1874 / 211 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 09 Sep 1874 18:00:01 GMT) scan diff

Herstellung weiterer Eisenbahn⸗Verbindungen zwischen Baden und Elsaß⸗Lothringen, nämlich der Linien Leopoldshöhe St. Ludwig, Müllheim Malhausen, Alt⸗ breisach Colmar.

Der Erste Prãsident des Verbandes der badischen Militãr⸗ Vereine, Hauptmann a. D. Schneider in Karlsruhe, hat eine Einladung an sämmtliche Militãr⸗ Krieger, Landwehr⸗ Reser⸗ visten⸗ und Veteranenvereine im Großherzogthum Baden zur Theilnahme an dem am 27. September 1874 in Farlsruhe statt⸗ findenden J. badischen Kriegerfeste“ erlassen.

Freiburg i. Br., 8. September. (W. T. B.) In der heutigen von 4 - 5000 Personen besuchten Schlußsitzung des Altkatholiken⸗Kongresses sprachen Ober⸗Staatsanwalt Streng, Prof. Meßmer und Bischof Reinkens. Der Ober⸗ Staatsanwalt Streng wandte sich in seiner Rede gegen den den Altkatholiken gemachten Vorwurf, daß sie die von ihnen als nothwendig erkannten Reformen bisher in zu geringem Umfange in Angriff genommen hätten, und hob zu diesem Zwecke die bereits beschlossenen Reformen in Bezug auf die Beichte und die Einführung der Landessprache bei dem Gottesdienst hervor. Bischof Reinkens begann seine Rede mit der Erklärung, daß er in Baden landesherrlich anerkannter Bischof sei. Diese seine Stellung lege allen Behörden des Landes die Pflicht auf, Rücksichten des Anstandes gegen ihn zu nehmen, sowie auch er seinerseits gehalten sei, dieselben zu beob⸗ achten. Der Verwalter des erzbischöflichen Stuhles aber, Herr Lothar v. Kuebel, habe diese Pflichten verletzt, indem er unter dem 19. März d. J., noch dazu unbefugter Weise, ein Hirtenschreiben erlassen habe, das die Altkatholiken und ihn (den Redner) vielfach verleumide. Er beschränke sich darauf, nur eine dieser Verleumdungen, betreffend seine Predigt in Constanz, zurückzuweisen und erkläre zu diesem Zwecke öffentlich vor dieser Versammlung, daß jedes Wort der Angaben, welche Herr Lothar v. Kuebel über dieselbe gemacht habe, eine dreiste Lüge sei. Herr Lothar v. Kuebel habe endlich die christlichen Pflichten verkannt, da er seine unwahren Aeußerungen nicht widerrufen habe. Prof. Schulte tadelte in seiner Schlußrede das Verhalten der deutschen Bischöfe, welche zwar auf dem Konzil gegen das Unfehlbarkeits⸗ dogma protestirt, nach ihrer Rückkehr aber behauptet hätten, daß die Unfehlbarkeit des Papstes ein hergebrachter Glaubenssatz sei. Daher treffe sie der Vorwurf der Charakterlosigkeit. Prof. Schuste schloß die Versammlung mit einem Hoch auf den Kaiser und den Großherzog.

Hessen. Darm stadt, 7. September. (Fr. J.) In dem Gesetzentwurf über die rechtliche Stellung der Kirchen- und Religionsgemeinschaften im Staate ist auch die Be⸗ stimmung enthalten, daß öffentliche Wege und Plätze zu lirchlichen oder religiösen Feierlichkeiten nur mit Zustim⸗ mung der Obrigkeit benutzt werden dürfen. Die Motive be⸗ merken dazu: .

„Es soll durch diese Bestimmung dem Mißverständniß vorgebeugt werden, als ob in dem durch die Art. 1 und 2 gewährten Rechte der öffentlichen Gottesverehrung das Recht enthalten sei, öffentliche Wege und Plätze zu gottesdienstlichen Dandlungen auch dann benutzen zu dürfen, wenn einer solchen Benutzung politische Rücksichten im Wege stehen. Uebrigens ist es nicht die Absicht, die Einholung einer ausdrücklichen polizeilichen Erlaubniß in jedem einzelnen Falle, soweit dieselbe nicht schon nach anderen gesetzlick bestehenden Befstimmungen nöthig ist, vorzuschreiben. Vielmehr kann die Zustim⸗ mung der Obrigkeit, von welcher hier die Rede ist, auch stillschweigend erfolgen, und es wird eine solche stillschweigende Zustimmung insbe⸗ sondere dann der Regel nach vorauszusetzen sein, wenn die Feierlich⸗ keiten, um die es sich handelt, nur einem bisher stets geübten Herkom⸗ men entsprechen.“

Sach sen⸗Meiningen⸗Hildburghausen. Meiningen, 6. September. Der Herzog Bernhard hat mit der Her⸗ zogin Marie die Residenz von Altenstein wieder hierher verlegt.

Sachsen⸗ Altenburg. Altenburg, 5. September. Am 3. d. Mts. starb r im Neustädter Kreise der Wirk⸗ liche Geh. Rath a. D. Hans Conon v. d. Gabelentz. Im Jahre 1848 wurde er als einer der 17 Vertrauensmänner für die sächsischen Fürstenthümer nach Frankfurt entsendet und fun⸗ girte daselbst dann als Bundestagsgejandter bis zur Auflösung der Bundesversammlung im Juni 1848. Im November des⸗ selben Jahres übernahm er die Leitung des Herzoglichen Mini⸗ steriums, bat jedoch schon im August 1849 wiederum um seine Entlassung von diesem Posten, sowie auch mit der veränderten Organisation des weimarischen Landtages seine Amtirung als dortiger Landtagsmarschall sich erledigte. Im Jahre 1850 war er fur Altenburg Mitglied des Erfurter Staatenhauses. Seit dem Jahre 1851 fungirte er außerdem bis 1868 fast ununter⸗ brochen als Präsident der altenburgischen Landschaft, deren Verhandlungen er stets mit Takt und Geschick leitete. Der Verstorbene hat sich auch durch seine orientalischen Sprach⸗ studien Ruf erworben, welche ihn mit den Gelehrten aller Län⸗ der auf diesem Gebiete in Verbindung brachten. Mit Vorliebe bebaute er daneben besonders das Gebiet der Geschichte. Seit 1838 stand v. d. Gabelentz der von ihm hauptsächlich mit begründeten geschichts⸗ und alterthumsforschenden Gesellschaft des Osterlandes vor, deren Mittheilungen“ aus seiner Feder eben⸗ falls eine Reihe der gehaltvollsten Aufsätze enthalten. Eine lange Reihe von Jahren leitete er außerdem als Präsident auch die alljährlichen Generalversammlungen der deutschen Geschichts⸗ und Alterthums vereine.

