im Arbeitskostüme, e die Burschen mit blumenumkränzten Leitern, Kürschner, Schuhmacher, Bäcker, Riemer, Töpfer, Klemp⸗ ner, die Maschinenbauer der Ost⸗ und Südbahn mit zahlreichen Emblemen, die Arbeiter der Annahütte in Bergmannstracht mit geschmückten Centrum⸗, Erd⸗ und Steinbohrern, die Maschinen⸗ bauer der Steinfurtschen und der Reinicke'schen Fabrik mit Em⸗ blemen. Der Vorbeimarsch dauerte fast 3 / Stunde und noch länger währte es, bis auf dem Festplatze die sämmtlichen Glieder des Zuges und die Mustikcorps Stellung genommen hatten. Als dieses geschehen, ergriff der Polizei ⸗Präͤsident von Pilgrim das Wort zu einer Ansprache, welche mit dem Wunsche schloß, daß das Denkmal „ein Wallfahrtsort für die Königsberger werde, bestimmt, das Andenken an die lichte Frauengestalt auf Preußens Thron von Geschlecht zu Geschlecht frisch zu erhalten und Liebe zum Herrscherhause und zum Vaterlande zu erwecken.“ Indem der Redner darauf das Denkmal für den Genius Preußens, die unvergeßliche Königin Luise“ enthüllen ließ, for⸗ derte er die Versammlung auf, einzustimmen in das Hoch auf Se. Majestät den Kaifer und König, dem Gott noch eine lange und gesegnete Regierung verleihen möge. Begeistert stimmte das viele Tausende zählende Publikum in dieses Hoch ein, während die sämmtlichen Mufikcorps die Nationalhymne in⸗ tonirten. Die Hülle fiel, und das Luisen⸗Denkmal bot sich den Blicken in seiner ganzen Schönheit dar. Aus dem freiwilligen Rettungs⸗ corps traten einige Beauftragte hervor und umrahmten die Büste der Königin mit einem frischen Lorbeerkranze. Gleichzeitig wurde im Auftrage des Festeomités von dem Redner als Vorsitzenden folgendes Telegramm an des Kaisers Majestät nach Berlin ab⸗ esendet:
gef „Die bei der Feier der Enthüllung des Denkmals für den Genius Preußens, die unvergeßliche Königin Luise, anwesende gesammte Bürger- schaft Königsbergs bringt Ew. Kaiserlichen Majestät aus vollstem, dankbaren Herzen ein vieltausendstimmiges Hoch.“
Das Denkmal besteht in einer halbkreisförmigen Ballustrade, innerhalb deren Ruhebänke rings um die Friedenslinde an⸗ gebracht sind. Die Wangen schmücken Blumenvasen, in der Mitte überragt die Ballustrade ein Sternenkranz, worin die Marmorbüste der verewigten Königin Luise (nach Rauchs Statue auf dem Sarkophag im Mausoleum zu Charlottenburg) an⸗ gebracht ist. Das Denkmal trägt die einfache Inschrift: Dem Genius Preußens, der unvergeßlichen Königin Luise, Königsberger Bürger. Anno MbCGCGCGLXXIV.“ Nach der feierlichen Enthüllung fanden in allen Hufengärten Volks⸗ konzerte statt, die außerordentlich zahlreich besucht waren. Abends wurde auf Herzogsacker ein Feuerwerk abgebrannt, während viele Häuser der Stadt illuminirten. . er
In Nürnberg begannen die Bewohner bereits am J. Nach⸗ mittags mit der Schmückung der Häuser; ebenso war Abends das zum Festplatze gewählte Maxfeld zahlreich besucht. Böller⸗ schüsse verkündeten am anderen Morgen die Feier des Tages, und um 6 Uhr ertönten von der Freiung der Burg die ernsten, feierlichen Weisen eines Chorals. Trotz der frühen Morgenstunde hatte sich hierzu eine außerordentlich zahlreiche Menschenmenge auf dem Burgberge eingefunden; sodann zogen drei Musikcorps gesondert durch die Straßen der Stadt, begleitet von je einer Abtheilung des Turn⸗ vereins, der freiwilligen Feuerwehr und des Kampfgenossen⸗ Vereins Um 8 Uhr versammelten sich die Sänger⸗ Gesellschaften auf dem Aegidienberge, um in Anwesenheit einer weithin den Platz füllenden Menge einige der Feier des Tages angemessene Lieder vorzutragen. Um 9 Uhr fand in der überfüllten Sebalduskirche der Festgottesdienst statt, dem Deputationen der städtischen und Königlichen Be⸗ hörden, das Offizier⸗Corps sowie eine außerordentliche zahlreiche Schaar anderer Andächtiger beiwohnte. Pfarrer Heller gedachte in seiner Festpredigt in schwungvollen Worten der hohen Bedeutung des Tages. Nach beendigtem Gottesdienste begann im , Rathhaussaale die Schulfeier,
zu der trotz der Schulferien die Schuljugend sich in stattlicher
Zahl eingefunden hatte. Nachdem die Schüler einige patriotische Lieder gesungen, hielt Professor und Schulinspektor Dr. Krück die Festrede, welche in ausführlicher Weise die Bedeutung des zum Nationalfesttage erkorenen Tages darlegte. Um die Mittagsstunde verkuͤndete das Geläute sämmtlicher Glocken die Festfeier, nachdem vorher von der Sebaldus⸗ Kirche die Stadtmusik den Choral: „Lobet den Herrn“ vor⸗ getragen hatte. Dann bewegte sich durch die Straßen der impofante Festzug, an dessen Spitze nach Vorantritt eines Musik⸗ Corps eine Deputation der städtischen Behörden sich befand. An diese reihten sich u Wagen) Veteranen aus den Befreiungskriegen; es folgten die Vereine in der programmmäßigen Ordnung. Die Schuljugend hatte sich zahlreich betheiligt; viele Mädchen waren mit den bayerischen und deutschen Farben geschmückt. Eine unab⸗ sehbare Menge bildete Spalier. Sämmtliche Verkaufsläden waren Nachmittags geschlossen; auch in den Werkstätten ruhte die Arbeit. Als der Festzug auf dem als Festplatz gewählten Maxfelde an⸗ gelangt war, entwickelte sich daselbst bald ein buntes volksfest⸗ ähnliches Treiben. Mehrere Musikcorps erfreuten durch ab⸗ wechselnde Vorträge die Zuhörer und trugen zur Erhöhung der Feststimmung bei. Abends wurde der Platz mit bengalischen Flammen erleuchtet.
