1874 / 217 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 16 Sep 1874 18:00:01 GMT) scan diff

Aichtamtliches. Deuntsche s Re s ich.

Preußen. Berlin, 16. September. Die große Parade, welche Se. Majestät der Kaiser und König am Montag über das X. Armer⸗Corps auf dem Kronsberge bei Hannover abhielten, wurde von Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Albrecht kommandirt. Die Ordre de Bataille“ zu derselben war folgende:

Kommandirender General: General⸗Lieutenant Albrecht Prinz von Preußen, Königliche Hoheit; Chef des Generalstabes: Oberst Graf von Waldersee, Flügel⸗Adjutant Sr. Majestãt des Kaisers und Königs.

IJ. Treffen: Gen. Lieut. v. Strubberg. 37. Infanterie⸗Bri⸗ gade: Gen. Maj. v. Colomb. 3. Garde⸗Regt z. F.: Oberst v. Thile. Oldenburg. Inf. Regt. Nr. 91: Oberst v. Hagen. Ostfries. Inf. Regt. Nr. I8: Oberst v Caprivi. 38. Infanterie⸗ Brigade: Gen. Maj. v. Eberhardt. Hann. Füs. Regt. Nr. I3: Oberst v. Loebell. J. Hann. Inf. Regt. Nr. 4: Oberst v. Wunsch. 39. Infanterie⸗Brigade: Gen. Maj. v. Massow. 3. Hann. Inf. Regt. Nr. 79: Oberst v. Baumeister. 2. Hess. Inf. Regt. Nr. 82: Oberst v. Hildebrand. 40. Infanterie⸗Brigade: General⸗Major v. Zeuner. 4. Magdeburg. Inf. Regt. Nr. 67: Oberst v. Olszewsti. 2. Hann. Inf. Regt. Nr. I7: Oberst v. Plehwe. Hann. Jäger⸗Bat. Nr. 10: Maj. v. Bülow. Hann. Pionier- Bat. Nr. 10: Maj. Golz.

II. Treffen: Gen. Lieut. v. Voigts⸗Rhetz. 19. Kavallerie⸗ Brigade: General⸗Major v. Alvensleben. Oldenburg. Drag. Reg‘. Nr. 19: Oberst⸗Lieut. v. Grodzki. 2. Hannov. Ulanen⸗ Regt. Nr. 14: Oberst⸗Lieut. v. Wolffersdorff. 29. Kavallerie⸗ Brigade: Oberst v. Kleist. 2. Hannoversches Dragon. Regt. Nr. 16: Oberst v. Waldow. Braunschweigisches Hus. Regt. Nr. 17: Oberst v. Rauch. 1. Hannov. Ulanen⸗Regt. Nr. 13: Major v. Rosenberg. Artillerie und Train: General⸗Major Frhr. v. D. Becke. 1. Hannoversches Feld⸗Artillerie⸗ Regiment Nr. 10: Oberst⸗Lieut. Graf Seyssel d'Alix. 2. Hannonersches Feld⸗Artillerie⸗Kegiment Nr. 26: Oberst Müller. Hannoversches Train⸗Bataillon Nr. 10: Oberst⸗Lieutenant v. Berge und herrendorff. .

Das Militär⸗Reitinstitut. Die Kriegsschule.

Bei der nach Beendigung der Parade erfolgenden Rückkehr Sr. Majestät des Kaisers und Königs in die Stadt wurden Allerhöchstdenselben Seitens der Bevölkerung dieselben be⸗ geisterten Ovationen dargebracht, wie dies bereits Morgens bei der Hinfahrt geschehen war.

An der Nachmittags 5 Uhr im Königlichen Residenzschlosse stattfindenden großen Galatafel nahmen außer den Fürstlichen Gästen die fremdherrlichen Offiziere, die Generalität, die Stabs⸗ Offiziere, höheren Beamten, Geistliche ꝛc., überhaupt etwa 300 Per⸗ sonen Theil. .

Der bereits gestern mitgetheilte Toast, welchen Se. Maje stät der Kaiser und König bei dem Diner auf das Wohl des X. Armee⸗Corps ausbrachten, wurde von Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Albrecht mit folgender Rede erwidert:

Ew. Majestät haben mir Allergnädigst gestattet, Ew. Majestät im Namen des Corps und in dem meinen unseren unterthänigsten Dank für die gnädigen Worte zu Füßen zu legen, die wir soeben ver⸗ nommen, sowie für diejenigen, welche Ew. Majestät schon heute Mor⸗ gen nach der Parade an uns gerichtet haben. Sie sind tief in unser Herz eingeprägt und werden uns ein Sporn sein, auch ferner Ew. Majestät Zufriedenheit zu erlangen. Gestatten mir Ew. Majestät, daran zu erinnern, daß Allerhöchstdieselben schon vor vier Jahren beab⸗ sichtigten, das X. Corps zu sehen, aber das Corps hatte andere, ernstere Aufgaben zu erfüllen, und wie es dieselben erfüllt hat, wissen Ew. Maßjestät. Seine Regimenter haben gezeigt, daß sie wissen, für Ew. Majestät zu kämpfen, zu siegen, zu sterben, daß sie bis zum letzten Athemzuge Ew. Majestät und dem Vaterlande treu sind. Vor

vier Jahren war das Corps noch ein anderes, als dasjenige, welches

Ew. Majestät heute gesehen und bis Ew. Majestät nach dem Kriege zu befehlen geruhten, daß die hannoverschen Regimenter, welche sich im Kriege sowohl im X. Corps als in anderen Verbänden tapfer ge⸗ schlagen, in ihre Heimath zurückkehren sollten. An die Spitze dieses X. Corps haben Ew. Majestät mich gestellt, und es ist ihm gelun⸗ gen, heute die Zufriedenheit Ew. Majestät zu erlangen. Meine Her⸗ ren vom X. Corps, in Ihrem und in meinem Namen spreche ich es aus, daß wir, zum jetzigen X. Corps vereint, Sr. Majestät tien sein wollen, wie es alle Regimenter gewesen sind. Dies zu bekräftigen, fordere ich Sie auf, mit einzustimmen in den Ruf: Sr. Majestät dem Kaiser, unserem Allergnädigsten König und Kriegsherrn, Hurrah!“