Neuß. Gera, 5. September. Dem Färstlichen Hofe ist die Trauernachricht zugegangen, daß am 3. d. Prinz Adolph Ludwig Albrecht von Bentheim⸗Tecklenburg⸗Rheda gestorben ist. Der Verewigte war vermählt seit dem J. März 1843 mit Prinzessin Anna Caroline Louise Adelheid Reuß, Schwester des regierenden Fürsten.

Lübeck, 5. September. Die mit Erläuterungsbericht des Finanzdepartements an den Senat vom 31. v. Mis. begleitete Rechnungsablage der Stadtkasse über das Verwal⸗ tungsjahr 1873 bestätigt Dasjenige, was man über den glän⸗ zenden finanziellen Ausfall dieses Jahres schon vor mehreren Monaten gesprächsweise vernahm. Nach dem Voranschlage der Einnahmen mit Ct. Mrk. 1,763,027 und die Ausgaben mit Ct. Mrk. 1,662, 698, stand ein Ueberschuß von Ct. Mrk. 100, 329 in Aussicht. Statt dessen hat bei einer Mehrausgabe von Ct. Mrk. 33 399, die wesentlich in der Aufbesserung der Beamten⸗ gehalte mit Anfang des vorigen Jahres ihren Grund hatte, eine Mehreinnahme von Ct. Mrk. 242,79 stattgefunden, so daß der reine Ueberschuß mit Ct. Mrk. 209,539 mehr als das Doppelte des Voranschlages betrug. Dieser Ueberschuß ist in die Reserve⸗ kasse versirt worden, welche dadurch am Schlusse des Jahres 1873 auf Ct. Mrk. 678, 693 angewachsen war; doch sind auf diese Summen mittlerweile schon wieder Ct. Mrk. 395,593 an⸗ gewiesen worden, so daß gegenwärtig nur noch Ct. Mrk. 280, 100

verfügbar bleiben, über welche zum Zwecke größerer Bauten, namentlich Hafenbauten, voraussichtlich bis Schluß dieses Jahres ebenfalls disponirt sein wird.

Oesterreich⸗Ungarn. Prag, 8. September. Der Kaiser wird am 12. d. M., Nachmittags, mit Separatzug der Nordwestbahn die Rückreise hierher antreten und in Wien um 107 Uhr Nachts eintreffen.

Der Minister⸗Präsident Fürst Adolf Auersperg begiebt sich morgen, am 8. d. M., zu einer Hofjagd nach Aspern an der Donau.

6. September. Der Erzherzog Kronprinz Rudolf wird am Sonnabend von Zschl in Schönbrunn erwartet. Der Erzherzog Karl Ferdinand ist von Gmunden in Wien ein⸗ geiroffen.

Die russische Deputation, welche den Manövern bei Brandeis beiwohnen wird, ist bereits hier eingetroffen, und zwar der General⸗Adjutant Sr. Majestät des Kaisers Alexander, General⸗Lieutenant von Minkwitz, der Kommandant der dritten Garde⸗Artillerie⸗Brigade General Ovander, der Regiments⸗Kom⸗ mandant V. v. Krylor, der Oberst im Generalstab Prinz Ca⸗ tacuzéne und der Kommandant des Garde⸗Husaren⸗Regiments von Grodno, General à la suite Graf von Balmann.

Prag, 8. September. (W. T. B.) Die Reise des Kaisers hierher war von ununterbrochenen Ovationen der Be⸗ völkerung begleitet, die hiefige Stadt hat sich vorwiegend mit Flaggen und Fahnen in den Reichsfarben geschmückt. Die gestern Abend stattgehabte Illumination der Stadt war sehr glänzend. An der großen Hoftafel nahmen beide Fürsten Schwarzenberg, Fürst Lippe, viele Mitglieder des böhmischen Landesadels und andere Notabiltäten Theil.

Heute Vormittag hat der Kaiser die Geistlichkeit unter Füh⸗ rung des Kardinal⸗Erzbischofs Fürsten von Schwarzenberg, fer⸗ ner den Adel, die Militarbehörden, sowie den Landesausschuß unter Führung des Fürsten Karl v. Auersperg empfangen. Sodann fand der Empfang des Bürgermeisters Hulesch und der Mitglieder der Stadtvertretung, des Statthalters und der übri⸗ gen Behörden statt. Um 12 Uhr begannen die Privataudienzen. Der Kaiser wird bereits morgen früh um 3 Uhr nach Brandeis abreisen.

9. September. (W. T. B.) Die Adreßdeputation des Prager Stadtraths ist gestern, unter Führung von Zeithammer, vom Kaiser empfangen und hat demselben die be⸗ kannte Adresse überreicht. Letzterer beschränkte sich darauf, der De⸗ putation zu erwidern, daß er den ihm dargebrachten Ausdruck der Loyalität mit Dank entgegengenommen habe und daß er an dem Emporblühen der Stadt Prag das lebhafteste Interesse nehme. Die Deputationen der Städte Leitomischl, Policka, Sobotka, welche eine ähnliche, aber das böhmische Staatsrecht stärker be⸗ tonende Adresse zu überreichen beabsichtigten, wurden vom Kaiser nicht empfangen. Gestern Nachmittag besuchte der Kaiser das hier abgehaltene Festschießen, wohnte darauf einer ihm zu Ehren

veranstalteten Regatta bei, und besichtigte mehrere öffentliche Um 6 Uhr fand das Diner statt, zu dem 70 Per⸗

Institute. sonen Einladungen erhalten hatten. Abends wohnte der Kaiser der Vorstellung im deutschen Landestheater bei, wo er vom Publikum mit den stürmischsten Ovationen empfangen wurde. Die Erzherzoge Albrecht, Wilhelm und Rainer sind gestern hier eingetroffen.

Heute Morgen ist der Kaiser Franz Joseph zu den Manö⸗ vern nach Brandeis abgereist, wo auch der König von Sach⸗ sen bereits angekommen ist.