Ueber die Nationalfeier im Saale des Gewerbehauses zu Dresden entnehmen wir dem „Dresd. Journ.“ noch Folgendes:
Die an der Feier theilnehmenden Männer und Frauen bildeten einen stattlichen mannigfaltigen Verein von 500 bis 600 Banketgästen. In ihren Reihen sah man: die zur Zeit in Dresden anwesenden Staats⸗Minister v. Fabriee, v. Nostiz⸗ Wallwitz und Dr. v. Gerber, den Königlich preußischen Gesandten Graf Solms, den Stadt⸗Kommandanten General⸗Lieutenant Frhr. v. Hausen, den evangelischen Ober⸗Hofprediger Dr. Kohl⸗ schütter, den Kaiserlichen Ober⸗Postdirektor Geh. Postrath Strahl, den Kaiserlichen Telegraphen⸗Direktor Schmidt, den stellvertre⸗ tenden Königlichen Polizei⸗Direktor Regierungs-Rath Berndt, die Spitzen der städtischen Gemeindevertretung, wie denn auch Kunst und Wissenschaft allseitig reich repräsentirt waren. Der mit Blumen, Fahnen und Wappen und auf dem Orchesterpodium mit den Büsten des Königs von Sachsen und des Deutschen Kaisers geschmückte Saal bot einen gastlich festlichen Anblick dar, und es kam der Weihe des Abends zu Gute, daß man den eigentlichen Festakt als Beginn der Feier von dem nachfolgenden Banket mit seinen Tischreden und Toasten getrennt hatte. Nach einer Ein⸗ leitungsmufik, wie alle Leistungen des Orchesters vom Musik⸗ chor des Direktors Pohle ausgeführt, sammelte ein poetischer Prolog zunächst die Stimmung der Anwesenden, welchen der Dichter Friedrich von Bodenstedt, als gegenwärtiger Gast Dresdens, persönlich zum Vortrag bringen konnte. Den mit warmem Beifall aufgenommenen Strophen schloß sich unmittelbar die eigentliche Festrede an, welche der Staats⸗Minister Dr. v. Gerber hielt. Derselbe wies darauf hin, daß mit dem Siege bei Sedan am 2. September 1870 „das Lebensschicksal
der Deutschen Nation selbst zur endlichen siegreichen Entscheidung gekommen sei. Das war es, was Aller Herzen so unwiderstehlich ergriff und bewußt oder unbewußt zu grenzenlosem Jubel fort⸗ riß.“ Die Schlußworte der Rede lauteten nach dem „Dr. J.“ wie folgt: ;
9 nun das Volksfest dieses Tages dazu bestimmt, die Feier jenes großen Sieges fortzusetzen, so werden wir uns froh und glünlich dem erhebenden Gedanken an die hohe Ehrenstellung überlassen, welche das deutsche Volk errungen hat, werden wir mit freudigem Stolze der Achtung gedenken, welche der Deutsche nunmehr unter fremden Natio- nen und des Schutzes, welchen der deutsche Fleiß und Unternehmungs⸗ geist genießt, werden wir der vielen heilsamen Ziele eingedenk sein, welche das deutsche Volk in seiner glücklich errungenen Reichsgemeinschast zu er⸗ streben vermag. Aber es mahnt uns dieses Fest zugleich daran, daß es auch
ilt, das Errungene festzuhalten, und wir sind uns wohl der alten Wehrden bewußt, daß es oft leichter ist zu erwerben, als das Erwor⸗ bene zu behaupten. Nun, meine geehrten Festgenossen, zunächst scheint es ja nach menschlicher Ansicht, als wenn jede Besorgniß für die Er—⸗ haltung des Errungenen auf Menschenalter vertagt werden dürfe; wir blicken getrost auf die e n Machtmittel hin, welche unsere be⸗ währte . darbietet und auf die unvergleichliche und schlag⸗ fertige Kraft unseres zum Dienste für das Vaterland organisirten Volks. Aber vergessen wir dabei nie, daß es nicht rohe äußere Ge— walt gewesen ist, welche uns den Sieg verschafft hat, sondern vor⸗ . die lange gepflegte geistige Bildung unseres Volkes; in den
echselfällen dieses furchtbaren Krieges hat vor Allem diese ihre herr⸗ lichste Probe bestanden. ;
Aber, meine geehrten Festgenossen, ich meine überhaupt, daß unser Streben, wie es sich fort und fort an diesem Festtage erneuern soll, nicht blos darauf gerichtet sein darf, die Machtstellung des deutschen Volkes zu erhalten, sondern vor Allem auch darauf, sie immer mehr zu verdienen. Beherzigen wir doch das alte Wort, daß ge. sittliche Macht auch den Gedanken des sittlichen Berufs einschließt. Wir wollen für unser Volk keine Macht, die nur auf der Furcht vor seinen äußeren Gewaltmitteln beruht, unsere Macht soll zugleich auf der Achtung vor unserem Charakter und unseren geistigen und sittlichen Zielen beruhen. Nun wollen wir es uns, da wir der Zweideutigkeit dieses Lobes entronnen sind, gern gefallen lassen, wenn man uns auch ferner den Ehrennamen eines Volkes von Denkern beilegt, und nicht vergessen, daß die höchste Werthschätzung eines Volkes sich in der Hauptsache darnach bemißt, was es für die ideglen Güter der Menschheit geleistet hat. Darum meine ich, sollte der Tag von Sedan für Alle zugleich eine ernste und eindringliche Mahnung zur Arbeit sein, zur Arbeit an jeder Art der inneren Veredlung. Möge doch Jeder an seinem Theile und in seinem Kreise dazu mitwirken, daß der deutschen Nation in ihrer heutigen glorreichen Entwickelung der alte Ruhm eines ernsten, maßvollen und sittlichen Volkes erhalten werde, welches fort und fort sich an der Lösung der höchsten Probleme der Menschheit betheiligt, damit, wenn abermals ein Jahrtausend verflossen ist und die Summe unserer Existenz gezogen wird, man sagen kann, das war ein mächtiges und starkes Volk, es hat das Panier seiner Ehre hoch gehalten; aber es war auch ein gutes und edles Volk und hat den geistigen und sittlichen Schatz der Menschheit zum Segen aller zukünftigen Geschlechter um viele und kostbare Stücke bereichert. n n ,
Und nun noch Eins. Eine Nation kann wie der Einzelne nicht immer in der Stimmung der Festfreude sein. Auf den Jubel des Festtags folgt oft die Stimmung kalter Ernüchterung. Auch wir haben es erleben müssen, daß nach den großen Erfolgen des Kriegs Verschiedenheiten und Gegensätze der Meinungen hervortraten, nicht blos über die Ziele, sondein auch über die Mittel und Wege, welche nun zu ergreifen seien, und diese Gegensätze haben zur Bildung von Parteien geführt, die einander bekämpfen und sich oft in erbitterter Feindschaft gegenüber stehen. Meine geehrten Festgenossen, es kann ja das kaum anders sein. Wie wäre es denkbar, daß bei der Mannig— faltigkeit, Großartigkeit und Schwierigkeit unserer Aufgaben überall eine volle Einstimmung der Ansichten bestände, zumal in einem Volke von so reicher Willensanlage und einem so ausgeprägten Triebe nach indipidueller Selbständigteit. Ich denke nun, daß der Tag von Sedan auch hierfür ein Tag des Segens sein müsse. Lassen Sie uns darin verbunden sein, daß wir an diesem Tage Alles vergessen, was uns sonst etwa trennen mag, daß wir in der Liebe zum Vaterlande mehr und mehr die Gegensätze der Parteien überwinden, und daß uns fortan nur das eine Bewußtsein erfüllen soll, Brüder einer großen Nation zu sein, die, was auch immer kommen mag, bereit sind, Alles, was sie sind und haben, dem Einen zum Opfer zu bringen, dem unsere Liebe und Ehre gilt, dem deutschen Volke!“ .