Abends wohnten Se. Majestät der Kaiser und König der Vorstellung im Königlichen Theater bei. Se. Majestät würdig zu empfangen, waren die Damen besonders in den ersten Logen⸗ reihen in reicher Toilette erschienen. Als Se. Majestät gegen 8 Uhr die Königliche Mittelloge betraten, begrüßte Allerhöchst⸗ dieselben das gesammte Publikum ehrerbietig durch Erhebung von den Sitzen. Se. Majestät verneigten Sich huldvoll nach allen Seiten und ließen Sich dann zwischen Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kronprinzessin und Ihrer König⸗ lichen Hoheit der Prinzessin Albrecht nieder. Se. Kaiserliche und Köͤnigliche Hoheit der Kronprinz und Se. Königliche Hoheit der Prinz Albrecht nahmen die beiden übrigen Plätze der ersten Reihe ein. Gleich nach Ankunft der Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften begann die Vorstellung. Diese wurde eingeleitet durch die Ouvertüre zu der Oper Leonore“ von L. v. Beetho⸗ ven; es folgte: Die Frau im Hause“, Lustspiel in 3 Akten von A. P. Den Schluß machte ein Ballet⸗Divertissement.

Nach dem ersten Akt des Lustspiels verließen Se. Majestät die Mittelloge und , dem Rest der Vorstellung im Kreise der übrigen fürstlichen Personen in der Loge Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Albrecht bei.

Gestern Vormittag fand bei Bemerode Corps⸗Manõver und Nachmittags Familien⸗Diner im Königlichen Refidenzschlosse, Abends großer Zapfenstreich und nach demselben Soirée im Residenzschlosse statt.

Zhre Majestät die Kaiserin⸗Königin empfing in Baden Se. Großherzogliche Hoheit den Prinzen Alexander von Hessen und war in einem Concert zum Besten der Obdachlosen in Meiningen anwesend.

Der Ausschuß des Bundesraths für Elsaß⸗Lothringen trat heute zu einer Sitzung zusammen.

Der all gemeine Postkongreß ist gestern durch den Chef des schweizerischen Postdepartements, Bundesrath Borel, eröffnet worden. Der Kongreß wählte Srn. Borel zum Präsi⸗ denten und genehmigte die für die Berathungen schweizerischerseits vorgelegte Geschäftsordnung. Für die Vorberathung des Entwurfs

zu dem von der Regierung des Deutschen Reichs beantragten internationalen Postvertrage wurde eine aus den Ver⸗ tretern Deutschlands, Desterreichs, Belgiens, Aegnptens, Italiens, Portugals, Rußlands, Schwedens und der Schweiz bestehende Kommission gewählt.

In letzter Zeit sind zahlreiche und begründete Beschwer⸗ den über mannichfache Ungehörigkeiten und Ausschreitungen bei Abhaltung kirchlicher Prozessionen, Wallfahrten und Bittgänge zur Kenniniß des Ministers der geistlichen 26 Ange⸗ legenheiten und des Ministers des Innern gelangt. Es ist Klage geführt worden über Hemmungen des Straßenverkehrs, über Belästigungen des Publikums, über Insulten und selbst Gewalt⸗ thätigkeiten gegen Vorübergehende von Seiten der Theilnehmer derartiger Aufzüge und über Exzesse anderer Art, welche dabei vorgefallen. Die Minister haben hieraus Veranlassung genom⸗ men, den Polizeibehörden in folgendem Cirkularerlaß vom 26. v. M. zur dringenden Pflicht zu machen, Uebelständen der be⸗ regten Art mit allen in den Gesetzen gewährten Mitteln vorzu⸗ beugen:

3 kommt hierbei hauptsächlich das , ,. vom 11. März 1850 in Betracht. Dasselbe fteht einem energischen Einschreiten gegen Mißbräuche und Uebergriffe der erwähnten Art keineswegs entgegen. Denn wenn auch nach §. 10 dieses Gesetzes herkömmlich kirchliche Prozessionen, Wallfahrten ꝛc. frei sein sollen von dem Erfordernisse vorgängiger polizeilicher Genehmigung, fo ist doch diese Bestimmung nur in der Voraussetzung getroffen worden, daß von jolchen Aufzügen eben, weil sie hergebrachtermaßen zugelassen worden sind, für die õf⸗ fentliche Sicherheit und Ordnung nichts zu befürchten sei, auch alle dem Verkehre schuldige Rücksichten dabei beachtet werden würden.

Wo diese Voraussetzung nicht zutreffen sollte, wird dies in den meisten Fällen seinen Grund darin haben, daß die Grenzen des Hergebrachten überschrit en worden sind oder daß Ubbergriffe statt⸗ gefunden haben, für welche durch das gedachte Gesetz in keiner Weise ein Privilegium ertheilt werden sollte. Es wird alsg nur darauf ankommen, das Gesetz richtig zu handhaben. In dieser Beziehung bemerken wir Folgendes: .

1) Es ist mit Strenge darauf zu halten, daß ohne vorgängige schriftliche Genebmigung der Ortspolizeibehörde nur solche kirchliche Projessionen, Wallfahrten und Bittgänge, auf öffentlichen Straßen und Plätzen zugelaffen werden, welche zweifellos hergebracht sind, und nur, soweit sie sich nach Zeit, Ort, Form und Bedeutung genau in nerhalb der hergebrachten Grenzen bewegen. Ueberschreitung dieser letzteren sind gemäß §. 17 des Vereinsgesetzes zur Bestrafung zu brin⸗ gen, und Prozessionen 24, welche ohne Genehmigung die hergebrach⸗ ien Grenzen in einer der vorgedachten Beziehungen verlassen, sind zu inhibiren. ; .

