß, die Zuständig⸗ keit der Kreisausschüsse, über Beschwerden gegen Verfũgungen der Vorstände ländlicher Ortsarmen⸗Verbände in ÄUrmenunter— stüͤßzungssachen zu entscheiden, betreffend, vom 1. Juni 1574. Erlaß, die Verpflichtung der Gutsvorsteher oder deren Stellvertreter zur Uebernahme der Geschäfte der Standesbeamten, sowie die Ver— eidigung derselben betreffend, vom 3. Juni 1874. Verfügung, die Befugnisse der Landräthe zu vorläufigen polizeilichen Straffestsetzungen in Chausseepolizei⸗Kontraventionssachen betreffend, vom 17. Jun 1834. Cirkular, die Auslegung der Bestimmung im S. 8 des Gesetzes vom 1I. März 1850 wegen des Verbots der Verbindung politischer Vereine mit anderen Vereinen gleicher Art betreffend, vom 15. Juni 1874. . Verfügung, die Berechnung der Gehälter und der Wohn uüngs— geldzuschüsse der Mitglieder der Landgensd'armerie betreffend, vom 26. Mai 1874. Verfügung, die Bekanntmachung der von den Kreisausschüssen zu genehmigenden gewerblichen Unternehmungen be⸗ treffend, vom 8. Juni 1874. Verfügung, die Gebühr für die Untersuchung neu aufgestellter Dampfkessel betreffend, vom 22. Juni 1874 Cirkular, die Mitglieder der anthropologischen Gesellschaft betreffend, vom 3. Juni 1874.

Statistische Nachrichten.

Nach der vom Großen Generalstabe herausgegebenen „Re— gistrande“ beträgt die Länge der auf der ganzen Erde befindlichen Telegraphenlinien 556, 000 Kilometer, während die Gesammt⸗ länge der Drähte ca. 11681 600 Klilometer betragen soll. Sie unter— seeischen Linien haben eine Meilenlänge von S4, 60 und eine Draht— länge von 500,040 Kilometer. Die Anzahl sämmtlicher Telegraphen⸗ Bureaus beträgt zur Zeit etwa 25, 900; davon entfallen auf England Dogz Stationen, Deutschland 3726, Frankreich 2620, Italien 1277, Oesterreich⸗ Ungarn 936, Belgien 445 u. s. w. u. 5 G. Die Ge sammtzahl sämmtlicher in einem Jahre beförderten Depeschen beträgt jetzt ca. 70 Millionen.

Im Postanweisungsverkehr Bayerns wurden in der Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 1874 im internen und Wechsel— verkehr L 010.3878 Stück einbezahlt, im Vorjahre 639,542 Stück; da⸗ gegen 939,549 Stück ausgezahlt, im Vorjahre 609,506. Die Ein— Ahlung belief sich auf 21,642. 641 fl., im Vorjahre 16,754,524 fl. Im Wechselverkehr wurden hinausvergütet 1,998,542 fl.

(Wien. 3) Nach der bei Gelegenheit der Verhandlung der Advo⸗ katurgordnung erfolgten amtlichen Zusammenstellung sammtlicher ausüben— den Advokaten in Ungarn (Kroatien, Slavonien und die Militär grenze ausgenommen) haben mit Juli d. J. im Ganien 4023 Advo⸗ katen die Praxis ausgeübt. Es entfällt demnach durchschnittlich bei einem Flächeninhalt von 4682 Quadratmeilen auf etwas mehr als eine Meile ein praktizirender Advokat. Das Verhältniß zur Einwoh— nerzahl stellt sich derart heraus, daß auf je 3290 Einwohner ein Ab— vokat kommt.