Nach dieser mit allseitig zustimmendem Beifall aufgenomme⸗ nen Rede und nach einer Zwischenmusik wurde auf einem kleinen improvisirten Theater eine dramatisch⸗patriotische Scene „Die Frau des Kriegers“ von Karl Heigel dargestellt, der ein poeti⸗ scher Epilog folgte. Die Jubelouverture und ein Festmarsch von Reissiger leitete zum Banket hinüber und Ober⸗Bürgermeister Pfotenhauer, der als Vize⸗Präsident der Ersten Kammer den Tafelvorsitz übernommen hatte, brachte den ersten Trink⸗ spruch auf Se. Majestät den Deutschen Kaiser, Se. Majestät den König von Sachsen und das Deutsche Vaterland aus. Prof. Dr. Hettner hielt dann eine inhaltreiche, vom Odem des Zeitgeistes durchwehte, mehrfach von Beifall unter⸗ brochene Rede, welche mit einem Hoch auf das Wohl des Reichskanzlers Fürsten von Bismarck, des Feldmarschalls Grafen von Moltke und des deutschen Heeres schloß. Als Vertreter der säͤchsischen Armee erhob sich sodann der Kriegs⸗Minister, General der Kavallerie Staats⸗Minister v. Fabrice, und drückte seinen Dank in warmen Worten aus, welche mit einem Toast auf das deutsche Vater⸗ land schlossen. Auf den Trinkspruch, welchen der Stadtverord⸗ neten⸗Vizevorsteher Advokat Emil Lehmann dem Deutschen Reichs⸗ tage darbrachte, erwiderte Hofrath Ackermann als Reichstags⸗ Abgeordneter. Es folgte dann noch eine Reihe von Tischreden, welche die Festversammlung lange bei gehobener Stimmung er⸗ hielten, so daß sich diese erst zu vorgerückter Nachtstunde trennte.
Die Vorfeier des deutschen Nationalfestes in Stuttgart begann am 1. Mittags mit Beflaggung der öffentlichen und Privatgebäude der Stadt; dieselbe war bis zum 2. Morgens eine allgemeine geworden, und manches Gebäude zeichnete sich durch reiche und geschmackvolle Verzierung des Balkons u. dgl. besonders aus. Am 1. um 5 Uhr Abends mahnte das Glocken⸗ geläute von sämmtlichen Kirchthürmen an den bevorstehenden Festtag; zu gleicher Zeit hatten sich zahlreiche Volksmassen auf dem Fangelsbach⸗Friedhof gesammelt, um der Todtenfeier an den Gräbern der daselbst beerdigten Krieger anzuwohnen. Vor dem einfach geschmückten Denkmal, auf dessen Stufen ein Lorbeer⸗ kranz niedergelegt ward, nahm zuerst der Kriegerverein, General⸗ Lieutenant von Reizenstein an der Spitze, mit schwarzumflorter Fahne Aufstellung, ihm folgte der Liederkranz, dann die Offiziere des Landwehr⸗Reservebataillons, Mitglieder der bürgerlichen Kollegien, die Stadt⸗Geistlichkeit und das Stadtreitercorps. Der Liederkranz leitete die Feier mit dem Vortrag zweier Strophen des Chorals: „Himmelan nur Himmelan“ ein; darauf betrat Stadtpfarrer Fischer die vor den Stufen des Denkmals ange⸗ brachte Kanzel und führte in gedankenreichem Vortrag aus, in welchem Sinne wir über den Gräbern der Gefallenen Trauer⸗ weiden pflanzen, auf ihren Gräbern den Lorbeerkranz winden, an ihren Gräbern den Oelzweig niederlegen und um ihre Gräber Immergrün flechten. Der Liederkranz trug das „Ehrenvoll ist er gefallen vor, worauf Stadtpfarrer Fischer die Feier mit dem Segen schloß. Abends wurde im dichtgefüllten großen Saale
der Liederhalle von Zöglingen des Stuttgarter Gymnasiums das fünfaktige Schauspiel Colberg“ von P. Heyse zur Aufführung gebracht, welches die heldenmüthige Vertheidigung der Stadt und Festung Colberg im Jahre 1807 zum Gegenstande hat. Der „Mozartverein“ füllte die Zwischenakte mit Musik aus, und der Dirigent desselben hatte eigens eine Introduktion zu dem Schau⸗ spiel komponirt, welche mit einem Lobgesang für die Befreiung schloß. Mit Einbruch der Dunkelheit leuchteten von den Höhen um Stuttgart zahlreiche Freudenfeuer; da und dort belebte die rg nia von Feuerwerk und lebhaftes Schießen das nächt⸗ liche Bild.
Die Residenzstadt Darmstadt prangte zur Feier des Tages von Sedan von dem Rheinthore an bis zu dem fernen „Heiligen Kreuze“, von der Wilhelmstraße bis zu den Angestellten⸗ Wohnungen der Hessischen Ludwigsbahn, von dem äußersten Ost⸗ bis zu dem äußersten Westende, von dem äußersten Süd⸗ bis zu den letzten Wohnungen des Nordendes, in dem Schmuck des frischen Grüns und dreifarbiger oder hessischer Bänder und Wimpel. Vorzüglich schön präfentirten sich auch dieses Mal die engen Straßen der Altstadt, die Ochsengasse, die Schustergasse und die Kirchstraße, wo der in seinem patriotischen Eifer un⸗ erschütterliche alteingesessene Darmstädter Bürgerstand seine Woh⸗ nungen hat. Lange Wimpel verdeckten die oberen Stockwerke der Häuser und Windlichter in den Reichsfarben hingen an den Guirlanden herab, welche die Fichtenbäume verbinden. Darm⸗ stadts Alterthümer, „Grünes Laub“, Viehhof und Hinkelstein, waren in modernen Festschmuck eingehüllt.