2) Die Genehmigung zu solchen Prozessionen 2c, welche nicht zu den hergebrachten gehören, oder welche in einer andern, als der herge⸗ brachten Art beabsichtigt sind, wird von den Ortspolizeibehörden ge⸗ mäß 5§§ 9, 101. C. bei eigener Verantwortung nur dann er—⸗ theilt werden dürfen, wenn davon eine Gefahr für die öffent⸗ liche Sicherheit und Ordnung in keiner Hinsicht zu befürchten ist. Ein solche Gefahr wird bei Wallfahrten auf längeren Strecken, welche ein Uebernachten erfordern, stet s, bei anderen sowie hei Pro⸗ zessionen und Bittgängen, sobals die Betheiligung größerer Menschen⸗ mengen daran zu erwarten fleht, im Hinblicke auf die erfahrungs- mäßig bei derartigen Gelegenheiten vielfach vorkommenden und schwer zu vermeidenden Üngehörigkeiten in der Regel als vorhanden an usehen sein. Wird aber im einzelnen Falle die Genehmigung ertheilt, f sind dabei die Vorschreften des dritten Absatzes des § 9. des Ver- einsgesetzez genau zu beachten. Für kirchliche Aufzüge, welche sich durch mehrere Polizeibezirke hindurch bewegen sollen, bedarf es der vorgängigen Genehmigung der Ortgpolizeibehörden eines jeden dieser Bezirke.

zh, C ist nicht zu dulden, Daß durch kirchliche Aufzüge, auch

wenn sie hergebracht sind, der Straßenverkehr ungebührlich beschränkt

oder gar abgeschnitten werde. -

Nicht nur ist die Errichtung von Altären auf öffentlichen Straßen und Plätzen nur an solchen Stellen zu gestatten, wo sie nachweislich her⸗ gebracht ist, sondern es sind auch die sonst erforderlichen Anordnungen ge⸗ eigneten Falles durch Erlaß bezüglicher Polizeiverordnungen zu dem Zwecke zu treffen, daß nicht durch besondere, wenn auch an sich er⸗ laubte Benutzungsakte, wie durch hergebrachte Prozessionen ꝛc, die Ausübung des allgemeinen Rechtes auf Benutzung der öffentlichen Straßen und Plätze verhindert oder sonst Jemandem, namentlich Andersgläubigen, in der freien Ausübung gesetzlicher Befugnisse, sowie z. B. des eigenen Gottesdienstes, zu nahe getreten werde, .

4 Die Prozessionen bilden einen Bestandtheil des Gottesdienstes derjenigen Kirche, von welcher sie ihren Ausgang nehmen. Als Unter nehmer im Sinne des 8. 9 des Vereinsgesetzes wird daher derjenige Geistliche anzusehen sein, welchem die Direktion des Gottesdienstes in der betreffenden Kirche obliegt, d. i. bei Pfarrkirchen der Pfarrer. Derjenige Geistliche, dem die Abhaltung einer Prozession, sei es auf Grund feines Amtes, oder auf Grund eines Auftrages des Pfarrers, obliegt, wird der Regel nach als Leiter derselben anzusehen jein; welche Personen außerdem als Leiter oder Ordner gemän 5§. 17 des Ver- einsgesetzes verantwortlich sind, ist nach den konkreten Verhältnissen zu beuriheilen. Prozessionen, welche kis dahin herkömmlich unter Leitung eines Geiftlichen stattgefunden haben, sind nicht zu dulden, wenn dieselben der Leitung eines solchen entbehren; letzteres ist auch anzunehmen, wenn ein staatlich nicht anerkannter Geiftlicher die Lei⸗ tung übernehmen sollte. Ein solcher Geistlicher würde sich über dies nach §. B des Gesetzes vom 11. Mai 1873 über die Vorbildung und Änstellung von Geistlichen strafbar machen. . .

5) Wenngleich eine gewisse Rücküchtnahme auf den xreligiösen Charakter der kirchlichen Prozessionen, Wallfahrten ꝛc. von Seiten der nicht daran theilnehmenden, auch der andersgläubigen Bevölkerung als schicklich bezeichnet und erwartet werden darf, so ist doch . Zwang in dieser Richtung unstatthaft. Gegen Belästigungen, Nöthigungen, wie z. B. zur Entblößung des Hauptes beim Vorüberziehen einer Pro⸗ zession oder gegen andere Ungebuͤhrlichkeiten und Exzesse von Seiten der Theilnehmer einer Prozession ꝛc. haken die Polizeibehörden und Be— amten dem Publikum ihren vollen Schutz zu gewähren. Derartige Ausschreitungen sind unter keinen Umständen zu dulden und sind etwaige Excedenten sofort in Haft und zur Bestrafung zu bringen.

6) Endlich machen wir noch auf folgenden Gegenstand auf⸗ merksam: ; .

Es ist mehrfach vorgekommen, daß durch Prozessionen, Wallfahr⸗ ten und Bittgänge ansteckende Krankheiten verbreitet worden sind. Wir weisen zur Vermeidung solcher Vorkommnisse darauf hin, daß die Anordnung von polizeilichen Maßregeln, welche darauf berechnet sind, der Weiterverbreitung lebensgefährlicher Epidemien vorzubeugen, in den Kreis derjenigen Gegenstände der Sorge für Leben und Ge⸗ sundheit fällt, über welche nach §. 6 Üit. f. des Gesetzes über die Po— lizeiverwaltung vom 11. März 1850 resp. der Verordnung vom 20. Sey⸗ tember 1867 für die neuen Landestheile polizeiliche Vorschriften mit Strafandrohung zulässig sind. Es wird daher, wenn eine lebensgefähr⸗ liche Epidemie in einem Bezirke oder in dessen Nachbarschaft im In oder Auslande ausgebrochen ist, ebenso zulässig als geboten sein, nicht allein nach §5. 13 des Regulativs vom 5. August 1835 (G. S. S. 240) alle ungewöhnlichen Anhäufungen von Menschen an bereits infizirten Orten, sondern nach Analogie dieser Vorschrift auch unge⸗ wöhnliche Anhäufungen und Massen von Menschen, welche aus in⸗ fizirten Gegenden kommen oder solche Gegenden passirt haben, auch wenn sie sich nach einem nicht infizirten Orte begeben wollen, inner⸗ halb des Bezirkes zu untersagen. Unter dieses Verbot werden dann auch hergebrachte und deshalb einer besonderen Genehmigung nicht bedürfende kirchliche Prozessionen, Bittgänge und Wallfahrten aus drücklich zu subsumiren sein. -

Der 5. 10 des mehrerwähnten Vereinsgesetzes steht einem solchen Verbote nicht entgegen, da jenes Gesetz das Vereins- und Versamm⸗ lungerecht lediglich vom Standpunkte der gesetzlichen Freiheit und

Ordnung regelt, dagegen die Frage unberührt läßt, inwiefern Ver⸗ sammlungen aus sanitätspolizeilichen Gründen, die auf das Vereins · gesetz und Verfammlungsrecht als solches keinen Bezug haben, inhibirt werden dürfen. .

Die Königliche Regierungwolle hiernach verfahren und den Ihr untergeordneten Polizeibehörden und Beamten von dem Inhalte dieser Verfugung zur Rachachtung Kenntniß geben, auch mit Strenge dar⸗ über wachen, addanach fortan überall verfahren werde.