Die Steinkohlen⸗Industrie Rußlands nimmt in der Reihe der europäischen Staaten noch eine der niedrigsten Stellen ein, obgleich Rußland, was den Steinkohlenreichthum anbelangt, den west— europäischen Ländern nichts nachgiebt. Trotz dieses Reichthums ist aber die Gewinnung von Steinkohlen bis jetzt verhältnißmaäͤßig un— bedeutend. Die Ursache hierfür ist hauptsächlich in der geographischen Vertheilung der Steinkohlenlager zu suchen, welche von den Centren des rujsischen Handels und der Industrie zu entfernt liegen, weshalb auch ihre Produkte bis jetzt meist nur einen örtlichen Werth haben. Voraussichtlich wird aber der Ausbau des russischen Eisenbahnnetzes diesem Uebelstande in bedeutsamer Weise Abhülfe schaffen, und ist in den letzten Jahren bereits eine erhebliche Zunahme der Produktion eingetreten. Nach den Angaben des statistischen Jahrbuchs für 1866 und der Jahrbücher des Finanz Ministeriums von 1869 1871 betrug die jährliche Ausbeute an Steinkohlen und Anthracit in den Jahren 1864 1871 in ganz Rußland:

Steinkohlen. Anthracit. Steinkohlen. Anthracit. Pud Pud Pud Pud

1866 6,866,556 3,8 19, 200 1868 22085, 162 5,412,991

1865 6656, 156 5,929, 155 1869 24,821,248 11,081, 248

1866 6,284,032 10,279,676 1870 28,661,490 135017, 371

1867 19,563,026 6,893,189 1871 35 0059,B 156 14,190,444

Die bedeutendsten Steinkohlen⸗ und Anthracitlager im europäischen Rußland enthalten: die Donebsche Bergkette in den Gouv. Jekate— rinoslaw und Charkow( Produktion 1864: 7019, 356 Pud, 187 1: 26451, 182 Pud), das Weichselbassin im Gouv. Piotokow (Produktion 1867: 13,6564, 967 Pud, 1871: 18,008,295 Pud), das Moskauer Bassin in den Gouv. Tula, Kaluga, Ssmolensk, Moskau, Rjasan, Twer und Nowgorod (Produktion 1864: 1ůB871,283 Pud, 1871: 8, 66 7, 399 Pud), das Uralbassin im Gouvp. Perm (Produktion 1864: 1,163,039 Pud, 18713 832,405 Pud). Im asiatischen Rußland befinden sich folgende drei Kohlenbassins: das Kusnetziche im Goup. Tomsk (Produktion 1864: 248000 Pud, 1871; 228060 Pud), das Bassin der Kirgisen⸗ steppe in den Gebieten Akmollinsk und Semipalatinek (Produktion 1864: 126,933 Pud, 1871: 481,436 Pud) und das Turkestansche Bassin im Syrdarja-Gebiete (Produktion ca. 150000 Pud). Die Steinkohlenlager im Kaukajus und in Transkaukasien sind noch wenig erforscht und spielen auch in der Industrie noch keine Rolle. Das Kohlenbassin der Insel Sachalin im Küstengebiete des östlichen Theils des asiatischen Rußland lieferte 1871 ca. 3060 000 Pud Kohlen, welche zum Verkauf nach China exportirt werden. Außerdem sind im asia— tischen Rußland noch andere Lagerstätten unweit der Mündung des Flusses Amur, ferner im Semiretschenskischen Bezirke des Trangbaika— lischen Gebiets und an einigen Stellen des Gouv. Irkutsk bekannt, welche jedoch des lokalen Waldreichthumz und des geringen Bedarfs dieser Gegenden wegen nicht ausgebeutet werden.

Kunst, Wissenschaft und Literatur. Das in diesen Blättern bereits angekündigte Werk „Der