Bereits lange bevor sich der Nachmittagsfestzug in Bewegung setzte, erfüllte eine große Menge Einheimischer und Fremder die Straßen und Plätze, waren alle Fenster, an denen der Zug vor⸗ beigehen mußte, dicht besetzt. Zur bestimmten Zeit, um 3 Uhr, begann der Festzug seinen Marsch von dem Platze vor dem Gymnasium aus. Ihn eröffnete eine Abtheilung Turnerfeuer⸗ wehr mit ihren Tambours, welche das nachfolgende Musikeorps, sobald es pausirte, ablösten. Dem Musikeorps folgte das Gym⸗ nastum, voran die Lehrer, dann die Schüler, jede Klasse für sich in trefflicher Marschordnung und von Fahnenträgern und schärpen⸗ tragenden Führern eröffnet. Eine ganz neue Fahne war laut Inschrift von Schülern eigens für die Sedanfeier gestiftet. So⸗ dann die Mädchen⸗ und Knabenschulen, die Schuͤlerinnen zum Theil mit grünen Kränzen im Haar, die Knaben mit Fähnchen in den Händen, sowie die Schüler des Poly⸗ technikums mit ihren Professoren und Lehrern. Sodann erschien die Schuͤtzengesellschaft. Eine ; feuerwehr schloß den langen Zug, der mit seinen reichen Fahnen, den schärpengeschmückten Theilnehmern, den hellgekleideten Mädchen und unterstützt durch den freundlichsten Sonnenschein, ein sehr freundliches Bild darbot. Der Zug bewegte sich durch die Schulstraße, Elisabethenstraße, Neckarstraße und Rheinstraße nach dem Paradeplatz. Hier war am Eingangsthor des Zeughauses eine Rednerbühne aufgeschlagen, um welche sich die Theil nehmer am Zug gruppirten, während die ihn begleitende Menschenmenge den großen Paradeplatz Kopf an Kopf erfüllte. Nach einem Gesangsvortrag bestieg Hr. Reineck die Rednertribüne und hielt die durch einen Gesangsvortrag in zwei Hälften getheilte Fest⸗ rede. Als er mit einem Hoch auf Kaiser und Reich schloß, stimmten die Versammelten unter Fahnenschwenken ein und ließ die Schützengesellschaft eine Ehrensalve ertönen. Nach dem Ab⸗ singen des Liedes: „Deutschland, Deutschland über Alles“ zog der Zug in umgekehrter Ordnung wie er gekommen war, über den Markt und die Ludwigsstraße nach dem Ludwigsplatz, wo er sich auflöste. — Als zweite Hauptfestlichkeit reihte sich an die besprochene der Lampionsfestzug, welcher sich des Abends um 8 Uhr durch die Stadt auf den Louisenplatz bewegte. Das Gros derselben bestand aus der Turngemeinde, der Turner⸗ feuerwehr, den Gesangvereinen, den Metzgern Darmstadts im Metzgercostume, einer höchst originellen Abtheilung, dem Feuer⸗ wehrcorps der hessischen Ludwigsbahn und zahlreichen anderen Theilnehmenden. Drei Musikcorps begleiteten den sehr aus⸗ gedehnten und durch den Glanz von Lampions und Fackeln einen prachtvollen Anblick gewährenden Zug. Auf dem Luisenplatze stellte er sich auf; es folgte die Absingung mehrerer Lieder und eine Ansprache des Festeomité⸗Präsidenten Welcker mit einem Hoch auf Kaiser und Reich, welcher Ansprache der Vortrag der „Wacht am Rhein“ folgte. Das Feuerwerk, welches der festlichen Feier den Abschluß gab, war ein außerordentlich ge⸗ lungenes, und bei dessen letztem Theil, einem glänzenden Kreuz auf der Spitze des Ludwigsmonuments und dem feurigen Regen ausströmenden flammenden „Eisernen Kreuz! am Fuße des Monuments, brach das Publikum in großen Jubel aus. Noch lange wogte es auf den Straßen, welche noch in spätester Abendstunde den sommerlichen Temperaturgrad zeigten, der dem ganzen Tag eigen gewesen war. Mehrere Gebäude, wie der Gasthof zum Darmstädter Hof, auch die „Traube“ und andere hatten zur Feier des Tages am Abend illuminirt. Des Abends fanden sich die an dem Zug betheiligten Vereine und Einzelne im Saalbau und anderen Lokalen ein, wo sie den Tag be⸗
schlossen.
In Gotha zogen nach beendetem Gottesdienst die Schüler und Schülerinnen der Bürgerschulen mit Fahnen und Kränzen festlich geschmückt unter Vorantritt der sämmtlichen Lehrer und Lehrerinnen zum Landes⸗Kriegerdenkmal für die Gefallenen im französischen Kriege, wo sich Tausende von Menschen aus allen Ständen bereits versammelt hatten. Nach dem Absingen des Liedes: „Lobet den Herrn“ gedachte Schuldirektor Dr. 3schäck der Gefallenen des Herzogthums und brachte ein dreimaliges Hoch auf den Deutschen Kaiser aus, in welches das Publikum mit großer Begeisterung einstimmte. Zum Schluß der Feier folgte der Gesang „die Wacht am Rhein“ von den Schulkindern. Die Schülerinnen der höheren Töchterschule waren zum Krieger⸗ denkmal auf dem Friedhofe gezogen. Nach Beendigung der Feier wurden beide Denkmäler mit Lorbeer⸗ und anderen Kränzen reichlich belegt. Die Straßen der Stadt mit sämmtlichen Staats⸗ gebäuden und dem Schlosse Friedenstein waren mit Flaggen ge⸗ ziert. Abends hielt die Schützengesellschaft unter Böllerschüssen und unter dem Zudrange großer Volksmassen einen feierlichen Umzug, welcher in der neuerbauten Halle am Wäldchen endete, nachdem von den Vorstandsmitgliedern patriotische Reden ge⸗ halten worden waren, die mit dem Gesange vaterländischer Lieder der dortigen Gesangvereine abwechselten. Den Schluß bildete ein glänzendes Feuerwerk.