Der General⸗Feldmarschall Graf von Wrangel ist von Warmbrunn hier wieder eingetroffen.

Der General⸗Major von Salviati, à la suite der Armee und Commandeur der 26. Kavallerie⸗Brigade (1. Königlich Württembergischen), ist mit Urlaub von Stuttgart hier einge⸗ troffen.

Der nordamerikanische Gesandte am hiesigen Hofe, Bancroft Davis, welcher sich am Sonnabend von hier nach Dresden begeben hatte, ist vorgestern Abend von dort wieder nach Berlin zurückgekehrt.

Der Kaiserlich russische Finanz⸗Minister, von Reutern, ist heute früh nach Riga abgereist.

Der Kaiserlich russische General und Chef des General⸗ stabs, Fürst Imeretie, ist aus Warschau hier eingetroffen und im Hotel Royal abgestiegen.

S. M. Brigg „Rover“ ist am 14. d. Mts. in Kiel eingetroffen.

Breslau, 15. September. Der hiesige Zweigverein des Allgemeinen deutschen Arbeitervereins ist durch das Königliche Stadtgericht definitiv geschlossen worden.

annover, 15. September. Se. Königliche Hoheit der Großherzog von Mecklenburg⸗Schwerin ist gestern Nachmittag von hier nach Mecklenburg abgereist.

Bonn, 15. September. (W. T. B.) Die Unionskon⸗ ferenzen von Vertretern aller christlichen Konfes⸗ sionen sind gestern hier unter dem Vorfitze Döllingers eröffnet worden. Die Berathungen wurden heute fortgesetzt. Die Zahl der Theilnehmer beträgt über 40. Unter denselben befinden sich berühmte Theologen aus Deutschland, Dänemark, Fra hkreich, England, Rußland, Griechenland und Nordamerika; auch meh⸗ rere Bischöfe find anwesend. Die Verhandlungen mit den Angli⸗ kanern und Amerikanern wurden in englischer Sprache, die mit den Orientalen in deutscher Sprache geführt. Das Resultat ist bei beiden ein sehr günstiges. Höchst bedeutsam war ein län⸗ gerer Vortrag Döllingers über das Verhältniß der abendländi⸗ schen zur morgenländischen Kirche. Bemerkenswerth war ferner, daß Döllinger und Bischof Reinkens sich für die Gültigkeit der Bischofs⸗ und Priesterweihe der anglikanischen Kirche aus⸗ sprachen.

Die „Köln. Ztg.“ nennt unter den Theilnehmern: aus Deutschlan? Bischof Reinkens, die Bonner altkatholischen Pro⸗ fessoren, Prof. Lutterbeck von Gießen, die Bonner eyvangelischen Theologen J. P. Lange und Krafft, Militärpfarrer v. Gerlach aus Frankfurt a. M.; aus Dänemark die evangelischen Pfarrer Schöler und Bloch; aus Frankreich der Abbe Michaud; aus Rußland Oberpriester Janyschew und den Oberst v. Kirejew, Th. v. Sukhatin aus Mostau und Propst Tatschalowm aus Wiesbaden; aus England den Bischof Harold Browne von Winchester, Dechant Dr. Howson von Chester, Pro⸗ fessor Mayor von Cambridge, Dr. Liddon von London, Carmichael Talbot von Oxford, Plummer von Durham und mehrere Andere; aus Griechenland Prof. Rossis von Athen; endlich aus Nordamerika den Bischof von Pittsburg, die Herren Hartman, Chauncy, Langdon und Nevin (amerikanischer Geist⸗ licher in Bom). Prof. Rensch bewillkommnete die Versammlung, hob hervor, daß die Berathungen keinen offiziellen Charakter hätten für das, was die Einzelnen sagten, also nur diese selbst, nicht die Kirchen oder Korporationen, denen sie angehörten, ver⸗ antwortlich seien, und schlug dann den Reichsrath v. Döllinger als Vorsitzenden vor. Nachdem dieser Vorschlag allgemeine Zu⸗ stimmung gefunden, sprach Döllinger über den Zweck der Ver⸗ sammlung im Allgemeinen zuerst in deutscher, dann in englischer Sprache.

Bayern. München, 14. September. Prinz Luit⸗ pold kehrt morgen Abend von den Manövern der 2. Division, welche mit dem morgigen Tage in der Nähe von Harburg zum Abschluß selangen, und denen der Prinz in seiner Eigenschaft als General⸗Inspecteur der Armee beigewohnt hat, hierher zu⸗ rück. Mit dem morgigen Tage gelangen hierdurch die dies⸗ nn größeren Herb stwaffenübungen in Bayern zum Abschluß.

9 Der Königliche Kriegs-Minister, General⸗Lieutenant Freiherr von Prankh, welcher sich vorige Woche nach der Pfalz begab, um einigen Manövern der dort vereinten Truppen beizuwohnen, ist gestern Morgen hierher zurückgekehrt und hat sich heute wieder auf seine Besitzung bei Salzburg begeben.

Der „Allg. Ztg.“ wird unter dem 13. d. telegraphisch gemeldet: Unter dem Vorsitze des Hrn. Staats⸗Ministers v. Pfeufer hat im Ministerium des Innern gestern eine mehrstündige Be⸗ rathung über den Entwurf des Bankgesetzes für das Deutsche Reich stattgefunden, und zu derselben waren auch einige Mit⸗ glieder des Direktoriums der Bayerischen Hypotheken⸗ und Wechselbank beigezogen. Einige Bestimmungen des Entwurfs sollen, da die Ansichten getheilt waren, wie wir hören, besonders eingehende Debatten veranlaßt haben. Dem Vernehmen nach ist zur vollständigen Erledigung des Gesetzentwurfs noch eine weitere Sitzung erforderlich.

Unter dem heutigen Datum meldet dasselbe Blatt: Hin⸗ sichtlich der vorgestern im Staats⸗Ministerium des Innern begonnenen und heute fortgesetzten Berathungen des Bank⸗ gesetzentwurfes ist noch mitzutheilen, daß an denselben auch Ministeriat⸗Rath v. Riedl theilnimmt, welcher als Mitglied des Bundesraths und des betreffenden Ausschusses desselben die An⸗ sichten der bayerischen Regierung über den Entwurf in Berlin zu vertreten hat. Derselbe wird in den allernächsten Tagen nach Berlin abreisen, da die bezüglichen Berathungen im Bun⸗ desrathsausschusse noch im Laufe dieser Woche beginnen werden.