Pe st, 5. September. Der Kommunikations⸗Minister Zich y begiebt sich Montag früh in Angelegenheit des rumänischen Sisenbahnanschlusses nach Wien.

Agram, 5. September. Der Landtag ist in der Spezial⸗ debatte über den Volksschulgesetzentwurf bis §. 85 gelangt, welche größtentheils nach den Ausschußanträgen angenommen wurden. Sämmtliche Amendements bis auf jenes Dr. Spuns, der die zeitweilige Befreiung vom Schulbesuche exzeptionell be⸗ antragt, wurden abgelehnt. Die Spezial debatte wird Montag fortgesetzt werden.

Schweiz. Genf, 3. September. Das „In stitut für internationales Recht“ hat den „Entwurf des Reglements für die internationalen Schiedsgerichte“, dessen erste Redaktion aus der Feder des Dr. Goldschmidt in Leipzig ist, bereits zu Ende berathen. Dasselbe hat mannichfaltige Veränderungen erfahren. Dem Institute liegen noch zwei Arbeiten zur Be⸗ rathung vor, die eine von Prof. Bluntschli „Ueber die drei Re⸗ geln von Washington“, die andere von Commandeur Maneini und Prof. Asser „Ueber die Wünschbarkeit, gewisse Hauptbestim⸗ mungen des internationalen Privatrechtes für alle Staaten in der Form einer oder mehrerer internationaler Verträge obli⸗ gatorisch zu machen.“

Die sogenannten Drei Regeln von Washington“, welche anläßlich des Vertrags zwischen den Vereinigten Staaten und England, den Alabamakonflikt durch ein Schiedsgericht ent⸗ scheiden zu lassen, aufgestellt worden sind, bestinmen, daß ein neutraler Staat verpflichtet ist:

I) Unter Anwendung schuldiger Eile (4ue diligence) im Gebiete seiner Jurisdiktion die Ausrüstung und Bemannung eines Schiffes zu verhindern, von dem man annehmen kann, daß es als Kreazer oder Kriegeschiff verwendet werden soll; nicht zu erlauben, daß eire kriegführende Macht sich seiner Häfen oder Gewässer als Basis für ihre Schiffsoperationen bediene, oder um ihr Kriegsmaterial zu erneuern und zu vermehren, und endlich 3) seine Häfen und Gewässer wie alle unter seiner Jurisdiktion stehenden Personen streng zu überwachen, damit keine Ber⸗ letzung dieser Verpflichtungen stattfinde. Ueber die zweite Traktande erstattete Prof. Bluntschli aus Heidelberg Bericht. Derselbe resu⸗ mirte seine Ansicht wie folgt: 1) die drei Regeln des Vertrages von Washington führen in das internationale Recht keinen neuen Grund- satz ein. Sie sind nur die klare Anwendung des anerkannten juristi⸗ schen n , daß der neutrale Staat, welcher wünscht, mit den kriegführenden Mächten in Frieden zu leben und die Rechte der Neu⸗ tralität zu genießen, auch die Pflicht hat, in keiner Weise am Kriege theilzunehmen, indem er einer der kriegführenden Mächte oder beiden zugleich militärische Hülfe leistet, . darüber zu wachen, daß sein Gebiet von andern Personen zur Theilnahme am Kriege nicht gemißbraucht werde. ) Die Verletzung dieser Pflicht des neutralen Staates darf nicht auf bloßer Muthmaßung beruhen; sei es, daß man dem neutralen Staate eine feindliche Absicht (40lus) oder nur Nachlässigkeit (culpa) vorwirft, so muß sie, wenn sie nicht eingestanden wird oder notorisch ift, bewiesen werden. 3) Die durch eine Verletzung der Pflichten der Neutralitat beeinträchtigte Macht hat nur in ernsten Fällen und während der Dauer des Krieges das Recht, die Neutralität als auf- gegeben zu betrachten und * gegen den seilher neutralen Staat mit den Waffen zu vertheidigen. In weniger ernsten Fällen und nach beendigtem Kriege gehören jolche Streitigkeiten vor das Forum des Schiedsgerichtes. 4 Das Schiedsgericht urtheilt er bono et aeduo über die Entschädigung, welche der neutrale Staat in Folge seiner Verantwortlichkeit dem beeinträchtigten Staate zu leisten hat.

Jedenfalls werden diese zwei Thema die Aufmerksamkeit der Mitglieder des Instituts, welche sich sämmtlich an der Diskussion sehr lebhaft betheiligen, noch für mehrere Tage in Anspruch neh⸗ men. Aus diesem Grunde werden von jetzt an täglich zwei Sitzungen stattfinden, Vormittags 8! und Nachmittags 2 Uhr. Professor Bluntschli ist in Genf gestern von Brüssel angekom⸗ men, laut Vernehmen mit dem Baron v. Jomini, dem Präsi⸗ denten des so eben beendigten Brüsseler Kongresses, welcher sich nach Vevey zu dem dort weilenden russischen Reichskanzler, Für⸗ sten Gortschakoff, begeben hat.

5. September. Heute hat das „Institut für internatio⸗ nales Recht“ seine Sitzungen geschlossen. Die Mitglieder wur⸗ den von seinem Präsidenten, Commandeur Mancini, mit einer warmen Ansprache entlassen. Ueber das Resultat seiner letzten Berathungen verlautet noch nichts Näheres. Laut Vernehmen ist eines seiner Mitglieder, Hr. de Laveleye, mit der Ausarbei⸗ tung eines authentischen Resumes seiner sämmtlichen Arbeiten während seines letzten Beisammenseins beauftragt. Als nächst⸗ jähriger Versammlungsort ist vom Institut La Haye auser⸗ sehen worden.

Niederlande. Haag, 6 September. Der König hat durch Beschluß vom 2. d. M. den bisherigen päpstlichen Inter⸗ nuntius am niederländischen Hofe, Msgr. Bianchi, zum Ritter⸗ großkreuz des Ordens des niederländischen Löwen ernannt.

Der Prinz Alexander, des Königs jüngerer Sohn, welcher gegenwärtig in St. Petersburg zum Besuche am russfi⸗ schen Hofe weilt, ist von dem Kaiser von Rußland bei Gelegen⸗ heit seines Geburtstages (25. August) zum Obersten des russi⸗ schen Regiments König Wilhelm III. der Niederlande“ ernannt worden. Der Prinz Heinrich, Statthalter von Luxemburg, hat gestern den Haag verlassen, um eine Reise nach Deutschland zu unternehmen.