Die Sedanfeier wurde in Sondershausen am Dien⸗ stag mit allen Glocken eingeläutet; mit Einbruch der Nacht leuchteten auf dem Frauenberge und vielen anderen Höhen in der Nähe und in der Ferne Freudenfeuer; um halb neun Uhr durchzog der von dem Kriegervereine veranstaltete Zapfenstreich die Stadt. Am eigentlichen Festtage Morgens 6 Uhr wurde wieder mit allen Glocken geläutet, und die Reveille ging durch die Stadt; um 7 Uhr wurde das Lied: „Nun danket alle Gott“
Abtheilung Turner⸗
vom Thurm der Stadtkirche geblasen. Das Fürstliche Schloß, die öffentlichen Gebäude und viele Privathäuser hatten geflaggt. Sämmtliche Lehranstalten hielten in den geschmückten Klassen⸗ zimmern Festakte. Der stark besuchte Gottesdienst begann um 9 Uhr mit dem Choral: „Lobe den Herrn, o meine Seele.“ Die Bibel ⸗ Lektion vor dem Altar war dem 33. Psalm, V. 8 — 18, entnommen. Die Festpredigt handelte, im Anschluß an das Schriftwort Buch Josua 24, 18 - 4, von der Sedanfeier als einer Bundesfeier zwischen Gott und uns. Zum Schluß des Gottesdienstes wurde das Lied: „Allein Gott in der Höh' sei Ehr“ unter Musikbegleitung gesun⸗ gen; vom Thurm ertönte dazu Glockengeläute, und von dem Franzberge wurden 21 Kanonenschüsse abgegeben. Auch die ifraelitische Gemeinde hielt in ihrem Tempel eine Festfeier. — Den Bürgerschulen hatten die städtischen Behörden am Nach⸗ mittag auf dem Lohplatz ein Festvergnügen bereitet. Zum Abend wurden von dem Turnverein in Verbindung mit den Gesang⸗ und anderen Vereinen im Hotel Münch verschiedene Festlichkeiten veranstaltet.
— Vom Kaiserlichen Zoll- und Steuer⸗Rechnungs⸗Bureau hierselbst ist die provisorische Abrechnung zwischen dem Deutschen Reiche, Oesterreich (wegen der dem deutschen Zollgebiete angeschlossenen Gemeinde Jungholz) und Luxem⸗ burg über die gemeinschaftlichen Sinnahmen an Zöllen, Rübenzuckersteuer, Salzsteuer und Tabaks⸗ steuer für das 1. Halbjahr 1874 ausgestellt worden. Nach derselben belief sich die Solleinnahme der vorgedachten Steuer⸗ zweige einschließlich der Freischreibungen für privative Rechnung der norddeutschen Staaten auf 30,142,911 Thlr.; hiervon gehen an Erhebungs⸗ und Verwaltungskosten und sonstigen Ausgaben 2,356,597 Thlr. ab, so daß sich der zur Theilung zu stellende Reinertag auf 27, 786,3 14 Thlr. beläuft, von welchen 27,630, 245 Thlr. im deutschen Zollgebiete und 156,069 Thlr. in Luxemburg aufgekommen sind. Der Antheil nach dem Verhältniß der Be⸗ völkerung (40,678,111 Köpfe nach der Zählung vom 1. Dezem⸗ ber 1871) berechnet sich für das deutsche Zollgebiet (40, 480,366 Köpfe) auf 27,651,239 Thlr., für die österreichische Gemeinde Jungholz (217 Köpfe) auf 148 Thlr. und für das Großherzog⸗ thum Luxemburg (197,528 Köpfe) auf 134,927 Thlr., so daß also das Letztere von seinen Einnahmen 20,994 Thlr. an das k Zollgebiet und 148 Thlr. nach Oesterreich herauszuzah⸗ len hat.
Bezüglich der einzelnen Abgabenzweige ist zu bemerken, daß die Zölle eine Brutto⸗Einnahme von 17,524,129 Thlr. (1873: 23,369,032 Thlr.) geliefert haben; hiervon ab an Erhebungs⸗ und Verwaltungskosten 1,938, 868 Thlr. (1873: 1,900,899 Thlr.), bleiben zur Theilung 15,585,261 Thlr. (1873: 21,468, 133 Thlr.), von welchen 15,426,035 Thlr. im deutschen Zollgebiete und 159,226 Thlr. in Luxemburg erhoben worden sind. — Der Brutto⸗Ertrag der Rübenzuckersteuer war 7,401,514 Thlr. gegen 5, 847,907 Thlr. in 1873, wovon jedoch an Erhebungs⸗ kosten 326,422 Thlr. (1873: 266,564 Thlr.) abgehen, so daß sich also die Netto⸗Einnahme auf 7,075,092 Thlr. (1873: 5,581,343 Thlr.) stellt. Von diesem Betrage sind im deutschen Zollgebiete 7,085,514 Thlr. zur Erhebung gekommen, wovon jedoch 10,422 Thlr., welche Luxemburg an Herauszahlungen bei der Rübenzuckersteuer geleistet hat, abzurechnen sind. — Die ge⸗ meinschaftliche Solleinnahme an Salzsteuer stellt sich auf 4,935,817 Thlr. (1873: 4,761,782 Thlr.); hiervon ab die Ver⸗ waltungsausgaben mit 41496 Thlr. (1873: 40,736 Thlr.), bleiben zur Theilung 4, 894,321 Thlr. (1873: 4,721, 047 Thlr.) und sind hiervon 4,866,509 Thlr. im deutschen Zollgebiete und 7812 Thlr. in Luxemburg aufgekommen. — Die Tabaks steuer endlich lieferte einen Brutto⸗Ertrag von 281,450 Thlr. (1873: 178,204 Thlr.). Werden hiervon die Erhebungskosten mit 49,810 Thlr. (1873: 30,730 Thlr.) in Abzug gebracht, so er⸗ giebt sich ein Netto⸗Aufkommen von 231,640 Thlr. (1873: . Thlr.), welches allein auf das deutsche Zollgebiet entfällt.