Wie die „Allg. Ztg.“ vernimmt, ist die Verweisung Kullmanns vor das unterfränkische Schwurgericht nunmehr arfolgt, und wird die Anklage gegen Mitte Oktober in Würz⸗ burg zur Verhandlung gelangen.

Sachsen. Dresden, 15. September. Der König ist heute früh zur Hirschjagd auf Schandauer und Cunnersdorfer Reviere nach Schandau gereist und wird übermorgen nach Pill⸗ nitz zurückkehren. Die Königin beabsichtigt ebenfalls, sich heute ö nach Schandau zu begeben und morgen zurück⸗ zukehren.

Am vorgestrigen Tage feierte der Minster des König⸗ lichen Hauses und Staats⸗Minister a. D. Dr. Frhr. v. Falkken⸗ fein das 50jährige Jubiläum seines Eintritts in den Staats⸗ dien

4 Wie das „Dr. J.“ vernimmt, ist von Seiten der Kö⸗ niglichen Staatsregierung für den Wiederzusammentritt des Landtags der 1. Oktober d. J. in Aussicht genommen.

Der Abtheilungsvorstand im Ministerium des Innern, Geh. Rath Schmaltz, ist auf die Dauer der Behinderung des diesseitigen Gesandten in Berlin, v. NostitzWallwitz, an dessen Stelle zum Bundesrathsbe vollmächtigten ernannt wor⸗ den und hat sich gestern nach Berlin begeben.

Württemberg. Stuttgart, 15. September. (W. T. B.) Der Württembergische „Staats⸗Anzeiger“ meldet: Der General⸗ Lieutenant v. Suckow ist der Verwaltung des Kriegs⸗Mi⸗ nisteriums auf sein Ansuchen enthoben und mit der gesetz⸗ lichen Pension zur Disposition gestellt worden. Unter Anerkennung der von ihm geleisteten ausgezeichneten Dienste ist ihm das Großkreuz des Kronen⸗Ordens verliehen worden. Mit der Führung des Kriegs⸗Ministeriums ist der Geueral Wundt beauftragt worden.

In den Tagen vom 22. bis 24. d. M. wird hier die jährliche Haupt versammlung des Gustarp⸗Adolf⸗Ver⸗ eins abgehalten werden. Die Predigten werden gehalten am 22. Abends in der St. Leonhardskirche (zur Begrüßung) von Prälat v. Gerok, am 23. Morgens in der Stiftskirche von Hof⸗ prediger Dr. Kögel aus Berlin, am 24. Abends in der Hospital⸗ kirche von Konsistorial⸗Rath Reichardt aus Posen, einem ehe⸗ maligen Straßburger Geistlichen. In letzterer Kirche werden am 23. und 24. die Verhandlungen stattfinden, zu denen Jedermann Zutritt hat.

Baden. Karlsruhe, 14. September. Der Großher⸗ zog, die Großherzogin, der Erbgroßherzog, die Prinzessin

Victoria und Prinz Ludwig Wilhelm sind am Sonnabend, den

12. d., Nachmittags, mittels Dampfschiff von Rorschach kom⸗ mend, auf Schloß Mainau eingetroffen. Am Montag früh begab sich der Großherzog nach Donaueschingen zu dem letzten Manöver der 29. Division, sowie zum Besuch der Industrie⸗ Ausstellung und kehrte Abends nach Schloß Mainau zurück.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 13. Sep⸗ tember. Unter den Geistlichen, die für die Landessynode gewählt worden sind, befinden sich die Kirchenräthe Hesse in Weimar und Schmid in Buttstedt, ferner 5 Superintendenten und 8 andere Geistliche. Von den weltlichen Qitgliedern, die von den Kirchengemeinden gewählt worden sind, gehören 5 dem Beamtenstande, 3 dem Lehrerstande an, 1 ist Privatdozent in Jena, 1 Künstler, 2 sind Rittergutsbesitzer, 2 Oekonomen und ist Kaufmann. Als Gegenstände für die Verhandlungen der Synode nennt man ein Ablösungsgesetz für geistliche Güter und die Erhöhung der Besoldungen der Geistlichen, sowie die Regu⸗ lirung der Pensionsverhältnisse derselben.

Braunschweig. Braunschweig, 15. September. Ein ansehnlicher Betrag der neuen Reichsscheide münzen in Ein⸗ und Zweipfennigstücken ist den Regierungshauptkassen jetzt übergeben worden und soll allmählich in Cirkulation gesetzt werden.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 15. September. Erz⸗ herzog Kronprinz Rudolf ist von Ischl in Schönbrunn an⸗ gekommen.

Die Landtage der eisleithanischen Monarchie sind heute eröffnet worden. Die im böhmischen Landtage erschienenen 7 czechischen Abgeordneten überreichten eine Erklärung, in der sie ihren Entschluß aussprechen, an dem böhmischen Staatsrecht festhalten zu wollen, aber zugleich ihre Ueberzeugung kundgeben, daß nur durch ein einträchtiges Zusammenwirken aller liberalen Elemente die Freiheit dauernd sichergestellt werden könne. Im Tiroler Landtage sind die nationalliberalen Abgeordneten aus Wälschtirol und im Landtage der Bukowina die Abgeordneten der großen Grundbesitzer nicht erschienen.

Schweiz. Das Bundesgericht hat seine Sitzungen geschlossen. Vor seinem Auseinandergehen beschloß es, seine Funktionen bis zur Wahl des neuen Bundesgerichtes fortzusetzen, da noch eine namhafte Zahl von Exzpropriationsfällen aus dem Kanton Tessin pendent sind.

Belgien. Brüssel, 15. September. (W. T. B.) Der Etoile Belge“ erfährt aus guter Quelle, daß der spanische Ge⸗ sandte in Brüssel bei der belgischen Regierung Schritte gethan habe, um die Absendung von Waffen für die Car⸗ listen von Antwerpen aus zu verhindern. Die Regierung habe dem Verlangen des Gesandten sofort entsprochen und die nothwendigen Anordnungen nach Antwerpen ergehen lassen. Der mit Waffen für die Carlisten beladene Dampfer hätte jedoch den Hafen in dem Augenblicke verlassen, als der Befehl, ihn am Auslaufen zu verhindern, in Antwerpen eintraf.