Gutem Vernehmen nach hat General⸗Lieutenant van Swieten durch telegraphische Depesche nach dem Haag gemel⸗ det, er werde am 9. d. M. in Marseille eintreffen. Außer dem bisherigen Kolonien⸗Minister Fransen van de Putte hat sich auch der frühere Minister Geert sema bereits nach Marseille be⸗ geben, um van Swieten dort zu erwarten.

Der Gemeinderath von Amsterdam hat in einer seiner jüngsten Sitzungen die in seiner Sitzung vom 27. August be⸗ gonnene Berathung des bürgermeisterlichen Antrages auf Kon⸗ trahirung eines neuen Anlehens im Belaufe von 17 Mill. Gulden, welche auf die Ausführung einer Reihe von Bau⸗Unter⸗ nehmungen verwendet werden sollen, zum Abschlusse gebracht. Ueber die verschiedenen Posten, auf welche sich diese Summe ver⸗ theilt, hatten die eingehendsten Verhandlungen statt, besonders über die vorgestern zur Erörterung gekommenen, nach welchem von diesem Anlehen ein Betrag von 1,800,000 Gulden dem in der Bildung begriffenen „Amsterdamer Vereine für Errichtung von Arbeiter⸗Wohnungen“ zur Verfügung gestellt werden soll, und zwar unter denselben Bedingungen, welche die Stadt bezüglich der Verzinsung und Amortisation des Anlehens zu erfüllen haben wird, gegen eine Garantieleistung im Belaufe von 500, 000 Gulden, die der Verein in 211 proz. inländischen Staatsobligationen bestellen würde. Die Mehrheit der Jinanz⸗ Kommission des Gemeinderathes hatte sich gegen, die Minoritaͤt für Bewilligung des zu dem angegebenen Zwecke verlangten Unterstützungskredites erklärt. Der Gemeinderath hat, wie die übrigen, auch diesen Posten des bürgermeisterlichen Antrages ge⸗ nehmigt. Er sprach sich mit 16 gegen 14 Stimmen für die Ge⸗ währung des Unterstüͤtzungskredites aus, ebenso dafür, daß dem betreffenden Vereine das erforderliche Terrain, auf welchem er 1200 Arbeiter ⸗Wohnungen unter Kontrole städtischer Beamten herzustellen sich verpflichtet, von der Gemeinde unentgeltlich zur Benutzung gegeben werden soll. Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Kellerwohnungen durch gesunde Wohn⸗ räume zu ersetzen.

Frankreich. Paris, 7. September. Neuesten Bestim⸗ mungen zufolge wird der Marschall Marc Mahon, der heute bei Eorbeil auf der Jagd ist, am nächsten Freitag aus den Hän⸗ den des spanischen Gesandten, Marquis Vega de Armijo,

dessen Beglaubigungsschreiben entgegennehmen, an demselben

Tage nach Lille abreisen, dort den Sonnabend verbringen, Sonn⸗ tag und Montag den Manövern im Lager von Bethune bei⸗ wohnen, Dienstag Arras besuchen und des Abends wieder in Paris eintreffen.

Heute begannen in Marseille die kriegsgericht⸗ lichen Verhandlungen gegen die der Theilnahme an den dortigen revolutionären Vorgängen von 1870 —71 angeklagten Individuen. Das erste derselben, Sasini, ist, wie man soeben telegraphisch meldet, zu fünfjähriger Zwangsarbeit und Stellung unter Polizeiaufsicht auf ebenfalls fünf Jahre verurtheilt worden.

8. September. (W. T. B.) Der Kriegs⸗Minister hat dem Kommandanten der Pyrenäen⸗Division, General Pourcet, den Befehl zugehen lassen, die Ueberwachung der Py⸗ renäen⸗Grenze und der Bidassoa⸗Linie mit größter Strenge zu handhaben.

Die hier verbreitete Nachricht von dem Tode Guizots ist unbegründet.

Spanien. Madrid, 8. September. (W. T. B.) Die amtliche ‚„Gaceta“ meldet, daß dem General Laserna der Oberbefehl über die Nordarmee übertragen ist. Unter ihm werden Ceballos im Centrum und Loma auf dem linken Flügel ein Kommando führen.

Die „Iberia“ versichert, daß die Einberufung der Cortes nicht in Rede stehe.

Santander, 8. September. (W. T. B.) Carlistische Banden haben am vergangenen Sonntag auf einen Eisen⸗ bahnzug geschossen, auf welchem sich nach einem bei ihnen verbreiteten Gerüchte die Gesandten von Deutschland und Oester⸗ reich befinden sollten. Der Maschinist und der Heizer dieses Zuges wurden getödtet.

Italien. Rom, 4. September. Nach der Italia“ hat gestern der Ministerrath definitiv die Auflösung der Kam⸗ mer und die Vornahme von Neu wahlen beschlossen. Das 1 wird dem Vernehmen nach Mitte November eröffnet werden.

Das die Börsengeschäfte betreffende Gesetz soll am 1. Januar künftigen Jahres in Kraft treten.

Nach der am 23. Juli zu Rom ausgegebenen Nummer der Zeitschrift L Italia militares* ist nunmehr der 3. Theil der Istruzioni per la mohilitazione e la formazione di guerra del esercito erschienen. Dieser Theil enthält, dem „Mil.⸗Wochenbl.“ zufolge, die allgemeinen Normen, welche bei einer Mobilmachung des italienischen Heeres zu beachten sind, und namentlich die ver⸗ schiedenen Operationen, welche die Truppen und einzelnen Branchen der Verwaltung durchzumachen haben, um von dem Friedens⸗ auf den Kriegsfuß zu gelangen. Nach diesen Normen

. sollen alle Militãr⸗ Behörden spezielle Entwürfe aufstellen, welche alle Einzelheiten für den Fall einer Mobilmachung vorsehen, damit beim Eintritt dieses Falles sich der Uebergang vom w auf den Kriegsfuß mit Ordnung und Schnelligkeit voll ziehe.