— Das Königliche Justiz⸗Ministerium hat soeben eine Statistik der preußischen Schwurgerichte und der von denselben erkannten Strafen und Freisprechungen für die Jahre 1872 und 1873 veröffentlicht. Wir kommen auf die umfang⸗ reiche eingehende Arbeit demnächst ausführlich zurück; für heut bemerken wir, daß sowohl die Zahl der Untersuchungssachen, als der angeklagten Personen für 1872 und noch mehr für 1873 eine Steigerung gegen 1871 nachweist, daß aber beide Ziffern lange nicht die Höhe erreicht haben, welche sie 1870 und noch mehr 1869 hatten. Untersuchungssachen wurden abgeurtheilt 1873: 4339, 1872: 4211, 1871: 3393, 1870: 4788, 1869: 5709; dieselben betrafen Personen: 1873: 6327, 1872: 6019, 1871: 4751, 1870: 6607, 1869: 8352. Auf die einzelnen Pro⸗ vinzen kommen: Preußen 1873: 725, 1872: 807, 1871: 619; Brandenburg 615 resp. 617, resp. 508; Pommern 236-228 – 156; Posen 414 — 437 — 293; Schlesien 806 - 665— 549; Sachsen 278 - 320 - 269; Schleswig⸗Holstein 89 - 90– 65; Hannover 199 — 164 —179; Westfalen (einschließlich Ostrhein und Hohen⸗ zollernschen Lande) 217 — 300 — 260; Hessen⸗Nassau 178 — 132 — 120 und Rheinprovinz 482 — 451 — 375. Vergleicht man die einzelnen Gattungen der Verbrechen und Vergehen mit ihrer Gesammtzahl, so ergiebt sich unter Berücksichtigung der letzten zwei Jahrzehnte, daß der Prozentsatz der meisten Gattungen von Verbrechen, mit einer gewissen, fast an mathematische Genauig⸗ keit grenzenden Regelmäßigkeit wiederkehrend, in gewissen Zeit⸗ abschnitten ganz derselbe ist; es kommen wohl für einzelne Jahre Ausnahmen vor, auch wirkt der größere Wohlstand oder ein Nothstand auf die Verminderung oder Vermehrung gemwisser Verbrechen, insbesondere derer aus Eigennutz (als: Diebstahl, Raub, Erpressung, Meineid, Münzverbrechen, Urkundenfälschung, Bankerutt) ein, und außerordentliche Unterschiede hinsichtlich des Prozentsatzes der Verbrechen werden je nach der wirthschaftlichen Lage der Provinz, nach dem Bildungsgrade der Bevoͤlkerung, namentlich je nach der Dichtigkeit der Bevölkerung (insbesondere in großen Städten) hervortreten; im großen Ganzen aber wird . ausgesprochene Wahrnehmung als zutreffend sich er⸗ weisen.
— Der General⸗Feldmarschall und General⸗Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs Frhr. von Manteuffel ist wieder auf seine Besitzung in der Neumark abgereist.
6.
— Der General⸗Inspekteur der Artillerie, General der Ka⸗ vallerie von Podbielski, sowie der Oberst und Chef des Generalstabes der Inspektion der Artillerie von Rychel berg sind von ihrer Dienstreise nach Dresden zurückgekehrt, desgleichen der General⸗Major und Direktor des Allgemeinen Kriegs⸗Depar⸗ tements von Voigts⸗Rhetz von den Brüsseler Konferenzen.
— Der General⸗Major von Zedtwitz, bisher Komman⸗ dant von Wittenberg, welcher vor Kurzem zum Kommandanten
von Wesel ernannt worden ist und aus diesem Anlaß zur Ab⸗ stattung persönlicher Meldungen hier eingetroffen war, hat sich nach seiner neuen Garnison Wesel begeben.
— Heute früh rückten sämmtliche Stäbe und Truppen⸗ theile in die resp. Manöver⸗Terrains ab, während Theile der 3. K, bereits gestern Nachmittag Berlin verließen.
— Folgende fremdländische Offiziere sind ferner hier eingetroffen, um den Herbstübungen beizuwohnen: von der fran⸗ zösischen Armee: de Larelause, Colonel des 14. Dragoner⸗Regi⸗ ments d' Arbo, Le Colonel im 82. Infanterie⸗Regiment, Mennier, Capitain im 13. Artillerie⸗Regiment, und Rigodet, Eapitain im 12. Husaren⸗Regiment; von der Königlich dänischen Armee: Oberst von Stricker von der Infanterie, Hauptmann von Hertel von der Artillerie und Rittmeister von Flindt von der Kavallerie.
— S. M. S. „Gazelle“ ist am 4. v. Mts. auf der Rhede von Monrovia zu Anker gegangen. An Bord Alles wohl.
Bayern. München, 1. September. Wie die „Allg. Ztg.“ vernimmt, hat Se. Majestät der König dem für das preußische Heer bereits publizirten Entwurf einer Verordnung über die Ehrengerichte der Offiziere die Allerhöchste Ge⸗ nehmigung ertheilt. Bekanntlich war Bayern in Berlin bei den bezüglichen Berathungen über die Revision der bestehenden Be⸗ stimmungen üher militärische Shrengerichte, um in der deutschen Armee ein gleichmäßiges Verfahren zu erzielen, durch den Kö⸗ glich bayerischen Militärbevollmächtigten, Obersten Fries, ver⸗ reten.
— An die Stelle des Grafen v. Könneritz, welcher um Enthebung von der Stelle als Gesandter Sachsens am Königlich bayerischen Hofe nachsuchte, wird dem Vernehmen desselben Blattes zufolge der General⸗Major v. Fabrice, bisher Ver⸗ treter Sachsens in Brüssel ꝛc., zum Gesandten in München er— nannt werden.
— Dem Staats⸗Ministerium des Innern liegt nunmehr der Entwurf einer neuen Medizinal-Taxordnung nach den Anträgen der Aerztekammern fertig vor. Derselbe wurde durch den Königlichen Ministerial⸗Referenten und Ober⸗Medizinal⸗Rath Dr. Klinger den jüngst zur Plenarsitzung des Ober⸗Medizinal⸗ Ausschusses einberufenen Delegirten statt einer hierzu niederzu— setzenden Kommission zur Berathung unterbreitet und wird die neue Taxe nach erholter Prüfung und Ge⸗ nehmigung von Seite der zuständigen Ministerien mit dem kom— menden Januar in Kraft treten. Bezüglich der in den vorjährigen Aerztekammern ventilirten Frage „über Leichenbeschau und Leichen⸗ beschaugebühren wurden vom Königlichen Staats⸗Ministerium des Innern eingehende Erhebungen in den verschiedenen Kreisen angeordnet, um eine möglichst einheitliche Regulirung der Ge⸗ bühren erzielen zu können.
— Die Bezüge der Königlichen För ster wurden mit Rück⸗ wirkung vom 1. Januar d. J. neu geregelt und zwar vom 1.— 3. Dienstjahre auf 520 Fl., vom 4. — 5. auf 545 Fl., vom 5.10. auf 570 Fl. und für jedes weitere Quinquennium eine Mehrung mit 25 Fl. festgesetzt.