Amts-⸗-Voxrsteher“ Leitfaden für die Verwaltung der Amts, und

Polizeigeschäfte mit Beigabe der gesetzlichen und polizeilichen Vor— schriften und Formular, mit besonderer Beziehung auf den Regiernngs— hezirk Frankfurt a. O, herausgegeben von Limberg, Köoöniglicher Kreis⸗Sekretär in Königsberg i. d. N, ist jetzt erschienen. (91 S. 4, Königsberg i. d. N,, Druck und Verlag, von J. G Striese, 1874. Ein Vorwort erörtert zunächst: Des Amts⸗Vorstehers Rechte und Pflichten. Seine Stellung zum Landrathe, zum Kreis- und Amts— Ausschusse. Seine Straf⸗ und Exekutions⸗Befugniß. Dann folgen als Abtheilung A.: Die gesetzlichen und Verwaltungsvorschriften über die Amts-Verwaltung des Kreis- Ausschufses: 1) Armen— Polizei. 2) Wege Polizei. 3) Vorfluth, Ent- und Bewässerungen. 4) Feld- Polizei. 55 Gewerbe- Polizei. 6) Bau- und Feuer⸗-Polizei. 7) Ansiedelungssachen. 8) Dismembrationssachen. 9) Kommunal- sachen. 10) Schusachen. 10) Medizinalsachen. 12) Ju nizverwal⸗ tungssachen. Abtheilung B, betrifft die Orts Polizei⸗Ver⸗ waltung in folgenden Materien, die im Leitfaden selbst in alpha⸗ betischer Reihenfolge geordnet sind: I) Allg meine Verwaltung. 2) All- gemeine Landes Polizei. 3) Sicherheits⸗ und Fremden- Polizei. Wege⸗ Polizei. 5) Bau⸗ und Feuer-Polizei. 6) Wasser⸗ und Schiffahrks— Polizei, 7 Gesundheits⸗Polizei. 8) Landwirthschaftliche, Feld= For st⸗ und Fischerei⸗Polizei. ) Armen⸗-Polizei. 109) Gewerbe-Polizei.

1II) Sitten⸗Polizei. 12) Ordnungs⸗-Polizei. 13) Religions, Kirchen⸗

und Schulwesen. Abtheilung C. betrifft: Bureau⸗ und Ge—⸗ schäfts⸗Verwaltung. Ein Nachtrag enthält die während des Druckes ergangenen Gesetze und Entscheidungen, nebst Berichtigun⸗ gen und Ergänzungen. Den Schluß bildet ein alphabetisch geordnetes Verzeichniß allgemein wichtiger preußischer und Reichs⸗Gesetze. Ein alphabetisches Sachregister erleichtert das Auffinden der einzelnen Gegenstände, Wie bereits früher mitgerheilt, hat der Regierungs⸗ Präsident Graf v. Villers zu Frankfurt a. O. dieses Buch feiner Zweckmäßigkeit und Brauchbarkeit wegen den Bibliotheken der Amts—⸗ bezirke zur Anschaffung empfohlen.

Am Abend des 3. August verstarb in Muskau Hans Ferdinand Maßmann, der bekannte Germanist und Förderer der Turnkunst. Geboren am 15. August 1797, trat er im Jahre 1814, nachdem er erst kurze Zeit dem Studium der Theologie obgelegen, bei den frei⸗ willigen Jägern ein. Nach der Rückkehr aus Frankreich setzte er seine Studien auf verschiedenen deutschen Universitäten fort. Dann leitete er in Abwesenheit Jahns eine Zeit lang das Berliner Turn— wesen und ging später als Lehrer nach Breslau. Im Jahre 1826 er— hielt er einen Ruf nach München, wo er bis 1842 als Turnlehrer am Kadetten Corps und später als Professor der altdeutschen Literatur an der Universitt wirkte. Im genannten Jahre wurde er nach Berlin berufen, um die Wiedereinrichtung des allgemeinen Turnunter⸗ richts in Preußen zu übernehmen, im Jahre 1846 erhielt er dann eine Professur für Germanistik an der Ünioersität. In der zweiten Hälfte seines Lebens war er auf pädagogischem Gebiete thätig. Seine literarische Wirksamkeit war eine sehr bedeutende, viele ältere deutsche Sprachdenkmäler verdanken ihm die erste Ausgabe. ö.