In Bologna, Venedig, Catanzaro haben einige weitere Verhaftungen stattgefunden. Die „Gazetta dell Emilia“ berichtet unterm 29. August aus Bologna: Noch jeden Abend durchstreifen Kavallerie und Infanteriepatrouillen die Umgegend der Stadt, um die öffentliche Ruhe und Sicherheit aufrecht zu erhalten, und ebenso werden die Thore San Ma⸗ molo und San Michele besetzt erhalten. Auch die Forts und Pulvermagazine sind mit doppelten Posten besetzt. Und wir glauben, daß das Militar⸗Kommando von Bologna seine guten Gründe hat, sich so auf der Hut zu erhalten. Uebrigens ist man hier aus früheren Vorgängen schon daran gewöhnt.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 6. Sep⸗ tember. Der Kaiser, in Begleitung des regierenden Groß⸗ herzogs und des Erbgroßherzogs von Mecklenburg⸗ Schwerin und des Prinzen Alezander der Niederlande, sowie gefolgt von einer zahlreichen und glänzenden Suite, begab sich, wie die „Mosk. Ztg.“ meldet, am 3. d. M., Morgens um 10 Uhr, vom Palais in Petrowskoje auf das Manöverfeld von Chodynskoje, wo alle in Moskau und Umgegend liegenden Truppen in Front standen. Begrüßt durch begeisterte Zurufe des Volks, das an den Eingängen zum Palais wie auf dem Paradeplatz in gedrängten . stand, ritt Se. Majestät die Truppenfront im Schritt ab und ließ dann zweimal defiliren. Bei Beginn der Revue traf die Großherzogin von Meck⸗ lenburg⸗Schwerin nebst Gefolge in Chodynskoje ein und verweilte dort bis zum Schluß der Revue. Abends war die Hauptstadt illuminirt und dichte Volkshaufen drängten sich in den Straßen, welche den Kaiser überall mit weithin schallenden Hurrahs begrüßten.

8. September. (W. T. B.) Der Kaiser von Ruß⸗ land ist heute Morgen in Nieolajeff angekommen.

Dänemark. Kopenhagen, 3. September. Unterm 1. d. M. ist vom Fin an z⸗Ministerium folgende Bekannt⸗ machung erlassen worden, wodurch die Bestimmungen des Münzgesetzes hinsichtlich der Einführung der neuen Rechnungs⸗ einheit in Erinnerung gebracht wird:

„Da die durch das Gesetz vom 23. Mai 1873 für die dänische Monarchie festgeftellte e,, , ,. die Krone“, eingetheilt in 100 Oere, mit Bezug auf die Allerhöchste Resolution Sr. Majestät des Königs vom 25. Mai d. J. am 1. Januar 1875 eingeführt wer den soll, hat das Finanz Ministerium es für richtig gehalten schon jetzt daran zu erinnern, daß demzufolge vom 1. Januar 1875 an alle Zahlungsverpflichtungen in Kronenmünze lauten müssen. Von dem⸗ selben Datum an soll desgleichen die Krone als Rechnungseinheit in allen Rechnungen und Ausfertigungen des Staates der Nationalbank und der Kommunen angewandt werden; dieser Verpflichtung ist eben⸗ falls jedes Institut oder jede Gesellschaft, welche von der Regierung konzessionirt ist oder zufolge Gesetz oder Bewilligung Stempel⸗ beguünstigung genießt, unterworfen. Uebertretungen werden mit Geld⸗ strafen voa 16-200 Kronen bestraft.“ .

Die „Berl. Tid.“ enthält heute einen „Offenen Brief“ des Königs, wodurch der Reichstag auf den 5. Oktober ein⸗ berufen wird.

Nr. 18 des Central⸗Blatts der Abgaben⸗,Gewerbe⸗ und Handels⸗-Getetzgebung und Verwaltung in den Kö— niglich Preußischen Staaten“ hat folgenden Inhalt: Ver⸗ fügung des Königlichen Finanz-Ministeriums, die Verhütung der miß— bräuchlichen Extrahirung von Begleitscheinen II. betreffend, vom 8. Juli

1874 Cirkular Verfügung des Königlichen Finanz Ministeriums, die Einftellung der Erhebung des Zeitungs⸗ und Kalenderstempels be⸗ treffend, vom 26. Mai 1874.

Die Nr. 18 der Hydrographischen Mittheilungen, herausgegeben von dem Hydrographischen Bureau der Kaiserlichen Admiralitãt, vom 5. September, hat folgenden Inhalt: Die Kerguelen ˖ und Mac Donald⸗ (Heard⸗) Inseln nach den neuesten Forschungen von S. M. S. . Arcona“ und J B. M. S. . Challenger '. Be- schreibung und Ansegelung der Sudküste von Island. Segelanwei⸗ jung für die Häfen von Casilda und Tunas an der Südküste von Cuba, nebst Beschreibung und Lage der Bank Pickle. Beschreibung der Insel Palmyra und Nachforschung nach mehreren Inseln und Untiefen im Nördlichen Stillen Ocean. Navigirung durch die . . Passagen im Rothen Meere. Kleinere hydrographische

otizen.

Statistische Nachrichten.

Der permanente Ausschuß des internationalen statistischen Kongresses in Stockholm hat in der Sitzung am 29. August über einen von Keleti (Ungarn) und Engel (Preußen) gestellten Vorschlag, betreffend die Aufnahme einer Frage in das Programm für den nächsten allgemeinen statiftischen Kongreß, nämlich die Frage wegen Anwendung der Statistik als Unterrichtsfach in den Schulen, verhandelt. Nach einer lebhaften Diskussion zwischen Engel, Hardeck Baden), Neßmann (Hamburg) und Kummer (Schweig) über die besten Mittel zur Durchführung der Sache, beschloß die Versamm⸗ lung, einstimmig den Wunsch auszusprechen, daß ein leicht verständ⸗ liches, kurzgefaßtes Handbuch über die elementären Grundsäne der Statistik zur Benutzung in den Volksschulen ausgearbeitet und dem in Buda⸗Pest demnächst zusammentretenden Kongreß vorgelegt werden möge. Am 3. September machten Mitglieder der Kommission, 52 an der Zahl, einen Ausflug nach Upsala.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Berlin, 9. September. Im Königlichen Opernhause findet morgen das der Genossenschaft deutscher Bühnen- Angehöriger von Sr. Majestät dem Kaiser und König Aller. gnädigst bewilligte Beneñzz statt. Zur Aufführung gelangt Mozarts Don Juan mit den ersten Kräften der Königlichen Dyer in den Haupt⸗ rollen. Die Genossenschaft deutscher Bühnenangeböriger hat die Fort= entwickelung des deutschen Theaters, sowie die Sicherung und Hebung der geistigen und materiellen Interessen der deutschen Bühnenangehöri⸗= gen zum Zwecke und gewährt den Mitgliedern nach den Bestimmungen des Statuts eine Penfion, um ihnen ein sorgenfreies Alter zu sichern.