— 4. September. (W. T. B.) Der König hat anläßlich der Sedanfeier aus verschiedenen Landestheilen und auch von auswärts zahlreiche Huldigungstelegramme erhalten.
— Der deutsche Botschafter in Paris, Fürst v. Hohenlohe⸗ Schillings fürst, ist gestern aus Berlin hier eingetroffen und wird heute zu seiner Familie nach Aussee weiterreisen, wo er etwa 4 bis 5 Wochen verweilen wird..
Sachsen. Dresden, 3. September. Der König wird sich morgen früh wieder zu den Manövern nach Großenhain begeben und daselbst übernachten. Am Sonnabend Vormittag wird auch die Königin in Großenhain eintreffen, und gedenken Beide Majestäten sich sodann Nachmittags vom Mansverplatze aus direkt nach Pillnitz zu begeben. — Der Herzog von Sachsen— ö ist gestern Abend 6 Uhr nach Altenburg zurück— gereist.
Baden. Karlsruhe, 3. September. Der Groß⸗ herzog, die Großherzogin, der Erbgroßherzog, die Prinzessin Vietoria und Prinz Ludwig Wilhelm haben am 1. September St. Moritz⸗Bad verlassen und einen Ausflug an die italienischen Seen unternommen, von welchem die Hohen Herrschaften in 10 bis 12 Tagen auf Schloß Mainau eintreffen werden. Dort werden Ihre Königlichen Hoheiten den ganzen September verweilen und dann nach Schloß Baden übersiedeln.
Anfang Oktober wird in Baden⸗Baden dem Besuch Ihrer Majestät der Kaiserin von Oesterreich⸗Ungarn entgegengesehen.
— Die Nr. 38 des Gesetzes⸗ und Verordnungs⸗Blattes vom 31. August d. J. enthält das Gesetz: die Aenderung des Gesetzes
tungs⸗ und Polizeisachen betreffend, vom 21. Juni 1874, nebst , ,,,. Dasselbe tritt am 1. Januar 1875 in Kraft.
Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 2. September. Die Herzogin ist gestern Abend aus Hummelshain hier angekommen.
Schwarzburg⸗Sondershausen. Sondershausen, 1. September. Der Fürst und die Prinzessin Elisabeth erfreuen sich, nach aus Scheveningen hier eingetroffenen Nach⸗ richten, fortdauernd des besten Wohlseins. Die Hohen Herr⸗ schaften gedenken, den ursprünglichen Bestimmungen gemäß, am 19. d. M. hierher zurückzukehren.
Elsaß⸗Lothringen. Metz, 30. August. In der Schluß⸗ sitzung des lothringischen Bezirkstags wurde von den vereinigten Kommissionen ein Antrag vorgetragen und vom Be⸗ zirkstage einstimmig angenommen, wonach die Kommissionen des Bezirkstages der Januar⸗Session des Jahres den Wunsch ausgesprochen: es möge so bald als möglich dem Reichslande Elsaß⸗Lothringen eine staatsrechtliche Organisation zugestanden werden, nach welcher das Gesetz vom 10. Mai 1838 in folgen⸗ der Weise abzuändern wäre:
1) In der Session für 1875 werden in jedem der drei Bezirks⸗ tage von Elsaß-Lothringen zehn Mitglieder gewählt, um die Fragen zu prüfen, welche die drei Bezirke gemeinschaftlich angehen. Die Amtsdauer dieser Mitglieder wird auf drei Jahre festgesetzt. 2) Diese Kommission, welche abwechselnd in Straßburg, Metz und Kolmar zufammentritt, wird durch Kaiserliche Verordnung einbe⸗ rufen. 35 Dieselbe hat, das Steuerkontingent für die verschie⸗ denen Bezirke Elsaß⸗Lothringens zu vertheilen, nach Art. 1 und 2 des Gesetzes vom 10. Mai is38. 4) Die Seitens der Finanzverwaltung über die Einnahmen und Ausgaben der Verwaltung des Reichslandes Elsaß ⸗Lothringen angefertigten Rechnungsauszüge sollen dieser Kom⸗ mission mitgetheilt werden, damit sie die ihr nützlich scheinenden Modi⸗ fikationen der Regierung kund geben kann.
Nach Beendigung der Arbeiten wurde die Session von dem
Bezirks⸗Präsidenten mit folgenden Worten geschlossen:
über die Stempel, Sporteln und Taxen in Cipilstaatsverwal⸗
Meine Herren! In der beim Beginne Ihrer Berathungen ge— haltenen Rete forderte Ihr Präsident Sie auf, die — 2 — ohne Rücksicht auf irgend welche andere Erwägungen zu unterstützen als solche, welche im Interesse des Bezirks begründet sind. Ich din Ihnen Allen aufrichtig dankbar, meine Herren, daß Sie dem Rathe und Beispiele Ihres verehrten Präsidenten überall gefolgt sind. Durch Ihre Hingebung und Ihren unermüdlichen Eifer ist es Ihnen gelun⸗ gen, die zahlreichen und schwierigen Arbeiten, welche Ihnen vorgelegt worden, zu gutem Ende zu führen. Ich danke Ihnen und hoffe, daß die . Beziehungen zwischen dem Bezirkstage und der Verwaltung fortbestehen werden zum Wohle des Bezirks, dem vorzustehen ich mich glücklich schätze.
. Desterreich⸗ Ungarn. Wien, 3. September. (W. T. B.) Die Nachricht, daß der zur Zeit auf Urlaub befindliche Mi— nister⸗Präsident Fürst von Auersperg den Kaiser nach Prag begleiten werde, wird von dem „Telegraphen⸗orrespondenz⸗ Bureau“ als unbegründet bezeichnet, da von einer Unterbre⸗ chung des Urlaubs des Minister⸗Präsidenten niemals die Rede gewesen sei.
Belgien. Brüssel, 3. September. (W. T. B. Der spanische Gesandte, Herzog von Tetuan, hat seine Kreditive dem Minister des Auswaͤrtigen überreicht.
Großbritannien und Iriand. London, 3. Septem⸗ ber. (W. T. B. Der spanische Gesandte Gomyn hat seine Kreditioe im auswärtigen Amte übergeben.
Frankreich. Pgris, 1. September. Gestern Vormittag begab sich der Marschall Mac Mahon mit dem Fürsten von Serbien auf die Jagd im Walde von Marly.
. — Erzbischof Manning ist seit einigen Tagen hier und wird morgen mit den englischen Pilgern nach Pontigny weiter wallfahren.