Großbritannien und Irland. London, 14. Sep⸗ tember. Der Herzog und die Herzogin von Edinburgh werden im nächsten Monat die Insel Wight besuchen und waͤh⸗ rend ihres Aufenthalts daselbst wahrscheinlich einen Besuch von der Kaiserin von Rußland empfangen.

Frankreich. Paris, 16. September. Der Marschall⸗ Präsident ist gestern Abend in Amiens eingetroffen. Von der Bevölkerung und den in großer Anzahl in der Stadt zusam⸗ mengeströmten Fremden wurde ihm ein sehr sympathischer Em⸗ pfang zu Theil. .

Grasse, 15. September. (W. T. B) Prozeß gegen den Oberst Vilette und Genossen wegen Mitwirkung bei der Flucht Bazaine's. Das Verhör der Angeschuldigten wurde in der heutigen Sitzung des Zuchtpolizeigerichts fortgesetzt. Der Civilgefängniß⸗Direktor Marchi gab an, er habe Befehl gehabt, bei der Ueberwachung Bazaine's mit schonender Räücksicht zu Werke zu gehen, die hiezu erforderlichen Maßregeln habe er im Einvernehmen mit den Militärbehörden getroffen. Marchi be⸗ stätigte ferner, daß er von dem Oberst Vilette die Uebernahme der Verpflichtung gefordert habe, daß er keinen Versuch zur Be⸗ freiung Bazaine's unternehme, und beschuldigte mehrere Unter⸗ beamte von dem Wächterpersonale der Vernachlässigung ihrer Pflichten. Der Exkapitän Doineau aus Nizza erklärte, er sei betreffs der Depesche, die er an Bazaine weiter beförderte, in keinerlei Einverständniß mit Jemand gewesen. Oberst Vilette stellte entschieden in Abrede, Marchi gegenüber irgendwelche Ver⸗ pflichtung in Bezug auf etwaige Fluchtversuche Bazaine's über⸗ nommen zu haben; ebenso leugnete er jede Kenntniß von der Art der Ausführung der Flucht und jede Theilnahme daran. Die Sitzung wurde alsdann auf morgen vertagt.

Spanien. Madrid, 15. September. C8. T. B.) Das von der „Times“ gemeldete Gerücht von angeblichen Meutereien

bei der durch General Laserna befehligten Armee ist, nach Mit⸗ theilungen aus Regierungskreisen, unbegründet. Es wird hinzugefügt, daß die Subordination und Disziplin bei den dem Befehle Laserna's unterstellten Truppen nichts zu wünschen übrig lasse.

15. September. (W. T. B.) Die „Politica“ erklärt, die spanische Regierung werde niemals auch nur den klein⸗ sten Theil ihres Gebietes an eine fremde Macht abtreten, weder auf dem Festlande, noch von einer ihrer Kolonien.

Bei dem ofsiziellen Empfange am 12. d. M. hielt der österreichisch⸗ ungarische Gesandte Graf Ludolf folgende An⸗ sprache an den Marschall Herzog Serrano: .

Herr Herzog! Beauftragt von Sr. Majestät dem Kaiser und König, meinem erhabenen Herrn, mit der Sendung, Oesterreich Ungarn bei der spanischen Exekutivgewalt, an deren Spitze Ew. Exerllenz steht, zu vertreten, habe ich die Ehre, das Schreiben meines Herrschers zu überreichen, welches mich als außerordentlichen Gesandten und be⸗ vollmächtigten Minister beglaubigt. Hierdurch vollzieht es den Akt der Wiederherstellung von offiziellen Beziehungen zwischen Oesterreich⸗Ungarn und Spanien und giebt den höͤchsten und sichersten Beweis des Ver⸗ trauens, welches mein erhabener Herr und dessen Regierung mit Freuden in den Erfolg von Ew. Excellenz und Ihrer Minister Anstrengungen setzen, dieser Nation einen dauernden Frieden wiederzugeben und zu sichern. Ihre dringendsten Wünsche sind, daß dieses große Unter⸗ nehmen, welches so viele Bedingungen zum Glück in sich ver⸗ eizigt, in Ruhe und Sicherheit seine zukünftigen Bestimmungen auf gleichmäßig reichen und dauerhaften Grundlagen feststellen möge. Diese Wünsche sind um so aufrichtiger, als der edle Charakter, welcher die Einwohner dieses Landes auszeichnet, so wie ihre großen geschicht⸗ lichen Erinnerungen, die in fruheren Zeiten mit denen Oefterreich⸗ Ungarns verknüpft waren, Spanien hier immer unsere lebhaftesten Sympathien sichern müssen. Ich kann mich demnach nur geehrt und

lücklich schätzen bei dem Auftrage, die Beziehungen, welche zu allen ar unsere beiden Länder so eng verknüpften, aufrichtig zu erhalten und weiter zu entwickeln. Ich bitte Ew. Excellenz, die Gute zu haben, die Erfüllung der Pflichten meines Auftrages zu erleichtern dadurch, daß Sie mir Ihr Veitrauen schenken, welches ich sowohl zu schätzen weiß und dessen mich würdig zu zeigen stets mein Bestreben sein soll.“

Bilbao, 15. September. (W. T. B.) Die deutschen Kriegsschiffe „Albatros“ und „Nautilus“ sind hierher zurückgekehrt.

Türkei. Konstantinopel, 15. September. (W. T. B.) Heute ist ein Kaiserliches Irade erschienen, welches die amt⸗ liche Anerkennung der Regierung des Marschalls Serrano ausspricht.

Der französische Botschafter Graf von Vogus hat heute seinen Urlaub angetreten und ist von hier abgereist.

Die hiesigen Journale melden mehrere Verände⸗ rungen in der Besetzung der Gouverneurposten, u. A. auch die Ernennung von Essad Pascha zum Gouverneur von Syrien.