Der „St. A. f. Württemberg“ vom 8. d. M theilt Folgen⸗ des mit: ‚Um an die glorreiche Zeit des Jahres 1870/71᷑ und den ruhmvollen Antheil der württembergischen Truppen in dem deutsch⸗ französischen Kriege eine bleibende Erinnerung zu stiften, haben Se. Königliche Majestät genehmigt, daß für die Königliche Staats⸗Ge⸗ mäldegalerie ein großes Gemälde gefertigt werde, wofür als Ge. genftand die Schlacht von Eh ampigny hestimmt wurde. Mit der Ausführung dieses Bildes ist der frühere Rittmeister, Hr. Otto von Faber du Faur, welcher seit einigen Jahren sich ganz der Kunst widmet, und von dessen Hand wir dahier in neuerer Zeit wie⸗ derholt sehr tüchtige Kunstwerke gesehen haben, beauftragt worden Derfelbe wird zunächst an Ort und Stelle die erforderlichen Terrain- und sonstigen Studien machen.“

Die Mitglieder der 5 sterreichischen Nordpol⸗ Expedition sind am gestrigen Tage in Tromsoe eingetroffen.

In den Tagen vom 14 bis 2. Auguft wurde in Kiew der unter dem Protektorate des Großfürsten Constantin stehende periodische Kongreß russischer Alterthum sforscher abge—⸗ halten, an dem sich über 300 Gelehrte, darunter zahlreiche Delegirte

aus verschiedenen der russischen Herrschaft nicht untergebenen slawischen

Ländern betheiligten.

Verkehrs⸗Anstalten. Am 10. d. M findet die polizeiliche Abnahme der Strecke Wattenscheid⸗Bochum der Rheinischen Eisenhahn statt, und wird dieselbe bald darauf eröffnet werden. Damit erhalten wieder

verschiedene Zechen und Etablissements Anschluß an die Rheinische Bahn. Die Linie Troigdors⸗Speldorf jsoll Ende November cr. dem öffentlichen Verkehr übergeben werden. Dieselbe wird den rechts- rheinischen Verkehr nach den nassauischen Stationen und Frankfurt am Main um ein Bedeutendes abkürzen und so von wesentlichem Ein ˖ fluß auf die Tarifirung sein.

Leizig, 7. September. Am gestrigen Sonntag hat, vom schönsten Wetter begünstigt, die Eröffnung der Leipzig-⸗Gasch⸗ witz ⸗Meuselwitzer Eisenbahn stattgefunden.

Zu Ende Auguft war der große Gotthardtunnel auf der Nordseite bei Göschenen auf 1162 Meter vorgerückt, im ge⸗ nannten Monat also um 120, auf der Südseite bei Airolo auf 114838, also ca. 66,6 im August. Im Ganzen sind demnach auf bei⸗ den Seiten 22943 Meter gebohrt.

London, 8. September. (W. T. B.) Die vier alten trans—

atlantischen Kabel sind durch einen heftigen Orkan, welcher gestern auf Neufundland herrschte, beschädigt worden. Die tele graphische Verbindung zwischen hier und New -Nork ist voll stãn dig unterbrochen. Balentia, 8. September. (. T. B) Die Legung des fünften transatlantischen Kabels ist heute früh um 1 Uhr glücklich vollendet worden. Die angeftellten Verfuche haben die voll⸗ ständige Leitungsfähigkeit desselben ergeben.

Aus dem Wolff'schen Telegraphen⸗Büreau.

Petersburg, Mittwoch, 9. September. Kaiser Alexander hat sich gestern in Nicol ajeff nach Jalta eingeschifft; die Kaiserin ist bereits vorgestern in Livadia eingetroffen.

Stockholm, Mittwoch, 9. September. Der König hat an den Führer der österreichischen Nordpol⸗Expedition, Payer, durch den österreichischen Konsul in Christiania telegraphisch die Ein⸗ ladung gelangen lassen, ihn in Stockholm zu besuchen.

Königliche Schauspiele.

Donnerstag, den 10. September. Opernhaus. Zum Besten der Genossenschaft deutscher Bühnen⸗Angehöriger. Don Juan. Oper in 2 Abtheilungen mit Tanz von Mozart. Donna Elvira: Frl. Brand. Donna Anna: Fr. v. Voggenhuber. Zerline: Frl. Lehmann. Don Juan: Hr. Betz. Der Comthur: Hr. y Leporello: Hr. Salomon. Anfang halb 7 Uhr. Hohe Preise.

Wegen andauernder Heiserkeit des Hrn. Niemann kann die angekündigte Vorstellung: Die Hugenotten, nicht stattfinden.

Sämmtliche freie Entrees (mit alleiniger Ausnahme derer für die Presse) sind ungültig, dagegen werden den Besitzern von Dienst⸗ und Freiplätzen die betreffenden Billets gegen Zahlung bis Vormittags 12 Uhr an der Kasse reservirt. Die permanent reservirten Billets haben für diese Vorstellung Gültigkeit.

Schauspielhaus. (168. Vorstellung) Die Bekennitnisse. Lustspiel in 3 Akten von Bauernfeld. Vorher: Badekuren. Lust⸗ enen 1Akt von G. zu Puttlitz. Anfang 7 Uhr. Mittel⸗

reise.

Freitag, den 11. September. Opernhaus. (165. Vorstel⸗ lung.) Flick und Flock. Komisches Zauber⸗Ballet in 3 Akten und 6 Bildern von P. Taglioni. Mußsik von Hertel. Anfang 7 Uhr.

Mittel⸗Preise.

Schauspielhaus. (169. Vorstellung Das Glas Wasser, oder: Ursachen und Wirkungen. Lustspiel in 5 Abtheilungen von Scribe. Anfang 7 Uhr. Mittelpreise.

Die in den Königlichen Theatern gefundenen Gegenstände können von den Eigenthümern innerhalb 4 Wochen bei den Hauspolizei⸗Inspekloren Schewe (Opernhaus) und Hoff⸗ mei ster (Schauspielhaus) in Empfang genommen werden. Erfolgt die Zurückforderung der betreffenden Sachen in der angegebenen Frist nicht, so werden dieselben den Findern ohne Weiteres ausgehändigt.