Halle, 31. Juli. Nach dem Lektionsverzeichnisse der Universität für das Wintersemester 1874 —1875 werden ein⸗ schließlich der Uebungen in den Seminarien 235 Vorlesungen gehalten werden, 81 davon publice. Auf die theologische Fakultät entfallen davon 38, auf die medizinische 47, auf die juristische 22, auf die philosophische 128. Die Gesammtzahl der Lehrer beläuft sich auf 90; in der theol. Fakultät 8 ordentlicke, 6 außerordentliche Professoren, 1. Privatdozent, in der, medizinischen 11 ordentliche, 3 außerordent⸗ liche Professoren, 8 Privatdozenten, in der juristischen 6 ordentliche, 1 außerordentlicher Professor, in der philosophischen 23 ordentliche, 11 außerordentliche Professoren, 11 Privatdozenten, also im Ganzen 48 ordentliche, 21 außerordentliche Professoren und 2l Privatzozenten. In die theologische Fakultät trat neu ein der ordentliche Professor Dr. Wolters; in die philosophische der ordentliche Professor Pr. Dittenberger, der außerordentliche Professor Heydemann, die Privat⸗ dozenten Br. Schmidt und Schmitz; in der medizinischen Fakultät wurde Privatdozent Dr. Köbler außerordentlicher Professor. Ausge— schieden sind in der philosophischen Fakultät der außerordentliche Professor Dr. Thomä und Privatdozent Dr. Tschischwitz.

Die Universität Halle hat in diesen Tagen wieder einen Verlust erlitten durch das Ableben des Professors der Jurisprudenz, Dr. August Anschütz, welcher am 3 d. M. im Bade Soden starb. Der Verstorbene vertrat die Fächer des Deutschen Privatrechts, der Deutschen Rechtsgeschichte, des Staatsrechts, des Handelsrechts, des Landwirthschaftsrechts, und war namentlich auch bei den in Halle studirenden Landwirthen ein sehr geschätzter Lehrer.

Kiel, 3. August. Das so eben ausgegebene Verzeichniß der Vorlesungen, welche im Winterhalbjahr 1874/1875 an der Ehristian⸗ Alhrechts-Universität zu Kiel gehalten werden sollen, zeigt ein ganz vollständiges Lehrerpersonal, da auch die durch Professer Usingers Tod entstandene Lücken durch Professor Schirren ausgefüllt ist. Die Universität hat danach 37 ordentliche und 5. außerordentliche Pro⸗ fessoren, und zwar von ersteren 5 Theologen, 5 Juristen, 7 Mediziner und 20 in der philosophischen Fakultät, nämlich: 1 Bibliothekar, 2klassische Philologen, Z neuere Philologen, 1 0rientalischen Philologen, 2 Philosophen,. 2 Historiker, 1 Mathematiker, 1 Astrongmen, 2 Chemiker, 1᷑Physiker, 1 Mmeralogen, 1 Zoologen, 1Botaniker, Landwirthschafter, 1LNationalökonomen. Außerordentliche Professoren haben nur die medi⸗ zinische Fakultät, nämlich 3, und die philosophische vakultät und zwar I klassischen Philologen und 1 Mathematiker. Außer diesen 42 Pro⸗ fessoren hat unsere Universität an Privatdozenten; 1 Theologen, 2 Ju— risien 5 Mediziner, 1 Zahnarzneikundigen, 1 Historiker, 1 klassischen und 2 moderne Philologen, 1 Phrsiker und 1 Chemiker, wozu noch U Lektor der französischen und 1 Lektor der englischen Sprache kommt, so daß die Gesammtzahl aller Lehrer 59 beträgt.

In Hannover starb am J. d. M. der Staatsrath Zimmer— mann, auch bekannt als Verfasser eines Werks über die deutsche Polizei.