Rußland und Polen. tember. Der ‚Reg. Anz.“ Deklaration zwischen den Regierungen von Rußland und Italien in Bezug auf die Uebergabe gerichtlicher Citationen und Bekanntmachungen:

In Folge des Wunsches der Regierungen Sr. Majestät des Kai⸗ sers von Rußland und der Regierung Sr. Majestät des Königs von Italien, die Uebergabe gerichtlicher Bekanntmachungen und die Aus— führung gerichtlicher Mandate in beiden Staaten zu regeln, sind die Unterzeichneten, mit den gehörigen Vollmachten versehen, über fol— gende Artikel übereingekemmen:

Art. 1. Die beiden kontrahirenden Regierungen verpflichten sich, die Uebergabe gerichtlicher Bekanntmachungen oder gerichtlicher Citationen und die Ausführung gerichtlicher Mandate in Civil und Krimsnalsachen durch ihre respektiven Behörden zu vollziehen, in so weit solches mit den Landesgesetzen im Einklang steht, unter der Vor— aussetzung, daß diesen gerichtlichen Bekanntmachungen, Citationen und Mandaten ein französisches Translat beigefügt werde und der Aufent⸗ haltsort der Person, auf welche sie sich keziehen, genau angegeben sei.

Die gegenseitige Ausfertigung von Bescheinigungen über den Empfang der gerichtlichen Bekanntmachungen oder gerichtlichen Cita⸗ tionen, wo solches erforderlich, geschieht gleichfalls unter Beifügung eines französischen Translats.

Art. 2. Die Uebergabe gerichtlicher Bekanntmachungen, gericht licher Citationen und gerichtlicher Mandate geschieht auf diploma⸗ tischem Wege.

Art. 3. Die Kosten für Uebergabe gerichtlicher Bekanntmachun⸗ gen und Citationen und Ausführung gerichtlicher Mandate fallen dem Staate zur Laft, an welchen das Gesuch gerichtet worden.

Zur Bekräftigung dessen haben die Unterzeichneten die vorftehende Deklaration unter Beifügung ihrer Wappensiegel unterzeichnet.

Ausgefertigt in duplo in St. Petersburg am 21. Juni (3. Juli) 1874.

(Unterz) v. West mann (L. S) (Unterz) Baron Marochetti (L. S.)

Schweden und Norwegen. Christiania, 11. Sep⸗ tember. Durch Königliche Verordnung ist eine Kommission niedergesetzt zur Prüfung und Rerision der geltenden Be⸗ stimmungen, betreffend das Hafen⸗ und Leuchtfeuerwesen, sowie zur Prüfung eventueller Vorschriften, um den Zusammen⸗ stoß zwischen Schiffen zu vermeiden.

Dänemark. Kopenhagen, 12. September. ‚Dags⸗ telegraphen“ meldet, daß die Ankunft des Prinzen von Wales am hiesigen Hofe heute erwartet wird.

Der General⸗Direktor des Steuerwesens, Kammerherr Frederik Emanuel Ramus, ist gestern Abend gestorben.

Ueber die Verhältnifse der Insel Bornholm enthält die „Berl. Tid.“ einen Artikel, dem die „H. N.“ Fol⸗ gendes entnehmen: ;

„Unter den verschiedenen Landestheilen Dänemarks sind gewiß wenige, deren materielle Entwickelung in den letzten Jahren einen so erfreulichen Fortgang gehabt haben und zu so guten Erwartungen für die Zukunft berechtigt sind, als die Insel Bornholm. In den letzten 3 Jahren hat die Insel 3 neue Ausfuhrprodukte, nämlich Feld⸗ spath, Kaolin und Mergelstein, bester Qualität, geliefert. Im vorigen Jahre wurden nach Stettin 9505 Centner reiner 6 und nach ixländischen Plätzen 1878 Gentner mit Quarz vermischter Feldspath ausgeführt. Die. Ausfuhr nach Rußland ist in stetem Steigen begriffen. Von ähnlicher Bedeutung, wie der Feldspath, ist die weiße kaolinhaltige Lehmschicht auf Born⸗ holm. Von Kaolin (Porzellanerde), welches nicht nur zur Porzellan- fabrikation benutzt wird, sondern in der Industrie eine m hrseitige Anwendung findet, sind im vorigen Jahre 4489 Centner nach Preußen, zlo?7 Centner nach inländischen Plätzen und einige Ladungen nach Gothenburg ausgeführt worden. Die weiße, rohe Thouerde, aus welcher das Kaolin produzirt wird, figurirt auch in letzterer Zeit unter den Ausfuhrartikeln, indem mehrere Ladungen dieser Erde nach Stettin verschifft wurden, um in einer daselbst vorhandenen Chamottefabrik benutzt zu werden. Auch nach Flensburg gingen einige Ladungen zur Fabrikation von feuer— festen Gegenständen. Nach Kopenhagen ist ebenfalls eine große An⸗ zahl von kleineren Schiffen mit Thonerde erpedirt worden. Von dem dritten der genannten neuen Artikel, nämlich Mergelstein, werden fort- während große Quantitäten nach inländischen Plätzen, sowie nach Rußland und Preußen, ausgeführt. Außerdem sind im vorigen Jahre 233,740 Kubikfuß gehauenen Granit nach dem Auslande (hauptsächlich Riga) und 6706 Kubikfuß nach dem Auslande ausgeführt worden.“

St. Petersburg, 14. Sep⸗ veröffentlicht folgende ministerielle

Amerika. Washington, 15. September. (W. T. B.) Der Ausfall der Staatswahlen in Maine hat eine erheb⸗ liche Vergrößerung der bisherigen republikanischen Majorität er⸗ geben.

Aus New⸗Orleans, 15. September früh, wird berichtet: In Folge einer von der Liga der Weißen erlassenen Proklamation, in welcher der Gouverneur Kellog für einen Usurpator erklärt und die Wiedereinsetzung des Gouverneurs Mac Henry verlangt wurde, ist es hier zu Unruhen gekommen. Der Theil der Bevölke⸗ rung, welcher der Partei der Liga angehört, bewaffnete sich, er⸗ richtete Barrikaden und bemächtigte sich des Stadthauses. Der General Longstreet rückte mit 500 Mann Polizeisoldaten, größten⸗ theils Farbigen, gegen die Aufständischen an und forderte sie, jedoch erfolglos, auf, auseinanderzugehen. Es entspann sich darauf ein heftiger Kampf in Canalstreet, wobei 6 Bürger und 30 Polizeisoldaten getödtet wurden. Letztere wurden schließlich genöthigt, sich zurückzuziehen und konzentrirten sich auf Jacksons⸗ square. Die Bundestruppen blieben neutral und halten das Zollhaus besetzt. Der Gouverneur Kellog hat bei dem Präsi⸗ denten Grant um Intervention nachgesucht.