Die Posthandbächer.

Es ist eine alte, in der täglichen Praxis sich immer wieder erneuernde Erfahrung, daß, obwohl die für den dienstlichen Ge⸗ brauch der Postanstalten bestimmten offiziellen Sammlungen der gesetzlichen und reglementarischen Bestimmungen und der Tarife für den Postverkehr auch an Privatpersonen käuflich abgelassen werden und allen hierin eintretenden wichtigeren Veränderungen durch Veröffentlichung in der Tagespresse die weiteste Verbreitung gegeben wird, das mit den Postanstalten verkehrende Publikum dennoch weder mit den Vorschriften der Postgesetze und den reglementarischen Bestimmungen für die Benutzung der Post⸗ anlagen, noch mit den Tarifen, oder selbst den für einzelne Orte bestehenden besonderen Einrichtungen genügend bekannt ist. Aus dieser mangelhaften Kenntniß entstehen bei dem in alle Lebens⸗ beziehungen so tief eingreifenden Einflusse des Verkehrsinstituts der Post, außer sonstigen erheblichen Nachtheilen, welche das Publikum allein tragen muß, auch für den Pestbetrieb selbst zahlreiche Unzuträglichkeiten und Erschwernisse, welche, in ihren Anfängen scheinbar unwesentlich und auf enge Grenzen beschraͤnkt, bei der innigen Wechselwirkung der verschiedenen Zweige des großen Organismus doch auf weite Kreise einwirken und selbst bis zu solchen Punkten hin sich erstrecken, die zu der ursprüng⸗ lichen Ursache anscheinend in gar keiner Beziehung stehen.

Die möglichste Beseitigung oder doch Milderung des er⸗ wähnten Uebelstandes läßt sich naturgemäß nur dadurch erreichen, daß das Publikum mehr als bisher darauf hingeführt wird, sich die Kenntniß der postalischen Vorschriften, Tarife ꝛc. anzueignen. Als das beste Mittel hierfür empfiehlt sich die Herausgabe von kleineren Kompendien, Posthandbuͤchern ꝛc, welche aus der Fülle des weitschichtigen Materials das für den täglichen Gebrauch Wissenswerthe aussondern und es in verständlicher, knapper, alles mühsame Aufsuchen ausschließender Form dem Publikum darbieten, so daß dasselbe diesem auch für einen billigen Preis zu erlangenden Wegweser für den Postverkehr, als einem sicheren Führer, sich gern anvertraut.

Von diesem Gesichtspunkte aus hatte die Postverwaltung schon früher auf die Wichtigkeit solcher, für einzelne größere Orte oder bestimmt abgegrenzte Distrikte berechneten Werke und Ver⸗ öffentlichungen hingewiesen und zur Herausgabe derselben an⸗ geregt. Diese Anregung hat an manchen Orten fruchtbar ge⸗ wirkt, allein bisher noch nicht in dem für die Erreichung des Zweckes wünschenswerthen Umfange, sei es, daß Verleger und Bearbeiter sich durch die Befürchtung ungünstiger finanzieller Ergebnisse von der Herausgabe ähnlicher Werke hatten abschrecken lassen, sei es, daß nicht überall die zur Lösung der Aufgabe ge⸗ eigneten Kräfte vorhanden waren.

Das Beispiel des Auslandes lehrt aber, daß derartige Ver⸗ öffentlichungen, wenn sie in geschickter Art veranstaltet werden, sich durchaus günstigen Erfolges zu erfreuen haben. Hauptbedin⸗

ungen dafür sind: Beschränkung auf den Rahmen lokaler Ver⸗ en sne, gedrãngte, übersichtliche Gruppirung des Inhalts, und ein billiger Preis. Werke, welche diesen Anforderungen ent⸗ sprechen, wie z. B. die „Local Post Guides? von Liverpool, Manchester, Birmingham 2c. (welche namentlich die für das

Publikum sehr werthvollen Angaben über die lokalen Schluß⸗ zeiten für die Hauptposten in großer Vollständigkeit enthalten); ferner le Guide officielNõ und - kPIndicatenr? für Belgien, so⸗ wie die „Postgids voor het Koningrijk der Nederlanden- rc. werden in regelmäßig, zum Theil in schneller Folge wiederkehren⸗ den Auflagen abgesetzt, wozu neben der zweckmäßigen Anordnung des Inhalts namentlich die Billigkeit des Preises (bei den guides 1Penny, bei den anderen Werken 30 Centimen und 20 - 59 Cents) beiträgt; sie sind dem Publikum in jenen Ländern nach und nach für den Verkehr mit der Post unentbehrlich geworden.

Wenn nun auch neuerdings in Deutschland, namentlich nach dem Inkrafttreten der neuen Packetportotare, ein Anfang zum Bessern insofern hervorgetreten ist, als mehrere Handbücher, Tarife ꝛc. erschienen sind, welche sich die Aufgabe gestellt haben, dem Publikum die Anwendung des neuen Packettarifs zu er⸗ leichtern, so sind dies doch nur vereinzelte Versuche, und noch heute fehlt es selbst an größeren Handelsplätzen und wichtigeren Verkehrspunkten, wie Breslau, Bremen, Carlsruhe, Danzig, Hannover, Lübeck, Posen, Stettin ꝛc. an solchen Hülfsmitteln, welche dem mit der Post verkehrenden Publikum als zuwverlässige Rathgeber für die wichtigsten postalischen Bestimmungen zu dienen geeignet sind. 9. .

Wie dringend denn auch jenes Bedürfniß im Geschäftsleben sich fühlbar macht, und wie dankbar jedes Handbuch, welches diesem Bedürfnisse entgegenzukommen sucht, vom Publikum aufgenom⸗ men wird, ergiebt sich aus vielfachen, den Gegenstand betreffen⸗ den Anfragen bei den Postbehörden. Die Befürchtung, daß auf guten Absatz solcher Werke nicht zu rechnen sei, kann als zu⸗ treffend nicht anerkannt werden; denn die Erfahrung hat das Gegentheil gezeigt. Der im Auftrage der Kaiserlichen Ober⸗ Postdirektion zu Straßburg herausgegebene „Elsässer Posttarif⸗ z. B. ist im Elsaß in 11,000 Exemplaren verbreitet worden und erfüllt dort eine, auch in nationaler Hinficht wichtige Aufgabe, indem er die mit deutschen Einrichtungen nicht vertrauten Be⸗ wohner des Elsaß mit den Vortheilen bekannt macht, welche der umfassende Wirkungskreis der deutschen Post für das Ver⸗ kehrsleben bietet.