Zum II. Deut schen Sängerbundesfest in München ist, gleichwie auf den bayerischen Staatsbahnen, auch auf, den bayeri⸗ schen Ostbahnen den als Sänger sich, legitimirenden Reisenden eine 50prozentige Personentaxermäßigung in der Weise gewährt worden, daß gewöhnliche Tourbillete, die zur unentgeltlichen Rückfahrt bis incl. 20. d. M. berechtigen, zur Abgabe gelangen. Der Präsident des Centralausschusses des Deutschen Saͤngerfestes, Ober⸗Rechnungs⸗ Rath Fentsch, hat nachstehendes Handschreiben Sr. Majestät des Königs von Bayern, erhalten: „Hr. Ober⸗Rechnungö-⸗Häath Fentsch! Mit Freuden habe ich aus dem Schreiben des Central festausschusses vom 25. Juli J. J. entnommen, daß die großen Vor⸗ bereitungen zu dem Feste, welches demnächst in Münchens Mauern statifinden wird, einen glücklichen Abschluß gefunden haben, und mit huldvollstem Danke erwidere ich die an mich gerichtete Einladung. Ich zweifle nicht, daß meine Residenzstadt durch dieses Fest um eine schöne Erinnerung reicher werden wird, und hege den Wunsch, daß der Eifer, welchen der Ausschuß seiner schwierigen Aufgabe zuwendete, von den besten Erfolgen für die Sache des deutschen Männern gesanges begleitet sein möge. Gern spreche ich dem geiammten Festausschuß meine Anerkennung aus und bin mit aller Werthschätzung Ihr gRädigster König Ludwig.“

Der Verfasser der bei Joh. Wilh. Krüger in Leipzig er⸗ schienenen Schrift: „Die Gemeinde und ihr Finanzwesen in Frankreich“, Dr. Vietor von Brasch, hat sich die Aufgabe ge—⸗ stellt, einen flüchtigen Ueberblick über die historische Entwickelung und heutige Organisation der Gemeinde in Frankreich zu geben und hieran eine Darstellung des Gemeinde- Finanzwesens, mit be⸗ sonderer Berücksichtigung der Kommunalbesteuerung, zu knüpfen. Er schließt sich ganz der Ansicht A. Wagners an, doß eine bloße Staats-Finanzwissenschaft dem heutigen Standpunkte der Staat wissenschaften nicht mehr völlig entspricht, und es sich eigentlich um eine Finanzwissenschaft des Staates und der übrigen räumlichen Ge— meinwirthschaften, Provinzen, Kreise, Gemeinden um eine Lehre handle, welche die Ausgaben und Einnahmen dieser Haushalte in ihrem organischen Zusammenhange behandelt. Das Ungenügende und Läcken= hafte der Darstellung ist zum Theil mit der Schwierigkeit zu ent⸗ schuldigen, welche sich stets dem Ausländer beim Einblick in fremde Verhältnisse, namentlich auch bei der Materialbeschaffung entgegen⸗ stellen. Der Zweck der Schrift ist, als eine Vorarheit zu einer all⸗ gemeinen theoretischen Darstellung des Gemeinde⸗Finanzwesens zu dienen.

In Gannstatt ist der Königlich württembergische Hofrath Dr. Albert v. Veiel, bekannt durch das von ihm gegruͤndete Institut für Flechtenkranke, in Folge eines Herzleidens gestern Abend ver⸗ schieden.

Bei dem am J. d. M erfolgten Zusammentritt des Plenums des Lehrerkörpers der Universität Straßburg fiel die Wahl des Rector magnificus für das Universitätsjahr 1874575 auf den Prof. Dr. Schmoller. ..

Dr. Georg Schweinfurth gedenkt in Riga, wo er sich bei Verwandten aufhält, die während seiner Reise in Afrika gemachte großartige Pflanzensammlung zu bestimmen. Kürzlich ist auch Br. Schweinfurth von einem deutschen Gelehrten in London, der sich spe⸗ ziell mit der Flora Afrikas beschäftigte, eine sehr bedeutende Sanmm— lung durch Vermächtniß zugefallen, die auch einer Ordnung unter⸗ worfen werden soll. Aus diesem Grunde hat auch der Reisende die Aufforderung, mit Stanley an einer neuen, von zwei Zeitungen arran⸗ girten Expedition nach Afrika Theil zu nehmen, abgelehnt.