— Degrier, Major vom 25. Jäger⸗Bataillon, und Meu⸗ nier, Kapitän im 13. Artillerie⸗Regiment, sind vom Kriegs⸗ Minister dazu bestimmt worden, dem Manöver in Hannover beizuwohnen.
— Zu den diesjährigen Herbstmanövern werden die meisten europäischen Staaten militärische Vertreter schicken. Das Programm der von neun Corps vorzunehmenden Manöver ist Folgendes: 1. Corps, Lille, General Clinchant, 4. — 22. Septem⸗ ber, 18 Bataillone Infanterie, 12 Schwadronen Kavallerie, 6 Batterien Artillerie; 2. Corps, Amiens, General Montaudon, 9. = 24. Sept., 15 Bataillone Infanterie, 6 Schwadronen Ka⸗ vallerie, 6 Batterien Artillerie; 4. Corps, Le Mans, General Deligny, 20. Sept. bis 5. Okt., 14 Bataillone Infanterie, 8 Schwadronen Kavallerie, 8 Batterien Artillerie; 6. Corps, Cha⸗ lons, General Douay, 15. 24 Sept., 22 Bataillone Infanterie, 14 Schwadronen Kavallerie, 6 Batterien Artillerie; 7. Corps, Besangon, General Herzog Aumale, 9. — 19. Sept., 21 Bataillone Infanterie, 12 Schwadronen Kavallerie, 9 Batterien Artillerie; 8. Corps, Bourges, General Ducrot, 5. — 11. Sept., 10 Bataillone Infanterie, 2 Schwadronen Kavallerie, 7 Batterien Artillerie; 11. Corps, Nantes, General Lallemant, 1. — 15. Sept., 12 Ba⸗ taillone Infanterie, 4 Schwadronen Kavallerie, 9 Batterien Ar⸗ tillerie; 14. Corps, Lyon, General Bourbaki, 10. —18. Sept., 26 Bataillone Infanterie, 24 Schwadronen Kavallerie, 12 Bat⸗ terien Artillerie; 16. Corps, Montpellier, General Aymard, 26. Okt. bis 7. Nov., 13 Bataillone Infanterie, 5 Schwadronen Kavallerie, 5 Batterien Artillerie.
— Wie das „Journal des Debats“ meldet, hat der Kriegs⸗ Minister de Cissey die Summe von 162,800,000 Fr., die die ihm far die Liquidationsrechnung der verschiedenen aus den Kriegen hervorgegangenen Lasten gestattet wurde, folgender⸗ maßen vertheilt: Eine Summe von 56,779,000 Fr. für die Artillerie, 26,941,000 Fr. für Waffen, 6, 800,000 Fr. für Mi⸗ litär⸗Equipagen und 1,480, 000 Fr. für Geschirr der Artillerie⸗ pferde. Die Befestigungen werden dieses Jahr 39 Millionen benöthigen, die Militärgebäude 16,800, 000 Fr., die Vollendung und Verbesserung der Instruktionslager 500,000 Fr., das Ma⸗ terial des Genie 700,000 Fr., die Umänderung des Materials der Eisenbahnen und der Bahnhöfe 1,300,006 Fr., die Tele⸗ graphen 500, 000 Fr.; 500,000 Fr. werden für Militäar⸗Sub⸗ sistenzmittel, eine ähnliche Summe für Armeespitäler ausgegeben werden und schließlich die Kleidung und das Kampirungs⸗Ma⸗ terial der Truppen eine Ausgabe von 11 Millionen erfordern.
Der Kriegs⸗Minister läßt gegenwärtig alle französischen Festungen inspiziren. General Frossard besichtigt Toul, Mézie—⸗ res, Verdun, Longwy, Montmédy und Vitry; General Doutre⸗ laine Rennes, Cherbourg, Brest und Lorient; General Dubost Paris und Versailles; General Riffault Lyon, Grenoble, Fort Barrault, Embrun, Briangon, Marseille und Toulon; General Cadart Lille, Douai, Cambrai, Bouchain, Valenciennes, Condé, Maubeuge, Landrecies, Dunkirchen, Amiens, Laon, La Fre und Arras; General Chareton Besangon, Langres, Belfort, Chau⸗ mont und Bourges; General Boissonnet Montpellier, Perpignan, Carcassonne und Narbonne; General Dupoust Toulouse, Foix, Montauban, Cahors, Bayonne, Pau, Tarbes, Bordeaux und La Rochelle: General Jovain Tours, Chateauroux, Poitiers, Niort, Angers, Saumur, Limoges, Périgueux, Clermont, St. Etienne und Montlugon; General Blondeau Rouen, Havre, Auxerre, Laval und Orleans, und General Farre Oran, Con⸗ stantine und Algier. Die Berichte dieser verschiedenen Generale werden auf dem Kriegs⸗Ministerium gesammelt, um später dem Comité für die Befestigungen vorgelegt zu werden. Nach seiner Anwesenheit in Toul hat General de Cissey einen Tagesbefehl erlassen, worin er sich sehr lobend über die Garnison ausspricht.
— Der Kapitän Doineau, welcher wegen Mithülfe bei der Entweichung Bazuine's verhaftet, aber am Sonnabend Abend wieder freigelassen worden war, wurde am nämlichen Tage um Mitternacht wieder festgenommen und sofort nach Grasse abgeführt. Der Prozeß gegen die bei der Flucht Bazaine's der Mitschuld Angeklagten kommt nicht vor den Assisenhof der Niederalpen, sondern vor das Zuchtpolizeigericht von Grasse.
— Das Transportschiff „Virginie“ ist gestern mit 227 De⸗ portirten von Brest nach Reu⸗Caledonien abgegangen. Die Zahl der zur Deportation Verurtheilten, welche noch in Frank⸗ reich sind, beträgt 290; 63, darunter das Mitglied der Commune Billioray, sind aber so krank, daß die Aerzte erklärten, sie könnten die Strapazen der Reise nicht ertragen. Das nächste Transport⸗ schiff, das nach Neu⸗Caledonien abgeht, ist der ‚ Calvados“, welches 7I verurtheilte Araber mitnimmt. Die Zahl derer, welche de⸗ portirt werden sollen, beträgt im Ganzen 77; sechs wurden krankheitshalber aber ausgeschlossen, worüber dieselben in 9 Verzweiflung geriethen. Die Araber ziehen Caledonien, wo sie eine Art von Freiheit genießen, dem Gefaͤngniß vor.
— 4. September. (W. T. B.) Das „Journal officiel“ publizirt die Ernennung des seitherigen Gesandten in Bern, Grafen Chaudordy, zum Gesandten Frankreichs bei der
spanischen Regierung.