Da es von Interesse sein dürfte, den gegenwär⸗ tigen Stand der Posthandbuch⸗ Literatur zu ubersehen, so sind die bisher erschienenen Werke in der nachfolgenden, nach Ober⸗Postdirektions⸗Bezirken geordneten Uebersicht für das Gebiet der Reichs⸗Postverwaltung zusammengestellt worden. Da⸗ bei ist von solchen Werken abgesehen, welche vorwiegend das Courswesen, Eisenbahnfahrpläne ꝛc. berücksichtigen; auch ist nicht besonders derjenigen Packettarife (amtlicher Aushänge) gedacht worden, welche bei einer großen Anzahl von Postanstalten neuer⸗ dings im Druck erschienen sind. Die Veröffentlichung des nach⸗ folgenden Materials möchte aber insofern auch von praktischem Nützen sein, als sie zur Vergleichung der thatsächlichen Verhält⸗ nisse in den verschiedenen Theilen Deutschlands auffordert und vielleicht hier und da die Erwägung anregt, in wieweit die Her⸗ ausgabe ahnlicher, dem Interesse des Publikums, wie dem der Postverwaltung gleichmäßig förderlicher Handbücher einem wirklich vorhandenen Bedürfnisse abhelfen könnte.

Ober⸗Postdirektions⸗Bezirke:

Berlin: I) Postbuch für das korrespondirende Publikum in Berlin. Bearbeitet nach amtlichen Materialien. Berlin. Verlag der König⸗ lichen Geheimen Ober Hofbuchdruckerei (R. v. Decker). Preis 10 Sgr. 2) Postblatt (erscheint am 15. jedes Monats als Beilage zum Deut⸗ schen Reichs⸗ und Königlich Preußischen Staats -Anzeiger).

Braunschweig: I) Porto⸗Tarife des Deutschen Reiches über Brief und Fahrpost⸗Sendungen für Helmstedt, Schöningen, Offleben und Frellstedt nebst Umgegend. Vom Postdirektor Bode in Helm⸗ stedt. Preis 5 Sgr. Y) Winke für das korrespondirende Publikum. Ofterode am Harz. Vom Postsekretär Bethge. Preis 2 Gr.

Breslau: Tabellen zur Berechnung des Portos für gewöhnliche Packete und für Sendungen mit Werthangabe nach Orten im Deut- schen Reichs⸗Postgebiet, in Bayern und Württemberg, sowie zur Be—⸗ rechnung des Ueberfrachtportos für Passagiergepäck. Aufgestellt von Sommer, Postsekretär in Glatz. Preis 17 Sgr.

Cassel: Handbuch über die neue Portotaxe für Packet⸗ und Werthsendungen im Posverkehr des Deutschen Reichs, enthaltend eine Uebersicht der wichtigsten Versendungsbedingungen für Fahrpost⸗ sendungen, ausgerechnete Portotabellen, ein Ortsverzeichniß mit An gabe der Zonen ꝛc. für Cassel (Helsa und Oberkaufungen). Vom Postdirektor Schmitt. Cassel. Preis 10 Sgr.

Coblenz: Post⸗Handbuch für das korrespondirende Publikum, mit besonderer Berücksichtigung der lokalen Posteinrichtungen in Coblenz, Bendorf, Ehrenbreitstein, Engers, Horchheim, Neuendorf und Vallendar. Vom Postsekretär Mayer in Coblenz. Coblenz. 1874. Krabbensche Buchdruckerei. Preis 6 Sgr.

Cöln: 1) Die Post in Cöln. Leitfaden für das Publikum im Verkehre mit den Kaiserlichen Postanstalten in Cöln. Vom Post⸗ kassirer, Postinspektor Leister in Cõln. Preis 19 Sgr. 2) Fahrpoft⸗ Portotarẽ für Aachen und Umgegend. Aachen Bahnhof, Burtscheidt, Grevenberg, Haaren, Kohlscheidt, Rothe Erde. Vom Postsekretär Cornelius in Aachen. Preis 79 Sgr. 3) Porto⸗Tarif für Cöln und Umgegend, Deutz, Brauweiler, Ehrenfeld, Gr. Königsdorf, Lengerich, Nippes, Poulheim und Stommeln. Vom Postinspektor Hering und Postsekretär Bachmann in Cöln. Peeis 10 Sgr.

Cöslin: Post⸗Handbuch, enthaltend den Posttarif und reglemen⸗ tarische Bestimmungen über Versendungsbedingungen; lokale Vor⸗ schriften über Schluß. und Bestellzeiten nebst Ortschafts⸗Verzeichniß der Kreise Stolp, Schlawe, Lauenburg, Bütow ꝛc. für die Korrespon- denten Stolpz und Umgegend. Vom Postsekretär F. Fuhrmann. Stolp 1874. Preis 5 Sgr.

Constanz: Post⸗Handbuch für Lahr und Dinglingen, sowie für Friesenheim, Kürzell, Kippenheim. Kappel und Grafenhausen bei Drschweier. 2. Auflage. Lahr 1874 (Vom Postpraktikanten Peust). Preis 18 Kreuzer.

Danzig: Anleitung zum Gebrauch des neuen Tarifs zur Be—⸗ rechnung der Beträge an Porto bezw. an Versicherungsgebühr für . Briefe mit Werthangabe und Vorschußbriefe, sowie an Per= onengeld und Ueberfrachtporto für n,, 2c. für die Bestell⸗ bezirke der Postanstalten in Danzig, Löblau. Ohra, Praust und Schidlitz. anzig. A. W. Kafemann. Vom Ober⸗Postsekretär Schück in Danzig). Preis 3 Sgr.

Dresden: Am Postschalter. Wegweiser für den Verkehr mit der Deutschen Reichspost. Jährlich 6 Nummern. Preis 160 Ngr. Verlag von O. Kubel in Dresden.

Düsseldorf: 1) Post⸗Handbuch für den Verkehr innerhalb des Deutschen Reichs, sowie für den Wechselverkehr zwischen dem Deut⸗