Ein zweites Telegramm von demselben Tage meldet: Der Gouverneur Kellog befindet sich auf dem Zollhause unter dem Schutze der Bundestruppen. Das Stadthaus und die Polizei⸗ station find in den Händen der Liga der Weißen, die jetzt im Besitze der Stadt sind und auch das Telegraphengebäude und das Arsenal besetzt haben.

15. September, Abends. Der Mayor hat die Bürger der Stadt zu den durch die Revolte erreichten Erfolgen und zu der erzielten Wiedereinsetzung der legitimen Behörden öffentlich beglückwünscht.

Aus Washington wird vom 15. Abends Folgendes mit⸗ getheilt: Präsident Grant hat in Folge des vom Gouverneur Kellog an ihn gerichteten Ersuchens um Schutz eine Pro kla⸗ mation erlassen, in welcher er seinem großen Befremden über die Vorgänge in New⸗Orleans Ausdruck giebt und die Aufstän⸗ dischen auffordert, binnen 5 Tagen auseinander zu gehen. Gleich⸗ zeitig werden alle Bürger ermahnt, zur Wiederherstellung der gestörten Ordnung mitzuwirken. An die Militärkommandanten ist der Befehl ergangen, sofort die zur Herstellung der Ruhe erforderlichen Maßregeln zu treffen.

Benjamin Curtis ist gestorben.

Asien. (A. A. C.) Kuli Beg, der Sohn des Emirs von Kaschgar, besetzte nach seinem Siege über die Chinesen die nördlich von dem Rücken des Gelesnagebirges und östlich von der russischen Provinz Kuldja gelegenen Städte Urumtsched und Manasse. Die russische Provinz ist somit von der drohenden Gefahr eines chinesischen Angriffs erlöst. Da die eroberten Städte etwa 250 Meilen östlich von den äußersten Grenzen des Gebiets von Kaschgar liegen, folgt, daß der dazwischen liegende Bezirk thatsächlich, wenn nicht unbedingt, unter der Herrschaft des Emirs steht, dessen Gebiet somit beträchtlich vergrößert worden ist. Das Datum des Zusammenstoßes ist unbekannt.

Afrika. Eine neue Post von der Westküste Afrikas bringt die folgenden Nachrichten: Einem Gerüchte zufolge wird der jetzige König von Aschanti abgesetzt werden; selbst seine Mutter, die ihn bisher unterstützte, hat sich gegen ihn erklärt. Sie will aber, daß ihre Familie den neuen Herrscher liefere. Kapitän Lees ist von seiner Mission nach Kumassie noch nicht zurückgekehrt, und es ist kein bestimmter Termin für seine Rück⸗ kehr angegeben. Quittah ist ruhig und ordentlich. Der neue Tarif ist dort eingeführt worden. Der ganze amerikanische Handel hat theils in Folge der schweren Steuern, die sich den höheren Preisen im Inlande zugesellen, der Küste den Rücken gewendet. Der Gesundheitszustand von Cape Coast ist gut, und der von Acora bessert sich. Der Handel ist ziemlich. Es sind nicht viele Aschantis in Cape Coast. Der Gesundheitszustand an den Flüssen ist ein merkwürdig guter. Oel wird wenig verschifft, da die trockene Jahreszeit begonnen hat. Seit dem Kriege wird in Jella Koffe und anderen Häfen auf Spirituosen, Pulver und Schußwaffen ein Einfuhr⸗ zoll erhoben, was viel Unzufriedenheit verursacht. Am 14. August brach in der Eingeborenenstadt Bonny ein furchtbares Feuer aus, welches ungefähr den halben Ort verzehrte; die Häuser von Oko Zumbo und anderen Eingeborenen⸗Häuptlingen entgingen der Vernichtung nur mit genauer Noth. Als der Morgen anbrach, war die bevölkertste Hälfte der Stadt eine rauchende Ruine.

Entwurf eines Gerichtsverfassungsgesetzes. II. (Vergl. Nr. 177 d. Bl.)

Die Fundamentalsätze über die Einrichtung des Gerichts⸗ wesens, welche der Entwurf der Civil⸗Prozeßordnung voraus⸗ setzt, werden in der allgemeinen Begründung der Civil⸗Prozeß⸗ ordnung in folgender Weise zusammengefaßt:

„Für das Reichsgebiet bestehen zur Ausübung der ordent⸗ lichen streitigen Civilgerichtsbarkeit erster Instanz und mit örtlich abgegrenzten Gerichtssprengeln, Landgerichte, Handels⸗ gerichte und Amtsgerichte. Die Verfassung der Landgerichte und der Handelsgerichte ist eine kollegialische, während die Amtsrichter als Einzelrichter verhandeln und entscheiden.

Vor die nach Maßgabe des Verkehrsbedürfnisses zu er⸗ richtenden Handelsgerichte gehören handelsgerichtliche Streitig⸗ keiten ohne Rücksicht auf den Werthbetrag. Den Amtsgerich⸗ ten werden alle Rechtsstreitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswerth die Summe von Dreihundert Mark nicht übersteigt, sowie gewisse einfache, oder schleunige Erledigung erheischende, oder regel⸗ mäßig auf Grund genauer örtlicher Kenntniß zu entscheidende Rechts streitigkeiten überwiesen. Für alle nicht den Handels⸗ gerichten oder den Amtsgerichten zugetheilten Rechtsstreitig⸗ keiten sind die Landgerichte zuständig. Sämmtliche genannte Erstinstanzgerichte sind ordentliche Gerichte.

Als Gerichte zweiter Instanz sind den Amtsgerichten die Landgerichte, den Landgerichten und Handelsgerichten die Ober⸗Landesgerichte vorgeordnet.

Die Gerichtsbarkeit dritter Instanz wird von einem obersten Gerichtshofe, dem Reichsgerichte, ausgeübt.“

Diesen Sätzen ist nur Weniges hinzuzufügen.

Die sämmtlichen Einrichtungen des Civilprozesses der deutschen Civilprozeßordnung legen den Schwerpunkt der Ver⸗ handlung der bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten in das Verfahren vor dem Kollegialgerichte erster Instanz, dem Landgerichte oder dem Handelsgerichte. Eine Verhandlung der Sache vor einem solchen Kollegialgerichte ist in allen bürgerlichen Rechtsstreitig⸗ keiten zu erreichen; sie bezieht sich in allen Rechtsstreitigkeiten auf die ganze Sache, mag das Land⸗ oder Handelsgericht damit